Hab es dach wenige, die es zu übersehen vermerken.
Dabei wurdeu die Geistlichen durch Vermächtnisse,
Schenkungen, und dadurch, daß der Besitz in der tob-
ten Hand nicht theilbar oder vererblich war, sondern
nur vermehrt werden konnte, immer.reicher (aber frei-
lich nicht in gleichem Maaße -frömmer). Die Mönche
bekamen im Üteu Jahrhundert von Benedict von Nursia,
eine sogenannte Regel, (Benedictiner) nach welcher sie
Zusammenleben mußten; und eben ihre Abgeschlossenheit
von der Writ/ihre Ehelosigkeit, verliehen ihnen groß-
ßes Ansehen, so wie sie auch damals noch um Urbar-
machung großer Länderstrechen, und selbst um die Wis-
senschaften und Künste unverkennbare Verdienste hatten.
Die Patriarchen von Rom, denen Noms Weltherrschaft
noch im Gedachlniß war, hatten schon seit der Verle-
gung des Kaisersitzes sich immer unabhängiger zu machen
gesucht, und wenn sie sich seit Gregor den^ Großen
5y5 auch Knecht der Knechte Gottes nannten, so such-
ten sie sich doch das höchste kirchliche Ansehen zu ver-
schaffen. Vorzüglich unterstützte sie dabei ihre Freund-
schaft mit den fränkischen Majprdomrn, die sie gegen
die Langobarden unterstützten, und ihnen bedeutende
Gebiete Italiens schenkten, wodurch sie die erste welt-
liche Macht erhielten, und um diese Zeit .auch dey
Namen oder Papst annahmen. Auch daß Pipin
zur bessern Gründung seiner Königswürde, bei dem
Papste angrsragt hatte, und von diesem nachher gesalbt
worden war, wurde von den Päpsten bald zu neuen
Ansprüchen benutzt. Aber die eigentliche Ausbildung der
Kirchen Herrschaft oder H i e r a r ch i e gehört erst der fol-
genden Zeit an.
Neben der Hierarchie zieht sich aber auch als zwei-
ter Hebel des ganzen Mittelalters das sogenannte
Lehn wesen (Feudalsystem) hin. Aus freiwilligem An-
schließen an mächtige und tapfere -Männer zu kriegeri-
schen Unternehmungen (den sogenannten Gefolgen oder
Gesellenschaften), wofür Waffeü und ein Theil der
Beute zum Ersatz gegeben wurden, entstand bald bei
Eroberungen ganzer Länder, ein Verleihen von Lände-
reien, außer dem allgemeinen Ervberungsantheil, an
diejenigen, welche die Anführer noch durch engere
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T42: [Papst Kaiser König Rom Heinrich Italien Karl Kirche Bischof Jahr], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Benedict_von_Nursia Gregor_den^ Gregor
105
Ansehen der Geistlichen bei, die viel lieber unter einem
entfernten Papste als unter nahen Laien > Fürsten stehen
wollten. Wenn also auch mancher Papst einen unwür-
digen Lebenswandel führte, wenn manchmal 2 bts 3
Päpste zugleich gewählt wurden, und sich nun unter
einander über die Krone zankten: so konnte dies doch
den Glauben an die höchste Macht des Papstes )o
leicht nicht erschüttern, weil man auch wohl bei welt-
lichen Großen Amt und Menschen von einander unter-
scheiden mußte.
Im o ft r ö m i s ch e n K a i s e r t h u m e regierten von
802 — 1078 2 Kaiserinnen und 24 Kaiser, von denen
einer entsagte, drei ermordet, drei vergiftet, 4 geblen-
det 0 abgesetzt wurden. Statt das Reich tapfer nach
außen gegen die Bulgaren, Araber, und die seit 105c>
vom Kaukasus herabdringenden Türken zu beschützen,
kaufte man lieber Frieden, stritt sich über subtile theo-
logische Gegenstände herum, und verlor eine Pro-
vinz nach der andern an die Barbaren. — Dagegen
fing man auf der entgegengesetzten Seite Europas, in
Spanien an, sich von dem drückenden Joche der Ara-
der, die sich dort festgesetzt hatten, wieder zu befreien.
Von den Gebirgen Asturiens, wo man sich durch die
Schlacht bei der Höhle von Eavadonga behauptet hatte,
ging die Freiheit Spaniens wieder aus. Man errich-
tete in den wieder eroberten Landern kleine Staaten, die
sich allmählig zu zwei größeren, Kastilien und Arago-
nten, erweiterten und vereinigten. Am rühmlichsten
bekämpfte die Araber der spanische Held Don Nodrigo
Diaz, Grafvon Vivar, gewöhnlich C t d oder el Campea*
dor (der Kämpfer) genannt, der auf seinem guten Pfer-
de, Babieka, seinem König Ferdinand (loz5 — 10ö5) die
arabischen Fürsten von Toledo und Sevilla zinsbar
machte, und das schöne Valencia wieder eroberte. Am
Ende dieses Zeitraums wurde auch das nachherige Kö-
nigreich Portugal den Maurenabgenommen, wurde
aber erst lioi) unter Graf Heinrich von Burgund ei-
ne von Spanten unabhängige Grafschaft.
Ein Kampf anderer Art war in England mit
^en Königen von Dänemark. Zwar hatte Alfred der
Große (fi göl) eine Seemacht geschaffen, und dre
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Extrahierte Personennamen: Eavadonga Nodrigo
Diaz Ferdinand_( Ferdinand Toledo Heinrich_von_Burgund Heinrich Alfred
Extrahierte Ortsnamen: Europas Spanien Spaniens Kastilien Babieka Sevilla Valencia England
123
Anjou gefolgt. Scklechre und drückende Negierungen
v-ranlaßten, das; das Volk sich Frecheusbrtefe erzwang,
und eine Volksvertretung (Parlament), welche, wie
mangelhaft sie war, doch der Könige Willkür schwäch-
te, und dem Volke größeres Selbstvertrauen verlieh.
Auf die Kampfe mit Frankreich folgten bald innere;
indem zwei große Hauser, Pork und Lancaster (die
weiße und die rolhe Rose) l453 sich über den Besitz
der Krone blutig stritten. Eine Herrath Heinrichs Vii.
(1485— 150t)) beendete den schweren Streit. 3n ^'W
Schottland herrschte seit 1371 das Haus Stuart, das
unglücklichste, was je regiert hat.
Zerstückelter als nie erscheint Italien. Neapel
und Sicilien, der Hohenstaufen Crbland, schmachtete
unter Karls von Anjou Drucke. Nur in Sicilien ge-
lang es, die französische Herrschaft mit der Aragoni-
schen zu vertauschen, indem man plötzlich (Ostern 1282)
über die Franzosen auf der Insel herfiel (sictlianische
Vesper), und sie erschlug. Neapel aber kam nach viel-
fachem Herrscherwechsel erst um 1458 an Aragonien. — 7c
Im Kirchenstaate war Nom endlich von den kai-
serlichen Statthaltern durch die Papste befreit, ein Car-
dinalcollegium und (1300) von Bontfaz das große Ju-
beljahr mit dem allgemeinen Ablaß eingeführt worden,
den sich gegen 200000 Pilger holten, und so reiche
Gaben zurückließen, daß 2 Priester wochenlang be-
schäftigt waren, sie vom Altar herabzunehmen. Desto
mehr empfanden die faulen Römer die Abwesenheit der
Päpste in Frankreich zu Avignon. Die großen Adels-
geschlechter der Colonna und Ursini bekämpften sich; ja
es warf sich sogar. (1z47) ein L7o,tarius Cola dt Rien-
^nach Vertreibung des Adels zum Ritter vom heilt»
gen Geist, Befreier der Stadt, Eiferer für das Wohl
Italiens und Tribunus Augustus auf, indem der tolle
Schwindler mit der republtcanischen Form Rom auch
die Größe der alten Zeit wiedcrgeben wollte. Endlich
fiel er durch das Volk selbst, das zur Besonnenheit
zurückgekommen war. — Im obern Italien stritten
sich fast in jeder einzelnen Stadt noch die Welfen und
Ghibelltnen herum, die man endlich gar von zwei
Brüdern, Welf und Gtbel, ableitete. Aber bald wuß«
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Extrahierte Personennamen: Hauser Heinrichs Heinrichs Karls_von_Anjou Karls Bontfaz Augustus Welf
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Schottland Italien Neapel Sicilien Sicilien Neapel Aragonien Frankreich Avignon Italiens Rom Italien
124
ten auch einzelne Familien sich das höchste Ansehen kn
diesen Städten zu verschaffen, wie die Visconti, (spater
die Sforza) in Mailand, die Medici, reiche Kaufleute
und Beförderer der Künste und Wissenschaften in Flo-
renz, in Mantua die Gonzaaa^. in Ferrara und Mo-
dena die Este. In Venedig und Genua blieb die
Republik unter Dogen; der Handel war Seele beider
Staaten. Aus deutschem Hause stammend, hoben sich
die Grafen von Savoyen.
In Spanien hakten sich allmählig aus den ein-
zelnen christlichen Staaten zwei größere Königreiche,
Aragonien und Kastilien, unter eigenen Königen ge^
bild'els'wahrend das arabische Kalifat im Süden eine
Provinz nach der andern verlor. Die—der Mahlung
Ferdinands des Katholischen von Aragonien, mit Isar
bella von Kastilien (14öq) leitete endlich die Vereini-
gung beider Staaten ein, wenn sie auch völlig erst
1516 statt fand. Große Verdienste um das Land
halte der weise Minister Zsimene^. Aber schon wurde
auch 1484 die Inquifftion in Spanien eingeführt, und
dadurch der große Character des Volkes immer mehr
verdüstert und eingeschüchtert. Endlich ging aud)j_4g2
das Königreich Granada aus muhamedanischen in christ-
liche Hände über, und Zu gleicher Zeit wurde Amerika
entdeckt.
Die Grafschaft Portugal wurde erst 113q ein
Königreich und 1253 Älgarbren dazu erworben. Die
neue Linie der unachten Burgunder seit 1383 zeichnete
sich durch die Eroberungen von Eeuta und Tanger in
Afrika und durch Seeentdeckungen aus, die des Han-
dels wegen, worauf des Landes Lage schon hinwies,
unternommen wurden. Vor allem galt es dem reichen
Ostindien, wohin man gern einen Seeweg entdeckt
hatte. Allmählig fand man, auf Betrieb des thatigen
Prinzen Heinrich, (des Schiffers) die Azoren, die Kap-
verdischen Inseln, fand Guinea, 1452, (machte leider
aber auch die ersten Negersklaven!) und als man wahr-
nahm, daß unter dem Aequator doch das Meer nicht
siedend sei, die Erde nicht in Flammen stehe, kam man
ollmählig bis zum Vorgebirge der guten Hoffnung
i486 (welches Bartholomäus Draz entdeckte), und bald
TM Hauptwörter (50): [T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp], T6: [Insel Stadt Meer Hafen Handel Hauptstadt Land Küste Einw. Halbinsel], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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Extrahierte Personennamen: Sforza Ferdinands Eeuta Heinrich Heinrich Schiffers Bartholomäus_Draz
Extrahierte Ortsnamen: Mailand Flo- Mantua Ferrara Venedig Genua Spanien Aragonien Kastilien Aragonien Kastilien Spanien Granada Amerika Tanger Afrika Ostindien Guinea
208
Eßlingen geschlagen (21. u. 22. Mal); nur daß man
den Sieg nicht verfolgen konnte! Darum gewann
Napoleon neue Kräfte und die Hauptschlacht bet Wa-
gram 5. u. 6. Jul.) auf welche bald ein Waffenstill-
stand und der Schönbrunner Friede folgte. Umsonst
waren die Hoffnungen und Unternehmungen eines Hofer.
Speckbacher in Tirol, eines Schill und Dörnberg in
Westphalen, eines Braunschweig - Oels von Böhmen
aus gewesen! Eisern wie des Krieges Würfel, war
auch der Friedenspact (i4. Oct. 180g), indem Oeft-
reich wieder 2000 □ Meilen, mit mehr als 3i Mil-
lionen Unterthanen, theils an Napoleons Verbündete,
theils (wie den neuen Staat der Illyetschen Provinzen)
an den Sieger selbst verlor. — Doch hinderte dies Napo-
leon , der sich von seiner Iosephine getrennt hatte,
nicht, 12 Wochen nachher eine Tochter des Kaiser
Franz 1. zur Gemahlinn zu verlangen, Maria Luise,
die ihm am 20. Marz 1811 den König von Nom
(jetzigen Herzog von Reichstädt) gebar. Außer den
genannten neuen Erwerbungen wurde nun erst theiir
weis, dann ganz das Königreich Holland dem französi-
schen Reiche einverleibt, und dann, angeblich als
Maasregel gegen England, die Vereinigung der Schel-
de-, Maas-, Rhein«, Ems-, Weser- und Eibmündungen
mit Frankreich ausgesprochen. So dehnte sich nun dies
Reich bis Lübeck und an die Ostsee aus. Hier konnte
niemand widersprechen. Besser gelang es anderswo.
Seit 180y hatte in Spanien der Marlborough
des igten Jahrhunderts, Sir Arthur Wellesley (nachher
Herzog von Viktoria und Wellington) in Portugal
den Oberbefehl einer britisch - spanischen Armee über-
nommen, nachdem Junot durch die (Kapitulation »ott
Cintra es mit den Franzosen hatte räumen müssen; es
hatten sich in Spanien eine Menge größerer und klei-
nerer Corps, oft nur Guerillasbanden, gebildet, und
auf allen Punkten, und gerade eben dadurch den Fran-
zosen großen Abbruch gethan. Männer wie Palafox,
Cuesta, Castannos, Romana, Ballesteros, die Eng-
länder Moore, Batrd, Blake, Deresford, Maitland,
Hill, fochten für Spaniens Befreiung mit einem Eifer,
der dem hartnäckigsten Widerstande der Franzosen ge-
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Napoleons Franz Franz Maria_Luise Maria Arthur_Wellesley Cintra Blake
Extrahierte Ortsnamen: Dörnberg Napoleons Holland England Schel- Maas- Rhein« Weser- Frankreich Ostsee Spanien Viktoria Wellington Portugal Spanien Fran- Cuesta Batrd Maitland Spaniens
lss
1
Sitte, daß jeder neue König der Deutschen wegen
jener beiden Kronen einen sogenannten Römerzug that;
wom t leider auch großes Unqlück über Deutschland
kam, indem die Italtäner selbst sich oft widersetzten,
und die Papste über ihre und der Kaiser Rechte, mit
den letztern in heftige Händel gerielhen, und allmäh-
lig behaupteten, die Kaiserkrone nach Gutdünken ver-
geben zu können; während die deutschen Könige sie als
ihnen gebührend ansprachen, und überhaupt auch dal
Recht, Päpste ein - und abzusetzen, als erste weltliche
Fürsten der Christenheit und Beschützer der Stadt
Rom zu h-ben meinten, auch oft genug übten. Daher
hatten schon die folgenden beiden Ottonen blutige
Kämpfe in Italien zu bestehen, und fanden auch ihren
Tod daselbst. Ihr Nachfolger, Heinrich Ii., der Stif-
ter des Bisthums Bamberg, holte sich wenigstens dort
durch einen Sprung durchs Fenster ein lahmes Bein.
< Die Salische und Fränkische Dynastie, die nun
den Thron bestieg, zählte mehrere sehr unternehmende
Fürsten, aber auch einen sehr unglücklichen König,
Heinrich Iv. i056 — 1106, der in der Jugend
durch Schmeichler völlig verdorben, die Deutschen, be-
sonders die Sachsen, sehr drückte, worüber diese und
die Thüringer zu den Waffen griffen, ihn mehrmals
schlugen, und sogar mit Hülfe anderer unzufriedener
Fürsten ihm einen Gegenkönig im Herzog Rudolf von
Schwaben, und später in Hermann von Luxemburg
(dem sogenannten Knoblochskönige), aufstellten. Sie
verklagten auch den König Heinrich beim Papste; und
zum Unglücke für ihn bekleidete eben Gregor Vii.
die päpstliche Würde, der, obgleich nur ein Zimmer-
mannssohn von Savona seiner Geburt nach, keinen
geringern Plan hatte, als nicht nur die Kirche völlig
von dem Staate loszureißen, sondern auch die päpst-
liche Macht zur höchsten auf Erden, zur Schiedsrich-
terin aller Könige und Fürsten zu machen. Dazu
sollten erstlich alle Geistliche unverehligt bleiben, um
nicht der Kinder wegen vom Staate abzuhängen und
das Kirchenvermög-n zu zertheilen, sodann sollte auch
kein Geistlicher mehr durch die Lehen seiner Kirche
unter der weltlichen Macht stehen; keine Stelle mehr
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Extrahierte Personennamen: Heinrich_Ii Heinrich Heinrich_Iv Heinrich Rudolf_von
Schwaben Rudolf Hermann_von Heinrich Heinrich Gregor_Vii Gregor
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Rom Italien Sachsen Luxemburg Savona
104
erkaufen können. Wie bei dem goldenen Reichsapfel
die Weltkugel sinnvoll unter dem Kreuze, wie der Mond
unter der Sonne stehe, solle fortan der Staat unter
der Kirche und ihrem Oberhaupte stehen. Alle Rei-
che der Welt feien Lehen deö Papstes, und kein Fürst,
Kaiser und König könne ohne seine Einwilligung ge-
wählt werden! Damit hatte die Hierarchie ihren
Gipse! erreicht; allein nur Schade, daß die Kaiser
und Könige der Erde anderer Meinung waren, und
meistens behaupteten, der Papst sei nur Geistlicher,
nicht Weltbeherrscher; sei zwar Vorstand der christli-
chen Gemeinde und Statthalter Christi <*uf Erden,
aber auch Christi'reich sei nicht von dieser Welt
gewesen.
Gregor nah>n die Klagen der Sachsen wohlgefäl-
lig auf, und that endlich Heinrich, der ihn abzusetzen ge-
wagt, in den Bann. Sofort sollte nun niemand mit
ihm mehr Gemeinschaft haben, keiner ihm gehorchen.
Hatte nun Heinrich seiner Unterthanen Liebe besessen:
so würde er nicht demüthig nach Italien gepilgert sein,
und mrt dreitägiger Buße im Schloßhof von Canossa,
wo sich Gregor eben aufhielc, die Lossprechung vom
Banne hoben erbetteln dürfen. Diese wurde ihm zwar
endlich zu Theil, aber noch sollte er nicht vor des
Papstes eigner Untersuchung der Sache, wieder regieren.
Das schien zu arg. Heinrich eilte nach Deutschland,
fand Anhang und erschlug den Gegenkönia, söhnte sich
mit manchem andern Gegner aus, und würde ohne den
Papst aufs Reine gekommen sein, wenn nicht sein eig-
ner Sohn sich gegen ihn empört, den Vater endlich
gefangen genommen, und zur Entsagung der Krone
gezwungen hatte. Der furchtbare Bann ließ selbst im
Tode nicht von ihm ab; denn 5 Jahre blieb die kai-
serliche Leiche zu Speier unbeerdigt, bis endlich der
Bann aufgehoben, und ihr Ruhe in geweihter Erde
wurde, (im.)
Durch solche glückliche Experimente konnte freilich
die päpstliche Macht nur gewinnen. Dazu trugen fer-
ner noch die Sammlungen der Canones, der päpstli-
chen Edikte (Decretalen, wahre und untergeschobene),
tim zahlreichen Mönche, die Reichchümec und das
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Extrahierte Personennamen: Christi Gregor_nah>n Gregor Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Gregor Gregor Heinrich Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: Sachsen Italien Schloßhof Canossa Deutschland
109
Arbeit, regte den Erfindungsgeist auf, schuf größer»
Wohlstand, damit größeres Selbstvertrauen und die
Sehnsucht nach größerer Freiheit und Unabhängigkeit..
In Aragonien entwickelten sich die Städte so zeitig,
daß sie bald sich eigene Verfassungen und Verwal-
tungen und selbst Teilnahme an den Berathungen
der Fürsten mit dem Geistlichen- und Adelstande er-
warben. Die Geistlichen bildeten bald den ersten und
reichsten Stand in jedem Lande; der Adel aber suchte
seinen Glanz im Kriege, und wo es keinen gab, in
einzelnen Befehdungen unter einander, oder gegen
Städte, oder oft selbst gegen den Fürsten. Auf seinen
festen Burgen trotzte er oft den Landesgeboten und
übte von da herab auch gegen den vorbeiziehenden
Kaufmann oder Bürger vielfachen Druck aus. Es
kam leider dahin, daß das Recht des Stärkern das
stärkste Recht wurde. Die Fürsten aber brauchten ihren
Lehensadel und vermochten diesem Faustrechte nur
selten Einhalt zu thun. ^ Den sogenannten Gotlesfrie-
den, welcher vom Donnerstag btö Sonntag alle Feh-
den verbot, achtete man nicht, weil eben die Strafen
des Gottesfriedensbruches so schwer zu vollziehen wa-
ren. Dazu kam, daß in Deutschland uti’b Italien
wenigstens die kleinere Lehen seit 1037 gesetzlich für
erblich gehalten wurden. Die Hierarchie der Päpste
fand nur erst schwachen Widerspruch, und konnte wohl
von Männern und Greisen (keinen Kindern oder
lingen, wie oft in weltlichen Staaten) die ehelos unab-
hängig als Päpste dastanden, mit fester kräftiger Politik
durchgesetzt werden. Die Wissenschaften unter den
germanischen Völkern waren noch weit zurück, weil die
Schulen nur das nothdürftigste, und dies dürftig genug
lehrten. Geistliche waren fast die einzigen Gelehrten
und Künstler; und wenn eine Nonne im deutschen
Stifte, Gandersheim, Roswitha, lateinische Komödien
schrieb, 930, und der Erzbischof Gerbert, nachher als
Papst Sylvester Ii. genannt, ums Jahr Yy0, Uhren
mit Gewichten, statt der bisherigen Wasser - und Sand-
Uhren machte: so waren dies gewiß für jene Zeit sehe
überraschende Erscheinungen. —
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T56: [Papst Kaiser Rom Heinrich König Kirche Gregor Bischof Italien Papste], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit]]
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Extrahierte Personennamen: Roswitha Gerbert
Extrahierte Ortsnamen: Aragonien Deutschland Italien Gandersheim
209
wachsen war. Zn Sevilla, endlich zu Cadkx, bildete
sich eine Centraljunta Spaniens. Die heldenmüthigen
Vertheidigungen von Saragossa (auch das Spanien des
lyten Jahrhunderts hatte sein Saguntum und Numan-
lia), Gerona, Cadix, Tarragona, Dalentia, die Schlach-
ten von Talavera, Salamanka, Viktoria u. s. w. zeigen,
was ein Volk vermag, wenn es sür Haus und Hof
und Herrscher ficht. Ohne diesen blutigen Kampf hätte
Napoleon in furchtbarer Größe dagesianden; aber weil
der Unersättliche Alles haben wollte, und Alles daran
setzte, verlor er endlich Alles. Auf dem höchsten Gipfel
seiner Größe umfaßte Frankreich statt der frühern
83 nun l4o Departement, statt der frühern 25 Mil-
lionen nun 42 Millionen Menschen! Und dieser Staat
unter einem Napoleon, der nicht blos durch sein Glück
so gefährlich dem übrigen Europa wurde, sondern auch
durch den Geist und die Intelligenz, die ihn belebte,
den scharfen Blick, der ihn immer den rechten Mann,
den rechten Zeitpunkt wählen ließ, und durch seine un-
erschöpfliche Thätigkeit. Wer kannte Zeit und Leute
so gut wie er? Wer verachtete aber auch den größten
Thetl der letzteren, wie er? — Aber von dem höchsten
Gipfel gehen auch alle Wege abwärts, und vom Er-
habenen zum Lächerlichen ist oft nur Ein Schritt!
Das Project eines Krieges mit Rußland ging aus
dem einer Universalmonarchie hervor, und wahrschein-
lich lag dabei die Pforte, Asien und Indien im Hinter,
gründe; denn wo hatte ein glücklicher Eroberer je sich
ein Ziel gesetzt? Rußland litt durch das Continental-
system auf das Aeußerste, und es entzog sich ihm;
hatte doch Bonaparte durch seine theuern Handels-
licenzen es selbst durchlöchert! Die Wegnahme Olden-
burgs, dessen Herrscherhaus, mit Rußland nah verwandt,
noch immer die geforderte Entschädigung nicht erhielt,
die drohende Vergrößerung Warschaus und mchrcres noch
machten Rußland feindseliger. Doch konnte es selbst
einen Krieg mit Napoleon schwerlich wünschen, da es
eben in einem Kriege mit der Pforte, und nicht immer
mit entschiedenem Glücke, seit 1809 verwickelt war.
Doch gelang 1812 ein schneller Friede, in welchem der
Pruth bis an seinem Einfluß in die Donau die Gränze
3te Aufl. ' ' 14
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T6: [Insel Stadt Meer Hafen Handel Hauptstadt Land Küste Einw. Halbinsel]]
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Napoleon Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Sevilla Spaniens Saragossa Gerona Cadix Tarragona Dalentia Salamanka Viktoria Frankreich Europa Asien Indien Warschaus Donau
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eine Cortes-Verfassung (ly. März 1812) gegeben.
Allein der am 3. März 1814 die Rückkehr in sein
Königreich antretende König nahm diese, die königliche
Gewalt völlig lähmende, zu repnblicanische Constitution
nicht an, versprach aber selbst seinem Volke eine Ver-
fassung zu geben. Als diese aber nicht nur ausblieb,
sondern auch mit Nichtbeachtung aller helleren Ideen,
welche in einem so muthigen Kackpfe dem Volke ge-
worden sein mußten, die Mönchsorden und Klöster, die
Jesuiten, die Inquisition mit der Folter, die furcht-
barste geheime Polizei, wieder hergestellt, alle Anhän-
ger der Iosephtnischen Regierung (Iosephtnos, Afrance-
sados) gleich sehr wie die Liberalen oder Corlesfreunde
schrecklich verfolgt wurden; als Handel und Finanzen
und Staatscredit immer tiefer sanken, dle Heere nicht
bezahlt wurden, in 5 Jahren 25 Minister wechselten,
und der König nur ein Werkzeug seiner nächsten Umge-
bungen (der Camarilla) zu sein schien: weigerte sich
endlich das Heer in Kadix sich nach Amerika einschlffen
zu lassen (1. Jan. 1820), unter Vorgang Luirogas
und Riegos, und verlangte die Cortescorrstitutton von
1812. So allgemein verlautete bald im ganzen Lande
derselbe Wunsch, daß endlich (7. März 1820) Ferdi-
nand diese Verfassung beschwören mußte. Die Corres,
aus 70000 Seelen einer, wurden vom Volke gewählt,
und bildeten nur Eine Kammer; sie hatten säst die
ganze Regierungsgewalt in den Händen. Die großen
Veränderungen, welche nun in Spanien begannen, die
Abschaffung der Inquisition mit ihren Foltern, der
Klöster bis auf 14, der Jesuiten, Majorate u. s. w.
gehören der inner» Geschichte Spaniens an. Es fehlte
aber Einheit im Lande, und weder der Adel und die
Geistlichkeit, noch der von letzterer bearbeitete Bauern-
stand, waren mit der Constitution zufrieden; am wenig-
' sten die großen auswärtigen Mächte, welche, da die
Sicherheit des Königs täglich mehr gefährdet schien, und
eine Gegenrevolution am 7. Juli 1822 nur ein frucht-
loses Blutbad in Madrid erzeugte, endlich auf dem
Congresse'zu Verona (Oct. 1822) Frankreich ver-
anlaßten, den bereits gegen Spanten zusammengezoge,
nen Santtätscordon in ein völliges Iuvasionsheer zur
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