Von der ersten französischen Revolution bis zur Gegenwart. ¿ob
Fürstenthum Aschaffenburg, Wetzlar und das Bisthum Regensburg,
wo er nunmehr residirte. Dagegen wurden 4 neue Kurwürden ge-
schaffen, die von Heffeu-Cassel, Salzburg, Würtemberg und Baden,
so daß das Kur-Collegium jetzt aus 10 Mitgliedern bestand. Die
Reichsstädte verloren bis aus sechs ihre bisherige Selbständigkeit, die meisten
Bisthümer und Abteien wurden eingezogen, die Bischöfe zu Beamten
der Fürsten gemacht, die Reichsgrafen mediatisirt d. h. zu Unterthanen
der größeren Landesherrn erklärt, die kaiserliche Gewalt gemindert und
die Macht der Fürsten erhöht. Auf diese Weise war die deutsche
Reichsverfassung vor ihrem gänzlichen Hinsiechen -zuletzt noch wesentlich
verändert worden; die inneren Landesverträge und die bestehenden
Religionsverhältnisse hatten keine Aenderung erfahren.
Frankreich hatte im Vertrage von Lüneville des deutschen Napoleon
Reiches mit 4 Millionen Seelen gewonnen. Napoleon verstand es rd(^g innete
vortrefflich, die durch den Krieg geschlagenen Wunden zu heilen. In Angelegen-
Gemeinschaft mit Papst Pins Vh. ordnete er die kirchlichen Angelegen- wnd'hl
heiten und führte die Feier des öffentlichen Gottesdienstes wieder ein; auf Lebens-
Schulen wurden hergestellt, zur Beförderung des Verkehrs Straßen 'c’t-
und Canäle angelegt und in die ganze Verwaltung Einheit und Ord-
nung gebracht. Für diese Verdienste ernannte ihn der Senat zum
Consul auf Lebenszeit. Eine angebliche Verschwörung gegen das Leben
des ersten Consuls, deren Theilnehmer Moreau, Pichegru, Georges
und der Herzog von Enghien sein sollten, zog schwere Folgen nach sich.
Pichegru kam im Gefängniß um, Moreau wurde nach Amerika ver-
bannt und Georges guillotinirt. Der Herzog von Enghien ward Nachts D-r Herzog
in Baden überfallen, nach Frankreich geschleppt und zu Vincennes ^^rscho"
Nachts erschossen. Eine auf seiner Brust angebrachte Laterne hatte den sen.
Schützen ihr trauriges Ziel zeigen müssen.
Diese Verschwörung gab dem Consul Bonaparte die Mittel in die Napoleon
Hand, den letzten Schritt zur Alleinherrschaft zu thun. Seine Freunde
wußten dem Volke begreiflich zu machen, daß keine Ruhe sein werde, i804.
wenn Napoleon nicht das große fränkische Reich Karls des Großen
wieder herstelle. Solch ein Vorschlag mußte der Eitelkeit des franzö-
sischen Volkes schmeicheln; und der gehorsame Senat übernahm es, dem
1. Consul die Kaiserkrone anzubieten. Als man ihm den Senatsbe-
schluß überbrachte, wußte er die Rolle des Augustus meisterhaft zu
spielen und entgegnete der Deputation des Senates: „Meine Herrn!
Ich nehme den Titel an, weil der Senat für den Ruhm der Nation
ihn zuträglich hält; ich hoffe, daß Frankreich die Ehre, mit welcher es
meine Familie umgiebt, nie bereuen werde." Am 2. Dezember 1804
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Napoleon Theilnehmer_Moreau Pichegru Georges Pichegru Georges Napoleon Napoleon Karls Augustus
Extrahierte Ortsnamen: Wetzlar Bisthum_Regensburg Salzburg Würtemberg Baden Frankreich Amerika Baden Frankreich Frankreich
Vom westfäl. Frieden bis zur ersten französischen Revolution. 145
Geistlichkeit ihn wegen seines Bundes mit den ketzerischen Briten haßte.
Man hatte in Madrid eine Münze geschlagen, welche die Inschrift
trug: Karl Hi., von der Ketzer Gnaden König von Spanien! So
oft sich der König in den Straßen sehen ließ, riefen einzelne Stimmen:
„Es lebe der König!" aber die Rufer streckten dann fünf Finger in
die Höhe, um damit anzudeuten, daß sie Philipp V. meinten.
In den Niederlanden und in Italien erlitten 1706 die Fran- Ansehen und
zosen entschiedene Niederlagen. Marlborough schlug den unfähigen ^r;^s v°n
Marschall Villeroi ungeachtet seiner Uebermacht bei dem Dorfe Ra- Marlborough
millies, unweit Waterloo, so aufs Haupt, daß ganz Brabant, das
spanische Flandern und ein Theil von Hennegau dem Erzherzog Karl
als König Karl Iit. huldigen mußte. In Italien erfocht Eugen den
glänzenden Sieg bei Turin, der ganz Italien von den Franzosen
reinigte und den länderlosen Herzog von Savoyen wieder in seine
Staaten einsetzte. Die allgemeine Begeisterung für den kleinen Kapu-
ziner äußerte sich zuweilen höchst seltsam. Eine Dame in London
vermachte ihm aus ihrem Sterbebette 30,000 Gulden, ein armer
Gärtner 1200. Deutsche und italienische Lieder meldeten den Ruhm
des tapferen „Prinzen Eugenius, des edlen Ritters" und leben theil-
weise noch fort im Munde des Volkes. Eben so feierten die Briten
ihren glücklichen Führer in Liedern und Bildern.
Auch der Feldzug von 1708 ging für die Franzosen verloren: Ludwig xiv.
sie wurden in der Schlacht bei Oudenarde vollständig geschlagen. Bei
dem entschiedenen Unglücke der französischen Heere, bei der großen
Hungersnoth des Jahres 1708, bei der immer höher steigenden Ver-
zweiflung seines Volkes und bei der gänzlichen Erschöpfung seines Staats-
schatzes erbot sich Ludwig Xiv., obwohl sein Enkel in Spanien sich
glücklich gegen Karl Iii. behauptet hatte, er wolle auf Spanien, Indien,
Mailand und die Niederlande verzichten, wenn sein Enkel nur Neapel
und Sicilien behalten könne. „Auch nicht ein Dorf von der ganzen
spanischen Monarchie darf dem Hause Habsburg entzogen werden",
gaben ihm die Verbündeten zur Antwort. Ludwig willigte ein und
versprach sogar, den Elsaß und mehrere Festungen au der niederländi-
schen und savoyischen Grenze zurückzugeben, die beiden Kurfürsten der
Gnade des Reiches zu überlassen und zur Vertreibung seines Enkels
mitzuwirken. Als ihm aber die Verbündeten noch die gewaltsame kann aber die
Vertreibung seines Enkels aus Spanien zumutheteu, entgegnete er:
/,Jch will lieber meine Feinde als meine Kinder bekriegen." Noch dtngungen
einmal versuchte Ludwig das Kriegsglück, wurde aber (1709) bei «nneh.
Malplaquet von Eugen und Marlborough abermals besiegt. Als Karl
Cassians Geschichte. Iii. 2. Aufl. v. Stacke. 10
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Extrahierte Personennamen: Karl_Hi Karl Philipp_V. Philipp_V. Marlborough Marschall_Villeroi Marlborough Karl Karl Karl_Iit Karl Eugen Eugen Ludwig Ludwig Ludwig_Xiv. Ludwig_Xiv. Karl_Iii Karl Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig Eugen Eugen Marlborough Karl
Cassians Karl
Von der ersten französischen Revolution bis zur Gegenwart.
Wunsch m Erfüllung zu gehen. Sie schlief ein; die Wächterinnen
verwendeten kein Auge von dem Angesichte der Kranken und meinten,
sie schlafe so sanft. Es war der edlen Frau der Tod zu einem sanften
tiefen Schlaf geworden, aus welchem sie nicht mehr erwachen sollte.
Unter den vielen ihr auferlegten Prüfungen war ihre Seele bereits so
rein von der Welt geschieden, daß der Todeskampf der mit ihrem
Gotte längst Versöhnten erspart schien.
Zeittafel.
Erste Periode, 1517-1648.
Von der Reformation durch Dr. Martin Luther bis zum Abschluß
des westfälischen Friedens.
1517 Luther schlägt 95 Theses wider den Ablaßhandel an.
1519 Kaiser Karl V. wird gekrönt.
1520 Luther verbrennt die päpstliche Bannbulle. — Blutbad in Stockholm.
1521 Reichstag zu Worms. Luther begibt sich auf die Wartburg.
1521—1526 Erster Krieg zwischen Karl V. und Franz I.
1523—1568 Gustav Wasa, Köuig von Schweden.
1525 Der Bauernkrieg in Deutschland. Thomas Münzer ch.
— Preußen wird em weltliches Herzogthum.
— Franz I. geräth bei Pavia in kaiserliche Gefangenschaft.
1527—1529 Zweiter Krieg zwischen Karl V. und Franz I.
1529 Der Damcnfriede zu Cambray.
— Belagerung Wiens durch die Türken.
— Der Reichstag zu Speier (Protestanten).
1530 Reichstag zu Augsburg. Die Augsburgische Confession.
1531 Bündniß der protestantischen Fürsten zu Schmalkalden.
— Zwingli füllt in der Schlacht bei Kappel.
1535 Unterdrückung der Wiedertäufer in Münster.
1536—1538 Dritter Krieg zwischen Karl V. und Franz I.
1510 Bestätigung des durch Ignatius Loyola gestifteten Jesuitenordens.
1542—1541 Vierter Krieg zwischen Karl V. und Franz I.
1515—1563 Coycil zu Trient.
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Von der Reformation bis zum westfälischen Frieden.
87
Inschrift setzen: „Gottes Freund, der Pfaffen Feind!" Lilly schlug
die räuberischen Schaaren des Braunschweigers bei Höchst und bei
Stadtlohn im nordwestlichen Westfalen.
3. Der Dänenkrieg 1 625 — 1629.
Obwohl nun die Feinde des Kaisers und der Liga aus dem Felde
geschlagen waren, so blieb dennoch Lilly unter den Waffen und plün-
derte die niedersächsischen Länder. Deßhalb bewaffneten sich dieselben
und wählten Christian Iv. von Dänemark zu ihrem Obersten. . Auch
Ernst von Mansfeld und Christian von Braunschweig eilten mit ihren
Söldnern herbei, welche Jakob von England hatte anwerben lassen.
Es war dem Kaiser unangenehm, daß er alle seine Siege liguisti-
schen Feldherren und Truppen zu danken hatte; er wollte ihnen daruin
den Krieg nicht mehr allein überlassen und sammelte ein bedeutendes
Heer, dessen Leitung Graf Albrecht von Wallenstein erhielt. Wallen-
stein stammte von edlen Eltern ab, welche der lutherischen Lehre an-
hingen, und war 1583 in Prag geboren. Frühe verlor er Vater und
Mutter; darum brachte ihn ein Oheim nach Olmütz in die Iesuiten-
schule und bewog ihn zum Uebertritte zur katholischen Religion. Als
junger Mann bereiste er England, Frankreich, Spanien, Holland und
Italien, studirte in Padua Astrologie und trat mit trefflichen Erfah-
rungen bereichert in das kaiserliche Heer, welches unter Rudolf gegen
die Türken focht. Schon hier zeichnete er sich durch Wachsamkeit,
Klugheit und Tapferkeit aus. Als er nach geschlossenem Frieden eine
sehr begüterte mährische Wittwe heirathete, verwandte er sein ganzes
Vermögen beim Ausbruche der böhmischen Unruhen dazu, ein Kürassier-
regiment auf eigene Kosten zu werben und dein Kaiser zuzuführen.
Für diese treue Hingabe schenkte ihm Kaiser Ferdinand den Reichs-
grafentitel und die Herrschaft Friedland. Zu der Zeit, als Tilly am
Main, Rhein und 'in Niedersachsen focht, erbot sich Wallenstein, auf
seine Kosten ein Heer von 50,000 Mann ins Feld zu stellen, wenn
man ihm den Oberbefehl übertrüge. Dies Anerbieten ward ange-
nommen, und alsbald sammelten sich um des Friedländers Panier
raublustige Schaaren aus aller Herren Länder, gleichsam als gelte es,
die ganze Welt zu erobern. Das bewirkte Wallensteins Leutseligkeit.
War er auch streng im Dienst und unerbittlich gegen Ungehorsame,
außerhalb des Dienstes hatte der Soldat unbedingte Freiheit zu thun
und zu treiben, was er wollte. Wer sich auszeichnete, ward befördert,
wer ungehorsam war, kam an den Galgen, wer willig folgte, erhielt
fürstliche Belohnungen. Sein strenges Wesen auf der einen, sein leut-
Albrecht von
Wailenstein
tritt an die
Spitze eines
kaiserlichen
Heeres.
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Extrahierte Personennamen: Lilly Lilly Christian_Iv Ernst_von_Mansfeld Ernst Christian_von_Braunschweig Jakob_von_England Albrecht_von_Wallenstein Albrecht Rudolf Rudolf Ferdinand Ferdinand Tilly Albrecht_von
Wailenstein Albrecht
Extrahierte Ortsnamen: Stadtlohn Westfalen Prag England Frankreich Spanien Holland Italien Padua Friedland Main Rhein Niedersachsen
90
Erste Periode der neueren Geschichte.
Gustav
Adolf von
Schweden
landet in
Pommern
1630
und gewinnt
Verbündete,
kann aber
Magdeburgs
Fall nicht
hindern.
Ihr mir bringen würdet. Die Sterne zeigen, daß des Kurfürsten von
Baiern Spiritus den Spiritus des Kaisers dominirte. Es thut mir
weh, daß sich Se. Majestät meiner so wenig angenommen haben, aber
ich werde Gehorsam leisten." Nachdem er die Gesandten und seine
Truppen fürstlich belohnt hatte, zog sich der gefürchtete Mann auf
seine Güter nach Böhmen zurück; er sprach es laut aus, daß man
seiner bald wieder bedürfe.
4. Der Schwedenkrieg 1630—1 6 35.
Ohne Schutz und Schirm stand die protestantische Kirche Deutsch-
lands damals dem siegreichen Kaiser gegenüber. Da erleuchtete Gott
einen frommen und gerechten Herrn, den König Gustav Adolf von
Schweden, und erfüllte ihn mit heiligem Eifer, seinen bedrängten Glau-
bensgenossen beizustehen und den Kaiser zu bekriegen. Bisher war er
durch Krieg in Polen davon abgehalten worden; als er aber durch
Frankreichs Vermittlung, welchem die östreichische Uebermacht bedenk-
lich vorkam, einen sechsjährigen Waffenstillstand abgeschlossen hatte, folgte
er dem Drange seines Herzens und den Bitten seiner Verwandten,
der vertriebenen Herzöge von Mecklenburg, welche König Christian im
Frieden zu Lübeck seinem Eigennutze geopfert hatte, und landete
mit einem geübten Kriegsheere (1630) an der pommerschen Küste.
Kaum ans Land gestiegen, kniete der fromme Held im Angesichte seines
Heeres nieder, dankte Gott für- die glückliche Fahrt und flehte um seinen
ferneren Schutz. Am kaiserlichen Hofe zu Wien spottete man über
Gustavs Ankunft. „Da haben wir halt a Feindl mehr", sagte Fer-
dinand, und die Katholiken meinten, der Schneekönig werde bald
schmelzen, je weiter er nach Süden kommen würde.
Gustav Adolf verbündete sich zunächst mit dem Herzog von
Pommern und nöthigte die Kaiserlichen, welche seit Wallensteins
Abdankung einer tüchtigen Leitung entbehrten, zum Rückzug. Nur
Magdeburg und die Gräfin Juliane von Hessen-Cassel traten auf
Gustavs Seite; die mächtigeren Fürsten, namentlich der Kurfürst Jo-
hann Georg von Sachsen und des Königs Schwager, Georg Wilhelm
von Brandenburg, schwankten lange und konnten nur durch die eindring-
lichsten Vorstellungen und Drohungen bewogen werden, den Schweden
endlich sich anzuschließen. Gustav konnte wegen dieser Unentschiedenheit
dem hart bedrängten Magdeburg nicht, wie er wollte, zu Hülse eilen.
Magdeburg war die einzige Stadt, welche sich der Ansführniig
des Restitutionsedikts widersetzt und Wallenstein zum Abzüge genöthigt
hatte, als er sie deshalb belagerte. Kaum war Gustav gelandet, so
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Extrahierte Personennamen: Gustav
Adolf Gustav Adolf Gustav_Adolf Gustav Adolf Christian Gott Gustavs Gustav_Adolf Gustav Adolf Juliane_von_Hessen-Cassel Gustavs Georg_von_Sachsen Georg_Wilhelm
von_Brandenburg Wilhelm Gustav Gustav Gustav Gustav
94
Erste Periode der neueren Geschichte.
In der
Schlacht bei
Lützen 1632
siegen die
Schweden
»nd verlieren
ihren König,
ordentlich cm dem Unglücke des Kurfürsten zu weiden. Endlich brach
er nach Nürnberg aus, wo Gustav Adolf in einem befestigten Lager
stand, und verschanzte sich ebenfalls den Schweden gegenüber. Umsonst
bot ihm Gustav Adolf eine Schlacht an, umsonst stürmte er sein
Lager, nachdem die beiden Heere drei Monate laug unthätig einander
gegenüber gestanden hatten. Der Sturm mißlang. Jetzt wandte sich
Gustav Adolf, da Nürnberg durch eine Besatzung gesichert, alles Land
sieben Meilen in der Runde ausgezehrt und verwüstet war, nach der Donau.
Wallenstein brach nach Sachsen auf, eroberte Leipzig und vereinigte sich
mit Pappenheim. Ans den Hülferuf des Kurfürsten von Sachsen eilte
Gustav Adolf nach der Saale, sah und umarmte in Erfurt zum letzte Male seine
theure Gemahlin Marie Eleonore, welche ihm aus Schweden nachge-
folgt war, und bezog auf der Ebene bei Naumburg ein festes Lager.
Auf dem Zuge dahin drängten sich die protestantischen Bewohner schaaren-
weise an ihn heran, warfen sich vor ihm nieder und küßten den Saum
seines Kleides und die Scheide seines Schwertes. Der König fühlte
sich sehr bewegt; eine bange Todesahnung gab ihm die Worte in den
Mund: „Ist es nicht, als ob das Volk mich zum Gotte machen wollte?
Unsere Sachen stehen gut, aber ich fürchte, die Rache des Himmels
wird mich für dies verwegene Gaukelspiel strafen und diesem thörichten
Hausen meine schwache, sterbliche Menschlichkeit früh genug offenbaren."
Wallenstein stand bei dem Dorfe Lützen unweit Leipzig und dachte,
es werde wegen der vorgerückten Jahreszeit (es war Mitte November)
kein Angriff mehr erfolgen. In dieser Meinung entsandte er den
General Pappenheim mit einem Theile des Heeres zur Einnahme der
Moritzburg bei Halle. Sobald Gustav Adolf dies erfuhr, brach er
nach Lützen auf und lieferte den Kaiserlichen eine Schlacht, in welcher
zwar die Schweden einen vollständigen Sieg errangen, aber durch den
Tod ihres Königs einen unersetzlichen Verlust erlitten.
Es war ein neblichter Morgen als Gustav Adolf die Truppen
ordnete. Unter Trompetenschall ließ er von dem ganzen Heere: „Eine
feste Burg ist unser Gott" anstimmen und rückte, als der Nebel wich,
voran, zunächst um das Wallensteinische Geschütz zu nehmen. Dies
gelang; die feindliche Reiterei hatte aber das schwedische Fußvolk zu-
rückgeworfen. Sogleich sprengte Gustav Adolf den Seinigen zu Hülfe;
nur zwei Personen vermochten dem Galoppirenden zur Seite zu bleiben,
es war der Herzog Franz von Lauenburg und der Page August von
Leubelsing aus Nürnberg. Plötzlich erhielt das Pferd des Königs einen
Schuß durch den Hals, dem König selbst zerschmetterte eine Kugel den
linken Arm. Kaum hatte er den Herzog gebeten, ihn aus dem Ge-
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Extrahierte Personennamen: Gustav_Adolf Gustav Adolf Gustav_Adolf Gustav Adolf Gustav_Adolf Gustav Adolf Gustav_Adolf Gustav Adolf Marie_Eleonore Pappenheim Gustav_Adolf Gustav Adolf Gustav_Adolf Gustav Adolf Gustav_Adolf Gustav Adolf Franz_von_Lauenburg Franz August
Von der Reformation bis zum westfälischen Frieden.
19
Wesen und unerinüdeter Thatkraft; groß im Cabinet als kluger Ordner
der Staatsgeschäfte und tapfer im Felde als Führer der Heerschaaren.
Alle Fäden der Politik hielt er in seiner Hand und lenkte sie nach seinen,
in schweigsamer Seele verschlossenen Plänen, bei deren Ausführung ihm
jedes Mittel, selbst Falschheit und Wortbrüchigkeit, dienen mußte.
Zn gleicher Zeit mit Karl herrschten Franz I. von Frankreich und iein
u , , , Nebenbuhler
Heinrich Viii. von England, welche bei aller sonstigen Verschiedenheit
mit ihm den gleichen hochfahrenden despotischen Sinn und gewaltigen
Herrscherwillen hatten. Gerade deßhalb geriethen Karl und Franz mit
einander in Kampf, welchen eine unverkennbare durch die Gleichheit
ihrer Bestrebungen hervorgerufene Eifersucht anfachte und Ehrgeiz und
Ruhmsucht gewaltig in die Länge zog. Die Veranlassung gab das erobert Mat-
reiche Herzogthunl Mailand. Franz hatte es 1515 noch zu Lebzeiten tjnb 1515
Maximilians in der heißen Schlacht bei Marignano dem Herzog
Maximilian Sforza abgewonnen. Kaiser Karl, welcher Mailand, das
alte deutsche Lehen, nicht länger in den Händen seines tapferen aber
leichtsinnigen Gegners sehen mochte, griff zu den Waffen. Auf seiner
Seite standen der Papst Leo X. und Heinrich Viii., und während des
Kampfes trat sogar der Herzog Karl von Bourbon, einer der tapfersten
französischen Generäle, zu ihm über, weil er durch die Ränke der
Königin Mutter von Frankreich um den größten Theil seiner Erbgüter
gebracht worden war. Das französische Heer wurde in der ersten
Schlacht besiegt und zurückgedrängt; der edle Ritter Bayard (le etieva-
lier saus peur et sans reproche) fiel. Bald erholte sich Franz
wieder und eilte selbst nach Pavia; die Schweizer standen in seinem
Solde. Allein die deutschen Landsknechte unter Georg von Frunds-
berg und Sebastian Schärtlin brachten ihm bei Pavia eine entschiedene wird aber in
Niederlage bei. Franz gerieth selbst nach tapferer Gegenwehr, aus
mehreren Wunden blutend, in Gefangenschaft, und konnte wohl 1525 ■
an seine Mutter schreiben: „Madame, Alles ist verloren, nur die s^a»g«n
Ehre nicht!"
Karl zeigte große Mäßigung, als er in Madrid die Siegesbot-
schaft empfing. Er ließ dem gefangenen König die Freiheit anbieten,
wenn er Burgund abtreten, auf Italien verzichten und dem Herzoge
von Bourbon seine Besitzungen zurückgeben wolle. Allein darauf ging
Franz nicht ein, sondern verlangte nach Spanien geführt zu werden,
weil er von einer persönlichen Zusammenkunft mit Karl günstigere Be-
dingungen zu erlangen hoffte. Karl verweigerte ihm aber jede Unter-
redung, und aus Mißmuth verfiel Franz in eine bedenkliche Krankheit,
von der er jedoch bald genas. Die Gefangenschaft war ihm uner-
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Franz_I._von_Frankreich Franz_I. Heinrich_Viii Heinrich Karl Karl Franz Franz Franz Franz Maximilians Maximilian_Sforza Maximilian Karl Karl Leo_X Leo Heinrich_Viii Heinrich Karl_von_Bourbon Karl Bayard Franz Franz Georg_von_Frunds- Sebastian_Schärtlin Franz Franz Karl Karl Franz Franz Karl Karl Karl Karl Franz Franz
Extrahierte Ortsnamen: England Mailand Maximilians Marignano Mailand Frankreich Pavia Pavia Madrid Burgund Italien Spanien
Vom wcstfäl. Frieden bis zur ersten französischen Revolution.
schloß Frieden. Dieser kam zwischen Sachsen, Preußen und Oestreich Fnedens-
auf dem Schlosse Hubertsburg (1763) zu Stande. Friedrich behielt Harris bürg
Schlesien und Alles, was er vor dem Kriege besessen hatte, gab dagegen »nd^Paris
Sachsen, welches er fast ganz erobert hatte, an August Iii. zurück.
Zwischen England und Frankreich, welche Staaten zur See, in Amerika,
Ostindien und Afrika gleichzeitig heftig gestritten hatten, ward der
Friede zu Paris abgeschlossen. Frankreich verlor seine Macht und sein
Ansehen zur See, England gewann durch Hebung seiner Seemacht und
Erweiterung seines Länderbesitzes in Nordamerika, wo es insbesondere
Canada, Neubraunschweig und Neufoundland erwarb, an Ansehen und
Bedeutung.
5. Das Ende Friedrichs des Großen 1786.
Friedrich behielt bis zu seinem Tode die Grundsätze bei, welche Eiuzclnbciten
er bei seinem Regierungsantritte aufgestellt hatte. In seinem Aeußeren Friedrichs
blieb die alte Einfachheit. Seine Kleidung war abgetragen; die schlaffen des Großen.
Stiefel waren fast roth und hingen unordentlich herunter. Ein dreieckiges
Hütchen bedeckte daö lockige, weiße Haar; an der linken Seite hing der
kleine Degen, die Rechte stützte er auf einen Krückeustock, welchen er
auch zu Pferde nicht ablegte. Er schnupfte sehr stark und trug in der
Regel seinen Tabak offen in der Tasche. Die Spuren dieser üblen
Angewohnheit waren auf seiner Kleidung sehr deutlich wahrzunehmen.
Nur an dem feurigen, lebhaften und geistreichen Auge erkannte man
den König. Sein Muth, sein Witz, seine Leutseligkeit haben ihn zum
Liebling des deutschen Volkes gemacht und werden in tausend Anekdoten Anekdoten
verherrlicht. Für seine Dankbarkeit) die er seinen Generälen und Be- Kiedrich ii.
amten für ihre geleisteten treuen Dienste zollte, sprechen folgende Beweise.
Dem Obersten Forcade, welcher eine Schußwunde hatte, wurde das
Stehen beschwerlich; als Friedrich dies bemerkte, holte er ihm einen
Stuhl und sprach: „Ein so würdiger Mann verdient wohl, daß ich
ihm selbst auch einen Stuhl holen darf." „Den alten lieben Papa
Ziethen" zog er oft an seine Tafel; als er einst einschlief, und man
ihn wecken wollte, sprach er: „Laßt ihn schlafen; er hat lange genug
für uns gewacht!" Mit Liebe hing er an seinen Jugendfreunden, und
dankbar bewies er sich gegen Alle, welche sein Schicksal einst gemildert
hatten. Den Vater des unglücklichen Katte machte er zum Feldmarschall,
Keith ward zurückberufen und befördert. Dem Gegner war er gerecht.
Als er bei Kaiser Joseph Ii. zu Besuche war, setzte er den Marschall
Laudon neben sich und sprach: „Ich sehe ihn lieber mir zur Seite, als
mir gegenüber." Als Laudon einst bei Tafel zu spät kam, äußerte
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Extrahierte Personennamen: Oestreich Friedrich Friedrich Harris August Friedrichs Friedrich Friedrich Friedrichs Muth Friedrich Friedrich Keith Joseph_Ii Marschall
Laudon
Extrahierte Ortsnamen: Sachsen Schlosse_Hubertsburg Sachsen England Frankreich Amerika Ostindien Afrika Paris Frankreich England Nordamerika Friedrichs
Vom westfäl. Frieden bis zur ersten französischen Revolution. 139
der Aufwand an Geld und Mannschaft den Kräften seines Landes zu
schwer siel, und schloß auf Englands Rath den Frieden zu Nymwegen,
in welchem nur Frankreich gewann. Als der große Kurfürst vernahm,
daß er die den Schweden abgenommenen Länder wieder herausgeben
mußte, weil der Kaiser ihn aus kleinlicher Eifersucht preisgegeben habe,
rief er voll Schmerz aus: „Möchte einst aus meinem Geschlechte ein
Rächer entstehen!"
4. Straßburgs Verlust und Ludwigs Reunionsunsug.
Ludwig Xiv. war durch das Glück, welches alle seine Unter-
nehmungen bisher begleitet hatte, übermüthig geworden. Als ihm der onskammern
Parlamentsrath Roland de Revaulx einen Plan vorlegte, wie er am
Oberrhein bedeutende Länderstreckeu erwerben könne, wenn er die im
westfälischen Frieden gebrauchten Worte „das Elsaß und die anderen
Landschaften seien mit allen ihren Dependeuzen au Frankreich abgetreten"
richtig auslegen lasse, bestellte Ludwig (1680) sogleich vier Gerichts-
höfe, unter dem Namen Reunionskammern, zu Metz, Dooruik, Breisach
und Besancon, welche feststellen sollten, was nach Rolands Ansicht
Frankreich an Land und Leuten noch anzusprechen habe. Man klügelte Gerung
heraus, daß Rechtsansprüche auf das Kloster Weissenburg, auf Germers- Frankreichs
heim, Zweibrücken, Saarbrück, Mömpelgard, Slraßburg und die freien
Städte im Elsaß vorlägen. Ludwig ließ sich durch Nichts beirren,
seine ungerechten Forderungen beizutreiben und lud die Besitzer, welche
Glieder des deutschen Reiches waren, vor die französischen Gerichte,
um ihre Einreden vorztibringen. Da sie nicht erschienen, so zog er ihre
Gebiete ein. Alle Betheiligten erhoben laute Klagen, Ludwig versprach,
sich aus einem Congresse zu Frankfurt rechtfertigen zu wollen. Aber
er ging noch weiter. 1681 erschien er unerwartet vor Straßburg und
forderte die Stadt unter Drohungen zur Uebergabe auf. Man war
auf keinen Widerstand vorbereitet, öffnete die Stadtthore und ließ sich
die Waffen abnehmen. Der Bischof Egon von Fürstenberg empsing und nimmt
den König an den Pforten des Münsters und begrüßte ihn: „Herr;
Nun lässest du deinen Diener in Frieden fahren; denn meine Augen
haben den Heiland gesehen!"
Während eine freie deutsche Stadt dem französischen Oberherrn Das Berhal-
huldigen und ihre Religion nach dem Willen ihres Gebieters richten
mußte, saßen die deutschen Fürsten zu Frankfurt und stritten mit den tage« gegen-
Franzosen und unter einander über den Gebrauch der lateinischen über Ludwigs
Sprache^ m diplomatischen Fragen und zankten heftig darüber, wem streichen,
von den Gesandten die Bezeichnung Excellenz gebühre, und ob man
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Extrahierte Personennamen: Straßburgs Ludwigs_Reunionsunsug Ludwigs Ludwig_Xiv Ludwig Roland_de_Revaulx Ludwig_( Ludwig Metz Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig Egon_von_Fürstenberg Ludwigs
Sprache^ Ludwigs
Extrahierte Ortsnamen: Englands Frankreich Schweden Frankreich Dooruik Breisach Besancon Frankreich Weissenburg Frankreichs Saarbrück Slraßburg Elsaß Frankfurt Frankfurt
Vom westfäl. Frieden bis zur ersten französischen Revolution. 141
Der fränkische, bairische und schwäbische Kreis stellten ihr Contingent,
die Kurfürsten von Baiern und Sachsen erschienen persönlich mit ihren
Truppen. Das bedeutendste Heer führte der König Johann Sobiesky
von Polen herbei; er erhielt den Oberbefehl über das vereinigte Heer
der Polen und Deutschen. Leopold hatte Wien verlassen und die Ver-
theidigung der Hauptstadt dem tapferen Grafen Rüdiger von Stahrem-
berg übertragen, welcher mit 12,000 Bewaffneten, Soldaten, Bürgern
und Studenten, die Heeresmacht der Türken, an 200,000 Mann
stark, aufhielt. Kara Mustafa bedrängte die Stadt so sehr, daß ihre
Lage von Stunde zu Stunde bedenklicher wurde und die schwache Be-
satzung sich kaum der heftigen und häufigen Angriffe erwehren konnte.
Endlich am 11. September, am 41. Tage der Belagerung, bemerkte
Graf Stahremberg die Signalfeuer und Raketen des Entsatzes, welchen
Johann Sobiesky herbeiführte. Unbeschreiblicher Jubel herrschte in der
geängstigten Stadt, neuer Muth belebte alle Herzen, und Jubellieder
ertönten in den Straßen und auf den Wällen bis tief in die Nacht.
Der heiße Kampf des folgenden Tages fiel zu Gunsten der Christen
aus; in wilde, unaufhaltsame Flucht ergoß sich das Türkenheer und
ließ ein reiches Lager im Stiche. Johann Sobiesky und Rüdiger von
Stahremberg wurden würdig geehrt, da ihnen allein die Rettung der
Kaiserstadt gebührte. Erst 14 Tage nach dem Abzüge der Türken
erschien Leopold in Wien, eifersüchtig auf den Ruhm des tapferen
Polenkönigs, welchen das Volk fast vergötterte. Kalt und gemessen
empfing der stolze Kaiser den Retter seines Reiches und seiner Haupt-
stadt; er wäre eines besseren Empfanges würdig gewesen. Leopold ließ
jetzt seiner Rache gegen die Ungarn freien Lauf. Ein strenges, un-
barmherziges Gericht erging über Tököly's Anhänger und die Gegner
der Jesuiten. Da§ uralte Recht der Nation, sich durch freie Wahl
einen König zu küren, ward vernichtet und das Erbrecht des habs-
burgischen Hauses dafür eingesetzt.
6. Der spanische Erbfolgekrieg (1700 —1 713).
Als Karl Ii. von Spanien kinderlos gestorben war (1700),
meldeten sich vier Erben für den spanischen Thron, Ludwig Xiv. von
Frankreich, Leopold von Oestreich, Maximilian Emanuel von Baiern
für seinen unmündigen Sohn, und Victor Amadeus von Savoyen.
Ludwig Xiv. gründete seine Ansprüche auf seine Vermählung mit
Philipps Iv. Tochter Maria Theresia, vergaß aber, wie früher schon
einmal, daß er bei seiner Heirath aus den spanischen Thron vollkommen
Helden-
wüthige Ver-
theidigung
Wiens durch
den Grafen
Rüdiger von
Stahremberg
1683.
Die Stadt
wird entsetzt
durch Johann
Sobiesky von
Polen.
Leopold
züchtigt die
Ungarn.
Die Präten-
denten der
spanischen
Krone.
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Extrahierte Personennamen: Johann_Sobiesky
von_Polen Johann Leopold Leopold Kara_Mustafa Graf_Stahremberg Johann_Sobiesky Johann Johann_Sobiesky Johann Rüdiger_von
Stahremberg Leopold Leopold Leopold Leopold Karl_Ii Karl Ludwig_Xiv Ludwig Leopold_von_Oestreich Leopold Maximilian_Emanuel_von_Baiern Maximilian Victor_Amadeus_von_Savoyen Ludwig_Xiv Ludwig Philipps Maria_Theresia Maria Theresia Johann
Sobiesky Johann Leopold Leopold
Extrahierte Ortsnamen: Baiern Sachsen Polen Wien Wien Ungarn Spanien Frankreich Wiens Stahremberg Polen Ungarn