Von der ersten französischen Revolution bis zur Gegenwart.
später aber aus Argwohn sich veranlaßt gefunden, diese Begünstigungen
wieder zurückzuziehen und die russischen Beamten zu einer strengen
Amtsführung aufzufordern. Der Viceköuig von Polen, Großfürst Con-
stantin, regierte mit Strenge und verfolgte die Unzufriedenen mit un-
nachsichtlicher Härte. Die Polen hofften auf Hülfe von Frankreich und
ergriffen die Waffen. Am Abend des 29. Nov. drangen zu Warschau
20 bewaffnete Zöglinge der Kadettenschule in den Palast des Groß-
fürsten, andere riefen die Bevölkerung der Hauptstadt zu den Waffen.
Mit Mühe rettete sich Constantin und zog sich mit den russischen Be-
amten und Soldaten zurück. Die Nevolution war gelungen. Allein
statt rasch zu handeln, begann man erst zu überlegen, was für die
Zukunft Polens das Beste sei; die Meinungen waren sehr getheilt.
General Chlopicki übernahm die Leitung der Angelegenheiten, obwohl
er der von dem Volke ausgegangenen Bewegung nicht hold war, und
übernahm, um Unordnungen vorzubeugen, die Diktatur, sandte eine
Deputation nach St. Petersburg und ließ dem Kaiser Unterhandlungen
anbieten. Allein diese wurden zurückgewiesen; Chlopicki legte seine
Diktatur nieder, und Fürst Nadziwill übernahm den Oberbefehl. Ein
Beschluß des Reichstags entschied den vollständigen Bruch mit Rußland.
General Diebitsch rückte bereits mit einem ungeheuren Heere gegen von den Rust
die Polen vor und überschritt ungehindert die polnische Grenze. Die ^Zm'acht^un'
Polen fochten in allen Schlachten mit einer bewundernswürdigen Tapfer- temüdt.
feit und blieben mehrere Male Sieger; der verwundete Chlopicki trat den
Oberbefehl an Skrzynecki ab, welcher in der mörderischen Schlacht
von Ostrolenka besiegt wurde. Auch der tapfere General Dweruicki,
welcher nach Volhyuien vorgedrungen war, um die Revolution in die
ehemaligen russischen Provinzen zu tragen, ward genöthigt sich auf
östreichisches Gebiet zu flüchten. Zwietracht, Verrath und leere Ver-
tröstungen auf französische Hülfe schadeten der polnischen Erhebung so
sehr, daß an ein Gelingen nicht mehr zu denken war. General Die-
bitsch und Großfürst Constantin erlagen nebst vielen Tausenden des
russischen Heeres der damals wüthenden asiatischen Cholera, und Fürst
Paskewitsch, welcher im Kriege mit Persien und mit der Türkei be-
deutende Erfolge erkämpft hatte, übernahm den Oberbefehl. Skrzynecki
hoffte noch immer auf Hülfe von Frankreich oder England, hinderte
den Uebergang der Russen über die Weichsel nicht und zog sich fechtend
vor der Uebermacht zurück; er mußte seinen Oberbefehl einstweilen an
den General Dembiuski abtreten. Mißtrauen und Zwietracht herrschte
in der Hauptstadt und in dem Heere der Polen. In Warschau regte
ein Iakobinerklub den Pöbel zu gräßlichen Mordscenen auf und ver-
Cassian's Geschichte. Iii. 2. Slusl. v. Stacke. 13
TM Hauptwörter (50): [T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister], T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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TM Hauptwörter (200): [T88: [Türke Ungarn Krieg Rußland Kaiser Sultan Wien Jahr Frieden Polen], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T156: [Schlacht Sieg Feind Heer König Mann Kampf Tag Tapferkeit Franzose], T73: [König Paris Parlament Partei Frankreich Volk Regierung Nationalversammlung Republik Robespierre], T87: [Meer Rußland Wolga Stadt Petersburg Moskau See Ostsee Hauptstadt Ural]]
Extrahierte Personennamen: Großfürst_Con- Constantin Chlopicki Chlopicki Rust Chlopicki Ostrolenka Dweruicki Großfürst_Constantin Constantin Skrzynecki Dembiuski Slusl
Extrahierte Ortsnamen: Polen Frankreich Warschau Polens Petersburg Polen Persien Frankreich England Polen Warschau
Die schweizerische Eidgenossenschaft gegründet.
247
Die schwehcrische Eidgenossenschaft gegründet (1308).
Der ermordete König hatte besonders eifrig darnach getrachtet, die
Leute im schweizerischen Alpengebirge an sich zu bringen; denn er er-
kannte die Wichtigkeit dieses Landes als Eckstein gegen Frankreich und
Italien recht wohl und als tüchtiger Kriegsmann schätzte er das aleman-
nische Fußvolk wie sein Vater, der sich ausgesprochen hatte, mit 40,000
Fußgängern und 4000 Reitern aus Alemannien wolle er der ganzen
Welt die Schlacht anbieten; denn die Natur jener Thäler und Berge
hatte dafür gesorgt, daß die altdeutsche Kriegsweise dort erhalten blieb.
Albrecht hatte vieles ererbt und vieles erworben in diesen Gegen-
den, und es brauchte nur noch einige Schritte, bis seine Herrschaft ab-
gerundet war. Thurgau, Zürichgan, Aargau, Zug, Freiburg und Luzern
gehörten ihm; als Schirmvogt von Säckingen war er Oberherr von
Glarus, als Schirmvogt von St. Gallen, Bisthum Chur und Kloster
Einsiedcln war er in diesen Stiftslanden Oberrichter und Pannerherr;
in Schwyz und Unterwalden hatte er Landvogtrechte, überdies Herr-
schaften und Güter; dagegen sind die Rechte Habsburgs in Uri noch
nicht hinlänglich aufgehellt. Von diesen drei Ländern ging ein Wider-
stand aus, dessen Veranlassung und Umfang wir nicht mehr bestimmen
können; denn was die Schweizer erzählen, ist Volkssage, durch lange
Feindseligkeit gänzlich verunstaltet, und gleichzeitige Geschichtschreiber
haben wir über jene Ereignisse keine. Wir lassen demnach die Geschichte
von Tell, Melchthal, Walter Fürst und Staufacher der Poesie und Sagen-
geschichte und begnügen uns, die Punkte herauszustellen, die unbestritten
bleiben müssen. Obwohl kein Geßler auf der Burg bei Küßnacht ge-
schichtlich erwiesen ist, so haben jedenfalls Adelige des Königs, mögen
diese Vögte gewesen sein oder nicht, das Landvolk durch Uebermuth er-
bittert; dies war bei der damals überhaudnehmenden Entartung des
Adels allbereits an der Tagesordnung. Noch gewisser ist, daß die Land-
gemeinden in den Bergen die Wirren der Zeit so gut benutzt hatten als
die Fürsten; als kein Kaiser die Rechte des Reiches wahrte, die Adeligen
sich für oder gegen die Hohenstaufen oder in eigenen Fehden schlugen,
als selbst die beiden Habsburger Linien einander bekriegten, nahmen die
Städte im damaligen Oberdeutschland (so nennt es noch der Schweizer
Tschudi im sechszehnten Jahrhundert) z. B. Zürich und noch mehr Bern
die Gelegenheit wahr sich jeder Oberherrlichkeit, die doch keinen Schutz,
sondern nur Lasten im Gefolge hatte, zu entziehen, was um so leichter
anging, als Schwaben keinen Herzog von Burgund, keinen Neichsstatt-
halter mehr hatte. Das gleiche thaten die Bauern, voran die Schwyzer,
welche bereits zweihundert Jahre mit dem Kloster Einsiedeln in einem
Streite wegen Wäldern und Alpen lagen; Zürich hatte sich an ihnen
TM Hauptwörter (50): [T44: [Alpen See Stadt Schweiz Italien Meer Berg Insel Fuß Inn], T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T58: [Kloster Jahr Mönch Kirche Schweiz Bischof Abt Zürich Bonifatius Bern], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T59: [Heer Mann Soldat Krieg Jahr Offizier Land König Truppe Waffe], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter]]
TM Hauptwörter (200): [T68: [Schweiz Zürich Kanton Bern See Stadt Genf Basel Schweizer Schwyz], T80: [Kaiser Stadt Fürst Recht Reich König Reichstag Macht Adel Fürsten], T4: [Orden Ritter Peter Kreuzzug Land Jahr Jerusalem Johanniter Arnold Frankreich], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]
Extrahierte Personennamen: Albrecht Walter_Fürst Schweizer
Tschudi
194 Englische Revolution. Zeitalter Ludwigs Xiv. rc.
ihre barbarischen Gewohnheiten abthun; allein er richtete nicht viel aus,
weil Gesittung nicht geboten werden kann, sondern nur als eine Frucht
der Jahrhunderte reift. Peter selbst blieb Zeitlebens ein Barbar, der seine
Minister eigenhändig durchprügelte, die Gesandten und Räthe betrunken
machte und sich selbst lästerlich berauschte, seiner Wollust mit thierischer
Schamlosigkeit stöhnte, das Leben anderer für nichts achtete und zu seinem
Zeitvertreibe aufzuopfern geneigt war und bei den Hinrichtungen selbst
Hand anlegte. Aber dieser Barbar war ein genialer Mann und hatte
einen politischen Scharfblick, der ihn das nahe und ferne Ziel klar er-
kennen und jeden Schritt abmessen ließ; bei seiner starken Willenskraft
war er dennoch seiner Eroberungslust ganz mächtig und gab ihr nur
in so weit nach als nothwendig war, um zu der Macht Rußlands
und dessen künftiger Weltherrschaft die Fundamente und Grundmauern
zu bauen.
Als er die Negierung übernahm hatte das weitausgedehnte Ruß-
land noch keine Küsten in seinem Besitze als die des Eismeeres mit dem
Seehafen Archangel, welcher die Hälfte des Jahres durch Eis geschlossen
ist, und die sibirische Küste bis Kamtschatka, bis wohin die Russen im
Laufe des 17. Jahrhunderts vordrangen. Die Mündungen der andern
russischen Flüsse waren in den Händen der Türken und Schweden. Ruß-
land hatte noch keinen selbstständigen Handel, war also auch ein geldarmes
Land. Peter erkannte, daß ohne Seehandel und Seemacht die Stärke
eines Staates keine nachhaltige ist, darum suchte er an dem baltischen
und asowischen Meere festen Fuß zu fassen, und fing mit den Türken
Krieg an, als sie gerade an Prinz Eugen die neue Kriegskunst kennen
lernten. Es gelang ihm mit den Schiffen, die er auf dem Don gebaut
hatte, die türkische Flotte zu überfallen und zu schlagen; die Stadt Asow,
von welcher die Palus Mäotis der Alten den heutigen Namen des aso-
wischen Meeres trägt, fiel in seine Gewalt und wurde ihm von den
Türken im Frieden von 1699 abgetreten. So öffnete Peter seinem
Volke das bisher verschlossene Meer.
Schweden von Gustav Ädotpli dis Kart Xii. (1631 — 1699).
Seine Hauptanstrengung richtete Peter aber gegen Schweden, wel-
ches das baltische Meer beherrschte, dessen Herrschaft er als die erste
Bedingung der russischen Größe ansah. Gustav Adolf und die Erobe-
rungen der schwedischen Feldherren im dreißigjährigen Kriege hatten das
schwachbevölkerte und arme Schweden in den Rang der Großmächte vor-
geschoben, und nur auf Schwedens Kosten konnte Rußland zunächst Einfluß
auf Europa gewinnen.
Auf Gustav Adolf folgte seine minderjährige Tochter Christine,
für die während zwölf Jahren ein Reichsrath von fünf Mitgliedern,
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer]]
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Extrahierte Personennamen: Ludwigs Peter Peter Eugen Peter Gustav_Ädotpli Gustav Peter Gustav_Adolf Gustav Adolf Gustav_Adolf Gustav Adolf Christine
Extrahierte Ortsnamen: Kamtschatka Schweden Schweden Schwedens Europa
412
Die Zeit von 1815 bis 1857.
einmal von den Türken erlöst zu werden sprach sich in den Prophe-
zeihungen aus, die unter dem Volke verbreitet waren und durch die
sichtbar zunehmende Schwäche des osmanischen Reichs als bestätigt er-
schienen. Die Kraft der Osmanen war durch Prinz Eugen in ihren
Grundfesten erschüttert worden und wenn auch der Kaiser den von
Eugen vorgezeichneten Weg, welcher an das schwarze Meer geführt
hätte, verließ und den Türken seinerseits Erholung gewährte, so drängte
Rußland seit Peter I. um so entschiedener gegen das schwarze Meer,
das Pfand der Herrschaft über Kleinasien und die unteren Donauländer.
Rußland rückte auf Kosten der Türkei au die Mündungen des Kuban,
des Don, des Dnieper, Dniester, bis an den Pruth und die Donau
vor, in Asien über den Kaukasus bis an den Phasis und Kur und stei-
gerte durch jeden neuen Krieg die Schwäche der Pforte. Durch die
Unterwerfung der Tataren in der Krim und nogaischen Steppe erlitt
die türkische Militärmacht einen unheilbaren Schlag, indem sie jene
leichte Reiterei verlor, welche bisher die Schwärme der russischen Ko-
saken unschädlich gemacht hatte; auch das ehemals so gefürchtete Fuß-
volk der Janitscharen zeigte sich der neuen Taktik und Bewaffnung, die
Rußland durch deutsche Offiziere empfangen hatte, immer weniger ge-
wachsen, und der Versuch, das türkische Heer nach christlichem Muster
zu organisieren, kostete 1807 dem edlen Sultan Selim Ih. Thron und
Leben. Sein Nachfolger Sultan Mahmud 11. verlor zwar im Frie-
den von Bukarest au Rußland nur einen kleinen Landstrich, aber
Rußland sorgte dafür, daß es über die Türkei eine Art von Oberhoheit
behielt. Dies geschah durch die russische Schutzherrlichkeit über die der
Türkei tributpflichtigen Donaufürstenthümer, besonders aber durch das
im Frieden von Kutschuk Kainardsche (1774) gewonnene und in
jedem späteren Friedensschlüsse bestätigte Recht des russischen Kaisers,
kraft dessen er darüber wacht, daß die griechische Kirche in der Türkei
in ihren Privilegien nicht beeinträchtigt werde. Dadurch erschien der
russische Kaiser den Griechen als der natürliche Beschützer und künftige
Erlöser, und er selbst hatte zu jeder Zeit, wann er es für gut fand,
einen Anlaß, der Türkei einen neuen Stoß zu geben; wie sollte es näm-
lich bei dem rohen Fanatismus der Türken jemals an Gewaltthätigkeiten
gegen die Griechen fehlen? Rußland hatte in seinen Kriegen gegen die
Türken noch jedesmal die Griechen gegen die Türken aufgerufen, 1770
sogar die peloponuesischen, jedesmal aber im Frieden die Griechen den Tür-
ken thatsächlich preisgegeben; die barbarische Rache derselben machte sie den
Griechen nur um so verhaßter und diese vergaßen darüber, daß Rußland
sie verlassen hatte, und hofften um so mehr von der Zukunft, auf welche
sie von den russischen Agenten vertröstet wurden; auch ermangelte der
russische Hof niemals, den Griechen Zeichen seiner Sympathie zu geben
TM Hauptwörter (50): [T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
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Extrahierte Personennamen: Eugen Eugen Eugen Eugen Mahmud
Extrahierte Ortsnamen: Kleinasien Donau Asien Kaukasus Bukarest Kutschuk_Kainardsche
Bonaparte als „Vermittler" in der Schweiz. 343
Bonaparte war unedel genug, einige tausend Polen in den fernen Erd-
theil zu schicken, um französisches Blut zu sparen. Leklerk fand anfangs
keinen Widerstand; Toussaint und Dessalines, die bedeutendsten Häupt-
linge, ergaben sich, wie die Franzosen sagen; sonst wird behauptet, Tous-
saint sei von den Franzosen auf uuredliche Art gefangen worden. Das
weitere Verfahren spricht dafür; er wurde nämlich nach Frankreich ge-
liefert und dort in der Citadelle in Jour gefangen gehalten bis zu sei-
nem Tode. Der gesetzgebende Körper führte am 19. Mai 1802 die
Sklaverei wieder ein, was dem Aufstande der Schwarzen neue Macht
gab. Sie hielten sich in den Bergen und Wäldern und mehr als ihre
Kugeln und Messer (die Schwarzen mordeten immer nur aus dem Hin-
terhalte) räumten die Krankheiten der regnerischen Jahreszeit unter den
Franzosen auf. Leklerk und dreizehn Generale erlagen, im ganzen mehr
als 24,000 Mann, und als der Krieg mit England wieder ausbrach,
konnte keine bedeutende Verstärkung nach Domingo geschickt werden; am
19. November 1803 zogen die Franzosen von Domingo vollends ab
und überließen es den Mulatten und Negern, deren Häuptlinge Bona-
parten nachahmten, wie das Volk dem französischen Volke; denn die
Schwarzen und Farbigen laborieren ganz wie die Franzosen seit 1803
an Kaisern, republikanischen Verfassungen und Präsidenten.
Lonapartc als „Vermittler" in der Schweiz (1803).
Die Schweiz wußte nichts mit ihrer einheitlichen Verfassung an-
zufangen, denn diese war dem Volksleben zu fremd. Kaum waren da-
her die Franzosen in Folge des allgemeinen Friedens abgezogen, als die
Anhänger oer alten Verfassung sich regten und weil das helvetische Di-
rektorium nichts für sich hatte als einige Beamte, so konnte es sich nicht
halten. Zürich und die Urkantone kündigten gleichzeitig den Gehorsam
auf, Bern folgte dem Beispiele und bei Wiflisburg liefen die wenigen
Truppen des Direktoriums davon. Nun gebot Bonaparte Einhalt und
gab seinem Worte durch 15,000 Mann Nachdruck, die er unter Ney
in die Schweiz einmarschieren und von ihr nähren und bezahlen ließ.
Er berief die angesehensten Schweizer nach Paris und sprach mit ihnen
über die Zustände ihres Landes und über die beste Verfassung. Er wies
die Ansprüche der verfaulten Städtleraristokratie auf Bevogtung der Land-
schaften ebenso entschieden zurück, als er keine unbedingte Demokratie
gelten lassen wollte; „sie ist ein Sandmeer," sagte er, „in dem kein
Samenkorn haftet." Ebenso wenig wollte er von der Aufhebung der
Klöster wissen, weil sie den Katholiken gehörten und ihnen lieb waren;
er begriff es nicht, warum nichtkatholische Staatsmänner so eifrig gegen
die Klöster waren, und wenn sie dieselben, meinte er, auch für nichts
anderes ansehen könnten als eine Art Opernanstalten für die Leute des
TM Hauptwörter (50): [T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Extrahierte Personennamen: Leklerk Lonapartc
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich England Bern Wiflisburg Paris
584
Die Zeit von 1815 bis 1857
Mehrzahl ihrer Mitbürger in Religion, Unterricht und Sitten meistern
wollte und dabei über Meineid und Verrath schrie, wenn man ihr nicht
alle Aemter in Händen ließ. Die schweizerischen Radikalen waren über
diese Niederlage furchtbar erbittert; unleugbar hatte sich die Mehrzahl
des Volkes im Wallis gegen den Radikalismus entschieden, aber nun
wurde das souveräne Volk, dem man sonst neben dem richtigsten Ver-
stände alle guten Eigenschaften des Herzens zuschrieb, mit einemmal als
eine Bestie tituliert, die sich von einigen Schlauköpfen und egoistischen
Schurken gegen die besten Freunde hetzen und dann wieder an Strick
und Halsband führen lasse. Auch wurde eine Verordnung des wallisi-
schen Großen Raths, die den protestantischen Ansaßen nur einen Privat-
gottesdienst gestattete, gegen den katholischen Klerus unermüdlich ausge-
beutet; daß damals die Verfassung des Kantons Zürich ausdrücklich die
evangelische Religion als Landesreligion bezeichnete, daß in Zürich so
wenig als in Schaffhausen, Bern, Genf u. s. w. ein Katholik Bürger
werden konnte; daß in Appenzell-Außerrhoden kein Bürger eine Katho-
likin heirathen durfte, und wenn auch alle Kinder protestantisch erzogen
würden; daß der Heidelberger Katechismus, in welchem die Katholiken
vermaledeite Abgötterer genannt werden, in Bern und andern protestan-
tischen Kantonen als Schulbuch fungierte, alles dies hatte natürlich nichts
zu bedeuten, wenn gegen römische Intoleranz gestürmt wurde. Die Er-
bitterung gegen den katholischen Klerus und besonders gegen die Jesui-
ten steigerte sich durch deren Sieg im Wallis (ihnen wurde die Nieder-
lage der Radikalen am Trient Schuld gegeben) um so mehr, als bereits
auch in der andern Schwei; die politische Parteiung die religiöse zur
Mitwirkung herbeigezogen hatte.
Solothurn revidiert seine Verfassung (1840).
Für den Kanton Solothurn lief mit 1840 die 10jährige Periode
ab, während welcher die 1831 in das Leben getretene Verfassung sich
erproben sollte; nach Verfluß dieser Zeit mußte sie einer Revision unter-
worfen werden, wenn der Große Rath mit absoluter Stimmenmehrheit
sich für dieselbe entschied. Dies geschah und zwar ganz im Sinne des
Volks, weil dieses aus der Beamtenherrschaft („Herrschaft der Kapaci-
täten" von den Herren genannt) eine Demokratie machen wollte. Es
verlangte direkte Wahlen für die Großräthe, Verminderung der Beam-
tungen und Besoldungen, namentlich weniger Regierungs- und Appella-
tionsräthe; freie Wahl der Gemeindebeamten durch die Gemeinden, freie
Gemeindeverwaltung und Beschränkung des Aufsichtsrechts der Regie-
rung; Aufhebung der Sporteln und Taren der Gerichtspräsidenten und
Oberamtmänner; Aufhebung des Zwangs für die Gemeinden bei Bür-
geraufnahmen; endlich das allgemeine Veto. Außer diesen Forderungen
TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T58: [Kloster Jahr Mönch Kirche Schweiz Bischof Abt Zürich Bonifatius Bern], T86: [Kaiser Protestant Katholik Fürst Kurfürst Land Kirche Karl Reichstag Krieg], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T68: [Schweiz Zürich Kanton Bern See Stadt Genf Basel Schweizer Schwyz], T40: [Protestant Kaiser Kirche Katholik Reichstag Jahr Lehre Reformation Augsburger Land], T7: [Staat Gesetz Verfassung Recht Reichstag Reich König Regierung Volk Verwaltung], T99: [Stadt Verwaltung Provinz Gemeinde Beamter Kreis König Spitze Land Angelegenheit]]
974
Europa —
Rußland.
Kaptschak zerfiel in Trümmer. Sofort erhob sich nach 272 Jahrhunderten das russische-
Großfürstenthum. Jwun I. Wasiljewitsch, Großfürst zu Moskau, machte durch
die Schlacht bei Ugra (1480), wo ein russisches und ein mongolisches Heer miteinander
kämpften und beide vor einander flohen, sich von mongolischer Herrschaft frei, eroberte
die Länder bis zum weißen Meer, erklärte das Reich für nntheilbar, schickte sogar 1491
zum deutschen Reichstage nach Frankfurt Gesandte (deren Wortführer italienisch sprach)
und zeigte sich als ein Fürst, der den Stamm Ruriks wieder mit Glanz umgab. Er
kann für den zweiten Gründer des russischen Reiches gelten.
Leider gab es in seinem Volke kein Element der Freiheit, keines der Kultur. In
Priestern und Mönchen zeigte sich weder Neigung zu Studien noch Forjchungssinn;
kaum daß die Mehrheit von ihnen lesen konnte. Schmutz, Roheit und knechtischer
Sinn hielten jede geistige Anlage in Banden. Kein freigesinnter Adel, wie in Polen,
zügelte den Despotism; und die einzigen Grundlagen der Bildung, nämlich die
städtischen Einrichtungen zu Nowgorod und Pleskow, vernichtete man, sobald beide
Republiken bezwungen waren, gänzlich. Die Bürger wurden Leibeigene des Zars oder
Kaisers (Casars), der überhaupt als Herr über Leben, Ehre und Vermögen der Unter-
thanen betrachtet ward. Nur die Nachkommenschaft ehemaliger Fürsten und der Bo-
jarenrath behaupteten gewisse erbadlige Vorrechte. Der Despot regierte mit Hilfe
einiger 1000 Strelzen oder Strelitzen, als Beginn künftiger stehender Heere: zum
Kriege jedoch mußten alle Knäsen und Bojaren mit ihren Knechten erscheinen. Be-
denklich für den Westen wäre übrigens dieser geistlose Staat, obwohl er seit 1552 über
die Türkenreiche Kasan und Astrachan und bald auch über Sibirien sich erstreckte,
nicht geworden, wenn nicht das mächtige Polen sich selbst durch wilde Faktionen zer-
rüttet, und der so tapfre Schwedenkönig Karl Xii. nicht aufs tollste die Kräfte seiner
Nation vergeudet, und ein günstiges Geschick nicht einen ausgezeichneten Mann, Peter
den Großen, auf den russischen Thron gebracht hätte.
Dieser Zar, gleichsam der dritte Gründer des Reiches, gehört einer neuen Regenten«
familie an, dem den Ruriks verwandten Hause Romanow, das von 1613 bis 1730
herrschte. Erst 17 Jahre alt, als er 1689 den Thron bestieg, zeigte er bald, welch' ein
aufstrebender Geist an die Spitze des Volkes gekommen sei. Roh und grausam wie
andre russische Fürsten, war er voll Begier zu lernen, voll Talent zum Nachahmen,
voll Thatkraft, feine Pläne auszuführen. In den 36 Jahren seiner Regierung wurden
die Russen aufs vielfachste angeregt, und durch Fremde, besonders Deutsche, zum Nach-
ahmen in Gewerken und mechanischen Künsten veranlaßt. Die empörerischen Strelzen
mußten einer europäischen Garde, die Unordnung des wilden Aufgebots einem ge-
regelteren Kriegsheere weichen. Zuerst von Karl Xii. bei Narwa 1700 besiegt, hatte
er endlich die Freude, wenn auch durch Uebermacht, einen Sieg über die Schweden (bei
Poltawa 1709) zu erringen und sein heißes Verlangen nach Besitz an der Ostsee zu
befriedigen. Livland, Esthland, Jngermannland mit Karelen und Wi-
borg verblieben ihm, und Petersburg, das er schon 1704 gegründet, erhielt Krön-
schlot (kleine Insel bei Kronstadt) zum Hafen, damit es mit dem gebildeten Europa
zur See in Verbindung komme. Von den Polen wurde Kiew und Eherson, von
dm Türken Taganrog am asowschen Meer erworben, und unerwartet sah man zu
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T78: [Polen Rußland Preußen Land Orden Russe Stadt Reich Warschau Weichsel], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T59: [Heer Mann Soldat Krieg Jahr Offizier Land König Truppe Waffe]]
TM Hauptwörter (200): [T87: [Meer Rußland Wolga Stadt Petersburg Moskau See Ostsee Hauptstadt Ural], T88: [Türke Ungarn Krieg Rußland Kaiser Sultan Wien Jahr Frieden Polen], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat]]
Extrahierte Personennamen: Kaptschak Stamm_Ruriks Karl_Xii Karl Peter Karl_Xii Karl
Extrahierte Ortsnamen: Europa Moskau Frankfurt Polen Kasan Astrachan Sibirien Schweden Poltawa Ostsee Livland Esthland Petersburg Kronstadt Europa Kiew
•884
Europa
— S chweiz.
Vom germanischen Stammkörper abgelöst, ließ sichs nun die Schweiz einfallen,
eine eigene Nationalität darstellen zu wollen. So mancherlei regierende, regierte, beschützte
und unterthänige Theile mußten aber nothwendig mancherlei Rechtsame und große
Ungleichheit haben, und keineswegs ward an eine feste innige Vereinigung derselben
gedacht. Vielmehr hielt der Gegensatz von aristokrat. und demokrat. Anforderungen
nicht bloß die Cantone, sondern auch die verschiedenen Volksklassen in den Cantoneu
auseinander, wozu seit Beginn des 16. Jahrhunderts, da die Reformationsidee nicht
den ganzen Schweizerbund hatte durchdringen können, noch ein kirchlicher Gegen«
satz gekommen war, der, nachdem er heftigen innern Streit erregt, auch im Frieden
eben solche Absonderung und Verschiedenheit der geistigen Kultur veranlaßte, wie in
Deutschland. Jedoch fiel trotz der Entfremdung ihrer Theile die Eidgenossenschaft nicht aus-
einander. Man hielt wenigstens am sogen, schweizerischen Vaterlande, und so lange noch dre
innern Einrichtungen nicht veraltet waren, wurden sie auch trotz ihrer Mängel nicht morsch.
Aber im 17. und 18. Jahrhundert veralteten sie wirklich. Lange Ruhe, indem man
bei großen Kriegen mächtiger Nachbarn Neutralität behauptete, ließ die ehemalige poli-
tische Thätigkeit, ohue die ein jedes Volk eigne Kraft und fremde Achtung verliert, all-
mählig erstarren; das Hergebrachte ward ängstlich erhalten, nicht verbessert. Während
früher die Theilnahme an den politischen und religiösen Kämpfen des deutschen Reiches
einiger Fortentwickelung der muthig erstrittenen Freiheit gedient hatte, folgte nun Still-
stand und Rückschritt. Lag ja schon in der Ablösung vom Reiche ausgedrückt, daß
sich die Eidgenossen unter dem Einflüsse der römischen Kurie und des romanischen
Frankreichs von der germanischen Seite des Continents, der sie bisher angehört, hatten
abwendig machen lassen. Wirklich war die deutsche Schweiz auf dem Wege, durch die
Wälschen, Die sie sich angegliedert, romanisirt zu werden wie der Stamm der Bur-
gunder. Denn ihre politische Trennung war leider auch eine Trennung von den Mit-
telpunkten deutscher Bildung geworden, die Sprache zum rauhen Dialekt, dem örtlich
vergröberten Mittelhochdeutsch, herabgesunken, so daß, wer gebildet reden und schreiben
wollte, nicht zur reinem Form der Muttersprache, sondern zur fremden, zur franzö-
sischen griff. Da kam das 18. Jahrhundert, und seine Ideen wirkten auch auf schwei-
zerische Gelehrte und Bürger; geistvolle Männer arbeiteten und rangen, sich selbst rei-
nes deutsches Wort und deutsche Bildung anzueignen und in der Heimat zu verbreiten.
vaterländischen Bodens stand. Eine Aenßernng dieser Krankheit war auch das sogen.
Reislaufeii, nämlich der Handel, den die freien tapfern Hirtenstämme, die demokratischen
Republikaner, mit ihren wehrhaften Söhnen trieben, die sie erst in ganzen Heerhaufen,
dann einzeln ari die Gewaltherrscher in Frankreich, Spanien, Italien :c. verkauften,
unbekümmert darum, daß diese jungen Männer Blut und Leben für tyrannische Zwecke
opfern mußten. Ihre heldenhafte Tapferkeit — bis zur Schlacht von Marignano hielt
man sie für unbesiegbar — machte sie zu einer gesuchten Waare. Die Republikaner,
deren Ahnen mit unerhörter Todesverachtung den österreichischen Absolutismus zurück-
geworfen, führten nnn die Gewalttätigkeiten aller Regierungen, die ihre Dienste gut
bezahlten, mit derselben Todesverachtung aus, ja schlachteten sich (wie in den Kriegen
zwischen Karl V. und Franz I.) gegenseitig selbst ab. Der Umstand, daß Zwingli das
Reislaufen und die von fremden Mächten bezogenen Jahrgelder eifrigst bekämpfte, bildete
bekanntlich einen Hauptgrund zur kirchlichen Spaltung der Schweiz im 16. Jahr-
hundert, da jenes Unwesen namentlich für die 4 Waldstädte ein Hauptnahrungszweig
geworden war.
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ihre Schuld zur ewigen Verdammnis bestimmt. Zwingli leugnete die Gegenwart Christi im heiligsten Altarssakramente. Es fand deshalb 1529 ein Religionsgespräch zwischen Lut hex und Zwingli in Marburg statt, das aber nicht zu dem erwünschten Vergleiche führte.
Aus dem Reichstage zu Augsburg 1530 überreichten die Protestanten dem Kaiser ein von Melanchthon abgefaßtes Glaubensbekenntnis, die sogenannte Augsburger Confession. (gelehrte katholische Theologen widerlegten dieselbe; doch wurde eine Einigung nicht zu Stande gebracht.
Da der Kaiser mit der Reichsacht drohte, traten die protestantischen Fürsten zusammen und bildeten den Schmal-kaldisch en Bund 1531.
Die Häupter desselben waren:
Friedrich der Beständige von Sachsen und Philipp der Großmütige von Hessen. Zwar wurde durch den Nürnberger Religionsfrieden 1532 eine augenblickliche Ruhe geschaffen, doch dauerte der innere Zwiespalt fort.
Schon kurz nachher 1534 verübten die Wiedertäufer in Münster Gräuelthaten, wie sie nicht schändlicher gedacht werden können. Zwei Niederländer. Johann von Leyden ibockelsohn) und Johann Mathiesen gaben sich als Propheten aus; ihnen schloß sich der Prediger Rothmann an nebst Krechting und Knipperdolling. Johann von Leyden ließ sich sogar als König ausrufen. Endlich gelang es den Gutgesinnten, die Stadt in ihre Gewalt zu bringen. Johann von Leyden, Krechting und Knipperdolling wurden hingerichtet, ihre Leichname aber zum abschreckenden Beispiele in eisernen Käsigen an dem Turme der Lambertus-kirche ausgehängt.
Die Seeräubereien des berühmten Haireddinbarba-rossa nötigten Karl V., zwei Züge nach Afrika zu unternehmen. 1535 siegte die christliche Flotte unter dem kühnen Genuesen Andreas Doria über Haireddin. Viele Tausende von Christensklaven wurden befreit, Muley Hassan, der Beherrscher von Tunis, wieder in seine Rechte eingesetzt. Der zweite Zug Karls (1541) hatte nicht den gewünschten Erfolg. Stürme und Krankheiten nötigten den Kaiser zur schleunigen Rückkehr.
In Deutschland wurden die Verhältnisse immer trauriger und drohender. Der Schmalkaldische Bund verweigerte es, Abgesandte auf das nach Trient zusammenberufene
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Extrahierte Personennamen: Zwingli Melanchthon Friedrich Philipp_der_Großmütige Philipp Johann Johann_Mathiesen Johann Rothmann Johann Johann_von_Leyden Johann Karl_V. Karl_V. Andreas_Doria Christensklaven Muley_Hassan Karls
Extrahierte Ortsnamen: Christi Marburg Sachsen Hessen Afrika Tunis Karls Deutschland
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Russisch es Reich. — Geschichte.
verbreiten können; allein die mogolische Macht erschlaffte. Des Tataren Timur
(oder Tamerlan) Eroberungen verdnnkelten die früheren der Familie Dschingis-
chans, und das Chanat Kaptschak (so hieß der nordwestl. vom caspischen
Meer errichtete Mogolenstaat, dem Rußland gehorchte) zerfiel in Trümmer.
Sofort erhob sich nach 2 Jahrhunderten das russische Großfürstenthum. Iwan
Wasiljewitsch machte sich 1480 frei, nahm Moskau zu seiner Residenz, er-
klärte das Reich für untheilbar, schickte sogar 1491 zum deutschen Reichstage
nach Frankfurt Gesandte (deren Wortführer italienisch sprach) und zeigte sich als
ein Fürst, der den Stamm Ruriks wieder mit Glanz umgab. Er kann für den
zweiten Gründer des russischen Reichs gelten.
Leider gab es in seinem Volke kein Elenient der Freiheit, keins der Kultur.
Schon die äußere Gestalt der Russen, die Züge des Gesichts, beurkundeten eine
kalmückisch - slawische Mischung. In Priestern und Mönchen zeigte sich weder
Neigung zu Studien noch Forschungssinn; kaum daß die Mehrheit von ihnen
lesen konnte. Schmutz, Roheit und knechtischer Sinn hielten jede geistige Anlage
in Banden. Kein freigesinnter Adel, wie in Polen, zügelte den Despotism; und
die einzigen Grundlagen der Bildung, nämlich die städtischen Einrichtungen zu
Nowgorod und Pleskow vernichtete man, sobald beide Republiken bezwungen
waren, gänzlich. Die Bürger wurden Leibeigene des Czaars, der überhaupt als
Herr über Leben, Ehre und Vermögen der Unterthanen betrachtet ward. Nur
die Nachkommenschaft ehmaliger Fürsten, und der Bojarenratb, behaupteten ge-
wisse erbadlige Vorrechte. Der Despot regierte mit Hülfe einiger 1000 Strelzi's
oder Strelitzen, als Beginn künftiger stehender Heere. Zum Kriege jedoch
mußten alle Knäsen und Bojaren mit ihren Knechten erscheinen.
Gefährlich für den Westen wäre übrigens dieser geistlose Staat, obwohl er
seit 1592 über Kasan und Astrakan und bald auch über Sibirien sich erstreckte,
nicht geworden, wenn nicht das mächtige Polen sich selbst durch wilde Factiouen
zerrüttet, und oer so tapfre Schwedeukönig Karl Xii. nicht auf's tollste die Kräfte
seiner Nation vergeudet, und ein günstiges Geschick nicht einen ausgezeichneten
Mann, Peter den Großen, auf den russischen Thron gebracht hätte.
Dieser Czaar, gleichsam der dritte Gründer des Reichs, gehört einer neuen
Regentensamilie an, dem Hause Romanow, das von 1613 bis 1730 herrschte.
Erst 17 Jahr alt, als er 1689 den Thron bestieg, zeigte er bald, welch' ein auf-
strebender Geist an die Spitze des Volks gekommen sei. Roh wie andre russische
Fürsten, war er voll Begier zu lernen, voll Talent zum Nachahmen, voll That-
kraft, seine Pläne auszuführen. In den 36 Jahren seiner Regierung wurden die
Russen auf's vielfachste angeregt, und durch Fremde, besonders Deutsche, zum
Nachahmen in Gewerken und mechanischen Künsten veranlaßt. Die empörerischen
Strelzi's mußten einer europäischen Garde, die Unordnung des wilden Aufgebots
einem geregelteren Kriegsheere weichen. Er selbst lernte den Dienst wie ein ge-
meiner Soldat, und den Schiffbau wie ein Zimmermann. Zuerst von Karl Xii.
bei Narwa 1700 besiegt, hatt' er endlich die Freude, wenn auch durch Uebermacht,
einen sieg über die Schweden (bei Pultawa 1709) zu erringen, und sein heißes
Verlangen nach Besitz an der Ostsee zu befriedigen. Lieflaud, Esthland, Inger-
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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Extrahierte Personennamen: Iwan
Wasiljewitsch Stamm_Ruriks Karl_Xii Karl Peter Karl_Xii Karl