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ließen die Christen, welche unten wohnten, den Apollo stehen auf seiner
Höhe und kümmerten sich nicht um ihn, es sei denn, daß noch einer im
alten Aberglauben nächtlich Hinausstieg, um wunderkräftige Arzneien und
Zaubersprüche zu holen. Der hl. Benedikt aber stieg am Hellen Tage
hinauf in der Kraft des christlichen Geistes und Wissens, umgeben von
seinen Jüngern, und er predigte so lange und so kräftig, bis die Apollo-
verehrer sich vor dem Kreuze Christi beugten, oder mit aufgehobenen
Händen der Götter Rache anrufend sich verloren in den umliegenden
Schluchten. Benedikt sammelte nun all seine Genossen und gründete in
dieser schönen Bergwildnis ihr gemeinschaftliches Leben nach strenger Regel,
ein Leben voll Gebet und Gesang und Betrachtung, aber auch voll stäti- -
ger Arbeit in Seelsorge, in Studien und Lehren, mit Hacke und Web-
stuhl. Arbeit, wohlthätige Arbeit jeglicher Art, — das war das Rätsel,
welches diesem Orden eine so große und so edle Weltwirkung gab.
Bald erblühte Monte Cassino zu einem Lieblingssitze aller höhern
Bildung. Welcher Geschichtsforscher hätte nicht von den Urkundenschätzen
des dortigen Archivs gehört! Monte Cassino wurde die Zeitwarte, auf
welcher jedes fortziehende Jahrzehnt seine Schriftstücke, jedes Jahrhundert
seine Briefe an das folgende niederlegte. Welcher Jurist kennt nicht die
Formelbücher, jene ältesten Zeugen der Vermählung zwischen deutscher
und römischer Rechtsanschauung! Von der Rechtsschule auf Monte
Cassino nahmen sie ihren Weg nach England, Frankreich und über die
Alpen. Schon öfter machten wir die Bemerkung, daß Unteritalien eine
Stätte war, wo die Völker des Mittelmeers in Krieg und Frieden
zusammenstießen. So flössen auch vor des hl. Benedikts hoher Kloster-
stadt die treibenden Stücke zusammen von römisch-griechischer, byzantinisch-
orientalischer, sarazenisch-afrikanischer Kultur, und nicht selten war es
hier die Geisteskraft aus germanischer Wurzel, welche die Stücke in eins
faßte und nutzbar machte. Daß Benevent sich zum langobardischen
Fürstensitz erhob, reich an Schätzen, Festglanz und vornehmen und gebil-
deten Männern, dies kam auch dem benachbarten Monte Cassino zu gute.
War Benevent die Residenz, war Monte Cassino die Universität. Nach
ihrem Muster suchte man in allen Ländern Schulen anzulegen. Nicht
selten holte man auch die ersten Bücher dafür von Monte Cassino. Denn die
Hochschule war zugleich ein großer Bücherverlag, und die langobardischen
und fränkischen Ritter, wenn sie dort in den hohen Büchersaal traten,
wurden sehr kleinlaut vor den Wissensgeheimnissen, die zweifellos in so
vielen Büchern aufgestapelt lagen. Nun mußte der Kunststeiß der Bene-
diktiner auch in Miniaturmalerei glänzen, in feinen Lederstofsen zu Bücher-
deckeln, in schmuckreichen Reliquienkästchen, im Bereiten vom Pergament,
Kirchengewändern, Arzneistoffen und noch vielem andern.
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Extrahierte Personennamen: Christi Benedikt Monte_Cassino
Extrahierte Ortsnamen: England Frankreich Unteritalien
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Als die deutschen Kaiser nach Italien kamen, stellten sie die welt-
berühmte Abtei unter ihren unmittelbaren Schutz, und so oft auch die
Könige in Unteritalien wechselten, so blieb es doch sür die meisten Her-
kommen, Monte Cassino in Ehren zu halten. Fort und fort mehrte sich
sein Schatz an Gütern und Vorrechten. In den letzten Jahrhunderten
erhielt die Abtei auch wieder ähnliche Besucher wie damals, als der
Berg unter Apollos Schutze stand. Die Mönche sollten Balsame aus
dem heiligen Lande haben; zahllose Kranke pilgerten herbei, mit ihnen
auch gebildete und wohlhabende Männer, welchen das angenehme Wohnen
aus dieser Höhe gefiel, in kerngesunder Luft, bei herrlicher Aussicht und
unter gastlichen Männern höherer Bildung, wie die Benediktiner es waren.
An Wissenschaft, insbesondere an hohem Verdienst in Geschichtsforschung,
ist Monte Cassino auch in der neuesten Zeit nicht arm geworden. Als
die langobardischen Könige zuerst herankamen, mußten die Mönche vor
der Wut und Zerstörung fliehen. Fast anderthalbhnndert Jahre blieb
der Berg einsam: dann bezogen die Benediktiner doch ihr Cassino wieder.
Monte Cassino bildet noch immer eine kleine Stadt sür sich allein.
Man steht auf den ersten Blick, ihrer Bürger Thätigkeit umfaßte vieler-
lei, was zur Wohlfahrt und Veredlung der Menschen diente. Soviel
neugeweißte Gebäude und Säle man sieht, überall blickt doch noch ur-
altes historisches Gemäuer durch, überall wittert eine Luft, die erfüllt ist
von Erinnerungen aus einer langen Kelle von Jahrhunderten. Der
Geschichtsforscher findet nirgends ein schöneres kleines Paradies. Denn
über den Köstlichkeiten alter Pergamente glänzt das lichte Himmelblau,
und kommt er heraus aus den hohen lustigen Büchersäleu, so strömt ihm
erquickend die reine und würzige Luft entgegen. Immer neu aber und
anregend und großartig ist die Aussicht. Wohin man blickt, in die Tiefe
und auf die umringenden Berge, überall haften historische Andenken. Da
unten zu den Füßen des Benediktinerberges, in San Germano, schloß
Kaiser Friedrich Ii. seinen Frieden mit dem Papste: aber hinter jenen Bergen
ziehen die Thäler, wo der letzte Hohenstaufe, der letzte Anjou, der letzte
Aragonier, ein Habsburg, ein Murat und ein Bourbon das Königreich
verlor. Mit wieviel Blut sind die alten Heeresstraßen zum Südreiche
schon getränkt! Wie oft, wie unersättlich wälzte sich Raub und Kriegs-
wut über diese Länder und riß die Blüten nieder vor der Ernte!
Franz v. Löher.
Sis übers Jahr.
Rasch ist die Spanne Zeit vergangen,
Ein neuer Abschnitt bricht heran,
Da schauen wir mit Lust und Bangen,
Auf die zurückgelegte Bahn.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Ii Friedrich Franz_v Franz