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12 Kaiser und Fürsten angesichts der Reformation Luthers.
gelangte der vertriebene Herzog mit Hilfe anderer Fürsten wieder in den Besitz seines Landes.
Kaiser Karl, nachdem er ans Spanien nach Deutschland gekommen (1520), schrieb einen Reichstag nach Worms ans, auf welchem auch die Sache Luthers entschieden werden sollte. Die anfängliche Absicht Karls, ohne weiteres den über Luther gesprochenen Bann durch Verhängung der Reichsacht zu bekräftigen, stieß bei den Fürsten (selbst den für Luther nicht günstig gestimmten) ans Widerstand, so daß Karl davon abstand und zugab, daß man den Gebannten zuvor höre. Mit kaiserlichem Geleit ward Luther nach Worms entboten. Seine Reise dahin glich einem Triumphzug. Auch in Worms war er der Gegenstand vielfacher Huldigungen; selbst von den seiner Lehre abgeneigten Fürsten bezeigten ihm manche persönlich ihre Achtung. Die Reichsritterschaft stand zahlreich zu ihm, und Franz von Sickingen hielt sich mit starker Mannschaft in der Nähe von Worms, zu seinem Schutze, wenn es nötig sein sollte, bereit.
Luther lehnte den ihm angesonnenen Widerruf seiner Schriften nach kurzem Bedenken entschieden ab, „es wäre denn, daß man ihn aus der Heiligen Schrift widerlegte," und schloß seine, von dem lebendigsten Vertrauen auf die Güte seiner Sache beseelte Rede mit den weltgeschichtlichen Worten: „Hier stehe ich, ich kann nicht anders; Gott helfe mir, Amen!"
Inzwischen war von Rom am 3. Jan. 1521 eine zweite, schärfere Bannbulle ergangen. Kaiser Karl, der sowohl seiner eigenen Sinnesart nach, wie aus politischen Gründen, als Herrscher des strengkatholischen Spaniens und wegen der Verwickelungen -mit Frankreich in Italien, wobei ihm die Bundesgenossenschaft des Papstes wichtig war, sich als entschiedenen Verteidiger der römischen Kirche schon bei Übernahme der Kaiserwürde bekannt hatte, war natürlich der Sache Lnthers feind. Ebenso waren es die geistlichen Fürsten und auch von den weltlichen viele. Nur Luthers Landesherr, Friedrich der Weise, und einige andere neigten sich ihm zu. Diese verließen den Reichstag, mit nicht an einem Schritte gegen Luther sich zu beteiligen. Mit den Zurückgebliebenen brachte der Kaiser das sog. „Wormser Edikt" zu staube, eilte Art von Reichsacht über Luther und feine Schriften.
Luther selbst ward den Wirkungen dieser Reichsacht dadurch entzogen, daß Kurfürst Friedrich ihn bei seiner Rückreise von Worms unweit Eisenach dnrch einen Trupp scheinbarer Wegelagerer aufheben und ans die Wartburg bringen ließ, wo er, unter Namen und Masse eines „Ritter Jörg", gesichert und verborgen lebte, während man
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14__________Kaiser und Fürsten angesichts der Reformation Luthers.
Sickingens auf das Erzbistum Trier; das Reichsregiment aber hatte nicht, wie die Fürsten erwarteten, sich entschieden gegen Sickingen ausgesprochen. Der Kurfürst hatte, unter Mithilfe des Landgrafen von Hessen und des Pfalzgrafen, nicht bloß den Angriff abgeschlagen, sondern Sickingen selbst war in seiner Burg Landstuhl belagert und bei der Beschießung derselben durch einen Balkensplitter getötet worden. Sodann hatte das Reichsregiment schon alsbald nach seinem Zusammentritt, da es sich darum handelte, Geldmittel für seine und des Reichskammergerichts Unterhaltung zu beschaffen, einen Borschlag gemacht, der, wenn ausgeführt, die ganze Gestalt des Reichs und des nationalen Verkehrswesens hätte ändern können. Es hatte vorgeschlagen, Grenzzölle zu errichten, deren Erträge dem Reiche (für die oben gedachten beiden Zwecke) zufließen sollten. Es sollten 4 Prozent des Wertes bei der Ein- und Ausfuhr der Waren erhoben werden. Alle Lebensbedürfnisse (Getreide, Vieh, Wein, Bier, Schmalz, Butter u. f. w.), ebenso Leder, sollten frei fein. Der Kaiser hatte bereits durch feine Bevollmächtigten feine Zustimmung gegeben. Da entstand eine heftige Agitation dagegen seitens der Kaufmannschaft und der Städte. Die letzteren sandten eine Deputation an den Kaiser nach Spanien, und diese wußte es — teils durch Bestechung der Umgebungen des Kaisers, teils dadurch, daß sie dem Kaiser die Unterstützung der Städte in allen ihm am Herzen liegenden Angelegenheiten, insonderheit auch der kirchlichen, zusicherte, (wobei die Deputierten von Augsburg, Nürnberg, Straßburg die daselbst vorhandenen und bethätigten sympathieen für Luther förmlich ableugneten) — dahin zu bringen, daß der Kaiser jenem Plane eines nationalen Zollsystems nachträglich feine Genehmigung versagte.
So von zwei Seiten, Fürsten und Städten, angegriffen, dazu der Mittel feiner Existenz beraubt (nur gleichsam versuchsweise ward noch auf Ein Jahr fein Mandat verlängert), konnte das Reichsregiment in der Sache der Reformation nicht mehr mit der gleichen Kraft, noch weniger mit dem gleichen Erfolge auftreten, wie bisher.
Dennoch kam auf dem Reichstag 1524 ein dem von 1523 ähnlicher Beschluß zu stände. Die Ausführung des Wormser Edikts ward abermals abgelehnt; der Legat, den Papst Klemens Vii., der Nachfolger des, 1523 gestorbenen, eblen Habrian, nach Deutschland entfanbt hatte, warb an die beim vorigen Reichstage von neuem überreichten Beschwerden erinnert; ans dem Konzil ward bestanben; betreffs der bis bahnt zu beobachtenben Haltung in Religionsfachen aber warb beschlossen: „es solle noch im laufenben Jahre eine zweite Verstimm-
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Kaiser und Fürsten angesichts dee Reformation Luthers. 15
hing der Stände in Speier abgehalten werden, um darüber einen endgültigen Beschluß zu fassen; zuvor sollten die Fürsten von ihren Räten und Gelehrten die streitigen Punkte, über die man zu beraten haben würde, bezeichnen lassen."
Die Möglichkeit einer einheitlichen Feststellung der kirchlichen Zustände Deutschlands im reforrnatorischen Sinne schien dadurch noch näher gerückt, denn die Stände des Reichs selbst würden entscheiden, was gelehrt werden dürfe, was nicht, und würden damit dem Konzil eine Art von Direktive geben.
Allein zu der Versammlung in Speier kam es nicht! Dem Papste und seinem Anhange gelang es, eine Sondervereinigung der päpstlich gesinnten Stände auf einem „Konvent zu Regensburg" (Ende Juni 1524) zu stände zu bringen, bei welchem zwar die Beseitigung einiger-kirchlichen Mißstände, aber auch die gemeinsame Bekämpfung der lutherischen Neuerung beschlossen ward. Der Kaiser war leicht dafür gewonnen; er untersagte förmlich „bei Acht und Aberacht" die Versammlung zu Speier.
Damit war die Hoffnung auf eine gemeinsame Regelung der kirchlichen Verhältniße Deutschlands verschwunden, und bei der Stärke und Ausbreitung, welche bereits die von Luther ausgegangene Bewegung erlangt hatte, war eine konfessionelle Spaltung der Nation nahezu unvermeidlich geworden.
Luther hatte inzwischen feine sichere Zufluchtsstätte auf der Wartburg verlassen und war nach Wittenberg zurückgeeilt, wo seine gute Sache durch allerhand „Schwarmgeister", welche Luthers gemäßigte reformatorifche Bestrebungen durch andere, zum Teil viel weitergehende, wie: Abschaffung der Kindertaufe, Entfernung aller Bilder aus den Kirchen u. dgl. m., überboten, schwer gefährdet erschien. Seinem Kurfürsten, der ihm abgeredet, weil er fürchtete, ihn nicht schützen zu können, falls der Kaiser feine Auslieferung verlange, antwortete er unverzagt: „Ich komme gen Wittenberg in gar viel einem hohem Schutze, als dem des Kurfürsten." Sein gewaltiges Wort und fein großes Ansehen bewirkten rasch, was der weltlichen Obrigkeit nicht hatte gelingen wollen: die ungestümen Stürmer beugten sich seiner bessern Einsicht, und die Ordnung ward hergestellt. Natürlich stieg dadurch Luthers Ansehen bedeutend, selbst bei seinen Gegnern. Welche Macht er auch auf diese übte, beweist ein Vorgang aus eben jener Zeit. Der Kurfürst von Mainz hatte in Halle, das in seinem Magdeburger Sprengel lag, den Ablaßhandel wiederum begonnen. Darauf richtete Luther ein donnerndes Sendschreiben an ihn. Und der erste
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Von Karl V. bis zum Westfälischen Frieden.
Biedermann, Deutsche Volks- und Kulturgeschichte. 111.
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Erstes Kapitel
Allgemeiner Eharakter der deutschen Geschichte im Keforrnntions-
^eitalter.
Mer Schwerpunkt der deutschen Geschichte während dieser Periode liegt durchaus auf kirchlich-religiösem Gebiete. Durch die Reformation Luthers wird ein Teil der Nation der römischen Kirche entfremdet und in eine neue Religionsgesellschaft zusammengeschlossen, die Nation also in zwei ihrem Glaubensbekenntnis nach scharf von einander getrennte Parteien gespalten. An der Spitze der einen dieser Religionsparteien, und zwar der altgläubigen, steht das Haus Habsburg, welches im Besitz der deutschen Königskrone ist und bleibt; die Reichsgewalt selbst wird damit zur Partei, und die Anhänger der neuen Kirche (die Protestanten) haben fortan im Reichsoberhaupte den Gegner ihres Glaubens und ihrer Kirche zu sehen und zu fürchten.
Anch hierin war der Verlauf der Dinge in Deutschland verschieden von dem in den beiden anderen großen Knltnrstaaten Frankreich und England. In diesen beiden Ländern war die Einheit des kirchlichen Bekenntnisses im ganzen aufrecht erhalten worden, allerdings nur Durch despotische Mittel und uuter völliger Mißachtung der Freiheit der Gewissen, welche letztere zu ihrem Ausgangspunkte genommen zu,haben, immerdar ein Ruhm der deutschen Reformation sein und bleiben wird. In Frankreich wurde die auch dort entstandene neukirchliche Bewegung (die hugenottische) gewaltsam zurückgedrängt und, soweit es anging, unterdrückt, die fortdauernde Herrsch eist der alten (römischen) Kirche über das ganze Land aber durch den Rücktritt des, erst selbst hugenottischen, Königs Heinrich Iv. znm Katholizismus gleichsam besiegelt; Frankreich blieb katholisch; die Hugenotten waren höchstens gebulbct, und auch das nur eine Zeit lang.
v
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Extrahierte Personennamen: Heinrich_Iv Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: Keforrnntions- Luthers Haus_Habsburg Deutschland Frankreich England Frankreich Frankreich
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4 Allgemeiner Charakter der deutschen Geschichte
In England umgekehrt ward eine Reformation der Kirche durch den selbstherrlichen Willen des Königs Heinrich Viii. ins Werk gesetzt; die römisch-katholische Kirche machte einer „englischen Staatskirche" Platz.
In Deutschland war der Versuch, eine „Reformation der alten Kirche an Haupt und Gliedern" durch deren eigene Organe (Konzil und Papst unter Zustimmung von Kaiser und Reich) ins Leben zu rufen, zwar unternommen worden, aber gescheitert. Das unabweisbare Bedürfnis einer solchen Reform brach sich nun auf anderem Wege, durch eine Bewegung vom Volke aus, Bahn. Diese Bewegung war stark genug, um allen Versuchen, sie wieder zu unterdrücken, (wie c>as in Frankreich geschah) zu widerstehen; aber sie war nicht stark genug, um ganz Deutschland in ihre Bahnen hineinzuziehen und von der römischen Kirche abzureißen. Dies wäre nur dann möglich gewesen, wenn entweder das Reichsoberhaupt selbst, der deutsche Kaiser, sich an die Spitze dieser Bewegung gestellt, oder wenn letztere eine dermaßen überwältigende Kraft entfaltet hätte, daß sie selbst über die bestehenden Gewalten hinweggeschritten, daß mit der kirchlichen zugleich eine politische Neubildung des Reichs erfolgt wäre. Beides geschah nicht und konnte, wie wir sehen werden, wie nun einmal ble Dinge lagen, nicht wohl geschehen.
So trat das Dritte ein: eine konfessionelle Spaltung der Nation. Die neue Lehre brachte es nicht zur Herstellung einer neuen Kirche im ganzen Reiche; sie brachte es nur zu Landeskirchen, welche sich von der katholischen Partei und deren Haupt, dem Kaiser, erst Duldung, dann allmählich — nach langen, harten Kämpfen und leider nur mit Hilfe des Auslandes — Gleichberechtigung erstritten. Dieser religiöse Gegensatz drückt während der ganzen Periode von 1519 bis 1648, und noch weit darüber hinaus, deu gesamten politischen Zuständen Deutschlands dergestalt deu Stempel auf, daß kein anderes Interesse dagegen aufkommt, — dies umsomehr, als auch die in dieser Zeit regierenden Kaiser kein anderes Interesse zu kennen scheinen, als — neben dem ihrer Hausmacht, welches ihnen stets in erster Linie steht — das ihrer Religionspartei und eines möglichst vollständigen Sieges derselben über die Gegenpartei. Ja so sehr beherrscht diese konfessionelle Frage die Politik der Kabinette und die Gemüter der Unterthanen und so sehr sind alle politischen Verhältnisse im Reiche dadurch verschoben, daß zur Rettung der Gewissen (insbesondere der schwachem Glaubenspartei, der Protestanten,) vor drohender Vergewaltigung durch die Glaubensgegner
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18 Aridere Bewegungen neben der kirchlichen. — Der Bauernkrieg.
der Kirche freudig begrüßt, hatte gegen die Fürsten geeifert, welche denselben nicht genug unterstützten. So dichtete Hans Sachs „ein artlich Gespräch der Götter, die Zwietracht des römischen Reichs "betreffend." So feierten zahlreiche historische Volkslieder wiederum den Enkel Maximilians, den jungen Karl, indem sie auf ihn die Hoffnungen übertrugen, die man einst auf seinen Großvater gesetzt hatte. Ein ganzer angesehener Stand im Reiche, die freie Ritterschaft, schien bereit, sich um ein nengebornes nationales Königtum zu scharen imb zur Beugung des übermächtig gewordenen Fürstentums unterdessen Gewalt die Hand zu bieten. Sie hatte viele und schwere Klagen über letzteres zu führen. Beim Reichstag 1523 reichte sie eine ausführliche Beschwerdeschrift ein, worin sie wider die Fürsten sogar die Beschuldigung erhob, daß sie „gegen den Kaiser konspirierten." In feurigen Schriften mahnte Hutten zu einem Bündnis der Städte mit der Ritterschaft behufs Abwehr der Übergriffe der Fürsten und Unterstützung der Reichsgewalt. Mit noch viel weitergehenden Plänen sollen er und sein Freund Sickiugen sich getragen haben: einem Königtum ohne Fürsten, lediglich gestützt auf Adel und Städte! Mit diesem Gedaukeu einer politisch-nationalen Reform ging der einer kirchlichen (im Anschluß an Luther) Hand in Hand. Bei einer Zusammenkunft der rheinischen und fränkischen Reichsritter-schaft in Landau (1522) war ein förmlicher Bnnd zu stände gekommen. Über dessen Zwecke weiß man leider nichts Sicheres. Sickingen ward zum Bundeshauptmann gewählt. Auch die Bauern gedachte man heranzuziehen, wie aus der Schrift Huttens „Der neue Karsthans" hervorgeht. Die Hoffnung Sickiugeus und Huttens, den jungen Kaiser selbst für ihre Pläne zu gewinnen, schlug fehl. Mit den Städten hatte es Sickingen verdorben, weil er früher gegen Worms gewaltthätig verfahren war. Überhaupt war sein ganzes Auftreten zu wenig Vertrauen erweckend, da er sich bald auf diese, bald auf jene Seite schlug, mehr seine Person, als eine große Sache im Auge zu haben schien. Als er (1522) gegen den ihm luichstgelegenen größeren Fürsten, den Kurfürst-Erzbischof von Trier, losbrach, fand er von keiner Seite her Unterstützung. Vergebens rief er die, gerade damals in Speier versammelten, Vertreter der Städte um Hilfe an. Auch seine eignen Standesgenossen, die Reichsritter, ließen ihn im Stich, während dem angegriffenen Kurfürsten seine Mitfürsten, darunter selbst ein Freund der neuen Lehre, Philipp von Hessen, zu Hilfe eilten. So allein gelassen, mußte Sickingen unterliegen. Bald nach ihm (1523) starb auch Hutten, fern von der Heimat, auf einer einsamen Insel im
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20 Andere Bewegungen neben der kirchlichen. — Der Bauernkrieg.
Wenn übrigens die aufständischen Bauern ihre materiellen Beschwerden in eine solche Beziehung zu religiösen Ideen, zu der „Lehre vom Evangelium" setzten, so zeigte dies, daß sie zunächst an gewisse Gründe des Rechts oder der Billigkeit, nicht sofort an die Gewalt appellieren wollten.
Zuerst traten einzelne Bauernschaften mit ihren, zum Teil nach örtlichen Verhältnissen bemessenen, Forderungen an ihre Herren heran, wobei es freilich wohl ab und zu nicht an Drohungen, vielleicht auch an Gewaltthätigkeiten gefehlt haben mag. Die oberschwäbischen Bauern sollen 16 „Artikel" aufgestellt haben, (in denen die Jagdfrohnen, der hohe Wildstand, das Verbot der Heiraten Frohnpflichtiger, die drückenden Hand- und Spanndienste it. a. eine Hauptrolle gespielt zu haben scheinen), die im Würzburgischen 50, die im Meiningenschen 29, die im Innthal 19. Ähnliches geschah in den Städten (natürlich hiermit anderem Inhalt); wir hören von 45 Artikeln in Frankfurt a. M., 34 in Münster, 11 in Meiningen u. s. w. In den meisten Fällen mögen solche vereinzelte Forderungen entweder schroff ablehnend oder doch ausweichend beantwortet worden sein. Die natürliche Folge war daß die so Zurückgewiesenen sich zu gemeinsamem Handeln miteinander verbanden. Hier nun scheinen Personen aus den gebildeten, Ständen (entweder Rechtskundige, oder Geistliche) einen Einfluß auf die Bauern gewonnen und dahin gewirkt zu haben, daß dieselben auf der einen Seite wohlorganisiert und fest verbunden, auf der andern aber gemäßigt aufträten, um das Recht und die öffentliche Meinung auf ihrer Seite zu haben. Daß dem fo gewesen, scheint daraus hervorzugehen, daß der Schwäbische Bund, der Fürsten, Adel und Städte in sich begriff, eine Vermittelung zwischen den Bauern und ihren Herren nicht für unmöglich hielt, sich selbst zum Vermittler anbot und Abgeordnete der Bauernschaften zu dem Ende nach Ulm beschied. Die Bauern ihrerseits nahmen diese Vermittelung au und stellten, als Grundlage der Verhandlungen, jene „Zwölf Artikel" eins, welche dann das gemeinsame Programm der Bauernschaften fast durch ganz Deutschland wurden.*) Nach heutigem Maßstabe gemessen, erscheint
gewesen." (Menzel „Neuere Geschichte der Deutschen von der Reformation an," 1. Bd., <3. 115, Note.)
*) Wie nach der etwas salbungsvollen Einleitung und nach den angeführten häufigen Bibelstellen zu vermuten, waren dieselben das Werk eines Geistlichen. Als ihr Verfasser wird denn auch von den Einen ein Prediger Dr. Schappeler aus Memmingen, von Anderen ein Frühprediger Heuglin ans Sernatingen genannt. Letzterer ward als angeblicher Verfasser der Artikel später unter Anklage gestellt.
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