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ungeschmälert. Die deutschen Fürsten erhielten insonderheit gesetzliche Landeshoheit
so daß ihnen künftig der Kaiser allein, ohne die Zustimmung eines Reichstags, keine
Gesetze für das Reich geben oder aufheben durfte, wodurch freilich auch die Einheit
des deutschen Reichs gelockert wurde. Das Wichtigste aber war, daß die Evangeli-
schen das Recht zu völlig freier Neligionsübung erlangten. Alle Kirchengüter, die
sie zu Anfang des Jahrs 1624 besessen hatten, hätten jenen von den Katholischen
zurückgegeben werden sollen; doch geschah dies weit nicht überall, namentlich nicht
in Oesterreich. Am 24. Oktober 1646 wurde der Friedensschluß unterzeichnet, und
schon am 2. November darauf in Stuttgart ein Friedensfest gefeiert.
So schloß der schrecklichste aller Kriege, in welchem Deutschland zwei Dritt-
theile seiner Bewohner einbüßte. Solche Opfer forderte die Rettung unseres evan-
gelischen Glaubens!
181. Konrnd Widerhol-.
(st 1667.)
Unter den Namen, welche ans der Nacht des dreißigjährigen Kriegs als
helle Sterne hervorglänzen, steht bei uns Württembergern der Name Widerhold
immer noch mit oben an. Er war gebürtig aus Ziegenhain in Hessen, aber
im Jahr 1619 als ein und zwanzigjähriger Jüngling in württembergtsche
Dienste getreten. Vom Drillmeister bet den Württembergischen Truppen hatte
er sich durch Tapferkeit und Geschicklichkeit zum Posten eines Oberstlieutenants
emporgeschwungen; und der Herzog Eberhard Iii. wußte im Jahr 1634 keinen
tauglicheren Mann, dem er die Vertheidigung der wichtigen Festung Hohentwiel
anvertrauen konnte. In der That hätte er auch keinen besseren weit und breit
finden können; denn Widerhold leistete sogar noch mehr, als der Herzog von
ihm verlangte. Er fand die Festung in einem ganz verwahrlosten Zustand;
die Magazine waren leer und mußten erst gefüllt werden. Widerhold wußte
sich die Mittel dazu vom Feinde selbst zu verschaffen. Die benachbarten Burgen
Hohenkrähen, Mägdeberg und Stauffen, die ihm nachtheilig werden konnten,
zerstörte er; die Kassen füllte er mit Gold und Silber, das er dem Feinde ab-
nahm. So wußte er einst, daß in Balingen 20,000 Thaler für das kaiser-
liche Heer lagen. Widerhold war von seinem Freunde, dein Amtmann, zum
Mittagessen eingeladen, ließ aber dreißig Reiter und hundert Schützen in einer
Vertiefung bei der Stadt verbergen. Einige derselben kamen vor Tagesan-
bruch als Zimmerleute und Marktleute verkleidet vor das Tbor und wurden
auf ihre Bitte wegen der Kälte von der Wache in die warme Wachstube
eingelassen. Hier öffnete einer seinen Sack, bot einem der Wachsoldaten
Nüsse an und ließ zugleich mehrere auf den Boden fallen. Während nun
die Soldaten alle nach den Nüssen liefen, bemächtigten sich die Hohent-
wieler des Schlagbaums. Indeß eilte der übrige Hinterhalt herbei, be-
meisterte sich der Stadt, und Widerhold nahm das Geld als gute Beute
mit. In fünf Belagerungen schlug er die gewaltigsten und listigsten
Angriffe der Feinde ab; und selbst als der Herzog Eberhard ihm befahl,
die Festung zu übergeben, weil der Kaiser dies zu einer Bedingung seiner
Wiedereinsetzung gemacht hatte, verweigerte der treue Commandant von
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Extrahierte Personennamen: Eberhard_Iii Eberhard
Extrahierte Ortsnamen: Oesterreich Stuttgart Deutschland Ziegenhain Hessen Mägdeberg Balingen
393
Hohentwiel den Gehorsam, weil er dem Herzog gleich anfangs das Wort ge-
geben hatte, die ihm anvertraute Feste bis auf den letzten Blutstropfen zu ver-
theidigen und selbst die herzoglichen Befehle zur Uebergabe nicht zu achten.
Endlich beschloß er sogar ein besonderes Bündniß mit dem Herzog Bernhard
von Weimar und trat als Oberst in dessen Dienste, um so zum Worthalten
genöthigt zu sein; denn er konnte wohl wissen, daß er dadurch dem Herzog den
besten Dienst erweise, wenn er die Festung auf keine Bedingung ausliefere. Er
machte kühne Ausfälle und Streifzüge in die Nachbarschaft, auf denen er ent-
weder bedrängte Orte befreite, oder die bedrohten Erntefelder schützte, oder-
reiche Beute davon trug, die er auf seine Burg hinaufführen ließ. Sein Tisch
war immer offen für Kranke, Verwundete und Arme. Als sein Feldprediger
gestorben war, so erbat er stch angelegentlich vom Herzog wieder einen Geist-
lichen und brachte ihn unter großer Gefahr mitten durch den Feind hindurch
auf die Burg; denn er war von Herzen gottesfürchtig, hielt die evangelische
Lehre sehr werth, und man sagte, daß er seine Feinde weit mehr durchs Gebet,
als durchs Schwert bezwinge. So lange er keinen Geistlichen hatte, so ging
der fromme Held selbst an den Betten der Kranken umher, um ihnen den Trost
des göttlichen Wortes zu bringen, und las in der Kirche seinen Kriegern selbst
eine Predigt vor.
Mitten unter den Schrecken der Belagerung erbaute er auf der Burg eine
neue Kirche. Dem Herzog Eberhard sandte er in seiner Geldnoth durch einen
als Bettler verkleideten Soldaten einen ausgehöhlten, dicken Knotenstock, der
mit Geld gefüllt war. Im Jahr 1643 rückte er einsmals des Nachts in aller
Stille vor Ueberlingen am Bodensee, hieb das Thor ein und überfiel die Wache
am Spieltisch. Ohne Schwertstreich bemächtigte er sich der Stadt mit ihren
reichen Vorräthen aller Art. Man bot ihm eine große Summe Geldes; er-
schlug sie aus; denn diesmal stund sein Sinn nach etwas Anderem: es fehlte
ihm in seiner neuerbauten Kirche nur noch eine Orgel. Diese ließ er sich von
einem Kloster in der Stadt geben und zog damit ab. Seine Kriegszucht war
streng; er duldete bei seinen Kriegern keine Ausschweifung, keine Bedrückung
des friedlichen Bürgers, kein Fluchen und Schwören. Als nun der Herzog in
alle seine Rechte und in den ungeschmälerten Besitz des Landes wieder einge-
setzt war, da übergab ihm Widerhold die unbezwungene Feste am 4. Juli 1650
viel fester und besser versehen, als er sie übernommen hatte. Er starb als
Obervogt von Kirchheim und Besitzer des Ritterguts Neidlingen, Ochsenwang
und Randeck, von seinem Fürsten geehrt, vom Vaterland in dankbarstem An-
denken behalten. Sein Vermögen hat er zu gemeinnützigen Zwecken, zur Un-
terstützung von Studirenden, Armen, Kirchen und Schulen vermacht. Auf
seinem Grabmal in Kirchheim steht:
Der Commandant von Hohentwiel,
Fest, w'ie sein Fels der niemals fiel,
Des Fürsten Schild, des Feindes Tort,
Der Künste Freund, des Armen Hort,
Ein Bürger, Held und Christ, wie Gold —
So schläft hier Konrad Wiberholb.
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Extrahierte Personennamen: Bernhard
von_Weimar Eberhard Kirchheim Konrad_Wiberholb Konrad
280
dazu. Mit verdoppelter Anstrengung und Hellene Schlachtgesange stürmten
sie von allen Seiten heran; der Feldherr Varus verlor gänzlich den
Muth und stürzte sich, nachdem er schon mehrere Wunden empfangen
hatte, selbst in sein Schwert; viele der Anführer thaten deßgleichcn;
keiner widerstand mehr. Die Deutschen hatten nichts weiter zu thun,
als die Ermatteten und Fliehenden niederzumachen oder gefangen zu neh-
men. Nur wenigen einzelnen Römern gelang es, in der Dunkelheit
der Nacht zu entkommen und durch glückliche Umstände begünstigt zu den
festen Plätzen zu entfliehen, wo sie ihren Landsleuten die traurige Bot-
schaft von dem Untergang des Narus mit seinem ganzen Heer ver-
kündigten.
Die Deutschen feierten unterdeß große Freudenfeste. Die gefange-
nen Kriegsobersten wurden, wie Opferthiere, den Göttern zu Ehren ab-
geschlachtet, andere Gefangene an Bäume aufgehängt oder als Sklaven
vertheilt. Dieses letztere Loos traf namentlich viele vornehme Römer.
Noch vierzig Jahre später wurden einige derselben von ihren Landsleu-
ten nach einem Treffen im Hessischen aus ihrer langen Knechtschaft be-
freit. Der Kopf des gefallenen Varus ward den Römern zum gräß-
lichen Wahrzeichen übersendet. Besonders übel ging es den römischen
Sachwaltern, die so oft mit ihren glatten Zungen das Recht verdreht
hatten. Einem solchen wurde die Zunge mit glühenden Nadeln durch-
stochen, wobei man ihm höhnend zurief: „Nun züngle, du Schlange!"
Dieser Sieg, der unserem Vaterlande Freiheit und Selbständigkeit
gerettet hat, ist im Jahr 9 nach Christi Geburt erfochten worden.
Hermann begnügte sieb aber nicht damit, nur den Varus geschla-
gen zu haben, er eroberte und zerstörte auch alle römischen Festen, die
diesseits des Rheins waren, und hörte nicht auf, bis er an den Ufern
dieses Stromes stand. Weiter ging er nicht; er hatte nur den vater-
ländischen Boden von den fremden Unterjochern befreien wollen.
In Rom aber glaubte man ihn schon auf dem Wege nach Italien,
und der alte Schrecken vor den Cimbern und Teutonen, die hundert
Jahre vorher zuerst den Römern deutsche Tapferkeit und Waffen fühlen
ließen, erneuerte sich. Der Kaiser Augustuö, der sich sonst wohl zu
fassen wußte, verlor diesmal alle Besinnung, rannte mit dem Kopf gegen
die Wand und rief dabei aus: „Varus, Varus, gib mir meine Legio-
nen wieder!"
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Extrahierte Personennamen: Varus Muth Varus Hermann Varus Varus
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334
Als nun von seinen Wunden Graf Ulrich ausgeheilt,
Da reitet er nach Stuttgart, er hat nicht sehr geeilt;
Er trifft den alten Vater allein am Mittagsmahl;
Ein Uriger Willkommen! kein Wort ertönt im Saal.
Dem Vater gegenüber sitzt lllrich an dem Tisch,
Er schlägt die Augen nieder, man bringt ihm Wein und Fisch;
Da faßt der Greis ein Messer und spricht kein Wort dabei,
lind schneidet zwischen beiden das Tafeltnch entzwei.*)
3. Die Döffinger Schlacht.
23. August 1388.
Die Verbindungen der Reichsstädte unter einander bewogen die Fürsten und
Edeln gleichfalls zu Vereinigungen, von denen die wichtigste der Löwenbund war.
Er breitete sich durch Schwaben und Franken und die überrheinischen Länder ans
und ward in mehrere Kreise getheilt, von denen jeder seine Hanptleute hatte.
Eberhards Sohn, Ulrich, war einer der Hanptleute des schwäbischen Kreises. Der
Sieg der schweizerischen Eidgenossen bei Sempach (1386) über den Erzherzog Leo-
pold, den Schwager Eberhards, erhöhte den Uebermuth der schwäbischen Reichsstädte
gegen Eberhard, dessen Völker auch mit bei Sempach gefochten hatten. Nenn und
zwanzig Reichsstädte brachen ins württembergische Gebiet ein und verheerten Alles
weit und breit. Viertausend Mann belagerten den stark befestigten Kirchhof zu
Döffingen bei Böblingen, als ihnen Eberhard mit den Hülfsvölkern vieler Mitglieder
des Löwenbundes entgegenzog und eine Schlacht lieferte. Dem Wolf von Wnnnen-
stein verdankte Eberhard vorzüglich den Sieg.
Am Ruheplatz der Todten, da pflegt es still zu sein,
Man hört nur leises Beten bei Kreuz und Leichenstein!
Zn Döffingen wars anders, dort scholl den ganzen Tag
Der feste Kirchhof wieder von Kampfruf. Stoß und Schlag.
Die Städter sind gekonuncn, der gjaiier hat sein Gut
Zum festen Ort geflüchtet und hälts in tapfrer Hut;
Mit Spieß und Karst und Sense treibt er den Angriff ab,
Wer todt zu Boden sinket, hat hier nicht wett ins Grab.
Graf Eberhard der Greiner vernahm der Seinen Noth,
Schon kommt er angezogen mit starkem Aufgebot;
Schon ist um ihn versammelt der besten Ritter Kern,
Vom edeln Löwenbunde die Grafen und dje^ Herrn.
Da kommt ein reis'ger Bote vom Wolf von Wunnenstein:
,,Mein Herr mit^seinem Banner will euch zu Dienste sein."
Der stolze, Graß entgegnet: „ich hab sein nicht begehrt,
Er hat umsonst die Münze, die ich ihm ejm. verehrt."
Dieser Gebrauch kommt als Ehrenstrafe für Ritter und Edelleute auch sonst im Mittelalter vor.
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Extrahierte Personennamen: Ulrich August Ulrich Eberhard Eberhard Eberhard Eberhard_der_Greiner
337
Vor allem fehlte es dem Lande am Frieden. Oesters waren
längere Streitigkeiten und Kriege um die deutsche Kaiserkrone, und
auch die kleineren Herren, die Fürsten, Grafen und Edelleute lagen
fast immer entweder mit einander selbst, oder mit den Reichsstädten
in Streit und Fehde. Als im Jahr 1389 viele schwäbische Städte
sich endlich mit dem Grafen Eberhard dem Greiner nach jahrelangen
blutigen Händeln in einen Vergleich einließen, da war das platte
Land in Schwaben unbeschreiblich verödet; viele Dörfer lagen in
Asche. Häuser und Güter waren geplündert, geraubt und verbrannt,
Weinberge ausgereutet, Kornfelder umgeackert und mit Senfkörnern
ausgesäet worden, um sie auf lange Zeit unbrauchbar zu machen.
Städte und Edelleute waren tief verschuldet, und zwar meistens an
die Juden, bei denen zehn Prozent ein sehr billiger Zins war, die
aber zugleich als so rechtlos betrachtet wurden, daß der Kaiser den
Edelleuten die Erlaubniß geben konnte, ihre Schulden an die Inden
nicht zu bezahlen. — Hiezu kamen noch Landplagen, im Jahr
1327 eine Theurung, da man um einen Scheffel Dinkel ein Jauchert
Acker kaufen konnte, im Jahr 1337 zahllose Henschreckenschwärme, die
alles Grüne verzehrten. Ans sie folgten mehrere Ueberschwemmungen
und Erdbeben, von denen eines im Jahr '1348 in Süddeutschland
vierzig Tage lang währte, viele Häuser und Burgen (Löwenstein,
Wildenstein, Gutenberg u. s. w.) zerstörte und einer Menge Menschen
das Leben kostete. Aber dies war nur der Vorbote von einer noch
größeren Plage, die im folgenden Jahr über unser Vaterland herein-
brach. Es war der sogenannte schwarze Tod, eine pestartige
Krankheit, die von China herüber kam und in einer Zeit von fünf
Jahren alle damals bekannten Länder durchzog und Millionen Men-
schen wegraffte. Die Krankheit begann mit heftigem Fieber und
Kopfschmerzen und ging in Zersetzung des Bluts und in allgemeinen
Brand über. Gewöhnlich starben die Kranken am dritten Tage, Leute
von kräftiger Leibesbeschaffenheit fielen oft plötzlich todt um. Kein
Alter, Geschlecht und Stand wurde verschont, ganze Familien starben
aus, ganze Dörfer wurden verödet. Aber statt sich unter dieses Straf-
gericht Gottes zu demüthigen, machten es die Menschen wie Offenb.
Joh. 16, 11. geschrieben steht: „Sie thaten nicht Buße für ihre
Werke." Jeder dachte nur an sich; Verwandtschaft und Freundschaft,
Ordnung und Sittlichkeit wurde nicht mehr geachtet, alles Mitleiden
war abgestumpft. Da Keiner seines Lebens auch nur auf acht Tage
sicher war, so sprachen die Thoren: Lasset uns essen und trinken,
Lesebuch. 22
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Extrahierte Personennamen: Eberhard
Extrahierte Ortsnamen: Schwaben Wildenstein Gutenberg China
290
137. Völkerwanderung.
(375—476 nach Christi Geburt.)
Im Jahr 395 nach Christi Geburt theilte Thevdosius der Große,
der letzte fromme und kraftvolle römische Kaiser, sein gewaltiges Reich
unter seine beiden Söhne. Der eine, Honorins, bekam den abend-
ländischen Theil und wohnte in Rom. Der andere, Arkadius, erhielt
den morgenländischen Theil und nahm seinen Sitz in Constantinopel.
Das letztere Reich bestand noch über tausend Jahre; das erstere nicht
mehr volle hundert. Längst schon waren deutsche Völker an den
Grenzen des römischen Reichs gelagert, wie die Gothen in Südruß-
land am schwarzen Meere, die Alemannen an der obern Donau,
und die Franken am untern Rhein, und warteten auf eine gute
Gelegenheit, über die blühenden Fluren des reichen Römerlandes her-
zufallen und sie einzunehmen. Diese Gelegenheit ließ Gott nun kom-
men. Das Alte sollte untergehen, und neue Völker sollten das Evan-
gelium kennen lernen, nachdem sie den Römern gethan hatten, wie
einst die Israeliten den bösen Kananitern hatten thun müssen. —
Von Morgen her kam (375) ins südliche Rußland ein wildes Volk
heran, die Hunnen, Leute mit schwarzem, struppigem Haar, schmutzig
gelber Gesichtsfarbe, schiefen Augen, breitschulterig und klein von
Leibe, und so fürchterlich wild, als sie häßlich von Ansehen waren.
Von ihren Pferden waren sie fast unzertrennlich. Sie aßen, tranken
und schliefen daraus. Wurzeln und rohes Fleisch waren ihre Speise.
Ihre schmutzigen Weiber und Kinder führten sie in Karren mit sich.
So jagten sie durch die Welt von Land zu Land, raubten, sengten
und mordeten, und jagten die Völker vor sich her, wie ein Wolf die
Heerde. Zuerst stießen sie auf die Gothen. Ein Theil derselben, die
Westgothen, floh ins römische Reich, durchzog einige Zeit nachher
plündernd das schöne Italien, und ließ sich endlich in Spanien und
dem südlichen Theil des heutigen Frankreichs nieder. Ein wilder Haufen
nach dem andern drang plündernd in Italien ein, das so manches
Jahrhundert die ganze gebildete Welt beherrscht hatte, und die schwachen
Kaiser konnten es nicht hindern. Ja, am Ende setzten deutsche Völker,
die Heruler und Rugier, gar den letzten römischen Kaiser Romulus
Augustulus ab und machten ihren Fürsten Odoaker zum König von
Rom. Der wollte aber nicht einmal in der armen, fast ganz verwüste-
ten Stadt wohnen; so verachtet, so verfallen war das einst so mäch-
tige Rom! Da war es ihr ergangen wie all den Städten und Län-
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Extrahierte Personennamen: Romulus
Augustulus
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Franken
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 62 —
Abgeordneten der Stadt bleich und zitternd zu Füßen und flehten um Nachlaß. (Er aber erwiderte, wie solche Bitten und Fußfall ganz unnötig seien, das Geld sollten sie erlegen, und wo dies nicht bis den 8. des Abends 7 Uhr geschehen sei oder Geisel hiefür und zwar vier Personen von der Geistlichkeit und dem Adel, vier vom Rate und vier von der Gemeinde gestellt werden, wurde er alsbald das Schloß, die Stadt und alle umliegenden Flecken in lichte Flammen stellen."
Ungeachtet der von der Stadt und dem Stifte, das viele silberne Kir-cheugefäße nach Frankfurt verkaufen mußte, aufgebrachten und gezahlten Brandschatzung wurde dennoch das Residenzschloß abgebrannt und in den Häusern der Stiftsgeistlichen übel gehaust.
15, Ein Kaiser in Würzbnrg (1658).
Seitdem die Krönung der deutschen Könige zu Frankfurt üblich geworden war, zogen die von den Kurfürsten erwählten Habsburger auf der alten Heeresstraße, die von Wien über Regensburg, Nürnberg und Würzburg führte, zum Krönungsfeste. Infolgedessen erhielt die alte Bischofsstadt am Maine öfter kaiserliche Besuche, die uns von den Chronisten ausführlich geschildert werden.
Am ](v August ^658 kam Kaiser Leopold I. auf dem Rückwege von Frankfurt unter dem Donner der Geschütze in Würz bürg an. Bis an die Zeller Steige waren 5000 Mann vom Landesausschusse und einige hundert geworbene Soldaten in Parade aufgestellt. Die gesamte Geistlichkeit war dem Kaiser bis ans Zellertor entgegengegangen und begleitete den von da unter einem Himmel Reitenden in den Dom. Pom Tore an bis zum Dome waren die Bürger und die Garnison mit Musik und Fahnen zu beiden Seiten aufgestellt, die Straßen mit Blumen bestreut, die Häuser mit grünen Zweigen und Bäumen verziert. Als der Kaiser nach abgehaltenem Tedeum mit dem (Erzherzoge und dem Kurfürsten auf das Schloß fuhr, wurde ihm an der Greden von 20 Jungfrauen ein Kranz überreicht. Am folgenden Tage nach der Tafel besuchte der Kaiser eine theatralische Aufführung in der akademischen Aula, wo er bei seiner Ankunft von dem damaligen Domprediger mit einer lateinischen Rede empfangen wurde. Nach Beendigung der Vorstellung besah Leopold die neuerbaute Mainmühle diesseits und das neue Kinderhaus und die Schneid- und Papiermühle jenseits des Maines. Am ^3., nachmittags um 3 Uhr, verließ er Würzburg unter denselben (Ehrenbezeugungen wie beim (Einzuge und reiste noch bis Kitzingen.
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Extrahierte Personennamen: August Leopold_I. Zeller Leopold Leopold
Extrahierte Ortsnamen: Frankfurt Würzbnrg Frankfurt Wien Regensburg Nürnberg Maine Frankfurt Maines Würzburg Kitzingen
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Franken
Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
— 35 •—
gebäude zwar vorhanden, aber eng und beschränkt. Nur besonders reiche Herren konnten ihre Wohnungen nach der Art der Wertheimer Burg ausbauen.
Zudem wurde Burg Wertheim vorn Schicksal sehr begünstigt. Da sich Graf Georg Ii. mit seinen Bauern einigte, ging der Bauernaufstand, der den meisten fränkischen Burgen den Untergang brachte, ohne Schaden für ihn und sein Schloß vorüber. (Erst ü_654 sank die Burg infolge einer Beschießung durch die Kaiserlichen in Schutt und Asche.
Line Belagerung.
Leinde sind nah! Gellend kündet es des Wächters Horn vorn hohen Bergfried herab. Droben am Waldessaum hat das scharfe Auge des verlässigen Mannes einen Trupp Reiter erspäht. Jetzt traben 50—60 Berittene über die Talwiese; hinterdrein folgen Fußgänger, bewaffnet mit langen Speeren, dann folgen wagen, beladen mit Leitern und langen, mit Eisen beschlagenen Balken. Die Leute auf der Burg eilen an die Ringmauern, schauen durch die Scharten und rufen einander zu:
Mordio, Blordio!
Die Feinde kommen!
Auf, auf zur wehr!
Line bange Stunde ist vergangen. Der Feind geht daran die Burg zu umschließen. Drunten im Tale stehen die feindlichen Ritter. Die Knechte beginnen mit Leitern die Felsen zu besteigen. Etliche Fußgänger huschen auf dem Burgwege aufwärts. Überall suchen sie Deckung. Sie wollen heimlich das äußere Burgtor erreichen. Doch ist es zu spät. Rechtzeitig drehte sich die Zugbrücke in ihren Angeln und verschloß den Eingang gleichsam als zweite Türe. Der Burggraben ist jetzt ohne Übergang.
Auf den runden Türmen und auf den Mauern hinter den Zinnen stehen die Burgleute, um ihr Heim zu schützen. Große Steine werfen sie hinab auf den Feind. Pfeile fliegen herab und herauf. Jetzt reiten drei Ritter den Burgweg herauf; der mittlere trägt eine Fahne und ruft hinüber in die Burg:
„Graf, öffnet Euer Nest! wir schonen Haus und Leute l“
Aber der Burgvogt entgegnet ihnen aus dem äußeren Burgtor:
„Kommt nur herein, wenn ihr könnt! wir haben euch ein feines Gericht hergerichtet; eilt euch, das Essen ist noch heiß!"
Die drei Reiter ziehen sich zurück, denn schon schwirren Speere und pfeile ihnen entgegen. Nun kommen feindliche Knechte den Burgweg herauf. Sie suchen mit Reisigbündeln und Erde den tiefen Graben zu füllen. Mühselig und gefährlich ist die Arbeit, die die Burginsassen mit allen Mitteln zu hindern versuchen. )n der Nacht aber gelingt das Werk. Der Feind steht an der Mauer. Mit eisernen Haken sucht er die Zugbrücke
3*
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
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Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Geschlecht (WdK): koedukativ
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hervorbrachen, die Umgegend plünderten und deren Bewohner auf Lösegeld gefangen wegführten. Diesem Unwesen zu steuern, zog Bischof Gerhard an Pfingsten ^393 vor das Raubschloß, belagerte dasselbe mit allem Kraftaufwands vermochte es aber nicht zu erobern und mußte an 5t. Michaels-Tag nach manchen Verlusten wieder abziehen.
3.
3m Freigerichte Alzenau finden wir in der unruheoollen Zeit Deutschlands nicht wenige Ritter, die plündern und Hauben als einträgliches Gewerbe betrieben. Besonders waren es die Herren von Bonneburg, die viele der Märker in ihren Wohnungen anfielen und plünderten, oft zu Fehde zogen, Steuern erpreßten und das Ländchen feindlichen Reisigen preisgaben, obwohl in ihrer „edelsten" Z}and das Amt des Landrichters ruhte. Wiederholt setzten deshalb die freien Märker diese unwürdigen Vögte ab (H36l[ und ^386).
Aber auch nach dem Aussterben dieser Familie nahmen die Räubereien kein Ende. Die Schelrisse von Wasserlos, die Herren der Womburg bei Mömbris und Ulrich von Bergheim auf Z?üttelngefäß waren kecke Stegreifritter und vergewaltigten Bauern und Bürger, Kaufleute und pilger, so daß König Ruprecht in Verbindung mit den benachbarten Reichsstädten Ruhe schaffen mußte. Am Sonntag, den 22. Februar ^05, wurden die Burgen der Strauchritter von Reisigen eingenommen und verbrannt. Damit war den raublustigen Rittern für längere Zeit das Handwerk gelegt.
4. Aus fehdereicher Zeit.
Au Beginn des ^5. Jahrhunderts herrschte in Franken auf den Straßen große Unsicherheit, allenthalben hörte man von Mord, Raub und Brandschatzung. Um diesem Übel zu steuern, schlossen die fränkischen Bischöfe, der Abt von Fulda, der Burggraf von Nürnberg und Abgesandte der fränkischen Reichsstädte im )ahre ^03 zu Mergentheim ein Bündnis, „Landfriede zu Franken" genannt. Aus den Bestimmungen des Vertrages kann man auf die Vergehen gegen Person und (Eigentum sehr leicht Schlüsse ziehen. So mußte ein Artikel vorschreiben: Alle pilger und Wallfahrer, die Kaufleute und die Ackerbauer, welche Feldfrüchte und Edein bauen, sollen in ihren Wohnungen und Gewerben sicher sein; frei sollen sein alle Straßen, Kirchen, Klöster, Geistliche, Kaufleute, Kirchhöfe, Mühlen, Pflüge mit ihren Pferden, Gchsen und Zugehör, alle Ackerleute und Weinbauer. Wer diese beschädigt, soll als Verletzer des Landfriedens und Räuber bestraft werden.
Bald mußte denn auch der Bischof von Würzburg gegen Landfriedensbrecher zu Felde ziehen. Noch im gleichen )ahre belagerte er das Raub-schloß Werberg, dessen Inhaber die Stiftsuntertanen in den Ämtern
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