Vom westfäl. Frieden bis zur französischen Revolution.
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Schon der Cardinal Richelieu hatte durch die Stiftung der französi- Corneille,
scheu Akademie zur Beförderung der schönen Redekünste (1635) zum mâtiné,
Aufschwung der Wissenschaften einen guten Grund gelegt. Jetzt er-
hoben sie sich zu einer klassischen Blüte. Unter den geistlichen Red-
nern jener Zeit ragen besonders hervor Bossuet, Fenelon*), Bour-
daloue, Massillion, Flechier. Für das Drama waren Corneille, Racine
und Molière thätig. Corneille zeichnete sich im Erhabenen aus; seine
Tragödien ergreifen durch eine kraftvolle Sprache, großartige Charaktere
und treffende Schilderungen. Racine entzückte durch seinen vollendeten
Versbau und eine schöne Sprache, rührte durch seine fromme Be-
geisterung und setzte seine Zuhörer durch die tiefe Kenntniß des niensch-
lichen, insbesondere des weiblichen Herzens in Erstaunen. Molière
zeichnete in seinen Lustspielen mit treffendem Witze und schonungsloser
Geisel die Thorheiten seiner Zeit. La Fontaine wurde durch seine£a F°àn-
Fabeln ein Muster der Natürlichkeit und Wahrheit in der Darstellung
und eines gefälligen leichten Stils. Boileau, der scharfsinnige, witzige
und fein zeichnende Satiriker, geiselt die eigentlichen Laster seiner Zeit
und ist für die französische Literatur noch darum vou Bedeutung, daß
er in seiner urt poétique die Regeln für den Versbau und für die
verschiedenen Dichtungsarten aufstellt.
Durch diese großen Geister gewann die französische Sprache eine Die franzo-
so allgemeine Verbreitung unter den gebildeten Völkern Europa's, daß
sie die Umgangssprache derselben ward und die lateinische aus den Ver- Sprache der
Handlungen der Gesandten und Diplomaten verdrängte. untto'®"-
Von Ludwigs Hof ging aber auch der Geist der Leichtfertigkeit plomatcn.
und Frivolität, der Gleichgültigkeit gegen das Heilige, der Verschwen-
dungssucht und der Mode an die meisten großen und kleinen Höfe
Europa's über. Ludwigs Hof- und Privatleben ward hier bis ins
Kleinste nachgeahmt, und diese Nachäfferei untergrub nicht selten die
Wohlfahrt des Staates und des Volkslebens, wie das gleiche Treiben
Frankreich in seinen Grundfesten erschütterte. Obwohl Ludwig den
Anforderungen strenger Sittlichkeit nicht entsprach, so wußte er doch sten ängstlich
überall durch eine ängstlich vorgeschriebene Etiquette den königlichen na^ea^mt-
Anstand zu wahren. Er hielt sich gewöhnlich zu Versailles auf und
war von einem glänzenden Gefolge umgeben; denn er sah ängstlich
daraus, daß die angesehensten Familien und Personen sein Hoslager
Ludwigs
Hofleben
') Fenelon, der Erzieher des Herzogs von Bourgogne, Ludwigs Enkel, fiel
durch seine avaàres 6e Télémaque in Ungnade, weil man darin An-
spielungen ans den franzosischen Hof witterte.
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Extrahierte Personennamen: Cardinal_Richelieu Boileau Ludwigs Ludwigs Ludwig Ludwig Ludwigs Ludwigs Ludwigs_Enkel Ludwigs
Extrahierte Ortsnamen: Ludwigs_Hof Ludwigs_Hof- Frankreich
Von der Reformation bis zum westfälischen Frieden.
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Wesen und unerinüdeter Thatkraft; groß im Cabinet als kluger Ordner
der Staatsgeschäfte und tapfer im Felde als Führer der Heerschaaren.
Alle Fäden der Politik hielt er in seiner Hand und lenkte sie nach seinen,
in schweigsamer Seele verschlossenen Plänen, bei deren Ausführung ihm
jedes Mittel, selbst Falschheit und Wortbrüchigkeit, dienen mußte.
Zn gleicher Zeit mit Karl herrschten Franz I. von Frankreich und iein
u , , , Nebenbuhler
Heinrich Viii. von England, welche bei aller sonstigen Verschiedenheit
mit ihm den gleichen hochfahrenden despotischen Sinn und gewaltigen
Herrscherwillen hatten. Gerade deßhalb geriethen Karl und Franz mit
einander in Kampf, welchen eine unverkennbare durch die Gleichheit
ihrer Bestrebungen hervorgerufene Eifersucht anfachte und Ehrgeiz und
Ruhmsucht gewaltig in die Länge zog. Die Veranlassung gab das erobert Mat-
reiche Herzogthunl Mailand. Franz hatte es 1515 noch zu Lebzeiten tjnb 1515
Maximilians in der heißen Schlacht bei Marignano dem Herzog
Maximilian Sforza abgewonnen. Kaiser Karl, welcher Mailand, das
alte deutsche Lehen, nicht länger in den Händen seines tapferen aber
leichtsinnigen Gegners sehen mochte, griff zu den Waffen. Auf seiner
Seite standen der Papst Leo X. und Heinrich Viii., und während des
Kampfes trat sogar der Herzog Karl von Bourbon, einer der tapfersten
französischen Generäle, zu ihm über, weil er durch die Ränke der
Königin Mutter von Frankreich um den größten Theil seiner Erbgüter
gebracht worden war. Das französische Heer wurde in der ersten
Schlacht besiegt und zurückgedrängt; der edle Ritter Bayard (le etieva-
lier saus peur et sans reproche) fiel. Bald erholte sich Franz
wieder und eilte selbst nach Pavia; die Schweizer standen in seinem
Solde. Allein die deutschen Landsknechte unter Georg von Frunds-
berg und Sebastian Schärtlin brachten ihm bei Pavia eine entschiedene wird aber in
Niederlage bei. Franz gerieth selbst nach tapferer Gegenwehr, aus
mehreren Wunden blutend, in Gefangenschaft, und konnte wohl 1525 ■
an seine Mutter schreiben: „Madame, Alles ist verloren, nur die s^a»g«n
Ehre nicht!"
Karl zeigte große Mäßigung, als er in Madrid die Siegesbot-
schaft empfing. Er ließ dem gefangenen König die Freiheit anbieten,
wenn er Burgund abtreten, auf Italien verzichten und dem Herzoge
von Bourbon seine Besitzungen zurückgeben wolle. Allein darauf ging
Franz nicht ein, sondern verlangte nach Spanien geführt zu werden,
weil er von einer persönlichen Zusammenkunft mit Karl günstigere Be-
dingungen zu erlangen hoffte. Karl verweigerte ihm aber jede Unter-
redung, und aus Mißmuth verfiel Franz in eine bedenkliche Krankheit,
von der er jedoch bald genas. Die Gefangenschaft war ihm uner-
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Extrahierte Ortsnamen: England Mailand Maximilians Marignano Mailand Frankreich Pavia Pavia Madrid Burgund Italien Spanien
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Zweite Periode der neueren Geschichte.
Die Sitten-
losigkeit am
französischen
-Hufe.
Ludwig Xv.
vermählt sich
mit Maria
Leßcynska
1725.
Das Leben
der Marquise
von Pompa-
dour.
Frau von Mointenou hatte das Leben am französischen Hofe nicht
besser machen können. Die Prinzessinnen und Hofdamen trieben mit
Sitte und Anstand den freventlichsten Mnthwillen. Es wird erzählt,
daß die Herzoginnen von Chartres und Bourbon sich aus der Schweizer-
wache Pfeifen holen ließen, um daraus zu rauchen. Und das waren
noch Kleinigkeiten gegen die übrigen Verirrungen, welche am Hofe all-
gemein waren.
Kaum war Ludwig Xv. mündig geworden, so vermählte er sich
1725 mit Maria Leßczynska, einer Tochter des polnischen Königs
Stanislaus Leßczynsky's. Der König war fromm und tugendhaft und
hing niit Zärtlichkeit an seiner Gemahlin, welche dem Hofe nicht genehm
war. Als 1729 ein Dauphin geboren wurde, fürchtete man, die
Königin werde zu großen Einfluß gelangen und beschloß, den König von
derselben abzuwenden. Ludwig ging in die ihm gelegten Schlingen, zog
sich mit seinen Freunden ans das Schloß Choisy zurück und lebte seit-
dem in einem fortwährenden Sinnentaumel, aus dem er nicht mehr
zur gewohnten Einfachheit zurückkehrte. Insbesondere war es die be-
rüchtigte Marquise von Pompadour, welche den verderblichsten Einfluß
auf den König ausübte.
Ieanne Poisson war die Tochter eines unteren Beamten, welcher
wegen Unterschlagungen die Flucht ergreifen mußte. Der General-
pächter Lenormand ließ das talentvolle Mädchen sorgfältig erziehen und
vermählte sie seinem Neffen. Die junge, eitle und schöne Frau erregte
Aussehen und gewann die Gunst des Königs. 1745 erschien sie zuerst
bei Hofe und empfing sogleich den Titel einer Marquise von Pompadour.
Ihr Gemahl forderte sie vergeblich auf, zu ihm zurückzukehren, und
ließ sich am Ende gegen eine einträgliche Generalpächterstelle absinden.
Die Marquise übte auf den König und auf die Staatsangelegenheiten
einen gränzenlosen Einfluß; die Prinzen, Prinzessinnen, Minister und
Generäle — Alle waren ihres Winkes gewärtig. Unablässig wußte
sie den König durch allerlei Tändeleien und Spielereien zu unterhalten,
während sie sich um alle ernsten Regierungsangelegenheiten kümmerte
und in ihrem Palaste zu Versailles Ministerrath hielt. Sie leitete die
inneren und äußeren Angelegenheiten, verschwendete ungeheure Summen
und gebot über unermeßliche Schätze; dabei fühlte sie sich aber nicht
glücklich, weil sie fürchtete, einmal verdrängt zu werden. Schon während
ihres Lebens erschienen zahlreiche Spottgedichte auf sie; auch Friedrich-
der Große hatte die Marquise durch seine beißenden Reden verletzt und
sie dadurch veranlaßt, im siebenjährigen Kriege Partei gegen Preußen
zu nehmen. Als sie 1764 starb, folgten ihr die Verwünschungen des
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