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1. Staats- und Bürgerkunde - S. 61

1910 - Wittenberg : Herrosé
61 der Volkmannschen Kinder aber kam ins Waisenhaus in Halle, welches der fromme Francke gestiftet hat, der aucf) nicht sagte: „Was mich nicht brennt, das blas' ich nicht!" »■ H°r». c) Unverletzlichkeit der Wohnung. Auch die Wohnung ist unverletzlich. Man nennt dies das Hausrecht. Haussuchungen dürfen nur in Ausnahmefällen auf richterliches Urteil vorgenommen werden. Dagegen darf die Wohnung durchsucht werden, wenn es gilt, einen Verbrecher 31t ergreifen oder Straftaten zu ermitteln. d) Freiheit des religiösen Bekenntnisses. Wir haben in unserem Vaterlande evangelische und katholische Christen, wir haben eine Menge religiöser Sekten, dazu eine Menge Juden. Alle dienen Gott in ihrer Weise. Das religiöse Bekenntnis ist vollständig frei, wie Friedrich der Große sagte: „In meinem Lande kann jeder nach seiner Fasson selig werden." Voraussetzung dabei ist, daß nicht etwa der Staat durch das Religionsbekenntnis leidet, indem beispielsweise die Religion ihren Bekennern den Waffen- und Kriegsdienst verbietet (Mennoniten). e) Freiheit der Wissenschaft und Lehre. Hieraus darf noch nicht gefolgert werden, daß ein jeder nach Belieben Unterricht erteilen, Schulen einrichten darf, sondern nur, wer die sittliche und wissenschaftliche Befähigung dazu hat. Der Staat beaufsichtigt das ganze Unterrichtswesen, die Lehrer sind öffentliche Beamte. Für den grundlegenden Unterricht ist der Schulzwang vor- gesehen, alle Eltern bzw. Vormünder sind verpflichtet, die Kinder in die Volksschule zu schicken. Wenn die Wissenschaft und Lehre gegen die Strafgesetze verstößt, so muß sie verboten werden. f) Recht der freien Meinungsäußerung. Jeder Bürger hat das Recht, seine Meinung in Wort, Druck, Schrift, Bild usw. frei zu äußern. Die Zensur ist aufgehoben. Die Preßfreiheit ist für das gesamte Deutsche Reich gestattet. Damit ist aber doch nicht schrankenlose Freiheit gemeint, sondern wenn die Reden, Schriften, Bilder usw. gegen den Bestand des Staates, gegen Ehre und Ansehen regierender Personen, gegen Religion und gute Sitten verstoßen, kommen sie mit den Straf- gesetzen in Berührung, und das Recht der freien Meinungs- äußerung ist beschränkt. Auf jeder Schrift muß daher Druckerei und Verleger an- gegeben sein, bei jeder Zeitung auch der verantwortliche Redakteur. Der Polizeibehörde muß ein Exemplar zugestellt werden. i?) Das Versammlungs- und Vereinsrecht. In der Verfassung wird uns das Recht eingeräumt, Vereine zu bilden und Versammlungen abzuhalten. Während bis jetzt

2. Staats- und Bürgerkunde - S. 76

1910 - Wittenberg : Herrosé
76 unter Einhaltung der von den Gesetzen festgestellten Bedingungen, für alle dazu Befähigten gleich zugänglich. Artikel 6. Die persönliche Freiheit ist gewährleistet. Die Bedingungen und Formen, unter welchen eine Beschränkung derselben, insbesondere eine Verhaftung zulässig ist, werden durch das Gesetz bestimmt. Artikel 6. Die Wohnung ist unverletzlich. Artikel 7. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter ent- zogen werden. Artikel 9. Das Eigentum ist unverletzlich. Artikel 11. Die Freiheit der Auswanderung kann von Staats wegen nur in bezug auf die Wehrpflicht beschränkt werden. Artikel 12. Die Freiheit des religiösen Bekenntnisses, der Vereinigung zu Religionsgesellschaften und der gemeinsamen häus- lichen und öffentlichen Religionsübung wird gewährleistet. Der Genutz der bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte ist unab- hängig von dem religiösen Bekenntnisse. Den bürgerlichen und staatsbürgerlichen Pflichten darf durch die Ausübung der Religions- freiheit kein Abbruch geschehen. Artikel 20. Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei. Artikel 21. Für die Bildung der Jugend soll durch öffent- liche Schulen genügend gesorgt werden. Eltern und deren Stellvertreter dürfen ihre Minder oder Pflegebefohlenen nicht ohne den Unterricht lassen, welcher für die öffentlichen Volksschulen vorgeschrieben ist. Artikel 23. Alle öffentlichen und Privatunterrichts- und Erziehungsanstalten stehen unter der Aufsicht vom Staate er- nannter Behörden. Die öffentlichen Lehrer haben die Rechte und Pflichten der Staatsdiener. Artikel 27. Jeder Preuße hat das Recht, durch Wort, Schrift, Druck und bildliche Darstellung seine Meinung frei zu äußern. Die Zensur darf nicht eingeführt werden; jede andere Be- schränkung der Preßfreiheit nur im Wege der Gesetzgebung. Artikel 28. Vergehen, welche durch Wort, Schrift, Druck oder bildliche Darstellung begangen werden, sind nach den all- gemeinen Strafgesetzen zu bestrafen. Artikel 29. Alle Preußen sind berechtigt, sich ohne vor- gängige obrigkeitliche Erlaubnis friedlich und ohne Waffen in geschlossenen Räumen zu versammeln. Diese Bestimmung bezieht sich nicht auf Versammlungen unter freiem Himmel, welche auch in bezug auf vorgängige obrigkeit- liche Erlaubnis der Verfügung des Gesetzes unterworfen sind. Artikel 30. Alle Preußen haben das Recht, sich zu solchen

3. Staats- und Bürgerkunde - S. 130

1910 - Wittenberg : Herrosé
180 59. Die Gewerbefreiheit und die Handwerks- lehre. So freudig seinerzeit die Gewerbefreiheit begrüßt wurde, so viel Segen sie für tüchtige, durch die engherzigen Zunftbe- stimmungen niedergehaltenen Kräfte gehabt hat, so hat sie auf der anderen Seite, und zwar einer sehr wichtigen, (weil sich von hier aus das Handwerk neu ergänzen mußte), großen Nachteil im Gefolge gehabt, nämlich in ihrer Wirkung auf die Lehrlingsausbildung. Die Lehrzeit ist die Grundlage, auf der die ganze Zukunft des Handwerks ruht. Daher muß gerade hier auf ordnungs- mäßige Zustände das größte Gewicht gelegt werden. Und die Gewerbefreiheit hatte auf beiden Seiten, des Meisters wie des Lehrlings, eine Unordnung hinter sich. Von einem schriftlichen Lehrvertrage war keine Rede. Der Meister scheute vielfach die Verantwortung, die ihm mit der Abfassung des schriftlichen Lehr- vertrages aufgetragen wurde, auf der anderen Seite wollten oft auch der Lehrling und seine gesetzlichen Vertreter keine bindende Verpflichtung eingehen. Ein offener Kopf konnte ja das Hand- werk auch in zwei, statt in drei oder vier Jahren erlernen. Und was hinderte ihn, wenn er auch nicht ausgelernt hatte, fortzulaufen, anderswo als Geselle anzufangen oder wohl gar gleich Meister zu werden und einen eigenen Betrieb zu beginnen? Gesetzliche Schranken gab es ja nicht. Der Lehrling wollte nicht lernen, er wollte verdienen, und wenn eine Fabrik am Orte oder in der Nähe war, so wurde eines Tages ein Strich unter die Lehrzeit gemacht, und der halbausgebildete Mensch suchte nun sein Fort- kommen in der Fabrik, bei der Eisenbahn usw. Diese Zustände halfen das Pfuschertum großziehen. Der Meister, der selbst nichts gelernt hatte, sollte nun andere lehren. Der Sieg der Gewerbe- freiheit hatte hier nicht gut gewirkt. Man erkannte, daß doch eine Reihe Vorbedingungen zu erfüllen seien, um wieder zu geordneten Verhältnissen zu kommen. Der erste Fortschritt von weittragender Bedeutung war, daß der schriftliche Abschluß des Lehrvertrages zwangsweise eingeführt wurde. Noch größer und folgenreicher war aber das Aufsichts- recht der Handwerkskammern. Dadurch, daß sie über jedes Lehr- verhältnis in ihrem Bezirk eine genaue Aufsicht führen, daß sie in Gemeinschaft mit den Innungen in jedem Streitfälle beratend und schlichtend eintreten, wird das Lehrverhältnis unabhängig gemacht und zu einer wirtschaftlichen Einrichtung gestempelt, die in ihrer Wirkung für die Aussichten des Handwerkerstandes von unendlicher Bedeutung ist. Durch die genaue Festsetzung der gegenseitigen Pflichten und Rechte im Lehrvertrage war schon eine gewisse Ständigkeit erzielt. Ebenso wichtig ist nun auch die andere Seite, die durch die Gewerbefreiheit vernachlässigt war, die Frage nach der Befähigung

4. Staats- und Bürgerkunde - S. 131

1910 - Wittenberg : Herrosé
131 des Lehrmeisters. Früher durfte nur der zünftige Meister Lehr- linge anleiten, ein Mann, der ordnungsmäßig gelernt, seine Ge- sellenprüfung bestanden, die vorgeschriebenen Wanderungen vor- genommen und in der Meisterprüfung die erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten nachgewiesen hatte, so daß er in die Zunft auf- genommen werden konnte. Die Ausbildung des Lehrlings wurde einerseits als ein Vorrecht, andererseits als eine Verpflichtung angesehen, deren sich Zunft und Zunftmeister in hohem Grade bewußt blieben. Die Gewerbefreiheit brach mit alledem, und so kam es, daß die Meisterlehre immer unvollkommener wurde. Die Möglichkeit, sich so früh als möglich selbständig zu machen, wurde in manchen Berufen zur Regel. Der junge Mensch, der vor kurzem seinem Meister aus der Lehre entlaufen, brachte in die Meisterschaft oft weiter nichts mit als den guten Willen, möglichst schnell reich zu werden, nahm ohne Bedenken seine Lehrlinge, je mehr, je besser. So wurde allmählich der ganze Stand herabgedrückt. Der Schuhnmchermeister, der vielleicht Ende der achtziger Jahre noch zehn Gesellen beschäftigte, sah sich gezwungen, einen Laden mit fertiger Ware zu eröffnen, nicht weil die Kundschaft für Werkstattarbeit gefehlt hätte, sondern weil er auf die Dauer keinen Gesellen mehr auftreiben konnte, die den Anforderungen, die er an ihre Fähigkeiten stellen mußte, genügten. Das Handwerkergesetz von 1897 schuf hier schon etwas Ordnung. Aber dadurch, daß die Meisterprüfung noch nicht obligatorisch ge- fordert wurde, blieben diese Maßnahmen auf halbem Wege stehen. Jedem Gesellen konnte die Lehrlingsausbildung übertragen werden. Manche anderen Fragen wie die Festlegung einer bestimmten Lehrzeit, die Zahl der zu haltenden Lehrlinge wird zugunsten des Handwerks entschieden. Die Regelung dieser Fragen ist den Handwerkskammern übertragen, die eifrig bestrebt sind, hier Ord- nung und gesunde Verhältnisse zu schaffen. Da man immer mehr eingesehen hat, daß Prüfungen doch ihren großen erziehlichen Wert haben, da man erkannt, daß man an das können des Meisters große Anforderungen stellen muß, so ist in der Novelle zur Gewerbeordnung vom 1. Oktober 1908 der kleine Befähigungsnachweis obligatorisch eingeführt worden, d. h. die Lehrlingsausbildung ist von dem Bestehen der Meisterprüfung abhängig gemacht worden. Die einzigen Sätze dieser folgenschweren Bestimmung lauten: Lehrlinge darf anleiten: 1. wer das 24. Lebensjahr überschritten und 2. die Meisterprüfung bestanden hat. Oder: Den Meistertitel in Verbindung mit seinem Handwerk darf führen: 1. wer das 24. Lebensjahr vollendet und 2. die Meifterprüfting bestanden hat. '-8.. Die ©eroerbefreifjeit. Nach (ß Käpper: Handwerks Art — Handwerks Necht. 9*

5. Staats- und Bürgerkunde - S. 133

1910 - Wittenberg : Herrosé
133 gern dem anderen. Und in dem zweiten Fall glaubt er selbst noch viel verdienen zu können, während tatsächlich der andere bereits alles, was möglich ist, für sich herausschlägt. Daher mag es auch kommen, daß viel seltener der Kaufmann im Dienst des Herstellers einer Ware steht, als umgekehrt. Obwohl der Kaufmann oft gar nichts von der technischen Herstellung ver- steht, ist er doch meist derjenige, welcher den Gewinn von der- selben hat, nicht nur, weil er das Kapital gegeben, sondern vor allen Dingen, weil er hauptsächlich rechnet. Die Tatsache allerdings mag man beklagen; aber so, wie die Dinge liegen, ist den Handwerkern vor allen Dingen zu raten, in ihrer Geschäftsgebarung überhaupt, wie in der Berbindung mit Geldleuten insbesondere mehr Wert auf kaufmännisch-rechnendes Wesen, auf Geschäftskenntnisse und Geschäftsgewandtheit, zu legen. Während, wie gesagt, viele der kaufmännisch Tüchtigsten sich empor- schwingen, ist die Erziehung der Handwerksjugend noch nicht überall genügend ausgebildet. Die Volksschule genügt in dieser Beziehung noch lange nicht den eigentlich zu stellenden Ansprüchen; diesem Fehler abzuhelfen, ist die Fortbildungsschule berufen, die mehr und mehr auf Anregung der Regierung von den Kom- munen obligatorisch eingeführt wird. Das, woran es vielfach noch fehlt, und was sich glücklicherweise mehr und mehr entwickelt, ist ein tüchtiger Fachschulunterricht, in dem die Buchführung einen weiten Raum einnimmt. Eine der vornehmsten Aufgaben der gewerblichen Fortbildungsschule ist es, diesen Mangel auszugleichen und im Unterricht das Rechnen in dem bezeichneten, kaufmännischen Geist zu behandeln, Kalkulationen zu üben, Kostenanschläge an- fertigen zu lassen und hauptsächlich Buchführung zu lehren. In dieser Hinsicht kann viel zur Förderung des kaufmännischen Wesens beigetragen werden, wodurch der Handwerker im Kampf um seine Existenz wesentlich gestählt wird. B.: Schulkenntnisse. Brunnemann: Aus dem D.-D.-G. Buch 1 der Deutschen Diamalt-Gesellschaft m. b. H., München. 61. Die Organisation des Handwerks. a) Die Innungen. Durch das Handwerkergesetz vom 26. Iuli 1897, welches der Reichsgewerbeordnung eingefügt wurde, erhielt das Handwerk in den Innungen und den Handwerkskammern eine öffentliche Vertretung seiner Interessen. Diejenigen, die ihr Gewerbe selbständig betreiben, können zur Förderung ihrer gemeinsamen gewerblichen Interessen sich zu einer Innung zusammenschließen. Es tritt hier wieder der Gedanke der Genossenschaft, des Zusammenschlusses in den Vorder- grund, um den kleinlichen Geist der neidischen Konkurrenz zu

6. Staats- und Bürgerkunde - S. 143

1910 - Wittenberg : Herrosé
die Ausfuhr einheimischer Waren abzuschließen, wenn Gesetze zum Schutze der Arbeiter erlassen werden oder sonst die gesetzlichen Vorschriften, die für den Handel, die Industrie, die gewerbliche Arbeiterschaft und den Verkehr von Einfluß sind, eine Änderung oder Neuregelung erfahren sollen. Die Erteilung derartiger sach- verständiger Auskünfte, wozu auch die Schilderung der tatsäch- lichen Verhältnisse gehört, ist die schwierigste und verantwortungs- vollste Aufgabe der Handelskammer." „Damit auch der dritte Erwerbsstand unserer Heimat," fuhr der Vater fort, „nicht ohne Vertretung bleibt, ist für die Landwirtschaft treibende Bevölkerung die Landwirtschafts- kammer ins Leben gerufen worden. 2hr Aufbau ist der Handwerkskammer insoforn ähnlich, als die Mitglieder der Landwirtschaftskammer nicht unmittelbar von den Land- wirten, sondern von den landwirtschaftlichen Vereinen gewählt werden. Ihre Aufgabe ist es in erster Linie. Landwirt- schaft und Forstwirtschaft im Herzogtum zu unterstützen, den Landwirten bei der Wahl von Getreide- und der Gemüsesorten, bei der Aufzucht des Nutzviehs durch Rat und Tat beizustehen, Versuche mit neuen Sorten vorzunehmen, belehrende Vorträge und Winterschulen in den einzelnen Landgenieinden für alle Fragen des Acker- und Gemüsebaus, der Obstkultur, der Vieh- zucht und der Forstwirtschaft einzurichten. Daneben bemüht sie sich, den Landwirten bei der Beschaffung der notwendigen Arbeits- kräfte behilflich zu sein. Schließlich hat auch die Landwirtschafts- kammer die Aufgabe, die gesetzgebenden Körperschaften durch sach- verständige Gutachten bei denjenigen Fragen, die die Landwirt- schaft angehen, zu unterstützen." Wilhelm meinte darauf: „Vater, das Gesetzemachen kann doch nun nicht mehr schwer sein. Man braucht ja bloß eine der drei Kammern zu fragen, was sie wünsche und für richtig halte." „Ja," meinte der Vater, „wenn man nur eine Kammer zu fragen brauchte; aber sehr oft muß man alle drei fragen, und ihre Wünsche gehen mitunter weit auseinander. Was dann?" „Ja, was dann?" wiederholte der Sohn. „Dann hat eben die Regierung die schwierigste Aufgabe zu lösen: unter den ver- schiedenen Wünschen zu vermitteln und nicht bloß das Wohl eines Standes, sondern das Wohl des ganzen Volkes durch ihre Gesetzesvorschläge zu fördern." Aus Heinemann-Oppermann: Tagewerk. Or H. Kanter. 63. Vom Handwerk und der Zunft. Das Handwerk konnte sich als öffentliches Gewerbe nur bei Bölkern entwickeln, welche in der Kultur schon fortgeschritten wären und feste Ansiedlungen besaßen. Hirtenvölker und No- maden. welche arm an Bedürfnissen, ihre Lebenserfordernisse selbst

7. Staats- und Bürgerkunde - S. 212

1910 - Wittenberg : Herrosé
212 — Handelsgesellschaft" zu tun, haftet einer unbeschränkt, der andere aber nur mit seiner Einlage, d. h. dem Gelde, welches er in das Geschäft getan hat, so heißt sie „Kommanditgesellschaft". Die Handelsgesellschaft, in welcher sich die Gesellschafter ver- pflichten, nur mit ihrem Gesellschaftsoermögen für die Verbindlich- keiten des Geschäfts aufzukommen, ist eine „Handelsgesellschaft mit beschränkter Haftpflicht". Daher lesen wir oft hinter den Namen einer Gesellschaftsfirma die Buchstaben G. m. b. H., z. B. Krüger & Schulze, G. m. b. H. Die gebräuchlichste Form der größeren Gesellschaftsunter- nehmungen ist die Aktiengesellschaft. Feder Geschäftsanteil, der 1000 Mk. betragen muß, heißt Aktie. (Siehe das Weitere auf S.253.) Die Vorzüge sind: 1. Man kann leicht große Kapitalien herbeischaffen, 2. ausscheidende Mitglieder werden leicht ersetzt, 3. sie haften nur mit der Einlage, 4. die Gesellschaft muß die Jahresabrechnungen veröffentlichen. Als Nachteil muß man bezeichnen: 1. die Verwaltung ist schwerfällig und kostspielig, 2. die Leitung hat nicht das Interesse wie der Inhaber des Eigenbesitzes, 3. die Aktionäre wollen nur Dividenden erhaschen, im übrigen kümmern sie sich wenig um die Gesellschaft, haben aber auch kein Recht, die Bücher zu prüfen, 4. sie nehmen leicht zu hohe Anleihen auf u. n. a. Oft tritt auch der Staat als Unternehmer auf, z. B. in der Eisenbahn, in Domänen, Bergwerken, Forsten u. a. Er läßt hier die Privatbetriebe neben sich wetteifern. Auf einigen Gebieten, wie Post, Telegraphie, hat der Staat das alleinige Betriebsrecht, man nennt das Monopol. Die Vereinigung mehrerer Händler, die eine bestimmte Ware in großen Mengen ankaufen, um durch die Knappheit derselben auf dem Markte einen höhern Preis zu erzielen, nennt man Ringe. Es kommt vor, daß sich die Produzenten eines Artikels vereinigen, um einheitliche Preise festzusetzen, die Menge der anzufertigenden Sache zu bestinnnen. Sie wollen auf diese Weise die preisdrückende Konkurrenz ausschalten. Das sind Kartelle oder Syndikate. Vereinigen sich die Unternehmungen so enge miteinander, daß der Unternehmer auch nicht mehr selbständig machen kann, wie er will, nicht die Menge der Erzeugnisse noch die Höhe des Preises bestimmen, so haben wir es mit einer Fusion oder einem Trust zu tun. Das Vaterland der Trusts ist Amerika. Die Kartelle und Trusts haben dort eine Berechtigung, wo sie die Absatzgebiete unter sich verteilen, die Preise regeln, die übermäßige Produktion verhindern, wodurch oft eine Unzahl von Existenzen vernichtet wird. Sie sind jedoch von großem Schaden, wenn sie es auf die Ausbeutung ihrer Kundschaft abgesehen haben. Besonders den

8. Staats- und Bürgerkunde - S. 170

1910 - Wittenberg : Herrosé
170 Was sahen und hörten sie, was Kinderaugen und -ohren ver- schlossen sein sollte! Der verdiente Lohn verführte sie zu un- nötigen Ausgaben, sie gerieten auf die schiefe Bahn und endigten im Zuchthause. Eine Statistik redet da sehr deutlich. 70°/0 der Insassen eines Zuchthauses waren solche, die in der Jugend Geld verdient hatten. In der Schule sahen die Binder müde und matt. Sie konnten nicht aufmerken, lernten infolgedessen weniger, blieben also in ihrer geistigen Entwicklung zurück, die körperliche wurde durch die lange und schwere Tätigkeit erst recht zurückgehalten. So stand ein großer Teil unseres Volkes in Gefahr, körperlich und geistig zu verkrüppeln und zu verderben. Der Schaden war ein ungeheurer. Daher ist das Gesetz eine Wohltat für unser Volk und mit Freuden zu begrüßen. Es wird in demselben ein Unterschied gemacht zwischen der Beschäftigung fremder und eigner Kinder. Als Kinder im Sinne des Gesetzes gelten Knaben und Mädchen unter 13 Jahren, sowie solche über 13 Jahren, die noch zum Besuche der Volksschule verpflichtet sind. Verboten ist jegliche Beschäftigung auf Bauten, in Ziegeleien, Brüchen, Gruben, Steinklopfereien, Schornsteinfegergewerbe, Spedition, Mischen und Mahlen von Farben, in Kellereien usw., überall da, wo 1. durch Einatmen von Staub eine Ansteckungsgefahr besteht, 2. wo die Gesundheit und Sittlichkeit gefährdet ist, 3. wo elementare Kraft nicht bloß vorübergehend zur An- wendung kommt. Ferner sind ausgeschlossen die öffentlichen theatralischen Vor- stellungen und ähnlichen Schaustellungen, soweit ein höheres Interesse der Kunst und Wissenschaft bei ihnen nicht nachgewiesen werden kann. Im Betriebe von Gast- und Schankwirtschaften dürfen Mäd- chen nicht zur Bedienung der Gäste beschäftigt werden. Die Zeit der Beschäftigung ist vom Gesetze so festgelegt, daß die Kinder zwischen 8 Uhr abends und 8 Uhr morgens und nicht vor dem Vormittagsunterrichte beschäftigt werden dürfen. Die Beschäftigung darf täglich drei und in den Ferien vier Stunden nicht überschreiten. Zu Mittag ist den Kindern eine zweistündige Pause zu gewähren. Am Nachmittage darf die Beschäftigung erst eine Stunde nach dem Nachmittagsunterrichte beginnen. An den Sonntagen ist nur für zwei Stunden, nicht über 1 Uhr nachmittags hinaus, nicht in der letzten halben Stunde vor dem Hauptgottesdienste und nicht während desselben, das Austragen von Backwaren und die Besorgung von Botengängen gestattet. Sollen Kinder beschäftigt werden, so hat der Arbeitgeber vor dem Beginne der Beschäftigung der Ortspolizeibehörde eine schriftliche Anzeige zu machen lind um Ausstellung einer Arbeits- karte zu bitten.

9. Staats- und Bürgerkunde - S. 229

1910 - Wittenberg : Herrosé
229 begeben wird. — Jeder schreibt, bevor er den Wechsel weitergibt, auf die Rückseite des Wechsels: Für mich an die Order des Herrn N. N. in N. — dann Datum und Namen. So geht der Wechsel von Hand zu Hand. Feder schreibt den Satz darauf und erklärt damit, datz er seine Wechselverbindlichkeit auf seinen Nachfolger überträgt. Will er selbst nicht haftbar sein für die Zahlung, so schreibt er wohl: „Ohne obligo" oder „ohne Regretzpflicht" oder „ohne Verbind- lichkeit". Der letzte Inhaber zeigt oder präsentiert dem Bezogenen am Verfalltage den Wechsel zur Zahlung. Wird dieselbe gleich geleistet, so erhält der Bezogene den Wechsel mit der Quittung: „Betrag empfangen" zurück. Der Wechsel hat seine Schuldigkeit getan und ist erledigt. Run können jedoch Umstände eintreten, datz entweder der Bezogene die Annahme des Wechsels verweigert oder die Zahlung am Verfalltage nicht leisten kann. Verweigert er die Annahme, denn zu derselben kann ihn niemand zwingen, so geht der Wechsel an den Aussteller zurück, der allen Indossanten für die Zahlung haftet. Es wird ein „Protest mangels Annahme" erhoben. Schwieriger liegen die Verhältnisse, wenn der Bezogene am Verfalltage nicht zahlen kann. Es werden ihm gesetzlich zwei Fristtage (Respekttage) gewährt, wenn ein Sonntag dazwischen liegt drei, dann mutz der Wechsel bezahlt sein. Ist das nicht der Fall, so wird sofort von dem Postbeamten (bet Wechseln bis zu 800 Mk.), von einem Notar oder Gerichtsbeamten „Protest mangels Zahlung" erhoben. Nun kann sofort im Wechselprozetz geklagt werden. Dieses Verfahren zeichnet sich durch Kürze und Strenge aus. Zeugen, Widerklagen, Einreden sind nicht zulässig. Die Einlassungsfrist d. h. Frist von der Zustellung der Klage bis zum Termin sind sehr kurz, im Ort 24 Stunden, innerhalb des Gerichtsbezirks drei Tage, innerhalb des Deutschen Reiches eine Woche. Die Wechselsachen werden als eilige behandelt und auch während der Gerichtsferien bearbeitet. Da die Indossanten alle wechselmätzig haften, so ist jeder verpflichtet, seinem Vordermanne durch eingeschriebenen Brief Mitteilung von der Nichteinlösung des Wechsels zu machen. Unterlätzt er das, so sind alle Vormänner aus ihrer Verpflichtung heraus, und er mutz für die Summe haften. Dadurch, datz jeder Indossant für sich Zinsen, Protestkosten, Provision und Porto berechnet, wird die Summe immer höher und ist für Aussteller und Akzeptanten am höchsten. Der Verkehr mit Wechseln erfordert grotze Umsicht und einige Geschäftspra.ris und Gesetzeskenntnis. Wer die nicht hat, soll sich nicht auf diesen Verkehr einlassen. Unstreitig hat der Wechselverkehr für unsern Handel seine grotzen Vorzüge. Er ist ein bequemes Zahlungsmittel und er-

10. Staats- und Bürgerkunde - S. 234

1910 - Wittenberg : Herrosé
234 übersieht deshalb bei Prüfung eines ihm an Zahlungs Statt ge- gebenen Wechsels diesem anhaftende Fehler, und er hat dann nichts weiter als ein wertloses Stück Papier in der Hand. Wieviel und wievielerlei ist nicht bei einem Wechsel zu beachten: Ob er Ort und Datum der Ausstellung enthält, ob der Fälligkeitstermin und noch dazu richtig angegeben ist, ob die Bezeichnung ,.W echsel" nicht fehlt, ob die Wechselsumme in Zahlen und Worten ein- getragen ist, ob er die Namen des Remittenten (Nehmers) und des Bezogenen, sowie die Art der Zahlung nicht vermissen läßt, ob die Unterschrift des Ausstellers vorhanden ist, ob der Bezogene den Wechsel angenommen hat und die Namen der Giranten eine lückenlose Reihe bilden. In den Augen des einfachen Mannes sind es oft nur Kleinigkeiten, die im Sinne des Mechselrechtes gar bedeutsame Dinge darstellen. Besondere Beachtung ist auch den Bestimmungen über die Wechselstempelsteuer zu widmen. Schon wer als Akzeptant nicht daran denkt, den Wechsel mit der notwendigen Stempelmarke zu versehen und diese richtig zu entwerten (also z. B.: 3. Mai 1908 und nicht 3. 5. 1908) oder als Girant die fehlende Marke zwar erseht, aber nicht am rechten Platze anbringt, verfällt in eine Strafe, die den fllnfzigfachen Betrag der zu verwen- denden Marke ausmacht. In dieser Beziehung ereignete sich ein lehrreicher Fall bei einer schlesischen Kreditgenossenschaft: Der Beamte dieses Instituts war gerade damit beschäftigt, die Stempelmarke auf einem Wechsel zu entwerten, der s o e b'e n erst von dem Akzeptanten und seinen drei Bürgen (Giranten) unter- schrieben worden war, als ein Steuerbeamter in das Kassen- zimmer trat. um zu prüfen, ob die im Besitz der Genossenschaft be- findlichen Wechsel auch in ordnungsmäsiiger Weise mit Stempel- marken versehen seien. Er hatte den letzten Federstrich des Kosten- beamten noch beobachtet und bat sich von ihm den Wechsel aus. Die Folge war eine Bestrafung des Akzeptanten, der drei Giranten und des Kreditvereins. Da es sich um einen Wechsel über 3000 Mk. handelte, zu dem eine Stempelmarke über 1,50 Mk. zu verwenden war. so betrug die Strafe für jeden 75 Mk.. insaesamt also 375 Mk. Der Akzeptant wurde bestraft, weil er den Wechsel aus der Hand gegeben hatte, ohne ihn vorher mit der richtigen und ordnungsmäßig entwerteten Stempelmarke zu versehen. Die Bestrafung der drei Giranten erfolgte, weil keiner von ihnen das Versäumnis nachgeholt hatte. Die Genossenschaft aber wurde be- straft. weil ibr Beamter zwar den Wechsel zur rechten Zeit mit der vorschriftsmäßigen und richtig entwerteten Marke versetzen, diese aber — wie sonst üblich — oben an den Rand der Rückseite des Wechsels geklebt batte. Die Steuerbehörde und das angerufene Gericht erblickten in dieser Handlung eine Verdunkelung des Tat- bestandes. daß Akzeptant und Giranten ihrer Pflicht nicht nach- gekommen waren. Diestempelmarke habe in diesem Falle unter die Namen der Giranten, also an letzter Stelle gesetzt werden müssen.
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