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1. Bürgerkunde - S. 22

1907 - München : Gerber
Familien blieben. Diese Familien hießen „Geschlechter" oder „Patrizier". Manche Patrizier wurden sogar „Edle" und „Ritter". Solche waren in München z. B. die Ligsalz, Barth, Schrenk u. a. Zu den „Geschlechtern" zählten auch Ritterfamilien, die vorher „auf dem Lande" gelebt hatten und in die Stadt zogen. So wanderten die Pütriche, Diener, Sendlinger re. in München ein und gehörten zu den Patriziern. Im 14. Jahrhundert gab es in München gegen 40 Patrizier- familien. Heute sind fast alle ausgestorben. Nur die angesehenen Geschlechter der Barth und Schrenk erinnern im 20. Jahrhunderte noch an die Patrizierzeit des Mittelalters. Die deutschen Städte wurden, wie erwähnt, ausschließlich von den Patriziern regiert. Die Handwerker waren von den städtischen Ehrenämtern ganz ausgeschlossen. Sie trugen aber durch Fleiß, Ehrenhaftigkeit und Tüchtigkeit auch zum Blühen der Städte bei. Zu Zünften vereinigt, fühlten sie sich stark. Sie strebten daher darnach, an der Verwaltung der Städte teilnehmen zu können. Die Patrizier aber waren selten geneigt, von ihren ererbten Vorrechten abzulassen. Es erzählt uns daher die Ge- schichte vieler Städte von Kämpfen zwischen den Bevorzugten und den Zurückgesetzten, d. i. zwischen den Patriziern und den Zünft- lern, um das Stadtregiment. Auch München, Nürnberg, Augs- burg und verschiedene andere Städte blieben davon nicht verschont. Die Nürnberger Zünfte erfreuten..sich der Gunst des Kaisers Ludwig des Bayers. Dieser batte ihnen zum Ärger der Patrizier manche Vorrechte eingeräumt, wie die Ausführung feierlicher Tänze, die Errichtung von Trinkstuben rc. Die Stadtverwaltung war, wie überall, in den Händen der vornehmen Geschlechter, der Behaim, Tücher, Weigel u. a. — Im Frühjahre 1340 versammelten sich nun die Handwerker Nürnbergs in einem Dominikanerkloster, um zu beraten, wie sie das Stadtregiment erlangen könnten. Der Leiter der Versammlung war ein ^chwertfeger, der wegen seines spitzen Bartes „Geißbart" hieß. Die Versammelten beschlossen, den alten Rat abzuschaffen und dafür Zunftfreunde zu wählen. Damit würden aber die Patrizier sicher nicht einverstanden gewesen sein. Deshalb wurde bestimmt, daß die Ratsherren überfallen und gewaltsam abgesetzt werden sollten. Am 3. Juni 1349 sollte der Beschluß ausgeführt werden. Die Zünftler drangen in das Rathaus und in die Wohnungen der Ratsherren, trafen diese aber nicht. Die Patrizier hatten den Plan der Zünftler er- fahren und sich vorgesehen: einige hatten sich in Klöstern versteckt, andere waren verkleidet aus der Stadt entkommen. Wütend über den mißlungenen Anschlag, verwüsteten die Zünftler die Wohnungen der Patrizier, plünderten die städtischen Kassen und zerstörten alte, wichtige Schriftstücke. — Da kam König Karl Iv. den Patriziern zu Hilfe und stellte wieder Ordnung her. Er eilte nach Nürnberg, setzte den alten Patrizischen Rat wieder ein und gab ihm das Recht, unfolgsame Zünftler an Leib und Leben zu strafen. Sieben Anführer wurden hingerichtet und Hunderte ans der Stadt ge- wiesen; die Zunftmeister der gewalttätigen Zünfte wurden abgesetzt, den Zünftlern wurde zugleich das Tragen von Waffen verboten. Nur zwei h Patres — Väter; Patrizier — Angehörige vornehmer Geschlechter.

2. Bürgerkunde - S. 34

1907 - München : Gerber
34 Iii. Folgen des Nieder- ganges. 1. Ungenü- gende Arbeit 2. Annut. Selbst Einrichtungen, die früher segensreich gewirkt hatten, wurden nun mißbraucht, um dem Leichtsinn und der Arbeitsscheu zu dienen, so z. B. der bei vielen Gewerbeir eingeführte Brauch des „Geschenkes" an die wandernden Gesellen. Das Geschenk sollte früher dazil dienen, die Ge- sellen auf der Wanderschaft vor Bettel und Landstreicherei zu bewahren. Es war deshalb bei den Gewerben Sitte, den ankommenden Gesellen des gleichen Handwerks einige Tage kostenlos zu verpflegen, ihm freies Nacht- lager zu geben und, wenn er im Orte keine Arbeit gefunden, ihn mit einem kleinen Taschengeld, dem „Zehrpfennig", für die Reise zum nächsten Ziele zu entlassen. Diese Einrichtung benützten nun faule Gesellen, auf Kosten ihrer Kameraden im fremden Orte einige Tage tüchtig zu zechen, ohne Arbeit zu suchen, um dies hierauf in den nächsten Orten zu wiederholen. Die Aufnahme eines Gesellen in die Verbindung gab oft Anlaß zu wüstem Zank, zu widerlicher Schwelgerei uttd zu blutigen Schlägereien. Diese „Feste" dauerten oft mehrere Tage; kein Geselle durfte in die Werkstätte gehen, ehe der Altgeselle die Fest- lichkeit geschlossen hatte. Mancher Jüngling holte sich dabei den Keim zu langem Siechtum. Schon im 16. Jahrhundert verlangten die Gesellen, daß der Montag wenigstens als halber Feiertag freigegeben werde. Am Montag Mittag legten die Gesellen die Arbeit nieder. Eher ent- heiligten sie den Sonntag, als daß sie der Montagsfeier entsagt hätten. Ortloff erzählt über den „blauen Montag": „In den Fasten wurden die meisten deutschen Kirchen blau ausgeschmückt. Zu eben dieser Zeit fingen die Gewerbetreibenden an, die Fasten über den Montag in Schwelgereien aller Art zu verbringen, und führten das Sprichwort: „Heute ist blauer Freßmontag" ein. Die Erlaubnis, welche die Gesellen in der Fastenzeit bekamen, nahmen sie sich im Lause der Zeit auch an den übrigen Montagen." Äußere und innere Gründe trugen also zum Niedergänge des Handwerks bei. Justus Möser sagte in der zweiten Hälfte des 18. Jahr- hunderts: „Fast alle deutsche Arbeit hat zu unserer Zeit etwas Unvollendetes, dergleichen wir an keinem alten Kunststück und gegenwärtig an keinem echt englischen Stück mehr antreffen.... Die einzige Aufmunterung kommt jetzt von den Höfen; aber was sollen einige wenige mit Besoldung angelockte Hofarbeiter gegen Handwerker, die während des hanseatischen Bundes für die ganze Welt arbeiteten!" Und der Zunftfreund Weiß, ein gelernter Handwerker, stimmt Möser zu: „Die Leute liefern elende Arbeit, darum nimmt ihnen niemand ettvas ab und sie verderben." Der Handwerkerstand mußte infolgedessen immer mehr ver" armen. Weiß erzählt in einer preisgekrönten Schrift, daß unter 21 Menschen in Deutschland sich in jener Zeit nur einer befand, der sein vollständiges Auskommen hatte; 10 dagegen mußten

3. Bürgerkunde - S. 69

1907 - München : Gerber
69 Ehrgefühls. Der Fabrikarbeiter war nicht bloß besitzlos, er wurde auch heimatlos. Gar zu leicht zerrissen die Verbindungen mit der elterlichen Familie und schwanden so die ererbten Sitten. Das war für den Arbeiter sehr von Übel. Mit Massennot war sittliches Elend verschwistert. Dies können wir aus der weh- mütigen Klage des schon genannten Disraeli über die englische Fabrikbevölkerung ersehen: „Wenn ich daran denke, was dieses englische Volk vormals war: das wahrhafteste, freieste, tapferste, bestgestimmte und bestaussehende, glücklichste und frömmste Geschlecht aus diesem Erdball, und wenn ich jetzt an diese Menschen denke mit allen ihren Verbrechen und Sklavenleiden, ihrem verbitterten Sinn und ihren verunstalteten Körpern, ihrem Leben ohne Freude und ihrem Tode ohne Hoffnung, so mag ich wohl ergriffen sein." Für alles Elend klagten nun die Arbeiter die Maschinen 3. Die Ar- und deren Besitzer an. Die Maschine betrachteten sie als ihre Maschine!" Todfeindin. Sie suchten dieselbe in blinder Wut sogar zu ver- nichten. Die Stimmung der englischen Arbeiter gegen die Maschine bringt ein Gedicht zum Ausdruck, dessen erste Strophen lauten: Ein König lebt, ein zorniger Fürst, nicht des Dichters geträumtes Königsbild, ein Tyrann, den der weiße Sklave kennt, und der Dampf ist der König wild. Er hat einen Arm, einen eisernen Arm und obgleich er nur einen trägt, in dem Arme schafft eine Zauberkraft, die Millionen schlägt. Die englischen Arbeiter hatten jedoch mit der Maschine bereits Frieden geschlossen, als die deutschen Arbeiter — die deutsche Industrie schreitet etwa ein Vierteljahrhundert hinter der englischen — ihre Maschinen zertrümmerten. W. H. Riehl erzählt darüber: „Wir sahen die (deutschen) Fabrikarbeiter selber ihre eigenen Maschinen zertrümmern. . . Der Fabrikarbeiter hat häufig ganz dieselbe Furcht vor jeder Verbesserung der Maschine — und wenn auch eine solche gleich ihm allein zum Nutzen wäre — wie der Bauer vor dem Lernen... Jacquards wurde fast gesteinigt, weil er den kunstvollen Mechanismus an den Seiden- webstühlen erfunden hatte, der seinen Namen trägt und der in erster Linie die beklagenswerten Arbeiter an den früheren Seidenwebstühlen, welche den ganzen Tag in den unnatürlichsten Gliederverrenkungen verharren mußten, von ihrem qualvollen Leben erlöste . . . Als im März 1848 brotlose Lohnkutscher die Schienen der Tannuseisenbahn aufrissen und gleich daneben hungernde Schiffsheizer die Dampfboote des Rheins und Mains beschossen, sah ich einen Maschinenarbeiter, welcher die voll- endete Verwüstung höhnisch überschaute und mit der Siegesgewißheit eines Propheten ausrief: Durch dieses Land wird keine Maschine mehr fahren . . ft Sprich Lchakar!

4. Bürgerkunde - S. 78

1907 - München : Gerber
78 d) Nutzen. N a m e n der Genossenschaft Sitz der Genossenschaft % ‘ =« ’S I -g 'o' 2 0 Haft- summe für je einen Geschäfts- anteil „H Jahresumsatz .£1905 Jt 17. Werk- u. Rohstoff- genossenschnft für das Buchbinder- gewerbe München 17 17 100 194,52 18. Gewerbe-Kredit- genossenschaft Tittmoning 35 53 500 39.631,85 19. Gewerblich. Dar- lehenskassenverein Trostberg 90 147 500 2.688.854,79 20. Handwerker - Ge - n o sse n sch afts kaffe Schwaben 23 23 300 69.571,99 Nach dem für die Genossenschaften geltenden Gesetz können solche errichtet werden 1. dergestalt, daß die einzelnen Mitglieder (Genossen) für die Verbindlich- keiten der Genossenschaft dieser sowie unmittelbar den Gläubigern derselben mit ihrem ganzen Vermögen hasten: eingetragene Genossen- schaft mit unbeschränkter Haftpflicht; 2. dergestalt, daß die Genossen zwar mit ihrem ganzen Vermögen, aber nicht unmittelbar den Gläubigern der Genossenschaft verhaftet, viel- mehr nur verpflichtet sind, der letzteren die zur Befriedigung der Gläubiger erforderlichen Vorschüsse zu leisten: eingetragene Genossen- schaft mit unbeschränkter Nachschußpflicht; 3. dergestalt, daß die Haftpflicht der Genossen für die Verbindlichkeiten der Genossenschaft sowohl dieser wie unmittelbar den Gläubigern gegenüber im voraus auf eine bestimmte Summe beschränkt ist: ein- getragene Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht. Fassen wir den Nutzen der Genossenschaften zusammen! 1. Sie verbilligen die Lebensmittel und Gebrauchsartikel. 2. Sie heben die Machtlosigkeit der einzelnen Kleinmeister auf und geben diesen in ihrer Gesamtheit und Gemeinsamkeit Kredit und Macht. 3. Sie beweisen, daß die Handwerker imstande sind selbst ihre Lage zu bessern, wenn sie aufhören, „es gehen zu lassen, wie es eben geht", wenn sie sich in neue Zeit-, Verkehrs- und Erwerbsverhältnisse schicken, wenn sie den schädlichen Eigen- nutz, der allein haben will, was verdient wird, zurückdrängen. 4. Die glorreiche Geschichte der Pioniere von Rochdale und zahlreicher anderer Genossenschaften beweist die Unwahrheit der giftigen Lehre, daß das Sparen für den Arbeiter hoff- nungslos sei.

5. Bürgerkunde - S. 105

1907 - München : Gerber
105 Im Kampfe wird der Stärkere und Geschicktere den Schwächeren besiegen. Es besteht also für jedermann die Aus- gabe, seine Kräfte zu entwickeln, tiichtig zu werden. Um die doppelte Aufgabe: 1. Erhaltung der einzelnen Per- sonen und der Erwerbsgruppen, 2. Entwicklung zu möglichster Tüchtigkeit aller Personen, durchführen zu können, ist eine Macht oder Gewalt notwendig, welche die verschiedenen Interessen ins Gleichgeioicht zu bringen vermag. Die Vereinigung der Menschen eines Landes unter einer Gewalt nennen wir Staat. Bayern ist ein Staat. Die Herrschaft über Land und Leute im Staate übt das Staatsoberhaupt. Die Staatsform ist in den einzelnen Ländern verschieden. In Bayern, Preußen, Italien, Rußland re. besitzt die Staats- gewalt eine Person, welche dieselbe ererbt und auf Lebenszeit behält. Die genannten Staaten bilden Monarchien. Das Staatsoberhaupt, der Monarch, führt den Titel Fürst (in Wald- eck ic.) oder Herzog (in Braunschweig re.) oder Großherzog (in Baden re.) oder König (in Bayern re.). In Frankreich, in der Schweiz, in den „Vereinigten Staaten von Nordamerika" re. wird das Staatsoberhaupt von den Staats- bürgern auf mehrere Jahre gewählt und führt den Titel Präsident. Derartig regierte Staaten heißen Republiken. Das Staatsoberhaupt nimmt an den Jnteressenkämpfen der einzelnen Personen, der Berufszweige und der Erwerbsgruppen nicht teil; es ist ihm darum zu tun, daß niemand einen Nachteil erleide. Es will alle Leute schützen und unterstützen; denn alle, Bauer und Handwerker, Fabrikant und Kaufmann, Künstler und Gelehrter, Geistlicher und Lehrer re., sind notwendig und brauchen einander. Kunst und Wissenschaft, Religion und Schule dienen zwar nicht direkt dem Erwerbe. Die Geschichte zeigt aber, daß Staaten, in welchen nur nach Reichtum, nicht auch nach leiblicher und sittlicher Gesundheit gestrebt worden ist, zerfallen sind. (Der römische Staat.) Das Staatsoberhaupt hat an der Erhaltung aller Stände und damit an der Erhaltung des Staates das größte Interesse. ^ „Jedem das Seine!" ruft es den eigennützigen Menschen zu. Es schützt die Untertanen I die Staatsbürgers, und sorgt dafür, daß keiner derselben in seinen Interessen geschädigt werde. y untertan sein — ergeben, unterworfen sein. 0 Bürger (Burger) von bergen; das Wort drückt die geschichtliche Entwicklung des deutschen Bürgertums aus: 1. die Sorge der sich Bergen- den; 2. behagliche Sicherheit; 3. Sicherung, Verbürgung des Eigentums und des Rechtes. I. Xer Staat: 1. Die Staatssorm, 2. Das Staats- oberhaupt.

6. Bürgerkunde - S. 106

1907 - München : Gerber
Die Ordnung im Staatsleben^wird durch Gesetzes geregelt. Das Haupt- und Grundgesetz des L-taates ist die Verfassung. Bwfassung^ Die bayerische Verfassung wurde am 26. Mai 1818 von König Maximilian I. verliehen. Die Grundzüge derselben sind: 1. Der König. „Der König ist das Oberhaupt des Staates, vereinigt in sich alle Rechte der Staatsgewalt und übt sie nach den in der Verfassungsurkunde festgesetzten Bestimmungen aus. Seine Person ist heilig und unverletzlich." (Verf.-Urk. Tit. Ii § 1.) Die Würde des Königs erbt sich in den männlichen Gliedern unseres erlauchten Herrscherhauses der Wittelsbacher nach dem Rechte der Erstgeburt fort. Wenn der König nicht imstande ist die Regierung auszu- üben, so ivird diese für ihn und in seinem Namen von einem Regenten geführt. Der Regent hat den Titel: des Königreichs Bayern Verweser. 2. Die Staatsbürger. a) Rechte: Jeder Staatsangehörige ist vor Angriffen und Verfolgung geschützt — Sicherh eit der Person. Das Vermögen jedes Staatsbürgers ist geschützt ^Sicher- heit des Eigentums. Alle Personen sind den gleichen Gesetzen unterworfen = Gleichheit vor dem Gesetze. Jeder Bayer kann zu allen Ämtern im Staate, im Heere und in der Kirche gelangen, wenn er die Vorschriften hiezu er- füllt hat — freie Konkurrenz zu den Ämtern im Staate. Jeder darf sich zu irgend einer Religion bekennen — Frei- heit des religiösen Bekenntnisses. Alle Staatsbürger dürfen ihre Meinung mündlich und schriftlich frei äußern und sich friedlich versammeln — Rede-, Preß- und Versammlungsfreiheit. Doch bestehen Ver- bote gegen den Mißbrauch dieser Rechte. Von der ^ Der Staat ist der Hüter des Rechtes. Zur Ausübung dieser Rechtspflege. tz,^^bn Aufgabe bestimmt der Landesherr rechtskundige Beamte, Richter, welche im Aufträge und im Namen des Landesherrn Recht sprechen. x) Gesetz — die festgesetzte Vorschrift im Staate. (Auch die „Gewerbe- ordnung" ist eines der Gesetze, welche iut Staate, bzw. im Reiche gelten.

7. Bürgerkunde - S. 118

1907 - München : Gerber
118 ¥7 Meinung, daß der Unterricht soweit als möglich obligatorisch gemacht, der Unterricht in die Tageszeit verlegt und die Stunden- zahl vermehrt werde; daß ferner zu große Abteilungen zerlegt oder die Angehörigen der nämlichen oder verwandten Gewerbe in Gruppen vereinigt, gewerbliche Fortbildungsschulen und Jnnnngs- fachschulen miteinander in Verbindung gebracht und die Vergütungen für die Erteilung des Unterrichts an den gewerblichen Fortbildungs- schulen besser geregelt, bezw. erhöht werden sollten. Meine Herren! Die Staatsregierung hat die ernste Absicht den Gewerbestand tunlichst zu fördern, zu heben und leistungs- fähig zu machen; sie verfolgt das Ziel dem Handwerk tüchtige Gesellen und tüchtige Meister zuzuführen. In der Verfolgung dieses Zieles wird die Regierung durchaus nicht einseitig und lediglich vom grünen Tisch aus vorgehen, sie wird vielmehr wie seither so auch in Zukunft in steter enger Fühlung mit dem Gewerbe bleiben, sie wird tunlichst in jeden: Falle die Bedürfnisse und die Mittel zur Abhilfe an Ort und Stelle und zwar im direkten Benehmen mit den Beteiligten zu erkennen und festzustellen suchen. (Bravo!) Vizepräsident: Das Wort ist nicht weiter begehrt worden; die Diskussion ist geschlossen. Das Schlußwort hat der Herr Berichter st atter. vr. Sch. (Berichterstatter): Meine Herren! Ich glaube, daß die Vertreter der verschiedenen Anschauungen einander viel näher stehen als es den Anschein hat. Von keiner Seite ist irgendwie ein Wort dagegen geredet worden. Wir haben weiter noch gehört, daß einer der verehrten Herren Kollegen sich aus- drücklich dagegen gewehrt hat, als ob er gegen die Errichtung der Lehrwerkstätten auch nur das geringste einzuwenden hätte. Der Unterschied besteht nun darin: auf der einen Seite Meisterbildung, Meisterlehre und dann zur Ergänzung Lehrwerkstätte, auf der andern Seite wird die Lehrwerkstätte besonders betont. Nun bin ich überzeugt, wenn unser Handwerk hätte ungestört seine Ent- wicklung nehmen können, dann würde wohl gar keine Meinungs- verschiedenheit sein; aber wir wissen alle miteinander, daß auf diesem Gebiete ein gewaltiger Strich hineingemacht worden ist. Wir wissen alle miteinander, daß es auch Meister gegeben hat, die alles andere waren, nur keine Meister und ich glaube, daß gerade die Herren, die der Lehrwerkstätte in erster Linie mehr das Wort reden, an die Ergebnisse dieser Zeit denken und an die Meister, die wirklich keine Meister sind, und daß sie glauben, aus dem Grunde sei unter gewissen Verhältnissen die Lehrwerkstätte vorzuziehen. Darin ist ebenfalls alles einig: eine tüchtige Meister lehre steht an erster Stelle, aber es kommt dann das andere und das bezieht sich auf das

8. Bürgerkunde - S. 11

1907 - München : Gerber
11 kraft erforderten, den männlichen Arbeitern übertragen; Arbeiten hingegen, die hauptsächlich Handgeschicklichkeit voraussetzten, wurden den Frauen überlassen. Diese spannen und woben leinene und wollene Tücher, fertigten aus Tierfellen Kleider, mahlten mit einer Handmühle das Getreide und buken das Brot. Männer und Frauen betrieben jedoch gewerbliche Arbeiten nur neben Ackerbau und Viehzucht. Das Handwerk war nur ein Neben- beruf des Landwirts. — Die Sippe wurde mit der Zeit zahlreicher. Der Grund- besitz reichte nicht mehr aus, alle Glieder der Wirtschaftsgemeinde zu ernähren. Ein Teil der Sippschaft folgte nun demselben Triebe, den wir bei den „staatenbildenden" Insekten, wie den Bienen und Ameisen, beobachten können; er tvanderte fort und bildete eine neue Wirtschaftsgemeinde. Die gemeinsamen Acker, Wiesen und Wälder wurden geteilt. Aus einer Wirtschafts- gemeinde entstanden also mehrere. Die neuen Wirtschaftsgemeinden hatten meist nicht genügend Arbeitskräfte, um den Boden bearbeiten, um den Vertrag mit der sie umgebenden Natur halten zu können. Deshalb nahmen schwach bevölkerte Wirtschaftsgemeinden zuwan- dernde Fremde, nicht verwandte Personen, Hörige, auf. Die neuen Wirtschaftsgemeinden umfaßten also Freie und Unfreie. Die Bedürfnisse der Wirtschaftsgemeinden vermehrten' sich. Die Arbeit innerhalb derselben wurde etwas verschiedenartiger. Mancher Unfreie zeigte besondere Geschicklichkeit in der Bearbeitung des Leders, des Holzes, des Eisens. Er konnte daher bei dieser „gewerblichen" Arbeit mehr leisten, sich nützlicher machen als bei der landwirtschaftlichen. Es war daher vom Oberhaupte der Wirtschaftsgemeinde ganz klug, diesen Arbeiter künftig nur mit der Herstellung von Werkzeugen oder.kleidungsstücken zu beschäf- tigen. Außerdem nahm infolge der Übung die Fertigkeit dieses „gewerblichen" Arbeiters zu. Es gab nun einen Schuster, einen Wagner, einen Sattler re. Die Rohstoffe, wie Leder, Holz re., lieferte der Herr des Bauernhofes. Der Arbeiter machte daraus die Gebrauchsgegenstände. Er erhielt für seine Arbeit geringen Lohn in Brot, Schmalz, Eiern, d. i. in Naturalien. Der Schuster fand in einem Bauernhöfe nicht für das ganze Jahr Beschäftigung. Deshalb war er aufs Wandern angewiesen; er zog von einem Ort zum andern. Er ging „auf die Stör". (Dies tun heute uoch Näherinnen, Schuhmacher und Sattler re. auf dem Lande.) Diese Art gewerblicher Arbeit heißt Lohnwerk. Das Lohnwerk ist in unserer Zeit auch noch in einigen Alpen- gegenden heimisch. 2. Spaltung der Sippe. Lohnwerk.
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