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1. Theil 2 - S. 49

1880 - Stuttgart : Heitz
Konrad I. Heinrich der Städtegründer. 49 eine Menge Hirsche, Eber und Bären mit eigener Hand erlegt hatte; eben so war er auch im Kriege unermüdlich, und allen seinen schönen Eigenschaften setzte er durch eine reine Gottesfurcht und Frömmigkeit die Krone auf. Unter seinen vielen Thaten ist keine merkwürdiger, als die Bezwingung der wilden Ungern. In Ungarn, wo vor Zeiten die Hunnen *) gehaust, hatte sich seit kurzer Zeit ein rohes, kriegerisches Volk, die Ungern oder Magyaren, niedergelassen, welches vermuthlich vom Kaukasus hergezogen war. Arpad war ihr Führer gewesen. Im höchsten Grade raubsüchtig, war es mit seinen neuen Wohnsitzen nicht zufrieden, sondern machte unaufhörliche Einfälle in Deutschland, Italien, Frankreich und Griechenland, führte unermeßliche Beute und Gefangene, besonders Weiber und Kinder, mit sich fort und beging die abscheulichsten Grausamkeiten. Es war nichts Seltenes, daß sich die Ungern der Leichen der erschlagenen Feinde als Sitze oder als Eßtische bedienten und einander vom Blute der Feinde zutranken. Und was diese Leute so gefährlich machte, war, daß man ihnen so schwer beikommen konnte; denn fast alle Jahre erschienen sie in einer andern Gegend. Schnell waren sie da, und ehe man Kriegsleute gegen sie zusammengezogen hatte, waren sie aus ihren kleinen raschen Pferden auch schon wieder mit der gemachten Beute und den Gefangenen weiter gezogen. Sie waren eine große Landplage für unser Vaterland. Wie mancher Deutsche mußte es mit ansehen, wie sein Weib und seine Kinder ihm unter vielen Schlägen weggeführt wurden, ohne die Hoffnung zu haben, sie je wieder zu sehen! Die Weiber wurden mit den langen Haaren aneinander gebunden und dann mit Peitschenhieben nach Ungarn in die Sklaverei getrieben. Puch unter Heinrich dem Vogler machten diese Ungern Einfälle in Sachsen, verheerten ■das , ganze Land, verbrannten die offenen Städte, ermordeten die Menschen und trieben andern gräulichen Unfug; und wenn Heinrich seine Mannen gegen sie führte, so hatten diese eine solche Furcht vor den wilden Barbaren, daß sie sich nicht an sie herantrauten. Da hielt er es für besser, erst seine Sachsen nach und nach an den Krieg zu gewöhnen, und ging mit den Ungern einen neunjährigen Waffenstillstand ein, wofür er ihnen jährlich einen Tribut bezahlte. Diese neun Jahre benutzte *) Die Hunnen waren bald nach Attila'ö Zeit von den G^piden nach Asien zurückgetrieben worden. Weltgeschichte für Töchtc,-. Ii. 16. Aufl. 4

2. Theil 2 - S. 98

1880 - Stuttgart : Heitz
98 Mittlere Geschichte. 2. Periode. England. behandelte Dänen und Sachsen mit gleicher Gerechtigkeit und suchte beide Völker einander näher zu bringen. Nach seinem Tode (1035) regierten seine beiden irnfähigeu Söhne (Harald Hasenfuß und Hartiknnt) sechs Jahre lang. Als der letzte derselben (Hartiknnt) starb, benutzten die Engländer die Abwesenheit des einzigen Sohnes Kannts, der König von Dänemark und Norwegen war, und wählten einen einheimischen Prinzen, Eduard denbekenner, einen Bruder Edmunds Jronside. Die in England wohnenden Dänen widersetzten sich der Wahl nicht, weil sie unter sich uneinig und überdies mit den Sachsen ziemlich ausgesöhnt waren. Eduard erhielt seinen Beinamen (des Bekenners, d. i. des Heiligen) von seiner strengen Enthaltsamkeit, die man damals für einen Beweis von Frömmigkeit nahm. Er war der letzte sächsische König, und da er keine Kinder hatte, so setzte er den jungen Herzog der Normandie, Wilhelm, zu seinem Nachfolger ein.*) Dieser Wilhelm war ein Sohn Roberts, der wegen der Wildheit, mit welcher er die Länder seiner Nachbarn verwüstete, unter dem Beinamen des Teufels bekannt ist und auf einer Pilgerreise nach Jerusalem gestorben war.**) Eduard hatte vor seiner Thronbesteigung am herzoglichen Hofe in Rouen gelebt, kannte den Herzog *) Ein tapferer Normannenanführer, Rollo, hatte unter den schwachen karolingischen Königen von Frankreich (911) die Normandie als Lehen erhalten und dort ein normannisches Fürstenhaus gegründet. **) Besonders arg trieb er es in seiner Jugend, wo er unaufhörlich Fehden suchte, Dörfer, Städte und Schlösser zerstörte und Alle, die sich ihm widersetzten, ermordete. Sein eigener Vater zog gegen ihn zu Felde, konnte aber den Sohn nicht bändigen, und starb endlich vor Gram, indem er über ihn den Fluch aussprach. Robert aber setzte sein wüstes Leben fort. Die Sage erzählt: Einst drang er mit seiner Rotte in ein Schloß ein, das seine Bewohner bis auf die Burgfrau und einige Diener aus Furcht verlassen hatten. Er verlangte Wein und befahl, als Alle berauscht waren, daß die Burgfrau vor ihm erscheinen sollte. Sie trat verschleiert in den Saal. Robert gebot ihr herrisch, den Schleier zu heben, und als sie es that, erblickte er — seine Mutter vor sich stehen. Mit Thränen hielt sie dem entsetzten Sohne sein schlechtes Leben vor, verkündigte ihm den Fluch des sterbenden Vaters und forderte ihn auf, nun auch die Mutter zu morden, wie er den Vater in die Grube gebracht habe. Außer sich sank er auf die Kniee nieder und flehte sie an, ihren und des Vaters Fluch von ihm zu nehmen. „Ich selbst," antwortete sie, „will dir nicht fluchen; aber den Fluch deines Vaters kann nur die Kirche aufheben; an diese wende dich, aber erst bessere dein Leben und versöhne dich durch Reue und Buße mit dem Himmel." Robert entsagte sogleich allen Fehden, ließ seine Bande auseinandergehen, legte ein härenes Gewand an und pilgerte nach Jerusalem, um seiner Sünden quitt zu werden.

3. Theil 2 - S. 112

1880 - Stuttgart : Heitz
112 Mittlere Geschichte. 3. Periode. Kreuzzüge. sie hineinstürzten, quoll ihnen schon das Blut entgegen, das die noch Lebenden ihren unmenschlichen Verfolgern entgegenschleuderten. Das vermag der Mensch in der Verzweiflung! — Aber die schändlichen Kreuzfahrer entgingen auch ihrer Strafe nicht. Die Ungern erschlugen die meisten; die andern kamen vor Hunger und Elend um. Was machte aber Peter indessen? Zwar hatte ihm Alexius erlaubt, bei Constantinopel Gottfrieds Ankunft zu erwarten; aber seine Schaar beging so vielen Unfug auf dem platten Lande um die Stadt herum, daß Alexius eilig eine Menge Fahrzeuge zusammenbrachte und das Gesindel nach Klein-Asien übersetzen ließ. Hier traf sie die Strafe für ihre Greuelthaten. Sie wagten sich zu weit vor in die Bergschluchten, an denen Klein-Asien so reich ist, fielen hier den lauernden Seldschuckeu in die Hänbe und würden bis auf 3000 niebergemetzelt. Walther Habenichts war unter den Tobten; er war, tapfer fechtenb, gefallen. Peter entrann mit dem kläglichen Ueberreste zurück nach Constantinopel. Dagegen benahm sich das Hauptheer, das aus dem Kerne der französischen Ritterschaft bestanb, ganz anders. Am 15. August (1096) war es, hauptsächlich unter Gottfrieds von Bouillon Leitung, aufgebrochen. Dieser Gottfried war ein Mann, der untei seinen Zeitgenossen auf eine recht ausgezeichnete Weise sich hervorthat. Damals war er erst 35 Jahre alt, galt aber für den tapfersten Ritter seiner Zeit, war dabei gelassen und bescheiden und von einer nngehenchelten Frömmigkeit. Von seiner Stärke und Tapferkeit wußte man sich viel Geschichten zu erzählen. Hier nur nur eine bavon: Als er 15 Jahre alt war, wollte ihm ein Ver-wanbter seine Güter streitig machen. Es kam zur Klage und die Richter verlangten, daß das Gottesurtheil eutscheibeu sollte. Beibe sollten miteinanber kämpfen, und erschienen auch ganz bepanzert, jeder mit Schild und Schwert bewaffnet. Der Kaiser Heinrich Iv. war selbst zugegen. Da führte Gottsrieb einen so kräftigen Hieb auf seinen Feind, daß er ihn gespalten, wenn dieser nicht geschwinb den Schilb vorgehalten hätte. An biesem zersprang sein Schwert bis nahe am Hefte, und schon gaben, alle die Sache Gottsriebs verloren; nur er nicht. Rasch fiel er seinen Gegner mit dem Stummel von Schwert an und versetzte ihm bamit einen solchen * Hieb an die Schläfe, daß er taumelnd und sinnlos zu Boden stürzte. Aber sogleich war auch Gottfrieds Feindschaft verschwunden; er sprang schnell zu, leistete dem Ueberwuudeuen die nöthige Hülfe und ruhte nicht eher, bis er ihn unter guter Pflege sah.

4. Theil 2 - S. 110

1880 - Stuttgart : Heitz
110 Mittlere Geschichte. 3. Periode. Kreuzzüge. nichtsnutzigen Gesindels; denn dieses Volk halte keine großen Vorbereitungen zu machen gehabt und nur auf die ersten Strahlen der Frühlmgssonne gewartet, um fortzuziehen. Der edle Gottfried erschrak, als er den ungeschlachten Haufen sah. Mit solchen Leuten mochte er nicht ziehen. „Geht nur voran!" rief er ihnen zu, „ich bin noch nicht bereit. Bald komme ich nach. Vor den Thoren von Constantinopel treffen wir wieder zusammen!" — Peter ließ es sich gefallen; jubelnd zog die Schaar ab. Aber sie war so groß, daß Peter sie theilte. Zwanzigtausend der Ungeduldigsten zogen voran unter Anführung eines Ritters aus Burgund, den man seiner Armuth wegen Walther Habenichts nannte. Um nach Constantinopel zu gelangen, mußten die Kreuzfahrer durch Deutschland, Ungarn und Bulgarien ziehen. Die Ungern, ein zwar nun schon christliches, aber doch noch sehr rohes Volk, ließen den Walther mit seiner Horde zwar ein, und ihr König Kolomann versprach auch, die nöthigen Lebensmittel gegen Bezahlung zu liefern. Aber um Ordnung zu halten, war das Gesindel nicht ausgezogen. Sie zerstreuten sich im Lande, plünderten — und wurden zum Theil todtgeschlagen. Noch schlimmer ging es ihnen im Lande der Bulgaren, so daß nur ein kleines Häufchen bei Constantinopel ankam, welches froh war, daß der griechische Kaiser Alexius Comueuus ihm die Erlaubniß gab, bis zur Ankunft Peters ein Lager vor den Thoren aufschlagen zu können. Nun kam Peter mit 40,000 nach, die nicht viel besser als des Walthers Leute waren. Doch ging anfangs alles gut. Die Ungern hielten Friede, weil Peter Ordnung hielt. Schon war dieser säst an die letzte Grenze gekommen, da hörte er, daß in einer vor ihm liegenden Stadt (Semlin) 16 Kreuzfahrer von Walthers Haufen, weil sie geplündert hatten, von den entrüsteten Einwohnern erschlagen worden wären. Dies hören und die Stadt stürmen lassen, war eins. Die armen Einwohner, die meist an jener That ganz unschuldig waren, wurden fast alle ermordet, die Stadt fünf Tage lang geplündert und ein entsetzliches Blutbad angerichtet. Das that der heilige Peter. Freilich mußte er nun eilen, daß er über die ungarische Grenze kam; denn schon war der König im Anzuge, die Greuelthat zu rächen. Auch in Bulgarien benahm sich Peter so unklug, daß er sich mit den Einwohnern ganz überwarf. Er erlitt eine ungeheuere Niederlage; der vierte Eheil seiner Leute lag blutend auf dem Wahlplatze, und sein ganzes Gepäck und eine Menge mitgezogener Weiber, Kinder, selbst Nonnen, fielen in die

5. Theil 2 - S. 135

1880 - Stuttgart : Heitz
Ludwig der Heilige. 135 standhaft weigerte, die eroberten Städte herauszugeben. Endlich ließ ihn der Sultan fragen, wie viel Geld er außer der festen Stadt Damiette noch für seine und der Seiuigeu Auslösung bezahlen wolle. „Ich erwarte," antwortete Ludwig, „des Sultans Forderung." Diese fiel dahin aus, daß er außer jener Stadt noch eine Million Goldstücke geben sollte. Mit edlem Stolze aber erwiederte Ludwig, ein König von Frankreich lasse sich nicht für Geld verhandeln; er wolle für sich die verlangte Stadt, für die ©einigen aber die geforderte Million bezahlen. Dieser königliche Aussprüch gefiel dem Sultan, der für Edelmuth auch nicht unempfänglich war,- so sehr, daß er von freien Stücken den fünften Theil der Summe erließ. Dieser edle Sultan wurde bald darauf vor den Augen Ludwigs und seiner Ritter von seinem eigenen Gefolge ermordet. Ludwig schauderte bei dem Anblicke. Ein Emir schnitt dem Leichnam das Herz aus dem Leibe und überreichte es dem Könige mit wildem Blicke, indem er ihm zurief: „Was giebst du mir, daß ich dich von einem Feinde befreit habe, der dich am Ende noch hätte können umbringen lassen?" — Ludwig war so voll Entsetzen, daß er ihm gar nicht antwortete. Da zog der Mörder den Säbel heraus, zeigte dem König die Spitze, und schrie: „Wähle! Entweder stirbst du jetzt von meiner Hand, oder schlage mich augenblicklich zum Ritter!" — Ludwig wandte sich mit Abscheu weg und antwortete: „Werde ein Christ, dann will ich dich zum Ritter schlagen!" — Der Sarazene erstaunte über die eiserne Festigkeit des Königs, steckte seinen Säbel wieder ein und ging fort. Nach noch vielen andern Gefahren wurde der König endlich losgelassen; aber von seinen Leuten wurden statt 12,000 nur 400 freigegeben; die meisten der armen Gefangenen waren gegen alle Treue erschlagen worden. Auf der Rückfahrt nach Frankreich zeigte Ludwig recht seinen frommen Sinn. Sein Schiff ließ er zur Kirche einrichten. Alle Tage wurde vor dem mit vielen Reliquien gezierten Mare Messe gelesen; mit den Matrosen wurden Katechi-sationen angestellt, und der König selbst bereitete die Sterbenden zum Tode. Nach einem heftigen Sturme, bei welchem die Königin — denn diese hatte ihren Mann unter allen Widerwärtigkeiten begleitet — jeden Augenblick unterzugehen fürchtete, langte man wieder in Frankreich an (1254). Wie wohl mochte allen sein, den vaterländlichen Boden unter den Füßen zu haben! Und doch ließ sich Ludwig nicht ausreden, noch einen Kreuzzug zu unternehmen, zwar erst 16 Jahre später, (1270), wo er

6. Theil 2 - S. 118

1880 - Stuttgart : Heitz
118 Mittlere Geschichte. 3. Periode. Kreuzzüge. im Sattel und zum Grausen aller, die es sehen, rennt der wild gewordene Gaul mit dem Blute seines Herrn überschüttet nach der Stadt zurück. Diese That klingt fast unglaublich, ist aber angesichts beider Heere geschehen und durch mehrere Augenzeugen einstimmig erzählt worden. So herrlich, wie hier durch glänzende Tapferkeit, ragte Gott-frieb auch durch Tugend des Herzens über seine Gefährten weit hervor; denn so wie unter den Fürsten Neid und Eifersucht, so herrschte unter den Gemeinen eine große Verworfenheit. Kein Wunder, da ja die Hefe des Pöbels sich unter ihnen befand! Hier nur ein Beispiel statt vieler. In dem eben erwähnten Gefechte hatten die Seldschuckeu an 5000 Mann verloren; von den Mauern der Stadt hatten die Mütter und Weiber mit angesehen, wie die Ihrigen hingewürgt wurden, hatten sich vor Schmerz die Haare zerrauft und die Luft mit ihren Wehklagen erfüllt. In der nächsten Nacht aber begruben sie die ihnen theuern Todten, und gaben ihnen den besten Schmuck, die schönsten Kleider und die in der Schlacht getragenen Waffen mit ins Grab! In unsern Zeiten hätte ein edelmüthiger Feind nicht nur die Trauer der Armen nicht gestört, sondern sie selbst von Herzen bedauert. (Man denke dabei an Achilles und Priamos.) Nicht so die Kreuzfahrer. Am nächsten Morgen stürzten sie auf die frischen Leichenhügel los, störten mit unmenschlicher Wuth die stille Ruhe der Todten, verstümmelten diese und raubten die in den Gräbern gefundenen seidenen Kleider, die sie, manche drei oder vier übereinander, geschwind anzogen, um ihre Lumpen zu ersetzen, und so stolzirten sie, die weinenden Mütter und Weiber laut verhöhnend, vor den Mauern der Stadt herum. Endlich wurde Antiochia durch Verrath eingenommen. Daß es da wieder entsetzliche Scenen gab, braucht nicht erst gesagt zu werden; denn die Kreuzfahrer hielten es nicht nur nicht für Unrecht, die Ungläubigen zu berauben und zu morden, sondern sie glaubten dadurch gar Gott einen rechten Dienst zu erweisen. Zehntausend sollen von ihnen gemordet worden sein. Aber die Strafe für die hier verübten Greuelthaten blieb nicht aus. Kaum hatten sie sich in Antiochia eingerichtet, als Kerboga, der Fürst von Mosnl, mit einem Heere von einigen Hunderttausenden herbeiströmte und die Stadt ganz und gar einschloß. Er hatte sich aufgemacht, um seinen Glaubensbrüdern, den Antiochiern, zu Hülfe zu kommen. Zwar kam er zum Entsatz der Stadt zu spät, nicht aber, die Kreuzfahrer aus ihrer Ruhe aufzuschrecken. Diese hatten an einen solchen

7. Theil 2 - S. 121

1880 - Stuttgart : Heitz
Georg mit seinen himmlischen Hausen! Der Herr selbst kämpft für sein Volk! Auf! verdoppelt euern Muth, meine Brüder!" — Sogleich wendeten Tausende von Augen sich herum und wirklich, sie sahen eine erlesene Ritterschaar in weißer, hellstrahlender Rüstung-, geführt von drei schöngewachsenen Rittern, langsam und prächtig von der Höhe des nahen Gebirges herabziehen. Vermuthlich war es ein Haufen, den Gottfried in den Rücken des Feindes geschickt hatte. Alle hielten die weißen Ritter für eine himmlische Schaar, die ihnen zu Hülfe eile. „Gott will es haben! Gott will es haben!" schrieen Tausende von Kehlen, und nun war kein Haltens mehr. In wilder Begeisterung warfen und mähten sie alles vor sich nieder und der Sieg war gewonnen. In eiliger Flucht stoben die Feinde auseinander, wurden zu Tausenden erschlagen, und das ganze Lager mit ungeheuern Schätzen fiel in der Kreuzfahrer Hände, die nun, statt Gott für den erwiesenen Beistand durch Menschlichkeit zu danken, alle Greuel an den Gefangenen und Verwundeten ausließen, ja selbst die armen im Lager zurückgelassenen Säuglinge von den Pferden gefühllos zertreten ließen. Welch ein Ungeheuer kann doch der Mensch durch Leidenschaft werden! Die Begeisterung, welche die heilige Lanze erregt hatte, verlor sich bald wieder und es fehlte nicht an Leuten (namentlich Bischof Ademar), welche ganz laut sagten, die ganze Sache wäre eine Täuschung, die Peter Barthelemy und Graf Raimund von Toulouse verabredet hätten, und' da Barthelemy widersprach, so forderte man ihn auf, sich der Feuerprobe zu unterwerfen. Dazu war er auch gleich.bereit. Es wurden zwei große Feuer nahe beieinander angemacht und Peter, im bloßen Hemde, barfuß und die Lanze in der Hand, sprang mitten hindurch. Aber — er hatte sich die Füße und den Leib so verbrannt, daß er nach Hause getragen werden mußte, und nach zwölf Tagen war er todt.*) *) Das Gottesgericht und Peters Ausgang. Am Nachmittage des stillen Freitags, zu welchem Peter durch Fasten sich vorbereitete, wurden zwei Scheiterhaufen von Oelbäumen, vierzehn Fuß hoch und durch einen Zwischenraum von einem Fuße getrennt, erbaut. Um diese Scheiterhaufen schloß das Heer der Wallbrüder, vierzigtausend Bewaffnete an der Zahl, einen Kreis, in welchem alle Geistliche sich befanden, mit entblößten Füßen und in priesterlicher Kleidung. Als das Feuer so heftig brannte, daß die Flamme bis 30 Fuß in die Luft sich erhob und Niemand sich derselben zu nähern vermochte, trat ein Priester auf und rief die Worte: „Wenn wirklich der allmächtige Gott mit diesem Manne von Ange-

8. Theil 2 - S. 167

1880 - Stuttgart : Heitz
Friedrich Ii. Gregor Ix. 167 zurück nach ihren Steppen. Auf der Stelle, wo Heinrich gefallen war, wurde Kloster Wahlstatt erbaut, noch heute ein weit zu sehendes Wahrzeichen für die Bewohner jener weiten Fläche. Zu dieser Zeit nun regierte in Deutschland, wie schon erwähnt, Kaiser Friedrich Ii. von 1212—50. Friedrich Ii. war ein schöner Jüugling, von mehr zartem als kräftigem Körperbau. Sein schönes, blondes Haar, das ihm in Locken die Schultern umwallte, erinnerte an seinen Großvater Friedrich den Rothbart, und das Feuer, das ihm aus den blauen Augen strahlte, an seine italienische Mutter. Er besaß außer der deutschen Kaiserkrone auch noch Neapel und Sicilien, ein paar herrliche Länder, die er vorzugsweise liebte, und in der That sind auch beide seit dieses Friedrichs Tode nie wieder so blühend gewesen und so gut regiert worden. Aber er hatte das Unglück, sich mit dem Papste zu veruneinigen, der ihn in den Bann that, und wir wissen schon aus der Geschichte Heinrichs Iv., wie übel es war, wenn man den Papst zum Fem^ß hatte. Zwar war Friedrich kein Heinrich, aber trotz aller Anstrengungen während der 38 Jahre, die er regierte, hat er endlich unterliegen müssen. Zuerst veruneinigte er sich mit dem Papste wegen eines Kreuzzuges. Friedrich hatte versprochen nach Palästina zu ziehen, schob aber die Sache von einem Jahre zum andern auf, weil er Wichtigeres zu thun habe.- Das nahm aber der Papst sehr übel; denn das heilige Grab war immer noch in den Händen der Ungläubigen, weil die bisher dahin geführten Haufen nicht geeignet waren, es mit den tapfern Muhamedanern aufzunehmen. Es waren ja sogar knrz vorher, angeregt durch die Reden eines französischen Hirtenknaben, welcher vorgab, himmlische Erscheinungen zu haben, 7000 Knaben nach dem Morgenlande aufgebrochen und bald darauf gar 30,000 Knaben und Mädchen eben deßhalb zu Schiffe gegangen; aber jene hatten sich schon in Italien zerstreut und diese waren durch einen Sturm nach der afrikanischen Küste geworfen worden, wo die Sarazenen sie theils niederhieben, theils zu Sklaven machten. Wenige kehrten in ihre Heimath zurück. Da nun der Papst Gregor Ix., ein mehr als achtzigjähriger, aber schöner, kräftiger Greis von unbezwingbarer Hartnäckigkeit, immer aufs neue auf den Kreuzzug drang, so ging der Kaiser endlich zu Schiffe; doch schon nach drei Tagen stieg er bei Otranto wieder ans Land, weil eine" Seuche auf der Flotte eingerissen war. Der Papst war darüber sehr entrüstet, schrie, das sei ein bloßer Vorwand, und that den Kaiser in den Bann. Dieser, um dem Gregor seinen guten

9. Theil 2 - S. 169

1880 - Stuttgart : Heitz
Gregor Ix. 169 Schwiegersohn, der entsetzliche Ezzelino da Romano, Herr von Verona, Padua und Vincenza. Seine Herrschsucht hatte ihn zum blutdürstigen Tiger gegen die gemacht, die ihm zu widerstehen wagten. Allein in Padua ließ er 12,000 Bürger todten, und da seine Gefängnisse nicht Raunl genug hatten, die Verdächtigen aufzunehmen, ließ er neue bauen und überzeugte sich selbst, ob auch kein Sonnenstrahl in diese finstern Gräber fiele. Die nicht getödtet wurden, ließ er, ehe er sie entließ, verstümmeln: ihnen die Nasen abschneiden, oder die Beine abhauen, oder die Augen ausquetschen. Später bekamen die Mailänder den Unhold in ihre Hände. In seiner Wuth riß er den Verband seiner Wunden auf und verschied endlich, indem er sich auf dem Boden seines Kerkers umherwälzte. Nach der Schlacht bei Corte nuova schickten die Lombarden Gesandte, baten um Frieden und versprachen Unterwerfung. „Ihr sollt ihn haben," sprach Friedrich zweideutig, „wenn ihr euch auf Gnade und Ungnade unterwerft." — „Nimmermehr!" antworteten sie; „es ist besser, daß wir unter unsern Schilden sterben, als am Galgen umkommen oder im Kerker verhungern." Man redete dem Kaiser zu, die Besiegten nicht aufs Aeußerste zu treiben, und das Beispiel seines Großvaters bedenkend, das Wort der Gnade auszusprechen. -»Ihr habt ein so schönes Reich," sprach einer seiner Räthe, „Ihr habt Alles, was einen Menschen beglücken kann; um Gotteswillen, warum stürzt Ihr Euch in diese neue Fehde?" — „Ihr habt Recht," antwortete Friedrich, „aber der Ehre wegen kann und will ich nicht zurück." Diese Härte war des Kaisers Unglück; nun traf ihn ein Schlag nach dem andern. Zuvörderst erneuerte der alte Gregor den Bann und gab ihm eine ganze Reihe^von Verbrechen schuld, z. B. daß er ein heimlicher Muha-medaner sei, weil er mit dem Sultan (et Kamel), der wirklich ein sehr edler Mann war, in Freundschaft gelebt hätte. Zugleich suchte er ihm überall Feinde zu erwecken und wandte sich mit der Absicht auch an Ludwig den Heiligen, erhielt aber von diesem folgende schöne Antwort: „Wir wissen nicht, mit welchem Rechte du einen so großen Fürsten, der keinen Höhern über sich und nicht einen Gleichen in der Christenheit neben sich hat, unüberführt verdammen und entsetzen kannst. Hätte Friedrich dies verdient, so könnte es nur durch eine Kirchenversamm-lung geschehen. Den Angaben seiner Feinde, unter denen du der erste bist, kann man nicht trauen. Gegen uns ist der Kaiser immer ein treuer Nachbar gewesen und wir haben nie gesehen, daß er

10. Theil 2 - S. 172

1880 - Stuttgart : Heitz
172 Mittlere Geschichte. 3. Periode. Deutschland. Peter stellte sich, um seine Verwirrung zu verbergen, aufgebracht über den Verdacht; der Kaiser aber wurde nur um so aufmerksamer und befahl mit drohendem Blicke dem Arzte, augenblicklich die Hälfte der Schale zu lehren. Dieser wurde bleich, nahm die Schale, ließ sie aber, als wenn er stolperte, hinfallen. Sogleich mußte der Rest des vergossenen Trankes gesammelt und einem Missethäter zum Trinken gegeben werden, und siehe da! dieser starb davon auf der Stelle. Friedrich verurtheilte den Arzt zum Blutgerüste, den schändlichen Peter aber, beide Augen zu verlieren; eine gräßliche, aber damals nicht ungewöhnliche Strafe. Doch kam es nicht dazu; denn Peter, von seinem bösen Gewissen geängstigt, rannte im Gefängnisse mit dem Kopfe gegen die Wand, zerschlug sich den Schädel und starb auf der Stelle. Wie schwer dem Kaiser es wurde, seinen Freund untreu zu finden, erkennt man aus den Worten, die man mehrmals, ehe er das Urtheil über ihn aussprach, von ihm ausrufen hörte: „Wehe! wehe mir! welch einen Mann muß ich bestrafen!" — So niedergebeugt, sehnte er sich herzlich nach Ruhe und Frieden, den er zu schmecken noch nie das Glück gehabt hatte. Er bat den heiligen Ludwig, ihn doch mit dem Papste auszusöhnen, und Ludwig unterließ auch nicht, das Seinige zu thun. Er erinnerte den Papst, man müsse ja seinem Feinde siebenzig Mal sieben Mal verzeihen, wenn es nöthig sei; aber alles war bei Innocenz vergebens, der sich freute, zu sehen, wie sein Feind bald zu Boden liegen würde. Wirklich vereinigte sich Alles, ihm das Leben recht zu verbittern. Sein treuer Taddeo starb ihm. Unter mehreren Söhnen war ihm einer vor allen lieb, wegen seiner zärtlichen Anhänglichkeit an den Vater. Enzio hieß er und war König von Sardinien. Mehrere Jahre schon hatte der treffliche Jüngling für seinen Vater sich mit den italienischen Städten, die es mit dem Papste hielten, herumgeschlagen. Da fiel er in einen Hinterhalt, den ihm die Einwohner von Bologna gelegt hatten, und wurde gefangen fortgeführt. Es war ein recht herzbrechender Anblick, wie der schöne Jüngling, dessen blonde Locken bis aus den Gürtel herabwallten, in der Mitte feiner Feinde nach Bologna gebracht wurde. Hoch ragte er über alle seine Mitgefangenen empor und aus feinen edlen Zügen sprach zugleich Muth und sanfte Trauer über fein Mißgeschick. Wohl war es hart dieses Mißgeschick; denn er wurde zu ewiger Gefangenschaft vernrtheilt. Wie jammerte der Kaiser, als er davon hörte! Er schrieb sogleich an die Bologneser, machte ihnen lockende Verheißungen, wenn sie den
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