Vom westfäl. Frieden bis zur ersten französischen Revolution. 135
Gegner entschieden im Vortheil war, zu schwächen. Darum schloß
Richelieu ein Bündniß mit Bernhard von Weimar (S. 99), während
er die Hugenotten im eigenen Lande bekämpfte und drückte. Er brach
die Macht des Adels und der Beamten, berief die Stände des Reichs
(seit 1614) nicht mehr und bewirkte, als die Königin Mutter nicht
aufhörte, an seinem Sturze zu arbeiten, daß dieselbe des Landes ver-
wiesen wurde und in Dürftigkeit die letzten Tage ihres Lebens in
Köln verbrachte. Ueber alle seine Feinde wußte er zu triumphiren. und macht die
Als Vorkänipfer der unumschränktesten Königsherrschaft war er ein ent-
schiedener Gegner der Hugenotten, bei denen er die Keime der Frei- Gnade des
heitsliebe deutlich sah, und was seinem Vorgänger Luynes mißlungen
war, erreichte er durch seinen eisernen Willen. Er nahm den Prote-
stanten ihren letzten Waffenplatz la Rochelle, machte dieselben ganz von
der Gnade des Königs abhängig und bereitete dadurch die Aufhebung
des Ediktes von Nantes vor. Richelieu ist auch der Gründer der
französischen Seemacht; er suchte den Produkten Frankreichs Absatz nach
überseeischen Plätzen zu verschaffen, ließ Colouieen anlegen und Ent-
deckungsreisen unternehmen. Als er 1642 starb, verlor der König
seinen größten Staatsmann. Ludwig Xiii. selbst war ein Fürst ohne
große Tugenden und Laster, abhängig von seinen Günstlingen, von
Körper schwächlich, von Charakter unentschlossen, finster und argwöhnisch.
Er war nicht ohne geistige Befähigung, und im Kriege zeigte er
Tapferkeit. An Richelieus Stelle trat noch unter Ludwig Xi ll. der Car-
dinal Mazarin, welcher ganz in die Fußtapfen seines Vorgängers trat.
2. Ludwig Xiv. tritt die Regierung an.
Ludwig Xiv. war 6 Jahre alt, als sein Vater 1643 starb, und Ludwig xiv.
führte 72 Jahre lang den königlichen Titel. Während seiner Minder- 1643—1715
jährigkeit führte die Königin Mutter, Anna von Oestreich, die Vor-
nmndschaft und schenkte als Regentin Mazarin ihr ganzes Vertrauen.
Der Adel haßte den neuen Günstling, und ein Italiener Gondi, der re.qtert unter
nachmalige Cardinal Retz, welcher gern selbst Richelieu's Nachfolger ^^?Muttcr
geworden wäre, regte die Pariser zu Aufständen an, welche unter dem Anna von
Namen Fronde *) bekannt sind und Mazarins Sturz herbeiführen sollten. ^Mnims
Allein Mazarin siegte über seine Gegner theils durch Waffengewalt, Mazarin.
theils durch seine Klugheit. Um die Fronde zu entwaffnen, war er
'■) Fronde heißt die Schleuder und scheint zur Bezeichnung dieses Aufruhrs
gewählt worden zu sein, weil man gegen den Hof lärmte, wie die Straßen-
jungen mit Schleudern gegen einander tumultuiren.
TM Hauptwörter (50): [T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T96: [Ludwig Karl König Frankreich Kaiser Xiv Napoleon Krieg Franz Italien], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T86: [Kaiser Protestant Katholik Fürst Kurfürst Land Kirche Karl Reichstag Krieg], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T79: [Ludwig Xiv Frankreich König Ludwigs Xvi Napoleon Xviii Xv. Philipp], T49: [König Königin Herzog Peter Hof Elisabeth Minister Tod Graf Regierung], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T40: [Protestant Kaiser Kirche Katholik Reichstag Jahr Lehre Reformation Augsburger Land], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch]]
Extrahierte Personennamen: Bernhard_von_Weimar Ludwig_Xiii Ludwig Ludwig_Xi Ludwig Ludwig_Xiv Ludwig Ludwig_Xiv Ludwig Ludwig Ludwig Anna_von_Oestreich Mazarin Gondi Cardinal_Retz Anna_von
Namen Allein_Mazarin
140
Zweite Periode der neueren Geschichte.
Friede zu
Ryswick1697.
Die bedräng-
ten Ungarn
rufen die
Türken zu
Hülfe wider
Leopold I
bei den Berathungen im Kreise, im Viereck, in Hufeisen- oder Eiform
sitzen wolle. Es ergab sich, daß die meisten Gesandten nicht mit aus-
reichenden Vollmachten versehen waren; man verschob die Hauptange-
legenheit aus den nächsten Reichstag. Kaiser Leopold, dessen Land und
Hauptstadt von den Türken hart bedrängt war, verlangte Stillstand,
bis der gemeinsame Feind der Christenheit verjagt sei. Ludwig sagte
denselben zu, wenn ihm Straßburg und die vereinigten Gebietstheile
verblieben. Dies wurde ihm auf dem Reichstage zu Regensburg zu-
gestanden, wenn er sich von nun an aller Reunion enthalte. Ludwig
versprach es, hielt aber nicht Wort und veranlaßte abermals einen
neunjährigen Kriegs), aus welchem er zwar siegreich hervorging, aber
Frankreichs Erschöpfung veranlaßte. Darum wünschte er zuletzt selbst
den Frieden, welcher 1697 zu Ryswick zu Stande kam. Ludwig zeigte
sich in demselben überaus großmüthig, gab alle eroberten Orte außer
Straßburg und namentlich die auf dem rechten Rheinufer gelegenen
Festungen Kehl, Breisach, Freiburg und Philippsburg heraus und be-
stand nun mit entschiedener Hartnäckigkeit darauf, daß die katholische
Religion in der Pfalz, welche er mit Gewalt wieder eingesetzt hatte,
beibehalten werden müsse. Diese Großmuth Ludwigs hatte darin ihren
Grund, daß er hoffte, nach dem Tode des kinderlosen Königs Karls Ii.,
seines Schwagers, die spanische Monarchie an sich ziehen zu können.
5. Die Türken vor Wien (1683). Johann Sobiesky.
So schwach und ohnmächtig sich Kaiser Leopold gegen Ludwig Xiv.
bewies, so streng und ungerecht verfuhr er gegen Ungarn. Hier wur-
den auf Betreiben der Jesuiten die Protestanten schwer bedrückt, die
ständischen Rechte vielfach verletzt und das Land mit Einquartierungen
so schwer belastet, daß unter den angesehensten Edelleuten eine Ver-
schwörung entstand. Diese wurde durch den Dragoman des Großveziers
dem Kaiser hiuterbracht und hatte strenge Maßregeln zur Folge. Ein
talentvoller Edelmann, Emerich Tökölh, welcher durch den Verlust seiner
Güter an den Bettelstab gekommen war, stellte sich an die Spitze der
unzufriedenen Ungarn und bat den türkischen Sultan um Hülfe. Eine
große Bestürzung herrschte in Wien, als die Nachricht vom Anzuge
des gefürchteten Türkenfeindes erscholl. Ueberall hin sandte der Kaiser
Eilboten um Hülfe, da er nur 30,000 Mann in Bereitschaft hatte. *)
*) Abermals wurde die Rheinpfalz durch Plünderung und Verheerung der
schönsten Städte und Landstriche in eine Wüste verwandelt. Melac hieß
diesmal der königliche Mordbrenner.
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Extrahierte Personennamen: Leopold_I Leopold Leopold Leopold Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig Großmuth_Ludwigs Ludwigs Karls Johann_Sobiesky Johann Leopold Leopold Ludwig_Xiv Ludwig Emerich_Tökölh Melac
Extrahierte Ortsnamen: Ungarn Hufeisen- Frankreichs Kehl Breisach Freiburg Philippsburg Karls Wien Ungarn Ungarn Wien Rheinpfalz
144
Zweite Periode der neueren Geschichte.
Die wichtig-
sten Kriegs-
ereignisse.
Der Aufstand
der Tyroler.
Steg über die
Franzosen bei
Hbchstädt
1704.
Aufleopoldl.
f 1705 folgt
Joseph I.
1705—1711.
Aufstand in
Vatern.
Trotz der
Stege Eugens
und Marl-
boroughs
muß Karl
Spanien
verlassen.
Eugen eröffnete den Krieg in Italien und nahm den französischen
Feldhern Vitleroi gefangen. Der Nachfolger desselben, der Herzog von
Vendome, brachte den Prinzen in Verlegenheit durch eine imposante
Kriegsmacht, und der Kaiser, selbst hart bedrängt, konnte keine Ver-
stärkungen senden. Der Kurfürst von Baiern war nämlich in Tyrol
eingedrungen, um sich mit dem Herzoge von Vendome zu vereinigen
und dann vor Wien zu rücken. Allein die treuen Throler vereitelten
den kühnen Plan; der heldenmüthige Amtmann Martin Sterzinger
sammelte die besten Scharfschützen, besetzte die Höhen und Pässe und
trieb die Feinde zurück. Die Baiern vereinigten sich nun an der
Donau mit den Franzosen und erfochten bei Höchstädt (1703) einen
Sieg über die Oestreicher. Sofort eilten Marlborough aus den Nieder-
landen und Prinz Eugen aus Italien herbei und brachten ebendaselbst
(1704) den Franzosen unter dem Marschall Tallard eine bedeutende
Niederlage bei. Der hessische Rittmeister von Boyneburg hatte den
flüchtigen Marschall eingeholt und gefangen genommen. Der Kurfürst
von Baiern floh mit den Franzosen über den Rhein, und Baiern
wurde besetzt. Auf dem Schlachtfelde errichteten die Verbündeten eine
Ehrensäule mit der Inschrift: „Mögen die Fürsten lernen, daß Ver-
schwörungen mit den Feinden des Vaterlandes selten ungestraft bleiben,
Ludwig Xiv. aber erkennen, daß man vor dem Tode Niemand den
Großen oder Glücklichen nennen soll." 1705 starb Kaiser Leopold.
Sein Nachfolger Josef I. (1705—1711) ließ die Kurfürsten von
Köln und Baiern die ganze Schwere des Rechtes empfinden. Jener
verlor alle seine weltlichen Rechte und Besitzungen, dieser kam in die
Reichsacht. „Sein unglücklicher Leib soll ans des Kaisers und des Reiches
Schutz in Unfrieden und Unsicherheit verfallen, dergestalt, daß sich
Niemand weiter an ihm vergreisen und verfreveln kann." Diese
Strenge veranlaßte ein gefährlicher Ausstand, welcher 1705 ausge-
brochen war, um die Willkür der östreichischen Beamten zu rächen.
„Lieber bairisch sterben, als östreichisch verderben", war die allgemeine
Losung. Unter Anführung des kühnen Studenten Meindl hatten
20,000 Mann zu den Waffen gegriffen, waren aber unterlegen und
siüchtig geworden.
Nach dem glorreichen Siege bei Höchstädt waren Marlborough
nach den Niederlanden und Prinz Eugen nach Italien zurückgekehrt.
Man hatte zwar anfangs geglaubt, der Krieg sei beendet, da der Erz-
herzog Karl nach seiner Landung in Barcelona die Provinzen Cata-
lonien und Navarra unterworfen und 1706 seinen Einzug in Madrid
gehalten hatte. Allein er mußte sich bald wieder zurückziehen, da die
TM Hauptwörter (50): [T35: [Preußen Königreich Bayern Sachsen Staat Hannover Baden König Provinz Land], T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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TM Hauptwörter (200): [T55: [Friedrich Kaiser Kurfürst Herzog Sachsen Johann Karl Land Bayern Wilhelm], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind]]
Extrahierte Personennamen: Eugens Eugens Karl
Spanien Karl Eugen Eugen Martin_Sterzinger Marlborough Eugen Eugen Marschall_Tallard Ludwig_Xiv Ludwig Leopold Leopold Meindl Marlborough Eugen Eugen Karl Karl
Extrahierte Ortsnamen: Italien Baiern Tyrol Donau Italien Boyneburg Baiern Rhein Baiern Baiern Italien Barcelona Cata- Navarra Madrid
Vom westfäl. Frieden bis zur französischen Revolution.
149
Schon der Cardinal Richelieu hatte durch die Stiftung der französi- Corneille,
scheu Akademie zur Beförderung der schönen Redekünste (1635) zum mâtiné,
Aufschwung der Wissenschaften einen guten Grund gelegt. Jetzt er-
hoben sie sich zu einer klassischen Blüte. Unter den geistlichen Red-
nern jener Zeit ragen besonders hervor Bossuet, Fenelon*), Bour-
daloue, Massillion, Flechier. Für das Drama waren Corneille, Racine
und Molière thätig. Corneille zeichnete sich im Erhabenen aus; seine
Tragödien ergreifen durch eine kraftvolle Sprache, großartige Charaktere
und treffende Schilderungen. Racine entzückte durch seinen vollendeten
Versbau und eine schöne Sprache, rührte durch seine fromme Be-
geisterung und setzte seine Zuhörer durch die tiefe Kenntniß des niensch-
lichen, insbesondere des weiblichen Herzens in Erstaunen. Molière
zeichnete in seinen Lustspielen mit treffendem Witze und schonungsloser
Geisel die Thorheiten seiner Zeit. La Fontaine wurde durch seine£a F°àn-
Fabeln ein Muster der Natürlichkeit und Wahrheit in der Darstellung
und eines gefälligen leichten Stils. Boileau, der scharfsinnige, witzige
und fein zeichnende Satiriker, geiselt die eigentlichen Laster seiner Zeit
und ist für die französische Literatur noch darum vou Bedeutung, daß
er in seiner urt poétique die Regeln für den Versbau und für die
verschiedenen Dichtungsarten aufstellt.
Durch diese großen Geister gewann die französische Sprache eine Die franzo-
so allgemeine Verbreitung unter den gebildeten Völkern Europa's, daß
sie die Umgangssprache derselben ward und die lateinische aus den Ver- Sprache der
Handlungen der Gesandten und Diplomaten verdrängte. untto'®"-
Von Ludwigs Hof ging aber auch der Geist der Leichtfertigkeit plomatcn.
und Frivolität, der Gleichgültigkeit gegen das Heilige, der Verschwen-
dungssucht und der Mode an die meisten großen und kleinen Höfe
Europa's über. Ludwigs Hof- und Privatleben ward hier bis ins
Kleinste nachgeahmt, und diese Nachäfferei untergrub nicht selten die
Wohlfahrt des Staates und des Volkslebens, wie das gleiche Treiben
Frankreich in seinen Grundfesten erschütterte. Obwohl Ludwig den
Anforderungen strenger Sittlichkeit nicht entsprach, so wußte er doch sten ängstlich
überall durch eine ängstlich vorgeschriebene Etiquette den königlichen na^ea^mt-
Anstand zu wahren. Er hielt sich gewöhnlich zu Versailles auf und
war von einem glänzenden Gefolge umgeben; denn er sah ängstlich
daraus, daß die angesehensten Familien und Personen sein Hoslager
Ludwigs
Hofleben
') Fenelon, der Erzieher des Herzogs von Bourgogne, Ludwigs Enkel, fiel
durch seine avaàres 6e Télémaque in Ungnade, weil man darin An-
spielungen ans den franzosischen Hof witterte.
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie]]
TM Hauptwörter (100): [T35: [Dichter Zeit Gedicht Lied Dichtung Schiller Poesie Werk Goethe Sprache], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T96: [Ludwig Karl König Frankreich Kaiser Xiv Napoleon Krieg Franz Italien]]
TM Hauptwörter (200): [T172: [Dichter Zeit Gedicht Schiller Werk Goethe Maler Dichtung Lied Hans], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter], T79: [Ludwig Xiv Frankreich König Ludwigs Xvi Napoleon Xviii Xv. Philipp]]
Extrahierte Personennamen: Cardinal_Richelieu Boileau Ludwigs Ludwigs Ludwig Ludwig Ludwigs Ludwigs Ludwigs_Enkel Ludwigs
Extrahierte Ortsnamen: Ludwigs_Hof Ludwigs_Hof- Frankreich
256
Dritte Periode der neueren Geschichte.
herauszugeben. England und Rußland hatten sich dahin verständigt,
Deutschland auf Kosten Frankreichs nicht stark werden zu lassen. Die
Die Allitrten Verbündeten erhielten nach dein Abschlüsse dieses Friedens eine Ein-
«Eengland! ^dung nach London. Kaiser Alexander und Friedrich Wilhelm Iii.,
Blücher, Gneisenau rc. erschienen in London, Kaiser Franz war nach
Wien zurückgeeilt. Der alte Blücher empfing in London mehr Ehre
und Beifall, als alle Gäste zusammen, so daß er selbst sagte: „Ich
muß über mich wachen, vas ich nicht zum Narren werde." In London
spannte ihm das Volk die Pferde ans und zog den Wagen selbst.
Fest folgte auf Fest. Man wurde nicht müde, ihn mit Lobeserhebungen
zu überhäufen und mit lauten Vivats zu begrüßen, wo der greise Held
sich auch zeigte. Als er einmal der ihm gehaltenen Lobrede über-
drüssig wurde, entgegnete er kurz: „Was ists, das ihr rühmet? Es
ist meine Verwegenheit, Gneisenau's Besonnenheit, des großen Gottes
Barmherzigkeit!" —Als ihn die Universität Oxford zum Doktor machte,
sprach er: „Ich biu's zufrieden; aber dann macht den Gneisenau zum
Apotheker; der hat mir die Pillen gedreht."
§. 28. Die Herrschaft der 100 Tage. Napoleons Ende.
Der Wiener Im Herbst 1814 versammelten sich zu Wien die europäischen
Congreß. Ftsvsten und ihre vornehmsten Minister und Feldherrn zu einem großen
Congreß, auf welchem alle noch streitigen Punkte beseitigt und eine
neue Ordnung der Dinge hergestellt werden sollte. Die Geschäfte
wechselten mit großen Festen ab. Es entstanden hier über die polni-
schen und sächsischen Länder arge Mißhelligkeiten, so daß sich sogar
insgeheim ein Bündniß gegen Preußen bildete. Allein das Ausland trat
auf Preußens Seite und unterstützte dessen Forderungen nachdrücklich.
Zustände in Mit den Bourbonen war eine große Anzahl Emigranten und Alt-
Frankreich. afciiger nach Frankreich zurückgekehrt, welche nach ihrer Heimkehr große
Ansprüche erhoben. Die Großen aus der Kaiserzeit verloren ihre Lehen
und ihr Ansehen, und die Armee war unzufrieden. Ludwig Xviii*
that Nichts, um den neuen Zustand erträglich zu machen, und belastete
sogar den Staatsschatz mit 60 Millionen Franken, welche er im Exil
gebraucht hatte. Auch den Emigranten wurden unermeßliche Summen
und die besten Stellen verwilligt.
Napoleon Napoleon hörte auf Elba mit großem Behagen von den Vorfällen
verläßt Elba jn Wim und von der Unzufriedenheit des französischen Volkes mit
der Regierung der Bourbonen und beschloß die Lage der Dinge zu
seinem Vortheile auszubeuten. Er besaß noch einen ungeheliren Anhang,
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Extrahierte Personennamen: Alexander Alexander Friedrich_Wilhelm_Iii Friedrich Wilhelm Franz Franz Napoleons Ludwig_Xviii* Ludwig Napoleon Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: England Deutschland Frankreichs London London Wien London London Gottes Napoleons Frankreich Frankreich Elba Elba
Von der Reformation bis zum westfälischen Frieden.
59
Mit Hülfe seines gewissenhaften und thätigen Jugendfreundes,
des Barons von Rosny, welchen er für seine treuen Dienste zum
Herzog von Sully erhob, gelang es ihm auch, die zerrütteten Staats-
finanzen zu verbessern. Als Sully Fiuanzminister wurde, flössen von
150 Millionen Livres, welche von den Unterthanen erhoben wurden,
nur 30 in den Staatsschatz, und die Staatsschuld belief sich auf
300 Millionen. Durch Redlichkeit und Strenge, durch weise Spar-
samkeit und genaue Aufsicht wurden die Unterschleife der Beamten
unmöglich gemacht. Rach zehn Friedensjahren war die Staatsschuld
auf 50 Millionen herabgesunken, obwohl die Steuern vermindert und
20 Millionen rückständiger Abgaben erlassen worden waren. Sully
erwarb sich um seinen König und sein Vaterland durch seine vorzüg-
liche Verwaltung unsterbliche Verdienste und ward des Königs redlichster
und vertrautester Freund, der ihm auch Manches nachsah, wenn er
grade und offen aussprach, daß der König unrecht gehandelt habe.
Eines Tages verließ der König seinen strengen Herrn Minister wirklich
erzürnt mit dem festen Entschlüsse, ihn entweder zu entlassen oder in
vierzehn Tagen nicht zu sehen. Allein schon am andern Morgen trat
er wieder bei Sully ein, welcher schon seit drei Uhr früh für den
König gearbeitet hatte und kurze, kühle Antworten gab. „Ihr seid
noch böse von gestern," sagte der König, „ich bin es nlcht mehr;
kommt und umarmt mich!" Viele angesehene Männer beneideten
Sully um des Königs Gunst und benutzten jede Gelegenheit, ihn aus
derselben zu verdrängen, aber nie gelang es. Der letzte Besuch,
welchen Heinrich machen wollte, galt seinem Minister.
Nachdem Frankreich im Innern wieder kräftig und tüchtig ge-
worden war, dachte Heinrich daran, daö spanisch-österreichische Haus
zu demüthigen und einen allgemeinen Weltfrieden zu begründen. Man
sagt, er habe die europäische Christenheit in fünfzehn unter einander
verbundene Staaten einigen wollen. An der Spitze dieses großen
Staates sollte ein oberster Friedenssenat stehen und ein tüchtiges Kriegs-
heer gegen Russen und Türken bereit gehalten werden. Er stand eben
im Begriffe seine großartigen Pläne ins Werk zu setzen, da traf auch
ihn der Dolch eines Meuchelmörders. Er war gerüstet, mit einem
Heere nach Deutschland aufzubrechen, und seine Gemahlin eben als
Regentin öffentlich ausgerufen und gekrönt worden, damit sie während
seiner Abwesenheit die Regentschaft führe. Heinrich hatte sich Sully
gegenüber wider diese Krönung ausgesprochen. „Lieber Freund," sprach
er, „diese Krönung mißfällt mir. Mein Herz weissagt mir Unglück.
Meine Feinde haben nur noch ein Mittel gegen mich — sie werden
Sein Freund
und Minister
von Rosny
wird Herzog
von Sully
und Frank-
reichs Wohl-
thäter.
Heinrich hegt
großartige
Pläne,
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Extrahierte Personennamen: Rosny Sully Sully_Fiuanzminister Sully Sully Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Sully Rosny Sully Heinrich Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Deutschland Frank-
Von der Reformation bis zum westfälischen Frieden.
19
Wesen und unerinüdeter Thatkraft; groß im Cabinet als kluger Ordner
der Staatsgeschäfte und tapfer im Felde als Führer der Heerschaaren.
Alle Fäden der Politik hielt er in seiner Hand und lenkte sie nach seinen,
in schweigsamer Seele verschlossenen Plänen, bei deren Ausführung ihm
jedes Mittel, selbst Falschheit und Wortbrüchigkeit, dienen mußte.
Zn gleicher Zeit mit Karl herrschten Franz I. von Frankreich und iein
u , , , Nebenbuhler
Heinrich Viii. von England, welche bei aller sonstigen Verschiedenheit
mit ihm den gleichen hochfahrenden despotischen Sinn und gewaltigen
Herrscherwillen hatten. Gerade deßhalb geriethen Karl und Franz mit
einander in Kampf, welchen eine unverkennbare durch die Gleichheit
ihrer Bestrebungen hervorgerufene Eifersucht anfachte und Ehrgeiz und
Ruhmsucht gewaltig in die Länge zog. Die Veranlassung gab das erobert Mat-
reiche Herzogthunl Mailand. Franz hatte es 1515 noch zu Lebzeiten tjnb 1515
Maximilians in der heißen Schlacht bei Marignano dem Herzog
Maximilian Sforza abgewonnen. Kaiser Karl, welcher Mailand, das
alte deutsche Lehen, nicht länger in den Händen seines tapferen aber
leichtsinnigen Gegners sehen mochte, griff zu den Waffen. Auf seiner
Seite standen der Papst Leo X. und Heinrich Viii., und während des
Kampfes trat sogar der Herzog Karl von Bourbon, einer der tapfersten
französischen Generäle, zu ihm über, weil er durch die Ränke der
Königin Mutter von Frankreich um den größten Theil seiner Erbgüter
gebracht worden war. Das französische Heer wurde in der ersten
Schlacht besiegt und zurückgedrängt; der edle Ritter Bayard (le etieva-
lier saus peur et sans reproche) fiel. Bald erholte sich Franz
wieder und eilte selbst nach Pavia; die Schweizer standen in seinem
Solde. Allein die deutschen Landsknechte unter Georg von Frunds-
berg und Sebastian Schärtlin brachten ihm bei Pavia eine entschiedene wird aber in
Niederlage bei. Franz gerieth selbst nach tapferer Gegenwehr, aus
mehreren Wunden blutend, in Gefangenschaft, und konnte wohl 1525 ■
an seine Mutter schreiben: „Madame, Alles ist verloren, nur die s^a»g«n
Ehre nicht!"
Karl zeigte große Mäßigung, als er in Madrid die Siegesbot-
schaft empfing. Er ließ dem gefangenen König die Freiheit anbieten,
wenn er Burgund abtreten, auf Italien verzichten und dem Herzoge
von Bourbon seine Besitzungen zurückgeben wolle. Allein darauf ging
Franz nicht ein, sondern verlangte nach Spanien geführt zu werden,
weil er von einer persönlichen Zusammenkunft mit Karl günstigere Be-
dingungen zu erlangen hoffte. Karl verweigerte ihm aber jede Unter-
redung, und aus Mißmuth verfiel Franz in eine bedenkliche Krankheit,
von der er jedoch bald genas. Die Gefangenschaft war ihm uner-
TM Hauptwörter (50): [T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T96: [Ludwig Karl König Frankreich Kaiser Xiv Napoleon Krieg Franz Italien], T67: [Kaiser Türke König Jahr Ungarn Heer Land Friedrich Kreuzzug Jerusalem], T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Franz_I._von_Frankreich Franz_I. Heinrich_Viii Heinrich Karl Karl Franz Franz Franz Franz Maximilians Maximilian_Sforza Maximilian Karl Karl Leo_X Leo Heinrich_Viii Heinrich Karl_von_Bourbon Karl Bayard Franz Franz Georg_von_Frunds- Sebastian_Schärtlin Franz Franz Karl Karl Franz Franz Karl Karl Karl Karl Franz Franz
Extrahierte Ortsnamen: England Mailand Maximilians Marignano Mailand Frankreich Pavia Pavia Madrid Burgund Italien Spanien
Vom westfäl. Frieden bis zur ersten französischen Revolution. 185
Sie hatte mit ihrem Gemahle in einer überaus glücklichen Ehe gelebt,
und als derselbe 1765 starb, den Entschluß gefaßt, Aebtissin eines
adeligen Stiftes zu werden, das sie dem Andenken ihres Gatten ge-
weiht hatte. Auf dringendes Bitten ihrer Angehörigen und Räthe
hatte sie indessen diesem Plan entsagt und war wieder nach Wien
zurückgekehrt. Hier hatte die majestätische, schöne Frau das Unglück
von den damals wüthenden Blattern befallen zu werden, welche sie
gräßlich verunstalteten. Nicht minder hatte ein Sturz aus dem Wagen
ihre Züge entstellt und ihre Gesundheit untergraben; denn seitdem hatte
sie sich nicht mehr frei von Schmerzen gefühlt.
Maria Theresia zählt zu den bedeutendsten Frauen, welche eine Cbarakterund
Krone getragen haben. Ihrem Lande hat sie sehr viel Gutes erwiesen.
Nach den Stürmen des Krieges war sie emsig darauf bedacht, die dem Maria
Lande geschlagenen Wunden zu heilen, die Staatsschulden zu verringern, Th-r-sta.
Ackerbau und Gewerbe zu fördern und dem Bürger- und Bauernstände
aufzuhelfen. Sie ließ die Carolina, die hochnotpeinliche Halsgerichts-
ordnung Karls V., verbessern, von den furchtbaren Strafen reinigen
und in mildere Formen fassen. Das neue Gesetzbuch erhielt den
Namen Theresiana. Den Ungarn gab sie für ihre bewiesene Auf-
opferung und Treue alle ihre früheren Rechte wieder. Obwohl sie eine
eifrige Katholikin war, so entgingen ihr die Mißbräuche in der eigenen
Kirche nicht. Sie hob die Inquisition in Mailand auf, verbot die
Aufnahme ins Kloster vor dem 25. Jahre, schaffte das Asylrecht der
Kirchen und Klöster ab, untersagte den päpstlichen Nuntien die Reisen
in ihrem Lande und gestattete Niemanden mehr mit dem päpstlichen
Stuhle in unmittelbare Verbindung zu treten.
Kaiser Joseph Ii. (1765—1790) war in allem Guten und Edlen Kaiser
das Ebenbild seiner vortrefflichen Mutter, an Wohlwollen und an
Liebe für das Wohl seiner Unterthanen übertraf er sie noch. Bei i765-i79o
seiner natürlichen Lebendigkeit nahm er sich leider. nicht die nöthige
Umsicht und Ruhe, was Friedrich den Großen zu folgender Aeußerung
veranlaßte: „Der Kaiser hat Kopf, er könnte viel ausrichten. Schade
für ihn, daß er immer den zweiten Schritt thut, ehe er den ersten
gethan hat." Zunächst beabsichtigte er den traurigen Zustand des
deutschen Reiches zu verbessern, ward aber durch das Mißtrauen der
Fürsten daran gehindert. Dies stieg noch höher, als er den Thron-
wechsel in Baiern zur Erwerbung einiger günstig gelegenen Länder zu und sucht aus
benutzen versuchte. Nach dem Tode des trefflichen Kurfürsten Maxi- E^f^lgestrei!
milian Joseph von Baiern war nämlich die bairische Linie des Hauses Nutzen zu
Wittelsbach erloschen, und es trat die pfälzische in die Erbfolge des äiet,en'
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern]]
TM Hauptwörter (100): [T20: [König Sohn Maria Heinrich Tochter Karl Herzog England Haus Gemahlin], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod]]
TM Hauptwörter (200): [T191: [Karl Sohn König Tochter Haus Kaiser Ludwig Herzog Tod Johann], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T26: [Kaiser Luther Papst König Wort Gott Tag Sache Fürst Schrift], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T151: [König Volk Kaiser Reich Fürst Land Gott Wilhelm Deutschland Frieden]]
Extrahierte Personennamen: Maria_Theresia Maria Theresia Maria Karls_V. Karls_V. Theresiana Joseph_Ii Friedrich Friedrich Joseph_von_Baiern
Extrahierte Ortsnamen: Wien Mailand Baiern Maxi- Wittelsbach
Vom westfäl. Frieden bis zur ersten französischen Revolution. 187
in den östreichischen Erblanden Gültigkeit habe, wenn sie nicht vom
Kaiser das „Placet" erhalten habe. Durch das berühmte Toleranzgesetz
gestattete er (1781) in seinen Staaten freie Religionsübung *). Hier-
über gerieth Papst Pins in große Noth und reiste selbst nach Wien Der Papst in
(1782), um den Kaiser auf andere Wege zu bringen. Joseph holte
den heiligen Vater mit den größten Ehrenbezeugungen ein und fuhr
mit ihm unter dem Jubel der Wiener in die Kaiserstadt. Vier Wochen
verweilte Pius in Wien und erhielt von Joseph alle Beweise der Ehr-
furcht und Hochachtung, aber eine Aenderung der getroffenen Einrich-
tungen erreichte er nicht.
Die Bischöfe von Salzburg, Mainz und Würzburg folgten dem Versuch-,-in-
Beispiele des Kaisers und benahmen sich milde und edel in Glaubens- ti^nluirch-zu
lehren. Ganz besonders that sich in kirchlichen Angelegenheiten damals gründen,
der Weihbischof von Trier hervor, Johann Nikolaus von Hontheim, Weite,n-
ein grundgelehrter, äußerst frommer und unbescholtener Mann, welcher
unter dem Namen Justinus Febronius eine Schrift gegen den römischen
Papst geschrieben und den Wunsch rege gemacht hatte, eine von Rom
unabhängige deutsche Nationalkirche zu gründen. Wirklich kamen 1785
mehrere Bischöfe in Ems zusammen, welche die Oberherrschaft des
Papstes verwarfen. Ihre Pläne scheiterten aber an dem Widersprüche
mehrerer Rom ergebener Bischöfe und an Josephs später erkaltetem
Eifer.
Auch die Presse wollte Joseph frei haben und hob, damit Jeder- 3°leph sieht
mann sich freimüthig äußern könne, die Censur auf. Allein er sah sich ^chelt-rn^
durch das Erscheinen einer Menge frecher, unsittlicher und maßloser
Schriften bald genöthigt, diesem Unfug wieder hemmend und zügelnd
entgegenzutreten. Die Todesstrafe verwandelte Joseph in Haft und
Zwangsarbeit. Einen betrügerischen Obersten stellte er an den Pranger,
einen Fürsten, der falsche Banknoten gemacht hatte, ließ er die Straße
kehren, viele vornehme Sträflinge mußten die Schiffe ans der Donau
ziehen. Im Staate sollte Einheit herrschen; überall sollte ein Gesetz,
eine Steuer, ein Gerichtsverfahren gelten, und vor dem Gesetze Alle
*) Fünfzig Jahre vorher hatte der Fürstbischof Leopold von Firmian zu
Salzburg an 20,000 Evangelische, die ihrem Glauben treu blieben und
nicht zur katholischen Kirche zurückkehren wollten, aus seinen Landen aus-
gewiesen. König Friedrich Wilhelm I. von Preußen nahm die vertriebenen
Salzburger freudig in sein Land auf und erhielt an ihnen treue, arbeit-
same Unterthanen. Der traurige Auszug der Salzburger gab Göthe
Stoff und Veranlassung zu seinem bekannten, vortrefflichen epischen Ge-
dichte Hermann und Dorothea.
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T42: [Papst Kaiser König Rom Heinrich Italien Karl Kirche Bischof Jahr]]
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Extrahierte Personennamen: Joseph Joseph Johann_Nikolaus_von_Hontheim Johann Nikolaus Justinus_Febronius Joseph Joseph Leopold_von_Firmian Leopold Friedrich_Wilhelm_I._von_Preußen Friedrich Wilhelm_I. Göthe Hermann Dorothea
Extrahierte Ortsnamen: Wien Wien Salzburg Mainz Würzburg Rom Ems Josephs Donau Salzburg
Bon der Reformation bis zum westfälischen Frieden.
35
Die Stadt füllte sich so mit Schwarmgeistern, daß der Bischof,
das Domcapitel und viele wohlhabende Familien Münster verließen.
Ein neuer Magistrat ward gewählt, welcher seine Gesinnungsgenossen
Knipperdolling und Krechting zu Bürgermeistern ernannte. Viele Tau-
sende, welche sich nicht laufen lassen wollten, wurden in einer stürmischen
Winternacht halbnackt und barfuß mit Weib und Kind von Haus
und Hof verjagt.
Unumschränkte Gewalt über Alle übte Johann Mathiesen. Er
gebot im Namen Gottes, Jeder sollte sein Gold und Silber ausliefern,
alle Bücher, die Bibel ausgenommen, herausgeben. Alles Geld und
Gut wurde zusammengebracht und der heiligen Gemeinde zur Verfügung
gestellt; die Güter sollten gemeinschaftlich sein und von sieben Männern
verwaltet werden. Die eingelieferten Bücher und alle musikalischen
Instrumente ließ Mathiesen verbrennen, da es an der menschlichen
Stimme allein genug sein sollte. Darnach aber, als der Bischof mit
einem Heere vor der Stadt lagerte, ward Mathiesen, welcher sich
rühmte, den Feind allein besiegen zu können, und ruhmrednerisch aus
der Stadt zog, von den Bischöflichen niedergestoßen. Bockhold nahm
seine Stelle ein. Er verkündete, es sei ihm von Gott befohlen, die
Regierung des Reiches Sion zu übernehmen und zwölf Richter zu
ernennen. In königlichem Ornate stolzirte er einher. Er heirathete
zuerst Divara, die schöne Wittwe Mathiesens, führte später die Viel-
weiberei ein und nahm selbst 14 Frauen. Auch sandte er 28 Apostel
aus, um die übrigen Städte seinem Scepter zu unterwerfen; allein
bis auf einen einzigen, welcher des Bischofs Spion wurde, kamen alle
an den Galgen.
Nach dem Frieden von Cadan schickten Philipp von Hessen und
Heinrich von Braunschweig dem Bischof Hülfe. Der Hunger in der
Stadt erreichte den höchsten Grad, und der Schneiderkönig verdoppelte
den Schrecken, um sein Ansehen zu behaupten*). Da entflohen zwei
Bürger aus der Stadt und zeigten den Belagerern eine Stelle, wo
der Wall erstiegen werden konnte. 400 Mann drangen ein und öff-
neten nach hartem Straßenkampfe die Thore. Johann Bockhold, sein
*) Elisabeth, eine seiner Frauen, konnte den Jammer nicht länger mehr
mit -ansehen und gab ihrem Herrn und König das Diadem mit der
Bitte zurück, er möge ihr mit Allen, welche dies Leben nicht länger
ertragen könnten, Abzug gewähren. Allein der wahnsinnige König schlug
ihr mit eigener Hand das Haupt ab und tanzte auf offenem Markte
mit seinen übrigen Weibern um ihre Leiche. — Divara und andere Haupt-
theilnehmer wurden nach der Eroberung der Stadt enthauptet.
3 *
Viele Anders-
denkende ver-
lassen die
Stadt,
worin nun
Mathiesen
Gütergemeim
schaft ein-
führte.
An Mathie-
sens Stelle
tritt der
Schneider-
könig Bock-
hold und übt
ein strenges
Regiment.
Die Stadt
wird er-
obert, und die
Ruhestörer
erhalten die
verdiente
Strafe 1536
TM Hauptwörter (50): [T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen]]
TM Hauptwörter (200): [T68: [Schweiz Zürich Kanton Bern See Stadt Genf Basel Schweizer Schwyz], T169: [Hand Kreuz König Krone Schwert Zeichen Haupt Gold Mantel Kaiser], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit]]
Extrahierte Personennamen: Johann_Mathiesen Johann Bockhold Gott Mathiesens Apostel Cadan Philipp_von_Hessen Philipp Heinrich_von_Braunschweig Heinrich Johann_Bockhold Johann Elisabeth