Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Bd. 2 - S. 875

1837 - Eisleben : Reichardt
Scnega mbien. 875 und aus der Sahara als trockene Nordostwinde kommen. Seltsam ist es, daß wahrend diese Winde auf die Eingebornen höchst nachthei- lig wirken und unter andern Augenübel verursachen, unlängst ange- kommene Fremde sie als sehr erfrischend und gesund rühmen, indem die Lust trocken wird, der Körper seine Elastizität wieder erhalt, die Krankheiten aufhören und die Fremden sich erquickt, erleichtert und neu gestärkt fühlen. Während der Dauer der Harmattans ist das Geräthe in den Häusern mit einem feinen Sandstaub bedeckt und Tische und Stühle bekommen Risse. Zu den merkwürdigsten Gewächsen dieses Landes gehört ohne Zweifel der Baobab, Affenbrodbaum (Adansonia digitata, nach dem berühmten Naturforscher Adanson, der im 18. Jahrhunderte lebte und Afrika, vorzüglich Senegambien bereiste, so genannt), ein Baum, dem man wegen seiner Größe mit Recht den Riesen, den König des Afrikanischen Pflanzenreichs nennen darf. Sein Stamm erreicht zwar nur bis zu den Zweigen eine Höhe von 12 bis 15 F., aber die Dicke desselben beträgt im Durchmesser 25—27 F. und mit- hin im Umkreise 75—78 F., so daß 12 Männer ihn nicht umfassen können. Die Krone wird gegen 70 F. hoch und breitet sich auf 120 F. weit aus. 'Die Wurzeln haben zum Theil eine Länge von 160 F. In den ersten Jahren wächst er schnell, nachher aber so langsam, daß Adanson glaubt, dieser Baum gelange zu einem Alter von mehreren Jahrtausenden *). Die ungeheuren Zweige senken sich zuletzt, von ihrer Schwere niedergedrückt, mit ihren Spitzen auf die Erde herab und verdecken, große Lauben bildend, den Stamm. Ein solcher Baum bedeckt zuweilen eine Fläche von beinahe 200 shruthen oder von ohngefähr 1| Ackern. Das Holz ist leicht, weiß und sehr zart, daher auch der Stamm bei der geringsten Verletzung hohl wird; die etwa 5 Zoll langen und 2 Zoll breiten Blätter sind gefingert, die Blüthen weiß und die Früchte haben eine längliche, an beiden Enden zugespitzte Form, sind gegen 18 Zoll lang und 6 Zoll breit, hängen an fast 2 F. langen Stielen, und gleichen einer Melone. Die schwarz- braune Schale der Frucht ist hart und holzig und mit 13 Furchen gerippt, welche Anfangs mit einer.dünnen, seinen und kurzen Wolle von grünlicher Farbe überdeckt sind. Mit der Reife verliert sich diese Wolle und läßt die glatte, glänzend polirte Schale überall bloß. Sie enthält ein Mark oder Fleisch von einem angenehmen säuerlichen Ge- schmack, das frisch und getrocknet gegessen und als ein Hauptmittel gegen die Ruhr benutzt wird. Aus der Rinde des Baums sollen die Neger, wie Mollien sagt, ein unzerstörbares Tauwerk verfertigen. Übri- *) Adanson fand in der Mitte des vorigen Jahrhunderts an Bäumen, die erst 6 F. dick waren, Namen von Seefahrern aus dem 15. und 16. Jahrhunderte eingeschnitten, und diese Einschnitte hatten sich noch nicht sehr erweiteet.

2. Bd. 2 - S. 948

1837 - Eisleben : Reichardt
948 Afrika. der Blüthe ihrer Jugend, gleichsam auf ein gegebenes Zeichen mit einem großen Geschrei in das Wasser stürzten und den Schiffen zuschwam- men. Diese Mädchen ergriffen, was sich greifen ließ, Seile, Taue, Einfassungen und Steuerruder, und schwangen sich mit einer beispiel- losen Fertigkeit und Behendigkeit über Bord. Sie stürzten, so wie sie vom Meerwasser trieften, mit unbeschreiblicher Heftigkeit auf die sämmtlichen Matrosen, hingen sich an ihre Halse, und küßten sie mit der größten Herzlichkeit, was hernach auch die Offiziere sich gefallen lassen mußten. Der König, lange vorher von der Ankunft dieser Ge- sandtschaft unterrichtet, hatte alle Befehle ertheilet, uns auf das Beste zu empfangen, und alle nöthigen Anstalten zur schnellsten Abreise nach dem Innern des Landes treffen lassen. Hunderte von stämmigen Ma- degassen erwarteten das sämmtliche Gepäck, Waaren und Gerathe, welche schleunig ausgeladen Zurden, um sie auf Tragbahren 12 Tage- reisen weit nach dem Innern zu schaffen. Nachdem die ganze Karawane, aus vielen hundert Lastträgern be- stehend, beisammen war, zogen wir landeinwärts. 12 Tage dauerte die Reise. Bald gingen wir auf Ebenen, bald zwischen Felsenschluch- ten oder über Hügel und Berge fort; den größten Theil dieser ermü- denden Reise legten wir in Booten auf großen Strömen zurück, wo- bei nicht selten die Boote aus einem Flusse in den andern auf dem Rücken fortgetragen wurden; überall erwarteten uns neue Schaaren von Eingebornen, welche den Ankommenden alle Lasten abnahmen und uns weiter geleiteten. Nachdem wir nun in den dichtesten Wäldern auf Flüssen und Strömen, in Schluchten und Thalern herumgeirrt, die Herrlichkeit, den Reichthum und die Fülle des Landes angestaunt, unbekannte Gewächse von den seltensten Formen bewundert und ge- sammelt, die überaus prachtvollen, noch nie gesehenen Vögel geschossen und ausgebalgt hatten, von Stunde zu Stunde überrascht und ent- zückt wurden, hob sich der Boden, die Flüsse wurden kleiner, die dich- ten Urwaldungen lichter, hohe Bäume standen einzeln, Gebüsche und Strauche nahmen uns auf, und wir hatten den Fuß der Gebirge er- stiegen. Von da ging es immer rascher und schneller in die Höhe, auf das in der Ferne sich erhebende Gebirge; wir fühlten uns von einer reinern Luft angeweht, und die drückende Hitze der Thäler war verschwunden." „Endlich hieß es, wir wären in der Nähe der Hauptstadt. Zahl- reiche Dörfer gruppirten sich, und Bewohner, welche uns am Wege erwarteten und neugierig anblickten, schienen durch ihr Aussehen, Be- tragen und das ganze Äußere ihrer Kleidung und Wohnungen einen weit höhern Grad der Bildung und folglich die Nähe der Residenz zu verrathen. Als wir uns derselben näherten, kam ein Haufen Volks nach dem andern herbei, welcher uns mit einem furchtbaren Geschrei be- grüßte und zur Stadt selbst geleitete. Wir wurden jetzt Spuren Euro- päischer Thätigkeit ansichtig; nämlich Schanzen, nach den Regeln un-

3. Bd. 2 - S. 959

1837 - Eisleben : Reichardt
959 Kanarische Inseln. genbaume mir Blumen beladen, Myrrhen und Eypressen umgeben dis Kapellen, welche auf den meisten ifolirten Hügeln errichtet sind. Überall sind die Grundstücke mit Kaktus und Agave umzäunt. In diesem südwestlichen Theile der Insel befindet sich der berühmte Pik von Teneriffa oder Pico de Teyde, der höchste Berg auf den Kanarischen Inseln, der 11,500 F. hoch sich über der Meeres- flache erhebt und in der Entfernung von 20 M. sehr genau gesehen wird. Er ist ein Vulkan, so wie der Boden der sämmtlichen Kana- rischen Inseln vulkanisch ist. Obwohl keine geschichtlichen Erinnerungen vorhanden sind, daß der Gipfel des Piks Feuer ausgeworfen habe, so ist dieses doch eine unbezweifelte - Thatsache, daß er einmal auch von seinem Gipfel aus thätig gewesen sey, indem sowohl der Auswurf- kegel, als der Krater, aus dem die Lava floß, noch vorhanden sind. Dagegen kennt man seit der Mitte des 16. Jahrhunderts mehrere geschichtlich aufgezeichnete Ausbrüche, die an verschiedenen Stellen an den Seiten des Piks geschahen, von welchen der Ausbruch den 5. Mai 1706 der Stadt Guarachico, damals der schönsten und reichsten auf der Insel, in einer herrlichen Gegend an einem Lorbeerwalde gelegen, den Untergang brachte, indem ein zweifacher Lavastrom die ganze Stadt verschlang, den Hafen ausfüllte und die ganze herrliche Gegend in eine Wüste verwandelte, Hieraus ruhte der Pik von seinen Anstren- gungen beinahe ein ganzes Jahrhundert. Allein erloschen war er nicht; denn 1798 am 9. Junius öffnete er sich abermals durch den ihm nahen Berg Cahorra. 3 Monate und 6 Tage hindurch wurden Lava und Schlacken aus 24 F. Höhe aufgethürmt durch 4 Mündungen, und Felsstücken 3000 F. hoch geschleudert. Seitdem ist der Pik wieder ruhig. Der Pik von Teneriffa ist oft schon bestiegen worden. Es ge- schieht dies gewöhnlich von der Stadt Orotava aus. Unter andern Reisenden bestieg ihn der Britte Nennet am 16. September 1814, den wir bei seiner Besteigung in Gedanken begleiten. Begicbt man sich von Orotava aus auf den Pik, so kommt man Anfangs durch ein sehr wohl angebautes Land. Die Garten dieser Stadt, zwischen denen der Weg hindurch führt, gewahren den Anblick von Gewachsen aus allen Erdtheilen. In einem dieser Garten steht ein sowohl wegen seines Alters als wegen seines Umfanges berühmter Drachenbaum (Dracaena Draco), der schon von den alten Guantschen als heilig verehrt wurde und 1402 in derselben Größe wie jetzt befunden war. Der Drachenbaum ist eine der am langsamsten wachsenden Pflanzen, dennoch betragt die Höhe dieses gewaltigen Baumes über 60 F., und der Umfang des Stammes an der Wurzel 45 Fuß, und 10 F. ober- halb der Erde Halter noch 12 F. im Durchmesser. Nach einem Auf- steigen von ohngefahr einer Stunde in einem tiefen Hohlwege kommt man in eine Waldung von alten Kastanienbaumen, die mit baumähn- lichen, 18 F. hohen Heidekraut untermischt sind. Man ist nun auf der Ebene der Hügel, welche die Centralkette bilden, die Teneriffa durch-

4. Bd. 2 - S. 960

1837 - Eisleben : Reichardt
960 Afrika. schneidet und sich gegen W. und N. bis an das Meer senkt. Man sieht in den zerrissenen Klüften keine andere Steinarten als Lava und Bimsstein. Die folgenden 2 Stunden steigt man über grünende Hü- gel empor, und man macht bei einer kleinen aus der Lava hervorkom- menden Quelle von salzigem Wasser Halt, um die Maulthiere zu tranken« Je höher man nun steigt, desto mehr verschwindet die vegetabilische Erde und macht den Laven und Schlacken Platz. Baume und Sträuche ver- krüppeln sich, und man findet nur noch Ginster oder Pfriemkrat. Während mehrerer Stunden erhebt sich der Fußpfad an einem jähen Abhange, der aus Laven in großen Massen besteht, die stellen- weise seltsame und phantastische Formen bilden. An einigen Orten sind sie mit dünnen Lagen gelben Bimsteins bedeckt. Das Auge bemerkt in jeder Entfernung nichts, als einen einzigen zusammenhängenden La- vastrom. Je weiter man vorschreitet, desto mehr scheint die Lava mit feiner Asche bedeckt zu seyn und die Massen der Bimssteine vermehren sich, bis sie die ganze Oberfläche des Bodens bedecken. Endlich ge- langt man auf eine ungeheure Ebene, welche Bennet die Bimsstein- Ebene nennt, Andere die Ebene der Pfriemkrauter oder auch die Ebene der Retamas nennen, weil man in dieser wüsten Ebene von Vegetation bloß Gebüsche von Retamas oder Pfriemkrauter an- trifft. Dieser schöne 9 F. hohe Strauch ist mit wohlriechenden Blu- men bedeckt. Hier befindet man sich schon 8000 F. hoch und hier pflegen Ziegenjager der Jagd. Der Pelz dieser Pikziegen ist dunkel- braun und ihr Fleisch köstlich. Bis an den Eingang dieser großen Ebene ist der Pik mit einem prachtvollen Pflanzenmantel bekleidet. Hier aber ändert sich die Ansicht. Ungeheure Blöcke von Lava und Bimsstein charakterisiren dieses Meer der Zerstörung, und die Fußbe- kleidung muß sehr gut seyn, wenn sie aus diesen glasartigen Stoffen nicht den Fuß verwunden lassen soll. Aus der Ebene der Retamas gelangt man durch enge, von Berg- strömen ausgehöhlte Schluchten auf eine höhere Gebirgsplatte, die Sta- tion der Engländer (La estancia di los ingleses) genannt, wo man eine Höhe von 9000 F. erreicht hat. Hier pflegt man zu N übernachten. Zwei geneigte Felsen bilden eine Act von Höhle, wo man einige Zuflucht findet. Die Nachte sind hier schon ziemlich kalt. Von hier geht man nun über eine sehr steile Gegend zwei Stunden lang nach einer kleinen Ebene Alta Vista genannt. Es ist dieses die Station der Schneetrager, bis wohin ihre Maulthiere zu klimmen ver- stehen. Man ist daselbst 9700 F. hoch. Über diesem Punkte beginnt der M alp als, die Gegend des Vulkans, welche von aller Damm- erde entblößt, nur mit Lava bedeckt ist. Durch einen kleinen Umweg gelangt man in die-Eishöhle (Cueva de la Nieve), eine von der Natur gebildete Grotte mitten unter Lavahaufen, mit Wasser und Eis zum Theil gefüllt, und aus welcher die Eistrager den ganzen Som- mer über dieses Erquickungsmittel in die Städte hinabtragen. Von

5. Bd. 2 - S. 25

1837 - Eisleben : Reichardt
Russisches Reich. 25 Tage die Sonne durch dichte Dampswolken verfinstert, und die der Wind mit unglaublicher Schnelle oft viele Meilen weit verbreitet. Nur ein Fluß oder ein etwas breiterer Weg vermag die Fortschritte eines solchen sich rastlos fortwälzenden Feuerstroms zu hemmen, der vorzüg- lich bei Nacht ein fürchterlich schönes Schauspiel gewahrt. Diese Step- pen haben einen theils sumpfigen und salzigen Boden mit kleinen Salz- seen und trage dahin schleichenden Steppenbachen, theils einen sehr festen, dürren, aus Thon, Letten, Sand, Eisentheilen und vielem Salz und Salpeter gemischten Boden. Wo derselbe aus trockenem, salpe- terhaltigen Letten besteht, wird er von der Hitze felsenhart und bekommt ellentiefe Risse. In denjenigen Gegenden, welche Flugsand zum Grunde haben, erglühet dieser durch den Sonnenbrand zu einer fürchterlichen Hitze. Und doch zeichnet sich sonderbar genug dieser glühende Sand, in welchem man kaum Vegetation für möglich halten sollte, durch einen regem und üppigem Pflanzenwuchs vor dem Lettenboden aus. Im spätem Herbst entwickelt sich von Neuem in den so ausgezeichneten Salzkräutern eine eigene Steppenflor. Kein Land in der Welt er- zeugt eine größere Mannichfaltigkeit von Salzpflanzen, als die dürre Steppenfläche des südlichen Rußlands. Setzt man zu den Eigenthüm- lichkeiten der leblosen Steppennatur noch ihre lebendigen Bewohner — die nomadischen, mit ihren Heerden.unaufhörlich herumirrenden Hirten- völker Tatarischer und Mongolischer Abkunft und die der Steppe eige- nen Thierarten, von welchen hier aus der Klasse der Säugethiere nur das Kameel, die Antilope, der Springhase, das wilde Urpferd, das Steppenmurmelthier und die sich in manchen Gegenden ungemein häufig vorfindende Zieselratte rc. genannt werden — so läßt es sich leicht be- greifen, daß die Steppen ein von allen andern Europäischen Gegenden höchst verschiedenes Bild darstellen, welches zwar mit dem kultivirten Theile Europas an Ähnlichkeit keinesweges wetteifern kann, dennoch aber in mancher andern Hinsicht dem Natur- und Menschenbeob- achter reichen Stoff zu interessanten Beobachtungen darbietet. Offen- bar sind die südrussischen niedern Steppen ein dem Meere abgewonne- ner Boden, und machten ehemals einen Theil des schwarzen, Asow- schen und Kaspischen Meeres aus. Das Kirgisische oder Kalmückische Schlaf, das im euro- päischen Rußland sich weniger häufig findet, als im asiatischen, wo es besonders häufig von den Kalmüken, Kirgisen, Baschkiren, Barabinzen, Buräten^ rc. auf den Steppen unterhalten wird, unterscheidet sich von den gewöhnlichen Schafen vorzüglich durch seinen Schwanz, welcher kurz und ein ungeheurer, walzen- oder polsterförmiger, nach unten zweithei- liger Fettklumpen ist, der 10 bis 30 und mehr Pfunde wiegt und das Thier, wenn es schnell gehen will, durch seine Schwere hin und her auf die Seite zieht. Diese Schafe sind um vieles größer als die gemeinen, meistens rothbraun oder schwarz, auch bunt gefleckt, und ha- den eine grobe, kurze und silzhaarige Wolle. Von den zarten Lämmern

6. Bd. 2 - S. 50

1837 - Eisleben : Reichardt
50 Europa. eine Stadt, die jetzt nach London, Paris und Eonstantinopel die volk- reichste Stadt in Europa ist und in ihren 8000 Häusern eine Bevöl- kerung von 450,000 Menschen hat. Außerdem kommen aber jährlich im Frühlinge gegen 150,000 Menschen aus dem Innern des Reichs hierher, theils als Arbeiter auf den Barken, theils als Maurer, Zim- merleute rc.; von diesen bleibt gewöhnlich mehr als ^ den Winter über daselbst, so daß man immer über eine halbe Million Bewohner rechnen kann. Petersburg hat nicht den Vortheil der zauberischen Um- gebung, der schönen Natur und einer malerischen Lage; vielmehr liegt es niedrig auf einem flachen, meistens sumpfigen Moorboden (wo sich in den Niederungen kaum Z F. tief schon Wasser findet, daher auch die meisten Hauser wie in Venedig und Amsterdam auf einem Funda- ment von Pfählen erbaut sind) und in einer Landschaft, die nirgends jene schöne Abwechslung darbietet, welche die Lage vieler andern Haupt- städte schmückt, sondern wo selbst noch jetzt, ungeachtet dessen was die Kunst zur Verschönerung der Gegend am meisten auf der Südseite der Stadt gethan hat, die Kultur in einiger Entfernung von dersel- den, namentlich gegen O. und N. gering ist, und man außer so manchen Dörfern und Lustschlössern und Landsitzen der Großen, nichts als Wald erblickt. Desgleichen entbehrt Petersburg bei seiner sehr nördlichen Lage, fast unter 60. Grad der Breite, eines milden Klimas. Das Angenehmste sind die schönen hellen Sommernächte, die so klar sind, daß man die ganze Nacht hindurch die feinste Schrift ohne Licht zu bedürfen, lesen kann. Dagegen hat man freilich in vielen Winter- tagen kaum 4 Stunden Tageslicht. In Rücksicht des Handels aber hat Petersburg eine sehr günstige Lage; denn ein schiffbarer majestäti- scher, 1200 F. breiter Strom, die Newa, welche aus dem großen Ladogasee kommt, durchfließt in mehrere Arme sich theilend, die Stadt und ergießt sich nach einem überhaupt 9 Meilen langen Laufe, in den Finischen Meerbusen, der dicht bis an das Westende Petersburgs geht. Dieser Fluß, von großer Tiefe und schöner Durchsichtigkeit seiner,blauen Fluthen ist von schönen, aus Granitquadern ausgemauerten Kaien oder Dämmen, mit Brustlehnen von Granit und gegittertem Eisen, mit prächtigen Landungsplätzen eingefaßt, die sich längs der Newa und ihrer Kanäle in ungeheurer Länge erstrecken und so einen mehrere Mei- len langen Spaziergang gewähren, indem ein breiter Fahr- und wohl- gepflasteter Fußweg, der an den Brustwehren hinläuft, die Reihe der das Ufer schmückenden Palläste und prachtvollen Gebäude von dem Flusse selbst scheidet. Zugleich dient das schöne, klare Wasser der Newa, da Petersburg keine Brunnen hat, zum allgemeinen Trinkwasser. Allein so große Vortheile die Newa der Stadt gewährt und einen der be- merkenswerthesten Züge in dem Gemälde derselben bildet; so furchtbar wird auch dieser Strom, wenn Stürme sich erheben, und dann diese sonst spiegelglatten Fluthen maueräbnlich sich thürmen. Noch in fri- schem Andenken ist jener schreckenvolle Tag, der 19. November 1824,

7. Bd. 2 - S. 192

1837 - Eisleben : Reichardt
192 Europa. .reichliche Quellen und Wasserfalle; überall vereint sich das Großartige mit dem Malerischen. Die Hügel sind mit Weinstöcken und Frucht- baumen aller Art bedeckt. Die schönsten Thaler ziehen sich an den Granitselsen hin, die von dem Kamme des Ocha-Gebirges auslau- fen, dessen Zweige, mit Fichten, Eypressen, Eichen, Buchen und andern kräftigen Baumen bekleidet, die Insel fast ihrer ganzen Lange nach durchschneiden. Das Ocha-Gebirge liefert einen grünen Marmor von außerordentlicher Schönheit. Der Boden dieser Insel ist mit Recht seiner fetten Weiden wegen berühmt, und unter seinen Früchten zeich- net sich vorzüglich die Feige aus, welche man hier von der besten Qua- lität erndtet. Im N. der Insel liegt Orio, das alte Oreus, dessen viel geschätzte Weinberge denen an den Ufern des Rheins sehe gleich kommen. Die zahlreichen Produkte dieser Insel bestehen haupt- sächlich aus Getreide, Wolle, Baumwolle, Öl, sehr geschätztem Honig, Wein, frischen und getrockneten Früchten und Bauholz. An Vieh ist Überfluß und man findet es hier von der schönsten Art. Die Insel besitzt auch Eisen-, Kupfer-, Steinkohlen-, Bergkrystall- und Asbest- Minen, die alle noch sehr ergiebig sind, warme Quellen und Thonerde, die zur Verfertigung von sehr feinem Geschirr dient. In einem Theil von Euböa ist der Boden gut angebaut, und blüht der Ackerbau; doch könnten reichere Kapitalien und eine verbesserte Methode demsel- den einen Schwung geben, der die Reichthümer dieses fruchtbaren Bodens sehr vermehren würde. Das Holz, womit das Land theil- weise bedeckt ist, könnte zum Schiffbau dienen, und die Ausbeutung der Wälder würde der Insel einen Handelszweig verschaffen, der ihr bis jetzt beinahe ganz fremd geblieben ist. Die Insel Antiparos, eine der Cykladen, ist zwar sehr klein, etwa H>M. groß mit 500 E., und ein bloßer Kalksteinfelsen, der nur wenig Getreide, Gemüse, Wein und Baumwolle liefert, aber merkwürdig wegen ihrer berühmten Stalaktitenhöhle, in welcher man Stalaktiten in einer Länge von 20 bis 30 F. findet. Sie ist 80 F. hoch, 100 F. breit und im Ganzen 1300 F. lang und mit einer fei- nen, sonst nirgends gefundenen Art von Tropfsteinen überzogen, die den Glanz und die Durchsichtigkeit von Krystallen haben, und die seltensten Figuren von Pflanzen und andern Naturkörpern bilden. Ein Reisender, der kürzlich diese Höhle besuchte, erzählt davon Folgendes: „An einem stei- len Pfade zeigten uns die Führer eine mächtige Spalte im Felsen, an deren Ende ein ungeheurer Stalaktit, welcher von der Decke bis an den Boden reichte, wie eine Schildwache hingestellt schien vor dem finstern Schlunde. Kaum hatten wir 15 bis 20 Schritte darin ge- than, als das Tageslicht völlig erlosch und die Fackeln unserer Führer, von der feuchten Atmosphäre halb erstickt, nur düster flammten. Dei Weg wurde immer steiler und der Boden durch die Feuchtigkeit s> schlüpfrig wie Eis. Ein Tau war das Einzige, an was wir uns hal- ten konnten und dies rieb sich gewaltig an den scharf vorspringender

8. Bd. 2 - S. 205

1837 - Eisleben : Reichardt
Asien. 205 Die Flach- und Tiefländer, welche an den Rändern des ge- sammten Asiatischen Hochlandes liegen, sind vorzüglich: 1) auf der Südseite Mesopotamien, die Syrisch-Arabische Wüste und Hindostan; 2) auf der Ostseite das Chinesische Tiefland, das sich am untern Laufe der beiden Chinesischen Hauptströme Hoang-ho und Pang-tse- Kiang ausbreitet; und 3) auf der Nordseite Sibirien, (mit Ausschluß des östlichen Sibirien, das mit Gebirgsketten angefüllt ist) dieses größte Tiefland Asiens, welches sich in einem kolossalen Maßstabe nach Lan- gen- und Breitenerstreckung ausdehnt, von den nördlichen Rändern des östlichen Hochasi'ens bis zur Küste des Eismeeres, westwärts vom Ural begranzt, und eine Flache des einförmigsten Steppenbodens ist, in deren jenseits des Polarkreises gelegenen Gegenden der Boden fast das ganze Jahr hindurch gefroren ist, oder doch nur wenige Zoll von der Oberflache unterwärts aufthaut. Große unzugängliche, den größten Theil des Jahres mit Schnee und Eis belegte Moräste nebst vielen sumpfigen Seen bedecken hier den Boden, der im Sommer an trock- nen Stellen kaum etwas Gestrüpp und Moos hervorbringt. — An seinem südwestlichen Ende, da wo die nördlichen Gränzgebirge des öst- lichen Hochasiens und der Ural die große Lücke zwischen sich lassen, hängt das Sibirische Tiefland fast ununterbrochen mit dem ausge- dehnten Tieflande zusammen, dessen tiefste Stellen der Kaspische und der Aralsee einnehmen und das man das Tiefland von Vorderasien nennen kann. Ostwärts stößt es an das Alpenland Turkestans, süd- lich an den Abfall des Paropamisus und des Plateaus von Khorassan, und westwärts zieht es durch die Lücke zwischen dem Kaukasus und Ural ans Asowsche Meer, über die Wolga an den Don nach Europa hinüber. So weit dieses Tiefland zu Asien gehört, nimmt es einen Flächenraum von 54,000 ss^M. ein, und begreift hier den größten Theil von Turkestan, das Steppenland der Kirgisen und die Steppen Orenburgs, Astrachans und Kaukasiens. Vorzüglich merkwürdig an diesem Tieflande ist, daß es unter allen bekannten Tiefländern der Erde das tiefste Niveau (wagerechte horizontale Fläche) hat, dessen tief- sten Kessel der Kaspische und Aralsee *) einnehmen, und in welchem ein beträchtlicher Theil des trocknen Landes (wahrscheinlich über 10,000 H3m.) zwischen der Kuma, dem Don, der Wolga, dem Ural, dem Obtschei-Syrt, dem See Aksagal, dem untern Schon und dem Cha- wat Khina (am Amu oder Gihon) tief unter der Oberfläche des Ozeans liegt. Diese große Senkung der Erde wird um so wunderbarer, daß unmittelbar daneben im S. die Gipfel des Kaukasus zu 16,000 und im O. die Kette des Hindu-Kusch bis zu 20,000 F. aufsteigen. Nirgends erscheinen auf der Erde Berghöhen und Tiefländer in so auffallendem Kontraste. *) Der Kaspische See liegt 300 und der Aralsee fast 200 F. tiefer als die Flache des Meeres.

9. Bd. 2 - S. 216

1837 - Eisleben : Reichardt
21h Asien. sten, wenn die Atmosphäre voll feuchter Dünste ist, und das Licht steigt dann nicht selten bis in die Wolkenbezirke hinauf. Besonders erfol- gen diese Lichtausflüsse auf warme Herbstregen und bei warm und feucht bleibender Luft. Die Felder um Baku scheinen dann in vollen Flam- men zu stehen. Aber dieses weiß - blaue Feuer zündet nicht und man verspürt mitten darin nicht einmal Warme. Ost gerathen die Feuer- massen wie ungeheure Irrlichter in Bewegung und ziehen über die weiten Flachen hin. Doch dauert dies Flammenspiel nur bis in die 4te Stunde der Nacht. Zuweilen verschwindet es in den Ebenen und zeigt sich nur an den Gipfeln der Vorgebirge, wo dann besonders der Soghdo-Ku (Berg des Paradieses) ein prachtvolles Schauspiel dar- bietet. Bei Ostwind findet diese Naturerscheinung niemals Statt, wahrscheinlich weil alsdann die Atmosphäre zu kalt und zu trocken ist. Astrachan ist eine der wichtigsten und ansehnlichsten Städte des asiatischen Rußlands, 307 M. von St. Petersburg und 178 M. von Moskau, und hat für Rußlands Handel nach dem Kaspischen See und Persien die vortheilhafteste Lage. Sie liegt auf mehreren niedrigen Hügeln einer von Armen der Wolga gebildeten Insel, welcher Strom 12 Meilen unterhalb Astrachan mit mehr als 70 Armen zwi- schen sandigen Inseln ins Kaspische Meer sich mündet. Diese gün- stige Lage verschafft dieser Stadt Verbindung mit den reichsten und fruchtbarsten Theilen des Reichs und mit den vorzüglichsten Hasen des Kaspischen Meeres, und macht sie zur Handelsniederlage zwischen Rußland auf der einen Seite und Persien, der Bucharei und Ostin- dien auf der andern Seite. Die Schiffe, die von hier nach dem Ka- spischen Meere segeln, haben, außer mit den Untiefen bei Astrachan, auch noch mit 6 dergleichen auf der untern Wolga zu kämpfen, und ungeachtet dieser Schwierigkeiten ist die Schifffahrt so beträchtlich, daß jährlich 900 bis 1000 Schiffe mit einem Waarenwerthe von 13 bis 14 Millionen Rubel aus der Wolga nach Astrachan gelangen. Die Zahl der Einwohner dieser Stadt betragt an 40,000. Ihre zahlreichen Kir- chen, ihre schönen Obstgarten, ihre Weinberge, welche vorzüglich im ganzen Rußland verschickte Trauben liefern, ihre großen Vorstädte, ihre Festung (Kreml) machen auf den Reisenden bei ihrer Annäherung ei- nen günstigen Eindruck, der aber verschwindet, sobald er die Stadt selbst mit ihren hölzernen Hausern und ihren unregelmäßigen, kothigen und ungepflasterten Straßen betritt. — Drei Bazare oder Chane sind nach asiatischer Art für die vornehmsten Handelsgeschäfte bestimmt, welche in dem einen ausschließlich von den Russischen, in dem zweiten von den Asiatischen und in dem dritten von den Ostindischen Kaufleu- ten gemacht werden, wovon die letzter» zwar nicht sehr zahlreich sind, aber doch die wichtigsten Geschäfte machen und unverheirathet zusam- men in einem großen hölzernen Gebäude leben. Ungemein wichtig ist die Fischerei, welche die Bewohner Astra- chans in der Wolga und in dem nahen Kaspischen Meere betreiben.

10. Bd. 2 - S. 284

1837 - Eisleben : Reichardt
284 Asien. zu betrachten, die ihre Eltern und Verwandten verloren hatten und nach der gewohnten Pflege und Nahrung kläglich in den Straßen schrien; auf der andern Seite blieben sehr alte Leute unangetastet, wahrend ihre Kinder und Enkel um sie her eine Beute des Todes wurden. Die Insel Rhodos, 21 □$>?. groß und von 20,000 Men- schen bewohnt, liegt unweit der Südwestküste Natoliens, und ihre Oberflache wechselt mit Bergen, sanften Anhöhen und lieblichen Tha- lern, die bei dem wilden Klima mit einer ununterbrochenen Vegeta- tion prangen. Große Waldungen verbreiten sich im Innern; auch findet man ganze Myrthen- und Obstwaldchen, so wie viele Oliven- baume. Viele Denkmäler auf dieser Insel rufen das Andenken des Johanniter-Ordens (s. I. Band. S. 472) zurück, die von 1309 bis 1522 dieselbe besaßen, und daher Rhodiserritter hießen. Merkwürdig war im Alterthum der Koloß von Rhodos, welcher zu den sieben Wundern der Welt gerechnet wurde. Er stand am Eingänge des Hafens von der Hauptstadt der Insel, die gleichfalls Rhodos heißt, und war eine 70 Ellen hohe, aus Erz gegossene Bildsäule des Son- nengottes oder des Apollo, und diente zugleich als Leuchthurm. Sie soll auf zwei Felsen, die von einander 50 F. entfernt waren, gestan- den haben, fo daß die Schiffe unter derselben wegsegeln konnten. Im Innern war sie mit starken eisernen Ankern verwahrt, und damit sie recht fest ruhte, mit Steinen ausgefüllt. Man konnte inwendig zum Feuerbecken in die Höhe aufsteigen. Den Daumen der Hand dieser Bildsäule vermochte kaum ein Mann zu umspannen. Sie hatte eine vergoldete Strahlenkrone, Bogen und Pfeile, und war in einzelnen Stücken gegossen und zusammen gesetzt. Ohngefahr 200 Jahre nach Ehristi Geburt ward dieser Koloß vollendet, allein schon 50 Jahre dar- nach stürzte ein Erdbeben, die überhaupt auf dieser Insel häufig sind, denselben um, und so lag er über 400 Jahre in seinen Ruinen da, bis nach der Eroberung von Rhodos durch die Araber, das Erz an einen Jüdischen Kaufmann verhandelt wurde, der damit 900 Kameele belud. Die 18—24 fum. große Insel Skio oder Ehios, welche unweit der Westküste Natoliens liegt, von der sie nur ein schmaler Meereskanal trennt, wird durch eine hohe, von N. nach S. ziehende Bergketten-4n zwei Halsten geschieden, und besteht aus Kalkstein, ist aber sehr fruchtbar an edlen Südfrüchten und an Wein; das Haupt- produkt aber ist der Mastix, wovon sonst jährlich 50,000 Ctr. aus- geführt wurden. Der Mastixbaum, von dem der Mastix, eine Art Gummiharz (f. Ii. Band^ S. 252) in Tropfen herabrinnt, wachst auf Ehios wild, ist jedoch zugleich ein Gegenstand des Anbaues. Die mit der Gewinnung desselben vorzüglich beschäftigten Dörfer, deren 24 sind, heißen daher Mastixdörfer, stehen unter dem besondern Be- fehle des Mastix-Aufsehers und genießen vor den andern Orten große Vorrechte. Der Mastix fließt theils von selbst, theils durch gemachte
   bis 10 von 68 weiter»  »»
68 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 68 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer