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1. Für Oberklassen - S. 1

1870 - Altenburg : Bonde
Erster Theil 1. Der Tag. 1. Mit Gott! Ich weiß zwei Wörtlein; wenn die in deinem Herzen wohnen für und für, so hast du Ruhe im Leben, Trost am Grabe und Hoffnung über das Grab hinaus. Die beiden Wörtlein heißen: Mit Gott! Mit Gott steh auf, so wird der Tag ins Buch des Lebens geschrieben; mit Gott schlaf ein, so schlummerst du sanft und kummerlos. Mit Gott zur Schule, so lernst du Worte des Lebens; mit Gott in die Fremde, so kehrst du wohlbehalten heim. Mit Gott fang an, so gelingt dein Werk; mit Gott hör auf, so folgt es dereinst dir nach. Mit Gott in Freuden, so sind sie dir doppelt und ewig süß; mit Gott in Leiden, so sind sie ertragbar und segensreich. Mit Gott in den Tod, so wird er ein fried- licher Heimgang zum Vater; mit Gott ins Grab, so ruhst du im Herrn bis zur herrlichen Auferstehung. Mit Gott fang an, mit Gott hör auf, das ist der beste Lebens- lauf. — Gott walt es! ist aller Bitte Mutter. — Fang dein Werk mit Beten an, es ist um die Hälfte dann gethan. Kurfürst Friedrich Hi., der Fromme, sagte seinem Sohne beim Abschiede: „Gedenk in allem deinem Thun an Gott: geht dir's wohl, so dank's ihm; geht dir's übel, so klag's ihm!" Das Blatt grünt, so lange es am Zweige haftet; die Feder erhebt sich zur Sonne, so lange sie am Adler hastet; Mensch und Engel sind in dem Maße frei, selig und herrlich, je nachdem sie an Gott haften. Kindlein, bleibet bei ihm! 2. Gott Gott grüße dich! kein andrer Gruß Gleicht dem an Innigkeit. Gott grüße dich! kein andrer Gruß Paßt so zu aller Zeit. grüße dich! Gott grüße dich! Wenn dieser Gruß So recht vom Herzen geht, Gilt bei dem lieben Gott der Gruß So viel wie ein Gebet. 1

2. Für Oberklassen - S. 2

1870 - Altenburg : Bonde
2 3. ©oft grüßt Manchen, der ihm nicht dankt. - Gott grüßt Manchen, der ihm nicht dankt, z. B.: Wenn dich früh die Sonne zu einem neuen, kräftigen Leben weckt, so bietet er dir: Guten Morgen! Wenn sich Abends dein Auge zum erquick- lichen Schlummer schließt: Gute Nacht! Wenn du mit gesundem Appetite dich zur Mahlzeit setzest: Wohl bekomm's! Wenn.du eine Gefahr noch zur rechten Zeit entdeckst, so sagt er: Nimm dich in Acht, junges Kind oder altes Kind, und kehre lieber wieder um! Wenn du am schönen Maitag im Blüthen- duft und Lerchengesang spazieren gehst, und es ist dir wohl, sagt er: Sei willkommen in meinem Schloßgarten! Oder du denkst an nichts, und es wird dir auf einmal wunderlich im Herzen und naß in den Augen und denkst: Ich will doch anders werden, als ich bin, so sagt er: Merkst du, wer bei dir ist? Oder du gehst an einem offenen Grabe vorbei, und es schauert dich, so denkt er just nicht daran, daß du lutherisch oder reformirt bist, und sagt: Gelobt sei Jesus Christ! Also grüßt Gott Manchen, der ihm nicht antwortet und nicht dankt. Gott begegnet dir überall, wo du ihn grüßen möchtest. 4. Der Morgensegen. Ich danke Dir, mein himmlischer Vater durch Jesum Christum, Deinen lieben Sohn, daß Du mich diese Nacht vor allem Schaden und Gefahr behütet hast, und bitte Dich, „Du wollest mich diesen Tag auch behüten vor Sünden und allem Übel, daß Dir all mein Thun und Leben gefalle; denn ich befehle mich, meinen Leib, Seele und alles in Deine Hände. Dein heiliger Engel sei mit mir, daß der böse Feind keine Macht an mir finde! Amen. Morgensegen und Abendsegen ist Tagessegen auf allen Wegen. 5. Friedrich der Große und sein Kammerdiener. Friedrich der Große arbeitete oft anhaltend bis in die Nacht hinein. Einst saß er noch arbeitend an seinem Pulte, als die Mitternachtsstunde schon geschlagen hatte. Da trat sein Kammer- diener Heise in das Zimmer. Dieser stand bei Friedrich in großer Gunst und konnte sich schon erlauben, was ein Anderer nicht wagen durfte. Jetzt erinnerte er den König, daß es schon spät und Zeit zur Ruhe sei. Der König sagte: „Ich habe da eine wichtige Arbeit vor, die keinen Aufschub leidet. Wenn ich jetzt zu Bette gehe, so muß Er mich spätestens morgen früh um 4 Ühr wecken. Ich werde dann noch schläfrig sein und nicht aufstehen und Ihn wieder weg- schicken wollen. Aber ich befehle Ihm, daß Er sich nicht abweisen läßt. Wenn ich nicht aufstehen will, so ziehe Er mir nur die Bett- decke weg. Hört Er?" Mit dem Schlage vier trat Heise ein. Der

3. Für Oberklassen - S. 20

1870 - Altenburg : Bonde
20 sollte. Der Hausknecht hatte in dem schlimmen Wetter nicht erst weit nach einem ihm bekannten Meister gehen mögen und rief den armen H. Da dieser in seiner ärmlichen Kleidung und mit seiner von langem Kummer schüchtern gewordenen Miene zu dem Fremden hineintritt, mißt ihn der mit großen Augen, fragt ihn, ob er es sich wohl getraue, das ver- langte Kleidungsstück zu fertigen; er, der Fremde, sei überaus eigensinnig, und ihm habe noch kaum ein berühmter Meister Kleidungsstücke dieser Art zur vollen Zufriedenheit und doch auch mit der nöthigen Bequemlichkeit ge- fertigt. Das dazu bestimmte Tuch sei sehr fein und theuer; es sei deshalb sehr schade, wenn es verdorben würde; er wolle ihm lieber einige Groschen für seinen Gang geben und einen anderen Meister rufen lassen. Der arme, in seinem Handwerke wirklich geschickte H. fühlt sich durch diesen Mangel an Zutrauen tief gekränkt, versichert, er wolle den Fremden wohl zufrieden stellen; und dieser, den etwas in der Miene des H. Liegendes oder sonst ein anderer Grund nachgiebig macht, gibt ihm das Tuch mit der Äußerung, nun, er wolle das Tuch nur einmal an eine sehr wahrscheinlich mißlingende Arbeit wagen. Die Liebe gibt dem armen, vor Hunger sehr müden H. Kraft, die ganze Nacht hindurch zu arbeiten. Er sitzt ja bei dem Bette seiner lieben Frau und seines kranken Kindes, die er morgen beide wird erquicken können. Wenn die Kräfte nicht mehr aushalten, wenn die Augenlider zusammen sinken wollen, sieht er die beiden Schlafenden an. Die matte Hand erhält Kraft, wenn er sie auf die kranke heiße Hand seiner lieben Frau oder aus die heute recht bleich aussehende Wange des Kindes legt. So ist gegen Morgen die Kleidung fertig. Er trägt sie zur bestimmten Stunde dem Fremden hin, und dieser findet sie so vollkommen nach seinem Wunsche, daß er dem armen Schneider mehr gibt, als gewöhnlich, und da er die Freudenthränen sieht auf der bleichen Wange, noch mehr. Der Arme geht und erquickt sich und die Seinen. Aber sein gestriges Abendgebet aus dem geängstigten und zerschlagenen Herzen war auf eine Weise erhört worden, wie er sich es heute, so sehr auch seine Seele voll Freude und Hoffnung, sein Mund voll Dankes war, nicht träumen lassen konnte. Der Fremde blieb jenen Tag noch in Altenburg und fand in einer vornehmen Gesellschaft Gelegenheit, den armen Schneider als einen in seinem Handwerke ganz vorzüglich geschickten Meister zu empfehlen. Einige der Anwesenden merkten sich Wohnung und Namen; und von nun an fand H. so viele Arbeit, daß er sich nie mehr mit den Seinen hungrig schlafen legen durfte und später sein Auskommen sehr gut hatte. Wenn die Noth am größten ist, ist die Hülfe am nächsten. — Je größer die Noth, je näher Gott. — Bete, als wenn kein Arbeiten hülfe; arbeite, als wenn kein Beten hülfe. — Noth lehrt beten; Arbeit lehrt, wie man gegen Noth sich wehrt. — Wer fröhliche Nacht sucht, verliert guten Tag.

4. Für Oberklassen - S. 29

1870 - Altenburg : Bonde
29 Hufe" meldet und bittet, ihn als solchen wieder einzusetzen. Die Schau erklärt, ihm sein väterlich Erbe nicht vorenthalten zu wollen, wenn er sich ausweisen könne. Er fragt nach diesem und jenem aus seiner Freundschaft und Verwandtschaft, — sie sind todt. Er nennt die Nachbarn und alten Bekannten, — man kennt sie nur noch dem Namen nach, auch sie sind todt oder verschollen im Elend der Kriegszeit. Da steht er schmerzlich gebeugt, auf dem heimathlichen Boden ein Fremdling. Schwarz auf Weiß kann er's nicht beweisen, die Schau will von dannen reiten. Plötzlich ruft er und bittet ein wenig zu halten; er habe etwas gefunden, dem sie vielleicht glauben würden. „Als ich vor Jahren Haus und Hof verließ, wollte ich dem Feinde meine Bibel nicht hinterlassen zu Spott und Hohn, ich stieg auf die große Eiche unweit meines Hofes, ihr kennt sie ja, und legte die Bibel in ein großes Nabennest zwischen die Äste. In dieser Bibel stehet mein Name geschrieben. Kommt und sehet, ob Gottes Wort für mich redet, wenn die Menschen schweigen." Man reitet hin, besteigt den Baum, das Nest ist noch darauf, man untersucht es, und ganz umbaut von Reisig und Moos liegt ziemlich gut erhalten die in Pergament gebundene Bibel! Die Schau sieht die Bibel und des Heimgekehrten Namen darin und gibt ihm sein väterlich Erbe zurück. Der Herr hatte selbst für ihn gezeugt! Falke zog ein und gründete noch einen Hausstand, den er wohl gottselig geführet hat; denn noch jetzt leben seine Nachkommen im Segen auf demselben Hofe, mit ihnen alte Sitte und alte Treue. Vor mehr denn Jahresfrist segnete der Pastor F. in H., zu dessen Parochie Kleinholzhausen gehört, die jetzigen Besitzer als goldenes Hoch- zeitspaar ein, und die ganze Wische regte sich in Theilnahme für das Falkesche Ehepaar. 52. Ernst des Frommen Bibel. 1. Ein zarter Fürstenknabe schrieb auf ein Blatt Papier: „Lieb’ Mutter, eine Gabe wünsch’ ich zu Weihnacht mir. 2. Bitt’ dir doch aus die Bibel für mich vom heil’gen Christ; sie sei auch meine Bibel, da sie die deine ist.“ 3. Die Mutter sah die Zeilen und küsste still das Und, sie schickte sonder Weilen fort nach dem Angebind. 4. Und als im Kerzenschimmer der Weihnachtsabend kam, gab's in der Mutter Zimmer Geschenke wundersam. 5. Auf kleinem Hausaltarq, bedeckt mit rothem Tuch, vor hellem Kerzenpaare lag frei das Gottesbuch. 6. Der freudetrunk’ne Knabe liess allen Flittertand und nahm allein die Gabe mit Ehrfurcht in die Hand. 7. Er gab der Mutter sinnig des Dankes Zeichen kund; sie freute sich herzinnig und küsst’ ihm Stirn’ und Mund. 8. Sie liess ihn mit dem Buche in stiller Lust allein; er las in einem Zuge und las sich tief hinein. 9. Er las, indess die Kerzen verbrannten unbemerkt, und fühlt’ im Geist und Herzen sich wunderbar gestärkt.

5. Für Oberklassen - S. 34

1870 - Altenburg : Bonde
Hausväter Häusern und in ihrer Kinder Herzen erhalten und vor neuem Flickwerk gnädig behüten. Sabine, Kurfürstin von Brandenburg, Gemahlin Johann Georgs, hat gesagt: „Luther bleibt wohl Luther, und wird's ihm so bald keiner nachthun. Meine Kinder sollen den Katechismus lernen; wenn sie den recht verstehen, haben sie genug gelernt." Fürst Joachim von Anhalt, ein sehr gelehrter Mann, schrieb eigenhändig in seinen kleinen Katechismus: „Nächst der Bibel ist dies mein bestes Buch," und Herzog Friedrich Ii. von Lieg- nitz hatte ihn so lieb, daß er befahl, ihm dies Büchlein in die Hand zu geben, wenn er begraben würde. Ja, selbst ein katholischer Theolog in Venedig", der den Katechismus gelesen hatte, ohne zu wissen, daß er von Luther war, sagte: „Selig sind die Hände, die dieses Buch geschrieben haben." Der berühmte Geschichtsforscher Leop. Ranke urtheilt über das Buch also: „Der Katechismus, den Luther 1529 herausgab, von dem er sagte, er bete ihn selbst, so ein alter Doctor er auch sei, ist ebenso kindlich, als tiefsinnig, so faßlich, wie unergründlich, einfach und erhaben. Glückselig, wer seine Seele damit nährte, daran festhält. Er besitzt einen unvergleichlichen Trost in jedem Augenblicke, nur hinter einer leichten Hülle den Kern der Wahrheit, der dem Weisesten der Weisen genug thut." Bis jetzt ist der Lutherische Katechismus in 31 fremde Sprachen übersetzt. 56. Der Mann mit dem Kameele. Es ging ein Mann im Syrerland, Führt’ ein Kameel am Halfterband. Das Thier mit grimmigen Geberden Urplötzlich anfing scheu zu werden Und that so ganz entsetzlich schnaufen, Der Führer vor ihm musst’ entlaufen. Er lief und einen Brunnen sah Von ungefähr am Wege da. Das Thier hört’ er im Rücken schnauben, Das musst’ ihm die Besinnung rauhen. Er in den Schacht des Brunnens kroch. Er stürzte nicht, er schwebte noch. Gewachsen war ein Brombeerstrauch Aus des geborstnen Brunnens Bauch; Daran der Mann sich fest that klammern Und seinen Zustand d’rauf bejammern. Er blickte in die Höh’ und sah Dort das Kameelhaupt furchtbar nah, Das ihn wollt’ oben fassen wieder; Dann blickt er in den Brunnen nieder; Da sah am Grund er einen Drachen Aufgähnen mit entsperrtem Rachen, Der drunten ihn verschlingen wollte, Wenn er hinunter fallen sollte. So schwebend in der Beiden Mitte, Da sah der Arme noch das Dritte. Wo in die Mauerspalte ging Des Sträuchleins Wurzel, dran er hing, Da sah er still ein Mäusepaar, Schwarz eine, weiss die andre war. Er sah die schwarze mit der weissen Abwechselnd an der Wurzel beissen. Sie nagten, zausten, 'gruben, wühlten, Die Erd’ ab von der Wurzel spülten;

6. Für Oberklassen - S. 37

1870 - Altenburg : Bonde
37 Boote theerten, den Mann, dem Eise nicht mehr zu trauen, und es brach auch bald ein, so daß er nur noch an einer Scholle sich festhielt. Alle Versuche, den Unglücklichen zu retten, waren ver- gebens; sie konnten ihm nicht nahe kommen, weil das eingeborstene Eis überall unter ihnen zusammen brach. Die Versuche dauerten über eine Viertelstunde. Da rief endlich ein alter Fischer dem Un- glücklichen zu: „Purgals, wir können dir nicht helfen; bete ein Vater-Unser und dann stecke den Kopf nur immer unter." Der Er- trinkende aber schaute nach oben, erhob die Hände zum Gebete und versank dann in den Wellen. 60. Brüderlein« Taufe. Brüderlein, getauft bist du, Gehörst nun dem Herrn Jesu zu. Den Namen hat er dir gegeben, Den du trägst dein ganzes Leben. Daran will er dich erkennen, Will sein liebes Kind dich nennen, Will dich rufen, will dich lehren, Will das Böse von dir wehren, Führt dich gar dem Himmel zu: Brüderlein, getauft bist du. 61. Die Taufe in Reinhardsbrunn. Es war im Jahre 1306, als Friedrich der Gebissene von Eisenachs Bürgern auf der Wartburg belagert wurde. Gerade während der Zeit der Belagerung wurde ihm von seiner Gemahlin Elisabeth eine Tochter geboren. Wie sollte das Kind getauft werden? Auf der Wartburg war damals kein Geistlicher. Andere Ältern würden sich schnell entschuldigt und gedacht haben: Wenn die Be- lagerung vorüber ist, soll das Kind schon getauft werden. Aber so dachte Friedrich nicht. „Nein," sagte er sich, „du hast so manchen kühnen Ritt unternommen, um Lano und Leute zu gewinnen; wohlan, jetzt gilt es, dem Kindlein die Wohlthat der heiligen Taufe zu ver- schaffen, und hier sollte ich zaudern?" Gedacht, gethan. Er umgibt sich mit 10 seiner Mannen und reitet mit ihnen, mit dem Kinde und dessen Amme in dunkler Nacht hinein in den Wald nach Rein- hardsbrunn zu. Die Feinde merken es, und zahlreich und rasch verfolgen sie ihn. Da schreit das Kind und will gestillt sein und läßt sich nicht bedeuten. Schon hört man die nahenden Feinde. „Das Kind soll es um dieser Jagd willen nicht entbehren," spricht Friedrich, „und sollte es auch das Thüringer Land kosten." Zur Abwehr gerüstet umstanden die Mannen den Säugling und die Amme. Allein die Verfolger verloren die Spur, zogen an Friedrich und seinen Leuten vorüber, und so brachte denn dieser die kleine Elsbeth glücklich nach Tanneberg, wo Abt Hermann von Reinhards- brunn die heilige Taufe an ihr vollzog. Ludwig Ix. von Frankreich: „Die drei Hände voll Waffer, mit denen ich einst besprengt worden bin, sind kostbarer, als die Königskrone, die ich jetzt auf diesem Haupte trage." —' Luther: „Ich bin getauft und gehe zum Tische des Herrn, das

7. Für Oberklassen - S. 39

1870 - Altenburg : Bonde
39 vor sich haben, das kann kein Mensch wisien. Jedenfalls leben sie noch, und hat es auch durchaus nicht den Anschein, als ob sie Willens wären zu übergeben, Auszügler zu werden und sich schließlich begraben zu lassen. Daran denken sie noch lange nicht, wie oft man sie auch schon todt gesagt und ihnen die Leichenrede gehalten hat. Daran sterben sie nicht, darüber können sie sich nur freuen. Denn je öfter Einer todt gesagt wird, desto länger lebt er in der Regel noch. Das ist eine be- kannte Sache. Allen voran, wie ein Löwe, schreitet das Lied: „Ein' feste Burg ist unser Gott." Daß es eine Bearbeitung des 46. Psalm ist, wissen töir recht gut. Die Familienähnlichkeit ist zu auffällig. Aber wann es entstanden, ob 1529 oder 1530 — das wissen wir gleich nicht, wenig- stens nicht mit Sicherheit. Es ist das eine Eigenthümlichkeit der ächten Heldenlieder überhaupt. Man weiß nicht genau, wann sie entstanden sind. Aber es ist das weiter kein großes Unglück, man braucht eben auch nicht alles zu wissen. Genug, daß das Lied überhaupt entstanden ist und daß wir's haben. Es ist das lutherischste unter allen Liedern Luthers. Der ganze Mann, wie er leibt und lebt, tritt uns in diesem Liede entgegen. Es war sein Lieblingslied, und schnell, sagt Jemand, als wären die Engel Gottes selber Boten gelaufen, flog's durch Deutsch- land. 1532 schon wurde es zu Schweinfurth in Franken von den Kin- dern des Nachts auf der Gasse gesungen. Nicht lange darnach auf dem Marktplatze zu Bernburg am hellen lichten Tage, und zwar von dem Fürsten Wolfgang von Anhalt. Das ging aber so zu. Der Fürst, ein guter Lutberaner, ward im Jahre 1537 von dem katholischen deut- schen Kaiser Karl V. in die Acht erklärt und seines Landes beraubt. Als der Achtbrief in Bernburg anlangte, setzte er sich zu Pferde, ritt durch die bestürzte Stadt und sang zum Abschied auf dem Marktplatze mit heller Stimme: „Ein' feste Burg ist unser Gott," namentlich aber die letzten Worte des 4. Verses: Nehmen sie den Leib, Gut, Ehr', Kind und Weib, Laß fahren dahin, Sie haben's kein Gewinn, Das Reich muß uns doch bleiben. Nachher verbarg er sich längere Zeit in Müllerstracht in der Mühle zu Körau, bis er 1550 wieder in den Besitz seines Landes ein- gesetzt wurde. Karl Y. ist überhaupt in die Geschichte unsers Liedes auf eine merkwürdige Weise verwickelt. Er war sehr schnell mit Absetzen und Vertreiben bei der Hand, und die Vertriebenen flüchteten sich regel- mäßig in die „feste Burg," welche „unser Gott ist." 1547 vertrieb er drei Glaubenszeugen, unter ihnen auch den bekannten Melanchthon, aus Wittenberg. Als die drei Männer auf ihrer Flucht in Weimar einzogen, hörten sie ein Mägdlein singen: „Ein' feste Burg ist unser Gott" und wurden dadurch sehr getröstet. Melanchthon aber sprach: „Singe, liebes Töchterlein, singe; du weißt nicht, was du für große Leute jetzo tröstest." 1548 vertrieb derselbe Kaiser die evangelischen

8. Für Oberklassen - S. 42

1870 - Altenburg : Bonde
63. Was Gott thut, das ist wohl gethan. „Ich sterbe nicht, nur mein Elend stirbt," sagt mit der Blut- zeugin Cäcilie jeder, der im lebendigen Glauben an Christum den letzten Feind überwunden hat. Er fährt dahin, auf den Lippen das Triumph- lied des Apostels: Tod, wo ist dein Stachel? Hölle, wo ist dein Sieg? Besiegt, bleibt er Sieger, gestorben, ist er lebendig. Solche und ähn- liche Gedanken waren es freilich nicht, welche dem Jenaischen Stadt- kantor Gastorius durch den Kopf gingen, als er im Jahre 1675 zum Tode krank auf seinem Bette lag. Eben hatte die alte Haushälterin ihm wieder einmal einen Löffel voll Arzenei eingegeben. Sie hatte vor die Lampe auf der Nußbaum-Kommode die große Nürnberger Bibel ge- stellt und sich in den mit Leder beschlagenen Lehnstuhl am Ofen gesetzt. Hier war sie, ermüdet von der Nachtwache, eingeschlafen. Gastorius lag mit offenen Augen da. Die Todtenuhr im alten Wandschranke hätte für diesen Abend ihr Picken sich ersparen können; auch ohne sie konnte der Kantor von dem alten Spruche nicht loskommen: Hin geht die Zeit, her kommt der Tod. Aber ein willkommner Bote wär er ihm nicht. „Fünf und zwanzig Jahre alt, und schon sterben! Habe bis vor Jahresfrist in meinem Leben nichts gehabt, als viele Mühe und schmale Kost. Jetzt sitze ich in Amt und Würden, bei voller Schüssel, da kommt das Ende. Ja, ja, je tiefer der Nagel in der Wand steckt, desto schwerer ist es ihn herauszuziehen." Da schlug es auf dem grünen Thürmchen der Stadtkirche acht Uhr. Es pochte leise an der Thüre, und herein trat ein junger Mann mit frischem Gesichte und blauen sinnigen Augen. „Wie ist es seit Mittag gegangen, Severus?" „Ach, Samuel, das Fieber macht einen Angriff nach dem andern; lange kann das der arme Leib nicht mehr aushalten. Es wird bald mit mir aus und vorbei sein. Aber du kommst heute spät, Samuel; es hat mich lange nach dir verlangt." „Seit einigen Stunden schon bin ich um dich gewesen, habe eine Arzenei bereitet für deine Seele. Hilf Gott, daß sie auch dem Leibe zu gute kommt!" Mit diesen Worten rückte er die Bibel ein wenig von der Lampe weg und las dem Jugendfreunde das Lied vor: Was Gott thut, das ist wohl gethan. Er war fertig. „Lies mir's noch einmal, Samuel!" — „so wird Gott mich ganz väterlich in seinen Armen halten, drum laß ich ihn nur walten," wiederholte der Kantor mit leiser, aber fröhlicher Stimme. Bei einer Viertelstunde war nichts zu hören, als der ein- tönige Schlag der Wanduhr und das Schnurren der Katze, die sich auf dem weichen Lager unter dem Ofen gütlich that. Über die eingefallenen Backen des Kantors schlich sich eine Thräne nach der andern; mit jeder fiel ein Sorgen - und Angststein von seiner Seele. „Habe Dank, Her- zensfreund. Ich kann mit vr. Martino sagen: Es war ein wunder- licher Krieg, da Tod und Leben rungen; das Leben das behielt den Sieg und hat den Tod verschlungen. Nun sterbe ich fröhlich und gebe es Gott! selig. Du hast mir den Tod zu einem Engel Gottes gemacht, der eine gar fröhliche Botschaft bringt: der Vater holt sein Kind heim zu ewiger Freude im Vaterhause." —

9. Für Oberklassen - S. 43

1870 - Altenburg : Bonde
„Gut, daß du kommst, Samuel," sagte am Morgen der Kantor zu seinem Freunde. „Dein Lied hat die ganze Nacht bei mir Wache gehalten, daß die Angst des Sterbens und die Gedanken der langen Todesnacht keine Macht an mir gefunden haben. Aber wir wollen auch im Tode verbunden bleiben. Du hast das Lied gemacht, ich die Melodie, diese Nacht. Setze dich her, ich will sie dir dictiren. Wenn sie in ein paar Tagen mich begraben, soll sie die Kantorei musiciren, aller Welt zur Kunde, daß einer im Glauben an seinen Vater im Himmel fröhlich von hinnen gegangen ist." Der Freund setzte die Melodie auf, es ist dieselbe, die du so oft gehört, selber gesungen hast. In Gottes Rathe war es anders beschlossen, als die beiden Freunde dachten. Der Kantor genas von seiner Krankheit, aber der siegreichen Schlacht, die er an jenem Abende mit seines Freundes Waffen wider den Tod geschlagen, hat er nimmer vergessen; jede Woche mußten ihm die Currentschüler das Lied unter seinen Fenstern singen. So ist es denn geschehen, daß es mancher fromme Student gehört und mit in sein Vaterland zurück genommen hat, daher es denn gar bald in der ganzen Lutherischen Kirche bekannt geworden ist. Und wer war Samuel? Ein paar Wochen später wanderte er von Jena aus über den waldigen Höhenzug der Wölmse nach Grüben, einem freundlichen Dörfchen in unserem Westkreise, 1 Stunde von Roda gelegen. Von dem Gipfel des Berges, an welchen sich das Pfarrhaus lehnte, tritt er durch die Thüre im Dache auf den Oberboden und geht die zwei Treppen hinunter in die Studirstube seines Vaters, des Pastors Rodigast. In der Kammer daneben hatte er am 19. Oktober 1649 das Licht der Welt erblickt. Gestorben ist er als Rector des Gym- nasiums zum grauen Kloster in Berlin, den 19. März 1708, hoch geachtet in der ganzen Stadt wegen seiner Gelehrsamkeit und seines Wandels in allem, was irgend eine Tugend und irgend ein Lob ist. 66. Gebrauch der Glieder. Soll dein Thun Gott wohl gefallen, So gebeut den Gliedern allen: Deinem Auge, daß es spähe Gutes fern und in der Nähe; Deinem Ohre, daß es höre Weisen Rath und fromme Lehre; Deiner Zunge, daß sie bringe Dank dem Schöpfer aller Dinge; Deinen Händen, daß sie spenden, Das Erworb'ne nicht verschwenden; Deinen Füßen, daß sie gern Gehen zu dem Haus des Herrn! So gebeut den Gliedern allen, Soll dein Thun Gott wohl gefallen. 67. Drei Paar und Einer. Du hast zwei Ohren und einen Mund; Willst du’s beklagen? Gar Vieles sollst du hören und Wenig drauf sagen. Du hast zwei Augen und einen Mund; Mach dir’s zu eigen: Gar Manches sollst du sehen und Manches verschweigen. Du hast zwei Hände und einen Mund; Lern’ es ermessen! Zwei sind da zur Arbeit und Einer zum Essen.

10. Für Oberklassen - S. 44

1870 - Altenburg : Bonde
44 68. Knabe und Hündchen. Knabe: Komm nur, mein Hündchen, zu deinem Herrn; ordentlich gerade sitzen lern! Hündchen: Ach, soll ich schon lernen und bin so klein? O laß es doch noch ein Weilchen sein! Knabe: Nein, Hündchen, es gehet am besten früh; denn später macht es dir große Müh'. Das Hündchen lernte, bald war's gescheh'n, da konnt' es schon sitzen und aufrecht geh'n, Getrost in das tiefste Wasser springen und schnell das Verlorne wiederbringen. Der Knabe sah seine Lust daran, lernt auch und ward ein kluger Mann. 69. Der dumme Hans. 1. Hänschen will ein Tischler werden, Ist zu schwer der Hobel; Schornsteinfeger will er werden, Doch das ist nicht-nobel; Hänschen will ein Bergmann werden, Mag sich doch nicht bücken; Hänschen will ein Müller werden, Doch die Säcke drücken; Hänschen will ein Weber werden, Doch das Garn zerreißt er: Immer, wenn er kaum begonnen, Jagt ihn fort der Meister. Hänschen, Hänschen, denke dran, Was aus dir noch werden kann! 2. Hänschen will ein Schlosser werden, Sind zu heiß die Kohlen; Hänschen will ein Schuster werden, Sind zu hart die Sohlen; Hänschen will ein Schneider werden, Doch die Nadeln stechen; Hänschen will ein Glaser werden, Doch die Scheiben brechen; Hänschen will Buchbinder werden — Riecht zu sehr der Kleister: Immer, wenn er kaum begonnen, Jagt ihn fort der Meister. Hänschen, Hänschen, denke dran, Was aus dir noch werden kann! 3. Hänschen hat noch viel begonnen, Brachte nichts zu Ende; Drüber ist die Zeit verronnen, Schwach sind seine Hände. Hänschen ist nun Hans geworden, Und er sitzt voll Sorgen, Hungert, bettelt, weint und klagt Abends und am Morgen: „Ach, warum nicht war ich Dummer In der Jugend fleißig? Was ich immer auch beginne — Dummer Hans nur heiß' ich. Ach, nun glaub' ich selbst daran, Daß aus mir nichts werden kann!" 70. Jungfer Margareth. 1. Das war die träge Margareth, Die wollte die Hand nicht regen; Da mußte die alte Mutter allein Wischen, waschen und fegen. 2. Das war die eitle Margareth, Die putzte sich schon am Morgen; Da mußte die alte Mutter allein Keller und Küche besorgen. 3. Das war die schöne Margareth, Die thät den Burschen gefallen; Sie tanzten und kosten gern mit ihr, Doch nahm sie keiner von allen. 4. Das war die verlaßne Margareth, Es kamen und gingen die Jahre, Vorbei war Putz und Spiel und Tanz, Die Mutter lag auf der Bahre. 5. Das ist die hungrige Margareth, Sie mag die Hand nicht rühren. Dort kommt sie mit dem Bettelsack Und bettelt vor den Thüren.
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