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1. Neuere Geschichte - S. 19

1869 - Mainz : Kunze
19 fessio Augustana am 25. Juni verlesen (Luther, noch geächtet, inzwischen in Coburg), die Confutatio (3. August) durch Mayr von Eck u. a. Das versuchte Versöhnungswerk scheitert, der Reichstagsabschied verlangte bis zum Mai 1531 die Unterwerfung der Protestanten unter die alte Kirche unter Androhung ihrer Ausrottung; Melanchthons Apologie vom Kaiser nicht angenommen, aber durch den Druck veröffentlicht. Confessio Tetrapolitnna der Städte Straßburg, Memmingen, Constanz, Lindau, die aber 1532 dem Bunde der Protestanten beitraten. Der Abschluß des Schmalkaldner Bundes (auf 6 Jahre, dann verlängert) folgt auf dem Fuß im Dezember 1530; förmlich abgeschlossen Anfang 1531. Später werden zu Bundeshauptleuten 1531 ernannt der Kurfürst von Sachsen und der Landgraf von Hessen. Luthers „Schmalkaldener Artikel" 1537. — 1533 ein katholischer Gegenbund norddeutscher Fürsten zu Halle, ans die süddeutschen wie auf Kaiser und König ausgedehnt zu Nürnberg 1533. Der wieder heftiger entbrennende Türkenkrieg veranlaßt den milden Nürnberger Religio ns frieden, wesentlich eine 1532 Wiederholung des erste n Speirer Reichstagsabschiedes (Einstellung aller Prozesse gegen die protestantischen Stände bis znm Con- cilium). Würtemberg, anfangs Oesterreichifchen Rätheu, feit 1522 denn Erzherzog Ferdinand zur Verwaltung übergeben, erhält 1534 Herzog Ulrich, durch Landgraf Philipp von Hessen mit französischer Unterstützung zürückgeführt, wieder. Vertrag zu Cadan in Böhmen mit Ferdinand. Durchführung der Refor- mation in Würtemberg und Beitritt Zmn Schmalkaldischen Bund. Die auswärtigen Kriege, gegen Osmanen und Franzosen, halten den Ausbruch des Religionskrieges auf. Gleichzeitig der Aufruhr der Wiedertäufer tit Müu- ste r 1534—1535. Schon 1532 hatte sich, besonders durch den Prediger Bernt (Bernhard) Rvthmann, in Münster eine evan- gelische Gemeinde (anfangs lutherischer, dann zwinglischer Richtung) gebildet, die sich durch Philipps von Hessen Vermittlung 1533 auch gegem Bischof und Domkapitel behauptete. Bewegungen der Gilden gegen den Rath gingen mit der kirchlichen Gährnng Hand in Hand. Hier fanden wiedertüuferische Lehren, die, von den Zwickauer Schwarmgeistern und Thomas Münzer ausgehend, in Oberdeutschland und der Schweiz trotz aller Verfolgungen sich festgesetzt hatten, von den Niederlanden her durch Flüchtlinge und Sendboten (Jan Bockelson von Leiden, Jan Mathys ans Hartem) 1533 Eingang. Politisch-kirchliche Umgestaltung der Stadt; Bernt 2*

2. Neuere Geschichte - S. 27

1869 - Mainz : Kunze
27 Vierte Fahrt 1502—1504. Vergeblicher Versuch einer Durch- fahrt nach Ostindien. Nach dem Tode Jsabellas (1504) von Ferdinand kalt be- handelt, starb Columbus in Dürftigkeit 1506. Eroberung Mexicos durch Ferdinand Cortez von 1519—1521 ; Entdeckung des Seewegs in den stillen Ocean und erste Erdum- seglung durch Ferdinand Magellans*) 1520; Entdeckung Perus durch Franz Pizarro 1526, Eroberung seit 1531. 4. Durch die Verbindung mit dem Hause Habsburg und durch die i t a l i e n i sch e n Kriege. •— Alle Kinder des Königs- hauses starben bei Lebzeiten ihrer Eltern außer der dem Wahnsinn ver fallenen Johanna; Ferdinand übernimmt nach seines Schwieger- sohnes Philipps des Schönen Tod die Regentschaft in Castilien für den jungen Karl, auf den nach des Großvaters Tod (1516) die Krone der vereinigten Reiche übergeht. B. Ursprung der reformierten Kirche in der Zchweh. 1. Die deutsch-schweizerische Reformation durch Huldrich (Ulrich) Zwingli aus Wildcnhaus (1481—1531), der, in Basel humanistisch und theologisch gebildet, zu Glarus, Kloster Einsiedcln, daun in Zürich als Pfarrer thntig war und Neujahr 1519 zur Reformation der Kirche aufrief. Sein Auftreten gegen den Ablaßprediger Samson; sein Gegen- satz zu Luther in der Abendmahlslehre, Religionsgespräch zu Mar- bllrg 1529. Verbindung der kirchlichen mit politischer Oppositivli, die sich besonders gegen die Söldnerverträge mit dem Ausland richtet. — Spaltung der deutschen Schweiz in zwei feindliche Lager: Zürich, Appenzell, Basel (Oekolampadins), Bern, St. Gallen, Glarus, Schaffhausen, Solothurn, Graubünden nach zunl Theil heftigen Kümpfen reformiert; die Waldstätte Schwyz, Uri, Unterwalden, Zug und Luzern katholisch. Schlacht bei Cappel 1531, in der Zürich geschlagen wurde, Zwingli fiel. 1531 2. Die französisch-schweizerische Reformation durch Johann Calvin (1509—1564) aus Nopon in der Picardie, Jurist und Thcolog, wegen seiner Hinneigung zur Reformation ans Frankreich flüchtig 1534, giebt in Basel dic institutio Lnristiaime religionis heraus 1536. Nach Wan- derungen in Italien und Frankreich von seinem Landsmann Farel in dem schon zum Theil reformierten Genf festgchalten. Dorthin wach dreijährigem Exil (in Straßburg 1539 — 1541) zurückgekehrt, übt er in der städtischen Republik eine *) Der Name eigentlich geschrieben Magalhaes, ausgesprochen etwa wie Magaliängs,

3. Geschichte der neueren Zeit - S. 157

1868 - Mainz : Kunze
Vom westfäl. Frieden bis zur ersten französischen Revulution. 157 mit 80,000 Mann in Esthland eingebrochen und belagerte Narwa. Mit 9o00 Mann landete Karl in Liefland, rückte vor Narwa und schlug daselbst das fast zehnfach überlegene Heer der Rüsten (1700). Der König hatte sich so in die Hitze treiben lasten, daß er einen Stiefel im Moraste stecken ließ und im Strumpfe heranstürmte. Unter Kano- nendonner zog der junge Held in die Stadt ein; sein erster Gang war in das Haus des Herrn, um Gott auf den Knien für seinen Sieg zu danken. Peter der Große soll nach dieser Niederlage die prophetischen Worte gesprochen haben: „Ich weiß wohl, daß uns die Schweden noch oft schlagen werden, aber endlich müssen sie uns auch siegen lehren." Auch das sächsische Heer unterlag bei Riga. König August ver- suchte insgeheim und öffentlich den Frieden zu erhalten; allein Karl wies die Unterhandlungen zurück, und nach zwei neuen Siegen über die Sachsen ließ er in Warschau den König August durch den polnischen Reichstag absetzen und den Woiwoden Stanislaus Lesczinski zum Könige ausrufen. August Ii. machte mit Hülfe der Russen Versuche, den pol- nischen Thron wieder zu erlangen, allein Karl besiegte seine Gegner abermals und beschloß, trotz aller Vorstellungen seiner Freunde und dem ausdrücklichen Verbote des deutschen Kaisers, seinen Gegner' in Sachsen anzugreifen. Er führte seinen Vorsatz aus, und als er in der Nähe von Dresden erschien, bequemte sich August zum Frieden von Altran- städt (1706), worin er für sich und seine Nachkommen auf den polni- schen Thron verzichtete und dem Bunde mit Rußland entsagte. Aus Karls Rückmarsch nach Polen traf eines Tages eine Ge- sandtschaft schlesischer Protestanten bei ihm ein und bat um Schutz ihres Gottesdienstes. Ein alter Bauer drängte sich an Karl heran und wich nicht von ihm, bis ihm der König die Hand darauf gegeben hatte, er werde ihnen die freie Ausübung ihres Gottesdienstes verschaffen. Karl hielt Wort. Als er den Kaiser Joseph I. hierum anging, ge- währte dieser bereitwillig das Gesuch und schrieb dem Papste, welcher ihn darüber tadelte, daß er die eingezogenen Kirchen herausgegeben habe, er sei noch glücklich gewesen, daß der König von Schweden nicht auch seinen Uebertritt zur lutherischen Kirche begehrt habe; denn er wisse nicht, was er alsdann gethan haben würde. Fünf Jahre waren seit der Schlacht bei Narwa verflossen. Peter der Große hatte die Abwesenheit seines Gegners vortrefflich benutzt, Jngermannland, Liefland und Esthland genommen und am Ausflusse der Newa (1703) den Grundstein zur neuen Hauptstadt des Reiches, St. Petersburg, gelegt. 100,000 Leibeigene arbeiteten Tag und Nacht u. August n. vou Sachsen. Karl seht den König von Polen ab und zwingt Sachsen zum Frieden. Die schlesi- schen Prote- stanten erhal- ten Karls Beistand. Peter der Große grün- det St. Pe- tersburg 1703.

4. Geschichte der neueren Zeit - S. 93

1868 - Mainz : Kunze
Von der Reformation bis zum westfälischen Frieden. 93 Mann zu werben, doch zur Führung war er vorerst nicht zu bewegen. Als aber die Truppen schlagfertig waren (1632), ließ sich endlich Wallen- stein nach langen Unterhandlungen herbei, kaiserlicher Generalissimus zu werden, wenn man ihm den unumschränkten Befehl, das ausschließ- liche Recht über Leben und Tod, ein kaiserliches Erbland als Lohn und das Herzogthum Mecklenburg einräumen wolle. Der stolze Ferdinand mußte diese demüthigenden Forderungen vollständig gewähren. Wallenstein eroberte sogleich Prag und verjagte die Sachsen. Gustav Adolf und Tilly stießen inzwischen auf dem Lechfclde bei Augsburg zusammen. Die Schweden erfochten einen zweiten Sieg, durch welchen Gustav Adolf den Uebergang über den Lech, die Flucht des Kurfürsten Maximilian von Baiern und die Einnahme von München erzwang. Tilly war in der Schlacht schwer verwundet und nach In- golstadt gebracht worden; hier starb er 15 Tage nachher. Er war einer der bedeutendsten Feldherrn jener Zeit, ein äußerst einfacher, nüchterner und bescheidener Mann; er war klein und hager, hatte eine breite, runzelige Stirn, tiefliegende, funkelnde Augen, hohle Backen und stark hervortretende Backenknochen. Ein starker Schnurr- und langer Zwickelbart erhöhten sein kriegerisches Aussehen. Das kurz geschnittene, graue Haupthaar bedeckte ein spitzer Hut, von welchem eine lange Feder herabwallte. Seine Soldaten nannten ihn nur „den deutschen Josua" oder „den alten Corporal" und beweinten ihn lange, obwohl er auf Strenge und Pünktlichkeit im Dienst viel gehalten hatte. Er war 73 Jahre alt, als er in Ingolstadt starb; das ihm öfter angebotene Fürstendiplom hatte er stets abgelehnt. Tilly's letzte Worte „Regensburg, Regeusburg" bewogen den Kurfürsten Maximilian eiligst diese Stadt zu besetzen, während Gustav Adolf München eroberte. Hier besah er die Zimmer des kurfürstlichen Schlosses und konnte ihre Schönheit nicht genug bewundern. Auf seine Frage nach dem Urheber des herrlichen Gebäudes antwortet der Castellan, es sei der Kurfürst selbst. Ich wünschte diesen Baumeister zu haben, sagte der König, „ich wollte ihn nach Stockholni schicken." „Davor", versetzte der Aufseher, „wird sich der Baumeister wohl zu hüten wissen." Er fand im Zeughaus 140 Kanonen und 30,000 Dukaten, welche auf des Königs Zauberwort: „Stehet auf von den Todten und kommet zum Gerichte" aus ihrem Grabe befreit wurden. Von München wandte sich Gustav Adolf nach Augsburg und Nürnberg. Maximilian von Baiern sprach lange den kaiserlichen Generalissimus vergeblich um Hülfe an. Wallenstein erinnerte jetzt schadenfroh genug an den Regensburger Reichstag und Maximilians Rede; er schien sich Dersieg der Schwedenauf dem Lechfelde 1832, Tilly's Tod. Gustav Adolf in München. Wallenstein und Gustav Adolf bei Nürnberg,

5. Geschichte der neuen Zeit für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 105

1862 - Freiburg im Breisgau : Herder
Die Jesuiten. 105 einwirkten und die Protestanten durch unterdrückende Gesetze und selbst durch Waffengewalt verfolgten; aber leiteten denn die protestantischen Hofprediger und Professoren die Fürsten und Magistraten ihres Bekennt- nisses nicht auch, und wurden denn irgendwo in einem protestantischen Lande Katholiken und katholischer Gottesdienst geduldet? Die Geschichte gibt die Antwort; der Protestant mag die Jesuiten als die gefährlichsten Gegner seines Glaubens ansehen, er mag sie hassen, wenn er es mit dem Christenthum vereinigen kann, aber sie deßwegen anklagen, weil sie dem Protestantismus entgegentraten und ihn mit den Waffen bekämpften, die er selbst in der Hand hatte, ist ebenso ungerecht als beschränkt, denn es heißt einem andern den Krieg erklären und doch von ihm verlangen, daß er ohne Gegenwehr alles geduldig über sich ergehen lasse. — In Deutschland war ihre Thätigkeit als Jugendbildner (die ersten Kollegien gründeten sie 1556 in Wien und Ingolstadt) von außer- ordentlicher Bedeutung. In ihren Schulen stellten sie wie der berühmte protestantische Rektor Sturm als Ziel alles Unterrichtes auf: Frömmig- keit, Kenntnisse und Kunst der Rede. In ihren Anstalten standen die Zöglinge unter der genauesten Aufsicht, ihr ganzes Thun und Treiben wurde auf das schärfste überwacht, aber doch wurde dabei die körperliche Ausbildung nicht vernachläßigt und jugendliche Freude nicht verwehrt, sondern nur geleitet; die Zöglinge sollten in ihren Lehrern nicht Zucht- meister, sondern väterliche Freunde sehen. Ueber die Jesuitenschulen sagt der Rektor Joh. Sturm: „Der Name der Jesuiten ist neu und eben aufgekommen; vor den übrigen Mönchen — wenn Mönchthum je löblich wäre — würden sie Lob verdienen. Denn was weder der gute und fromme Reuchlin, noch der beredte und gelehrte Erasmus von den Theo- logen und Mönchen erlangen konnten, daß diese, wenn sie auch die Wis- senschaften nicht selbst kultivieren wollten, doch anderen gestatteten dieselbe zu lehren, das haben die Jesuiten freiwillig übernommen. Sie geben Unterricht in Sprachen und Dialektik, sie tragen ihren Schülern, so gut sie es vermögen, Rhetorik vor. Ich freue mich über dieses Institut aus zwei Gründen: erstens weil sie unsere Sache fördern, indem sie die Wissenschaften kultivieren; denn ich habe gesehen, welche Schriftsteller sie erklären und welche Methode sie befolgen, die von der unseren so wenig abweicht, daß es scheint, als hätten sie aus den gleichen Quellen ge- schöpft. Zweitens treiben sie uns zu größerem Eifer und zur Wachsam- keit an, denn sie könnten sich sonst fleißiger erweisen und mehr gelehrte und wissenschaftliche Schüler erziehen als wir." Diesem Zeugniß eines eifrigen Protestanten fügen wir das des späteren Engländers Bako von Verulam bei, der mit Recht als ein großes philosophisches Licht allge- mein geachtet wird: „Was die Pädagogik anbelangt, sagt er, so wäre es am kürzesten, zu erklären: nimm an den Schulen der Jesuiten ein

6. Geschichte der neuen Zeit für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 441

1862 - Freiburg im Breisgau : Herder
Rußland. 441 der Menschenverlust wurde um so mehr empfunden, als die Bevölkerung des Reichs ohnehin eine dünne ist, und die finanziellen Kräfte waren so abgespannt, daß sie allein schon den Frieden als das einzige Heilmittel rathsam machten. Unter Alerander ruhten daher von 1815 bis 1825 die russischen Waffen und die seit Peter I. traditionelle russische Politik zeigte sich während dieses Decenniums nur dadurch, daß 1824 die Nord- westküste von Amerika zum großen Aergeruisse der Briten und Nord- amerikaner förmlich in Besitz genommen wurde; wie das Augenmerk der russischen Herrscher unverrückt gegen Centralasien schaut, bewies die Ge- schicklichkeit, mit der im gleichen Jahre 7 kirgisische und kalmückische Hor- den sich dem chinesischen Reiche entziehen und zu russischen Schützlingen machen ließen. Für den Ackerbau sorgte der Kaiser, insoweit dies über- haupt ein Fürst thun kann, in dessen Lande die Mehrzahl der Bauern Leibeigene sind. Den Ausfuhrhandel mit den Erzeugnissen des Acker- baues, der Viehzucht, der Jagd, des Fischfangs, des Bergbaues (Hanf, Lein, Talg, Häute, Pelzwerk, Hausenblase, Kaviar, Holz, Theer, Kupfer), beförderte er durch weise Gesetze; die Industrie, die den Bedürfnissen Rußlands bei weitem nicht genügte, versuchte er bereits durch die un- mittelbare Betheiligung des Staats zu heben, indem er z. B. Wollen- tuchfabriken auf Regierungskosten anlegte. Erst 1823 jedoch wurde durch den Finanzminister Kankrin (einen Deutschen aus Hanau) das System der russischen Handelspolitik in seinen Grundzügen aufgestellt, das jetzt vollendet dasteht: Ausschließung jedes fremden Fabrikats, dessen Erzeu- gung in Rußland nur irgendwie möglich ist; Herstellung einer einheimi- schen Industrie nicht allein durch diese Sperre gegen das Ausland, son- dern nöthigenfalls dadurch, daß aus den Leibeigenen Arbeiter für die Fabriken wie Rekruten ausgehoben, gedrillt und eingetheilt werden; Ver- schließung des alten Handelswegs nach Centralasien über Kolchis und das kaspische Meer für alle nichtrussischen Maaren. Dadurch strebte Ruß- land sein ungeheueres Gebiet der Abhängigkeit von fremder Industrie zu entziehen, wie es auch andererseits als eine eigene Welt dastehen und dem, was man in dem andern Europa den Zeitgeist zu nennen pflegt, keine Opfergaben oder Tribute darbringen wollte. Anfangs gehörte Ale- rander selbst der liberalen Richtung an (das beweisen die finnländische und polnische Verfassung, die Manifeste im Kriege von 1812—15 re.), er entzog ihr jedoch bald seine Gunst. Er gründete allerdings 5 Uni- versitäten, 50 Gymnasien, 100 Kreis- und mehrere tausend Volksschulen, aber er ließ den öffentlichen Unterricht streng überwachen und führte eine scharfe Censur ein, Maßregeln, die unter seinem Nachfolger bis zur äußersten Konsequenz ausgebildet wurden, so daß der Umfang des Wis- sens jedem Russen der unteren Stände genau zugemessen ist. Religiö- sen Bewegungen und Differenzen wurde er schon 1816 sehr abhold; in

7. Geschichte der neuen Zeit für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 586

1862 - Freiburg im Breisgau : Herder
586 Die Zeit von 1815 bis 1857. noch schlimmer kommen. Die Bevölkerung des von der Natur außer- ordentlich gesegneten Ländchens war zur Hälfte katholisch, zur Hälfte protestantisch, jedoch so, daß der letztere Theil um etwa 5000 Seelen überwog; die Verfassung hatte deßwegen vollständige Parität bestimmt, so daß in allen Landesbehörden beide Theile gleich repräsentiert waren. Bei Gelegenheit der Revision machte sich eine doppelte Agitation geltend; auf katholischer Seite verlangte man Sicherstellung der konfessionellen Rechte, namentlich in Betreff der Verwaltung des Kirchenguts, des Un- terrichtswesens u. s. w., dagegen wollte der protestantische Theil gerade hierin nichts geändert wissen und stimmte mit den Katholiken nur darin überein, daß er eine demokratische Erweiterung der Volksrechte verlangte. Daran hatte aber der Große Rath kein Wohlgefallen und daher kam es, daß die von ihm vorgelegte neue Verfassung am 5. Oktober 1840 bei der Volksabstimmung mit 23,095 Stimmen gegen 3171 verworfen wurde. Der Große Rath versammelte sich sogleich wieder und brachte in sehr kurzer Frist eine neue Verfassung zu Stande, in welcher die Parität der konfessionellen Vertretung wegfiel, indem die Mehrzahl der katholischen Repräsentanten gegen dieselbe stimmte und nur zwei einläßlich für die- selbe zu sprechen wagten. Am 5. Januar 1841 ging die Volksabstim- mung in Ruhe und Ordnung vor sich und ergab: in den reformierten Bezirken Aarau, Brugg, Kulm, Lenzburg und Zofingen nahm die über- wiegende Mehrheit an, in den katholischen: Baden, Bremgarten, Laufen- burg, Rheinfelden und Muri verwarf sie; da aber die radikalen Katho- liken zahlreicher für die neue Verfassung als die konservativen Protestanten gegen sie stimmten, so zählten die Annehmenden 15,336, die Verwerfen- den 11,454 Stimmen. Dadurch wurde klar: 1. daß die katholischen Großräthe nicht im Sinne des katholischen Volks gestimmt hatten, 2. daß die neue Verfassung dem katholischen Volke nur aufgezwungen wer- den könne, 3. daß der protestantische Aargau dies nur mit der Hilfe radikaler Nachbarkantone auözuführen vermöge. Die aargauische Regie- rung schritt nun nach dem Muster von Solothurn vor, wozu sie beson- ders von dem Regierungsrath Waller, einem Katholiken und radikalen Fanatiker, gespornt wurde. Die Häupter des Komites von Bünzen, das während der Revisionsbewegung für die Parität gearbeitet, aber auch nicht einen ungesetzlichen Schritt gethan hatte, sollten mit Hilfe der Gensdarmerie und der radikalen Schutzvereine verhaftet werden. Dies geschah am 10. Januar morgens an einem Sonntage zu Bremgarten und Muri, an welchen Ort Waller auf sein eigenes Begehren als Ne- gierungskommissär geschickt wurde. Wegen dieser Verhaftungen rottete sich das Volk zusammen, befreite die Gefangenen und sperrte Waller sammt den Gensdarmen ein, aber schon am 11. rückten die von der Re- gierung aufgebotenen Milizen aus den protestantischen Landestheilen ein,

8. Geschichte der neuen Zeit für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 588

1862 - Freiburg im Breisgau : Herder
588 Die Zeit von 1815 bis 1857. Gericht zu stellen, sondern sie zu beschimpfen und zu pensionieren; es war gegen alles Recht, die Mitglieder einer Korporation anzuklagen, sie nicht zu strafen, aber die Korporation aufzuheben und ihr Gut wegzu- nehmen; die Aufhebung der Klöster schlug endlich das eidgenössische Bun- desrecht ins Gesicht, indem §. 12 der Bundesakte ausdrücklich den Be- stand der Klöster und Stifte verbürgte. Die katholischen Kantone Uri, Schwyz, Unterwalden, Zug und Fr ei bürg protestierten alsbald energisch gegen die Gewaltthat, Neuen bürg sprach sich in gleicher Weise aus, St. Gallen erklärte sich ebenfalls in diesem Sinne und der Vor- ort Zürich mußte auf das Begehren der sechs ersten Stände eine außer- ordentliche Tagsatzung einberufen, die einzelnen Kantone also ihren Ge- sandten die nothwendigen Instruktionen in der Klosterfrage ertheilen, was das Feuer der Zwietracht in der ganzen Schweiz aufs neue anfachte. Die Tagsatzung kam 1841 den 15. März in dem Vororte Bern zusammen, dessen Schultheiß Neuhaus sie mit einer gespreizten Rede in franzö- sischer Sprache eröffnete. Dieser Neuhaus war ein geborner Vieler, hatte die Handlung erlernt und war lange in Frankreich beschäftigt ge- wesen, woher er den angebornen protestantischen Haß gegen die Klöster mit philosophischem Franzosenthum verquickt in die Schweiz zurückbrachte. Seit dem Zahre 1830 war er in die politische Laufbahn eingerückt, war 1831 Sekretär des Verfassungsraths, hierauf Vorstand des Departements des Erziehungswesens und wurde, als die radikale Partei in Bern das Uebergewicht erhielt, Schultheiß und so Präsident der Tagsatzung. Er hatte der Solothurner Negierung bei der Verfassungsrevision den Ge- fallen gethan und Bataillone an die Gränze geschickt (von nichts sprach er lieber als von Berns 30,000 Bajonetten), hatte das Freienamt er- drücken helfen und der aargauischen Regierung die bestimmte Versicherung gegeben, daß sie auf die Unterstützung Berns unter allen Umständen rechnen dürfe. Schon in seiner französischen Eröffnungsrede zeigte er seine radikale Gewaltthätigkeit und Sophisterei, indem er dem Artikel 12 der Bundesakte den Artikel 1 gegenüber stellte, der jedem Kanton seinen unversehrten Bestand garantierte; Aargau aber könne allein entscheiden, ob der Bestand der Klöster mit dem Bestand des Kantons vereinbarlich sei und bei dem Urtheil des Aargaus werde es die Tagsatzung bewen- den lassen. So beutete damals der Radikalismus die Käntonalsouve- ränität aus, die er sonst als eine Duelle des nationalen Unheils an- klagte; die Tagsatzung jedoch ging nicht darauf ein, sondern erklärte mit Stimmenmehrheit (zu der die reformierten Stände Zürich, Schass- hausen, Waadt, Neuenburg, Baselstadt, die paritätischen St. Gallen, Glarus und Graubünden, nicht aber die katholischen Luzern und Solo- thurn gehörten), Aargau möge wegen seines Dekrets, die Klosteraufhe- bung betreffend, noch einmal eintreten und dem Bunde Genüge thun,

9. Geschichte der neuen Zeit für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 28

1862 - Freiburg im Breisgau : Herder
28 Die Reformation. Religionskriege. Verfall Deutschlands re. fremd waren sie in der Kirche geworden! Die Stadt entschied sich nnn für die Reformation, die Kirchen wurden geräumt, die Orgeln ver- stummten, und jetzt galt auch in der Schweiz der Grundsatz, daß die Religion des Landesherrn die Landesreligion sein müsse.' Dies erfuhren die Leute des Oberhaslithales zuerst; sie hatten sich für die neue Lehre entschieden, weil sie dadurch des Klosters Jnterlachen und ihrer Leistungen an dasselbe loswerden wollten; als nun Bern zwar das Kloster auf- hob, aber jetzt für den Staat forderte, was sonst dem Kloster zugekom- men war, wollten die Leute wieder katholisch werden und riefen die Unterwaldner zu Hilfe. Diese getrauten sich aber nicht gegen die von Bern abgeschickte Mannschaft Stand zu halten und kehrten heim, worauf die Oberhasler sowohl bei dem „Evangelium" als bei den alten Abgaben ausharren lernten. Bald darauf verbanden sich Unterwalden, Uri, Schwyz und Zug mit einander und später mit dem Bruder des Kai- sers, dem Könige Ferdinand, daher dieses Bündniß das ferdinan- dische hieß; die reformierten Stände aber schloßen ein evangelisches Bündniß und hatten ihren Rückhalt an dem Könige von Frank- reich. Dies geschah 1528; im gleichen Jahre enthaupteten die Züricher einen thurgauischen Katholiken, der Schmähreden ausgestoßen hatte, und die Schwyzer fingen und verbrannten den Prediger Kaiser, der in ihrer Vogtei Gaster aufgetreten war. Darauf zogen beide Theile zum Kriege aus; da jedoch die Katholiken viel schwächer waren, so waren sie froh, daß durch den Landamman Aebli von Glarus ein Friede vermittelt wurde; sie mußten den ferdinandischen Bundesbrief herausgeben und ver- brennen lassen, auch einwilligen, daß in den Gemeinden der gemeinschaft- lichen Vogteien das Handmehr über die herrschende Religion entschied; denn daß beide neben einander geduldet wurden, davon war hier so wenig als irgendwo Rede. Im Oktober 1529 disputierten Zwingli und Oekolampadius mit Luther wegen des Abendmahls zu Marburg; Zwingli wich nämlich noch weiter von der Kirchenlehre als Luther ab und sah in Brot und Wein nur Zeichen. Luther konnte ihn nicht überzeugen und man versprach sich nur gegenseitigen Waffenstillstand, was aber Luther nicht hinderte, gegen „die schweizerische Verdammniß" zu donnern und Zwinglis Lehre eine durch-, ver-, über- und eingeteufelte zu nennen. Der erste Religionskrieg. Schlacht bei Lappet (11. C)kt. 1531). Der Kappel er Friede, von dem Zwingli eifrig abgerathen hatte, war von kurzer Dauer; die Reformierten hoben in den gemeinschaft- lichen Vogteien die Klöster einseitig auf, Zürich und Glarus aber, die

10. Geschichte der neuen Zeit für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 29

1862 - Freiburg im Breisgau : Herder
Schlacht bei Kappel. 29 mit Luzern und Schwyz Schirmorte des Stifts St. Gallen waren, ver- kauften dasselbe um ein Spottgeld an die Stadt St. Gallen. Die ka- tholischen Kantone protestierten und wurden nicht gehört, man forderte im Gegentheile von ihnen, sie sollen auch in ihrem Lande das Evange- lium frei predigen und Disputationen abhalten lassen. Das wollten diese nicht; Zwingli rieth zu raschem Kriege (seine kriegerischen Ent- würfe sind noch handschriftlich auf dem Züricher Nathhause erhalten), Bern und Zürich wollten aber die Hirtenkantone allmählig mürbe machen und sperrten ihnen die Zufuhr an Korn und Salz. Vergebens predigte Zwingli, daß sie dadurch nur den Krieg später herbeiführten; hätten sie das Recht die Bergkantone auszuhungern, so hätten sie auch das Recht sie zu bekriegen, und jetzt sei der Zeitpunkt günstiger als im Herbste, jetzt könne man den kleinen Kantonen nehmen, was sie zu viel Recht hätten. Die Städte blieben bei ihrer Sperre, und als die Hirten im Herbste mit ihrem Vieh von den Alpen gefahren waren, rückten sie mit ihren Bannern aus und sandten Zürich den Absagebrief. Die Züricher zogen ihnen über den Albis entgegen auf die Hochebene bei Kappel, ohne Ordnung und Begeisterung, auch der Zahl nach viel schwächer. Dennoch ließen sie sich in ein Treffen ein; „druckend tapfer nach, ihr alten Christen," scholl es aus dem Schlachthaufen der Bergleute, und die Züricher wurden mit einem Verluste von mehr als 400 Bürgern in die Flucht getrieben. Auch Zwingli blieb auf dem Schlachtfelde; er lag schwer verwundet auf dem Gesichte (wie die Augenzeugen melden), als ihn die feindlichen Krieger auffanden und fragten, ob er beichten wolle; er schüttelte mit dem Kopfe und wurde von einem Unterwaldner durch- stochen, sein Leichnam aber zerrissen und verbrannt. Nach dieser Niederlage kamen die Berner und reformierten Landschaften den Zürchern zu Hilfe und standen den Katholischen bei Baar unweit Zug mit großer Ueber- macht gegenüber. Diese überfielen aber (21. Oktober) eine Heeresabthei- lung nächtlicher Weile auf der Höhe des Gubels und rieben sie auf. Nun wurde abermals ein Friede geschlossen, denn das unzufriedene Land- volk zwang Zürich und Bern hiezu, in welchem die Städte versprechen mußten, die Katholiken „bei ihrem wahren christlichen Glauben unarguiert und undisputiert zu lassen", die einseitig aufgehobenen Klöster wieder- herzustellen und in den gemeinsamen Vogteien den Unterthanen die freie Wahl des Glaubens zu gestatten. Jetzt wurde Solothurn wieder ka- tholisch, ebenso viele Leute in den gemeinschaftlichen Vogteien, die Klöster wurden in diesen wieder hergestellt, und der Abt von St. Gallen durfte wieder in sein halbzerstörtes Stift zurückkehren. Dieser Kappeler Friede bezeichnet den Stillstand der Reformation in der deutschen Schweiz.
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