476
§. 148. Preußens Emporsteigen.
spruch machte, und Frankreich, Preußen und Sachsen sich
mit Bayern zur Zerstückelung der österreichischen Monarchie ver-
bündeten.
Karl Albrecht besetzte sogleich Österreich, ließ sich in Prag
huldigen und 1741 als Karl Vii zum deutschen Kaiser in
Frankfurt krönen. Unterdessen aber befreite Maria Theresia
mit Hülfe der Ungarn ihr Österreich wieder, eroberte fast ganz
Bayern und schloß mit Friedrich, dem sie Schlesien über-
ließ, den breslauer Frieden, dem auch Sachsen beitrat;
worauf dann die österreichischen Heere den Kaiser zur Flucht
aus Bayern nöthigten, und die Franzosen aus Böhmen
hinaus- und mit Hülfe der Engländer über den Rhein zu-
rücktrieben.
Diese raschen Fortschritte aber bewogen den König Friedrich
in Verbindung mit dem Kaiser und mit Frankreich zum zweiten
schlesischen Krieg 1744, wahrend dessen der Kaiser zwar sein
Bayern wieder eroberte, aber kurz nach seinem Wiedcreinzug in
München starb; worauf sein Sohn, der Kurfürst Maximilian
Joseph, im Frieden zu Füssen 1745 auf die österreichische
Erbschaft verzichtete, und der Gemahl Maria Theresias Franz I
im dresdner Frieden 1745 als Kaiser anerkannt wurde.
Da auch Spanien unterdessen den Krieg in Italien aufgege-
bcn hatte, so hatte Maria Theresia nur noch mit den Fran-
zosen in den österreichischen Niederlanden und mit Friedrich in Schle-
sien zu schaffen. Dort errang der tapfere französische Marschall
Moritz von Sachsen zwar höchst glänzende Siege über
England und Österreich, konnte sie aber, durch Ludwig's Xv
sittenloses Hofregiment gehiudcrt, nicht benützen; hier, in Schlesien,
erhielt sich Friedrich durch die entscheidenden Siege bei Hohen-
friedberg und bei Kesselsdorf, so daß der Aachener
Friede (1748), der dem österreichischen Erbfolgekrieg und dem
zweiten schlesischen Kriege zugleich ein Ende machte, Marien The-
resien die Aufrechthaltung der pragmatischen Sanc-
tion, Friedrichen dagegen den Besitz von Schlesien
zugestand.
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Joseph Maximilian Maria_Theresias_Franz_I Maria Theresias Franz Maria_Theresia Maria Theresia Friedrich Friedrich Marschall
Moritz_von_Sachsen Friedrich Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Sachsen Prag Frankfurt Ungarn Schlesien Sachsen Bayern Rhein Frankreich Spanien Italien England Schlesien Hohen-
friedberg Kesselsdorf
422
§. 134. Die Religionskriege in Frankreich.
ohnedieß durch die fortwährende Uneinigkeit der Lutheraner und Re-
formtrten schon sehr gehemmt war.
Zwar machte man ncch verschiedene Versuche zu einer Vereinigung zwischen
den Lutheranern und Calvinistcn, und um die ganze protestantische Kirche zu
umfassen, wurde 1580 die C o n c o r d i en form e l entwerfen und von 96
Rcichsständcn unterschrieben; allein da sie den lutherischen Lchrbegriff
noch bestimmter fcstsetzte, so traten die Parteien nur noch mehr aus»
einander: ja Johann Casimir von der Pfalz sin welchem Lande Fried-
rich Iii den Calvinismus 1559 eingcführt und durch den von Ursinus und Ole-
vianus verfaßten Heidelberger Katechismus begründet hatte) glaubte die
Interessen der D e u t sch - R e so r m i r te n sogar durch ein Bündniß mit
Frankreich, England und den Niederlanden sichern zu müssen! —
Den Jesuiten aber gelang es, durch ihre Gewandtheit und durch die Bet-
hülfe der katholischen Fürsten in einem großen Theile von Deutsch-
land den Katholicismus allmählig wieder zu ausschließender
Herrschaft zu erheben. (S. §. 136 a. E.) — Unter Maximilian Ii
drohte wieder die Türkengcfahr durch die Eroberung Szigeth's, wobei
Z r i n y den Heldentod fand (1566); auch erfuhr der Landfriede in Deutsch-
land seine letzte Slörung durch Wilhelm v. Grumbach, in dessen Händel
sich auch Herzog Johann Friedrich v. Sachsen ziehen ließ und dafür
mit lebenslänglicher Haft büßen mußte.
Ä. Die resorm atopischen und politischen .Bewegungen
des 16. Jahrhunderts in den übrigen europäischen
Staaten.
1. Die Religionskriege in Frankreich.
, 134. Aurch die einflußreiche Wirksamkeit Calvin's in Genf war
l92,) die Reformation auch in Frankreich eingedrungen und hatte sich
schon weit verbreitet, ungeachtet Franz I die neue Lehre durch die
grausamste Verfolgung ihrer Bekenner vertilgen zu können glaubte.
Der im Calvinismus vorherrschende Sltteneifer hatte dort, in Ver-
bindung mit dem so leicht erregbaren französischen Character, zwi-
schen den Protestanten und Katholiken einen besonders scharfen Ge-
gensatz hervorgerufen. Bald wurde die Reformation in die
dortigen Hof Parteiungen hineingezogen und zu po-
litischen Zwecken benützt.
König Franz I, der die königliche Macht durch Beschränkung
der Gewalt des Parlaments und durch Unterwerfung der Bischöffe
unter seinen Willen auf den höchsten Gipfel, aber durch seine
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Extrahierte Personennamen: Johann_Casimir Johann Maximilian_Ii Maximilian Wilhelm Grumbach Johann_Friedrich_v Johann Friedrich Franz_I Franz Franz_I Franz
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Frankreich England Deutsch- Deutsch- Sachsen Frankreich Genf Frankreich
§. 134. Die Religionskriege in Frankreich.
423
Sittenlosigkeit und Verschwendung viel Unheil über Frankreich ge-
bracht batte, war J547 gestorben. Unter seinem Sohn und Nach-
folger, dem nicht minder sittenlosen Heinrich Ii, war sodann das
Geschlecht der Guisen (aus dein lothringischen Hause) zu vorherr-
schender Macht am Hofe gekommen, so daß sich ihnen und dem
Hofe eine andere Partei entgegenstellte, an deren Spitze die Bour-
bonen, anfangs in Verbindung mit dem Hause Montmorency,
standen. Da mit den Montmorency's der calvinistische Admiral
boligny verwandt war, so wurden die Calviniften oder Prote-
stanten zur bourbonischen Partei gerechnet und unter dem Namen
Hugenotten von den Guisen (welche, als Heinrich Ii 1559 an einer
in einem Turnier erhaltenen Wunde gestorben war, unter dessen
Nachfolger, dem an Leib und Geist schwachen Franz Ii, am Hofe
unumschränkt herrschten) nur desto mehr verfolgt, zumal sie immer
weiter sich ausbreiteten und dabei im Eifer sich oft zu Ordnungs-
störungen verleiten ließen.
Da versuchten es die Bourbonen (durch die Verschwörung von
Amboise 1550) die Guisen zu stürzen; aber ihre beiden Häupter
Anton (Bourbon) von Navarra und der geistvolle Prinz
Conde, wurden gefangen, und letzterer war schon zum Tode ver-
urtheilt, als Franz Ii starb, und nun die für den minderjährigen
Karl Ix regierende herrschsüchtige und ränkevolle Katharina
von Medici (seine Mutter) auf kurze Zeit die Bourbonen begün-
stigte und (nach einem vergeblichen Versuche, die Parteien durch
das Religionsgespräch zu Poiffy zu vereinigen) den Protestanten
durch das Edict vom Januar 1562 freie Religionsübung au-
ßerhalb der Städte erlaubte. Als aber die Leute des Herzogs
Franz von Guise eine Versammlung von Hugenotten, dw in
einer Scheune ihren Gottesdienst hielten, aus Neugierde oder Über-
muth störten, und daraus das sogenannte Blutbad von Vassy
entstand, so griffen die Protestanten allenthalben zu den Waffen,
und es erfolgten nun zwischen den Jahren
1362 —1393 neun grauelvolle Religionskriege in Frank-
reich, in welchen sich jede Partei die ärgsten Frevel erlaubte und
das Elend Frankreichs auf's Höchste stieg.
28*
TM Hauptwörter (50): [T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Extrahierte Personennamen: Heinrich_Ii Heinrich Heinrich_Ii Heinrich Franz_Ii Franz Anton_( Conde Franz_Ii Franz Karl_Ix Karl Katharina
von_Medici Franz_von_Guise Franz
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Frankreich Amboise Navarra Frank- Frankreichs
424
§. 134. Die Religionskriege in Frankreich.
Der erste und zweite Krieg endete mit der Bestätigung
des Januar - Edicts 1568; der dritte Krieg, — in welchem
Conde an einem Meuchelschuss^ starb, und nun der bourbonische
König Heinrich von Navarra mit dem jüngern Conde
durch Coligny (der von jetzt an noch mehr, als vorher, die Seele
der protestantischen Sache ward) an die Spitze gestellt wurde, —
verschaffte 1570 den Protestanten völlige Religionsfreiheit außerhalb
Paris nebst vier S i ch erheitssta dten.
N-n leitete die Hofpartei eine Vermählung Heinrichs von
Navarra mit Margaretha, der Schwester Karl's Ix, ein, und
wußte den tapfern und edlen Coligny, der sowohl durch seine
Kraft und rastlose Thätigkeit, als auch durch seine Sittenstrenge
und Wahrhaftigkeit dem sittenlosen, trügerischen Hofe als der ge-
fährlichste Gegner erschien, nach Paris zu locken und dort am Hofe
durch Verstellung hinzuhaltcn. Da indcß der König wirkliches Ver-
trauen zu Coligny zu gewinnen schien, beschloßen Katharina
von Medici und die Guisen aus Neid und Rachsucht Coligny's
Tod. Weil zuerst ein Versuch, ihn durch einen Schuß zu tödten,
fchlschlug, so beredeten die Mordsüchtigen den über diese That er-
zürnten König durch alle Vorstellungskünste zur Einwilligung in
die Vernichtung der Hugenotten, und so wurde
1372 in der Bartholomäusnacht (24. Ang.) Coligny mit 2000
Protestanten in Paris, und in den nächsten Tagen bei 30,000
derselben im übrigen Frankreich ermordet, Heinrich von
Navarra aber zur katholischen Messe gezwungen. Die Übriggeblie-
benen aber leisteten in dem daraus entstandnen vierten Religions-
kriege verzweifelten Widerstand, vor allen die Stadt Röchelte,
welche stch so heldenmüthig vertheidigte, daß man ihr 1573 einen
Vergleich gewähren mußte.
Durch den fünften Krieg erlangten jedoch die Protestanten,
zu denen sich Heinrich von Navarra glücklich wieder gefunden hatte,
von Heinrich Iii, Karl's Ix Nachfolger, abermals unbeschränkte
Religionsfreiheit außerhalb Paris mit acht Sicherheitsstädten, und
behaupteten dieselbe auch im sechsten und siebenten Kriege
(1577 und 1580).
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Extrahierte Personennamen: Heinrich_von_Navarra Heinrich Coligny Heinrichs Heinrichs Margaretha Coligny Coligny Katharina
von_Medici Coligny Heinrich_von
Navarra Heinrich Heinrich_von_Navarra Heinrich Heinrich_Iii Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Paris Navarra Paris Paris Frankreich Paris
480
§. 150. Die Fürsten und Völker
Selbst Friedrich beklagte gegen das Ende seines Lebens den durch den
Unglauben im Volke eingerissenen Sittenverfall und äußerte gegen seinen Groß-
kanzler Carmer, „er wolle seinen kleinen Finger darum geben, könne er das
Land so hintcrlaffcn, wie er es von seinem frommen Vater überkommen habe."
— Sein Neffe und Nachfolger Friedrich Wilhelm Ii suchte zwar dem
frechen Unglauben zu steuern, aber seine Censur- und Religtons-
Edictc sowohl, als auch die Verschwendung und Unordnung, die seine Re-
gierung kennzeichncte, erhöhte das Übel nur noch mehr.
3. Die Fürsten und Volker cnn Vorabend der neueren
Zeit.
der Zeit nach dem siebenjährigen Kriege waren unter
denen, welchen die Völkergeschicke anvertraut waren, außer Fried-
rich dem Großen, Katharina Ii und Joseph Ii die hervor-
ragendsten.
Katharina Ii, welche nach dem Sturz ihres mit ihr entzwei-
ten Gemahls Peter's Hi, der durch seine unvorsichtigen Neuerun-
gen sich das Heer und die Geistlichkeit entfremdet hatte, 1762 den
russischen Thron bestieg und, um sich auf demselben zu halten, den
noch im Gefängniß befindlichen jungen Iwan Iii (s. §. 146 a. E.)
tobten ließ, setzte sich, von Potemkin berathen, die Unterjochung
Polens zum geheimen Ziele. Daher nöthigte sie, von Preußen
unterstützt, den Polen nach Augustes Iii Tode ihren Günstling
Stanislaus Poniatowsky zum König auf, und zwang sie,
den Nichtkatholiken gleiche bürgerliche Rechte mit den Katholiken
einzuräumen.
Wegen dieser Einmischung schloß die katholische Partei
in Polen die Confö deration zu Bar 1ä66 und ergriff die
Waffen gegen die Russen; zu gleicher Zeit reizte Frankreich
die Türken zum Kriege gegen Rußland an. Dieser war Ruß-
land darum erwünscht, weil dadurch den Polen die türkische Hülfe
entzogen wurde. Als die Russen siegreich in der Türkei vordrangen
und 1770 die Walachei und Moldau und 1771 auch die
Krimm eroberten, wobei sowohl Frankreich, als England unthä-
tig zusah: so fand es Friedrich für gut, sich Katharinen
zu nähern, und so geschah es, daß Rußland ungehemmt Polen
besetzen konnte. Da nun Österreich einseitig keinen Krieg gegen
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Friedrich_Wilhelm_Ii Friedrich Wilhelm Volker Katharina_Ii Joseph_Ii Katharina_Ii Stanislaus_Poniatowsky Friedrich Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Polens Polen Frankreich Frankreich England
am Vorabend der neueren Zeit.
481
Rußland wagen konnte, so „folgte es der preußischen Politik, wie
Preußen der russischen folgte", die nun einmal Polen wollte.
Auf den Grund alter Ansprüche brachte man
1772 die (erste) Theilung Polens in Vorschlag, und Österreich nahm
den dargebotenen Vortheil an. Die drei Mächte besetzten den drit-
ten Theil Polens in der Art, daß Österreich davon Ostgalizien
und Lodomirien, Preußen Westpreußen und den polni-
schen Netzdistrict, Rußland endlich (gegen die Herausgabe der
Moldau und Walachei) das Land bis an die Düna und den
Dnjepr sich zueignete. Damit aber die Form des Rechts nicht
fehle, so wurde der polnische Reichstag gezwungen, seine Ein-
willigung dazu zu geben!
Polen war seit Jahrhunderten stets in Parteien zersplittert, die
ihre Stützen nicht in sich, sondern stets im Ausland suchten; die kleine
vaterländische Partei konnte nie die Oberhand gewinnen. Da Polen meist
ein Werkzeug in den Händen der französischen Politik war , wiewohl
dieselbe es stets im Stiche ließ, heischte cs der Vortheil der nordi-
schen Mächte, die Franzosen dort nicht aufkommen zu lassen, so wie es Poli-
tik Schwedens, Preußens und Österreichs war, Polen keine Beute Rußlands
werden zu lassen. Die stete Anarchie in Polen schien daher gleichsam
von selbst zur Theilung aufzufordern, die freilich darum in sittlicher Hinsicht
nichts desto weniger ein Unrecht bleibt. Maria Theresia allein fühlte die
Sünde der damaligen Cabi netspolitik und Unterzeichnete den Thet-
lungsvertrag nur mit Widerstreben, indem sie dabei die weissagenden
Worte sprach: „Wenn ich schon längst todt bin, wird man erfahren, was
aus dieser Verletzung an Allem, was bisher heilig und ge-
recht war, hervorgehen wird!" — (Die Russen bekamen übrigens,
wie schon Malte Brun bemerkt, dadurch nur dieselben Provinzen wieder,
die einst ihnen gehört und ihnen von den Polen mit dem Schwert
ab genommen worden waren, wie denn dort die polnische Nationalität
nur ein D rittheil der Bevölkerung (bestehend auö dem Adel und ei-
nem Theile der Städtcbewohner) ausmacht.
Das übrige Polen blieb durch die bedrückende Willkür
seines Adels, so wie überhaupt durch seine schlechte Ver-
fassung stets in abhängiger Stellung und einer spätem weitern
Zerstückelung Vorbehalten. — Im fortgesetzten Kriege Rußlands
mit der Türkei errang ersteres 1792 im Frieden zu Jassy die
freie Schifffahrt auf allen türkischen Meeren, wie
denn überhaupt Katharina Ii, unterstützt von ihrem Günstling
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Extrahierte Personennamen: Maria_Theresia Maria Theresia Malte_Brun Katharina_Ii
482
§. 150. Die Fürsten und Völker
Potemkin, Rußland vollends in die Reihe der europäischen
Großmächte einführte, und nicht minder auch im Innern ihres
großen Reichs sich durch bessere Verwaltung und Hebung des Gewerb-
steißes und der Bildung den Ruhm einer klugen Herrscherin erwarb.
Die deutsche Kaiserwürde bekleidete seit 1764 Joseph Ii,
indessen seine Mutter, die edle Maria Theresia, nach dem Tode
ihres Gemahls Franz I die Regierung der österreichischen Erblande
zum Wohl ihrer Unterthanen bis an ihr Ende behielt.
Joseph Ii, der sich Friedrich den Großen zum Muster nahm,
war von dem edelsten und thätigsten Eifer belebt, seine Unter-
thanen zu beglücken, fiel aber dabei in den Fehler allzurascher
Neuerungen, die weder ihm, noch seinen Völkern den gehofften
vollen Segen brachten. Hingegcben der neuern Politik, die das
Gewissen weniger, als den eigenen Vorthcil befragte, griff Joseph Ii,
nach geschehener Theilung Polens, bei dem Aus st erben des
Wittelsbach isch-bayrischen Mannsstammes 1777 nach
dem nachbarlichen Bayerlande, ließ sich den größten Theil desselben
(nämlich Niederbayern, die Oberpfalz und die heimgefallenen
Neichslchen) von dessen nächstem Erben, Karl Theodor von
der Pfalz, abtretcn und es gleich besetzen.
Aber gegen dieses Verfahren erklärte sich Friedrich der
Große zu Gunsten des Herzogs von Zweybrücken, des Erben der
pfälzischen Kur, und begann
1778 den bayrischen Erbfolgekrieg, indem er mit einem Heere
in Böhmen einrückte und den Kaiser im Frieden zu Teschen
1779 dahin brachte, daß er Bayern bis auf das Jnnviertel und
Braunau wieder herausgab.
Einen neuen Versuch Joseph's, Bayern durch einen Tausch
gegen die österreichischen Niederlande an sich zu bringen, vereitelte
abermals der wachsame Friedrich durch die Stiftung des deut-
schen Fürstenbundes 1785 zur Aufrechthaltung der Rechte
der deutschen Reichsfürsten.
Im nächsten Jahre darauf 1786 starb Friedrich der Große
mit dem Ruhme, die Größe seines Hauses vollendet zu
haben. Vier Jahre darauf, 1790, starb Joseph, nur 48 Jahre
alt, nachdem er sich durch reformirende Eingriffe in die katholische
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Extrahierte Personennamen: Joseph_Ii Maria_Theresia Maria Theresia Franz_I Franz Joseph_Ii Friedrich Friedrich Joseph_Ii Karl_Theodor_von
der_Pfalz Karl Friedrich_der
Große Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich_der_Große Friedrich Joseph
428
§. 135. Die Reformation in England.
büchern zusammengestellte und vom Parlament bestätigte „Allgemeine
Gebetbuch" (common prg^or-boost) die liturgische Seite des Gottesdienstes
geordnet, die Lehre aber durch das unter Mitwirkung auswärtiger Theologen
(z. B. eines Buccr) in 39 Artikeln entworfene Glaubensbekennt-
niß der anglicanischen Kirche fcstgestellt wurde. Sie unterscheidet
sich von den andern protestantischen Kirchen noch durch die Beibehaltung der
bi sch off lichen Verfassung mit hierarchischer Rangordnung des Klerus und
durch das Dogma von der apostolischen Bi s ch o ffs folg e und von dem,
mit der Btschoffswürde verbundenen Q rd in a tionsr e ch tc, so wie durch
mehrere andere aus der katholischen Kirche bcibehaltene Cultusformen.
Aber eben weil diese Kirche von der katholischen Form noch
Vieles beibehielt, so stellte sich ihr die Secte der Puritaner (so
genannt wegen ihrer äußersten Einfachheit und strengen Kirchen-
zucht) mit einer großen Schärfe entgegen, und verwarf nament-
lich den Suprematseid d. i. wollte die königliche Oberhoheit
in Kirchcnsachen nicht anerkennen; weßhalb sic, gleich den Katholi-
ken, verfolgt wurde.
Unterdessen war die calvinistische Reformation seit 1542 auch
in Schottland besonders durch den strengen Eifer des kühnen
Johann Knor verbreitet und eben vom schottischen Parlament
als pr esby t erianij ch e Kir ch e öffentlich eingeführt worden, als
1561 die schone, geistiggebildete, aber noch jugendlich-leichtsinnige
Königin Maria Stuart (Enkelin der älteren Schwester Hein-
rich's Viii) nach dem Tode ihres Gemahls, Königs Franz Ii von
Frankreich, nach Schottland zurückkehrte und sich für das Papst-
thum erklärte. Sie gab ihre Hand und den Königstitel ihrem ka-
tholischen Vetter, dem jungen charactcrlosen Grafen Darnley, wor-
über eine, jedoch mißglückte, Empörung entstand. Da sie sich aber
von ihm vernachlässigt fühlte und daher ihr Vertrauen dem Sän-
ger Rizio zuwandte, der ihre Correspondenz mit dem Papst und
den Guisen führte und dadurch übermüthig ward: so wurde
Darnley auf denselben e fersüchtig und ließ ihn fast vor ihren
Augen erdolchen, wodurch sich ihr Herz vollends von ihm abwandte.
Nicht lange darauf wurde das Landhaus, worin Darnley krank
lag, sammt ihm in die Luft gesprengt, und schon drei Monate
darnach schloß Maria in leidenschaftlicher Verblendung eine neue
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Extrahierte Personennamen: Johann_Knor Johann Maria_Stuart Maria Franz_Ii_von
Frankreich Franz Maria Maria
Extrahierte Ortsnamen: England Kirchcnsachen Schottland Schottland
484 §. .150. Die Fürsten und Vollerem Vorabend der neuesten Zeit.
Der Same dieser, den Glauben und die Sittlichkeit zerstören-
den Grundsätze fand sodann in Frankreich einen um so empfäng-
licheren Boden, als dort Religion und Staat besonders seit Lud-
wig Xiv in schweren Fesseln lag. Da derselbe alle abweichenden
Meinungen innerhalb der Gränzen seines Reichs mit Gewalt unter-
drückt hatte, so warf nach seinem Tode der unterdrückte Geist
alle Zügel weg und kehrte auch dort sich zuerst gegen die
Kirche, ja gegen die Religion selbst, mit deren Verfall
späterhin auch der Staat nicht etwa bloß in's Wanken gebracht,
sondern auch der ewige Grund des Staatsbestandes selbst unter-
wühlt wurde.
Wie durch Voltaire's frivolen Witz und Spott auch das
Heiligste nicht geschont wurde, ist bereits §. 149 angedeutet worden
und wenn er auch wirklichen Aberglauben und den Fanatismus
(man denke an das Gesckfh^der Familie Calas in Toulouse) ge-
mindert und die Mißbräuche in Betreff der Staatsverfassung, des
Gerichtswesens, der Ständevorrcchte mit Recht angegriffen hat,
so hat er doch durch die Art seiner Angriffe den Grund der Re-
ligion und Tugend selbst untergraben. Während scdann Mon-
tesquieu (ff 1775) auf dem Gebiete des Staats die republi-
kanische Verfassungsform (allerdings unter der idealistischen Vor-
aussetzung allgemeiner vollkommener Bürgertugend) als das Er-
strebenswürdigste hinstellte, suchte der Genfer Philosoph Rousseau
(ff 1788), aus Ekel au der Ausartung des socialen Zustandes
seiner Zeit, nach Verwerfung aller Künste und Wissenschaften, als
der „verderblichsten Güter der Menschheit" in der Rückkehr zum soge-
nannten Naturzustand, als der eingebildeten Heimath der Freiheit
und Unschuld, das Heil der Welt, und indem er in seinem „Ge-
sellschaftsvertrag" die äußerliche „Gleichheit der Menschen" als
Staatsgrundsatz und das leibliche Wohl derselben als höchsten
Staatszweck aufstellte, öffnete er dadurch den umwälzenden Ideen
der Neuzeit die Bahn, welche zugleich von den ihn weit überholen-
den materialistischen, plattaufklärerischen Encyclopädtsten
Frankreichs ohne Scheu vor etwas Höherem, die doch in Rousseau
noch lebte, betreten und sodann von practischen Geistern, unter
Hinzutritt anderer Verhältnisse und Ereignisse auf die Zerstörung
alles wahrhaft Guten und Heiligen gerichtet wurde.
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Extrahierte Personennamen: Calas
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Toulouse Frankreichs
430
§. 135. Die Reformation in England.
Urtheils. Jndeß sah man den Kampf zwischen ihrem Ge-
wissen und ihren geheimen Wünschen. Diesen zu been-
den, schickten ihre Räthe (darunter ihr Günstling Burlei gh) jene
Vollmacht ohne ihr Vorwissen an die Richter, die sogleich der Ge-
fangenen das Todesnrtheil verkündeten. Mit Fassung und Erge-
bung bot die unglückliche, nun 45 Jahr alte Maria am 16. Febr.
1587 ihr Haupt dem Beile dar, nachdem sie eine fast zwanzig-
jährige Gefangenschaft erduldet hatte.
Unter ihrem Sohne Jakob (dem Vi in Schottland, seit 1603 dem I in
England) gewann im sch ottt sch en Reiche die presbytertantsche Ktr-
chcnverfassung das Übergewicht über die eptscopale.
Nun aber brach noch in demselben Jahre
1388 der lang gedrohte Krieg Englands mit Spanien aus, des-
sen Beherrscher Philipp Ii in Elisabeth eine Hauptstütze
des Protestantismus sah und deßhalb seit Jahren ihren
Feinden allen möglichen Beistand geleistet hatte. Elisabeth hatte
daher die Niederländer in einem Aufstande wider Philipps Tyran-
nei unterstützt und durch ihren Admiral Franz Drake (denselben,
der 1577—1580 die Welt umsegelt hatte und die Kartoffeln nach
Europa brachte) die spanische Flotte in Cadix zerstören lassen. Da
rüstete Philipp, im Bunde mit dem Papste, die sogenannte un-
überwindliche Flotte oder Armada aus, welche aus 150
Schiffen mit 8030 Matrosen, 20,000 Soldaten, 3000 Kanonen und
einer großen Anzahl Mönche zur Bekehrung der Engländer, bestehend,
im Mai 1558 von Lissabon auslies, um in Verbindung mit der
niederländischen Flotte England zu erobern. Aber Seestürme gleich
im Anfänge, dann einzelne geschickte Angriffe der Engländer be-
sonders mit Brandern, und zuletzt wieder furchtbare Stürme auf
dem Rückzüge machten die stolze Unternehmung zu nichte.
Dieser Schlag setzte dem Anwachsen der spanischen Macht
eine Gränze; England dagegen hat der umsichtigen und kräfti-
gen Regierung Elisabeths den hohen Aufschwung zu danken, den
es seitdem als See- und Handelsmacht nahm. Schon hatten
die Engländer unter dieser Königin in Nordamerika Fuß gefaßt,
und nun fanden sie den Seeweg nach Archangel, segelten geradezu
nach Ostindien und stifteten
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Extrahierte Personennamen: Maria Maria Jakob_( Philipp_Ii Philipp Elisabeth Philipps Franz_Drake Franz Philipp Philipp
Extrahierte Ortsnamen: England Burlei Schottland England Englands Spanien Elisabeth Europa Cadix Lissabon England England Nordamerika Ostindien