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der Volkmannschen Kinder aber kam ins Waisenhaus in Halle,
welches der fromme Francke gestiftet hat, der aucf) nicht sagte:
„Was mich nicht brennt, das blas' ich nicht!" »■ H°r».
c) Unverletzlichkeit der Wohnung.
Auch die Wohnung ist unverletzlich. Man nennt dies
das Hausrecht. Haussuchungen dürfen nur in Ausnahmefällen
auf richterliches Urteil vorgenommen werden. Dagegen darf die
Wohnung durchsucht werden, wenn es gilt, einen Verbrecher 31t
ergreifen oder Straftaten zu ermitteln.
d) Freiheit des religiösen Bekenntnisses.
Wir haben in unserem Vaterlande evangelische und katholische
Christen, wir haben eine Menge religiöser Sekten, dazu eine
Menge Juden. Alle dienen Gott in ihrer Weise. Das religiöse
Bekenntnis ist vollständig frei, wie Friedrich der Große sagte:
„In meinem Lande kann jeder nach seiner Fasson selig werden."
Voraussetzung dabei ist, daß nicht etwa der Staat durch das
Religionsbekenntnis leidet, indem beispielsweise die Religion ihren
Bekennern den Waffen- und Kriegsdienst verbietet (Mennoniten).
e) Freiheit der Wissenschaft und Lehre.
Hieraus darf noch nicht gefolgert werden, daß ein jeder nach
Belieben Unterricht erteilen, Schulen einrichten darf, sondern nur,
wer die sittliche und wissenschaftliche Befähigung dazu hat. Der
Staat beaufsichtigt das ganze Unterrichtswesen, die Lehrer sind
öffentliche Beamte.
Für den grundlegenden Unterricht ist der Schulzwang vor-
gesehen, alle Eltern bzw. Vormünder sind verpflichtet, die Kinder
in die Volksschule zu schicken. Wenn die Wissenschaft und Lehre
gegen die Strafgesetze verstößt, so muß sie verboten werden.
f) Recht der freien Meinungsäußerung.
Jeder Bürger hat das Recht, seine Meinung in Wort, Druck,
Schrift, Bild usw. frei zu äußern. Die Zensur ist aufgehoben.
Die Preßfreiheit ist für das gesamte Deutsche Reich gestattet.
Damit ist aber doch nicht schrankenlose Freiheit gemeint, sondern
wenn die Reden, Schriften, Bilder usw. gegen den Bestand des
Staates, gegen Ehre und Ansehen regierender Personen, gegen
Religion und gute Sitten verstoßen, kommen sie mit den Straf-
gesetzen in Berührung, und das Recht der freien Meinungs-
äußerung ist beschränkt.
Auf jeder Schrift muß daher Druckerei und Verleger an-
gegeben sein, bei jeder Zeitung auch der verantwortliche Redakteur.
Der Polizeibehörde muß ein Exemplar zugestellt werden.
i?) Das Versammlungs- und Vereinsrecht.
In der Verfassung wird uns das Recht eingeräumt, Vereine
zu bilden und Versammlungen abzuhalten. Während bis jetzt
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst]]
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Extrahierte Personennamen: Francke Friedrich_der_Große Friedrich
76
unter Einhaltung der von den Gesetzen festgestellten Bedingungen,
für alle dazu Befähigten gleich zugänglich.
Artikel 6. Die persönliche Freiheit ist gewährleistet.
Die Bedingungen und Formen, unter welchen eine Beschränkung
derselben, insbesondere eine Verhaftung zulässig ist, werden durch
das Gesetz bestimmt.
Artikel 6. Die Wohnung ist unverletzlich.
Artikel 7. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter ent-
zogen werden.
Artikel 9. Das Eigentum ist unverletzlich.
Artikel 11. Die Freiheit der Auswanderung kann von
Staats wegen nur in bezug auf die Wehrpflicht beschränkt werden.
Artikel 12. Die Freiheit des religiösen Bekenntnisses, der
Vereinigung zu Religionsgesellschaften und der gemeinsamen häus-
lichen und öffentlichen Religionsübung wird gewährleistet. Der
Genutz der bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte ist unab-
hängig von dem religiösen Bekenntnisse. Den bürgerlichen und
staatsbürgerlichen Pflichten darf durch die Ausübung der Religions-
freiheit kein Abbruch geschehen.
Artikel 20. Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei.
Artikel 21. Für die Bildung der Jugend soll durch öffent-
liche Schulen genügend gesorgt werden.
Eltern und deren Stellvertreter dürfen ihre Minder oder
Pflegebefohlenen nicht ohne den Unterricht lassen, welcher
für die öffentlichen Volksschulen vorgeschrieben ist.
Artikel 23. Alle öffentlichen und Privatunterrichts- und
Erziehungsanstalten stehen unter der Aufsicht vom Staate er-
nannter Behörden.
Die öffentlichen Lehrer haben die Rechte und Pflichten der
Staatsdiener.
Artikel 27. Jeder Preuße hat das Recht, durch Wort,
Schrift, Druck und bildliche Darstellung seine Meinung frei zu
äußern.
Die Zensur darf nicht eingeführt werden; jede andere Be-
schränkung der Preßfreiheit nur im Wege der Gesetzgebung.
Artikel 28. Vergehen, welche durch Wort, Schrift, Druck
oder bildliche Darstellung begangen werden, sind nach den all-
gemeinen Strafgesetzen zu bestrafen.
Artikel 29. Alle Preußen sind berechtigt, sich ohne vor-
gängige obrigkeitliche Erlaubnis friedlich und ohne Waffen in
geschlossenen Räumen zu versammeln.
Diese Bestimmung bezieht sich nicht auf Versammlungen unter
freiem Himmel, welche auch in bezug auf vorgängige obrigkeit-
liche Erlaubnis der Verfügung des Gesetzes unterworfen sind.
Artikel 30. Alle Preußen haben das Recht, sich zu solchen
TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
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180
59. Die Gewerbefreiheit und die Handwerks-
lehre.
So freudig seinerzeit die Gewerbefreiheit begrüßt wurde, so
viel Segen sie für tüchtige, durch die engherzigen Zunftbe-
stimmungen niedergehaltenen Kräfte gehabt hat, so hat sie auf der
anderen Seite, und zwar einer sehr wichtigen, (weil sich von hier aus
das Handwerk neu ergänzen mußte), großen Nachteil im Gefolge
gehabt, nämlich in ihrer Wirkung auf die Lehrlingsausbildung.
Die Lehrzeit ist die Grundlage, auf der die ganze Zukunft
des Handwerks ruht. Daher muß gerade hier auf ordnungs-
mäßige Zustände das größte Gewicht gelegt werden. Und die
Gewerbefreiheit hatte auf beiden Seiten, des Meisters wie des
Lehrlings, eine Unordnung hinter sich. Von einem schriftlichen
Lehrvertrage war keine Rede. Der Meister scheute vielfach die
Verantwortung, die ihm mit der Abfassung des schriftlichen Lehr-
vertrages aufgetragen wurde, auf der anderen Seite wollten oft
auch der Lehrling und seine gesetzlichen Vertreter keine bindende
Verpflichtung eingehen. Ein offener Kopf konnte ja das Hand-
werk auch in zwei, statt in drei oder vier Jahren erlernen. Und
was hinderte ihn, wenn er auch nicht ausgelernt hatte, fortzulaufen,
anderswo als Geselle anzufangen oder wohl gar gleich Meister
zu werden und einen eigenen Betrieb zu beginnen? Gesetzliche
Schranken gab es ja nicht. Der Lehrling wollte nicht lernen, er
wollte verdienen, und wenn eine Fabrik am Orte oder in der
Nähe war, so wurde eines Tages ein Strich unter die Lehrzeit
gemacht, und der halbausgebildete Mensch suchte nun sein Fort-
kommen in der Fabrik, bei der Eisenbahn usw. Diese Zustände
halfen das Pfuschertum großziehen. Der Meister, der selbst nichts
gelernt hatte, sollte nun andere lehren. Der Sieg der Gewerbe-
freiheit hatte hier nicht gut gewirkt.
Man erkannte, daß doch eine Reihe Vorbedingungen zu
erfüllen seien, um wieder zu geordneten Verhältnissen zu kommen.
Der erste Fortschritt von weittragender Bedeutung war, daß
der schriftliche Abschluß des Lehrvertrages zwangsweise eingeführt
wurde. Noch größer und folgenreicher war aber das Aufsichts-
recht der Handwerkskammern. Dadurch, daß sie über jedes Lehr-
verhältnis in ihrem Bezirk eine genaue Aufsicht führen, daß sie
in Gemeinschaft mit den Innungen in jedem Streitfälle beratend
und schlichtend eintreten, wird das Lehrverhältnis unabhängig
gemacht und zu einer wirtschaftlichen Einrichtung gestempelt, die
in ihrer Wirkung für die Aussichten des Handwerkerstandes von
unendlicher Bedeutung ist.
Durch die genaue Festsetzung der gegenseitigen Pflichten und
Rechte im Lehrvertrage war schon eine gewisse Ständigkeit erzielt.
Ebenso wichtig ist nun auch die andere Seite, die durch die
Gewerbefreiheit vernachlässigt war, die Frage nach der Befähigung
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133
gern dem anderen. Und in dem zweiten Fall glaubt er selbst
noch viel verdienen zu können, während tatsächlich der andere
bereits alles, was möglich ist, für sich herausschlägt.
Daher mag es auch kommen, daß viel seltener der Kaufmann
im Dienst des Herstellers einer Ware steht, als umgekehrt. Obwohl
der Kaufmann oft gar nichts von der technischen Herstellung ver-
steht, ist er doch meist derjenige, welcher den Gewinn von der-
selben hat, nicht nur, weil er das Kapital gegeben, sondern vor
allen Dingen, weil er hauptsächlich rechnet.
Die Tatsache allerdings mag man beklagen; aber so, wie die
Dinge liegen, ist den Handwerkern vor allen Dingen zu raten, in
ihrer Geschäftsgebarung überhaupt, wie in der Berbindung mit
Geldleuten insbesondere mehr Wert auf kaufmännisch-rechnendes
Wesen, auf Geschäftskenntnisse und Geschäftsgewandtheit, zu legen.
Während, wie gesagt, viele der kaufmännisch Tüchtigsten sich empor-
schwingen, ist die Erziehung der Handwerksjugend noch nicht
überall genügend ausgebildet. Die Volksschule genügt in dieser
Beziehung noch lange nicht den eigentlich zu stellenden Ansprüchen;
diesem Fehler abzuhelfen, ist die Fortbildungsschule berufen, die
mehr und mehr auf Anregung der Regierung von den Kom-
munen obligatorisch eingeführt wird. Das, woran es vielfach noch
fehlt, und was sich glücklicherweise mehr und mehr entwickelt, ist
ein tüchtiger Fachschulunterricht, in dem die Buchführung einen
weiten Raum einnimmt. Eine der vornehmsten Aufgaben der
gewerblichen Fortbildungsschule ist es, diesen Mangel auszugleichen
und im Unterricht das Rechnen in dem bezeichneten, kaufmännischen
Geist zu behandeln, Kalkulationen zu üben, Kostenanschläge an-
fertigen zu lassen und hauptsächlich Buchführung zu lehren. In
dieser Hinsicht kann viel zur Förderung des kaufmännischen Wesens
beigetragen werden, wodurch der Handwerker im Kampf um seine
Existenz wesentlich gestählt wird.
B.: Schulkenntnisse. Brunnemann: Aus dem D.-D.-G. Buch 1
der Deutschen Diamalt-Gesellschaft m. b. H., München.
61. Die Organisation des Handwerks.
a) Die Innungen.
Durch das Handwerkergesetz vom 26. Iuli 1897, welches der
Reichsgewerbeordnung eingefügt wurde, erhielt das Handwerk
in den Innungen und den Handwerkskammern eine öffentliche
Vertretung seiner Interessen.
Diejenigen, die ihr Gewerbe selbständig betreiben, können
zur Förderung ihrer gemeinsamen gewerblichen Interessen sich zu
einer Innung zusammenschließen. Es tritt hier wieder der
Gedanke der Genossenschaft, des Zusammenschlusses in den Vorder-
grund, um den kleinlichen Geist der neidischen Konkurrenz zu
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TM Hauptwörter (100): [T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T154: [Meister Handwerker Geselle Arbeit Lehrling Handwerk Arbeiter Jahr Kaufleute Stadt]]
die Ausfuhr einheimischer Waren abzuschließen, wenn Gesetze zum
Schutze der Arbeiter erlassen werden oder sonst die gesetzlichen
Vorschriften, die für den Handel, die Industrie, die gewerbliche
Arbeiterschaft und den Verkehr von Einfluß sind, eine Änderung
oder Neuregelung erfahren sollen. Die Erteilung derartiger sach-
verständiger Auskünfte, wozu auch die Schilderung der tatsäch-
lichen Verhältnisse gehört, ist die schwierigste und verantwortungs-
vollste Aufgabe der Handelskammer."
„Damit auch der dritte Erwerbsstand unserer Heimat,"
fuhr der Vater fort, „nicht ohne Vertretung bleibt, ist für die
Landwirtschaft treibende Bevölkerung die Landwirtschafts-
kammer ins Leben gerufen worden. 2hr Aufbau ist der
Handwerkskammer insoforn ähnlich, als die Mitglieder der
Landwirtschaftskammer nicht unmittelbar von den Land-
wirten, sondern von den landwirtschaftlichen Vereinen gewählt
werden. Ihre Aufgabe ist es in erster Linie. Landwirt-
schaft und Forstwirtschaft im Herzogtum zu unterstützen, den
Landwirten bei der Wahl von Getreide- und der Gemüsesorten,
bei der Aufzucht des Nutzviehs durch Rat und Tat beizustehen,
Versuche mit neuen Sorten vorzunehmen, belehrende Vorträge
und Winterschulen in den einzelnen Landgenieinden für alle
Fragen des Acker- und Gemüsebaus, der Obstkultur, der Vieh-
zucht und der Forstwirtschaft einzurichten. Daneben bemüht sie sich,
den Landwirten bei der Beschaffung der notwendigen Arbeits-
kräfte behilflich zu sein. Schließlich hat auch die Landwirtschafts-
kammer die Aufgabe, die gesetzgebenden Körperschaften durch sach-
verständige Gutachten bei denjenigen Fragen, die die Landwirt-
schaft angehen, zu unterstützen."
Wilhelm meinte darauf: „Vater, das Gesetzemachen kann
doch nun nicht mehr schwer sein. Man braucht ja bloß eine der
drei Kammern zu fragen, was sie wünsche und für richtig halte."
„Ja," meinte der Vater, „wenn man nur eine Kammer zu
fragen brauchte; aber sehr oft muß man alle drei fragen, und
ihre Wünsche gehen mitunter weit auseinander. Was dann?"
„Ja, was dann?" wiederholte der Sohn. „Dann hat eben die
Regierung die schwierigste Aufgabe zu lösen: unter den ver-
schiedenen Wünschen zu vermitteln und nicht bloß das
Wohl eines Standes, sondern das Wohl des ganzen
Volkes durch ihre Gesetzesvorschläge zu fördern."
Aus Heinemann-Oppermann: Tagewerk. Or H. Kanter.
63. Vom Handwerk und der Zunft.
Das Handwerk konnte sich als öffentliches Gewerbe nur bei
Bölkern entwickeln, welche in der Kultur schon fortgeschritten
wären und feste Ansiedlungen besaßen. Hirtenvölker und No-
maden. welche arm an Bedürfnissen, ihre Lebenserfordernisse selbst
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst]]
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Wilhelm H._Kanter
212 —
Handelsgesellschaft" zu tun, haftet einer unbeschränkt, der andere
aber nur mit seiner Einlage, d. h. dem Gelde, welches er in das
Geschäft getan hat, so heißt sie „Kommanditgesellschaft".
Die Handelsgesellschaft, in welcher sich die Gesellschafter ver-
pflichten, nur mit ihrem Gesellschaftsoermögen für die Verbindlich-
keiten des Geschäfts aufzukommen, ist eine „Handelsgesellschaft
mit beschränkter Haftpflicht". Daher lesen wir oft hinter den
Namen einer Gesellschaftsfirma die Buchstaben G. m. b. H., z. B.
Krüger & Schulze, G. m. b. H.
Die gebräuchlichste Form der größeren Gesellschaftsunter-
nehmungen ist die Aktiengesellschaft. Feder Geschäftsanteil, der
1000 Mk. betragen muß, heißt Aktie. (Siehe das Weitere auf S.253.)
Die Vorzüge sind:
1. Man kann leicht große Kapitalien herbeischaffen,
2. ausscheidende Mitglieder werden leicht ersetzt,
3. sie haften nur mit der Einlage,
4. die Gesellschaft muß die Jahresabrechnungen veröffentlichen.
Als Nachteil muß man bezeichnen:
1. die Verwaltung ist schwerfällig und kostspielig,
2. die Leitung hat nicht das Interesse wie der Inhaber des
Eigenbesitzes,
3. die Aktionäre wollen nur Dividenden erhaschen, im übrigen
kümmern sie sich wenig um die Gesellschaft, haben aber
auch kein Recht, die Bücher zu prüfen,
4. sie nehmen leicht zu hohe Anleihen auf u. n. a.
Oft tritt auch der Staat als Unternehmer auf, z. B. in der
Eisenbahn, in Domänen, Bergwerken, Forsten u. a. Er läßt hier die
Privatbetriebe neben sich wetteifern. Auf einigen Gebieten, wie
Post, Telegraphie, hat der Staat das alleinige Betriebsrecht, man
nennt das Monopol.
Die Vereinigung mehrerer Händler, die eine bestimmte Ware
in großen Mengen ankaufen, um durch die Knappheit derselben
auf dem Markte einen höhern Preis zu erzielen, nennt man Ringe.
Es kommt vor, daß sich die Produzenten eines Artikels vereinigen,
um einheitliche Preise festzusetzen, die Menge der anzufertigenden
Sache zu bestinnnen. Sie wollen auf diese Weise die preisdrückende
Konkurrenz ausschalten. Das sind Kartelle oder Syndikate.
Vereinigen sich die Unternehmungen so enge miteinander, daß
der Unternehmer auch nicht mehr selbständig machen kann, wie er
will, nicht die Menge der Erzeugnisse noch die Höhe des Preises
bestimmen, so haben wir es mit einer Fusion oder einem Trust
zu tun. Das Vaterland der Trusts ist Amerika.
Die Kartelle und Trusts haben dort eine Berechtigung, wo sie die
Absatzgebiete unter sich verteilen, die Preise regeln, die übermäßige
Produktion verhindern, wodurch oft eine Unzahl von Existenzen
vernichtet wird.
Sie sind jedoch von großem Schaden, wenn sie es auf die
Ausbeutung ihrer Kundschaft abgesehen haben. Besonders den
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TM Hauptwörter (100): [T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit]]
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170
Was sahen und hörten sie, was Kinderaugen und -ohren ver-
schlossen sein sollte! Der verdiente Lohn verführte sie zu un-
nötigen Ausgaben, sie gerieten auf die schiefe Bahn und endigten
im Zuchthause. Eine Statistik redet da sehr deutlich. 70°/0 der
Insassen eines Zuchthauses waren solche, die in der Jugend Geld
verdient hatten.
In der Schule sahen die Binder müde und matt. Sie konnten
nicht aufmerken, lernten infolgedessen weniger, blieben also in ihrer
geistigen Entwicklung zurück, die körperliche wurde durch die lange
und schwere Tätigkeit erst recht zurückgehalten. So stand ein
großer Teil unseres Volkes in Gefahr, körperlich und geistig zu
verkrüppeln und zu verderben. Der Schaden war ein ungeheurer.
Daher ist das Gesetz eine Wohltat für unser Volk und mit
Freuden zu begrüßen.
Es wird in demselben ein Unterschied gemacht zwischen der
Beschäftigung fremder und eigner Kinder.
Als Kinder im Sinne des Gesetzes gelten Knaben und
Mädchen unter 13 Jahren, sowie solche über 13 Jahren, die noch
zum Besuche der Volksschule verpflichtet sind.
Verboten ist jegliche Beschäftigung auf Bauten, in Ziegeleien,
Brüchen, Gruben, Steinklopfereien, Schornsteinfegergewerbe,
Spedition, Mischen und Mahlen von Farben, in Kellereien usw.,
überall da, wo
1. durch Einatmen von Staub eine Ansteckungsgefahr besteht,
2. wo die Gesundheit und Sittlichkeit gefährdet ist,
3. wo elementare Kraft nicht bloß vorübergehend zur An-
wendung kommt.
Ferner sind ausgeschlossen die öffentlichen theatralischen Vor-
stellungen und ähnlichen Schaustellungen, soweit ein höheres
Interesse der Kunst und Wissenschaft bei ihnen nicht nachgewiesen
werden kann.
Im Betriebe von Gast- und Schankwirtschaften dürfen Mäd-
chen nicht zur Bedienung der Gäste beschäftigt werden.
Die Zeit der Beschäftigung ist vom Gesetze so festgelegt, daß
die Kinder zwischen 8 Uhr abends und 8 Uhr morgens und
nicht vor dem Vormittagsunterrichte beschäftigt werden dürfen.
Die Beschäftigung darf täglich drei und in den Ferien vier Stunden
nicht überschreiten. Zu Mittag ist den Kindern eine zweistündige
Pause zu gewähren. Am Nachmittage darf die Beschäftigung
erst eine Stunde nach dem Nachmittagsunterrichte beginnen.
An den Sonntagen ist nur für zwei Stunden, nicht über 1 Uhr
nachmittags hinaus, nicht in der letzten halben Stunde vor dem
Hauptgottesdienste und nicht während desselben, das Austragen
von Backwaren und die Besorgung von Botengängen gestattet.
Sollen Kinder beschäftigt werden, so hat der Arbeitgeber
vor dem Beginne der Beschäftigung der Ortspolizeibehörde eine
schriftliche Anzeige zu machen lind um Ausstellung einer Arbeits-
karte zu bitten.
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe]]
TM Hauptwörter (200): [T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T110: [Tag Jahr Stunde Nacht Monat Uhr Zeit Winter Sommer Juni], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung], T111: [Kind Mutter Vater Eltern Frau Jahr Knabe Schule Haus Mann], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld]]
229
begeben wird. — Jeder schreibt, bevor er den Wechsel weitergibt, auf
die Rückseite des Wechsels: Für mich an die Order des Herrn N. N.
in N. — dann Datum und Namen. So geht der Wechsel von Hand
zu Hand. Feder schreibt den Satz darauf und erklärt damit, datz
er seine Wechselverbindlichkeit auf seinen Nachfolger überträgt. Will
er selbst nicht haftbar sein für die Zahlung, so schreibt er wohl:
„Ohne obligo" oder „ohne Regretzpflicht" oder „ohne Verbind-
lichkeit". Der letzte Inhaber zeigt oder präsentiert dem Bezogenen
am Verfalltage den Wechsel zur Zahlung. Wird dieselbe gleich
geleistet, so erhält der Bezogene den Wechsel mit der Quittung:
„Betrag empfangen" zurück. Der Wechsel hat seine Schuldigkeit
getan und ist erledigt.
Run können jedoch Umstände eintreten, datz entweder der
Bezogene die Annahme des Wechsels verweigert oder die Zahlung
am Verfalltage nicht leisten kann.
Verweigert er die Annahme, denn zu derselben kann ihn
niemand zwingen, so geht der Wechsel an den Aussteller zurück,
der allen Indossanten für die Zahlung haftet. Es wird ein
„Protest mangels Annahme" erhoben.
Schwieriger liegen die Verhältnisse, wenn der Bezogene am
Verfalltage nicht zahlen kann. Es werden ihm gesetzlich zwei
Fristtage (Respekttage) gewährt, wenn ein Sonntag dazwischen
liegt drei, dann mutz der Wechsel bezahlt sein. Ist das nicht der
Fall, so wird sofort von dem Postbeamten (bet Wechseln bis zu
800 Mk.), von einem Notar oder Gerichtsbeamten „Protest mangels
Zahlung" erhoben.
Nun kann sofort im Wechselprozetz geklagt werden. Dieses
Verfahren zeichnet sich durch Kürze und Strenge aus. Zeugen,
Widerklagen, Einreden sind nicht zulässig. Die Einlassungsfrist
d. h. Frist von der Zustellung der Klage bis zum Termin sind
sehr kurz, im Ort 24 Stunden, innerhalb des Gerichtsbezirks
drei Tage, innerhalb des Deutschen Reiches eine Woche. Die
Wechselsachen werden als eilige behandelt und auch während der
Gerichtsferien bearbeitet.
Da die Indossanten alle wechselmätzig haften, so ist jeder
verpflichtet, seinem Vordermanne durch eingeschriebenen Brief
Mitteilung von der Nichteinlösung des Wechsels zu machen.
Unterlätzt er das, so sind alle Vormänner aus ihrer Verpflichtung
heraus, und er mutz für die Summe haften.
Dadurch, datz jeder Indossant für sich Zinsen, Protestkosten,
Provision und Porto berechnet, wird die Summe immer höher
und ist für Aussteller und Akzeptanten am höchsten.
Der Verkehr mit Wechseln erfordert grotze Umsicht und einige
Geschäftspra.ris und Gesetzeskenntnis. Wer die nicht hat, soll sich
nicht auf diesen Verkehr einlassen.
Unstreitig hat der Wechselverkehr für unsern Handel seine
grotzen Vorzüge. Er ist ein bequemes Zahlungsmittel und er-
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T62: [Gericht Recht Gesetz Richter Jahr Volksversammlung Senat Plebejer Beamter König]]
234
übersieht deshalb bei Prüfung eines ihm an Zahlungs Statt ge-
gebenen Wechsels diesem anhaftende Fehler, und er hat dann nichts
weiter als ein wertloses Stück Papier in der Hand. Wieviel und
wievielerlei ist nicht bei einem Wechsel zu beachten: Ob er Ort
und Datum der Ausstellung enthält, ob der Fälligkeitstermin und
noch dazu richtig angegeben ist, ob die Bezeichnung ,.W echsel"
nicht fehlt, ob die Wechselsumme in Zahlen und Worten ein-
getragen ist, ob er die Namen des Remittenten (Nehmers) und
des Bezogenen, sowie die Art der Zahlung nicht vermissen läßt, ob
die Unterschrift des Ausstellers vorhanden ist, ob der Bezogene
den Wechsel angenommen hat und die Namen der Giranten eine
lückenlose Reihe bilden. In den Augen des einfachen Mannes
sind es oft nur Kleinigkeiten, die im Sinne des Mechselrechtes gar
bedeutsame Dinge darstellen.
Besondere Beachtung ist auch den Bestimmungen über die
Wechselstempelsteuer zu widmen. Schon wer als Akzeptant nicht
daran denkt, den Wechsel mit der notwendigen Stempelmarke zu
versehen und diese richtig zu entwerten (also z. B.: 3. Mai 1908
und nicht 3. 5. 1908) oder als Girant die fehlende Marke
zwar erseht, aber nicht am rechten Platze anbringt, verfällt
in eine Strafe, die den fllnfzigfachen Betrag der zu verwen-
denden Marke ausmacht. In dieser Beziehung ereignete sich ein
lehrreicher Fall bei einer schlesischen Kreditgenossenschaft: Der
Beamte dieses Instituts war gerade damit beschäftigt, die
Stempelmarke auf einem Wechsel zu entwerten, der s o e b'e n erst
von dem Akzeptanten und seinen drei Bürgen (Giranten) unter-
schrieben worden war, als ein Steuerbeamter in das Kassen-
zimmer trat. um zu prüfen, ob die im Besitz der Genossenschaft be-
findlichen Wechsel auch in ordnungsmäsiiger Weise mit Stempel-
marken versehen seien. Er hatte den letzten Federstrich des Kosten-
beamten noch beobachtet und bat sich von ihm den Wechsel aus.
Die Folge war eine Bestrafung des Akzeptanten, der drei Giranten
und des Kreditvereins. Da es sich um einen Wechsel über
3000 Mk. handelte, zu dem eine Stempelmarke über 1,50 Mk. zu
verwenden war. so betrug die Strafe für jeden 75 Mk.. insaesamt
also 375 Mk. Der Akzeptant wurde bestraft, weil er den Wechsel
aus der Hand gegeben hatte, ohne ihn vorher mit der richtigen
und ordnungsmäßig entwerteten Stempelmarke zu versehen. Die
Bestrafung der drei Giranten erfolgte, weil keiner von ihnen das
Versäumnis nachgeholt hatte. Die Genossenschaft aber wurde be-
straft. weil ibr Beamter zwar den Wechsel zur rechten Zeit mit der
vorschriftsmäßigen und richtig entwerteten Marke versetzen, diese
aber — wie sonst üblich — oben an den Rand der Rückseite des
Wechsels geklebt batte. Die Steuerbehörde und das angerufene
Gericht erblickten in dieser Handlung eine Verdunkelung des Tat-
bestandes. daß Akzeptant und Giranten ihrer Pflicht nicht nach-
gekommen waren. Diestempelmarke habe in diesem Falle unter
die Namen der Giranten, also an letzter Stelle gesetzt werden müssen.
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