Der
lieben 3 u g e n b
für
Schule und Haus.
Dies goldne Alt laß fein
Ins Herz dir eingeschrieben sei»;
Was du bei Zeiten übst und lernst,
Bleibt in des Lebens Kampf und Ernst.
Äklein auf Gott setz' dein Vertrau'»,
Darfst nicht auf Menschenhülfe bau'n,
Gott ist's, der Treu und Glauben hält,
Wenn dich verläßt die ganze Welt.
23ewahr' dein Herz stets unbefleckt,
Bis dich des Grabes Hügel deckt,
Wie eine Welle hell und klar
Sei deine Seele rein und wahr.
Christus, der wahre Gottessohn,
Kam in die Welt vom Himmelsthron;
Er ist der Sünder Trost und Heil,
Ihn lieben ist das beste Theil.
3^em Hungrigen brich gern dein Brot,
Hilf demem Nächsten in der Noth,
Sei, jenem Samariter gleich,
An Mitleid und Erbarmen reich.
^rgib in Demuth dich dem Herrn,
Er segnet ja so reich und gern.
Hält dich in seiner treuen Hut
Und meint's mit seinem Kind so gut.
^olg' deinen Ältern auf ihr Wort,
So hast du Segen fort und fort,
Mit Fleiß das Wort der Lehrer merk',
Daß sie mit Freuden thun ihr Werk.
Gehorsam sei der Obrigkeit,.
Die Ordnung und Gerechtigkeit,
Wie Gott dem Herrn sie wohl gefällt,
Im theuern Vaterland erhält.
Hab' herzlich lieb das Wort des Herrn,
Lies oft darin und hör' es gern,
Zur Kirche geh' mit allem Fleiß
Und leb' nach frommer Christenweis'.
3n deiner Jugend sollst du dich
Zur Arbeit halten stetiglich;
Hernach gar schwer die Arbeit ist,
Wenn du erst alt geworden bist.
>^ommt Leid und Trübsal über dich,
Häuft Noth und Kummer täglich sich,
So ruf' den Herrn zum Beistand an,
Weil Er allein dir helfen kann.
Lüg' und Betrug flieh' jederzeit,
Auch selbst den Schein der Falschheit
meid'.
Die Ehrlichkeit am längsten währt,
Der Lügner zur Verdammniß fährt.
Ä^it Gott fang' «It dein Tagwerk an.
So wird es stets sein wohlgethan,
Mit deinem Gott hör' wieder auf,
Das ist des Christen Tageslauf. —
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Erster Theil
1. Der Tag.
1. Mit Gott!
Ich weiß zwei Wörtlein; wenn die in deinem Herzen wohnen
für und für, so hast du Ruhe im Leben, Trost am Grabe und
Hoffnung über das Grab hinaus. Die beiden Wörtlein heißen:
Mit Gott!
Mit Gott steh auf, so wird der Tag ins Buch des Lebens
geschrieben; mit Gott schlaf ein, so schlummerst du sanft und
kummerlos. Mit Gott zur Schule, so lernst du Worte des Lebens;
mit Gott in die Fremde, so kehrst du wohlbehalten heim. Mit
Gott fang an, so gelingt dein Werk; mit Gott hör auf, so folgt
es dereinst dir nach. Mit Gott in Freuden, so sind sie dir
doppelt und ewig süß; mit Gott in Leiden, so sind sie ertragbar
und segensreich. Mit Gott in den Tod, so wird er ein fried-
licher Heimgang zum Vater; mit Gott ins Grab, so ruhst du im
Herrn bis zur herrlichen Auferstehung.
Mit Gott fang an, mit Gott hör auf, das ist der beste Lebens-
lauf. — Gott walt es! ist aller Bitte Mutter. — Fang dein Werk
mit Beten an, es ist um die Hälfte dann gethan.
Kurfürst Friedrich Hi., der Fromme, sagte seinem Sohne beim
Abschiede: „Gedenk in allem deinem Thun an Gott: geht dir's
wohl, so dank's ihm; geht dir's übel, so klag's ihm!"
Das Blatt grünt, so lange es am Zweige haftet; die Feder
erhebt sich zur Sonne, so lange sie am Adler hastet; Mensch und
Engel sind in dem Maße frei, selig und herrlich, je nachdem sie an
Gott haften. Kindlein, bleibet bei ihm!
2. Gott
Gott grüße dich! kein andrer Gruß
Gleicht dem an Innigkeit.
Gott grüße dich! kein andrer Gruß
Paßt so zu aller Zeit.
grüße dich!
Gott grüße dich! Wenn dieser Gruß
So recht vom Herzen geht,
Gilt bei dem lieben Gott der Gruß
So viel wie ein Gebet.
1
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Gott
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Extrahierte Personennamen: Jesus_Christ Jesum_Christum Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich
9
bald schmal, bald kurz, bald dick, doch bei euch jeden Augenblick, so
lang' die Sonn' am Himmel scheint; denn so nur, Kinder, ist's gemeint.
Wo weder Sonne scheint, noch Licht, ist auch der Kamerade nicht.
21.
O, wie wohl ist mir am Abend, wenn zur Ruh’ die Glocke
läutet: bim, bäum, bim, bäum, bim, bäum.
22. Abendgeläut.
Aus dem Dörflein da drüben vom Thurme herab, da läuten
die Menschen den Tag zu Grab'. Sie läuten und läuten, und ich
und du, wir hören gar gerne dem Läuten zu.
Wann sie läuten, dann sollen wir immerdar fein zum Singen
und Beten gerüstet sein. Wir halten die Glocke in größter Ehr';
denn's Läuten ist immer bedeutungsschwer.
Wann sie läuten am Sonntag, das klingt gar schön; da sollen
wir still zur Kirche geh'n und sollen, versammelt am heiligen Ort,
uns predigen lassen des Herren Wort.
Und zur Tauf' und zur Trauung läuten sie auch, das Läuten
ist immer ein heiliger Brauch. Und wird uns die letzte Ehre ge-
than, da fangen die Glocken zu läuten an.
Bet' eifrig! Jetzt schlagen sie dreimal drei. Die schwere Arbeit
ist nun vorbei. So schlagen am Abend die Christenleut' zu Ehren
der heil'gen Dreieinigkeit.
23. Das Glöcklein im Herzen.
Es pocht dein Herz den ganzen Tag; was es nur meinen und
wollen mag? Es pocht dein Herz die ganze Nacht; hast du das,
Kindlein, schon bedacht? Und pocht's so lang, oft laut, oft still,
hast du gefragt, was Herzchen will? Ein rührig Glöcklein ist es
eben, vom lieben Gott dir zu eigen gegeben. Er hing's an deiner
Seelen Thür und läutet es selber für und für, und stehet draußen
und harret still, ob ihm dein Glaube öffnen will, und läutet fürder
und harret fein, du wollest rufen: „Herein, herein!" — So pocht
dein Herz wohl Tag für Tag, und endlich, so thut's den letzten
Schlag, und mit dem letzten, den es gethan, da pocht es selber
am Himmel an und stehet draußen und wartet still, ob ihm Gott
Vater wohl öffnen will, und stehet draußen und harret fein, er
wolle rufen: „Herein, herein!" und sprechen: „Komm nur, mein
lieber Gast; ich fand bei dir auch fromme Rast. Wie du gethan,
so gescheh' dir heut': Geh' ein in des Himmels ew'ge Freud'."
24. Lob Gottes am Abend in den Alpen.
In einigen Alpenbezirken von Piemont und Savoien, in
denen die Bewohner zerstreut als Hirten wohnen, herrscht eine
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14
4
Braun st eine, einem Erze, das sich häufig unter anderen auch in
Thüringens Bergen findet, und durch welches die Töpfer ihren Gefäßen
die braune oder schwarze Glasur geben.
Der Scheidekünstler ist nun so weit, daß er vom Studiren zum
Probiren gehen kann. Um sich nicht eine sehr gefährliche Brandwunde
beizubringen, nimmt er nun mit einer Zange aus einem Wassergefäße
ein fingerlanges Ding heraus, das fast wie ein Stück von einem dicken
Wachsstocke aussieht. Das ist der Phosphor, der nur unter Wasser
an der Selbstentzündung verhindert werden kann. Mit einer Scheere
schneidet er vorsichtig, aber rasch ein kleines Stück ab, wirft es in
warmes Wasser und rührt es in diesem mit einem Glasstäbchen um,
bis es zergangen ist. Nun schüttet er Braunsteinpulver hinzu und ver-
wandelt das ganze Gemenge durch Gummi in einen Brei. In diesen
taucht er die Spitze des Hölzchens hinein, das er schon vorher mit
Schwefel überzogen hatte. Das Streichzündhölzchen ist fertig. Er braucht
nur zu warten, bis die Mischung trocken geworden ist. Dann reibt er
das Hölzchen an einem rauhen und harten Gegenstände, um die Wärme
hervorzubringen, welche der Phosphor zum Anbrennen braucht. Dabei
zerplatzt und verbrennt die Gummirinde, und durch den Sauerstoff,
welchen die Flamme sich aus der Luft holt, erfolgt das Fortbrennen
des Hölzchens.
30. Am Abend zu singen.
1. Müde bin ich, geh' zur Ruh',
schließe meine Äuglein zu.
Vater, laß die Augen dein
Ueber meinem Bette sein!
3. Alle, die mir sind verwandt,
Gott, laß ruh'n in deiner Hand!
Alle Menschen, groß und klein,
Sollen dir befohlen sein.
2. Hab' ich Unrecht heut' gethan,
Sieh es, lieber Gott, nicht an!
Deine Gnad' und Christi Blut
Macht ja allen Schaden gut.
4. Müde Augen schließe zu,
Kranke Herzen tröste du;.
Nimm uns endlich allzumal
Auf in deinen Himmelssaal!
31. Der Abendsegen.
Ich danke dir, mein himmlischer Vater, durch Jesum
Christum, deinen Sohn, daß du mich diesen Tag gnädiglich
behütet hast, und bitte dich, du wollest mir vergeben alle meine
Sünde, wo ich Unrecht gethan habe, und mich diese Nacht auch
gnädiglich behüten; denn ich befehle mich, meinen Leib und Seele
und alles in deine Hände. Dein heiliger Engel sei mit mir,
daß der böse Feind keine Macht an mir finde! Amen.
32. Abendgebet.
Breit’ aus die Flügel beide, Will Satan mich verschlingen,
O Jesu, meine Freude, So lass die Englein singen:.
Und nimm dein Küchlein ein! Dies Kind soll unverletzet sein!
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15
Auch euch, ihr meine Lieben, Gott lass euch ruhig schlafen,
Soll heute nicht betrüben Stell euch die güldnen Waffen.
Kein Unfall, noch Gefahr! Um’s Bett und seiner Helden
Schaar!
33. Der schnellste Flug.
Schnelle Schwingen hat Natur dem gewaltigen Aar gegeben.
Mit des Pfeiles raschem Schwung kann er sich zum Licht erheben;
Schwindelnd folgt das Auge nur ihm auf seiner Sonnenspur.
Doch noch schneller, als der Aar, sind des Lichtes goldne Wellen,
Das als Bote Gott bestellt, seinen Segen uns zu bringen.
Eilend durch den Himmelsraum folgt ihm der Gedanke kaum.
Und doch weiß ich Eines noch, mächtiger, als Aares Schnelle,
Rascher, als der junge Tag, schneller, als des Lichtes Welle,
Eines, desien Wunderbahn selbst die Wolken spalten kann.
Das Gebet ist's, 's ist der Laut, in des Jammers banger Stunde
Glaubensvoll zu Gott gesandt, aus des Herzens tiefstem Grunde,
Das Gebet, das grambeengt sich zum Vaterherzen drängt.
Selige Verkündigung! In dem weiten großen Leben
Wollte seiner Kinder Schmerz Gott den schnellsten Fittig geben;
Eh' die Lipp' es ihm vertraut, wird ihm unser Seufzer laut.
34‘ Altdeutsches Wiegenlied.
Schlaf sanft und wohl, schlaf, liebes Kind, dieweil die Enge!
bei dir sind. Sie sehen Gottes Angesicht; sie wachen hier und
schlunimern nicht.
Du schläfst und liegest weich dabei. Dein Heiland lag auf
Stroh und Heu, im finstern Stall auf Holz und Stein, du liegst
in deinem Wiegelein.
Dir störet Niemand Schlaf und Ruh'; ihm setzten tausend
Feinde zu. Du lebst ohn' einigen Verdruß, da er das Elend
leiden muß.
Gott segne deiner Mutter Schoß! Nimm zu, gedeih und werde
groß, fromm und an deiner Seele reich, an Weisheit deinem
Jesu gleich!
Dein Gott verkläre für und für das liebe Jesuskind in dir,
daß deine Seel' erkennt und faßt, was du am Kindlein Jesus hast.
Schlaf, liebes Kind, schlaf unbetrübt! Wenn Gott Verstand
und Jahre gibt, so wachs' im Geiste Tag und Nacht, bis dich Gott
ewig selig macht.
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sollte. Der Hausknecht hatte in dem schlimmen Wetter nicht erst weit nach
einem ihm bekannten Meister gehen mögen und rief den armen H.
Da dieser in seiner ärmlichen Kleidung und mit seiner von langem
Kummer schüchtern gewordenen Miene zu dem Fremden hineintritt, mißt
ihn der mit großen Augen, fragt ihn, ob er es sich wohl getraue, das ver-
langte Kleidungsstück zu fertigen; er, der Fremde, sei überaus eigensinnig,
und ihm habe noch kaum ein berühmter Meister Kleidungsstücke dieser Art
zur vollen Zufriedenheit und doch auch mit der nöthigen Bequemlichkeit ge-
fertigt. Das dazu bestimmte Tuch sei sehr fein und theuer; es sei deshalb
sehr schade, wenn es verdorben würde; er wolle ihm lieber einige Groschen
für seinen Gang geben und einen anderen Meister rufen lassen. Der arme,
in seinem Handwerke wirklich geschickte H. fühlt sich durch diesen Mangel an
Zutrauen tief gekränkt, versichert, er wolle den Fremden wohl zufrieden
stellen; und dieser, den etwas in der Miene des H. Liegendes oder sonst ein
anderer Grund nachgiebig macht, gibt ihm das Tuch mit der Äußerung,
nun, er wolle das Tuch nur einmal an eine sehr wahrscheinlich mißlingende
Arbeit wagen.
Die Liebe gibt dem armen, vor Hunger sehr müden H. Kraft, die ganze
Nacht hindurch zu arbeiten. Er sitzt ja bei dem Bette seiner lieben Frau
und seines kranken Kindes, die er morgen beide wird erquicken können.
Wenn die Kräfte nicht mehr aushalten, wenn die Augenlider zusammen sinken
wollen, sieht er die beiden Schlafenden an. Die matte Hand erhält Kraft,
wenn er sie auf die kranke heiße Hand seiner lieben Frau oder aus die heute
recht bleich aussehende Wange des Kindes legt. So ist gegen Morgen die
Kleidung fertig.
Er trägt sie zur bestimmten Stunde dem Fremden hin, und dieser findet
sie so vollkommen nach seinem Wunsche, daß er dem armen Schneider mehr
gibt, als gewöhnlich, und da er die Freudenthränen sieht auf der bleichen
Wange, noch mehr. Der Arme geht und erquickt sich und die Seinen.
Aber sein gestriges Abendgebet aus dem geängstigten und zerschlagenen
Herzen war auf eine Weise erhört worden, wie er sich es heute, so sehr auch
seine Seele voll Freude und Hoffnung, sein Mund voll Dankes war, nicht
träumen lassen konnte. Der Fremde blieb jenen Tag noch in Altenburg und
fand in einer vornehmen Gesellschaft Gelegenheit, den armen Schneider als
einen in seinem Handwerke ganz vorzüglich geschickten Meister zu empfehlen.
Einige der Anwesenden merkten sich Wohnung und Namen; und von nun an
fand H. so viele Arbeit, daß er sich nie mehr mit den Seinen hungrig schlafen
legen durfte und später sein Auskommen sehr gut hatte.
Wenn die Noth am größten ist, ist die Hülfe am nächsten. — Je größer
die Noth, je näher Gott. — Bete, als wenn kein Arbeiten hülfe; arbeite,
als wenn kein Beten hülfe. — Noth lehrt beten; Arbeit lehrt, wie man
gegen Noth sich wehrt. — Wer fröhliche Nacht sucht, verliert guten Tag.
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27
Gib deinen letzten Thaler aus und kauf ein Bibelbuch in’s Haus!
Schlag’s mit dem ersten Lächeln auf, hab’ all’ dein Sehn’n und Sinnen
d’rauf.
Fang’ drin die A-b-c-schul’ an und buchstabir und lies sodann,
Und lies dich immer mehr hinein, schlag’ auf darin dein Kämmerlein,
Und lies dich immer mehr heraus, mach dir ein wahres Bollwerk draus,
Und pflanze still hoch oben drauf die allerschönsten Sprüchlein auf;
Hell lass sie flattern, muthig wehn, als deine Banner lass sie seh’n,
Als deinen Schild drück’s an dein Herz und halt’ dich dran in Freud’
und Schmerz.
O du mein liebes Menschenkind, hast du noch keins, so kaufe geschwind,
Und ging dein letzter Groschen drauf, geh’ eile, flieg’ und schlag’ es auf,
Lies mit Gebet und schlag es du nur mit des Sarges Deckel zu.
Des Lesens und des Lebens Lauf beginn’ und höre mit ihm auf.
50. Habe Gottes Wort werth und lieb.
Im Jahre 1816 scheiterte an der klippenvollen Küste von
Schottland in einem heftigen Sturme ein schwedisches Schiff. Das
Volk stand in großen Schaaren am Strande, hatte ein Herz zu
helfen und war auch sonst der Kämpfe mit dem ungetreuen Elemente
gewohnt; aber durch diese wilden Wogen wagte sich kein Lotse hin-
durch. So ward denn ein Stück des Schiffes nach dem andern
weggerissen, und ein Mann von der Besatzung nach dem andern
sank in die kalte Tiefe; die Wellen wurden ihre Grabhügel. Nur
ein Jüngling hatte sich mit Stricken vom Tauwerk an ein Stück
vom zerbrochenen Maste gebunden. Die Fluth trieb eine Weile mit
ihm ihr Spiel; endlich warf sie ihn zwar noch lebend, aber ohne
Bewußtsein an das Land. Das Volk war gleich herbei, ihm hülf-
reiche Hand zu leisten, ihn von seinem Wrack loszubinden und den
glimmenden Funken des Lebens wieder zur hellen Flamme anzu-
fachen. Da bemerkte man, daß er sich mit einem Tuche ein Bünd-
lein fest um den Leib gebunden hatte. Es tauchte die Frage auf:
„Was mag er darin haben?" Einer meinte: „Es ist sein Geld,"
ein Anderer: „Es ist seine Uhr," ein Dritter: „Es sind die Schiffs-
papiere. Und Alle hatten Unrecht und doch auch Recht. Es war
das Geld, welches dann noch gilt, wenn alles Andere seinen Gehalt
verloren hat. Es war die Uhr, welche allein richtig zeigt, was es
in uns, in der Kirche, in der Welt an der Zeit' ist. Es waren
die Schiffspapiere, welche angeben, was unser Herzensschiff laden
soll, wer der Steuermann sein und welchen Weg es nehmen soll,
wenn es glücklich an der Küste des einigen ewigen Festlandes an-
landen will. Als man das Bündlein öffnete, war eine viel ge-
brauchte Bibel darin. Der Vater des Jünglings hatte auf das erste
weiße Blatt das Gebet geschrieben, der Herr wolle diese Mitgift
dazu dienen lassen, daß sein Sohn vom ewigen Verderben errettet
werde.. Auf dem letzten weißen Blatte stand von derselben Hand
die Erinnerung, daß der Sohn dies theure Buch zu einem steten
Rathgeber machen solle, und zugleich das Bekenntniß, daß der Vater
sein Kind nicht habe aus dem Hause lassen können, ohne ihm dies
beste Unterpfand seiner Liebe mitzugeben.
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29
Hufe" meldet und bittet, ihn als solchen wieder einzusetzen. Die Schau
erklärt, ihm sein väterlich Erbe nicht vorenthalten zu wollen, wenn er
sich ausweisen könne.
Er fragt nach diesem und jenem aus seiner Freundschaft und
Verwandtschaft, — sie sind todt. Er nennt die Nachbarn und alten
Bekannten, — man kennt sie nur noch dem Namen nach, auch sie sind
todt oder verschollen im Elend der Kriegszeit. Da steht er schmerzlich
gebeugt, auf dem heimathlichen Boden ein Fremdling. Schwarz auf
Weiß kann er's nicht beweisen, die Schau will von dannen reiten.
Plötzlich ruft er und bittet ein wenig zu halten; er habe etwas gefunden,
dem sie vielleicht glauben würden. „Als ich vor Jahren Haus und
Hof verließ, wollte ich dem Feinde meine Bibel nicht hinterlassen zu
Spott und Hohn, ich stieg auf die große Eiche unweit meines Hofes,
ihr kennt sie ja, und legte die Bibel in ein großes Nabennest zwischen
die Äste. In dieser Bibel stehet mein Name geschrieben. Kommt
und sehet, ob Gottes Wort für mich redet, wenn die Menschen schweigen."
Man reitet hin, besteigt den Baum, das Nest ist noch darauf,
man untersucht es, und ganz umbaut von Reisig und Moos liegt
ziemlich gut erhalten die in Pergament gebundene Bibel!
Die Schau sieht die Bibel und des Heimgekehrten Namen darin
und gibt ihm sein väterlich Erbe zurück. Der Herr hatte selbst für
ihn gezeugt! Falke zog ein und gründete noch einen Hausstand, den
er wohl gottselig geführet hat; denn noch jetzt leben seine Nachkommen
im Segen auf demselben Hofe, mit ihnen alte Sitte und alte Treue.
Vor mehr denn Jahresfrist segnete der Pastor F. in H., zu dessen
Parochie Kleinholzhausen gehört, die jetzigen Besitzer als goldenes Hoch-
zeitspaar ein, und die ganze Wische regte sich in Theilnahme für das
Falkesche Ehepaar.
52. Ernst des Frommen Bibel.
1. Ein zarter Fürstenknabe schrieb auf ein Blatt Papier:
„Lieb’ Mutter, eine Gabe wünsch’ ich zu Weihnacht mir.
2. Bitt’ dir doch aus die Bibel für mich vom heil’gen
Christ; sie sei auch meine Bibel, da sie die deine ist.“
3. Die Mutter sah die Zeilen und küsste still das Und,
sie schickte sonder Weilen fort nach dem Angebind.
4. Und als im Kerzenschimmer der Weihnachtsabend kam,
gab's in der Mutter Zimmer Geschenke wundersam.
5. Auf kleinem Hausaltarq, bedeckt mit rothem Tuch,
vor hellem Kerzenpaare lag frei das Gottesbuch.
6. Der freudetrunk’ne Knabe liess allen Flittertand und
nahm allein die Gabe mit Ehrfurcht in die Hand.
7. Er gab der Mutter sinnig des Dankes Zeichen kund;
sie freute sich herzinnig und küsst’ ihm Stirn’ und Mund.
8. Sie liess ihn mit dem Buche in stiller Lust allein; er
las in einem Zuge und las sich tief hinein.
9. Er las, indess die Kerzen verbrannten unbemerkt, und
fühlt’ im Geist und Herzen sich wunderbar gestärkt.
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10. Er las nun alle Morgen, las alle Abend’ drin, es
blieb ihm nicht verborgen der Offenbarung Sinn.
11. Er las daraus, was nütze zur Lehr’ und Bess’rung
ist, was vor der Sünde schütze, und ward ein echter Christ.
12. Er ward ein Fürst vollkommen nach Gottes heil’gem
Wort. Man nennt ihn schön den Frommen und ehrt ihn fort
und fort.
53. Sprüche und Sprüchwörter.
Gott hat dem Menschen zwei Bücher vorgelegt, darin er sich wohl
soll umsehen: das Buch der Natur und die heilige Schrift. Denn weil
das erste Buch etwas schwer und undeutlich zu lesen war, wie an den
Heiden und ihrem thörichten Aberglauben zu sehen, so ist das andere
noch dazu gekommen. — Die Natur ist eine Hand Gottes, die Gnade
sein Herz; diese Hand zu küssen und an diesem Herzen zu ruhen, das
ist ein Gang durch Zeit und Ewigkeit. — Natur, Gottes Spur, der Mensch,
Gottes Bild, Christus, des Vaters Ebenbild, Gott das Leben, das Licht,
die Liebe. — Drei Testamente reden, Mensch, von deines Gottes Wesen:
willst du das erste recht versteh’n, musst du im zweiten lesen; willst
wieder du in’s zweit’ hinein, musst du des dritten kundig sein. — Ich
habe nun, sagt Luther, etliche Jahre die Bibel jährlich zweimal aus-
gelesen, und wenn sie ein grosser mächtiger Baum wäre, und alle Worte
wären Ästlein und Zweiglein, so habe ich doch an allen Ästlein und
Zweiglein angeklopft und gern wissen wollen, was daran wäre, und was
sie vermöchte, und allezeit noch ein paar Früchte heruntergeklopft. —
Die heilige Schrift ist wie ein wohlriechendes Kräutlein; je mehr du es
reibst, je mehr duftet es. — Es steht alles in der Bibel, es stehen
alle in der Bibel, die sonst in keinem Testamente bedacht sind, hier
sind sie es in zweien. — Nur die dunkeln Stellen unseres Herzens machen
es, dass wir so viele dunkle Bibelstellen finden. — Als Johannn dem Be-
ständigen, dessen Wahlspruch war: Gottes Wort bleibet in Ewigkeit,
während seiner Gefangenschaft in Augsburg von Kaiser Karl V. die
Anhörung evangelischer Predigten verboten wurde, liess er ihm sagen,
dass er des reinen Wortes Gottes so wenig entbehren könne, als der
Speise und des Trankes. — Gott im Herzen, die Schrift in der Hand,
fährest du wohl zu Wasser und Land. — Lerne, als lebtest du immer-
fort, lebe, als müsstest du morgen schon fort.-Wie einer liest in
der Bibel, so steht an seinem Hause der Giebel. — Die Bibel ist ein
goldnes Buch, ein Edelstein jedweder Spruch. — Je tiefer man gräbt,
desto mehr Wasser man findet. — Licht bleibt Licht, sieht’s gleich der
Blinde nicht. — Dass viele irre gehen, macht den Weg nicht richtig. —
54. Die Bibelgesellschaften.
Brüssel und Halle liegen ein gut Stück aus einander, und doch
hat sie einmal Gott in der Geschichte seines Reiches einander so nahe
gebracht, Wie in der alten Hahnenfibel das A und das B einander
nahe sind. In Brüssel hat er nämlich einen gezwungen, A zu sagen.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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