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1. Die weite Welt - S. 197

1905 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
197 105* Das Natioualderrkmal auf dem Niederwald. (Mit Abbildung.) Es war am 28. September 1883, als der greise Kaiser Wilhelm, umgeben von den Fürsten des Reiches, seinen Ministern, den Heerführern des letzten Krieges, den Abgeordneten der Volks- vertretungen, der Universitäten und zahlloser Vereine und unter dem Jubelrufe einer ungeheuren Volksmenge das Nationaldenkmal weihte mit den Worten: „Den Gefallenen zum Gedächtnis, den Lebenden zur Anerkennung, den künftigen Geschlechtern zur Nacheiferung!" In einer der schönsten Rheinlandschaften, nahe d.em weinge- segneten Rüdesheim, erhebt sich das Denkmal 25 Meter hoch über dem Niederwalde. Riesengroß, frei und meilenweit sichtbar ragt sie empor, die Germania. Ihr reiches, blondes Haar wallt, wie von frischem Winde bewegt, herab. Die Linke stützt sich aus das friedlich gesenkte deutsche Schwert, und hoch hebt die Rechte des Reiches neu erstandene Krone, unerreichbar allen Feinden und Neidern, in die freie Luft. Ein Eichenkranz ruht auf dem wunderschönen Haupte, und Lorbeerkränze zieren die Krone und das Schwert. Die Gewandung ist reich und edel gehalten. Die vollendete weibliche Schönheit wird erhöht durch den Ausdruck der Herrscherwürde, der Entschlossenheit, der Erhabenheit. Schillings Meisterhand hat eine Germania ins Dasein gerufen, wie sie so groß und schön bisher von keiner Künstler- hand geschaffen wurde. Von mächtiger Wirkung sind auch die audern Figuren des Denkmals. In der Mitte des untern Sockels befindet sich eine Bronzegruppe: der alte Vater Rhein überreicht der jugendlichen Mosel, der neuen Grenzhüteriu, das Wachthorn. Zu beiden Seiten erheben sich zwei gewaltige Gestalten als bedeutsame Sinnbilder: der Krieg, ein feuriger Jüngling, in die Kriegsdrommete schmetternd, und der Friede, eine Figur mit Palmenzweig und Füllhorn. Zwischen beiden ist auf dem oberen Sockel ein figurenreiches Bild in erhabener Arbeit angebracht, das nach des Künstlers eigenen Worten die „Wacht am Rhein" in dem Augenblicke darstellt, als sich die deutschen Krieger um ihren königlichen Führer scharen. In der Mitte sitzt der Kaiser hoch zu Roß; um ihn versammelt sind die Fürsten und Feld- herren, die ihm 1870 begeistert folgten. Es sind nahe an 200 Figuren, die meisten in Lebensgröße und porträtähnlich. In gleicher Höhe mit diesem vordern stehen die beiden großen Seitenbildwerke, die in ergreifender Weise des „Kriegers Abschied" und der „Krieger Heim- kehr" darstellen. Von der Vorderseite des Unterbaues strahlt die Inschrift herab: „Zum Andenken an die einmütige, siegreiche Erhebung des deutschen Volkes und an die Wiederherstellung des Deutschen Reiches 1870—1871." Herrlich ist das Stück deutscher Erde, über welches die Ger- mania hütend und herrschend hinausschaut. Zwischen den von

2. Die weite Welt - S. 198

1905 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
198 üppigsten Reben umkränzten Ufern breitet sich das mächtige Becken aus, in dem der gewaltige Strom seine Wellen beruhigt sammelt, bevor er sich am Mäuseturme vorbei in die engen Pforten des Schiefergebirges und durch die Strudel des Bingerlochs drängt. Links unter uns liegt Rüdesheim mit seinen altersgrauen Burgen

3. Die weite Welt - S. 199

1905 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
199 und Türmen. Am jenseitigen Ufer erblicken wir die freundliche Stadt Bingen, im Westen begrenzt von der Nahe, deren silbernes Band wir hinauf in die Pfalz verfolgen können: das bleibende Merkzeichen der Heerstraße, auf der wir auszogen, um den Angriff unsers übermütigen Feindes abzuschlagen, und auf der dann des neuen Reiches Herrscher an der Spitze seines sieggekrönten Heeres zurückkehrte. Drüben links auf halber Höhe des niedrigen, tiefgrünen Bergzuges winkt Ingelheim, der Lieblingsaufenthalt Kaiser Karls des Großen, und aus blauer Ferne schauen der Donnersberg und der Odenwald, zwei Heiligtümer unserer Altvordern, zu dem neuen National- heiligtume unsers Geschlechtes durch die klare Luft herüber. Hamburger Lesebuch. Iw. Auf dem Dome zu Metz. 1. Es war der letzte Tag, den ich in Metz verbringen sollte, und so machte ich denn noch einmal denselben Weg, der einst mein erster gewesen war, den Weg zum Dome. Noch einmal wollt ich emporsteigen und einen letzten Blick tun ans die Stadt und ihre Schönheit. Bald war die höchste Staffel der Wendeltreppe erreicht, und so trat ich hinaus in die offene Brüstung. Da lag sie nun aus- gebreitet im Abendgold, die stolze Moselstadt mit ihren zahllosen Giebeln und Dächern, mit ihren Palästen und Gärten, mit ihrem Prunk und ihrem Schmerz, der trotzig in allen Seelen liegt. Ruhig und getragen ziehen die Wogen des Stromes in der Tiefe dahin, mit bläulichen Schatten heben die gewaltigen Forts sich ab von der weichen Luft, jene Forts, unter deren Schutz die geschlagenen Heere sich flüchteten, als der Tag von Gravelotte erfüllt war! — So sah ich in die senkrechte Tiefe, ein schwindelndes Gefühl erfaßte mir die Sinne. Da fuhr ich auf, erwachend wie aus einem Traum, und lauschte; ein schriller, langgezogener Laut klang an mein Ohr, und schlanke Fittiche rauschen — das sind die Falken, die in den Fugen des Turmes sich eingenistet und nun am Abend kreisend zu Neste fliegen. Wie scharf und sicher schneiden sie durch die Lüfte, bald zur Höhe schießend, bald mit jäher Wendung niederstoßend! jetzt klammern sie sich mit den Fängen an das zackige Gestein, und dann geht es wieder wirbelnd empor ins Blaue. Fürwahr, das ist das alte fröh- liche Federspiel! 2. Ich war noch ganz vertieft, da fiel mit einemmal eine kräftige Hand auf meine Schulter, und als ich mich wandte, stand der Türmer vor mir. Schon lange hatte er den sinnenden Fremdling betrachtet, und halb treuherzig, halb mürrisch frug er nun an, was denn eigentlich mein Begehr sei. Der Alte war eine fesselnde Gestalt — graues Haar und scharf entschlossene Züge, aus denen blitzende Augen lugten; er selber sah aus, als ob er ein grauer Turmfalke wäre, der seit einem halben

4. Die weite Welt - S. 130

1905 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
130 2. £> schauet, wie ihm leuchten die Augen so klar! £> schauet, wie ihm wallet sein schneeweißes Haar! So frisch blüht sein Alter wie greifender Wein, drum kann er Verwalter des Schlachtfeldes sein. 3. Der Mann ist er gewesen, als alles versank, der mutig auf gen Kimme! den Degen noch schwang; da schwur er beim (Lisen gar zornig und hart, den Welschen zu weisen die preußische Art. H. Den Schwur hat er gehalten. Als Ariegsruf erklang, hei! wie der weiße Jüngling in'n Sattel sich schwang! Da ist er's gewesen, der Kehraus gemacht, mit eisernem Besen das Land rein gemacht. 5. Bei Lützen auf der Aue er hielt solchen Strauß, daß vielen tausend Welschen der Atem ging aus, daß Tausende liefen dort hasigen Lauf, zehntausend entschliefen, die nimmer wachen auf. 6. Am Wasser der Aatzbach er's auch hat bewährt, da hat er den Franzosen das Schwimmen gelehrt: Fahrt wohl, ihr Franzosen, zur Ostsee hinab und nehmt, Ohnehosen, den Walfisch zum Grab! 7. Bei Wartburg an der Elbe, wie fuhr er hindurch! Da schirmte die Franzosen nicht Schanze, noch Burg, da mußten sie springen wie Hasen übers Feld, hinterdrein ließ erklingen fein Hussa! der Held. 8. Bei Leipzig auf dem Alane, o herrliche Schlacht! da brach er den Franzosen das Glück und die Macht, da lagen sie sicher nach blutigem Fall, da ward der Herr Blücher ein Feldmarschall. 9. Drum blaset, ihr Trompeten! Husaren heraus! Du reite, Herr Feldmarschall, wie Winde im Saus! Dem Siege entgegen, zum Rhein, übern Rhein, du tapferer Degen, in Frankreich hinein! E. M. Arndt. 67. Blücher am Rhein. Die Heere blieben am Rheine stehn: „Soll man hinein nach Frankreich gehn?" Man dachte hin und wieder nach; allein der alte Blücher sprach: „Generalkarte Herl Nach Frankreich gehn ist nicht so schwer, wo steht der Feind?" — „Der Feind? Dahierl" „Den Finger drauf, den schlagen wir! wo liegt Paris?" — „Paris? Da- hierl" „Den Finger drauf, das nehmen wir! Nun schlagt die Brücken übern Rhein! Ich denke, der Lhamxagnerwein wird, wo er wächst, am besten sein." Aug. Kopisch.

5. Die weite Welt - S. 131

1905 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
131 68. Vom Vater Blücher. Als in dem zweiten Befreiungskriege die Preußen über den Rhein auf Brüssel zu marschierten, war der Kaiser Napoleon zunächst darauf bedacht, unsern alten Blücher, den preußischen Heldengreis, anzugreifen, und am 16. Juni 1815 entbrannte eine heiße Schlacht bei Ligny. Unsererseits waren bereits alle Truppen im Gefechte gegen Napoleons Übermacht. Wir erwarteten englische Unterstützung, die uns ver- sprochen war; sie kam aber nicht, und schon brach die Dunkelheit herein. Unter ihrem Schutze war feindliches Fußvolk um das Dorf Ligny herumgeschlichen und griff die Unsern, die hinter den Häusern aufgestellt waren, plötzlich im Rücken an. Zu gleicher Zeit drang ein Eisenkeil von 4000 feindlichen Gardekürassieren an einer andern Stelle durch das Dorf. Da zog Blücher den Degen und führte eine Schar leichter Kavallerie selbst gegen die französischen Eisenreiter. Seine Leute wurden geworfen. Sein eignes Pferd traf ein Schuß. In wilden Sprüngen raste es mit ihm fort, die Feinde hinter ihm drein. Jetzt stürzte es zusammen, und der greise Feldmarschall lag betäubt unter dem toten Tiere. Sein getreuer Adjutant, Graf Nostitz, sprang ab und stellte sich mit gezogenem Degen neben ihn. Was er wollte, so hat er später gestanden, wußte er selbst nicht. Aber Gottes Auge wachte über dem Helden. Der Reitersturm zog vorüber; kein feindliches Auge hatte den Feldherrn erblickt; Nostitz war wieder mit ihm allein. Aber nicht lange, da brausten die Reiter zum zweiten Male vorüber, von den Unsern zurückgeworfen. Doch wieder waren sie wie mit Blindheit geschlagen. Die Unsern jagten hinter ihnen drein. Schnell hielt Nostitz einen Husaren an. Mit Mühe wurde der Feldmarschall unter dem toten Pferd hervorgezogen und auf das Husarenpferd gesetzt. Es war die höchste Zeit, denn schon drangen die feindlichen Reiter aufs neue vor. Unser Fußvolk, hinter Ligny im Dunkel des Abends überfallen, rings umbraust von feindlichen Reitern, zog sich geordnet in geschlossenen Massen zurück. Alle An- griffe der feindlichen Reiterei schlug es kaltblütig mit Bajonett und Gewehrfeuer ab. Eine Viertelstunde hinter dem Schlachtfelde stellte sich unser Heer wieder auf. Der Feind wagte nicht, dasselbe zu ver- folgen. Das Schlachtfeld war verloren, aber nicht die Ehre, nicht der Mut. Denn schon am folgenden Tage versprach der Feldmar- schall dem englischen Befehlshaber Lord Wellington, daß er ihm am 18. mit seinem ganzen Heere zu Hilfe kommen wolle. Am 17. ließ er die Armee in Parade an sich vorbeimarschieren, damit die Soldaten bei dem stolzen Paradezuge die gestrigen Unfälle vergessen sollten. So neigte sich der Tag des 17. Juni. Inzwischen waren die Engländer im Anmarsche, und Napoleon ging ihnen ent- gegen, um eine Verbindung mit den Preußen zu verhindern. Schon am folgenden Tage, am 18. Juni, stand er ihnen unweit Brüssel in Schlachtordnung gegenüber. Der Herzog von Wellington hatte seine 9*

6. Die weite Welt - S. 202

1905 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
202 mit Südwestdeutschland in kürzester Linie verband. Diese Linie aber konnte nur über den St. Gotthard führen; denn von allen Pässen ist der St. Gotthardpafs der einfachste und natür- lichste Durchschnitt der Alpen. Von Brunnen am Vierwald- stätter See zieht sich das Tal der Keufs wie eine gewaltige Furche hin nach Süden, bis sich der Gebirgsstock der St. Gott- hardgruppe massig in den Weg stellt; jenseit des Gebirgsstockes führt das Tal des Tessin nach der Poebene. In riesenhaften Windungen steigt die Fahrstrasse den Gebirgsstock hinauf. Die Bahn wählte einen kürzeren Weg: sie bohrt sich geradeswegs durch das Berginnere hindurch, und dieser Gotthardtunnel ist wohl das gewaltigste Bauwerk der Neuzeit. Seine Länge be- trägt 14 900 m oder fast zwei deutsche Meilen. Der Bau des Tunnels, der 8 Jahre währte, bot verschiedene Schwierigkeiten. Hier war das Gestein so hart, dass es der Arbeit jedes Instrumentes zu spotten schien; dort wieder kam man an lockeres Erdreich, das fortwährend herunter bröckelte und alle Stützen und Wölbungen zerdrückte; dann stürzten wieder Gewässer aus den Wänden, welche die Arbeiter be- drohten. Die Hitze im Berginnern — beim Bau 34°, jetzt 20° — und die schlechte Luft, die durch grosse Lüftungsmaschinen kaum genügend gereinigt werden konnte, erzeugten allerhand Krankheiten. Auf dem kleinen Kirchhofe zu Gesehenen liegen 179 Opfer des Tunnelbaues begraben; 877 Arbeiter wurden mehr oder weniger schwer verletzt. Man kann sich deshalb wohl die Erregung denken, die entstand, als die sich entgegenarbeitenden italienischen und deutschen Arbeiter so nahe aneinandergerückt waren, dass sie ihre Stimmen hörten. Bald bildete nur noch eine 2 m dicke Steinmasse die Scheidewand, und nun fanden sich die Hauptleiter des Baues im Tunnel ein, um dem feierlichen Augenblicke des Durchbruches beizuwohnen. Als dieser erfolgte, da stürzten über die Trümmer der Steinwand die Arbeiter sich gegenseitig in die Arme; da sah man bei dieser Arbeit ergraute Männer Freudentränen weinen darüber, dass das Ziel endlich erreicht war. Vor den Tunneleingängen aber ertönten die Pfeifen sämtlicher Dampfmaschinen, um durch diesen Höllenlärm das freudige Ereignis zu feiern. Zum Teil noch schwieriger als die Anlage des grossen Gotthardtunnels erwies sich der Bau in den Tälern der Keufs und des Tessin. Das Gefäll der Talsohle ist hier oft so stark, dass die Anlage einer Bahn unmöglich wird. Der Erbauer von Ge- birgsbahnen sucht sich bei ähnlichem Gelände dadurch zu helfen, dass er in Seitenthäler einbiegt und so allmählich in die Höhe steigt, um alsdann wieder in das Haupttal zurückzukehren. Aber derartige Seitentäler sind hier nicht vorhanden; senkrecht steigen die Felsen am Flussufer empor, und in Wasserfällen er-

7. Die weite Welt - S. 133

1905 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
133 La Belle-Alliance zum Ziele nehmend, drangen Preußen und Eng- länder unaufhaltsam vorwärts. Die Franzosen sahen sich von allen Seiten angegriffen, und mit dem Rufe: „Rette sich, wer kann!" er- gossen sie sich in wilder Verwirrung in die Flucht. Napoleon hielt in dem letzten Viereck seiner Garden, mit starren Blicken den Greuel der Vernichtung betrachtend. Einer seiner Marschälle ergriff den Zügel des kaiserlichen Pferdes und riß seinen Gebieter, der den Tod suchte, mit Gewalt fort. Bei Belle-Alliance, „dem schönen Bunde", trafen sich die siegreichen Feldherrn Blücher und Wellington. Den müden Preußen verblieb nun das saure, aber lustige Stück Arbeit der Verfolgung. Hei, da ging's den tapfern Gneisenau an der Spitze, unter dem Klange der Flügelhörner lustig in die Nacht hinein. Bald erbeuteten die Unsern den Reisewagen Napoleons. Er selbst hatte sich bei dem Geschrei: „Die Preußen kommen!" kaum zum Schlage hinaus retten können und seinen Hut und Degen im Stiche lassen müssen. In den Dörfern, im hohen Korne wurden die todmüden Franzosen durch den Schall der Hörner, das Wirbeln der Trommeln und das Knallen des Kleingewehrseuers aufgejagt. Hell stand der Vollmond am Himmel, als wollte er den tapferen Preußen leuchten. Aber immer dünner wurde die Schar der verfolgenden Truppen. Zuletzt waren nur noch einige Reiter und ein paar Füsilier- kompanien übrig geblieben. Einen unermüdlichen Trommler setzte man in froher Siegeslaune auf eins der von Napoleons Wagen ge- nommenen Kutschpferde; der mußte fortwährend die Trommel rühren, und diese Handvoll Leute, dieser eine Tambour jagten jetzt die Neste des fliehenden Heeres vor sich her, wie der Wind die fallenden Blätter. Noch in derselben Nacht schrieb Blücher an den Fürsten Schwarzen- berg: „Der herrlichste Sieg ist erfochten. Ausführliches wird folgen. Ich denke, die Bonapartische Geschichte ist nun vorbei. Ich kann nicht mehr schreiben, denn ich zittere an allen Gliedern. Die An- strengung war zu groß." Und in der nämlichen Nacht richtete er folgende schriftliche Ansprache an die Armee: „Ihr habt gezeigt, daß tapfere Krieger wohl überwunden, aber ihr Mut nicht gebeugt werden kann. Empfangt meinen Dank, ihr unübertrefflichen Soldaten! Ihr habt euch einen großen Namen gemacht. Nie wird Preußen unter- gehen, wenn eure Söhne und Enkel euch gleichen." — Und die Bona- partische Geschichte war nun wirklich aus. Auf St. Helenas einsamem Felsen hat der Gewaltige geendet, der einst die Welt mit seinem Machtgebote beherrschte. Arndt. 69. Lied des Alten im Bart. 1. Durch tiefe Nacht ein Brausen zieht und beugt die knospenden Reiser, im Winde klingt ein altes Lied, das Lied vom deutschen Kaiser.

8. Die weite Welt - S. 204

1905 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
204 Widerhall tönt, indem der Zug auf dem glatten, unterirdischen Eisenpfade dahingleitet, von der Wölbung zurück. Trüber und trüber brennen die Wagenlampen, und wie tanzende Irrlichter huschen die Tunnellampen vorüber. Während oben auf der Felsen- höhe des Passes vielleicht ein eisiger Sturm weht, der den Schnee hoch auftürmt, erreicht die Wärme während der Fahrt im Tunnel eine Höhe, die über das Behagliche hinausgeht. — Der Scheitelpunkt ist erreicht; allmählich macht sich eine Verände- rung der Luft bemerkbar, mit geringem Gefälle eilt der Zug bergabwärts. Schon zeigt sich in der Ferne ein lichter Punkt — es geht dem goldenen Tageslichte rasch entgegen — nicht lange währt es, und Airolo ist erreicht. Nun eilt der Zug, dem Tessin das Geleit gebend, nach Bellinzona, wo die Bahnlinie sich teilt, einerseits zum Langensee, andererseits zum Luganer See sich wendend. Wenn der Reisende aber während der Fahrt durch den Tunnel an die Gefahren des Gotthardpasses denkt, an die Lawinen und Schneestürme, wenn er sich erinnert, dass der Gotthard alljährlich seine Opfer an Tier- und Menschenleben forderte, dann wird er sich auf der Reise nach dem sonnigen Süden doch lieber und leichter dem Dampfrosse anvertrauen, das ihn sicher und ungefährdet durch die geheimnisvolle, stille Tiefe des Urgebirges trägt. Die italienische Schweiz mit ihren ebenso grossartigen als lieblichen Landschaften, sowie die schönen Ufer der ober- italienischen Seen werden nun, leichter erreichbar, noch mehr als bisher Zielpunkte der Vergnügungsreisenden werden. Noch höher steht die Bedeutung unseres Schienenweges für den Han- del und Postverkehr. Die Gotthardbahn ist die gerade Ver- bindungslinie zwischen den Häfen der Nordsee, den ge werb- reichen Rheinlanden, Baden und Württemberg, den bedeutendsten Plätzen der Schweiz einerseits und der lombardischen Tiefebene und dem grössten italienischen Mittelmeerhafen, Genua, anderer- seits. Wie einst der Gotthardpass infolge seiner vorteilhaften Lage alle anderen Alpenpässe an Bedeutung überflügelte, so bildet auch die durch die Tiefe des Gebirges führende Gotthard- bahn eine belebte und dabei in allen Jahreszeiten sichere Handels- strasse zwischen der Nordsee und dem Mittelmeere, zwischen Deutschland und Italien. 109. Ein Brief Moltkes ans Italien. San Remo, den 24. März 1885. Lieber Ludwig! Herzlichen Gruß vom ligurischen Küstensaume her, der Dir von Nervi in schöner Erinnerung sein wird! Freilich ist es eine Täuschung, wenn wir in Deutschland denken, daß hier kein Winter sei. Noch

9. Die weite Welt - S. 135

1905 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
135 Sohn war, glaubten die Mitschüler ihn um so mehr ducken zu müssen. Das hat den artigen, offenen Knaben oft gekränkt und entrüstet — war er doch nichts weniger als stolz oder einer, der was Besseres sein wollte als die andern — und er bekam großes Heimweh. Wenn er z. B. beim Spazierengehen einen Knecht auf dem Felde Pflügen sah, mußte er weinen. Dennoch hielt er sich tapfer und wußte sich sehr bald bei seinen Mitschülern in Respekt zu setzen. So hatte er sich z. B. gegen sie zur Wehr gesetzt, als sie ihn als „Neuen" in herkömmlicher Weise „einweihen" wollten. Diesen Widerstand vergaßen sie ihm nicht und dachten: „Wart nur! wenn die Badezeit anfängt, wollen wir dir's schon heimzahlen!" Wer sich nämlich beim Baden vor dem Wasser fürchtete, der wurde von dem Lehrer einfach kopfüber hineingeworfen und von seinen Mitschülern so lange untergetaucht, bis er von der „Wasserscheu" geheilt war. Alle freuten sich schon auf den Augen- blick, wo Otto von Bismarck seine Taufe im Schafgraben erhalten sollte; denn das setzte man als gewiß voraus, daß solch ein junges Bürschchen die Wasserscheu habe. Alle standen schon bereit, um beim Untertauchen gründlich zu helfen — siehe, da tritt Otto von Bis- marck mit der größten Kaltblütigkeit an den Rand des Grabens, stürzt sich hinein, taucht unter und kommt erst am jenseitigen Ufer wieder zum Vorschein. Ein allgemeines „Ah!" folgte dieser Über- raschung. Keiner aber wagte es jetzt, den kühnen Taucher nur zu berühren. Bald war Otto von Bismarck einer der Tüchtigsten im Schwimmen und Fechten und der angesehene und allbeliebte An- führer beim Schneebällen, Kriegspielen u. s. w. Aber auch beim Lernen sahen alle mit Bewunderung zu ihm auf. Besonders in der Weltgeschichte wußte er wie keiner Bescheid. Im Garten hinter dem Hause stand ein großer Lindenbaum, auf welchen die Knaben in den Freistunden hinaufklettern durften. Wenn es was Wichtiges mitzuteilen oder zu beraten gab, hieß es: „Nach der Linde!" Den Ehrenplatz auf dem Baume nahm Otto von Bis- marck ein; um ihn her oder, unter ihm die andern. Da saß er denn oft zwischen den schattigen Ästen auf seinem luftigen Thron und las ihnen aus der Weltgeschichte vor, am liebsten von den griechischen Helden Ajax und Achilles und Odysseus im trojanischen Krieg aus Beckers „Erzählungen aus der alten Welt"; das Buch wußte er beinahe ganz auswendig. Er selber hieß bei seinen Kameraden „Ajax". In seinem zwölften Lebensjahr kam Otto aufs Friedrich Wilhelms- Gymnasium, wo er in die Untertertia aufgenommen wurde, während Bernd bereits Sekundaner war. Er wohnte nun mit seinem Bruder zusammen in der Wohnung, die seine Eltern in Berlin hatten. Zum Winter pflegten diese selber nach Berlin überzusiedeln; im Sommer aber sorgte „Trine Neumann", die treue Köchin, mütterlich für die beiden jungen Herren. Noch vor wenigen Jahren erzählte der Reichs- kanzler in scherzender und doch dankbarer Erinnerung: „Trine Neu

10. Die weite Welt - S. 206

1905 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
206 Trauben ihrer roten Früchte sehen. Die Knospen der Feigenbäume bräunen sich und fangen an zu glänzen und zu schwellen. Über die Mauer hangen der weißblühende Jasmin und die blauen Blumen des Immergrün zwischen üppig wucherndem Efeu herab, dessen goldgelbe Blütenballen förmlich in der Sonne funkeln. Und über all diese Farben- und Blütenpracht hinaus nicken purpurfarbene Rosen zu uns herüber und scheinen zu sagen: „Freuet euch an uns; denn hier ist Sommer, und bei euch zu Hause liegen Eis und Schnee über der Erde, und kein Vogel singt, kein Schmetterling wiegt sich dort über den Blumenkelchen wie hier; es ist alles tot im Norden — und ihr lebt mit uns im Süden und im Frühlinge!" Unten in der Straße führen Weltgeistliche in ihren langen, schwarzen Gewändern die verschiedenen Klassen einer Schule zur Messe. Einzelne Kapuziner aus dem nahegelegenen Kloster lassen sich blicken. In langen Reihen treibt man die beladenen Maultiere vorüber, welche Kalk und Gips und Holz nach den verschiedenen Werkstätten tragen. Hier ruft ein Fischhändler seine Fische, dort ein Landmann den wohl- schmeckenden weißen Ziegenquark aus, der hier bei den weniger Be- mittelten die Stelle der Butter vertritt. In großen, offenen Körben werden die herrlichsten Gemüse, die köstlichsten Blumen, unzählige Kamelien, Schneeglöckchen, Veilchen, Hyacinthen und Levkoien vorüber- getragen. Mützenverkäufer, Schuh-, Stiefel-, Bürsten- und Besenhändler, Federviehverkäufer und Töpfer, Lumpensammler und Tabulettkrämer bieten in langgezogenem Tone ihre Waren aus. Die römischen Haus- frauen machen die Fenster auf und treten vor die Hausthüren. Hier und dort stehen sie, die Arme behaglich übereinander gekreuzt, bei- sammen und schwatzen. Von rechts und links laufen die Diener der Kaffeehäuser mit den Theebrettern, die Diener der Speisewirtschaften mit den großen Blechkästen, in denen sie das solidere Frühstück tragen, die Straßen entlang. Sie machen einen kurzen Halt und sprechen mit den Mädchen, die das Wasser in einem großen Kupferkruge aus dem Kopfe tragen. Aber alles beeilt sich jetzt, alles hastet; denn es ist bereits neun Uhr geworden. Die Fremden fangen an, ihre Wohnungen zu verlassen. Wohl- gewaschen und musterhaft gekämmt, gehen Engländer und Amerikaner im Geschäftsschritt vorüber. Die Künstler wandern mit ihren Mappen, mit ihren Malkästen, mit Feldstühlen und Malschirmen in die Cam- pagna hinaus oder gehen in ihre Werkstätten. Jetzt fahren die Wagen, schöne viersitzige Landauer und kleine offene Einspänner, vor die Häuser. Die Frühstückszeit ist vorüber. Die Heimischen arbeiten, die Fremden greifen zu ihren Reisebüchern, die Sonne lockt gar zu freundlich — man muß hinaus, hinaus! Langsam schlendern wir die Straßen entlang, bald eine schöne Villa, bald ein kunstvolles Denkmal, bald einen reich geschmückten Brunnen, bald den Bau einer Kirche bewundernd. Dabei haben wir aber auch Gelegenheit zu sehen, wie oft dicht neben Pracht und Herr-
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