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23. Soldaten Friedrichs des Großen. (Hirt.)
hinweg. Ein solches Gewehrfeuer hatten die Österreicher noch nicht erlebt. Sie kamen ins Wanken und flohen endlich bei dem Sturmangriff der Preußen. Die Schlacht war gewonnen, und der Ruhm der Preußen flog in alle Welt. Noch einen Sieg erfocht Friedrich, dann trat Maria Theresia im Frieden zu Breslau Schlesien ab.
6. Wie Friedrich im 2. schlesischen Kriege Schlesien behauptete. Gegen ihre anderen Feinde war Maria Theresia glücklich. In Gedanken zog sie schon gegen den „Räuber Schlesiens" zu Felde. Da griff Friedrich abermals zum Schwerte und drang bis Prag in Böhmen vor. Doch Hunger und Feinde nötigten ihn zum Rückzüge. In einem Kloster hätten ihn die Kroaten fast gefangen, aber der kluge Abt rettete ihn dadurch, daß er ihn in eine Mönchskutte steckte. Sein wackerer Husarengeneral Zieteu schlug sich durch die Feinde, indem er sie durch die neuen Uniformen feiner Husaren täuschte. Zweimal siegte Friedrich über die Österreicher, aber noch immer wollte Maria Theresia nichts vom Frieden wissen und „lieber das Hemd vom Leibe als Schlesien hergeben". Als jedoch der alte Des sau er einen entscheidenden Sieg über die Sachsen bei Kesselsdorf erfocht, da trat sie im Frieden zu Dresden Schlesien abermals an Friedrich ab. Dieser erkannte ihren Gemahl als deutschen Kaiser an. Friedrich zog im Triumph in Berlin ein und „gedachte fortan in Ruhe zu leben und so viel Gutes zu thun, als in seinen Kräften stand". Elf gesegnete Friedensjahre folgten.
7. Wie Friedrich im siebenjährigen Kriege 1756—1763 einer Welt in Waffen widerstand, a) Der Anfang des Krieges.
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Extrahierte Personennamen: Friedrichs Friedrich Friedrich Maria_Theresia Maria Theresia Friedrich Friedrich Maria_Theresia Maria Theresia Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Maria_Theresia Maria Theresia Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Breslau_Schlesien Schwerte Prag Sachsen Dresden Berlin
— Sill) Das Unglück von Kunersdorf im Sommer 1759. Die Russen vereinigten sich mit den Österreichern bei Kunersdorf, nahe bei Frankfurt an der Oder. Friedrich griff sie tapfer an und brachte die Russen nach einem siebenstüudigeu Kampfe zum Weichen. Aber er gab sich mit einem halben Erfolge nicht zufrieden. „Es genügt nicht, die Russen zu schlagen, man muß sie vernichten!" rief er und führte die ermatteten Truppen abermals gegen den Feind. Aber sie waren den frischen Truppen der Österreicher nicht mehr gewachsen. Ihre Reihen lösten sich endlich in wilde Flucht auf. Friedrich stürzte sich in das wildeste Schlachtgetümmel. Zwei Pferde wurden unter ihm erfchoffeu. „Giebt es denn keine verwünschte Kugel für mich?" rief er. Da flog eine daher, aber sie prallte an der goldenen Dose in seiner Westentasche ab. Mit Mühe bewog ihn ein Offizier zur Flucht. Eine schreckliche, fchlaflose Nacht verbrachte er in einer halb zerstörten Bauernhütte. Die Zwietracht der beiden feindlichen Feldherren rettete ihn vor völliger Vernichtung. Besonders die Russen hatten fürchterliche Verluste erlitten. Ihr Feldherr schrieb an die Kaiserin: „Noch einen solchen Sieg, und ich werde mit dem Feldherrnstabe allein nach Petersburg kommen!"
i) Die letzten Jahre des Krieges. Im Jahre 1760 erfocht Friedrich die Siege von Liegnitz an der Katzbach und Torgau an der Elbe. Bei Liegnitz war er von drei Heeren umstellt, und die Feinde spotteten: „Wir haben ihn im Sacke und brauchen bloß zuzubinden!" Friedrich aber meinte: „Ich denke ein Loch hinein zu machen, das sie nicht wieder flicken sollen!" Der österreichische General wollte Friedrich wie bei Hochkirch überfallen, fand ihn aber gerüstet und war morgens 5 Uhr bereits aufs Haupt geschlagen. Bei Torgau hatte sich Friedrich schon zurückgezogen, da griff Zieten von der Seite an und trieb die Feinde in die Flucht. Im Jahre 1761 konnte sich Friedrich nicht im offenen Felde halten und schloß sich in das feste Lager bei Buuzelwitz ein. Er war oft in recht trostloser Stimmung. Zieten wollte ihn trösten. Da fragte der König: „Hat Er sich einen neuen Bundesgenossen angeschafft?" „Nein", antwortete Zieten, „aber der alte droben verläßt uns gewiß nicht!" In dieser schlimmsten Zeit schrieb Friedrich: „Hätte ich mehr als ein Leben, ich wollte es für mein Vaterland hingeben." Im Jahre 1762 fiel ein Lichtstrahl in das Dunkel. Der neue Kaiser von Rußland schloß Frieden und ließ seine Truppen zu den preußischen stoßen. Leider wurde er bald ermordet und seine Gemahlin Katharina Ii. als Kaiserin gekrönt. Sie rief zwar die Truppen ab, hielt aber den Frieden. Ehe die Russen abzogen, erfocht Friedrich den Sieg bei Burkersdorf, im Kreise Schweidnitz, bei dem die Russen unthätig in Schlachtordnung dem Kampfe zusahen.
k) Der Hubertusburger Frieden am 15. Februar 1763. Endlich verlor Maria Theresia die Hoffnung, den Preußeuköuig zu überwinden. Sein Geist war unbeugsam und unerschöpflich, sein Heer begeistert durch einen solchen Führer und sein Volk stolz auf feinen
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Katharina_Ii Friedrich Friedrich Maria_Theresia Maria Theresia
Xxi. §. 8. Die Zeiten des vierten Kreuzzuges. 407
des Papstes Werk war ja die Gründung des jerusalemischen König-
reichs gewesen, seine Heere waren zu solchem Unternehmen ausgezogen,
seinen segnenden Verheißungen hatten Fürsten und Völker vertraut,
seine Fürsorge und Oberleitung sollte das Gewonnene befestigen und
erweitern helfen. Statt dessen, so klagte man nun, hatte er mit dem
Kaiser gehadert und darüber die schönste Perle der gesainmten Christen-
heit schmählich verloren gehen lassen. Aber Kaiser Friedrich hatte
kaum die Trauerkunde vernommen, als er selber sich an die Spitze der
neubegeisterten Christenschaaren stellte, um im Greisenalter noch als
Dank für so viele und große Wohlthaten dem Herrn sich selbst mit
dem ganzen Rest seiner Kraft zum freudigen Werkzeug für solch heili-
ges Unternehmen darzubringen. Wie wetteiferten da die Fürsten,
geistliche und weltliche, dem großen Kaiser mit ihren Vasallen zu
folgen. Unter dieser Führung schien jede Furcht vor Gefahr und
Mißlingen beseitigt; Jedermann war des Gelingens sicher, man sah mit
mitleidigen Augen auf die, welche zu Hause bleiben mußten. Und
wirklich, nie ist ein Zug mit mehr Umsicht, Nachdruck und Erfolg ge-
leitet. Alle Jammerscenen .früherer Kreuzzüge wurden vermieden.
Schon war man fast an den Grenzen Syriens angelangt, der Ruhm
des Kaisers erscholl durch ganz Europa und Asien, erfüllte die Sa-
racenen mit Furcht und Schrecken, erhub die Herzen der Christenheit
zur freudigsten Zuversicht, da (verlasset euch nicht auf Menschen!) mitten
im glücklichen Fortgang des gepriesenen Unternehmens, auf dem Gipfel
seines Ruhms und seiner Siege, holte der Herr den theuren Helden
heim zu dem schönen, himmlischen Jerusalem. Er ertrank beim Ueber-
setzen über den Fluß, sein Heer zerstreute sich oder erlag pestartigen
Krankheiten. Jerusalem blieb in den Händen der Saracenen.
§. 8. Die Zeiten des vierten Kreuzzuges.
Wem es durch den plötzlichen Tod des großen Barbarossa
noch nicht klar geworden wäre, daß der Herr selbst die Wiederher-
stellung des Christenreichs zu Jerusalem mit starker Hand und auö-
gerecktem Arm verhinderte, dem mußte der mit dem dritten Kreuzzug
in Verbindung stehende und fast gleichzeitig unternommene vierte
Kreuzzug vollends die Augen öffnen. Auf die Schreckenskunde von
der Eroberung Jcrusalem's durch Saladin hatten sich außer dem
Kaiser auch die Könige von Frankreich und von England an die Spitze
ihrer Schaaren gestellt und waren mit großem Glanz, Geräusch und
Pomp ein Jahr später als Friedrich ausgebrochen und zu Schiffe
hinübergefahren nach der Küste von Palästina. Es waren Philipp
August von Frankreich (1180 —1223), der schöne, eitle, ränkevolle,
herrsch- und habsüchtige Sohn Ludwig's Vii., des unglücklichen
Kreuzfahrers, den wir schon kennen gelernt, und Richard „Löwen-
herz" von England, der tollkühne, grausame und grobsinnliche Sohn
jenes Heinrich Ii., der wegen der Ermordung des Erzbischofs Tho-
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Barbarossa Barbarossa Friedrich Friedrich Palästina Philipp Philipp August Richard_„Löwen- Heinrich_Ii Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: Syriens Europa Asien Jerusalem Frankreich England Frankreich England
Xxv. §. 10. Deutschlands sittliche und politische Wiedergeburt. 627
abgebrochen wurden, als Oe streich sich entschieden auf die Seite der
Verbündeten stellte, und schon zog die große Hauptarmee unter dem
Fürsten Schwarzenberg aus Böhmen über die trennenden Berge
nach Sachsen hinein, um den heiligen Kampf im Verein mit den
Brüdern zum sieghaften Ende zu bringen. Und nun folgten die Sie-
gesnachrichten Schlag auf Schlag, und die dazwischen sich mengenden
Botschaften von einzelnen Verlusten und Niederlagen wurden immer
gleich wieder von neuem Siegesjubel überwogen. Blücher, der
deutsche Heldengreis, machte den Anfang mit seinem großen und
ruhmvollen Sieg an der Katzbach; die Generäle Oftermann und
Kleist von Nollendorf vernichteten die französische Heeresabtheilung
des Vandamme in der Ebene von Culm, wohin das böhmische
Heer sich nach der Schlacht bei Dresden wieder hatte zurückziehen
müssen. Bülow aber, mit der Beterschaar des theuren Vater Jä-
nicke hinter sich, schlug die gegen Berlin heranziehenden Marschälle
Oudinot und Ney erst bei Groß-Beeren, dann beidennewitz
mit der preußischen Landwehr so vollständig, daß dieser ganze Hee-
restheil fast aufgerieben wurde. Das geschah alles in den letzten Ta-
gen des August und Anfangs September. Es waren die Vorübun-
gen zu dem großen Kampf, der noch bevorftand gegen den Schlach-
tenmeister, den Napoleon selber. Der stand noch in Dresden und
versuchte es, während des September bald in Böhmen, bald in Schle-
sien einzudringen, bald rechts, bald links sich freie Bahn zu machen,
aber vergebens. Das Netz wurde fester und fester um ihn herumge-
zogen. Die drei Armeen, die bisher in Böhmen, Schlesien und nörd-
lich an der Elbe vertheilt gewesen waren, zogen jetzt von allen Seiten
heran, um sich bei Leipzig zu vereinigen. Blücher mit seinem schle-
sischen Heere stieß zur Nordarmee, suchte den zaudernden B er nadotte
mit sich fortzureißen, erzwang durch Aork's kühne Waffenthat bei
Wartenberg den Uebergang über die Elbe, und rückte dann von Nor-
den her, gleichwie Schwarzenberg von Süden her in die Ebene
von Leipzig. Auf diesen weitgestreckten Flächen, wo schon so manche
blutige Schlacht geschlagen war, sollte auch der große Entscheidungs-
kampf geschehen, da das in zwei feindliche Hälften zerspaltene Europa
einander gegenüber stand. Der Tag des Gerichts über den Verder-
der war endlich gekommen. Er fühlte seine Schläge schon im eignen
Herzen. Von Verzweiflung zum Trotz, von Hoffnungslosigkeit zum
Uebermuth hin und her schwankend, war er selbst seiner eignen Um-
gebung fürchterlich geworden. Nur mit finsterm Widerwillen oder
bangem Zweifel gehorchten ihm noch seine Generäle ; im ganzen Heere
40*
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Extrahierte Personennamen: Schwarzenberg Bülow August Napoleon Schwarzenberg
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Sachsen Dresden Berlin Dresden Schlesien Leipzig Wartenberg Leipzig Europa
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I. §. 3. Die Urzeit.
Stufe sich durch eigene Kraft, am wenigsten durch einen sagenannten
Naturpraceß auf eine höhere Stufe hinaufzuarbeiten vermag. Dazu
bedarf es stets der Hülfe übergeordneter Wesen und treuer Benutzung
der mitgetheilten göttlichen Kräfte. Die Menschen aber haben sich in
verschiedener Stufenfolge bald weniger, bald mehr von ihrem göttlichen
Lebensquell losgerissen, und in dem Maße, wie das geschehen ist, hat
sich zugleich mit ihrem sittlichen Bewußtsein und ihren geistigen Fähig-
keiten auch ihre Gestalt, ihre Körperform, ihre Farbe verändert. Die
am meisten ausgearteten sind auch am tiefsten (schwarz) gefärbt, und
in ihrer äußern Erscheinung den Thieren am ähnlichsten geworden.
Aber sie sind darum doch noch keine Thiere geworden. Der himmel-
weite Unterschied zwischen Mensch und Thier bleibt immer noch beste-
hen, das ist die vernünftige menschliche Seele, die dem Menschen von
Gott eingehaucht ist als ein Theil und Stück göttlichen Lebens in ihm.
Auch der am tiefsten hernntergekominene Neger kann durch zweckmäßige
Anleitung unter dem heiligenden Einfluß des Christenthums auf die Höhe
menschlicher Bildung gehoben werden, und in demselben Maße als das
geschieht, wird seine thierische Gesichtsbildung schwinden, der Ausdruck
seines Auges und die weicheren Theile seiner Gestalt sich veredeln, ja
seine Farbe, wenigstens in der Folge der Geschlechter, von ihrer Dun-
kelheit verlieren. Auch das klügste Thier kann man nur abrichten,
das versunkenste Heidenkind dagegen kann man durch Gottes Gnade zu
einem verständigen, gesitteten, gläubigen, seligen Menschen, ja zu einem
Kinde Gottes emporblühen sehen. Die Proben sind zu hunderten und
tausenden gemacht, und die Thatsachen, die aus allen Zeiten und Län-
dern vorliegen, sind so klar, überzeugend und unwidersprechlich, daß
nur der trotzige Unglaube sie abzuleugnen wagt.
§.3. Die Urzeit.
So wie wir mit dem gefallenen Menschenpaar aus dem Para-
diese heraustreten, liegt eine lange lange Reihe von Jahrhunderten,
liegen fast ,zwei Jahrtausende vor uns bis zur Sündfluth (ungefähr
dieselbe Zeitlänge wie von Christo bis auf uns), über welche uns
wiederum kein anderes Buch der ganzen Welt Aufschluß giebt, als
nur die Bibel. Und welchen Aufschluß giebt sie uns! Man sollte
meinen, von diesem ungeheuren Zeitraum würde allein eine Geschichte
zu schreiben sein, die viele Bände füllen könnte. Statt dessen finden
wir Alles, was aus diesem Zeiträume berichtet wird, auf zwei Seiten
zusammengedrängt. Zuerst ein Paar kurze Erzählungen davon, wie
rasch die unter die Menschen eingedrungene Sünde sich zum Ver-
brechen gesteigert und ganze Familien und Geschlechter stufenweise
in immer tiefere Ausartung hinuntergestürzt hat. Sodann folgt eine
lange Reihe von Zahlen und Namen, die auf den ersten Anblick für
uns gar wenig Werth zu haben scheinen. Nichts von den Thaten,
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Kindern, sic würden ihn ernähren. Da er nun bei seinem ältesten Sohne
eine Zeit lang war, wurde der Sohn sein überdrüssig und sprach: „Vater,
mir ist diese Nacht ein Knäblein geboren, und wo jetzt euer Armstuhl ist,
soll seine Wiege stehen; wolltet ihr nicht zu meinem Bruder ziehen, der
eine größere Stube hat?" — Da er nun eine Zeit lang bei dem andern
Sohne gewesen war, wurde der auch sein müde und sprach: „Vater, er hat
gern eine warme Stube, und mir thut der Kopf davon weh; will er nicht
zu meinem Bruder gehen, der ein Bäcker ist?" — Der Vater ging; und
da er nun eine Zeit lang bei dein dritten Sohne gewesen war, wurde er
auch diesem zur Last, daß er sprach: „Vater, bei mir geht es ans und ein
wie in einem Tanbenschlage, und du kannst dein Mittagsschläfchen nicht
machen; willst du nicht zu meiner Schwester, der Küthe, die wohnt an der
Stadtmauer?" Der Alte merkte, wie viel es geschlagen hatte, und sprach
bei sich selbst: Wohlan, das will ich thun; ich will mich aufmachen und es
bei meinen Töchtern versuchen! Die Weiber haben ein weicheres Herz.
Da er aber eine Zeit lang bei seiner Tochter gewesen war, wurde
sie sein überdrüssig und meinte, es sei ihr immer Höllenangst, wenn der
Vater zur Kirche oder sonst wohin gehe und die hohe Treppe hinunter
müsse; bei der Schwester Lisabeth brauchte er keine Treppe zu steigen r die
wohne zur ebenen Erde. — Damit er in Frieden wegkam, gab ihr der
Alte zum Schein recht und zog zu seiner andern Tochter. Und da er eine
kurze Zeit bei ihr gewesen war, wurde sie sein müde und ließ ihm durch
einen Dritten zu Ohren kommen, ihr Quartier an der Pegnitz wäre zu
feucht für einen Mann, der mit der Gicht geplagt sei; ihre Schwester, die
Todtengräberin bei St. Johannes, hätte eine überaus trockene Wohnung.
Der Alte glaubte selbst, sie könne recht haben, und begab sich vor das Thor
zu seiner jüngsten Tochter Lene. — Und als er zwei Tage bei ihr gewesen
war, sagte ihr Söhnlein zu seinem Großvater: „Die Mutter sprach gestern
zu der Base Lisabeth, für dich gebe es kein besseres Quartier, als in einer
Kammer, wie sie der Vater grabe."
Ueber dieser Rede brach dem Alten das Herz, daß er in seinen Arm-
stuhl zurücksank und starb. St. Johannes nahm ihn ans und ist barm-
herziger gegen ihn, als seine sechs Kinder, denn er läßt ihn in seiner
Kammer immer ungehindert schlafen seit der Zeit. — Darum sagt man
im Sprichwort, daß ein Vater leichter kann sechs Kinder ernähren, denn
sechs Kinder einen Vater. Stöber.
50. Die sieben Stäbe.
Ein Bauersmann hatte sieben Söhne, die öfter mit einander un-
eins waren. Über dem Zanken und Streiten versäumten sie die Ar-
beit. Ja, einige böse Menschen machten sich die Uneinigkeit zu
Nutzen und trachteten, die Söhne nach dem Tode des Vaters um ihr
väterliches Erbtheil zu bringen.
Da liess der Vater eines Tages alle sieben Söhne zusammenkom-
men, legte ihnen sieben Stäbe vor, die fest zusammengebunden waren,
und sagte: „Dem, der dieses Bündel Stäbe zerbricht, zahle ich hun-
dert grosse Thaler haar.“
Einer nach dem andern strengte lange seine Kräfte an, und
jeder sagte am Ende: „Es ist gar nicht möglich!“
3*
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4. Der Kranke mass die Traube mit Entzücken,
verschlang sie fast mit seinen heissen Blicken;
dann aber plötzlich, wie nach innerm Streite,
rief er der Pfleger einen sich zur Seite,
5. Und sprach zu ihm mit sichtlichem Behagen:
„Kimm diese Traube, geh, um sie zu tragen
zu unserm kranken Abt als Liebesgabe,
damit er an dem würz'gen Saft sich labe.“
6. So kam sie wieder in Makarius Zelle,
da leuchtete sein Auge selig helle,
und fromm begeistert schaute er nach oben,
um für die Gabe seinen Herrn zu loben,
der, welchen Liebesschatz sein Haus bewahrte,
ihm durch der Traube Wanderung offenbarte!
J. Sturm.
67. Der kleine Friedensbote.
Ein Gerber und ein Bäcker waren einmal Nachbarn, und die gelbe
und die weiße Schürze vertrugen sich aufs beste. Wenn dem Gerber ein
Kind gebaren wurde, hob es der Bäcker ans der Taufe, und wenn der
Bäcker in seinem Obstgarten an Stelle eines ausgedienten Invaliden eines
Rekruten bedurfte, ging der Gerber in seine Baumschule und hob den
schönsten Mann ans, den er darin hatte, eine Pflaume oder einen Apfel
oder eine Birne oder eine Kirsche, je nachdem er auf diesen oder jenen
Posten, auf einen fetten oder mageren Platz gestellt werden sollte. Zn
Ostern, zu Martini und am heiligen Abend kam die Bäckerin, welche keine
Kinder hatte, immer mit einem großen Korbe 31t den Nachbarsleuten her-
über und theilte unter die kleinen Paten ans, was ihr der Hase oder der
gute Märtel oder gar das Christkindlein selbst unter die schneeweiße Ser-
viette gelegt hatte. Je mehr sich die Kindlein über die reichen Spenden
freuten, desto näher rückten sich die Herzen der beiden Weiber.
Aber ihre Männer hatten ein jeder einen Hund, der Gerber als
Jagdliebhaber einen großen braunen Feldmann, und der Bäcker einen
kleinen schneeweißen Mordax. Beide meinten, die besten und schönsten
Thiere in ihrem Geschlechte zu haben. Da geschah es eines Tages, daß
der Mordax ein Kalbsknöchlein gegen den Feldmann behauptete. Vom
Knurren kam es zum Beißen, und ehe sich der Bäcker von seiner grünen
Bank vor dem Hanse erheben konnte, lag sein Hündlein mit zermalmtem
Genicke vor ihm, und der Feldmann lief mit dem eroberten Knochen und
mit eingezogenem Schweife davon. — Sehr ergrimmt und entrüstet warf
der Herr des Ermordeten dem Raubmörder einen gewaltigen Stein nach.
Aber, was half's? Die Handgranate flog nicht dem Hunde an den Kopf,
sondern dessen Besitzer durch das Fenster. Ohne zu fragen, woher der
Schuß gekommen sei, riß der Gerber den zertrümmerten Fensterflügel auf
und stng an zu schimpfen. Der Nachbar mit der weißen Schürze blieb
nichts schuldig; Kinder und Leute liefen zusammen, und — hätten sie ihn
nur sehen können! — Satan stand gewiß in einer Ecke der Gasse und
blies mit vollen Backen in das Feuer. — Der Bäcker verließ den Kampf-
platz zuerst, aber nur, um seinen Nachbar beim Gericht zu belangen. Die
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Extrahierte Personennamen: J. Martini Feldmann Feldmann Feldmann
112
Darauf sah er sein Haus an und ging in sein Kämmerlein und sprach:
„Alles steht bei mir fest und unversehrt!" und legte dafür in den Gottes-
kasten. Also auch, wenn ihm kostbarer Wein und schönes Geräte geboten
wurde, so kaufte er davon, jedoch mäßig, so daß sie sein Haus zierten und
seine Freunde erfreuten, und ging alsdann in sein Kämmerlein und sprach:
„Solches hast du dir kaufen und deinen Vorrat mehren können!" und legte
in den Gotteskasten; dazu sendete er gern von dem köstlichen Wein, so ein
Kranker dessen bedurfte. Also that er sein Lebenlang.
Als er nun sterben sollte, da klagten und weinten die Armen; die
Witwen und Waisen sprachen: „Wer wird unser sich erbarmen, wenn
Benediktus von uns scheidet?" Er aber sprach: „Ein guter Hausvater
sorget, daß auch dann, wenn er nicht daheim ist, den Kindlein nichts ge-
breche. ^o nehmet den Gotteskasten mit allem, was darinnen ist. Er
gehört den Armen, den Witwen und Waisen; theilet davon aus und ver-
waltet es wohl und weislich." — Darauf starb er, und es geschah, wie er
gesagt hatte.
Also bestehet der Gotteskasten seit hundert Jahren zum Troste der
Bedürftigen, und des Mannes Andenken bleibt im Segen.
Krummacher.
164. Das Vogelgeschrei.
Der reiche Kaufmann Sondersleben in Frankfurt am Main hielt die
Gebote des Herrn, seines Gottes. Er hatte sie nicht bloß in seiner Bibel
stehen, sondern sie waren ihm auch tief ins Herz geschrieben. Aber er
achtete auf Vogelgeschrei wie der König Manasse von Juda, und doch anders
als dieser, nämlich also:
Wenn im Spätherbst die ersten Schneegänse dahin zogen und den
Winter ansagten, so ging er in sein großes Kornhaus. Darin lagen große
Haufen von Roggen und Weizen aufgeschüttet: von diesem Getreide maß
er viele Scheffel ab und schickte sie dem Bäcker, der neben der Domkirche
wohnte. Der buk dann Brot daraus. Den andern Tag kamen arme
Leute zum Bäcker und holten das Brot ab; aber sie gaben kein Geld dafür,
sondern sie zeigten nur einen Schein von dem Kaufherrn vor und empfingen
dann, was ans dem Blättlein geschrieben stand.
In Frankfurt waren drei Schulen und darin viele Kinder reicher und
armer Leute durch einander. Der Lehrer ließ die Kinder der reichen Leute
vormittags um die dritte Stunde heim; die armen Kinder aber blieben
auf ihren Bänken sitzen und warteten, bis der Knecht des Bäckers kam.
Der trug einen großen Brotkorb auf dem Kopfe und gab einem jeglichen
Kinde zwei oder drei Semmeln, außen so gelb wie eine Citrone und innen
so weiß und locker wie Baumwolle. Dies Weißbrot war auch von dem
Kaufherrn.
So fuhr der Kaufherr fort zu thun, bis das Schwalbenpaar, welches
auf seiner Hausflur nistete, wieder da war und ihm ansagte, daß alle
Schneegänse wieder heimgegangen wären.
Nun hätte der Schaffner des Kaufmanns längst gern wissen mögen,
warum sein Herr das Kornhaus öffnete, wenn die Schneegünse kamen, und
es wieder schloß, wenn sie gingen. Deshalb fragte er ihn eines Abends
darum, als sein Herr fröhlich war in seinem Garten, der unten vor dem
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Extrahierte Ortsnamen: Frankfurt_am_Main Gottes Juda Domkirche Frankfurt
131
an den stößt man, wenn man denselben
Tag gelogen,
und fällt und bricht sogleich ein Bein."
Der Bub' erschrak, sobald er dies ver-
nommen.
,,Ach!" sprach er, „lauft doch nicht sosehr!
Doch wieder auf den Hund zu kommen,
wie groß, sagt' ich, daß er gewesen wär'?
Wie euer größtes Pferd? Dazu will viel
gehören.
Der Hund, jetzt fällt mir's ein, war erst
ein halbes Jahr;
allein das wollt' ich wohl beschwören,
daß er so groß als mancher Ochse war."
Sie gingen noch ein gutes Stücke;
doch Fritzen schlug daö Herz. Wie konnt'
es anders sein?
denn niemand bricht doch gern ein Bein.
Er sah nunmehr die richterliche Brücke
und fühlte schon den Beinbruch halb.
„Ja, Vater," fing er an, „der Hund, von
dem ich red'te,
war groß, und wenn ich ihn auch was
vergrößert hätte,
so war er doch viel größer als ein Kalb."
Die Brücke kommt. Fritz, Fritz, wie
wird dir's gehn!
Der Vater geht voran; doch Fritz hält ihn
geschwind.
„Ach, Vater," spricht er, „seid kein Kind
und glaubt, daß ich dergleichen Hund ge-
sehn;
denn kurz und gut, eh wir darüber gehn:
der Hund war nur so groß, wie alle
Hunde sind."
Gellere.
190. Dat is myn Paard.
Als der Admiral de Ruyter ans der Höhe seines Ruhmes stand, kam
er einst nach Amsterdam. Da die Stadt dem großen Seemann die höch-
sten Ehren erwies, durfte der Kommandant nicht zurückbleiben, gedachte
aber dem Admiral dennoch eine Demütigung beizubringen. Er lud ihn
zu einem Mahle, bei dem nicht nur die Offiziere des Admirals, sondern
auch die der Besatzung zugegen waren. Sobald das Mahl vorüber war,
schlug der Kommandant vor, einen Ritt nach seinem schönen Landhause zu
machen, das etwa eine Viertelstunde Weges vor der Stadt lag. Für alle
wurden Pferde vorgeführt, für de Ruyter ein sehr schönes, aber arglistiges
Thier, das schon viele tüchtige Reiter abgeworfen hatte. Alles ging gut,
bis man vor den Thoren der Stadt war. Da gaben nach dem Vorgänge
des Kouunandanten die Landoffiziere ihren Pferden die Sporen, und im
sausenden Galopp flogen sie dahin. De Ruyter hielt sich kaum im Sattel,
und da das wilde Thier erkannte, daß es einen schlechten Reiter habe, be-
gann es hinten auszuschlagen und die tollsten Sprünge zu machen, und —
plötzlich lag der Admiral am Boden. Zwar hielt der Kommandant sogleich
an, sprang vom Pferde, um ihm beizustehen, und fragte angelegentlich nach
seinem Befinden, und ob er keinen Schaden gelitten habe; allein über die
Züge der Offiziere flog ein Lächeln über des Admirals Ungeschicklichkeit,
das von ihm nicht unbemerkt blieb. Zum Glücke hatte sich der Admiral
nicht im mindesten verletzt; der Kommandant gab es aber nicht zu, daß
Ruyter sich wieder auf das böse Pferd setzte, sondern nötigte ihn, das sei-
nige zu besteigen. Alles verlief von da an ganz vortrefflich, und de
Ruyter zeigte durchaus nicht, daß er ahne, man habe ihm einen Streich
spielen wollen. Nach der Stadt zurückgekehrt, lud er vor dem Abschiede den
Kommandanten und die sämmtlichen Offiziere auf den andern Tag zu
einem Mahle am Bord seines Admiralschiffes ein. Als nun die ganze Ge-
sellschaft, abgeholt von den herrlich geschmückten Booten des Admiralschifies,
an Bord trat, war dies schöne Schiff auf die anmutigste Weise geflaggt.
Auf den Nahen standen die Matrosen in ihrer besten Uniform und schwenk-
ten unter unzähligen Hurrahrnfen ihre Hüte. Das Schiff selbst war pracht-
9*
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Unhold sechzehn tiefe Wunden bei, so daß ihm das Blut vom Leibe troff.
Da flehte Kuperan um sein Leben, und Siegfried sagte: „Gern will ich es
dir schenken, wenn du mir schwörst, mir die Jungfrau gewinnen zu helfen."
Das schwur der Riese, und so war zwischen beiden Friede gemacht; Sieg-
fried riß sich selbst sein Untergewand vom Leibe und verband mitleidig
seines Feindes Wunden damit.
4. Wie der Riese wegen seiner Treulosigkeit getödtet ward.
Als der siegreiche Held auf den Felsen hinauf eilte, um Kriemhild zu
suchen, nahm der tückische Riese, der hinter ihm herging, die günstige Ge-
legenheit wahr und schlug ihn unversehens mit einem Faustschlage zu
Boden. Da lag der edle Siegfried betäubt unter seinem Schilde; rotes
Blut quoll ihm aus Mund und Nase, und er schien todt zu sein. Ehe
sein Feind ihn aber vollends mordete, sprang schnell der Zwerg Engel, der
immer in der Nähe geblieben war, herbei und deckte über Siegfried eine Tarn-
kappe, die die wunderbare Eigenschaft hatte, jeden, den sie umhüllte, unsicht-
bar zu machen. Kuperan tobte vor Wut, daß sein Gegner verschwunden
war, aber wie er auch von Baum zu Baum suchte, er vermochte ihn nicht
wiederzufinden.
Inzwischen suchte der gute Zwerg den bewußtlosen Helden-wieder zu
beleben. Als er die Augen endlich wieder aufschlug und seinen Retter
neben sich sah, sprach er: „Lohne dir Gott, du kleiner Mann, was du an
mir gethan hast." — „Ja," erwiderte der Zwerg, „da hätte es dir schlimm
ergehen können. Aber nun folge auch meinem Rat und gib es auf, die
Jungfrau zu befreien." — Da sagte Siegfried: „Nimmermehr! Und wenn
ich tausend Leben hätte, so wollte ich sie alle um die Jungfrau wagen."
Sobald er sich also einigermaßen erholt hatte, warf er die Tarn-
kappe fort und stürmte von neuem auf den Riesen ein. Wieder schlug er
ihm recht tiefe Wunden, bis er um Gnade flehte. Wohl hätte der Treu-
lose sie nicht verdient, aber Siegfried bedachte, daß er ohne ihn nicht an
den Drachenstein gelangen könnte, und so schenkte er ihm abermals das
Leben, jetzt aber war er vorsichtiger und ließ ihn vorangehen.
So gelangten sie endlich an den Drachenstein. Ein unterirdischer
Gang führte zu der Thür desselben; der Riese schloß sie auf, und Sieg-
fried steckte den Schlüssel zu sich. Bald waren sie oben auf dem Felsen.
Der Drache war zum Glück ausgeflogen, die Jungfrau aber erkannte den
Helden und fing vor Freuden an zu weinen und sprach: „Willkommen, du
edler Siegfried! Wie geht es meinem Vater und meiner Mutter zu Worms,
und wie leben meine Brüder?" Siegfried erzählte ihr alles und daß er
gekommen wäre, sie zu befreien. Indessen trat der Riese heran und sagte:
„Hier in der Erde liegt ein Schwert, mit welchem allein es möglich ist,
den Drachen zu bezwingen." Das war freilich Wahrheit, aber die Ab-
sicht, die der Riese bei diesen Worten hatte, war eine schlimme. Denn
als Siegfried sich bückte, um das Schwert in der Erde zu suchen, sprang
jener herzu und versetzte ihm einen fürchterlichen Schlag in den Rücken.
Zornig wandte sich der Held um, und nun begann ein Ringen der beiden,
daß der Fels erhehte. 'L-iegfried riß dabei dem Riesen die alten Wunden
mit Gewalt wieder auf, so daß ihm das Blut in Strömen herunterlief;
endlich bat der Unhold wieder um Gnade, aber Siegfried rief: „Das kann
Helmrich, Vaterland. Lesebuch. 10
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