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über bei dem Wirte zu bleiben, bei welchem sie übernachtet hatten.
Um Mittag wollten sie weiter reisen; aber der Wirt und der gerade
anwesende Stadtschreiber des Ortes ermahnten sie dringend, doch
lieber bis zum folgenden Morgen zu warten; denn in einem halben
Tage könnten sie nur bis in die Mitte des Waldes kommen. Dort
gebe es zwar etliche Wirtshäuser; aber dieselben seien sehr verrufen
und ständen in dem Verdachte, daß schon mehrere Mordthaten in ihnen
geschehen seien.
Die jungen Leute aber, die nach damaliger Sitte mit Seiten-
gewehren versehen waren und dazu einen leichten, guten Muth hatten,
lachten der Gefahr und traten dennoch die Reise in den Wald an,
indem sie meinten, das Raubgesindel müsse sich eher vor ihnen, als sie
sich vor ihm fürchten.
Als sie nun bis gegen Abeül gelaufen waren, kamen sie an
eine Thalschlucht, in deren Tiesekein einsames Wirtshaus stand.
Dort beschlossen sie zu übernachten^-weil ^>ie Nacht schon anbrach.
Als sie aber in das Haus einträte^ jmb die Wirtsleute sie so ganz
besonders anblickten, auch der Hunda den einer von ihnen mit sich
führte, nicht über die Schwelle wollte, sondern winselnd und scheu
vor der Thür umherlief, faßte sie ein Schaudern, und sie waren so
ziemlich still, bis das Abendessen kam, wo sie dann unter-jugend-
lichen Gesprächen das Grauen wieder vergaßen. In der Mitte des
Zimmers stand- eine dicke hölzerne Säule, welche vom Boden bis
zur Decke hinausragte und diese zu stützen schien. Um diese Säule
herum ordnete jetzt die Hausmagd das Nachtlager von Stroh für die
jungen Reisenden, und zwar so, daß die Kopfkissen, die sie auf die
Lehnen der umgestürzten Stühle gelegt hatte, gerade an die 'Säule
zu liegen kamen. Die jungen Leute wunderten sich über diese selt-
same Einrichtung des Nachtlagers und fragten die Magd nach der
Ursache. Die aber antwortete scherzend, es geschehe deshalb, damit
die jungen Herren mit Händen und Füßen hübsch weit und bequem
auseinander lägen und bei Nacht keinen Streit anfangen könnten.
Darob lachten die Jünglinge, und weil sie von dem schlechten Wege
ermüdet waren, beschlossen'sie, sich zur Ruhe zu legen. Vorher aber
verriegelten fte_ die Thür und Nahmen ihre guten Waffen zur Hand.
Allein sie griffen auch noch zu einer andern Waffe, zu der Waffe
des Gebets; denn damals schämte man sich noch nicht, weder zu
Hause, noch aus den Reisen, des lauten, gemeinsamen Gebets am
Morgen und bei Tische und des Abends vor dem Schlafengehen;
selbst die Fuhrleute jener Zeit legten sich nie schlafen, ohne daß sie
zuvor ein Gebet gesprochen hatten. Die Jünglinge beteten daher mit
einander noch das Abendgebet aus Arnds Paradiesgärtlein und dann
das Lied:>
Herr! es ist von meinem Leben
Wiederum ein Tag dahin;
Lehre mich nun Achtung geben.
Ob ich frommer worden bin.
Zeige mir auch selber an,'
So ich was nicht recht gethan.
Und hilf mir in meinen Sachen
Ein gesegnet Ende machen.
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andern Seite so steil ab, daß es unmöglich war, hinabzuklettern,
und unten floß ein tiefer Waldstrom. Die Feinde wußten das und
kamen mit höhnenden! Triumphgeschrei heran. Da besinnt sich der
Trompeter kurz und ruft: Hilf mir, mein Gott! spornt sein Pferd,
setzt mitten in den Strom hinein und arbeitet sich unverletzt hin-
durch an das jenseitige Ufer. Die Feinde stehen starr vor Stau-
nen; dann begnügen sie sich, ihm ihre Schüsse nachzusenden, denn
den Sprung wollte ihm keiner nachthun. Der Schwede aber, als
er das Ufer hin angekommen war, wandte sein Pferd, schwenkte mit
der einen Hand die gerettete Fahne, mit der andern setzte er die
Trompete an den Mund und schmetterte ihnen laut, daß Wald und
Ufer erklangen, die Melodie des Liedes hinüber: Ein feste Burg ist
unser Gott/
14. Der Wegweiser.
Ein alter Pfarrer machte in seinem Wagen den Weg von
Osnabrück nach Quakenbrück, und weil zwar nicht viel hohe Berge, aber
dafür desto mehr kleine Lerglein zu passieren sind, die Sandkörner,
wirds Abend, ehe Quakenbrück erreicht ist. Der Weg ist längst ver-
loren, der Nebel immer dichter, und wenn Quakenbrück seinen Namen
von den Fröschen bekommen hat, weiß der Leser auch, daß die
Frösche nicht in der Luft umherfliegen und in den Büschen ihre Nester
bauen, sondern denkt an die Sümpfe, in welche dort bald die Pferde,
bald der Wagen unserer Reisenden leichter hineingerathcn, als man
hinauskommen kann. Und weil niemand nah und weit ist, den
man hätte fragen können, wie weit es noch sei bis zur Stadt, oder
ob der Knecht den Pferden sein Haar oder sein Hott zurufen müsse
— einer aber ist dagewesen, ganz weit und ganz nahe—, steigt der
Pfarrer aus und der Knecht ab, und jener spricht: „Höre, Franz,
wir wollen es dem einen sagen", und betete also: „Lieber Herr, du
hast Israel in die Wüste, in der Wüste und aus der Wüste geführt,
des Tages mit einer Wolkensäule und des Nachts mit einer Feuer-
säule; hast dem David gesagt Psalm 32, 8: ,Jch will dich unter-
weisen und dir den Weg zeigen, den du wandeln sollst; ich will dich
mit meinen Augen leitew; hast Wege allerwegen und auch von
Osnabrück nach Quakenbrück, und zwar für Pfarrer und Knecht und
Wagen und Pferde. Die Sümpfe gehören den Fröschen; die Erde
aber hast du den Menschenkindern gegeben: nun, so hilf uns auch auf
den rechten Weg. Amen!« Und der Herr erhörte das Gebet; aber
sein Amen lautete also:
Weg hast du allerwegen.
An Mitteln fehlt dirs nicht;
Dein Thun ist lauter Segen,
Dein Gang ist lauter Licht;
Dein Werk kann niemand hindern;
Dein Arbeit kann nicht ruhn.
Wenn du, was deinen Kindern
Ersprießlich ist, willst thun.
Denn als die beiden Beter ihre Häupter wieder bedeckten, horch,
so singen die Frösche nimmer, die nur ein Lied und eine Melodie
haben; aber ein Knabe, der spät seine Herde heimtrieb, sang diesen
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Extrahierte Personennamen: Franz Franz David David
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dritten Tage ihn wieder mit sich nehmen wollte, sagte der andre,
den Weg zur Kirche wisse er wohl selbst; er habe nur zu wissen
begehrt, wie man reich werde und solche Schätze bekomme, wie er;
das solle er ihm weisen. Da sprach der reiche Schuster: „Hast
du noch nicht gehört, daß der Herr Christus im Evangelium sagt:
Trachtet am ersten nach dem Reiche Gottes und nach seiner Gerech-
tigkeit, so wird euch das andere alles zufallen? Ich weiß keinen
andern Ort, da man beides, den Schatz der Seelen und des leib-
lichen Lebens, erlangen kann, denn in der Kirche." Der arme
Schuster sagte: „Du kannst Recht haben, Bruder!" ging von nun
an gern zur Kirche und hörte fleißig Gottes Wort; so kam er von
seinen Schulden und erlangte auch einen glücklichen Fortgang in seiner
Nahrung.
Plag dich, ringe, sorge, sinn; ohne Gott ist kein Gewinn.
Was der Sonntag erwirbt, schon am Montag verdirbt. Am
Feiertag gesponnen hält nicht. Vorbei an der Kirch und am
Schulhaus geht der kürzeste Weg ins Zuchthaus. Wer mor-
gens Gott nicht dient, dient abends dem Teufel.
18. Gedenke des Sabbattages, daß du ihn heiligest.
Äm Emmerthal in der Schweiz lebte ein Bauer, der nach Gott
und Menschen nichts fragte und bloß nach dem eigenen Kopfe fah-
ren wollte. An einem Sonntage hatte er viel Korn draußen liegen.
Als er nachmittags an den Bergen die Wolken sah, und die nasse
Brunnenröhre, die ordentlich tropfte, da rief er das Gesinde zusam-
men und sagte: „Nasch hinaus, gehäufelt und gebunden! Es wettert
auf den Abend. Bringen wir tausend Garben trocken ein, so gibts
darnach Wein genug."' Das hörte seine Großmutter: die war achtzig
Jahr alt und ging auf zwei Krücken. Sie kam mühsam daher und
sagte: „Johannes, Johannes, was denkst du doch auch? Solange
ich mich zurückerinnern mag, ward hier am Sonntag nie eine Hand-
voll eingeführt; und meine Großmutter hat mir gesagt, sie wisse auch
nichts darum, und doch sei immer Segen bei der Sache gewesen, und
von Mangel hätte man hier nichts gewußt. Und wenn es noch Noth
am Mann wäre, Johannes, ein nasses Jahr! Aber trocken wars bis
dahin, und trocken wird es wieder werden, und naß werden schadet
dem Korne nichts, und würde es ihm schaden, so hast du zu denken:
,Der Herr, der das Korn gegeben, gibt auch den Regens und wie ers
gibt, hast du es anzunehmen. Johannes, thu es nicht, ich halte dich
dringlich an!"
'Das Gesinde stand umher; die Alten machten ernsthafte Ge-
sichter, die Jungen lachten und sagten unter sich, das Altväterische sei
abgethan, jetzt sei es eine neue Welt. „Großmutter, habt nicht Kum-
mer," sagte der Bauer, „alles muß einmal zum ersten Male geschehen,
und deswegen ists nicht bös. Unserm Herrgott wird das nicht viel
machen, ob wir heute schaffen oder schlafen, und eben so lieb wird
ihm das Korn in der Scheune, als im Regen sein. Was drin ist, ist
drin, man braucht deswegen nicht Kummer zu haben; denn wie es
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Extrahierte Personennamen: Schuster Christus Schuster Johannes Johannes Johannes
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morgen sein wird, weiß niemand." — „Johannes, Johannes, drin
und'draußen ist die Sache des Herrn, und Wiehes diesen Abend
sein wird, weißt du nicht; aber das weißt du, daß ich deine Groß-
mutter bin, und dich um Gottes willen anhalte: laß heute dein Korn
draußen. Ich will, wenn du es sonst nicht machen kannst, ein
ganzes Jahr kein Brot mehr essen." — „Mutter," sagte darauf der
Johannes, „deswegen sollt ihr nicht desto weniger Brot haben; aber
eine Zeit ist nicht alle Zeit; es gibt alle Jahre neue Bräuche, und
seine Sache sucht man alle Labe besser zu machen." — „Aber, Jo-
hannes," sagte die Mutter, „die Gebote bleiben die alten, und kein
Pünktlein wird davon vergehen; und hast du dein Korn unter dem
Dache, was hilft es dir, wenn du Schaden leidest an deiner Seele!"
— „Um die kümmert euch nicht, Mutter", sagte Johannes; „und jetzt,
Buben, auf und gebunden, was das Zeug hält; die Zeit wartet
nicht!" —„Johannes, Johannes!" rief die Mutter; aber Johannes
hörte nicht, und während die Mutter betete und weinte, führte Jo-
hannes Garben ein, Fuder um Fuder; mit Flügeln schienen Menschen
und Thiere versehen. Tausend Garben waren unter Dach, als die
ersten Regentropfen sielen; schwer, als wären es Pfundsteine, fielen sie
auf die dürren Schindeln.
„Jetzt, Mutter," sagte Johannes, in die Stube tretend mit seinen
Leuten, „jetzt ists unter Dach, Mutter, und alles ist gut gegangen;
mag es jetzt stürmen, wie es will, und morgen schönes oder böses
Wetter sein; ich Habs unter meinem Dach." — „Johannes, aber über
deinem Dach ist des Herrn Dach", sagte die Mutter feierlich; und als
sie das sagte, ward es hell in der Stube, daß man die Fliegen sah an
der Wand, und ein Donner schmetterte über dem Hause, als ob das-
selbe mit einem Streiche in Millionen Splitter zerschlagen würde.
„Herr Gott, es hat eingeschlagen!" rief der erste, der reden konnte;
alles stürzte zur Thür hinaus.
Das Haus stand in vollen Flammen; aus dem Dache heraus
brannten bereits die eingeführten Garben. Wie stürzte alles durch
einander! Die alte Mutter allein behielt klare Besinnung; sie griff
nach ihren beiden Krücken, sonst nach nichts, suchte die Thür und einen
sichern Platz und betete: „Was hülfs dem Menschen, wenn er die
ganze Welt gewänne und nähme doch Schaden an seiner Seele! Dein
und nicht mein Wille geschehe, o Vater!"
Das Haus brannte ab bis auf den Boden; gerettet wurde nichts
Auf der Brandstätte stand der Bauer und sprach: „Ich Habs unter
meinem Dache! Aber über deinem Dache ist des Herrn Dach, hat die
Mutter gesagt." Und seit dieser Stunde spricht er nichts mehr, als:
„^zch Habs unter meinem Dache! Aber über deinem Dache ist des
Herrn Dach, hat die Mutter gesagt."
19. Die drei großen Feste der Christenheit.
1. O du fröhliche,
O du selige.
Gnadenbringende Weihnachtszeit!
Welt ging verloren,
Christ ist geboren.
Freue, freue dich, o Christenheit!
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Extrahierte Personennamen: Johannes Johannes Johannes Johannes Johannes
erbarmte sich ihrer Blöße und gab ihnen ein Plätzlein am Grenz-
steine neben dem Raine und freuete sich seines guten Werks. Aber
die Quecken liefen allmählich unter dem Boden fort und fort und
nahmen den ganzen Acker ein von unten bis oben hinaus. Und
etliche Monden darauf, als der Herr die Sichel hinschickte, fand sie
nichts als dünne und verkümmerte Ähren. Denn die fremden Quecken
hatten den Acker ausgesogen; und denselbigen Menschen reuete es,
so viel er Haare auf jeinem Haupte hatte, daß er an ihnen Barm-
herzigkeit gethan.
Wer Ohren hat zu hören, der höre!
^.U8 anderer Thorheit lerne Klugheit. Die Sünde kehrt
lachend ein und weinend aus. Die Reue ist ein hinkender
Bote; sie kommt langsam, ah er gewiß. Wenns Maß voll ist,
läufts über. Gottes Mühle mahlt langsam, aber sie mahlt klein.
Was du thust, so bedenke das Ende.
88. Wes Brot ich esse, des Lied ich singe.
dessen Brot issest du? Gottes oder der Welt? Eigentlich
magst du essen, wo du willst, mit Gottes Kindern oder mit den
Kindern der Welt: Gottes Brot issest du auf jeden Fall. Er Hat
den fruchtbaren Keim in das Samenkorn gelegt; er befruchtet die
Erde mit Thau und Regen; er hüllt sie den Winter über in den
warmen weißen Rock; er läßt zu rechter Zeit die Sonne wieder
scheinen. Nur der schnödeste Undank übersieht es, daß wir Gottes
Brot allezeit essen. Darum sollten wir auch sein Lied allezeit singen,
sein Lob verkündigen und ihm mit Herzen und Werken für seine Wohl-
thaten danken.
„Ihr seid theuer erkauft," sagt der Apostel, „werdet nicht der
Menschen Knechte." Euer Geld, eure Kenntnisse, eure Kräfte mögt
ihr den Menschen widmen und euch unter einander dienen mit den
mancherlei Gaben Gottes; aber das Herz gehört Gott und euerm
Heiland, der euch zu seinem Eigenthum erworben hat.
89. Der Schatz.
Ein reicher Herr aus der Nähe von Stockholm ging auf seinen
Gütern spazieren und traf einen armen Tagelöhner aus dem Ge-
birge an. Er ließ sich mit ihm in ein Gespräch ein und fragte ihn:
„Weißt du, wem das Gut dort am See gehört?" „Nein," sagte der
Tagelöhner. „Es gehört mir. Und jenes dort am Walde und das
Schloß auf dem Berge, weißt du, wes sie sind?" „Nein." „Die sind
auch mein. Ja alles, was du hier ringsum sehen kannst, ist mein."
Der Arme stand einen Augenblick still, drückte den Spaten in die
Erde, nahm die Mütze ab, zeigte gen Himmel und sprach: „Ist der da
oben auch dein?"
Reich ist, wer einen gnädigen Gott hat. Viel Schätze,
viel Netze. Geld verloren, etwas verloren; Ehre verloren, viel
verloren; Gott verloren, alles verloren.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
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rn Gottes Namen mit den andern allen, die nicht daheim bleiben
können; vielleicht daß mir der Herr den Gang für mich und andere
segnet." Und er bot der treuen Lebensgefährtin die Hand und ging.
Der Weg nach der Krönungsstadt wimmelte von Fußgängern und
Reitern; die Fremden eilten vorüber und beachteten den einzelnen
nicht, die Bekannten aber riefen ihm Grüße zu, sprachen auch wohl ein
Wort mit ihm, und allen gab er freundlich Bescheid, und trug sie in
feinem Herzen; denn das Herz des alten Holznrann war ein gar weites
und reiches, und hatte gar mancher ein Plätzchen darinnen und einen
Betaltar.
Auch heute gedachte er seiner Freunde, die an ihm vorübereilten,
gar herzlich; wie sie ihn geliebt, wie sie ihm wohlgethan zu vielen
Malen, dessen freute er sich vor dem Herrn und war gar fröhlich in
seinem Herzen. Auch des Kaisers, der heute gewählt werden sollte,
gedachte er vor dem Herrn, und bat für ihn uni ein weises und from-
mes Herz, auf daß alle seine Unterthanen ein ruhiges und stilles Leben
führen inöchten in aller Gottseligkeit und Ehrbarkeit.
Indem kommt ein Hündchen auf ihn zugelaufen, und er hat sein
nicht acht, denkt bei sich, da es den Schwanz herabhängt, es habe
seinen Herrn verloren. Auch als das Hündchen an ihni hinaufspringt,
kümmert es ihn nicht; er wehrt das Thier mit der Hand von sich und
will weiter gehen. Jetzt fühlt er aber einen tiefen Biß in seinem Beine
und noch einen zweiten, und sieht sein Blut durch die Strümpfe in die
Schuhe fließen; und ein genauerer Blick auf den Hund überzeugt ihn
sogleich, daß der Hund toll sei.
„Barmherziger Gott!" ruft er, „erbarme dich meiner, und führe
es zum guten Ende. Dir sei Leib und Seele befohlen!" Und mit
schnellen Schritten eilt er dem Hunde nach, ereilt ihn, wie er eben an
einer Frau, die des Weges kommt, hinaufspringt, und schlägt ihn mit
seinem Rohrstock nieder.
Aber was nun beginnen? Nach Hause zu den Seinen zog ihn
sein Verlangen; aber die Stadt lag näher, dort verspricht er sich
schnellere Hülfe. Er eilt zu einem Arzte, der ist nicht zu Hause; zu einem
zweiten, auch der ist abwesend. Er klopft an alle Thüren, wo Bader
wohnen, endlich an alle Barbierstuben: niemand hört ihn an, niemand
will ihm helfen; die Kaiserwahl und die Augenlust liegt heute allen
näher am Herzen, als ein Menschenleben.
Indem er nach dem Arzte sucht, stößt ihn die wogende Menge
dahin und dorthin. Er hört die Glocken von allen Türmen läuten,
sie klingen ihm wie Grabgeläute; er sieht den Zug mit dem ge-
wählten Kaiser aus dem Dome nach dem Römerberge ziehen, trotz
der bunten Kleider kommt ihm der Zug wie sein eigener Leichenzug
vor. Jetzt, als der Kaiser sich auf dem Balkon des Römers dem
Volke zeigt, als das Volk sich um die ausgeworfenen Krönungs-
münzen, um den gebratenen Ochsen und um den Haferberg tummelt
und schlägt, da erfaßt seine Hand endlich den ersehnten Arzt, und
er bittet und beschwört ihn, ihm zu helfen. Aber der Arzt vergißt
seiner Pflicht; er tröstet ihn damit, der Hund sei wahrscheinlich gar
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
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Wunderlich führt Gott in die Welt, durch die Welt und aus
der Welt. —
Mein Vater, führ mich immerdar
Nur selig, wenn auch wunderbar. —
Den Weg zu wählen gebürt dem Fuhrmann.
103. Den Steuermann darf man nicht meistern.
Ein Geistlicher in einem Seestädtchen fuhr auf einem kleinen
Schifflein vom Ufer nach der gegenüberliegenden Insel. Am Hinter-
theil des Schiffes stand der Steuermann; vorn saßen zwei Matrosen,
Vater und Sohn, und handhabten die Ruder. „Ihr seid heute wieder
traurig, Jack," sagte der Geistliche zu dem Vater. „Freilich," ant-
wortete der Matrose, „der Winter ist vor der Thür, und wie wirds
werden mit meinen fünf Kindern? Ich bin den ganzen Tag voller
Sorge!" „Das sollt ihr aber nicht sein, denn der Heiland sagt:
Sorget nicht!" „Den Spruch versteh ich nimmer und nimmer; also
soll ich mich jetzt auf die faule Haut legen, von meinen paaf ersparten
Groschen mir "einige gute Tage machen, und es darauf ankommen
lassen, ob der liebe Gott etwas beschert für Weib und Kind, oder ob sie
hungern und frieren müssen?"
„Das nicht, aber — holla, Jack! was ist denn das?" rief
plötzlich der Geistliche, „wir fahren eben durch die Klippen, und ihr
schaut euch nicht einmal um darnach? Thut eure Schuldigkeit!"
„Ei," sagte der Matrose gleichgültig, „das ist Sache des Steuer-
manns." „Thut eure Schuldigkeit, Jack! sag ich noch einmal, und
dämmert nicht so vor euch hin; seht ihr denn die Klippen nicht? Wir
gehen zu Grunde, wenn ihrs so leichtsinnig mit eurer Arbeit nehmt."
„Schuldigkeit thun — leichtsinnig nehmen?" erwiderte der Matrose,
„Herr, wie kommt ihr mir vor? Arbeit ich nicht aus Leibeskräften?
Soll ich vielleicht mit steuern helfen?" „Freilich, freilich," sagte der
Geistliche, „damit es glücklich vorwärts geht." „Ach, das wäre ja
eine unnütze Geschichte, Herr. Jeder thut eben das Seine, dann wird
schon alles recht werden; der Steuermann steuert, und ich führe das
Ruder. So ists Schiffsbrauch!"
„Nun, nehmts nur nicht übel, Jack!" erwiderte lächelnd der
Geistliche, „im Reich Gottes ists eben auch so Brauch. Das Ar-
beiten ist eure Sache; das thut aus Leibeskräften, und seht dabei
nicht rechts und nicht links! Die.sorge aber, daß ihr bei eurer
Arbeit zu Grunde gehen und nicht vorwärts kommen möchtet, die
erspart euch, und laßt sie dem, der am Steuer sitzt, und von dem
geschrieben steht: Alle eure Sorge werfet auf ihn, denn er sorgt
ftrr euch."
Wer Gott verehrt, bleibt unversehrt. Gott läßt seine Uhr
nicht von Menschen stellen, aber sie geht richtig. Nach oben
schau, auf Gott vertrau; nach Wolken wird der Himmel blau.
Morgens grau, wird der Himmel blau. Nach Regen kommt
Sonnenschein. Leichter trägt, wer Geduld zur Bürde legt.
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TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe]]
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73
111. Untreue.
Eine Maus wäre gern über ein Wasser gewesen, konnte aber
nicht und bat darum einen Frosch um Rath und Hülfe. Der Frosch
war ein Schalk und sprach jus Maus: Bmde deinen Fuß an mei-
nen Fuß, so will ich schwimmen und dich hinüber ziehen. Da sie
nun aufs Wasser kamen, tauchte der Frosch unter und wollte die
Maus ertränken. Indem aber die Maus sich wehrt und arbeitet,
fleugt ein Habicht daher und erhascht die Maus, zeucht den Frosch mit
heraus und frißt sie beide.
Sieh dich vor, mit wem du handelst. Die Welt ist falsch und
Untreue voll; denn welcher Freund es dem andern vermag, der steckt
ihn in den Sack. Doch schlägt Untreue allzeit ihren eignen Herrn, wie
dem Frosch hier geschieht.
112. Freundschaft.
1. Der Mensch hat nichts so eigen.
So wohl steht nichts ihm an.
Als daß er Treu erzeigen
Und Freundschaft halten kann;
Wenn er mit seinesgleichen
Soll treten in ein Band,
Verspricht sich, nicht zu weichen.
Mit Herzen, Mund und Hand.
2. Die Ned ist uns gegeben.
Damit wir nicht allein
Für uns nur sollen leben
Und fern von Menschen sein.
Wir sollen uns befragen
Und sehn auf guten Rath,
Das Leid einander klagen.
Das uns betroffen hat.
3. Gott stehet mir vor allen.
Die meine Seele liebt;
Dann soll mir auch gefallen.
Wer mir sich herzlich gibt.
Mit diesen Bundsgesellen
Verlach ich Pein und Notb,
Geh auf den Grund der Höllen
Und breche durch den Tod.
113. Der kleine Friedensbote.
Ein Gerber und ein Bäcker waren Nachbarn, und die gelbe
und weiße Schürze vertrugen sich aufs beste. Wenn dem Gerber
ein Kind geboren wurde, hob es der Bäcker aus der Taufe, und
wenn der Bäcker in seinem großen Obstgarten an die Stelle eines aus-
gedienten Invaliden einen Rekruten bedurfte, ging der Gerber in seine
schöne Baumschule und hob den schönsten Mann aus, den er darin
hatte. Zu Ostern, Martini und am heiligen Abend kam die Bäckerin
immer, welche keine Kinder hatte, einen großen Korb unter dem Arme,
zu den Nachbarsleuten hinüber und theilte unter die kleinen Pathen aus.
Je mehr sich die Kindlein über die reichen Spenden freuten, desto näher
rückten einander die Herzen der beiden Weiber, und es schien, als ob
„sie einander immer gut bleiben würden.
Aber ihre Männer hatten ein jeglicher einen Hund, der Gerber
l Iagdliebhaber einen großen, braunen Feldmann, und der Bäcker
^nen kleinen, schneeweißen Mordax. Beide meinten, die besten und
schönsten Thiere in ihrem Geschlechte zu haben. Und da geschah
es denn eines Tages, daß Mordar ein Kalbsknöchlein gegen den
4
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser]]
TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau]]
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dir redet und Gehorsam fordert. Gehorchst du ihm, so bist du ihm ein
liebes Kind; verachtest du es aber, so hast du Jammer, Schande und
Herzeleid zum Lohn.
Mancher Knecht und manche Magd hat einen guten Diest bei ehr-
lichen, frommen Leuten, die nicht gern Unzucht und Leichtfertigkeit an
den Ihren sehen oder leiden wollen. Aber da kommt nun hier einer
und da einer und spricht: „Wie lässest du dich so einsperren und so
hart halten? Du könntest es wohl besser haben, könntest an einem Orte
sein, da du mehr Lust hättest, nicht so hart arbeiten müßtest und bessere
Tage hättest." Mit solchen Worten ist ein guter, einfältiger Mensch
bald beredet, denkt nicht, daß mans übel mit ihm meine, ja hält solche
honigsüße Mäuler für gute Freunde, so ste doch die ärgsten Feinde
sind. Denn einem jungen Menschen ist nichts schädlicher, denn so man
ihm seinen Willen läßt und nicht immerdar anhält und treibt zur Zucht
und Arbeit.
Es ist wahrlich im Hausregimente eine große, treffliche Gabe, wo
man einen getreuen Knecht oder Magd haben mag. — Die Herren
sollen sich gegen ihre Knechte nicht als Tyrannen stellen; denn es ist
unmöglich, daß ein Knecht oder Magd nicht zuweilen etwas versehe,
zu wenig oder zu viel thue. Darum muß man einem frommen Knechte
viel zu gute halten. Denn so die Knechte ihren Herren Gehorsam
und Ehrerbietung zu leisten schuldig sind, so sind auch wiederum die
Herren den Knechten schuldig, Güte und Gelindigkeit zu beweisen.
Eph. 6, 9.
67. Der fromme Knecht.
1. Ein frommer Knecht zu dieser Frist
Ein Wunderthier auf Erden ist.
Er fürchtet Gott, und glaubet frei.
Daß er im Dienst des Höchsten sei.
Deshalb hat er vor Gott stets Scheu,
Ist seinem lieben Herrn getreu.
Und lebt, so lang er hier muß wallen,
Zum Nutzen ihm und Wohlgefallen.
3. Er saufet sich auch niemals voll,
Bedenket seine Worte wohl;
Man hört nie, daß er schilt und flucht.
Denn er halt stets auf Ehr und Zucht.
Dazu ist er auch fein verschwiegen
Und mag die Herrschaft nie belügen.
Er nimmt fürlieb mit Speis und Trank,
Empfängt den Lohn mit warmem Dank.
2. Er thut die Arbeit ohn Geheiß
Mit Ernst und einem solchen Fleiß,
Als ob die Sachen seines Herrn
In allen Punkten seine wär'n.
Zum Fleiße treibt an jedem Ort
Er auch die andern Knechte fort.
Und gibt der Herrschaft gleich Bericht,
Wo Schad und Unrecht ihr geschicht.
Treue bat Lrot, Untrere
durchs ganze Land. Ehrlich >
4. Ein solcher Knecht und ftommer
Held,
Der seine Arbeit wohl bestellt
Und auf den Herrn wohl Achtung gibt.
Wird allenthalben sehr geliebt.
Ein jeder ist ihm wohlgeneigt.
Ihm Fördrung, Gunst und Ehr erzeigt
Mit Worten, Werken und mit Gaben,
So daß er nie darf Mangel haben.
hat Hoth. Treue Hand geht
rührt am längsten.
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Meinst du, es sei nicht ein strenges Leben, dies alles recht zu leiden
und durch Glauben, Anrufung Gottes und Geduld zu ertragen?" Da
ging Antonius von ihm und merkte, daß ihn Gott dadurch ermahnt
habe, daß er hinfort nicht mehr seinen Mönchsstand anderer Leute
Leben vorziehen solle, und nicht meinen, daß er vor Gott wohlgefälliger
sei, als sie mit ihrem Thun.
128. Es ist noch Raum da.
Äs geschah am andern Sonntag nach Trinitatis, da man pre-
digt vom großen Abendmahl, daß zu Schwabach zwei Landsknechte
sitzen und hören der Predigt zu. Als sie nun vernehmen, wie die
Armen und Krüppel und Lahmen geladen worden und für die Bettler
auch noch Raum gewesen, wird dem einen sein Herz bewegt, und er
sagt zu seinem Gesellen: „Walt Gott, lieber Bruder mein, wenn wir
zu Felde müssen und der Tod die Trommel dazu schlügt, daß wir als-
dann auch zur Tafel Christi und seiner Heiligen angenommen werden.
Wir sind auch von den Landstraßen und Zäunen her, erbarms Gott!
und rechte Bettler!" und deutete damit auf das elende Leben, das die
Landsknechte führen mußten, wenn kein Krieg war, und sie nicht stehlen
wollten.
Als sie nun aus der Kirche gehen, hören sie großes Geschrei
und die Trommel schlagen durch die Gassen. Die Feinde waren un-
versehens herangerückt und wollten das Städtlein überfallen. Da
muß der arme Landsknecht auch mit, setzt seinen Helm auf, nimmt
seinen Spieß und zieht mit seinem Fähnlein der Trommel nach, wird
aber alsbald tödtlich verwundet. Als nun die Feinde geschlagen sind,
will sein Kamerad nach ihm sehen. Da sitzt er an einem Baume, lebt
noch und hat die Augen gen Himmel gerichtet. Da aber der andere
ihn fragt, wie es steht, sagt er: „Bruder, es ist noch Raum da!" und
ist damit selig entschlafen.
129. Tod und Auferstehung.
Wir müssen hinfort eine neue Lehre lernen vom Tode und
Grabe: wenn wir sterben, daß es nicht todt oder gestorben heißt,
sondem auf den zukünftigen Sommer ausgesäet, und der Kirchhof
nicht ein Kirchhof, sondern ein Gottesacker voll lebendiger Körnlein,
die da heißen Gottes Körnlein, die sollen wieder hervorgrünen und
wachsen, schöner, denn ein Mensch begreifen kann. Denn Gott ist
ein solcher Ackermann, und du bist sein Körnlein, das er in die
Erde wirft. Er ist aber viel ein besserer und größerer Ackermann,
denn ein Bauer auf dem Felde, und hat viel köstlicheren und
reicheren Samen. Das sind wir Menschen, so viel unser auf Erden
kommen, von Adam an bis an den jüngsten Tag; dieselben streut
er um sich in die Erde, wie er sie ergreift, Weib, Mann, groß, klein,
jung, alt, reich und arm. Denn es ist ihm einer, wie der andere,
und die ganze Welt nicht anders, denn wie dem Landmann das
Tuch voll Samen. Darum wenn er die Leute sterben läßt, das
heißt er in das Tuch gegriffen und eine Handvoll um sich gestreut.
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Extrahierte Personennamen: Antonius Gottes_Körnlein Ackermann Ackermann Adam