Das Kaisertum Rußland. 27
Bevölkerung. Von der Bevölkerung Rußlands sind rund 80 % Russen;
nur 20 °/0 gehören anderen Nationen an. Das Russische Reich ist hiernach zwar
kein national einheitlicher Staat, aber gegenüber der ungeheuren Masse des russischen
Volkes verschwinden die übrigen Bevölkerungselemente fast gänzlich. — Zwischen
den oberen Klassen und der Masse des Volkes bestehen große Unterschiede in
Bezug aus Besitz und Bildung.
Rußlands Hilfsquellen. Ihre Hauptstütze findet Rußlands Machtstellung
in dem Reichtum des Landes an natürlichen Hilfsquellen. Obenan steht in dieser
Beziehung der Ackerbau, der in günstigen Jahren % alles europäischen Getreides
liefert und im Gebiet der schwarzen Erde bei reichlichen Niederschlägen trotz der
schlechten Bewirtschaftung außerordentlich ergiebige Ernten abwirft, Ein Haupt-
getreidelaud sind auch die Ostseeprovinzen. Rußland gilt daher als der erste
Äckerbanstaat Europas. In Westrußland ist auch die Flachs-, Rüben- und
Kartoffelerzeugung sehr bedeutend. Wein liefert Rußland nur im Süden,
besonders auf der Halbinsel Krim. Im Norden des Reiches erstrecken sich aus-
gedehnte Wälder, wie denn Rußland neben Schweden das waldreichste Land
Europas ist. Die Bewirtschaftung der Forsten steht freilich noch auf niederer
Stufe. — Die Viehzucht hat ihren Hauptsitz in den Steppen des Ostens und
Südostens. Die Rinderzucht wird besonders in den Ostseeprovinzen mit Sorg-
falt betrieben. Große Erträge wirft auch die Geflügelzucht ab. Die Aus-
fuhr von Eiern steht unter den Exportartikeln mit in vorderster Reihe (1906:
120 Mill. Mark). Sehr ertragreich ist ferner die Fischerei, besonders in der
Wolga und im Kaspischen Meer. Endlich liefert Nordrußland reichliches
Pelzwerk.
In Europa sind Waldflüchen (in Prozent):
21.1 Rumänien |
21.2 Norwegen |
25,8 Deutschland
80,1 Österreich-Ungarn
_39,6 Rußland
40,6 Schweden
Auch durch seine Mineralprodukte aus dem Uralgebirge nimmt Rußland
in Europa eine wichtige Stelle ein. Es liefert unter allen Staaten Europas
das meiste Gold und allein in unserem Erdteil Platin. Aber auch die Haupt-
Hebel der modernen Industrie, Eisen und Kohle, fehlen dem Reiche nicht. Kohle
tritt vor allem auf um Lodz (lodsch) in Polen, dann in Mittelrußland um
Moskau und Tula und im Donezbecken.
Einzelne Zweige der Industrie, vor allem Baumwoll-, Wollen-, Leder- und
Hüttenindustrie, haben sich schon zu bedeutender Höhe entwickelt. Die Haupt-
industriezeutreu sind infolge der hier auftretenden Kohlenlager Lodz, das polnische
Manchester (315000 Einw., darunter viele Deutsche), der Don-Douezbezirk
(mit Hüttenindustrie), ferner Tula mit bedeutender Eisen- und Stahlindustrie und
Moskau, Hauptsitz der russischen Baumwollindustrie. Auch Warschau, die
alte Hauptstadt Polens und drittgrößte Stadt Rußlands (680000 Einw.), ist Sitz
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Extrahierte Personennamen: Rußlands
Extrahierte Ortsnamen: Europas Westrußland Europas Wolga Kaspischen_Meer Europa Norwegen Deutschland Schweden Europa Europas Lodz Polen Moskau Tula Donezbecken Lodz Don-Douezbezirk Moskau Warschau Polens
28 Europa.
einer lebhaften Woll-, Seiden-, Zucker- und Maschinenindustrie. Hauptorte der
Lederfabrikation (Juchten und Saffian) sind Moskau, Kasan und Kiew.
Verkehr. Das weite, fast ununterbrochene Tiefland begünstigt die Entwick-
lung riesiger und vortrefflicher Wasserstraßen und die Anlage künstlicher Verkehrs-
Wege, besonders von Kanälen und Eisenbahnen. Die Wolga wird fast in ihrem
ganzen Laufe von Dampfschiffen befahren, desgleichen der Dnjepr. Die Strom-
systeme der Newa, Wolga und Dwina sind durch Kanäle miteinander ver-
bunden und eben darauf beruht die Bedeutung St. Petersburgs, das ebenso-
wohl mit der Nordrussischen Tiesebene als mit dem oberen Wolgagebiet, dem
Hauptproduktionsbezirk Rußlands, in Verbindung steht. Moskau wieder ist der
Mittelpunkt eines weitverzweigten Schienennetzes. Infolge dieses Reichtums an
Verkehrsmitteln werden die so weit voneinander entfernten Landesteile sich näher
gerückt und hebt sich auch der Handel Rußlands immer mehr, namentlich mit
den westeuropäischen Staaten und im besonderen mit Deutschland.
Die Bedeutung der russischen Flüsse als Verkehrsadern wird freilich durch
verschiedene Umstünde stark beeinträchtigt. Alle ergießen sich nur in Nebenmeere,
der größte sogar in einen Binnensee; dazu sind das Nördliche Eismeer und das
Weiße Meer infolge ihrer Eisbedeckung nur wenige Monate für den Verkehr
offen. Auch die Flüsse selbst sind monatelang durch Eis verschlossen und im
So. wird die Schiffahrt durch die Dürre des Sommers erschwert.
Der Handel Rußlands läßt sich kurz also kennzeichnen: Nach Westeuropa
führt es Getreide, Flachs, Hanf und Erzeugnisse der Viehzucht aus, dagegen erhält
es von dort feinere Industriewaren, eine Unzahl von Rohstoffen und Halbfabrikaten
sowie von Kolonialwaren; nach Asien versendet es die Erzeugnisse seiner In-
dustrie und bezieht dafür Rohstoffe (Baumwolle) und einige 'Genußartikel wie
namentlich den Tee.
Siedelungen. Eigentliche Städte sind zuerst unter dem Einfluß der
westeuropäischen Kultur, also besonders in den Ostseeprovinzen, dann auch in Polen
und Klein-Rußland entstanden. Ältere Städte hat also nur das westliche Rußland;
solche sind Grodno, Wilna, 180000 Einw., Smolensk; dem ganzen östlichen
Rußland gehen sie ab. Hier hat sich städtisches Leben erst in neuerer Zeit entwickelt,
zunächst in den alten Residenzen wie in Moskau und Kiew. Nunmehr hat die
Entwicklung der Industrie und des Handels das Aufblühen einer Unzahl von Städten
bewirkt. Gleichwohl ist die Bedeutung der Städte in Rußland auch heute noch viel
geringer als in Westeuropa.
Die politische Hauptstadt und zugleich die größte Stadt des Reiches (Iv2 Mill.
Einw.) ist St. Petersburg an der Mündung der Newa und damit am natürlichen
Eingangstor Groß-Rußlands, eine der wichtigsten Handels- und Hasenstädte Europas.
Der eigentliche Hafen von Petersburg ist Kronstadt. Die Krönungsstadt und noch
heute die eigentliche nationale Hauptstadt ist Moskau (über 1^/2 Niill. Einw.), zu-
gleich der wichtigste Verkehrsmittelpunkt und die größte Handelsstadt des Binnen-
landes, auch Mittelpunkt des zentralrussischen Industriegebietes. Zu den alten
Hauptstädten Rußlands zählt ferner Kiew am mittleren Dnjepr, ein Hauptmeß-
und Handelsplatz für Getreide, Zucker und Holz, 320000 Einw. — Nach St. Peters-
burg und Moskau sind im eigentlichen Rußland die beiden größten Städte die
Seehandelsplätze Riga mit über 300000 Einw. und Odessa mit 450000 Einw.
Riga ist der Bauweise und der herrschenden Bevölkerung nach eine deutsche Stadt,
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Extrahierte Ortsnamen: Europa Moskau Kasan Kiew Wolga Petersburgs Rußlands Moskau Deutschland Westeuropa Asien Polen Grodno Wilna Smolensk Moskau Kiew Westeuropa Europas Petersburg Kronstadt Moskau Kiew Moskau Riga Odessa Riga
113
einen förmlichen Protest ein, von dem sie den Namen Protestan-ten erhielten.
Auf dem nächsten Reichstage, den Karlv im Jahre 1530 zu Augsburg hielt, überreichten die lutherischen Stände ihr Glaubensbekenntnis, die von Melanchthou verfaßte angsburgische Konfession, erhielten aber vom Kaiser am Schlüsse des Reichstages die Weisung, bis zu einer allgemeinen Kirchenversammlung unbedingt zu allen katholischen Lehren und Gebräuchen zurückzukehren. Da nun die protestantischen Fürsten und Reichsstädte zu Schmalkalden (1531) zu gegenseitiger Unterstützung gegen das drohende Einschreiten des Reichskammergerichts ein Bündniß schlossen und dem Kaiser jede Hilfe gegen die Türken verweigerten, welche Österreich neuerdings bedrohten, nahm Karl V in dem Religionsfrieden zu Nürnberg (1532) den Augsburger Reichsabschied zurück. _>''
Kaum waren die Gemüter etwas beruhigt, als die Wiedertäufer in Münster eine gewaltige Aufregung hervorriefen. Ein Prophet dieser Sekte, der ehemalige Bäcker Johann Mathi'esen aus Hartem, und sein begeisterter Anhänger, der vormalige Schneider Jan Bockelsohn aus Leyden, kamen im Jahre 1534 nach Münster und machten diese Stadt zum Schauplatz der größten Tollheiten.
Nach dem Tode des Mathiesen ließ sich Bockelsohn zum Könige des „neuen Zion", wie er die Stadt Münster nannte, ausrufen, führte Gütergemeinschaft und Vielweiberei ein und schickte Boten nach allen Richtungen aus, um seine abenteuerliche Herrschaft zu erweitern. Des ekelhaften Treibens müde, ließen einige Fürsten ihre Truppen zu dem Belagerungsheere des Bischofs von Münster stoßen und brachten die ausgehungerte «Ltadt in ihre Gewalt. Bo ckelso h n ward mit seinem beiden Gehilfen Knipperdo'lling und Krechting hingerichtet und die katholische Religion wieder eingeführt.
Nach Besiegung zahlreicher Schwierigkeiten wurde endlich im Jahre 1545, kurz vor Luthers Tod (f 22. Februar 154s;u Eisleben) , zu Trient das allgemeine Konzil eröffnet, das schon seit langer Zeit in Aussicht gestellt war. Allein die Protestanten, welche mit Grund befürchteten, daß die Mehrheit des Konzils ihrer Lehre entgegentreten werde, hielten sich nach dem Rate Luthers von demselben ferne und begehrten ein aus deutschen Bischöfen zusammengesetztes Konzil. Als mit der Verlegung d es Konzils von Trient nach Bologna jede Hoffnung geschwunden war, daß die Protestanten den Beschlüssen des Konzils sich fügen würden, vermittelte Kaiser Karl, nachdem er durch einen ^teg bei Mühlberg (1547) die Kraft des schmalkaldischen Bundes (s. den schmalkaldischen Krieg S. 118) gebrochen hatte, auf einem Reichstage zu Augsburg (1548) mit den Protestanten einen einstweiligen Vergleich, das Interim genannt, _ worin den Bekennen: der lutherischen Lehre bis auf weiteres einige ihrer Forderungen zugestanden waren. Aber weder der Papst, noch die protestantischen Stände waren mit dem Interim zufrieden, und so dauerten die religiösen Unruhen fort.
Sattler, Abriß Ii. / 3
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Extrahierte Personennamen: Karl_V Karl Johann Schneider_Jan_Bockelsohn Bockelsohn Karl Karl Sattler
114
Um den Frieden einigermaßen herzustellen, führte des Kaisers Bruder Ferdinand den Passaner Vertrag (1552) herbei, welcher den Anhängern der augsbnrgischen Konfession freie Religionsübung bis zu einem allgemeinen Reichstage zusicherte. Dieser Reichstag ward 1555 durch Ferdinand zu Augsburg eröffnet und endete mit dem nach dieser Stadt benannten Religionsfrieden, welcher der katholischen und der Augs-^Z --- hu r ger Konfession völlig gleiche Freiheit einräumte. Dem " • : sogenannten, geistlichen Vorbehalte, d. i. der von den Katho-
' Uten auf diesem Reichstage gestellten Forderung, daß geistliche 'V~ . Reichsstände, wenn sie zur Augsburger Konfession übergingen, ihr Amt und dessen Einkünfte verlieren sollten, ward die Zustimmung der protestantis^en^^tände^nicht erteilt.
Däs Konzilium von Trient, weiches-uut~-zweittialkzeruitter-bmhung- (Ittfr—154thmb 1552- Imkh achtzehn Jahre dauerte, wurde am 4. Dezember 1563 geschlossen, ohne die kirchliche ^pal-tiutg gehoben zu haben. Dagegen hat es in seinen 25 Sitzungen durch genaue, unzweideutige Darlegung der katholischen Lehre und durch Verbesserung der Kirchenzucht herrliche Früchte hervorgebracht. Seine Beschlüsse wurden durch die Gesellschaft Jesu, welche 16er spanische Edelmann Ignatius von Loyo'la im Jahre 1534 gestiftet hatte, fast überall zur Geltung gebracht.
Die religiöse Spaltung, die zu Anfang des Ig. Jahrhunderts in Deutschland begonnen hatte, kam im Laufe dieses Jahrhunderts auch in anderen Staaten Enropa's zur Durchführung. " . . r
• In Skandinavien, wo nach Vertreibung Christians I aus dem Hanse Oldenburg (1513-1523) die Krone Schwedens an Gustav Wasa (1523— 1560), die Krone Dänemarks und Norwegens dagegen an Friedrich I von Holstein (1523—1533) gekommen war, wurde von beiden Kömgen bte Einführung der lutherischen Lehre begünstigt, um durch Vernichtung des bischöflichen Einflusses die königliche Macht und durch Einziehung der Kirchenguter bte Einkünfte der Krone zu vermehren. _
x der Schweiz erhob sich Ulrich Zwingli 1516 als Prediger zu Ent-ficbetn gegen die Verkünbigung eines Ablasses bnrch beit Minoriten Bernharbin Samson, und seit 1519 als Domprebiger in Zürich auch gegen den Eölibat der Geistlichkeit, gegen die Messe und Heiligenbilder. Er gewann in der Schweiz außer Zürich, wo er selbst auftrat, und Basel, wo sein Freunb Okolampa'bms wirkte, die Kantone Appenzell, Schaffhaufen, Bern und Glarus, währrnb bre Kantone Schwyz, Uri und Untern? at den, Luzern und Zug sich gegen bte neue Lehre erklärten. In dem Kampfe, der zwischen beiben Parteien ausbrach, unterlagen die Züricher 1531 in der Schlacht bei Kappel, wo Zwingli fiel.
Nachdem Bern dem^erzoge von Savoyen das Wabtland entrissen hatte, ward Gens der Mittelpunkt der religiösen Bewegung. Johann Kalvtn nean Ca nv in), geb. 1509 zu Noyon in der Pikardie, hatte sich von Frankreich, wo seine Glaubensneuerung auf Widerstand gestoßen war, zuerst nach Basel, dann nach Genf begeben, dessen Bürger sein von Luthers und Zwmglr s lehre abweichenbes Glaubensbekenntniß annahmen und jeben Gegner besselben vom Bürgerrechte ausschlossen. Durch die Oppositionspartei zur Flucht genötigt, kehrte Kalvin nach einiger Zeit nach Genf zurück, führte bort eine thevkrattsche Verfassung ein und regierte von 1541 bis zu seinem Tode (y 1564) mit unum-
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Extrahierte Personennamen: Ferdinand Ferdinand Edelmann_Ignatius_von_Loyo'la Christians Gustav_Wasa Gustav Friedrich_I Friedrich Ulrich_Zwingli Bernharbin_Samson Kappel Zwingli Johann_Kalvtn Johann
Extrahierte Ortsnamen: Jesu Deutschland Skandinavien Oldenburg Schwedens Norwegens Holstein Schweiz Basel Appenzell Bern Glarus Schwyz Luzern Frankreich Basel Genf Luthers Genf
19
fessio Augustana am 25. Juni verlesen (Luther, noch geächtet,
inzwischen in Coburg), die Confutatio (3. August) durch Mayr
von Eck u. a. Das versuchte Versöhnungswerk scheitert, der
Reichstagsabschied verlangte bis zum Mai 1531 die Unterwerfung
der Protestanten unter die alte Kirche unter Androhung ihrer
Ausrottung; Melanchthons Apologie vom Kaiser nicht angenommen,
aber durch den Druck veröffentlicht. Confessio Tetrapolitnna der
Städte Straßburg, Memmingen, Constanz, Lindau, die aber 1532
dem Bunde der Protestanten beitraten.
Der Abschluß des Schmalkaldner Bundes (auf 6 Jahre,
dann verlängert) folgt auf dem Fuß im Dezember 1530; förmlich
abgeschlossen Anfang 1531. Später werden zu Bundeshauptleuten 1531
ernannt der Kurfürst von Sachsen und der Landgraf von Hessen.
Luthers „Schmalkaldener Artikel" 1537. — 1533 ein katholischer
Gegenbund norddeutscher Fürsten zu Halle, ans die süddeutschen
wie auf Kaiser und König ausgedehnt zu Nürnberg 1533.
Der wieder heftiger entbrennende Türkenkrieg veranlaßt den
milden Nürnberger Religio ns frieden, wesentlich eine 1532
Wiederholung des erste n Speirer Reichstagsabschiedes (Einstellung
aller Prozesse gegen die protestantischen Stände bis znm Con-
cilium). Würtemberg, anfangs Oesterreichifchen Rätheu, feit
1522 denn Erzherzog Ferdinand zur Verwaltung übergeben, erhält
1534 Herzog Ulrich, durch Landgraf Philipp von Hessen mit
französischer Unterstützung zürückgeführt, wieder. Vertrag zu
Cadan in Böhmen mit Ferdinand. Durchführung der Refor-
mation in Würtemberg und Beitritt Zmn Schmalkaldischen Bund.
Die auswärtigen Kriege, gegen Osmanen und Franzosen, halten
den Ausbruch des Religionskrieges auf.
Gleichzeitig der Aufruhr der Wiedertäufer tit Müu-
ste r 1534—1535. Schon 1532 hatte sich, besonders durch den
Prediger Bernt (Bernhard) Rvthmann, in Münster eine evan-
gelische Gemeinde (anfangs lutherischer, dann zwinglischer Richtung)
gebildet, die sich durch Philipps von Hessen Vermittlung 1533
auch gegem Bischof und Domkapitel behauptete. Bewegungen der
Gilden gegen den Rath gingen mit der kirchlichen Gährnng Hand
in Hand. Hier fanden wiedertüuferische Lehren, die, von den
Zwickauer Schwarmgeistern und Thomas Münzer ausgehend, in
Oberdeutschland und der Schweiz trotz aller Verfolgungen sich
festgesetzt hatten, von den Niederlanden her durch Flüchtlinge und
Sendboten (Jan Bockelson von Leiden, Jan Mathys ans Hartem)
1533 Eingang. Politisch-kirchliche Umgestaltung der Stadt; Bernt
2*
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Extrahierte Personennamen: August Mayr Ferdinand Ferdinand Ulrich Philipp_von_Hessen Philipp Ferdinand Bernt Bernhard)_Rvthmann Philipps Thomas_Münzer Jan_Bockelson Jan_Mathys
27
Vierte Fahrt 1502—1504. Vergeblicher Versuch einer Durch-
fahrt nach Ostindien.
Nach dem Tode Jsabellas (1504) von Ferdinand kalt be-
handelt, starb Columbus in Dürftigkeit 1506.
Eroberung Mexicos durch Ferdinand Cortez von 1519—1521 ;
Entdeckung des Seewegs in den stillen Ocean und erste Erdum-
seglung durch Ferdinand Magellans*) 1520; Entdeckung Perus
durch Franz Pizarro 1526, Eroberung seit 1531.
4. Durch die Verbindung mit dem Hause Habsburg
und durch die i t a l i e n i sch e n Kriege. •— Alle Kinder des Königs-
hauses starben bei Lebzeiten ihrer Eltern außer der dem Wahnsinn ver
fallenen Johanna; Ferdinand übernimmt nach seines Schwieger-
sohnes Philipps des Schönen Tod die Regentschaft in Castilien
für den jungen Karl, auf den nach des Großvaters Tod (1516)
die Krone der vereinigten Reiche übergeht.
B. Ursprung der reformierten Kirche in der Zchweh.
1. Die deutsch-schweizerische Reformation durch
Huldrich (Ulrich) Zwingli aus Wildcnhaus (1481—1531), der, in
Basel humanistisch und theologisch gebildet, zu Glarus, Kloster Einsiedcln, daun
in Zürich als Pfarrer thntig war und Neujahr 1519 zur Reformation der
Kirche aufrief.
Sein Auftreten gegen den Ablaßprediger Samson; sein Gegen-
satz zu Luther in der Abendmahlslehre, Religionsgespräch zu Mar-
bllrg 1529. Verbindung der kirchlichen mit politischer Oppositivli,
die sich besonders gegen die Söldnerverträge mit dem Ausland
richtet. — Spaltung der deutschen Schweiz in zwei feindliche
Lager: Zürich, Appenzell, Basel (Oekolampadins), Bern, St.
Gallen, Glarus, Schaffhausen, Solothurn, Graubünden nach zunl
Theil heftigen Kümpfen reformiert; die Waldstätte Schwyz, Uri,
Unterwalden, Zug und Luzern katholisch. Schlacht bei Cappel
1531, in der Zürich geschlagen wurde, Zwingli fiel. 1531
2. Die französisch-schweizerische Reformation durch
Johann Calvin (1509—1564) aus Nopon in der Picardie, Jurist und
Thcolog, wegen seiner Hinneigung zur Reformation ans Frankreich flüchtig 1534,
giebt in Basel dic institutio Lnristiaime religionis heraus 1536. Nach Wan-
derungen in Italien und Frankreich von seinem Landsmann Farel in dem schon
zum Theil reformierten Genf festgchalten. Dorthin wach dreijährigem Exil (in
Straßburg 1539 — 1541) zurückgekehrt, übt er in der städtischen Republik eine
*) Der Name eigentlich geschrieben Magalhaes, ausgesprochen etwa wie
Magaliängs,
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Extrahierte Personennamen: Ferdinand Ferdinand Columbus Ferdinand_Cortez Ferdinand Ferdinand_Magellans* Ferdinand Franz_Pizarro Franz Johanna Ferdinand Philipps Karl Karl Ulrich)_Zwingli Cappel Zwingli Johann_Calvin_( Johann
— 158 —
Dieselben sind aber trotz ihres Wasserreichtums wegen der vielen
Wasserfälle — wenn diese nicht durch Kanüle umgangen sind —
nur teilweise schiffbar. Die bedeutendsten Flüsse sind : Tornea-Els,
Dal-Elf, Klar-Els (Göta-Els) und Glommen. — Unter den zahl-
reichen Seen sind die größten der Wen er-, Wetter- und Mälar-
see. Mit Benutzung der beiden ersteren Seen führt eine Kanal-
Verbindung aus dem Skager Rak in die Ostsee.
Iv. Das Klima ist im Westen infolge der oceanischen Lage
und der erwärmenden Nähe des Golfstromes viel milder als in
allen andern Ländern mit gleicher geographischer Breite. Das
Meer gefriert hier fast nie, und in den geschützten Fjorden gedeiht
selbst noch Obst. Weniger begünstigt ist die
Ostseite der Halbinsel. Südschweden ist fin-
den Getreidebau sehr geeignet. Im Hoch-
lande aber sind weite Flächen mit Gletschern
und ewigem Schnee bedeckt.
Hauptbeschäftigung der Bewohner ist in
Schweden Ackerbau und Viehzucht, in
Norwegen (Bild 51) hingegen Fischerei
51. (Heringe, Dorsch oder Kabeljau, wenn ge-
Norwegische Frauentracht. . ' ' ' N ' ?
trocknet, Stockfisch genannt). Von großer
Bedeutung ist der Bergbau auf Eisen, Kupfer und Silber. Einen
besondern Reichtum bilden die unermeßlichen Wälder, welche
den größten Teil des bebaubaren Bodens bedecken. — Die In-
dustrie ist in der Entwicklung gehemmt durch den Mangel an
Steinkohlen, der nur zum Teil durch den Reichtum an Wasserkräften
ersetzt wird. Sie beschäftigt sich vornehmlich mit Verarbeitung des
Holzes (Bautischlerei, Zündholzfabrikation) und des Eisens. — Leb-
haft ist der Seehandel (Norwegen allein hatte 1897 über 7000
Seeschiffe, darunter 960 Dampfer).
V. a) Skandinavien ist unter allen europäischen Ländern am
schwächsten bevölkert. Auf der großen Fläche von 776000 qkm
leben nur 7 Millionen Menschen, also wenig mehr als in dem
kleinen Belgien. Auf 1 qkm treffen 9 Bewohner.
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— 159 —
gewonnen: Gold, Platina, Silber, Eisen, Kupfer, Blei, Zink und
Salz. Auch hat Rußland mächtige Steinkohlenlager und ergiebige
Petroleumquellen (am Kaspischen Meere).
Trotz so reicher natürlicher Hilfsquellen steht die russische In-
dustrie noch hinter der westeuropäischen zurück, hat aber in den
letzten Jahrzehnten einen großen Aufschwuug genommen. Von Be-
deutung ist die Eisenindustrie, die Baumwoll-, Woll- und Leinen-
Weberei, die Lederfabrikation (Juchten) und Rübenzuckerbereituug.
Der Haudel Rußlands ist jetzt schon von großer Wichtigkeit
und dabei noch in steter Ausdehnung begriffen. Zur Ausfuhr ge-
langen vornehmlich: Getreide, Flachs, Hanf, Holz, Petroleum, Zucker,
Wolle, Tiere, Talg, Pelzwerk und Leder. Dagegen müssen fast samt-
liche Luxus- und ein großer Teil der Industrie-Artikel noch ein-
geführt werden.
V. a) Obwohl das europäische Rußland 106 Millionen Ein-
wohn er zählt, so ist es doch unter allen europäischen Ländern
nach Skandinavien am schwächsten bevölkert; denn aus 1 qkm
treffen nur 20 Menschen. Wäre Rußland so dicht wie z. B.
Deutschland bewohnt, so müßte es auf seinem Flächenraum von
5 390 000 qkm ungefähr 500 Millionen Einwohner haben; aber große
Bodenstrecken Rußlands sind des kalten Klimas wegen sehr schwach
bevölkert. So hat der Bezirk Archangelsk, der Deutschland an Größe
weit übertrifft, nur 350 000 Bewohner. — Die dichteste Bevölkerung
findet sich in der Mitte Rußlands. — Nur 16 Städte des un-
geheuren Reiches haben mehr als 100 000 Einwohner.
d) Bezüglich der Abstammung herrscht in der Bevölkerung
Rußlands eine sehr große Mannigfaltigkeit. Doch ist der slavische
Stamm so stark vorherrschend, daß ihm mehr als 4/5 der Gesamt-
bevölkerung angehören. Unter den verschiedenen Völkern des slavischen
Stammes bilden die Russen (80 Millionen) weitaus die Mehrzahl
gegenüber den Polen (71/2 Millionen). Außerdem leben in Rußland:
1. über 11/2 Mill. Deutsche'(besonders in den Ostseeprovinzen
und den südrussischen Kolonien);
2. 4 Mill. Letten (in Litauen und Kurland);
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Extrahierte Ortsnamen: Skandinavien Deutschland Archangelsk Deutschland Polen Rußland Kurland
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oft an 500 000 Menschen selbst aus den fernsten Gegenden Asiens
zusammenströmen. — Tula mit 111 000 E. hat die größten
Waffen- und Metallwarenfabriken, das „russische Birmingham".
— Woronesch am Don (84000 E.) betreibt lebhasten Handel.
— Archangelsk mit 21 000 E., unfern der Dwinamündung ge-
legen, ist für Ausfuhr von Schiffsbauholz wichtig.
2. Kleinrußland (die Ukraine). K i j e w am Dnjepr (247 000 E.)
ist Mittelpunkt der Rübenznckerindustrie. Uuiversität. — Charkow
(175 000 E.) hat blühenden Handel, besonders mit Getreide und
Wolle. Universität.
3. Südrußland, das ehemals türkische Gebiet am Schwarzen
Meere. Kischinew (109 000 E.) im Bezirk des Wein- und Tabak-
baues. — Odessa, unweit der Mündung des Dnjeftr (405 000 E.),
ist die bedeutendste russische Handelsstadt am Schwarzen Meere, Stapel-
Platz und Hanptaussuhrort für Getreide. Universität. — Nikolajew
(92 000 E.) ist die Hauptstation für die russische Kriegsflotte im
Schwarzen Meere. In der Nähe viele deutsche Kolonien.
4. Westrußland. Wilna (160000 E.) ist die bedeutendste
Stadt Litauens.
5. Das Königreich Polen. Die Hauptstadt Warschau an der
Weichsel (638 000 E.) ist Mittelpunkt der Gewerbethätigkeit und des
Handels Polens. Festung. Russische Universität. — Lodz (mit Vor-
orten 315 000 E.) hat sehr bedeutende Leinen- und Baumwollindustrie.
6. Die Ostseeprovinzen. St. Petersburg an der Newa-
Mündung (mit Vororten 1 267 000 E.), die von Peter dem Großen
gegründete, großartig angelegte neue Hauptstadt, ist der erste Handels-
platz Rußlands. Universität. — Der Kriegshafen Kronstadt
(60 000 E.) ist die Schutzfestung für Petersburg. — Dorpat,
rusf. Jurjew (42 000 E.) mit (ehemals deutscher) Universität. —
Reval (65000 E.) ist ein lebhafter Handelsplatz am Finnischen
Meerbusen. — Riga an der Dünamündung (mit Vororten
283 000 E.) ist die zweite russische Handelsstadt an der Ostsee,
wichtig als Stapelplatz und Ausfuhrort für Holz, Getreide, Hanf
und Flachs. — Libau (65 000 E.), aufblühende Hafenstadt.
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Kaukasien liegt zu beiden Seiten des Kaukasus, der als ein
wildes, schwer überschreitbares Gebirge sich vom Schwarzen bis zum
Kaspischen Meere erstreckt. Der Elbrns ragt 5600 m hoch empor.
Nordkaukasien ist vorherrschend Steppenland, Süd kau-
kasien hat mildes Klima und reiche Vegetation. — Die 9 Mil-
lionen Einwohner gehören verschiedenen Stämmen an, unter denen
die Tscherkessen und Georgier durch Körperschöuheit hervorragen.
Tiflis (161000 ($.) ist eine wichtige Handelsstadt. — Eine
Eisenbahn verbindet es einerseits mit Baku (112 000 E.) am
Kaspischeu Meere, in dessen Nähe sehr ergiebige Petroleumquelleu
sind, andererseits mit dem Hafen Batum am Schwarzen Meere.
Westturkestau (Turan) ist teils öde Sandwüste, teils Steppen-
land, dessen Bevölkeruug zum Nomadeuleben gezwuugen ist; nur
einige Oasen und Gebirgsthäler zeichnen sich durch Fruchtbarkeit
aus und liefern hauptsächlich Seide und Baumwolle.
Rußland beherrscht den größten Teil. Sitz der Regierung ist
die Stadt Taschkent (156 000 E.) am Fuße des Tienschan.
Wichtige Handelsplätze sind: Samarkand (55 000 E.) und
Kokaud (82 000 E.).
Die Chauate Chiwa und Buchara mit den gleichnamigen
Hauptstädten steheu unter russischer Schutzherrschaft.
Nordasien.
Ganz Nordasien wird von der russischen Provinz Sibirien ein-
genommen, welche sich vom Ural bis zum Großen Ocean erstreckt.
An Größe (12^ Millionen qkm) übertrifft Sibirien ganz Europa;
dagegen zählt es kaum 6 Millionen Einwohner. — Der west-
liche Teil ist Tiefebene, der östliche Gebirgsland. Mehr als die
Hälfte der uugeheueru Bodenfläche ist nicht anbaufähig. — Die
einheimische Bevölkerung sind mongolische Nomaden. Die
europäischeu Einwohner sind russische Ansiedler oder verbannte
Verbrecher und dereu Nachkommen.
Die Hauptprodukte Sibiriens sind: wertvolle Pelze, Holz
und Getreide, an Mineralien besonders Gold und Graphit, außerdem
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TM Hauptwörter (200): [T134: [Land Meer Hochland Persien Tigris China Euphrat Iran Asien Armenien], T87: [Meer Rußland Wolga Stadt Petersburg Moskau See Ostsee Hauptstadt Ural], T193: [Meer Halbinsel Gebirge Norden Süden Osten Westen Küste Insel Europa], T101: [Baumwolle Kaffee Tabak Getreide Reis Zucker Holz Ausfuhr Wein Zuckerrohr], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch]]
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