Hilfe und Dokumentation zu WdK-Explorer

Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Bilder aus dem Weltkrieg - S. 29

1917 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
Die Kosaken des Zaren. 29 19. Die Kosaken des Zaren. 1. Schilderung. In dem Weltkriege haben die Kosaken den größten Teil unserer Provinz heimgesucht und Angst und Schrecken verbreitet. Selbst Wehrlose, wie Greise, Frauen und Kinder, fielen ihrer Grausamkeit zum Opfer. Die Kosaken sind halbwilde Steppenvölker aus dem fernen Osten Rußlands. Kosak bedeutet Landstreicher, Straßenräuber. Vor etwa tausend Jahren waren die Kosaken ein Volk ohne feste Wohnsitze, das umherzog und auf Diebstahl und Raub ausging, ähnlich wie die Zigeuner, die verstreut auch bei uns in: deutschen Vaterlande noch hier und da auftauchen. Später erhielten sie vom russischen Kaiser unentgeltlich Land zur Ansiedlung an den Grenzen des weiten Reiches, z. B. am Kaukasus-Gebirge. Dafür mußten sie sich verpflichten, die Grenzgebiete gegen räuberische Einfälle anderer halbwilder Völker zu verteidigen und sich auf eigene Kosten auszurüsten, auch ihr Pferd selbst zu stellen. Im Weltkriege hat man oft von den Don- und Wolga-Kosaken gehört. Der Name bezeichnet ihren Wohnsitz an russischen Flüssen. Wenn die Kosaken auch nach und nach zu seßhaften Bauern geworden sind, so kann man sie doch noch immer als Kinder der Wildnis bezeichnen, die keine ernste Arbeit lieben und bei jeder sich darbietenden Gelegenheit ihre alte Diebs- und Räubernatur zeigen. Der Kosak kennt keine Bequemlichkeit und hält die größten Anstrengungen mit Leichtigkeit aus. Seine Sinne sind scharf wie die eines Raubtieres. Er ist klein, hat breite Schultern, eine niedrige Stirn und vorstehende Backenknochen. Kosak und Pferd sind unzertrennlich miteinander verbunden. Sein Reittier ist ein kleiner, struppiger, aber zäher Gaul, ein minderwertiges Tier. Es wird nicht durch Sporen gelenkt, sondern durch Schenkeldruck. Die Bewaffnung der Kosaken besteht meist aus einer sehr langen Lanze ohne Fähnchen, die ganz den Lanzen unserer Ulanen gleicht. Die Kosaken des Kaukasus haben jedoch statt ihrer einen großen Dolch. Außerdem hat jeder Kosak eine kurze Büchse, ähnlich unserem Karabiner, und die Nagaika. Die Nagaika ist eine kurze Lederpeitsche, an deren Enden gewöhnlich Bleikugeln eingenäht oder festgenietet sind. Diese Waffe, die im Kriege gar keinen Zweck hat, deutet schon auf die Verwendung hin, welche die Kosaken in Friedenszeiten finden. Im „heiligen" Rußland gibt es ja für Prügelstrafen jederzeit genügend Veranlassungen. Da sind irgendwo Unruhen ausgebrochen. Dann trifft die Nagaika des Kosaken den Rücken Schuldiger und Unschuldiger, Verdächtiger und Harmloser; Männer und Frauen jeden Alters bekommen sie zu kosten. Die russische Gerichtsbehörde findet es in schönster Ordnung, daß die Bewohner ganzer Bezirke dorfweise „durchgeknutet" werden. Ein andermal ist es Bauern infolge einer Mißernte unmöglich, die hohen Steuem aufzubringen. Väterchen schickt einige Regimenter Kosaken hin und

2. Bilder aus dem Weltkrieg - S. 5

1917 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
Alles in Ostpreußen mobil. Bittgottesdienst in einer Dorfkirche Ostpreußens. Treiben in der Nähe beobachten, hofften aber auch, weitere Nachrichten vom Kriege zu erfahren. Gebe Gott, daß es unsern Kriegern da draußen gelingen möge, die Feinde zu besiegen und sie von den Grenzen unseres Vaterlandes fern zu halten, damit im Innern die Gärten blühen und die Kinder mit ihren Müttern auf wohl beschützter Heimaterde bleiben können! F. S. 4. Alles in Ostpreußen mobil. Fahre ich neulich mit einem Kutscher: „Sie sind wohl schon zu alt für den Dienst?" „Ja," sagte er; „aber ich habe drei Söhne, die sind alle schon ausgerückt, und drei Pferde habe ich, von denen müssen zwei mit, dieser Schwarze auch. Hü, Schwarzer!" Damit nimmt er die Peitsche, und ernst, aber ohne Verbitterung, treibt er das Pferd an. Wenige Tage noch; dann hat er von seinem Hab und Gut nur noch einen einzigen Gaul. Kommt der einzige Sohn einer Witwe und bittet mich: „Meine Mutter ist noch nicht von ihrer Reise zurück; ich muß morgen früh fort. Gehen Sie hin zu ihr, sagen Sie ihr von ihrem einzigen Sohn den letzten Gruß. Und sollte sie mich lebendig nie wieder sehen, so sagen Sie ihr das eine, sie solle stolz auf ihren Sohn sein können." Melden sich da neulich mehrere Taubstumme als Krankenpfleger. Ohne ihre Schuld können sie nicht ins Feld mitziehen; aber sie wollen zeigen, daß sie auch ihre Kräfte in den Dienst der Gesamtheit stellen. Wo alles opfert, wollen sie nicht zurückstehen. Eine wirklich schwere Aufgabe, diesen Leuten klar zu machen, daß sie auch dazu nicht zu gebrauchen sind. Ein anderer Taubstummer liegt im Krankenhause darnieder. Da rafft er seine Kräfte zusammen, meldet sich beim Arzt, sorgt dafür, daß er entlassen wird, und geht sofort zum Krämer. Zwei harte Taler legt er auf den Tisch. „Die habe ich mir dadurch gespart, daß ich vorzeitig aus dem Krankenhause gegangen bin; nun will ich für das Geld Lebensmittel haben, die sollen die'soldaten mit ins Feld nehmen." Sprach's, nahm seinen Korb voll Lebensmittel und trug sie den Weg, den sein deutsches Herz ihm wies. Wo so viel tätige Liebe, wo so viel freudige Hilfe ist, ja, da muß ein Heer begeistert werden. Die Soldaten sind ja nicht vllein mobil. Mobil sind alle Kräfte im Volke. I. Kämmerer, „Um die Heimat. Bilder aus dem Weltkrieg 1914." 3. Band. Verlag I. F. Steinkopf. Stuttgart. 5. Bittgottesdienst in einer Dorfkirche Ostpreußens an der russischen Grenze. In dem kleinen Kirchdorfe Zorbitten in Ostpreußen, hart an der russischen Grenze, war an jenem denkwürdigen Sonntage, dem 2. August, das Kirchlein zum Gottesdienst bis auf den letzten Platz gefüllt. Aber man sah in den Reihen der Bänke nur ältere Leute und ganz junges Volk. Die wehrfähigen Männer

3. Bilder aus dem Weltkrieg - S. 37

1917 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
Masuren, das Grab der Nüssen. Bilder aus der Schlacht bei Tannenberg. 57 Opferdunst zum Himmel steigert. Und selbst die Moore und Sümpfe mit ihren grünschillernden Lachen und dem dunkeln Gestrüpp sehen ganz unschuldig aus. ... ; ! i !'0 Aber wenn an regenschweren Tagen der Herbststurm die Erde peitscht, dann brüllen die großen Seen wie das aufgeregte Meer. . . . Die Wälder brausen und schütteln ihre Kronen, als wollten sie niederstürzen und alles zerschmettern, was sich zwischen die Riesen hineinwagt. Und aus den Mooren scheint die Heimtücke zu grinsen. . . . Vollends zur Nacht, wenn das Auge nicht mehr seine beruhigende Wirkung auszuüben vermag, wenn das Getöse der Wellen, das Brausen des Waldes mit doppelter Kraft an unser Ohr schlägt: dann sind die Pfade, die den Kundigen sicher durch das Moor geleiten, von der Finsternis verschlungen. Wie ein Polyp*) liegt der Sumpf von Dunkel umhüllt, wie ein Untier, das gierig seine Fangarme ausstreckt, um alles, was in ihren Bereich gerät, zu umklammern und in den Tod zu ziehen. Und welch ein Tod! Mit freundlichem Grün überkleidet, täuscht das Moor eine Wiese vor, die zu Spiel und Tanz einladet. Aber das Aussehen ist trügerisch! Unter der dünnen Pflanzendecke lauert der Tod des unergründlichen, zähen Moders. . . . Der Fuß bricht durch. Im nächsten Augenblick schon ist der Körper bis an die ausgestreckten Arme versunken. Wehe dem Unglücklichen, dem auf sein Hilfegeschrei nicht schnell Rettung naht! Die Arme erlahmen . . . Zoll um Zoll sinkt der Körper ein . . . Noch nie hat das Moor einen wiedergegeben. . . . Wald und See der Heimat sind mir zu lieben Freunden geworden, und vertraut grüßen sie mich, wenn ich aus weiter Ferne zu ihnen zurückkehre.... Aber ich habe auch ihre ungebändigte Kraft kennen gelernt. Einmal war die Windsbraut durch einen alten Bestand hindurchgerast und hatte eine lange Reihe der Riesen gefällt. . . uralte Kiefern und Fichten. Und der See, an dem ich aufgewachsen bin, wie oft hat er meinen Kahn mit unwiderstehlicher Kraft ans Ufer geworfen. . . . Dr. Fritz Skowronnek, „Du mein Masuren!" Verlag Otto Ianke. Berlin Sw 11. 24. Bilder aus der Schmacht bei Tannenberg. 1. Das „russische Seda nz/. (26. bis 30. August 1914.) Die Schlacht bei Tannenberg wurde zum „russischen Sedan". Von der 230 000 Mann starken Narewarmee verloren die Feinde an Gefangenen, Toten und Verwundeten über 150 000, darunter 92 000 Gefangene. Uber 300 Geschütze, fast alle Maschinengewehre und Fahrzeuge blieben in der Hand der Sieger, dazu viele Wagen mit Lebensrnitteln, Munition und bgl. Wie ungeheuer groß die Kriegsbeute war, sehen wir baraus, daß 1620 Güterwagen nötig gewesen sinb, die erbeuteten Gegenstänbe fortzuschaffen. Die *) Polyp — ein im Wasser lebendes Hohl- oder Pflanzentier mit Fangarmen (z.b. Korallenpolyp).

4. Bilder aus dem Weltkrieg - S. 9

1917 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
Ein Bild aus Ostpreußens Not. Die Leiden der ostpreußischen Flüchtlinge. 9 Wohnhaus zu verschonen. Die unglückliche Viehherde, die sich auf der Weide befand, wurde darauf von den Kosaken in den Stall getrieben, die Tür fest verschlossen und dann an alle Gebäude Feuer angelegt. Inzwischen hatte ich mich mit meinen Leuten auf den Leiterwagen gesetzt, und nun ging es fort, so schnell wie die alten Ackergäule laufen konnten. Schwarze Rauchwolken und das klägliche Gebrüll meines Viehes waren der letzte Gruß der untergehenden Heimat. „Vorwärts." 7. Ein Bild aus Ostpreußens Not. W. Starck. Gleich in den ersten Mobilmachungstagen setzten die Flüchtlingszüge ein. Oft mußte es so schnell gehen, daß man nichts, aber auch gar nichts mehr mitnehmen konnte. Einer erzählte mir: „Ich wusch mir gerade die Hände, als der Ruf kam: Fort, die Kosaken! In der furchtbaren Haft vergaß ich sogar, mir den Trauring auf den Finger zu streifen." So zogen sie auf ihren Planwagen die Provinzstraße gen Westen und Norden, oft drei Wagen nebeneinander in fürchterlicher Enge, in brennender Sorge um die Kinder, die sie bisweilen in der Eile nicht einmal alle mehr zusammen bekommen hatten, rot die Augen vom Weinen, übernächtig, frierend, ohne Nahrung, ohne Milch für die Säuglinge. Auf diesen Schreckensfahrten starben die Alten und die Jungen. Ein einst rosiges Mädchen von sechs Jahren will man doch schnell noch im Graben am Wege bestatten. Nur ein „Vaterunser" will man sprechen. Aber auch dazu reichte nicht die Zeit. „Die Kosaken!" Ein einziger Schrei zerreißt den Leuten das Herz; das „Vaterunser" erstirbt auf den Lippen. „Nur schnell auf den Wagen, fort!" Die Leiche bleibt liegen. . . , aber da schlagen auch schon die Kugeln in die schreienden, vor Jammer und Angst halb wahnsinnigen Flüchtlinge! Ausgeraubt, ermordet liegen Ostpreußens Söhne und Töchter am Wegrand rings um die unbestattete Kindesleiche. . . . 3* Kämmerer, „Um die Heimat". Bilder aus dem Weltkrieg 19 H. [3. Band. Verlag I. F. Steinkopf. Stuttgart. 8. Die Leiden der ostpreußischen Flüchtlinge. Die Russen drangen ziemlich weit ins Land ein und machten sich entsetzlicher Verwüstungen und Grausamkeiten schuldig. Furchtbarer Schrecken ergriff die bedrängte Bevölkerung. Man flüchtete in Scharen. Die armen Bewohner des Landes ließen ihre Hütten, die Bauern ihre Gehöfte im Stich. Schimpfend und wetternd trieb hier einer sein Vieh fort, dort schleppte ein anderer in stummer Verzweiflung seine Habseligkeiten gesicherten Gegenden zu. Ein armes altes Mütterchen brach fast zusammen; sie war schon so weit gelaufen und durfte trotzdem noch lange nicht ausruhen. Eltern riefen nach ihren verloren gegangenen Kindern, Greise zogen schwere Karren, Kranke humpelten mühselig dahin. Die Straßen belebten sich mehr und mehr, die Swillus, Unser Ostpreußen. I. 2

5. Bilder aus dem Weltkrieg - S. 10

1917 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
10 Die Leiden der oftpreußischen Flüchtlinge. Ostpreußenart. fliehenden Massen der Bevölkerung häuften sich in unheimlicher Weise. Gleich einer Völkerwanderung drängten Tausende, Zehntausende von Flüchtenden dahin. Man wagte kaum zurückzublicken; „vorwärts! vorwärts!" war die Losung, denn im Rücken drohte ja ein unheimliches Gespenst: Die Russen kommen! Dieser Gedanke weckte Helles Entsetzen; denn jeder wußte, daß von ihnen nur Schlimmes zu erwarten war. Nachts leuchtete der Himmel flammend auf. Drohend donnerten die Geschütze. Bang klopfenden Herzens fragte sich mancher: ob dein Haus, wo du viele Jahre friedlich gelebt, auch schon von den Russen geplündert und in Asche gelegt ist? Und wie mochte es denen ergehen, die zurückgeblieben waren? Was mochten die armen Kranken ausstehen, die niemand fanden, der sie in einem Karren mit fortschleppte nach einem sicheren Ort? Bange Fragen, die manchem der Flüchtlinge das Herz krampfhaft durchzuckten und heiße Tränen aus den Augen preßten! Nach Otto Promber, „Im Kampf ums Vaterland 1914." Loewes Verlag Ferdinand Carl. Stuttgart. 9. Oftpreußenart. 1. Es ist ihr nicht anders zu Sinne gekommen: Sie hat ihre Kühe mitgenommen und für die Nachbarn, die schon fern, die Sterke mit dem weißen Stern. 2. Mit bittendem, drohendem Hüh und Hott, stolpernd in schwerem, ungleichem Trott über die Wiesen, durchs Feld, am Ackerrand, am Arme den Eimer, die Kette in der Hand. 3. Und nun so fremd der Gegend Bild! Die zerwühlte Straße von Staub umhüllt! In einer Wolke dicht und grau mit ihren Kühen die schreitende Frau. 4. Da plötzlich ein Zuruf vom Walde nah: „Zurück, zurück, die Kosaken sind da!" Nur zögernd hat sie sich umgewandt, am Arme den Eimer, die Kette in der Hand. 5. Eine Meile nordwärts, zum nächsten Dorf. „Den Fußpfad! Schnell! Durch Moor und Torf! In allen Häusern schon Russengetos. Und laß doch die Kühe, die Kühe los!" 6. Sie dankt dem Warner mit stillem Gesicht. Doch die Kühe, nein, die läßt sie nicht. Die Füße blutend, die Arme schwer, so zieht sie mit ihnen hin — und her. —

6. Bilder aus dem Weltkrieg - S. 49

1917 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
Aus der Zeit des zweiten Nuffeneinfalls in Ostpreußen. 49 wenn er nicht als dummer Junge seine Hand in eine Häckselmaschine gesteckt und einen seiner Finger, der zum Laden eines Gewehres unentbehrlich ist, verstümmelt hätte. Er hatte also nie des Kaisers Rock getragen und verstand nichts von militärischen Dingen. Das wurde sein Unglück. Als die Russen im November 1914 zum zweiten Male in Ostpreußen einfielen, mußte er mit Weib und Kind wie alle anderen Bewohner des Dorfes schleunigst fliehen und seine herrliche Wirtschaft mit den reichsten Wintervorräten, so und soviel Stück Vieh, Schweinen, Gänsen und Hühnern im Stich lassen. Nur sein alter Vater wollte nicht mit, sondern auch unter den Russen zur Abwartung des Viehes und Fortführung der Wirtschaft bleiben. Ein lebensmüder Greis fürchtet den Tod auch aus Feindeshand nicht. Und so floh denn Jankowski auf einem mit starken Pferden bespannten Planwagen, darunter Weib und Kind saßen, im langen Flüchtlingszuge zunächst nach der Kreisstadt Angerburg. Schon unterwegs fiel ihm so manches ein, was er mitzunehmen vergessen hatte. Einige geschlachtete Gänse und Hühner hätten immer noch Platz gehabt. Auch sonst manches schöne Hausgerät hätte man mitnehmen können. Dann fiel ihm weiter ein, daß er so manches dem Alten auf die Seele zu binden vergessen hatte: Den Schweinen nur nicht zu heißes Fressen zu geben, das jüngste Kalb von der bunten Kuh bald zu entwöhnen und es nicht unter 25 Mark an den Fleischer zu verkaufen. Ja, es war so viel zu bedenken. Auf das schwarze Huhn, welches immer die Eier in verborgene Winkel legt, war aufzupassen. Ach, was hätte er dem Alten nicht alles noch ans Herz zu legen gehabt! Die Flucht war zu hastig gekommen. In der Stadt Angerburg faßt er zufällig in seine Westentasche und findet — o weh! — den Speicherschlüssel. Ach, was nun? Die Pferde können keinen Hafer, die Kühe und Schweine nicht Kleie bekommen. „Mutter," sagt er zu seiner Frau, „ich muß wieder zurück. Bleibe hier mit den Kindern und warte auf mich, bis ich wieder hier bin. Ich muß dem Alten den Speicherschlüssel abgeben und auch noch manches sagen wegen dem Kalb, dem Schwein und auch dem schwarzen Huhn." — Ein Soldat, den er auf der Straße fragt, ob er wohl nach seinem Dorfe zurückkehren könne und ob die Russen wohl schon dort seien, gibt ihm den Rat, aufs Etappen-Kommando zu gehen und sich einen Ausweis zu holen. Freund Jankowski schüttet dem Etappen-Kommando seine Herzensangelegenheiten aus, findet aber kein Gehör. Der Erlaubnisschein wird ihm verweigert. Er zeigt den Speicherschlüssel, schildert die Not seines Viehes — nichts macht auf die hohe Militärbehörde Eindruck. Da denkt Jankowski in seinem citin: „Wer hat mir was zu befehlen? Ich bin kein Soldat, sondern ein masurischer Bauer. Ich gehe, wohin ich will. Donnerwetter, ich werde doch wohl in mein eigenes Haus gehen können!" Und so wandert er trotzig aus der Stadt zur Heimat. Unterwegs bei Dtr. sieht er unsere Schützengräben, und auf der Chaussee steht ein deutscher ooldat. „Ich werde nicht so dumm sein, den Patrouillen in die Arme zu laufen. Ich schleiche mich hinter jenem Gebüsch rechts den Berg herab und

7. Bilder aus dem Weltkrieg - S. 26

1917 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
26 Eine Försterfamilie aus dem Kreise Oletzko vier Wochen in einem Waldversteck. und fuhr auf meinem Dienstlande auf. Offiziere mit Karten in den Händen beratschlagten. Wieder jagte die Artillerie auf Wachlacken zu, sie hatten sick-verfahren. In wilder Flucht zogen sich die Russen zurück und waren am 10. September, mittags, verschwunden. Mit welcher Freude ich unsere Truppen begrüßte, kann ich nicht beschreiben. Meine Gefangenschaft war somit beendet. „Nach der „Königsb. Allg. Zeitung". 17. Eine Försterfamilie aus dem Kreise Oletzko vier Wochen in einem Waldversteck. Viele Ostpreußen suchten beim Russeneinfall im August 1914 in den Wäldern Schutz. Sie fuhren mit Kind und Rind ins Dickicht und wohnten dort. So hatte sich auch ein naher Verwandter von mir, ein Königlich Preußischer Hegemeister *), im Walde ein Versteck eingerichtet. Mit seinem Sohn, der einige Tage später zu den Jägern einrücken mußte, hatte er schon rechtzeitig eine geeignete Stelle in seinem Revier (spr. rewier) ausgesucht. Inmitten eines mit dichten, jungen Kiefern bestandenen Bruches lag eine Anhöhe, nicht weit vom Ufer eines kleinen Sees. Dort gruben die Männer einen Teil der Bergwand senkrecht ab und bauten aus Stämmen und Moos eine geräumige Hütte, die mit Rohr bedeckt wurde. Der Platz war nicht nur schwer zu finden, sondern auch sehr schwer zu erreichen, am leichtesten im Kahn. Letzterer konnte in einem Graben des Bruches versteckt werden. Während die Männer noch an der Hütte bauten, schafften Frau und Tochter Vorräte, Küchengeräte und Betten an den Zufluchtsort. Eines Tages erschienen die Russen. Eine Abteilung Kosaken sprengte an der Försterei vorbei auf den nahegelegenen Hof der Domäne**) Polommen im Kreise Oletzko. Nun war es Zeit, sich in Sicherheit zu bringen. Alle Türen und . Schränke wurden geöffnet, damit die Russen keinen Anlaß finden sollten, sie aufzubrechen. Das Vieh im Stalle wurde losgebunden und reichlich mit Futter versehen, der Tränketrog mit Wasser gefüllt. Nur von seinen Hunden konnte der Förster sich nicht trennen. Sie wurden mitgenommen und verhielten sich musterhaft ruhig, als wenn sie wüßten, daß sie durch Bellen ihren Herrn verraten könnten. Auch ein Netz hatte der Hegemeister mitgenommen, das sich als sehr nützlich erwies; denn es wurde jeden Abend in den See eingestellt und lieferte täglich ein schönes Gericht Fische. Kaum waren die Bewohner des Forsthauses in ihrer Hütte, als sie schießen hörten. Der Förster schlich sich hinaus und durch die dichten Schonungen***) bis an den Waldrand, von wo er beobachten konnte, daß sich *) Hegemeister — Titel für ältere Förster. **) Domänen — Güter der Krone, deren Ertrag teils für öffentliche Zwecke, teils für das regierende Haus verwendet wird. ***) Schonung — junger Baumbestand im Walde, etwa bis zum 20. Jahre; darf nicht abgeweidet werden.

8. Bilder aus dem Weltkrieg - S. 64

1917 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
Generalfeldmarschall Hindenburg. Die Heimkehr der Flüchtlinge. 5. Von Masuren dann nach oben hast du rasch sie vorgeschoben schnurstracks in die zweite, dritte Schlacht. Erst zur Rechten, dann zur Linken schnittst du in den Bärenschinken, bis ganz Preußen frei gemacht. 6. Hindenburg, wir woll'n dir's danken, daß du mit den Löwenpranken niederschlugst den Iottelbär. Wo du weilst in deutschen Landen, soll es heißen: „Stillgestanden, präsentiert ihm das Gewehr!" Prof. Hedemann, Jena. 38. Die Heimkehr der Flüchtlinge. Ernst Wenzel, Godesberg a. Nh. Heim wollten sie und weiter nichts als heim . . . Ob auch das Haus, das ihnen Obdach bot, mit zarter Liebe freundlich sie umwob: Berlin blieb ihnen fremd und kalt. Nicht lockte sie das laute Straßentreiben, nicht Schloß und Zeughaus und die bunte Pracht, stumm und voll Kummer saßen sie am Tisch: Großvater, Kinder und die Bäuerin. Der Mann bet Tannenberg gefallen und Russengreu'l im stillen Heimatdorf: So fraß der Gram an ihren Herzen und bitt're Sorge. Nur manchmal funkelten die blauen Augen der blonden tapfern Frau aus Salzburgs Stamm, und ihrer Brust entstieg das Stoßgebet: Daß Gott ihn segne, unsern Hindenburg! Dann kam der Tag. In Hast gepackt die Siebensachen. Treuherzig unbeholfner Abschiedsdank . . . O fort, nur fort! Gen Osten stampft der Zug der Heimat zu. Verlassen liegt das Dorf. Kein Mensch, kein Vieh. Verkohlte Trümmer, leergebrannte Scheunen. Ihr Häuschen steht, im Innern arg durchwühlt. Da will die starke Frau zusammenbrechen; doch der Alte spricht:

9. Bilder aus dem Weltkrieg - S. 101

1917 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
Die Russen in Carlshof. Offizier, die eine Anzahl Zivilgefangener aus Rastenburg fortführen sollten. Auf Befragen sagte der Offizier, der Gouverneur wäre für uns nicht zu sprechen; man sollte ja nicht denken, die Russen wären gekommen, um uns hier zu helfen. Als der Anstaltsleiter sich als der Vorsteher einer großen christlichen Krankenanstalt vorstellte und sagte, daß er gekommen sei, einen Kranken, der fortgeschleppt wäre, loszubitten, befahl der Offizier, ihn gefangen zu nehmen, weil er Dembowski heiße und daher Pole sei, desgleichen auch den Kranken, weil er russisch könne. Ein Unteroffizier, ein starker, großer Mann, trat auf beide mit der Knute in der Hand zu und machte Anstalten, sie zu schlagen. Herrn Dr. Ehrhardt und Lehrerinnen der Anstatt für Schwachsinnige in Rastenburg gelang es jedoch, beide wieder loszubitten. Die von den Russen angezündete Scheune mit der ganzen reichen Ernte verbrannte vollständig, obgleich alles, was Hände hatte, sich rührte, um den Flammen ihren Raub zu entreißen. Der Arzt, die männlichen Pfleglinge, die Schwestern mit ihren Schutzbefohlenen, alle waren unausgesetzt tätig, um die Anstalt davor zu bewahren, gänzlich vom Feuer vernichtet zu werden. Kindlich stolz auf ihre Pflegerinnen und in gewissem Sinne zutreffend schrieb später ein kleines epileptisches Mädchen der Anstaltsschule in einem Aufsatz: Die Russen in Carlshof: „Die Schwestern taten die Hauptsache dabei." Nach einem Löschen von zwei Tagen und einer Nacht gelang es, die Umfassungsmauern des ebenfalls vom Feuer ergriffenen danebenstehenden Stalles zu retten und das Feuer so weit zu dämpfen, daß es nicht weiter um sich greifen konnte. Sehr oft hatten die Anstalten nun Besuch vom Feinde, der immer befürchtete, daß in den großen Häusern Soldaten versteckt sein konnten. Öfters noch wurde in die Fenster geschossen, besonderer Schaden aber nicht mehr angerichtet. Der Befehl, auch unsern Speicher noch anzuzünden, der bereits an einem Abend gegeben war, wurde auf inständiges Bitten des Pflegers Loreck, der stets den Russen entgegenging, mit ihnen verhandelte und Schaden verhütete, wieder zurückgenommen. Am 28. August rückte eine größere Truppenmasse an der Anstalt vorüber auf Lötzen zu, wohl um diese kleine Festung zu erstürmen. Eine Seitendeckung dieser Truppe marschierte über den zur Fürsorgeerziehungsanstalt gehörenden Freihof, der etwa drei Kilometer von der Anstalt entfernt liegt. Hausvater Elfert hielt dort mit seiner Frau treue Wache. Der Hof liegt ganz einsam, und gerade auf solchen Höfen ist von den Russen oft viel Schaden gestiftet. Das Ausharren dort ist besonders schwer und gefährlich. Hier nahmen die Russen acht Pferde nebst Geschirr, Sätteln und zwei Wagen mit; außerdem raubte ein Kosak einem Erziehungsgehilfen seine Uhr nebst Kette. Die ganze nach Lötzen abmarschierende Truppe zog jedoch bald wieder zurück. Der Grund war wohl der, daß die Russen inzwischen die Kunde von dem großen Sieg bei Tannenberg erhalten batten. In der Anstalt wußte

10. Bilder aus dem Weltkrieg - S. 140

1917 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
140 Libau unter deutscher Verwaltung. beschleunigtem Marsch vor, um zu gleicher Zeit Libau von Süden und Osten anzugreifen. Gleichzeitig sollte unsere Ostseeflotte, bereit Kreuzer „Augsburg" bic Stadt schon vorher erfolgreich beschossen hatte, die Beschießung von der Seeseite aus aufnehmen und auf diese Weise den Sturm vorbereiten. Nachdem wir die Stadt fest in unseren Händen hatten, nahmen die See-streitkräfte unverzüglich die Arbeiten auf, um den äußeren und inneren Hafen von den unzähligen Minen zu säubern, die völlig planlos im gr^en Hafen-gebiet ausgelegt waren. Auch würden die zusammengeschossene Werke m verteidigungsfähigen Zustand gesetzt. Die bombensicheren Befef.lgr'?rm der Ostfront von Libau waren von den Russen ver bet Übergabe selbst c 1000 Gefangene, Zwölf Geschütze und der Maschinengewehre fielen in unsere Hand. Große Lager von Kriegsvorräten haben wir beschlagnahmt. Es ist unverständlich, warum der Gegner dieses wertvolle Material nicht rechtzeitig aus der Stadt geschafft hat. ttnt'r der reichen Kn 3 ti;, die sin buntscheckiges Bild bot, befanden sich Massen von altmodischen Beilhämmern, Spießen und Hellebarben. In bcr Munition wurden viele Dum-dum-Patronen und mantellose Bleikugeln gefunben. Merkwürdig ist, daß trotz der Unsummen, die die Festung Libau kostete, die Strandforts nur mit Kugelspritzen ausgerüstet waren. 2. Libau unter deutscher Verwaltung. Das Verhalten der Bevölkerung ist äußerst ruhig, durch die Beschießung sind nur wenige Privathäuser beschädigt worden. Allmählich beginnen in Libau unter dem Schutz der deutschen Verwaltung die Spuren der erlebten schweren Zeit zu verschwinden, und das geschäftliche Leben erwacht von neuem. Gleichzeitig mit der mitteleuropäischen Zeit ist der gregorianische Kalender eingeführt worden. Die von den Russen übermalten deutschen Straßennamen würden wieber hergestellt. Alle Sprachen und Religionen sind zulässig, und die Bekanntmachungen der Behörden werden in drei Sprachen: Deutsch, Lettisch und Russisch erlassen. Das Fahrwasser vor Libau ist für die Schiffahrt zugänglich gemacht; ebenso hat man versucht, die versenkten Dampfer zu heben oder zu sprengen. Auch die Verbindungen mit der Umgegend werden verbessert und die Brücken wieder instand gesetzt. Die Landbevölkerung ist aufgefordert worden, ihre Waren auf den Markt zu bringen, und da die deutsche Besitzergreifung dem Platze Geld und Kauflust zuführt, kommt man der Aufforderung nach. So nimmt das Leben in der Stadt seinen gewöhnlichen Fortgang. 3. Die Stadt. Libau (lettisch Leepaga =-= Lindenstadt) liegt am Nordende einer schmalen Nehrung, welche die Ostsee von dem Libauschen See trennt, und hat etwa 90 000 Einwohner, unter denen das Deutschtum vorherrscht. Libau hat
   bis 10 von 115 weiter»  »»
115 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 115 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer
Auswahl:
Filter:

TM Hauptwörter (50)50

# Name Treffer  
0 0
1 3
2 2
3 3
4 19
5 48
6 2
7 6
8 7
9 2
10 4
11 2
12 1
13 0
14 0
15 0
16 6
17 0
18 0
19 3
20 0
21 1
22 0
23 0
24 16
25 2
26 2
27 3
28 21
29 1
30 4
31 19
32 0
33 2
34 10
35 0
36 29
37 26
38 8
39 12
40 15
41 2
42 8
43 2
44 0
45 4
46 3
47 0
48 2
49 1

TM Hauptwörter (100)100

# Name Treffer  
0 1
1 11
2 0
3 0
4 6
5 2
6 1
7 1
8 1
9 20
10 6
11 1
12 3
13 2
14 0
15 10
16 8
17 21
18 0
19 30
20 18
21 2
22 0
23 26
24 2
25 4
26 1
27 0
28 11
29 3
30 0
31 0
32 7
33 0
34 4
35 1
36 3
37 1
38 3
39 7
40 0
41 6
42 1
43 6
44 0
45 11
46 1
47 1
48 5
49 2
50 2
51 4
52 0
53 0
54 32
55 0
56 6
57 0
58 7
59 9
60 1
61 3
62 2
63 0
64 4
65 1
66 0
67 7
68 5
69 3
70 6
71 3
72 7
73 14
74 8
75 2
76 15
77 23
78 20
79 1
80 0
81 1
82 16
83 4
84 2
85 1
86 4
87 16
88 0
89 2
90 1
91 8
92 10
93 0
94 31
95 2
96 6
97 3
98 3
99 1

TM Hauptwörter (200)200

# Name Treffer  
0 67
1 3
2 9
3 16
4 12
5 34
6 9
7 42
8 4
9 36
10 31
11 11
12 40
13 15
14 13
15 0
16 25
17 70
18 26
19 60
20 0
21 27
22 0
23 0
24 9
25 46
26 14
27 0
28 6
29 37
30 31
31 17
32 9
33 50
34 16
35 45
36 2
37 0
38 4
39 42
40 29
41 4
42 10
43 28
44 53
45 5
46 5
47 24
48 18
49 12
50 65
51 47
52 50
53 2
54 131
55 25
56 8
57 78
58 15
59 40
60 52
61 26
62 23
63 2
64 4
65 28
66 15
67 34
68 4
69 0
70 36
71 21
72 33
73 29
74 8
75 10
76 6
77 27
78 14
79 21
80 47
81 126
82 8
83 5
84 7
85 1
86 7
87 14
88 30
89 16
90 3
91 57
92 1
93 42
94 4
95 18
96 5
97 31
98 13
99 40
100 53
101 3
102 54
103 42
104 1
105 27
106 16
107 4
108 0
109 2
110 31
111 24
112 8
113 1
114 35
115 12
116 7
117 6
118 16
119 35
120 6
121 102
122 8
123 19
124 19
125 29
126 22
127 37
128 13
129 19
130 3
131 42
132 20
133 19
134 2
135 67
136 101
137 3
138 1
139 7
140 97
141 21
142 63
143 62
144 15
145 38
146 0
147 7
148 53
149 1
150 27
151 18
152 17
153 4
154 8
155 49
156 38
157 35
158 22
159 7
160 3
161 9
162 0
163 0
164 7
165 16
166 16
167 10
168 8
169 27
170 23
171 34
172 66
173 25
174 10
175 23
176 51
177 30
178 1
179 14
180 6
181 7
182 30
183 205
184 5
185 5
186 5
187 9
188 20
189 0
190 2
191 20
192 16
193 4
194 10
195 0
196 60
197 22
198 19
199 49