Der Augsburger Religionsfrieden.
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die Predigerstellen und schufen dadurch für ihre Bürgerskinder, nament-
lich die vornehmen, einige sichere Anstellungen, besonders wenn die Stadt
ein Gebiet hatte; denn wenn es auch den Söhnen der Bauern nicht
verwehrt war, geistliche Studien zu machen, so kamen doch nur sehr
wenige durch ganze Jahrhunderte auf die Kanzel. Was ihnen aber
nicht gelang, war die Beseitigung der weltlichen Macht der Bischöfe;
denn die Fürsten schützten die Fürstbischöfe - bei derselben, oder wo das
Bisthum verschwand, setzten sie sich selbst an deren Stelle, sogar im
trotzigen Magdeburg.
Der Adel gewann nichts, obwohl sich Luther zuerst an ihn gewandt
hatte; der reichsunmittelbare durfte sich seine Religion wählen, der mittel-
bare nicht; keine Rede davon, daß die Stifte, welche durch die Schen-
kungen seiner Vorfahren entstanden oder reich geworden waren, nun ihm
anheimfielen; diese zogen die Landesherren ein und bestimmten höchstens
einen kleinen Abfall für arme Fräulein und Junker, um sie in etwas für
die ehemaligen klösterlichen Versorgungsanftalten zu entschädigen. Da-
gegen suchte in mehr als einem Lande der Adel den Protestantismus als
Waffe gegen den katholischen Landesherrn in Händen zu behalten.
Die Fürsten zogen aus der Reformation den größten Nutzen; die
Stiftsgüter wurden Kammergüter, die Stiftslande fürstliche Erblande,
Macht und Einkommen wuchsen dadurch außerordentlich, und zudem
wurde der Landesherr auch Religionsherr, band so die Unterthanen
durch ein doppeltes Band und hatte einen doppelten Zügel, um die-
selben zu leiten. Eine Landesuniversität sorgte für die passende Wis-
senschaft, für fügsame Geistliche und Juristen, und die Söhne der Geist-
lichen und Juristen folgten dem Stande der Väter, wenn es immer
möglich war, wodurch sich ein beinahe erblicher Stand ergebener Geist-
licher und Beamten bildete. Die Landeshoheit war seitdem vollendet, und
da der Kaiser katholisch war und dem protestantischen Volke nicht anders
denn als der erste Lieutenant des Antichrists dargestellt wurde, wenn
man aus irgend einem Grunde mit ihm unzufrieden war, so mußte er dem
Volke allmählig entfremdet werden, so sehr es sich auch instinktartig an
den Gedanken des Kaiserthums klammerte. Ging es gegen den Kaiser, so
hatten die protestantischen Fürsten leichtes Spiel, sie erklärten nur die
protestantische Religion in Gefahr, und damit war das Volk für sie
gewonnen. So viel erreichten die katholischen Fürsten nicht; sie konnten
die Stifte und Kirchengüter nicht einziehen, jedoch mußte ihnen der Papst
zugestehen, daß sie einen beträchtlichen Theil des kirchlichen Einkommens
erheben durften, zuerst behufs der Vertheidigung der katholischen Religion,
und wo daraus ein Recht wurde, befand sich der katholische Fürst und
sein Land besser, weil der Baum stehen blieb, der silberne Früchte trug,
während in protestantischen Ländern vielmal mit dem Stifte auch der
Burnüller, Neue Zeit. /i
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Die Zeit von 1815 bis 1857
Mehrzahl ihrer Mitbürger in Religion, Unterricht und Sitten meistern
wollte und dabei über Meineid und Verrath schrie, wenn man ihr nicht
alle Aemter in Händen ließ. Die schweizerischen Radikalen waren über
diese Niederlage furchtbar erbittert; unleugbar hatte sich die Mehrzahl
des Volkes im Wallis gegen den Radikalismus entschieden, aber nun
wurde das souveräne Volk, dem man sonst neben dem richtigsten Ver-
stände alle guten Eigenschaften des Herzens zuschrieb, mit einemmal als
eine Bestie tituliert, die sich von einigen Schlauköpfen und egoistischen
Schurken gegen die besten Freunde hetzen und dann wieder an Strick
und Halsband führen lasse. Auch wurde eine Verordnung des wallisi-
schen Großen Raths, die den protestantischen Ansaßen nur einen Privat-
gottesdienst gestattete, gegen den katholischen Klerus unermüdlich ausge-
beutet; daß damals die Verfassung des Kantons Zürich ausdrücklich die
evangelische Religion als Landesreligion bezeichnete, daß in Zürich so
wenig als in Schaffhausen, Bern, Genf u. s. w. ein Katholik Bürger
werden konnte; daß in Appenzell-Außerrhoden kein Bürger eine Katho-
likin heirathen durfte, und wenn auch alle Kinder protestantisch erzogen
würden; daß der Heidelberger Katechismus, in welchem die Katholiken
vermaledeite Abgötterer genannt werden, in Bern und andern protestan-
tischen Kantonen als Schulbuch fungierte, alles dies hatte natürlich nichts
zu bedeuten, wenn gegen römische Intoleranz gestürmt wurde. Die Er-
bitterung gegen den katholischen Klerus und besonders gegen die Jesui-
ten steigerte sich durch deren Sieg im Wallis (ihnen wurde die Nieder-
lage der Radikalen am Trient Schuld gegeben) um so mehr, als bereits
auch in der andern Schwei; die politische Parteiung die religiöse zur
Mitwirkung herbeigezogen hatte.
Solothurn revidiert seine Verfassung (1840).
Für den Kanton Solothurn lief mit 1840 die 10jährige Periode
ab, während welcher die 1831 in das Leben getretene Verfassung sich
erproben sollte; nach Verfluß dieser Zeit mußte sie einer Revision unter-
worfen werden, wenn der Große Rath mit absoluter Stimmenmehrheit
sich für dieselbe entschied. Dies geschah und zwar ganz im Sinne des
Volks, weil dieses aus der Beamtenherrschaft („Herrschaft der Kapaci-
täten" von den Herren genannt) eine Demokratie machen wollte. Es
verlangte direkte Wahlen für die Großräthe, Verminderung der Beam-
tungen und Besoldungen, namentlich weniger Regierungs- und Appella-
tionsräthe; freie Wahl der Gemeindebeamten durch die Gemeinden, freie
Gemeindeverwaltung und Beschränkung des Aufsichtsrechts der Regie-
rung; Aufhebung der Sporteln und Taren der Gerichtspräsidenten und
Oberamtmänner; Aufhebung des Zwangs für die Gemeinden bei Bür-
geraufnahmen; endlich das allgemeine Veto. Außer diesen Forderungen
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