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1. Leitfaden der allgemeinen Weltgeschichte - S. 675

1881 - Freiburg im Breisgau : Herder
§ 240. Die schönen Wissenschaften. 675 1811 Versuche mit Gas aus Steinkohlen. London führte 1819 die Gasbeleuchtung im Großen ein. 6. Die Telegraphie oder Fernschrift, welche Claude Chappe erfand, war ursprünglich eine Zeichenschrift. Die Zeichen vertraten die Stelle von Buchstaben. Die Stationen konnten nur soweit voneinander entfernt sein, daß man mit einem Fernrohre von einem Beobachtungshäuschen zum andern die Zeichen erblicken konnte. Die erste Telegraphenlinie errichtete Chappe 1794 von Paris nach Lille, und die erste Nachricht, die nach Paris gelangte, war die Wiedereinnähme der Festung (Sonde. Von Lille nach Paris (60 Stunden) brauchte man zur Beförderung einer Nachricht nur zwei Minuten. Nach Entdeckung des Elektromagnetismus benützten Gauß und Weber in Göttingen den galvanischen Strom zuerst für die Telegraphie (1833). 7. Die Photographie (Lichtzeichnung) wird dem Engländer Talbot insoferne zugeschrieben, als es ihm gelang, die Lichtbilder auf ein von ihm eigens zubereitetes Papier zu bringen. Daguerre hatte schon das Licht benützt, um Bilder auf Metallplatten überzutragen (Daguerreo-typie); allein erst seit die Bilder auf dem Papier ausgeführt werden können, hat die Photographie ihre Bedeutung erlangt. 8 240. Die schönen " 7 s', s . (Seit 1770.) 672) Den Übergang in die Zeit des Auflebens der klassischen Litteratur in Deutschland bildet Christoph Martin Wieland (t 1813), dessen Gedichte durch seltene Anmut sich auszeichnen, dagegen aber auch an der Frivolität leiden, die das achtzehnte Jahrhundert charakterisiert. Er hat deshalb zum Werke der geistigen Wiedergeburt Deutschlands sehr wenig beigetragen. Dagegen stehen am Ausgang des achtzehnten Jahrhunderts drei Männer, von denen man sagen kann, daß das Wiederaufleben der klassischen Litteratur nicht nur ihr Verdienst, sondern auch ihr eigenstes Werk ist, da sie bisher nicht einmal erreicht, geschweige denn übertroffen worden sind: Johann Gottfried von Herder (f 1803), der uns den Geist fremder Dichter in so reizenden Bearbeitungen ausschloß; Johann Wolfgang von Göthe, der Altmeister der deutschen Dichtkunst (f 1832), und Friedrich von Schiller, den man — im Gegensatze zu Göthe, dem Dichter aus dem Leben — den Dichter aus dem Herzen nennen kann (f 9. Mai 1805). Um diese drei Männer gruppiert sich der Göttinger Hainbund, dessen würdigste Repräsentanten Hölty (f 1776), Bürger (f 1794) und die beiden Grafen Christian (f 1821) und Friedrich Leopold (t 1819) zu Stolberg sind. Sie pflegten vorzugsweise die 11242871

2. Theil 2 - S. 182

1864 - Mainz : Kirchheim
— 182 — Otto: Ja, das ist schon recht; wenn ich aber eine Birne oder einen Apfel oder Brod in die Sonne oder in die Hitze bringe, so vertrocknen sie ja. Das ist doch keine Ausdehnung! Gustav: Ja, da hast du Recht. Da weiß ich Nichts darauf zu sagen; da hört meine Weisheit auf. Wir werden einmal nachlesen müssen. Halt! da steht: „Wenn tropfbare Flüssigkeiten der Wärme ausgesetzt werden, so gehen mit der Wärme einzelne Theilchen der Flüssigkeiten mit in die Luft; dies nennt man verdampfen und verdünnen." Otto: Aber Birnen, Aepfel u. s. w. sind doch keine Flüssigkeiten! Gustav: Es ist aber Flüssigkeit darin, der Saft; der verdunstet also, und so muß immer weniger von der Birne, dem Apfel u. s. w. übrig bleiben. Otto: Nun, Gustav, das hätte ich Alles so ziemlich verstanden. Du lasest aber vorher: „Ein andrer Stoff, den man Elektricität nennt." Was ist das für ein Stofs? Gustav: Wollen es einmal lesen. „In einigen Körpern," steht hier, „findet sich die Fähigkeit, beim Reiben mit Wolle Funken zu erzeugen und andere Körper anzuziehen. Man fand diese Eigenschaft zuerst beim Bernstein, und da er im Griechischen Elektron heißt, so nannte man diese Kraft die elektrische. Derselbe Otto von Guerike, der die Luftpumpe erfunden hat, hat auch ein Reibezeug erfunden, durch welches man elektrische Funken erzeugen und auf andere Körper überleiten kann; man nennt diese Vorrichtung eine Elektrisirmaschine." Weißt du wohl, Otto, daß der Himmel zuweilen eine große Elektrisirmaschine ist? Otto: Du scherzest wohl? Gustav: Nein, nein! Dein Vater hat den Himmel selbst einmal so ge- nannt, nämlich als ein Gewitter am Himniel stand. Sobald man eine Elektrisir- maschine berührt, sagte er, wenn sie geladen ist, dann fährt ein Funke auf uns über, und wir empfinden einen zuckenden Schlag. Eben so, wenn eine Wolke mit elektrischen Stoffen (welches bei großer Hitze zu geschehen pflegt) geladen ist, und sie kommt mit andern Dingen in der Lust, die sie anziehen, in Berüh- rung, so entsteht der Blitz. Otto: Eine so große Maschine muß freilich einen fürchterlichen Funken und Schlag geben. Woher man nur das Alles weiß? Gustav: Durch Nachdenken arnd Erfahrung. Gott denkt vor, indem er es uns erleben läßt, und wir denken es ihm nun nach; sind wir doch nach seinem Ebenbilde geschaffen. 58. D a s F e u e r. Wohlthätig ist des Feuers Macht, Doch furchtbar wird die Himmelskrast, Wenn sie der Mensch bezähmt, bewacht, Wenn sie der Fessel sich entrafft, Und was er bildet, was er schafft, Einhertritt auf der eignen Spur, Das dankt er dieser Himmelskraft; Die freie Tochter der Natur.

3. Dichtung des Mittelalters - S. 80

1884 - Freiburg im Breisgau : Herder
80 Dritte Periode, von 1150—1300. Da sprach der alte Hildebrand: „Es kommt ihr nicht zu gut, Daß sie ihn erschlagen. Was man mir auch thut, Ob er mich selbst auch brachte in angstvolle Not, Dennoch will ich rächen des kühnen Tronjerhelden Tod." Hildebrand im Zorne zü Kriemhilden sprang, Er schlug der Kön'gin einen schweren Schwertesschwang. Wohl schmerzten solche Dienste von Hildebranden sie; Was konnt' es ihr helfen, daß sie so jämmerlich schrie? Da lag am Boden aller zum Tod Bestimmten Leib. In Stücke war gehauen das edle Königsweib. Dietrich hob und Etzel da zu weinen an; Sie beklagten innig so manchen Freund und Lehensmann. Da war Ehr' und Herrlichkeit erlegen vor dem Tod. Die Leute hatten alle Jammer nur und Not. Mit Leide war beendet König Etzels Fest, Wie immer Leid die Freude zurück am letzten Ende läßt. Ich kann Euch nicht berichten, was nachher geschah, Als daß man Frau'n und Ritter bitter weinen sah, Dazu die Edelknechte, um lieber Freunde Tod. Hier hat die Mär ein Ende: das ist der Nibelungen Not. (Bartsch ) Das Nibelungenlied ist die beste und großartigste Dichtung, welche die mittelalterliche Poesie geschaffen. Wenn es an Formenschönheit auch hinter anderen bedeutsamen Werken zurückstehen mag, „die Groß- artigkeit des Inhalts, der Reichtum der Erfindung, die echt poetische Auffassung und Darstellung, der treffliche Plan und der rasche Gang der Begebenheiten, die scharfe Zeichnung und überraschende Mannigfaltig- keit der Charaktere, die Tiefe und Wahrheit der Gefühle, die kunstreiche Verbindung und Abwechselung heiterer, rührender und furchtbarer Scenen, die Anmut der Gleichnisse und 'vieles andere geben dem Nibelungenliede einen unbestreitbaren Vorzug vor allen Dichtungen der höfischen Epiker und stellen es den besten Epen zur Seite, die deu Ruhm anderer Völker bilden". Scharf charakterisierende, echt deutsche Züge verleihen dem Liede den Typus der Nationalität: so zunächst der Gedanke, daß Leid aus Freude folge, ein Gedanke, welcher als Grundtou wie das Naturleben, so das mit diesem in engster Verbindung stehende altgermanische Leben durchzieht; sodann ist es der Zug der unüberwindlichen Heldenkrast und der kühnen Todesverachtung, die, so ganz dem deutschen Volke eigen, auch das ganze Lied auszeichnet: die Heldenkraft, welche das stolze Römerreich zertrümmerte, durchzieht auch das Nibelungenlied in der un-

4. Theodor Schachts Lehrbuch der Geographie alter und neuer Zeit - S. 983

1874 - Mainz : Kunze
Europa — Nußland. 983 man jährlich an 500000 Ctr. Auch der lebhafte Bergbau und Hütteubetrieb im Ural gehört diesem mittleren Landgürtel an. — Im Junern sind Moskau und Nischnej Nowgorod (wohin die ehemalige Makariew-Messe verlegt ist), Kasan, Oreuburg und Charkow die bedeutendsten Handelsplätze; an der See: Petersburg und R'.ga, Odessa, Astrachan, Archangel. Die meiste Ausfuhr besteht in Flachs und Flachs- sameu, Häuf und Hanfsamen, Getreide, Nutzholz, Wolle, Talg, Häuten, Pelzwerk, Schlachtvieh, Pferden, Graphit u. a. Rohprodukten, ferner (besonders nach Asien hin) in Metall-, Webe- und S eilerw a aren, Seifen und Kerzen, sowie Leder, letzteres vorzüglich als Saffian und als Insten, das seinen Geruch durch Gerbung mit Birkentheer erhält. Der Handel zur See ist übrigeus noch zum großen Theil in den Händen der Ausländer; die Haudelsstotte zählt ca. 2600 Schiffe (hievon 750 Seeschiffe, 114 Dampfer) mit 230000 Tonnen (ä 1000 Kilogramm) Tragfähigkeit. Die Gesammtansfnhr von Rußland und Polen hat einen Werth von 410, die Einfuhr von 384 Mill. vr. Thalern; dazu kommt noch Finnland mit einer Ausfuhr von 10 und einer Einfuhr von 11 Mill. Thlr. Der innere Verkehr hebt sich, da man die Flußsysteme durch Kanäle, besonders die Wolga mit der Newa und Dwina, den Dnjepr mit Riemen und Düna in Verbindung gesetzt hat, und gegenwärtig Schienenwege baut. Die kleine Eisenbahn von Petersburg nach den nahen kaiserlichen Schlössern war der Anfang, worauf die von Libau zum Riemen folgte; in den Jahren von 1867 bis 1872 hat sich das russische Eisenbahnuetz um 1255 Mln. verlängert, und der größte Theil dieser Linien entfällt auf die Verbindung mit Südrußland. Deutlich bekundet Rußland durch diese Bahubanten das Streben, durch die Verbindung des Westens und Nordens mit dem Süden seine politische und wirtschaftliche Entwicklung immer mehr gegen das schwarze Meer hin zu verlegen und anf diesem Wege die orientalische Frage in Europa, die kaukasische in Asien einer Lösung entgegenzuführen. Durch diese Bahubauteu steht einerseits Petersburg mit Königsberg und (über Warschau) mit Krakau in Verbindung, anderseits führt eine Hauptlinie von Libau und Riga nach Odessa, eine andere von Finnland und Petersburg uach Moskau und von da nach Odessa, nach Sewastopol und auch zur Wolga und nach Astrachan. (Selbst jenseit des Kaukasus wird zur Verbindung von Poli und Baku, also des schwarzen und des kaspischeu Meeres eiue Bahu gebaut und ist durch dieselbe bereits Tiflis mit dem Pontus verbunden). Die Länge der russischen Bahnen betrug schon 1872 ca. 1900 Mln. — Obwohl die Zahl der Schulen sich vergrößert, ist der Volks- Unterricht (mit Ausnahme der Ostseeproviuzeu und Finnlands) doch noch sehr Mangel- Haft, da vonseiten der griechischen Kirche gar nichts für Hebung desselben geschieht. Kaum Vio der Bevölkerung des Reiches genießt Elementarunterricht; i. I. 1869 konnten von der Gesammtzahl der eingestellten Rekruten 30^o °/o weder lesen noch schreiben. Es gibt unter den Grundbesitzern und Kanflenten Millionäre, die nicht lesen und nicht schreiben können. Gymnasien sind zwar jetzt in jedem Gouvernement; doch werden nurv gewisse Stände zum höhern Unterricht zugelassen, und es herrscht (wie auch an andern Mittelschulen und an den Universitäten) an den meisten großer Lehrermangel. Universitäten hat das Reich 8: zu Moskau, Petersburg, Dorpat, Kiew, Kasan, Char- kow, Odessa, Helsingfors. Sehr hart war es, daß Kaiser Nikolaus die 1816 gestiftete Warschauer Universität 1832 wieder aufhob und den Polen nur die medicinifch-chirur-

5. Viertehalb Jahrhunderte - S. 828

1856 - Freiburg im Breisgau : Herder
828 Die Zeit der falschen Aufklärung und der gewaltthätlgen Staatskunst. Staatsgebietes gleichmäßig verwirklichte. Wohl wurde manche auf altem Herkommen beruhende Einrichtung, die der Einheit des Staates im Wege stand, zum Nutzen des Ganzen beseitigt, aber noch öfter die freie Regung des in kleinen Kreisen waltenden Lebens erstickt. Auch die Einförmigkeit wurde nicht bloß, wo sie ein erforderliches Mittel war, sie wurde, als ob sie selbst ein Ziel der Staatsweisheit sei, allenthalben gesucht. Dadurch wurde der Staat mehr und mehr einer kunstreichen Maschine ähnlich, und die Thätigkeit des Verwaltens vervielfältigte sich immer mehr, weil man möglichst Vieles unter Regeln zu bringen suchte. Man glaubte Vieles, was, ohne mit dem Willen der Staatslenker in Widerspruch zu stehen, doch Selbstständigkeit verrietst, schon darum in Schranken weisen, in Formen zwängen zu müssen, weil man von jeder Uebung der Selbstständigkeit eine Schmälerung der Gefügigkeit besorgte. Indem so die Negierenden und die Negierten in das mechanische Ver- stältniß zweier gegen einander wirkenden Kräfte oder Gewichte kamen, bereitete sich eine große Gefastr vor für eine Zeit, wo die Regierten, die doch die Quelle der Stärke für den Staat und für die Negierenden ausmachten, sich den Einwirkungen mechanischer Gewalt gegenüber zu Aus- übung mechanischer Gewalt aufgefordert füstlten. Auch stier war es zu- meist die Kirche, deren Thätigkeit der gebührenden Freiheit beraubt wurde. Die Unabänderlichkeit ihrer Gesetze, die Ausdehnung des Kreises, für welchen dieselben Geltung in Anspruch zu nehmen staben, machte sie zu einer gefürchteten Macht, weil sie sich ein Gebiet, in welches keine Ne- gierungskunst sich hineinerstrecken solle, vorzubestalten schien. Zudem man aber durch sie die erstrebte Einförmigkeit gefährdet glaubte, von ihr auch eine Durchbrechung des über den Staat gezogenen Netzwerkes der Vor- schriften und Regeln besorgte, gab man sich Mühe, sie nicht bloß an Uebergriffen auf staatliches Gebiet zu hindern, sondern auch innerhalb ihres Bereiches die Negierungskunst zu versuchen und dadurch ihr die Kraft zu benehmen, durch welche sie im Namen ewiger Gesetze sich gegen willkührliche Regeln hätte sträuben können. Auch hier war Frankreich den Staaten vorangegangen, da es in langer Reihe von Versuchen die Kirche seines Landes unter dem Vorgeben, sie frei zu machen, mit Fesseln belastet hatte. 3. War die Richtung, welche die Staatskunst in inneren und äuße- ren Angelegenheiten genommen, eine der Kirche ungünstige, zum Theile sogar feindliche, so entsprach ihr eine im Laufe der Zeit entwickelte Denkweise, die mit ihr in Wechselwirkung stand. Der Fortschritt der Wissenschaften, vorzugsweise der rechnenden und messenden, sowie die Herrschaft, welche vermittelst derselben der Mensch über die Natur ge- wonnen hatte, steigerte die Meinung von der dem einzelnen Menschen Persönlich eigenen Fähigkeit der Erkenntniß so sehr, daß von Vielen die

6. Beschreibende und lehrende Prosa - S. 190

1889 - Freiburg im Breisgau : Herder
190 I. Beschreibende Prosa: Litteraturgeschichte. immer bedingungslos, er verweigerte sie zuweilen. Er hatte seine feste Politik, seine hergebrachten, begründeten Überzeugungen. Jetzt erst, im 19. Jahrhundert, begann bei uns die ruhige Verbreitung der „Sprache Goethes", die nun von Goethe selber als ein festes Idiom angewandt wurde. Und all diese Macht auf natürlichem Wege, langsam wie Bäume wachsen, erworben, ohne die leiseste Anwendung litterarischer Reklame. Goethe hatte einen solchen Widerwillen dagegen, sich dem Publikum auf- zudrängen, daß ihm oft genug die Geflissentlichkeit zum Vorwurfe gemacht worden ist, mit der er sich zurückzog. Seine ruhig ausharrende Persön- lichkeit ließ die Gegenbestrebungen zu Boden sinken. Es ist zu Goethes Gunsten von Anfang an viel geschrieben und gesprochen worden: es hätte ungedrnckt und ungesagt bleiben können, ohne an seiner Machtstellung zu ändern. So stirbt er endlich in hohem Alter. Das Land war erschüttert von seinem Verluste. Man kam sich verlassen und verwaist vor. Dann aber mußte man sich Helsen ohne ihn, und schließlich: man half sich. Denn all das, was oben aufgezählt ist als Goethes Thätigkeit, war sterblich wie er selber. Nun aber das, was unsterblich ist. Wie ein mächtiger Strom, aus dem weder gesäet noch geerntet wird, aber der die gewaltige Ader ist, die das Land belebt, ohne die ein Volk stumm und verlassen wäre, so belebt und beherrscht Goethes Gefilde der Strom seiner Dichtung. Mag er sich noch so sehr dem Gewühle der Menschen und der Geschäfte hingeben: einsam ist er zu gleicher Zeit, und nur das bewegt seine Einsamkeit, was er da, aus eigener Kraft, zu unsterblicher Dauer geschaffen hat. Goethe hatte die uns unbegreifliche Fähigkeit, in zwei Welten zugleich zu leben, die er völlig verbindet und dennoch zugleich völlig voneinander getrennt hält. Stück für Stück werden seine irdischen Schicksale für unsere Blicke sich zusammenziehen. Mit immer einfacheren Worten wird man sie ab- thun. Immer einsamer wird er dazustehen scheinen und endlich nichts übrig bleiben, als Goethe, der Schöpfer von Gestalten von ewiger Jugendkraft. H. Grimms 22. Goethes „Hermann und Dorothea" Ein Dichter, dem es nicht darum zu thun ist, eine Studie nach der Antike zu verfertigen, sondern mit ursprünglicher Kraft, national und volksmäßig zu wirken, wie es einem epischen Sänger geziemt, wird i i Hermann Friedrich Grimm, Sohn Wilhelm Grimms, geboren 1828 zu Kassel, Professor der Kunstgeschichte zu Berlin. - Vgl. Teil Ii, S. 231.

7. Beschreibende und lehrende Prosa - S. 290

1889 - Freiburg im Breisgau : Herder
290 Ii. Lehrende Prosa: Poetik und Ästhetik. Und das ist meine obige Erklärung der Handlung, von der ich glaube, daß sie auf alle guten Fabeln passen wird. — Überhaupt hat Batteur die Handlung der Äsopischen Fabel mit der Handlung der Epopöe und des Dramas viel zu sehr verwirrt. Die Handlung der beiden letzteren muß außer der Absicht, welche der Dichter damit verbindet, auch eine innere, ihr selbst zukommende Absicht haben. Die Handlung der erstern braucht diese innere Absicht nicht, und sie ist vollkommen genug, wenn nur der Dichter seine Absicht damit erreicht. Der heroische und der dramatische Dichter machen die Erregung der Leiden- schaften zu ihrem vornehmsten Endzwecke. Er kann sie aber nicht anders erregen als durch nachgeahmte Leidenschaften; und nachahmen kann er die Leidenschaften nicht anders, als wenn er ihnen gewisse Ziele setzt, welchen sie sich nähern oder von welchen sie sich zu entfernen streben. Er muß also in die Handlung selbst Absichten legen und diese Absichten unter eine Hauptabsicht so zu bringen wissen, daß verschiedene Leidenschaften neben- einander bestehen können. Der Fabulist hingegen hat mit unseren Leiden- schaften nichts zu thun^sondern allein mit unserer Erkenntnis. Er will uns von irgend einer einzelnen moralischen Wahrheit lebendig überzeugen. Das ist seine Absicht, und diese sucht er, nach Maßgebung der Wahrheit, durch die sinnliche Vorstellung einer Handlung bald mit, bald ohne Ab- sichten zu erreichen. Sobald er sie erhalten hat, ist es ihm gleichviel, ob die von ihm erdichtete Handlung ihre innere Endschaft erreicht hat oder nicht. Er läßt seine Person oft mitten auf dem Wege stehen und denkt im geringsten nicht daran, unserer Neugierde ihretwegen ein Genüge zu thun. „Der Wolf beschuldigt den Fuchs eines Diebstahles. Der Fuchs leugnet die That. Der Affe soll Richter sein. Kläger und Beklagter bringen ihre Gründe und Gegengründe vor. Endlich schreitet der Affe zum Urteile: Tu non videri8 perdidisse, quod petis; Te credo surripuisse, quod pulchre negas.“ (Phaedr. I, 10.) Die Fabel ist aus; denn in dem Urteile des Asien liegt die Moral, die der Fabulist zum Augenmerke gehabt hat. Ist aber das Unternehmen aus, das uns der Anfang derselben verspricht? Man bringe diese Ge- schichte in Gedanken auf die komische Bühne, und man wird sogleich sehen, daß sie durch einen sinnreichen Einfall abgeschnitten, aber nicht geendigt ist. Der Zuschauer ist nicht zufrieden, wenn er voraussieht, daß die Streitigkeit hinter der Scene wieder von vorn angehen muß. — „Ein armer, geplagter Greis ward unwillig, warf seine Last von dem Rücken und rief den Tod. Der Tod erscheint. Der Greis erschrickt und fühlt betroffen, daß elend leben doch besser als gar nicht leben ist. ,Nun, was

8. Dichtung der Neuzeit - S. 83

1908 - Freiburg im Breisgau : Herder
§ 19. Wielands Werke. 83 8 19. Ii. Wielands Werke. Nur die wichtigsten Werke der ernsteren Weimarer Zeit haben Wert und Bedeutung. Zu nennen ist zunächst seine Tätigkeit in Übe r- setzungen. So übersetzte er als erster 22 Stücke Shakespeares (1564—1616) und brachte dadurch den großen englischen Dramatiker uns Deutschen näher; dann übertrug er die Werke des griechischen Schrift- stellers Lucian^, die Episteln und Satiren des Horaz und die Briefe Ciceros. Diese Übersetzungen geben freilich das Original nicht wort- getreu wieder, bieten aber den Sinn und Geist des Schriftstellers in form- gewandter, anmutig leichter Sprache. Ferner verdienen Erwähnung: Die „Abderiten", ein satirischer Roman, in welchem er das prah- lerische und engherzige Spießbürgertum kleiner deutscher Städte in eigenen Erlebnissen unter griechischer Maske (Abdera, Stadt in Thrazien und Ge- burtsstätte des Philosophen Demokrit, der sich vergeblich bemüht, seine engherzigen und spießbürgerlich beschränkten Mitbürger zu bekehren) dar- stellte und geißelte. Sein bedeutendstes und größtes Werk ist: „Oberon", ein romantisches Epos, geschrieben in wohllautenden, gereimten achtzeiligen Stanzen von jambisch-anapästischem Rhythmus, die sich von ihrem italienischen Vorbilde durch freiere Stellung des Reimes und durch Wechsel in der Zahl der Versfüße unterscheiden. Als Quellen dienten ihm ein altfranzösischer Roman Huon de Bor- deaux und Shakespeares Sommernachtstraum (Oberon und Titania). Aus denselben entnahm er drei Haupthandlungen, die er meisterhaft zu einer Einheit verband, indem die Personen derselben zur Ausführung ihrer Pläne aufeinander angewiesen werden: 1. Die romantischen Abenteuer Hüons, eines vom Hofe Karls des Großen verbannten Ritters, der für die Tötung eines Sohnes Karls Sühne leisten soll durch das Bestehen von scheinbar undurchführbaren Abenteuern. Vom Elfenkönig Oberon durch ein Zauberhorn und einen Zauberbecher unterstützt gewinnt er Rezia, die Tochter des Kalifen von Bagdad, 2. die treue, in Drangsalen aller Art glänzend bewährte Liebe Hüons und Rezias, und 3. die Aussöhnung Oberons mit seiner Gemahlin Titania, von der er sich infolge eines Streites getrennt hatte unter dem Schwure, erst dann sich wieder mit ihr auszu- * söhnen, wenn er ein in allen Schicksalsschlägen in treuer Liebe ausharrendes 1 1 Sudan, um 130—190 n. Chr. in verschiedenen Städten lebend, auch in Rom und Athen, hervorragend als satirischer Schriftsteller, ausgezeichnet durch vielseitige Bildung, Witz und glänzende Darstellung, machte sowohl die Philosophen als die positiven Religionen zur Zielscheibe seiner bittern Angriffe. 6 *

9. Dichtung der Neuzeit - S. 117

1908 - Freiburg im Breisgau : Herder
§ 28. Lessings Werke. — Die dichterischen Werke. 117 6. Höhe der Verwicklung und Umschwung (Iv, 6). Minna greift nunmehr zur List; sie streift den Ring des Majors, den sie statt des eigenen auf- gesteckt hat, vom Finger und gibt ihn dem Major zurück, indem sie zugleich von einem ihr widerfahrenen Unglück eine Andeutung macht (Iv, 6). Als Tellheim durch Franziska vernimmt, daß das Fräulein wegen ihrer Liebe zu ihm von ihrem Oheim, Grasen von Bruchsall, enterbt sei, ist er wie umgewandelt (Iv, 7 und 8; Peripetie). D. Fallende Handlung (V, 1-11). Tellheims Versuch, Minna zu gewinnen: Erste Stufe. Der erste Versuch. Tellheim scheut sich nicht, jetzt von Werner Geld zu fordern, um zunächst den Ring durch Just einlösen zu lassen; während sein eigenes Unglück ihn niedergeschlagen hatte, hebt ihn das ihre empor, er fühlt sich „willig und stark, alles für sie zu unternehmen" (V, 1 und 2). Aber seine Bemühungen, Minna zu bestimmen, den Ring zurückzunehmen, sind vergeblich, denn sie will sein Unglück nicht durch das ihre vergrößern (V, 3—5). Zweite Stufe. Das Handschreiben des Königs und Tellheims- neuer Versuch. Auch die vollkommene Wiederherstellung der Ehre Tellheims durch ein gnädiges königliches Handschreiben und die volle Erstattung der von ihm vorgeschossenen Gelder vermögen nicht Minna umzustimmen, sie schlägt Tellheim durch seine eigenen früheren Worte (V, 6—9). Dritte Stufe. Moment der letzten Spannung. Als Tellheim von Just hört, daß das Fräulein seinen Ring an sich gebracht, wendet er sich von der vermeintlich Falschen ab in dem Glauben, daß sie das getan, um mit ihm zu brechen. In seiner Entrüstung wird er auch ungerecht gegen Werner und will von einem Mißverständnis nichts wissen (V, 10—11; Höhe der Verwicklung). E. Lösung (V, 12—15). Die Ankunft des Grafen von Bruchsall bringt die Aufklärung der List Minnas und des Irrtums Tellheims betreffs des Ringes (V, 12 und 13). Der endlichen Vereinigung des Liebespaares folgt die Versöhnung Werners durch Tellheim und seine Vereinigung mit Franziska (V, 14 und 15). Die Charaktere des Stückes sind im Ernst und im Scherz echt deutsch; deutsche Liebe, deutsche Treue, deutsches Denken und Handeln, geschildert auf dem nationalen Hintergründe des Siebenjährigen Krieges, ziehen den Leser und den Zuschauer mächtig an. Dabei sind die Charaktere mannigfaltig und scharf geschieden: Tellheim ein Offizier von unbeugsam-stolzem Ehrbegriff, ein Muster von Großmut und Mitleid, Leutseligkeit, Edelsinn und Zarter Liebe; Werner auch im Friedenskleide voll soldatischer Neigung, bieder und treu wie Gold; Just derb, aber ehrlich und anhänglich; Minna naiv und heiter, nicht minder edelsinnig als ihr Geliebter; Franziska munter, geschwätzig, aber treu; dagegen der Wirt „ein Schurke von Wirt", der, aller edeln Gesinnung bar, nur aus seinen eigenen Vorteil bedacht ist; und Riccaut, ein großprahlerischer, aber feiger und gewissenloser französischer Glücksritter, ein Bild des bei Roßbach schmachvoll geschlagenen Franzosentums. So sind die Charaktere außer Wirt und Riccaut „lauter tüchtige und liebenswerte vaterländische

10. Dichtung der Neuzeit - S. 263

1908 - Freiburg im Breisgau : Herder
§ 40. Schillers Werke. — Die dramatischen Werke. 263 seine Aufgabe retten zu können. Er weiß die Königin zu bestimmen, den Jnfanten zur Flucht nach Flandern zu bewegen, erweckt aber durch seine Verschlossenheit dessen Mißtrauen. Um ihm die Flucht ermöglichen zu können, erwirkt er sich vom Könige einen Haftbefehl und vollstreckt denselben, als Karlos die Königin vor ihm warnen will. Die Prinzessin Eboli gibt der Königin von diesem Vorgänge Kenntnis und gesteht dabei ihre eigene Schuld; zur Strafe wird sie verstoßen (Katastrophe der Nebenhandlung). Um nun den Freund zu retten, opfert Posa sich selbst, indem er einen ihn der Verräterei überführenden Brief in die Hände des Königs gelangen läßt. Er findet sein Ende durch eine meuchlerisch abgesandte Kugel, als er gerade Karlos im Gefängnisse über den Zweck seiner Gefangennahme aufklärt (Katastrophe Posas). Der Tod Posas kann aber weder dem Freunde noch den Niederlanden nützen; denn der König, von der beabsichtigten Flucht seines Sohnes in Kenntnis gesetzt, überrascht ihn, wie er, durch den Tod des Freundes von seiner Leidenschaft geheilt und zum Manne gereift, von der Königin Abschied nimmt, und übergibt ihn dem Großinquisitor zur Bestrafung (K a t a st r o p h e des Don Karlos). So hat Schiller, um die Idee der Freiheit im Kampfe mit herrsch- süchtiger Gewalt und Willkür darzustellen, zu einem historischen Stoff gegriffen. Er hat denselben aber stellenweise bedeutend umgestaltet, wie namentlich die Persönlichkeit des Don Karlos, der, tatsächlich ein geistig und körperlich krankhafter Mensch, der Geschichte nicht entspricht. Wenn die Freiheit auch unterliegt, so bietet die kosmopolitische Idee des Dichters doch etwas Positives gegenüber seinen früheren negativen Absichten; denn nicht mehr mit roher Kraft will er die Verhältnisse der Staaten umgestalten, sondern, getragen von dem Bewußtsein der Wahrheit seiner Ideen, mit freimütigem Worte, so daß die positive Hoffnung durchblickt: „— Sanftere Jahrhunderte verdrängen Philipps Zeiten; Die bringen mild're Weisheit; Bürgerglück Wird dann versöhnt mit Fürstengröße wandeln." Die Sprache ist einfacher, klarer und harmonischer, wie auch nach Lessings Vorgang im „Nathan" die zum erstenmal angewandte me- trische Form des fünffüßigen jambischen Verses die größere künstlerische Reife des Dichters bekundet. Nach einer Pause von neun Jahren kehrte Schiller zum Drama zurück, um in kurzer Aufeinanderfolge seine fünf großen vollendeten Dramen auf die Bühne zu bringen. Der unruhige Geist der Sturm- periode ist nunmehr glücklich überwunden, die Freiheit aber bleibt des Dichters Ideal. 5. „Wallenstein" \ Ein dramatisches Gedicht. Schiller vollendete dieses große Werk, welches er nach schon früher gefaßtem Plane im * Vgl. Teil Iii, S. 190: „Der dramatische Aufbau von Schillers Wallenstein* von G. Freytag, und S. 194: „Die komischen Gestalten aus Schillers Wallenstein* von K. Fischer.
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