Die Schweizer Hochebene. 95
durch die Ausfuhr*) ungefähr aufzuwägen. Zum Versand ge-
langen vornehmlich Käse, Baumwolle, Seide, sowie Uhren
und Schmuckwaren, ferner etwas Obst. Eine weitere wich-
tige Einnahmequelle für das Land ist auch der bedeutende Reise-
verkehr während der Sommermonate, dessen Bruttoertrag auf
100 Mill. Fr. geschätzt wird.
Die Hauptgegenstände der Einfuhr, die sich i, J. 1892 auf 704,7 Mill.
M. (1890 auf 801,4 Mill., 1888 auf 656,9 Mill.) belief, sind: Seide (109,2), Ge-
treide u. Mehl (80,7), Wollvvaaren (36,1) Chemikalien (31,0) Tiere (30,0), Wein
(28,3), Kohlen (26,9). Baumwolle (24,4), Eisen, Zucker, Kaffee. Die wichtigsten
Gegenstände der Ausfuhr, die i. J. 1892 532,7 Mill. M. (1890 579,6 Mill,, 1888
538,9 Mill.) betrug, sind: Seidengewebe (106), Uhren (69,2), Baumwollstickereien
(52,7). Baumwollgewebe (37,7), Rohseide (32,3) Käse (31,2), Seidengarn (28,0),
Maschinen, Milch.
Der Handel wird vermittelt durch den Stand der Kauf-
leu te. Diese nehmen ihren Wohnsitz dort, wo ein lebhafter Aus-
tausch der Erzeugnisse stattfinden kann, und von wo deren Versand
mit möglichst geringen Schwierigkeiten verbunden ist. So hat sich
auch in der Schweiz der Handel nach einzelnen Plätzen, die günstig
in fruchtbaren Gegenden und zugleich an schiffbaren Flüssen oder
Seen gelegen sind, hingezogen, und es wuchsen dadurch Orte, wie
Basel, Zürich, Genf, Konstanz, Bern, Schaffhausen,
St. Gallen u. a. zu volksreichen Städten an. Als Handels-
plätze haben die genannten jetzt eine grosse Bedeutung. In ihnen
giebt es nicht bloss zahlreiche Geschäftshäuser, in denen die
Landbevölkerung alles Nötige kaufen kann, sondern auch grosse
Ein- und Ausfuhrgeschäfte, die den Handel mit fernen Län-
dern vermitteln. Die Schweiz steht namentlich mit den Grenz-
ländern in regem Handelsverkehr, mit Deutschland, Frankreich,
Italien and Oesterreich-Ungarn.
Das Verkehrswesen : Alpenstrassen, Eisenbahnlinien und
Schiffahrtsstrassen.
Der Handel verlangt für den Versand der Waren Ver-
kehrseinrichtungen. Mit seiner Entwicklung muss die Ver-
besserung und Ausbildung des Verkehrswesens stets
gleichen Schritt halten. In der Schweiz waren hierbei vielfach
ganz gewaltige Schwierigkeiten zu überwinden. Durch die unweg-
samen Alpen konnten nur mit grossem Arbeits- und Zeitaufwand
Strassen angelegt werden, da bei deren Bau umfangreiche Fels-
sprengungen und grossartige Brücken- und Tunnelbauten
nötig waren. Noch mehr Schwierigkeiten standen dem Bau von
Eisenbahnen entgegen. Aber die grosse Arbeitskraft und der
kühne Unternehmungsgeist der im Kampf mit den Naturgewalten
gestählten Schweizbewohner haben die vielen Schwierigkeiten über-
*) Unter Ausfuhr versteht man den Warenversand nach fremden Län-
dern, unter Einfuhr die Zusendung von Waren aus andern Gegenden. Die
kaufmännischen Bezeichnungen für Ausfuhr und Einfuhr heissen Export und
Import.
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Extrahierte Ortsnamen: Basel Genf Konstanz Bern Schaffhausen Deutschland Frankreich Italien
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wird; doch ist der 4 Stunden lange und V2 Stunde breite
Ueberlingersee ausschließlich badisches Desitzthum^. Der See,
dessen absolute Höhe über dem adriatischen Meer und der
Nordsee nun ermittelt ist, liegt 1232' ü. d. M., mißt von
Bregenz bis Constanz 10 bad. Stunden und bis zur Mün-
dung der Stockacher Aach 14 Stunden. Seine größte
Breite zwischen Arbon und Bregenz beträgt 5 Stunden;
zwischen Friedrichshafen und Romanshorn 3 Stunden,
zwischen Constanz und Meersburg 1v2 Stunden. An
Flächenraum nimmt er 9*/2 lum. ein.
Er ist also dreimal größer als das Fürstenthum Lichtenstein
(3 sim.). Uebrigens sind außer diesem noch 7 Deutsche Staaten
an Umfang kleiner als der Bodensee: die Landgrafschaft Hessen (5
s)M-), das Fürstenthum Lippe-Schaumburg 8 ssim., das Fürsten-
thum Reuß-Greiz 7 s)M. und die 4 freien Reichsstädte: Frank-
furt 2, Hamburg 6, Lübeck 6, Bremen 3y2 f)M.
Unter der Benennung Dbersee begreift man die süd-
lichere Seehälfte: von Immenstaad-Romanshorn bis Bregenz.
Im Ueberlingersee liegt die hochanstcigende aber kleine
Insel Mainau mit schönem Schloß, setzt Eigenthum des
Großherzogs.
Ehedem eine Besitzung des deutschen Ordens, wurde diese Insel
im 30iährigen Krieg 1647 von den Schweden mit einer Flotille
von 17 Schiffen erstürmt und geplündert.
Die vorzüglichsten Seehafen sind: Constanz, Ludwigs-
hasen, Meersburg (badisch), Friedrichshafen (württember-
gisch), Lindau (bayerisch, auf einer Insel im südöstlichen
Theil des Bodensees), Bregenz (österreichisch), Rorschach
und Romanshorn (schweizerisch).
Bei starkem Wind, namentlich beim Südwind, „Föhn" genannt,
ist der See sehr bewegt und auch für größere Schiffe gefährlich;
der Obersee ist selbst zeitweise sehr stürmisch, während die Seefläche
bei Constanz sich ruhig verhält; doch zeigt er manchmal bei stil-
lem Wetter ein starkes sogenanntes „Grundgcwell", wobei der ganze
See in Bewegung ist. Die tiefste Stelle desselben ist in der Mitte
zwischen Friedrichshafen und Romanshorn 856'. Bei Constanz
zwischen Horn und Kreuzlingen beträgt dieselbe 140'. In den See
ergießen sich gegen 50 Bäche und Flüsse. Unter den vielen (26)
Fischarten, die derselbe enthält, sind die Felchen und Gangfische
dem See allein eigentümlich. Von crsteren werden die Blaufel-
chen nur zwischen der Mainau, Meersburg und Bottighofen und
in der Bucht von Constanz im Juni und Juli gefangen; die Sand-
felchen im Winter am Untersce; die Gangfische aber in den Mo-
naten November und December. Der Fang der letzteren beginnt
im Untersee bei Ermatingen und Gottlieben und endet bei Constanz
oberhalb der Rheinbrücke, wo sie zu Tausenden innerhalb der nach
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der Fischerordnung hiesür festgesetzten 13 Nächte gefangen werden.
Letztere kommen geräuchert in den Handel. Aber es gibt im See
auch Hechte bis zu 40 Pfund; Seeforellen bei Constanz und Lachs-'
forellen bei Lindau bis zu 30 Pfund. Außerdem werde>a 73 Vögel-
arten, worunter 36 Arten Schwimm- und 30 Arten Sumpfvögel
an demselben aufgezählt.
5 Eisenbahnen münden am Bodensee: 1) die baye-
rische Staatsbahn in Lindau, 2) die Schweizerbahn von
Winterthur nach St. Gallen, 3) die Schweizerbahn von
Winterthur nach Romanshorn, 4) die württembergische
Staatsbahn bei Friedrichshasen, 5) die badische bei Constanz.
Vom Bodensee 3/4 Stunden entfernt, doch mit demselben
durch den bei Constanz abfließenden Rhein verbunden, ist
der Zetter- oder Untersee — ein selbständiges Seebecken
von mehr als 1 Om. Umfang, von Gottlieben bis zur
Zeller Aach 3% Stunden, bis Stein Vj2 Stunden lang;
die Breite beträgt 1—iy2 Stunden. Die größte Tiefe
zwischen Hornstaad und Berlingen beträgt 148'. Er um-
schließt die Insel Reichenau, die °/4 Stunden lang und
gegen % Stunden breit ist.
Die vom irländischen Bischof Pirmin 724 gegründete, 1538 mit
dem Hochstift Constanz vereinigte Benediktinerabtei Reichenau war
eine der wichtigsten Bildungsstätten Süddeutschlands. Die Kirche
von Oberzell (unfern der Ruinen der 1370 zerstörten Burg Scho-
pfeln), wurde 888 von dem später zum Erzbischof von Mainz er-
nannten Abt Hatto von Köln erbaut. Auf dieser Insel liegt der
als Heerführer sagenberühmte Schwager Carls des Großen, Gerold,
damals Herr des ganzen Linz- und Argengaues, der im Kampfe
wider die Avaren fiel, begraben. In Mittelzell ist die Grabstätte
Kaiser Carls des Dicken, f 888.
Der Seearm zwischen der Reichenau und Allensbach heißt auch
der Gnadensee.
Von Constanz bis in die Nähe von Gottlieben ist der Rhein
ganz badisch; von da an bildet der Thalweg, der am Schweizer
User hinzieht, die Landesgrenze, so daß fast der ganze Unterscc zu
Baden gehört. Dieser See gefriert beinahe alljährlich zu, so daß
er von der Reichenau in die Schweiz oft mit Magen befahren
werden kann. Der Bodensee dagegen gefriert seiner bewegten
Wellen wegen höchst selten zu. Doch fand dieß statt in den Jah-
ren 1277, 1560, 1573, 1587, 1695 und 1830.
Besonders hoch (10'/2‘ über den Nullpunkt des Lindauer Pegels,
der den niedersten Stand des Wassers bezeichnet, während der Con-
stanzer Pegel den höchsten angibt) war der Wafferstand in den
Jahren 1343, 1511. Nahezu gleich hoch in den Jahren 1640, 1770, <
1785. Auch in den Jahren 1817, 1821, 1822, 1857, 1858 er-
reichte der See eine bedeutende Höhe. Sehr niedrig war der Wasser-
stand 1672, 1725, 1779, 1784, 1797 und 1859. Am höchsten steht
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