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1. Drittes Lesebuch - S. 114

1861 - Trier : Leistenschneider [u.a.]
114 Größe nicht vermuthen sollte. Er macht Sprünge von zwölf bis sechszehn Fuß. Einst sah man auf dem Vorgebirge der guten Hoffnung einen Löwen eine junge Kuh im Maule tragen, und ob er schon deren Beine auf der Erde fortschleppte, so lief er doch eben so leicht dahin, wie eine Katze mit einer Ratte. Auch sprang er ohne die geringste Mühe über einen Graben. Eben die Muskelkraft äußert er in der geschwinden Veränderung der Gesichtszüge, der Falten auf der Stirn und in den Bewegun- gen des Schwanzes, die so heftig sind, daß er einen Menschen damit zu Boden schlagen kann. Wenn der Löwe hungrig ist, so richtet er seine Mähne in die Höhe, schüttelt sich und schlägt mit dem Schwänze auf den Rücken. In einem solchen Falle wirft er Alles um, was ihm in den Weg kommt; richtet er aber seine Mähne nicht auf und wedelt er nicht mit dem Schwänze, so hat man Nichts zu besorgen. Doctor Sparmann theilt folgende Nachricht vom Löwen mit: Der Löwe bemächtigt sich seines Raubes fast jedes Mal vermittelst eines Sprunges. Er lauscht des Abends und Nachts im Hinterhalte oder schleicht sich still und behutsam auf dem Bauche vorwärts, bis er glaubt nahe genug zu sein; plötzlich springt er alsdann auf die Beute los und schlägt seine Klauen lief ein; springt er aber fehl, so verfolgt er seine Beute nicht weiter, sondern geht beschämt zurück und mißt langsam Schritt für Schritt die richtige Länge ab, um zu sehen, wie viel sein mißlungener Sprung zu kurz war. Den Thieren lauert er gern an Quellen und Flüssen auf, wo sie ihren Durst zu löschen suchen; nur größere Thiere fällt er an, kleinere verachtet er. Ein alter Hottentott, erzählt Sparmann, sah am Sonn- tagsflusse einen Löwen in weiter Entfernung, der ihm zwei ganze Stunden lang nachfolgte. Er schloß daraus mit Recht, daß der Löwe nur auf die Nacht warte, um über ihn herzu- fallen. Da er die Art kannte, wie der Löwe seine Beute fängt, so suchte er eine Stelle auf, die oben flach und an der einen Seile steil und steinig war. Er ließ sich am Rande des Ab- hanges nieder und sah zu seinem nicht geringen Erstaunen, daß der Löwe auch da stand und den Abstand betrachtete. Als es dunkel wurde, rückte der Hottentott weiter vorwärts und nahm seinen Platz unterhalb des Randes des Abhanges in einer Kluft. Um aber den Löwen zu täuschen, steckte er seinen Hut und sei- nen Wamms auf seinen Stock und machte damit um sich her einige Bewegungen. Es dauerte nicht lange, so kam der Löwe wie eine Katze herbeigeschlichen und maß seinen Satz so genau ab, daß er sammt der täuschenden Figur den Abhang hinunter- stürzte.

2. Drittes Lesebuch - S. 152

1861 - Trier : Leistenschneider [u.a.]
152 len die Fischer, indem sie den Fisch emporheben, keine Erschüt- terung. Es wäre verwegen, sich den ersten Schlägen eines un- geschwächten Zitteraales auszusetzen. Erhält man einen solchen ersten Schlag, so folgen furchtbare Betäubungen und Schmer- zen. Ich erinnere mich nicht, durch Entladung einer großen Leydener Flasche je eine so furchtbare Erschütterung erlitten zu haben, als die war, da ich einst unvorsichtiger Weise beide Füße über einen Zitteraal legte, der eben aus dem Wasser gezogen ward. Ich fühlte den ganzen Tag hindurch in den Knieen und fast in allen Gelenken den empfindlichsten Schmerz. Man ge- brauchte sonst die Zitteraale zur Heilung von Lähmungen. Die amerikanischen Wilden bedienten sich auch schon des Zitter- aales zur Heilung von Gicht und Kopfschmerzen, wie die Grie- chen des Zitterrochens. Wir erhielten einen, in einem Netze ge- fangenen, unverletzten Zitteraal und nährten ihn mit Fleisch. Er verursachte den kleinen Schildkröten und Fröschen, die, mit der Gefahr unbekannt, sich wohl traulich auf seinen Rücken setzen wollten, nicht geringen Schreck. Die Frösche flüchteten, sobald sie wieder zur Besinnung gekommen waren, und als wir sie wieder in dem Wasserzober mit dem Aale zusammenbrachten, entsetzten sie sich schon über seinen Anblick. 14«. Vamps einer Schlange mit einem Vogel. E8 war einmal ein Sommertag und ich hatte mich unter einem Eichbaume hingelagert. Ein munteres, rothes Johanniskäferchen mit schwarzen, runden Flecken auf den Flügeldecken hatte sich eben auf meine Hand gesetzt; ich betrachtete es und freute mich darüber. Da raschelte es plötzlich gar nicht weit von mir im trockenen Laube, ganz leise nur, fast hätte ich’s nicht gehört. Ich blickte hin, und was sah ich? Eine Schlange. Etwa acht Schritte von mir entfernt stand ein Hasel- nussstrauch, und auf den ringelte die Schlange zu, leise, ganz leise durch das dünne, hohe Gras, so dass sich kaum die Halme bewegten. »Die hat etwas im Schilde!« dachte ich, denn ich sah’s ihr an, wie vorsichtig sie jedes trockene Blatt vermied, das etwa rascheln könne, und wie ihre Augen funkelten und unverwandt nach dem Nussstrauche gerich- tet waren. Jetzt sah ich’s. Auf einem trockenen Zweige des Strauches, etwa zwei Fuss von der Erde entfernt, sass nämlich ein Vögelein, ein buntes, niedliches Finkenhähn- chen, den Rücken der unbemerkt nahenden Schlange zu- gekehrt und schlug sorglos seine muntern Triller. Im ersten Augenblicke wollte ich aufspringen, den Vogel ret-

3. Drittes Lesebuch - S. 22

1861 - Trier : Leistenschneider [u.a.]
22 Sieben Quellen hieß er springen In der Wüste rus dem Sande, Daß der Wand'rer nicht verschmachte In des Durstes heißem Brande. Sieben Kreuz' er aufgerichtet Als Stationen ihm zu rasten, Wenn der Erde Kreuz und Leiden Scharfen Druckes ihn belasten. Sieben Engel hat der Milde Ms Geleiter uns gegeben, Uns zu stärken, uns zu führen Durch den Tod zum ew'gen Leben. Sieben Flügel uns verliehen, Die mit mächtig starkem Zuge Uns zur lichten Sonne tragen, Wenn der Staub uns hemmt im Fluge. Siebenfach sei drum gepriesen, Der die Gnaden uns ertheilet, Der mit sieben Sakramenten Heiligend die Sünder heilet. Schon im zarten Mutterarme Naht dem Kindlein Himmelsgnade, Mild verzeihend, neu es weihend, In der Taufe heil'gem Bade. Himmelskraft zum Erdenkampfe, Helm und Schild zu seiner Schirmung Reicht die Fülle dann des Geistes Dem Erstarkten in der Firmung Wenn er strauchelt, wenn er stürzet Von dem Fernde überwunden, Heilt der Heiland in der Buße Seines Herzens tiefste Wunden. N.cht erbarmend seiner Hütte, Wenn ihn Durst und Hunger quälen Um als Speise selbst ihn speisend Gott und Menschheit zu vermählen. Daß er deines Reiches walte, Das Verliehene verleihe, Machst du ihn zu deinem Priester Durch die heil'ge Kraft der Weihe. Harrest seiner am Altare Bei dem Tausch der Hochzeitringe, Daß die Ehe, gottgesegnet, Gettgeweihte Blüthen bringe. Wenn er endlich niedersinket Von des Todes kaltem Hauche, Weih'st du ihn mit heil'gem Oele, Daß er auf zum Leben tauche; Daß er, eine Himmelsflamme, Sich zum Himmel auferschwinge, In dem Chore reiner Engel Lichtgcsänge leuchtend singe. 28. Die heiligen Bilder. Ein tapferer Ritter, Namens Hildebrand, war von Bruno einem andern Ritter, schwer beleidigt worden. Da entbrannte der Zorn in seinem Herzen, und er konnte den Tag nicht er- warten, blutige Rache an seinem Feinde zu nehmen. So brachte er schlaflos die Nacht zu. In der Morgendänimerung gürtete er sein Schwert an die Seite und begab sich auf den Weg zu seinem Widersacher. Aber da es noch zu früh war, trat er in eine Kapelle hart am Wege, setzte sich und betrachtete die von der Morgenröthe beleuchteten Bilder, welche an den Wänden hinaen. Es waren aber der Bilder drei. Das erste stellte den Heiland im Spott- gewande bei Herodes vor, und darunter stand geschrieben: Er schalt nicht, da er gescholten wurde. Das zweite Bild zeigte die Geißelung mit der Inschrift: Er drohete nicht, da er litt. Und das dritte war die Kreuzigung; es führte die Worte: Vater, vergib ihnen!

4. Drittes Lesebuch - S. 93

1861 - Trier : Leistenschneider [u.a.]
93 Auf Pfeilern und auf Bogen, fchwer, Aus Quaderstein von unten auf, Lag eine Brücke drüber her, Und mitten stand ein Häuschen drauf. Hier wohnte der Zöllner mit Weib und Kind. „O Zöllner, o Zöllner, entfleuch geschwind!" Es dröhnt' und dröhnte dumpf heran, Laut heulten Sturm und Wog' ums Haus. Der Zöllner sprang zum Dach hinan Und blickt' in den Tumult hinaus. „Barmherziger Himmel, erbarme dich! Verloren! Verloren! Wer rettet mich? Die Schollen rollten Schuß auf Schuß; Von beiden Ufern, hier und dort! Von beiden Usern riß der Fluß Die Pseiler sammt den Bogen fort. Der bebende Zöllner mit Weib und Kind, Er heulte noch lauter, als Strom und Wind. Die Schollen rollten Stoß auf Stoß, An beiden Enden, hier und dort; Zerborsten und zertrümmert, schoß Ein Pfeiler nach dem andern fort. Bald nahte der Mitte der Umsturz sich. - „Bannherziger Himmel, erbarme dich!" Hoch auf dem fernen Ufer stand Ein Schwarm von Gaffern, groß und klein; Und jeder schrie und rang die Hand, Doch mochte Niemand Retter sein. Der bebende Zöllner mit Weib und Kind Durchheulte nach Rettung den Strom und Wind! Rasch galloppirt' ein Graf hervor Auf hohem Roß, ein edler Graf*). Was hielt des Grafen Hand empor? Ein Beutel war es, voll und straff. „Zweihundert Pistolen sind zugesagt Dem, welcher die Rettung der Armen wagt!" Und immer höher schwoll die Fluth, Und immer lauter schnob der Wind, Und immer tiefer sank der Muth. „O Retter, Retter, komm geschwind! Stets Pfeiler bei Pfeiler zerborst und brach; Laut krachten und stürzten die Bo- gen nach. „Halloh! halloh! ftisch auf! gewagt!" Hoch hielt der Graf den Preis empor. Ein Jeder hört's, doch Jeder zagt, aus Tausenden tritt keiner vor. Vergebens durchheulte mit Weib und Kind Der Zöllner nach Rettung den Strom und Wind. Sieh', schlecht und recht ein Bauers- mann**) Am Wanderstabe schritt daher, Mit grobem Kittel angethan, An Wuchs und Antlitz hoch und hehr. Er hörte den Grafen, vernahm sein Wort, . Und schautedas nahe Verderben dort. Und kühn in Gottes Namen sprang Er in den nächsten Fischerkahn; Trotz Wirbel, Sturm und Wogen- drang Kam der Erretter glücklich an. Doch wehe! der Nachen war allzuklein, Der Retter von Allen zugleich zu sein. Und dreimal zwang er seinen Kahn Trotz Wirbel, Sturm und Wogen- drang. Und dreimal kam er glücklich an, Bis ihm die Rettung ganz gelang. Kaum waren die Letzten im sichern Port, So rollte das letzte Getrümmer fort. „Hier," rief der Graf, „mein wackrer Freund, Hier ist der Preis! komm her, nimm hin!" Sag' an, war das nicht brav gemeint? Bei Gott, der Graf trug hohen Sinn! Doch höher und himmlischer wahr- lich schlug Das Herz, das der Bauer im Kit- tel trug. „Mein Leben ist für Gold nicht feil. Arm bin ich zwar, doch hab' ich satt. Demzöllner werd'euer Geld zu Theil, *) Der Name des Grafen war Spo lv erini. *•) Der Name des Bauern ist nie bekannt geworden.

5. Drittes Lesebuch - S. 119

1861 - Trier : Leistenschneider [u.a.]
119 ihm der Esel noch einen tüchtigen Schlag mit dem Hinterfuß; der Hahn aber, der vom Lärmen aus dem Schlafe geweckt und munter geworden war, rief vom Balken herab kikeriki!" Da lief der Räuber, was er konnte, zu seinem Hauptmann zurück, und sprach: „Ach, in dem Hause sitzt eine gräuliche Hexe, die hat mich angehaucht und mit ihren langen Fingern mir das Gesicht zerkratzt; und vor der Thür steht ein Mann mit einem Messer, der hat mich in's Bein gestochen; und auf dem Hof da liegt ein schwarzes Ungethüm, das hat mit einer Holzkeule auf mich losgeschlagen; und da oben auf dem Dache, da sitzt der Richter, der rief: Bringt mir den Schelm her! Da machte ich, daß ich fortkam." Von nun an getrauten sich die Räuber nicht wei- ter in das Haus; den vier Bremer Musikanten gefiel's aber so wohl darin, daß sie nicht wieder heraus wollten. 119. Die Hunde auf dem St. Bernhardsberge. Ueber den großen St. Bernhard führt ein sehr betriebener Bergpaß aus Wallis in Italien. In dem öden, hohen Felsen- thale, umschlossen von Bergen, die mit ewigem Schnee bedeckt sind, steht die höchste menschliche Wohnung in der alten Welt, das Kloster des heiligen Bernhard. Hier wohnen zehn bis zwölf fromme Mönche, deren einziges Geschäft es ist, die Reisenden unentgeltlich zu bewirthen und ihnen alle Hilfe angedeihen Zu lassen. In den acht oder neun Monaten des Jahres, wo Schnee, Nebel, Ungewitter und Schneelawinen den Weg sehr ge- fährlich machen, streifen diese Geistlichen oder ihre Diener täg- lich umher, um Verirrte aufzusuchen oder Versunkene zu retten. Schon viele Jahre her bedienen sie sich zur Rettung der Ver- unglückten auch besonders abgerichteter, großer Hunde. Diese gehen entweder allein aus oder werden von den Mönchen mit- genommen. Sobald der Hund einen Verunglückten ausgewittert hat, kehrt er in pfeilschnellem Laufe zu seinem Herrn zurück und gibt durch Bellen, Wedeln und unruhige Sprünge seine ge- machte Entdeckung kund. Dann wendet er um, immer zurück- sehend, ob man ihm auch nachfolge, und führt den Herrn nach der Stelle hin, wo der Verunglückte liegt. Oft hängt man die- sen Hunden ein Fläschchen mit Branntwein oder anderen stär- kenden Getränken und ein Körbchen mit Brot um den Hals, um es einem ermüdeten Wanderer zur Erquickung anzubieten. Ein solcher Hund war Barry. Zwölf Jahre lang war er unermüdet thätig und treu im Dienste der Menschheit, und er allein hat in seinem Leben mehr als vierzig Menschen das Leben gerettet; der Eifer, den er hierbei bewies, war außerordentlich. Nie ließ er sich an seinen Dienst mahnen. Sobald der Himmel sich be-

6. Drittes Lesebuch - S. 122

1861 - Trier : Leistenschneider [u.a.]
121 Das Pferd. Munter hüpft das Füllen auf grünem Rasen, sträubt die kurze krause Mähne, schwingt sich leicht wie ein Hirsch über die Hecke, schlägt die kleinen Hufe hoch in die Lüfte, und wie ergriffen vom Windstoße stürzt es fort, steht plötzlich, und plötzlich wieder umkreist es die ruhig weidende Stute, von ihren Blicken sorgsam bewacht. Schon verrathen die schlanken Glieder künftige Kraft und Behendigkeit sein dunkles, großes Auge Muth, sein Spiel die Kampflust. Es wächst zum Hel- den, zum beharrlichen Gefährten, zum Freunde des Menschen, treu bis in den Tod heran. Edel ist das Pferd, wie aus Erz gegoffen, so fest steht es da, und dennoch schlank wie ein Reh und so friedlich. Sicher ist sein Gang, stolz trägt es sein Haupt mit schön gewölbter Stirn und Nase; das runde, rege Auge mit dem schwarzen Glanze erspäht den Feind, mit grünem Scheine erleuchtet es den dunkeln Pfad. Es spielt mit dem spitzen Ohre, erfaßt den verlornen Laut, stutzt, und warnt seinen Reiter. Zur Seite des schlanken, glatten Nackens fällt die seiden- schimmernde Mähne. Seine Brust, voll und weich, wie die des Schwans, stellt sich keck der Gefahr entgegen und der glatte Leib ruht sicher auf festen Lenden, auf nervigen Füßen. Die eisenfesten Hufe stampfen un- geduldig den Boden, der volle, glänzend schwarze Schweif fließt ruhig über das gewölbte Kreuz zur Ferse nieder. Auf des Reiters Wink springt es auf wie ein Luchs, rennt da- von, den Hals gestreckt wie ein Adler im Fluge, wie ein Adler leicht, berührt es kaum die Erde, und es fliegt sein Schweif ihm nach. Die Bäume fliehen wie Schatten vorüber, der Boden weicht, als stürze er hinter ihm in den Abgrund. Unter dem Hufe zerbersten die Kiesel, Funken sprühen umher, es fährt über die feurige Bahn eine schwarze Wolke auf ihren Blitzen dahin, zurück läßt sie die Stürme und deren Brausen schweigt. So stürzt es mit dem Araber dem Löwen entgegen. Dieser wirft die Mähne empor, und weist grinsend und brüllend die Zähne; er schlägt mit dem Schweife seine Lenden. Jetzt steht er, jetzt duckt er sich nieder zum Sprunge; da schickt ihm rasch der Jäger die Lanze zu. Der Löwe achtet nicht den tödtlichen Stoß, mit zerbrochenem Schafte in der Brust schwingt er sich dem Jäger entgegen; da funkeln des Pferdes Augen, die Adern spannen sich, die Mähne fliegt, es dampfen seine Nüstern, die Muskeln spielen und schwellen, und zorn- wiehernd bäumt es sich auf, schlägt aus; sein eherner Huf hat die Stirne des Löwen gespalten und ihn zu Boden geschmettert. Mit dem Krieger zieht das Pferd gegen den Feind, es beißt schäumend in die Zügel, schüttelt die Mähne, scharrt den Boden, schnaubend und wiehernd vor Kampflust. Da schmettern die Trompeten, es erwartet nicht des Reiters Sporn, sprengt entgegen den blitzenden Lanzenreihen. Es ist Eins mit seinem Führer, Ein Wille beherrscht

7. Drittes Lesebuch - S. 124

1861 - Trier : Leistenschneider [u.a.]
124 mes Thier, grausame Qualen sind der Lohn, welcher deiner im Alter wartet. Der Sporn hat mit Narben die Seiten des Pferdes bedeckt, seine Schenlel sind angelaufen, die Füße steif von angestrengter Ar- beit; die Hufe durch die Nägel zerrisien, durch die Zügel, mit denen eine harke Hand es leitete, der Mund erschlafft. Zum elenden Ge- rippe hat das Alter es abgezehrt, das Feuer seiner Augen ist er- loschen ; lebensmüde senkt es sein Haupt. Und dennoch wird ihm keine Ruhe vergönnt, nicht die freundlichen Winke des Reiters leiten es mehr; eine rohe Hand fesselt es an den schweren Karren und führt die Peitsche mit grausamer Uebung. Kaum vermag es noch im düstern, von Spinngeweben ausgekleideten Stalle, aus moderiger Krippe, sein har- tes Futter zu zermalmen. Nur der Tod erlöst es von seinen Leiden. 122. Das Kameel. Der Morgen dämmert über die Wüste: die Karavane schreitet im langen Zuge die kahle, endlose Ebene hin und fördert ihre Schritte nach dem einförmigen Tone der Pfeife. Die Kameele sind mit Ballen beladen, mit Tüchern bedeckt; auf ihnen die Mauren mit bunten Tur- banen und Mänteln, mit Dolch und Säbel, ihren unzertrennlichen Gefährten. Den Kameelen zur Seite gehen die Sclaven. Voran reitet ein brauner, hagerer Araber, der Herr des Zugs. Das ganze bunte Gewimmel ist in eine Wolke von Staub gehüllt. — Die Sonne steigt empor; die Karavane kehrt sich ihr entgegen und begrüßt den Herrn der Schöpfung. Und höher hebt sich die Sonne, ihre Gluth strahlt herab und wieder von der Erde auf. Die wunden Sohlen schmerzen, die Glieder ermatten, brennender Durst peinigt Jeden. Kein Strom zieht die Silberwelle durch ein frisches Grün, weithin ist kein Gesträuch zu erspähen. Auf heißem, schattenlosem Boden schreitet die Karavane. Käme im Sturme eine schwarze Wolke, rissen Blitze die Schleusen des Himmels auf, es würde Rettung den Schmachtenden bringen; das Gebrüll des Löwen wäre ihnen erwünscht, würd'es doch ersehntes Land verheißen. Da liegt mitten in der stillen Wüste ein Quell, ein lebendig Begrabener, der seine leise Stimme vernehmen läßt; das Kameel hat ihn aus der Ferne schon erspürt und plötzlich gewinnt es seine Kräfte wieder, schreitet rasch voran, ihm lustig nach der ganze Zug. Da steht es still und bäumt sich vor Freude. Aus jedem Auge bricht ein lebender Strahl; die matten Glieder durchzuckt elektrisches Feuer. Es stellt sich die Karavane im Kreise; eifrig wird der Boden aufgescharrt, und aus des Grabes Tiefe tritt der Quell glänzend an den Tag, und Alles stürzt hin, sich zu laben am unverwüstlichen Lebensborne. Die erstarrten Züge werden milder, die Augen heiter, der Muth ist gestählt, die Kräfte wachsen. Man lagert sich, die Zelte werden aufgeschlagen, die Thiere gefüttert, mit Sorgfalt vom Staube gereinigt. Da sind alle Drangsale vergessen, Gespräche erheitern die

8. Drittes Lesebuch - S. 461

1861 - Trier : Leistenschneider [u.a.]
461 Freunde, es hat mich schon oft gereut, daß ich zu streng war; nie aber soll es mich reuen, daß ich zu gut gewesen bin!" Einst, da er, ich weiß nicht, wohin fuhr, begegnete ihm ein Land- mann mit seinem Wagen, Der Kutscher verlangte, der Bauer sollte ausweichen. „Wo soll ich hinfahren?" sagte der drollige Mensch halb im Scherz, halb im Ernst; „des Kaisers große Nase nimmt ja den ganzen Weg ein." — „Was sagt der Mann von meiner Nase?" fragte Rudolph. Der Kutscher sagte es ihm. Alle, die es mit an- hörten, waren begierig, was nun mit dem unverschämten Bauer ge- schehen würde. Rudolph nahm aber die Sache als Spaß und wandte sein Gesicht zu Seite. „Hast du nun Platz?" fragte er dann den Bauer. — „Platz mehr, als genug!" rief der erschrockene Mann, dem nicht mehr recht wohl zu Muthe war und jagte eiligst davon. Ein ander Mal, da er sein Feldlager in der Gegend von Mainz hatte, ging er in unansehnlicher Bekleidung, unerkannt durch die Stra- ßen, und weil eben eine empfindliche Kälte eingetreten war, wärmte er seine erstarrten Hände an einem Haufen Kohlen, die man aus einem Backofen genommen hatte. Die Bäckerin aber, eine erzböse Frau, wollte dieses nicht zugeben. Sie hielt ihn für einen gemeinen kaiser- lichen Soldaten und war aus den Kaiser selbst sehr übel zu sprechen. „Marsch!" sagte sie zu ihm, „troll' dich fort zu deinem Bettelkönige, der mit seinen Knechten das ganze Land auffrißt, oder ich gieße dir, wahrhaftig wenn du nicht gleich gehst, Liesen ganzen Kübel über den Kopf!" Dabei war sie unerschöpflich in den beleidigendsten Worten, und da Rudolph ihr Vorstellungen zu machen suchte, goß sie ihm wirklich in der Wuth das eiskalte Wasier über das Gesicht und den ganzen Körper. Der Kaiser entfernte sich auf Las Schnellste und ging in das Lager zurück, wo er sich umkleidete. Ueber Tisch erzählte er, was ihm be- gegnet war. Anstatt aber das böse Weib zu strafen, schickte er ihr eine Schüsiel voll Speisen nebst einer Flasche Wein und ließ ihr sagen, es sende ihr das der alte Landesknecht, dem sie diesen Morgen den Kübel Wasier über den Kopf gegosien habe, und lasse sich recht schön bedanken. Als die Bäckerin hörte, daß der alte Mann der Kaiser selbst gewesen sei, wollte sie vor Schrecken in den Boden sinken. Sie lief zu ihm hinaus in das Lager und warf sich ihm zu Füßen. Ru- dolph aber stellte sie seiner Tischgesellschaft vor und forderte keine andere Genugthuung von ihr, als daß sie vor den anwesenden Herren alle Worte, die sie gebraucht hatte, treulich wiederholen sollte. Sie durste kein einziges vergesien; wo sie sich nicht mehr erinnerte, da half ihr Ru- dolph nach, und so entstand eine Scene, bei welcher sich alle anwe- senden Gäste des Lachens nicht erwehren konnten. Kaiser Rudolph, ein tapferer, gütiger, durchaus zu achtender, in Wort und That zuverlässiger Fürst, von einfacher Sitte und dem edelsten Herzen, verdient noch jetzt allen Regenten zum Muster auf-
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