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191. Die fremden Erdteile - S. 169

1902 - Halle a. d. S. : Schroedel
— 169 — Cordilleren, — In Patagonien und zwar auf den ö. Abhängen der Cordilleren und in der patagonischen Steppe die hochgewachsenen und jagdkuudigeu Patagouier (= Tatzeufüßler) und auf deu Feuerlands- inseln das schwächliche, nur etwa noch 1000 Köpfe starke Fischerbolk der Pescherähs. Auch die südamerikanischen Hochebenen sind altindianische Kulturstätten. Namentlich auf den Hochflächen von Peru und Bolivia blühte bei der Entdeckung dieser Länder durch die Spanier ein ähnliches, vielleicht noch höher entwickeltes Kulturleben wie in Mexico. Hier war das „Reich derjncas" (--Herren). Das sehr genau geordnete Staatsivesen der „Sonnensöhne" steht in seiner Art einzig in der Geschichte da. Alles Land war Staatseigentum und zerfiel der Nutznießung nach in drei Teile: Sonnenlanö', von dessen Erträgen die prächtigen Sonnentempel unterhalten und die Priester besoldet wurden, Hncaland. sür den Hofstaat des Kaisers (Kaziken) und den Unterhalt der Regierungsbeamten, und Nolksland. das in so viel Ackerlose geteilt war, als Familien vorhanden waren. Müßiggang wurde schwer bestraft. Handwerker, Bergleute, Metallschmelzer arbeiteten für den Staat, waren also gewissermaßen Beamte. Es gab Gelehrte, Dichter, Musiker und Schauspieler, am meisten indes Ackerbauer. Auf den Hochflächen baute man Mais und Kartoffeln, in den heißen Niederungen Baumwolle, Bananen und Maniok. Als Haustier war das Lama sehr geschätzt. Eiserne Geräte und Waffen kannten die Jnca- Völker nicht. Die Bevölkerung wohnte in Städten und Dörfern, hatte feste Plätze, Bergwerke, Kunststraßen, Brückenbauten und großartige Wasserleitungen zur künstlichen Bewässerung des Erdreichs. Die Gemeinsamkeit alles Eigen- tums erleichterte die Herstellung solcher großen Staatsarbeiten. Unter dem Bilde der Sonne verehrte man einen unsichtbaren Schöpfer der Welt. Menschen- opser erforderte der Sonnendienst nicht. Die Leichen der Verstorbenen wurden mumifiziert. Die „peruanischen Mumien" (hockende Stellung) sind seltener und wertvoller als ägyptische. „Als die heilige Wiege des Reiches galt die Plateaustadt Euzw (= Nabel), mit engen Gassen, weiten Festplätzen, einem fabelhaft reichen Sonnentempel und einer Bergfeste, welche in ihrer Großartigkeit die Bewunderung der Spanier erregte. Die Mauern enthielten wahre Eyklopensteine, einzelne 10 : 5 : 2 m, gebrochen und behauen ohne Eisen, aus 20—70 km entfernten Brüchen geholt mit Hilfe der Lamas. Fünfzehn Jahre lang sollen 20 000 Mann an der Riesenfeste gearbeitet haben; aber den Spaniern erschien sie als das Werk des Teufels. Unfern der Hauptstadt war das peruanische Versailles. Amay, der Lieblingssitz des Hofes, in köstlich grünem Tal, vor rauhen Winden geschützt, von Brunnen und Bächen belebt, deren kristallklares Wasser durch unterirdische Silberkanäle rann und goldene Badewannen füllte, in herrlich duftenden Gärten, wo zwischen den Gewächsen des warmen und gemäßigten Klimas auch künstliche prangten, z. B. Maisstöcke aus purem, massivem Golde." (Egli). Die spanische Herrschaft über „Kreolieu" dauerte drei Jahrhunderte. Alljährlich ging der Überschuß der Einkünfte in großen Mengen von Edelmetall mit der „Silberflotte" nach Spanien "ab. Amerika war nur für Spanien da! Von 1810—1825 erfochten die Kolonialländer unter Bolivars Führuug ihre Unabhängigkeit. Aber weder die spanische Herrschaft noch die Befreiung von derselben hat den Ländern Segen gebracht. Die neuen Republiken leiden an Parteihader und Rassenhaß der Bevölkerung. Bürgerkriege und nachlässige Bodenkultur siud einer günstigen Kultureutwickeluug der Läuder äußerst hinderlich. Es fehlt an patriotischer Tugend, an Bürgersiuu, Arbeitslust und Bildung. In diesen Staateu der Freiheit herrscht die ärgste Willkür, Mißachtung der Gesetze, Bestechlichkeit und Grausamkeit. — Die herrschende Religion ist das katholische Bekenntnis, die Sprache das Spanische.

192. Die fremden Erdteile - S. 171

1902 - Halle a. d. S. : Schroedel
— 171 — besteht aus reinen Indianern, von denen in den ö. Cvrdilleren noch V2 Mill. wild leben. Die Anzahl der Weißen beträgt nicht über 100 000; der übrige Bruchteil sind Mischlinge und Neger. — Unter den Aussuhrstoffeu steht K a k a o_ in erster Linie. An Arzneistoffen werden Fieberrinde und Sassaparma^fausgesührt. Zahlreiche Panamahüte kommen in den Handel. Der Bergbau ist in dem metallreichen Lande nicht entwickelt. Quito, Hst., auf der Hochebene in schöner Lage. — Guayaquil, Haupthafen am gleichnamigen Golf. Deutschland bezieht des. von Ecuador Kakaobohnen (1900: 8,4 Mill. M.). b) Die 3 südlichen Republiken. Diese Länder sind in erster Linie durch einen bedeutenden Mineralreichtum ausgezeichnet, namentlich reich an Hdmlmlleu, Kupfer und Salpeter^ Dazu kommen in den einzelnen Staaten nvch besondere Ausfuhrstoffe. a) Peru (13/4. Mill. qkm, 4,5 Mill. E.), reichlich 3 mal so groß als das Deutsche Reich, vom Amazonas im N. bis zum Titicacasee im ©., mußte im letzten unglücklichen Kriege seine s. Provinzen an Chile abtreten. — Über die Hälfte der Bevölkerung besteht aus Indianern, darunter 350 000 wild. Die Anzahl der Weißen be- trägt nur 12°/0. Als Arbeiter sind zahlreiche Kulis eingeführt. — Unter deu Aussuhrstoffeu stehen Salveter und Silbererze, obenan. Die Ansfuhr von Guano ***) von den benachbarten Chincha- (tschiutscha) Inseln ist bedeutend zurückgegangen, da die Gnanolager nahezn er- schöpft sind. Als Heimat des Lama, Vieuna und Alpaca führt Peru auch viel Lama-, Vicogne- und Mpacawolle aus, ferner Zucker und Coca. f) Lima, Hst., durch die höchste Eisenbahn der Erde (S. 167) mit dem Hafen Callao (kaljao) und dem Binnenlande verbunden. — Cnzc 0, in reizender Lage, ehemals Hst. der Jneas. ß) Bolivia (1x/3 Mill. qkm, 21/4 Mill. E.), größter Staat des Andengebietes, so groß wie das Dentsche Reich, Österreich-Ungarn und Rumänien zusammen genommen, aber am geringsten bevölkert, nmsaßt das Andengebiet von Bolivia mit dem Becken des Titicacasees. Seit dem letzten Kriege ein Binnenstaat, da es seine Knstenprovinzen an Chile abtreten mußte. — Die Bevölkerung besteht zur Hälfte aus Indianern (darunter 1/4c Mill. wilde), zur anderen Hälfte aus Mestizen. Reine Weiße sind sehr selten, ebenso Neger. — Die Ausfuhr besteht bei dem großartigen Mineralreichtnm des Landes vorwiegend aus Ed et metallen. Kupfer und Zinn, ferner aus Fieberrinde und (&nm. *) S. 163, Anm. 2. **) Strohhüte, von Indianern in Ecuador und im n. Peru geflochten, kamen früher über Panama nach Europci, daher der jjame. ***) Erhärteter, bei dem trockenen Klinia im Laufe von Jahrtausenden an- gesammelter Seevögelkot, ein vorzügliches Düngemittel. 's) Die Blätter des Cocastrauchs liefern das in der Medizin gebrauchte Cocain. Von den Indianern werden sie, mit Kalk gemischt, als Reizmittel gekaut.

193. Die fremden Erdteile - S. 173

1902 - Halle a. d. S. : Schroedel
— 173 — Deutschen Reich, Deutsch-Österreich und der Schweiz. Es ist reich an Urwäldern. b) Die Llanos des Orinoco, über ivs mal so groß als das Deutsche Reich, sind weite, hügellose Tiefebenen, welche den großen Bogen des Stromes an seiner W.-Seite begleiten. — Der Orinoco entspringt ans dem Parimgebirge, das er in einem großen w. Bogen umfließt. Durch den Cafiquiäre steht er in natürlicher Verbindung mit dem Rio Negro, einem l. Nebenfluß des Amazonas (Bifurkatiou oder Flußgabelung). In ö. Laufe erreicht der Orinoco das Meer, in welches er mit einem großen Delta mündet. Da die umliegenden Bergländer den Winden ihre Feuchtigkeit nehmen, so sind die Ebenen ein großes Steppengebiet mit einer Regenzeit (nach dem senkrechten Sonnen- stände) und einer Zeit der Dürre. Unter den Einwirkungen der Regen- zeit ein wogendes Grasmeer, das Weidegebiet von zahlreichen Rindern, Pferden und allerlei Wild, dem der Jaguar auflauert, sind die Ebenen zur Trockenzeit ausgedorrt und versengt. In dem aus- getrockneten Schlamm halten Krokodile und Schlaugen ihren „Sommer- schlaf"; in den Sumpfgewässern lebt der große elektrische Aal. — Das Deltagebiet des Orinoco ist Urwald. — Die Llanos gehören größten- teils zu Venezuela. c) Die Selvas (= Urwälder) des Amazonas*) breiten sich im Stromgebiete des Maranon (maranjon) oder Amazonenstromes aus und siud etwa 7 mal so groß als das Deutsche Reich. Der Ober- lauf des Marauou liegt im Hochgebirge der Anden. Hier fließt der Strom in einem nach N. gerichteten Längstal, durchbricht das Gebirge in einer Reihe von Felsentoren und tritt dauu in die große, mit Ur- wald bedeckte Ebene ein. In langsamem, ruhigem Laufe, fortwährend durch große Nebenflüsse verstärkt, wälzt er seine Fluten nach dem Meere. Seine Mündung macht den Eindruck, als ob sich hier ein Süßwasser- meer mit dem Ozean verbindet. Von der Mitte des Stromes erblickt man im Mündungsgebiet kaum die Ufer. Von den zahlreichen Neben- flüssen des Amazonas sind wohl 20 so lang wie der Rhein. Der größte, Madeira (madera), kommt der Donau gleich. — Obgleich der Amazonas an Länge von andern Strömen übertroffen wird, so hat er doch den größten Wasserreichtum und das umfangreichste Stromgebiet der Erde. Für die Binnenschiffahrt ist der Strom von größter Bedeutung. Die Menge der Niederschläge, der..Reichtum des Wassergeäders und die tropische Wärme bringen die wundersame Üppigkeit des Pflanzenwuchses hervor. Das Urwaldgebiet zeigt eine übergroße Mannigfaltigkeit blütenreicher Waldgewächse. Dicke Baumriesen, starke Schlinggewächse und ein überaus dichtes Unterholz bringen jene Undurchdringlichkeit des Waldes und ein dämmer- gleiches Waldesdunkel hervor, wie dies nur der brasilische Urwald aufzuweisen hat. — Reichhaltig ist auch die Tierwelt. Das meterlange Wasserschwein *) Der Name „A mazonenstro m" stammt von dem Spanier O r e l l a n o, der den Fluß 1544 befuhr. Die Indianer nannten ihn nämlich „Amassona," h. Bvmerstörer; O. schloß daraus auf das Vorkommen von Amazonen an seinen Ufern. Der Name Maranon wird neuerdings auf eine Baumfrucht an den Ufern seines Unterlaufs angewendet.

194. Die fremden Erdteile - S. 175

1902 - Halle a. d. S. : Schroedel
— 175 — a) Die Bundesrepublik Brasilien. (8 360 000 qkm, 14,9 Mill. E., 1,8 auf 1 qkm). Brasilien (so nach einem Farbholz genannt) nimmt fast die Hälfte Südamerikas ein, ist 16 mal so groß als das Deutsche Reich, etwas kleiner als die Union, aber viel weniger bevölkert als diese. Es umfaßt die Ebenen des Amazonas und das brasilische Berglaud. 2/3 seines Bodengebiets harren noch der genanern Erforschung. — Bra- silien ist eine Bundesrepublik,*) welche aus 20 Einzelrepnbliken und einem Bundesdistrikt besteht. — Fast nur die Küstenländer sind seßhaft bewohnt und zwar vorwiegend von Negern und Mulatten; nur Vs der Bevölkerung besteht aus Weißen. Die herrschende Sprache ist das Portugiesische, die Religion das katholische Bekenntnis. Im Innern noch 600000 wilde Indianer. — Brasilien ist ein von der Natur sehr reich begabtes Land, dessen Schätze aber nur zum geringe« Teil verwertet werden. Großartig ist die Ausfuhr von Kaffee (fast die Hälfte der ganzen Kaffeeernte auf der Erde kommt auf Brasilien!), Tabak und Brasilienholz,**) bedeutend auch die an Zucker, Kautschuk, Baumwolle, Kakao, Paraguay -Tee***) und Polisanderholz.f) Aus dem brasilischen Bergland (Minas Geraes) kommen Diamanten und andere Edelsteine, Gold und Platiua. — Die n. Staaten treiben vorzugsweise Plantagenwirtschaft und Bergbau, die s. Ackerbau und Biehzucht. In den s. Staaten (Rio Grande do Sul, Santa Catharina, Parana und Säo Paulo) leben etwa 200000 Deutsche, deren ältere Ackerbaukolonien bei redlicher Arbeit gut gedeihen. Solche blühenden deutschen Kolonien sind Santa Cruz in Rio Grande do Sul und Blumenau in Santa Catharina. In neuester Zeit kommen indes wieder schlimme Nachrichten über die Zustände unter den deutschen Einwanderern in Brasilien nach Deutschland. Die gärenden Elemente der neuen Republik bieten keinerlei Sicherheit für eine ruhige Ent- Wickelung und haben Rückgang der Landwirtschaft und des Handels, Arbeits- not und soziale Wirren zur Folge. So freigebig die brasilische Kolonie-Direktion mit Versprechungen ist, wenn es darauf ankommt, die deutschen Landsleute durch geschickte Agenten zu „bewegen, ihre alte Heimat zu verlassen, so wenig trägt sie Sorge dafür, daß die Ubergesiedelten auch finden, was ihnen not tut. In der Regel verfallen sie einer Reihe von Enttäuschungen aller Art, sind bald entblößt von allen Hilfsmitteln und gehen nicht selten in Not und Elend und sklavenähnlichem Dasein zu gründe. Unter solchen Umständen ist es gewiß gut, daß die deutsche Regierung ihr Auswanderungsverbot nach Brasilien ff) über deutsche Häfen im allgemeinen aufrecht erhält. *) Bis 1889 ein Kaiserreich. Kaiser Dom Pedro Ii. wurde vertrieben und das Reichsgebiet zu den „Vereinigten Staaten von Brasilien" umgestaltet. Die früheren Provinzen bilden Einzelstaaten. Das Land ist bei den vielen Unruhen und Wirren noch nicht zu ruhiger Entwickelung gekommen. **) Auch Fernambukholz genannt, das Holz der caesalpinia brasiliensis, zun: Rotfärben, Tintebereitung :c. benutzt. ***) Herva Mate, die Blätter einer Stechpalme (ilex paraguaiensis), in Südamerika zur Bereitung eines von allen Ständen genossenen Tees benutzt. t) Polisander- oder Jakkarandaholz (iaccaranda brasiliensis) wird zum Möbelsournieren verwendet. ff) 1859 von der preuß. Regierung erlassen, 1872 aufs ganze Reichsgebiet ausgedehnt, 1896 indes für die beiden südlichsten Staaten aufgehoben.
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