Familien blieben. Diese Familien hießen „Geschlechter" oder
„Patrizier". Manche Patrizier wurden sogar „Edle" und „Ritter".
Solche waren in München z. B. die Ligsalz, Barth, Schrenk u. a.
Zu den „Geschlechtern" zählten auch Ritterfamilien, die vorher
„auf dem Lande" gelebt hatten und in die Stadt zogen. So
wanderten die Pütriche, Diener, Sendlinger re. in München ein
und gehörten zu den Patriziern.
Im 14. Jahrhundert gab es in München gegen 40 Patrizier-
familien. Heute sind fast alle ausgestorben. Nur die angesehenen
Geschlechter der Barth und Schrenk erinnern im 20. Jahrhunderte
noch an die Patrizierzeit des Mittelalters.
Die deutschen Städte wurden, wie erwähnt, ausschließlich
von den Patriziern regiert. Die Handwerker waren von den
städtischen Ehrenämtern ganz ausgeschlossen. Sie trugen aber
durch Fleiß, Ehrenhaftigkeit und Tüchtigkeit auch zum Blühen der
Städte bei. Zu Zünften vereinigt, fühlten sie sich stark. Sie
strebten daher darnach, an der Verwaltung der Städte teilnehmen
zu können. Die Patrizier aber waren selten geneigt, von ihren
ererbten Vorrechten abzulassen. Es erzählt uns daher die Ge-
schichte vieler Städte von Kämpfen zwischen den Bevorzugten und
den Zurückgesetzten, d. i. zwischen den Patriziern und den Zünft-
lern, um das Stadtregiment. Auch München, Nürnberg, Augs-
burg und verschiedene andere Städte blieben davon nicht verschont.
Die Nürnberger Zünfte erfreuten..sich der Gunst des Kaisers
Ludwig des Bayers. Dieser batte ihnen zum Ärger der Patrizier manche
Vorrechte eingeräumt, wie die Ausführung feierlicher Tänze, die Errichtung
von Trinkstuben rc. Die Stadtverwaltung war, wie überall, in den Händen
der vornehmen Geschlechter, der Behaim, Tücher, Weigel u. a. — Im
Frühjahre 1340 versammelten sich nun die Handwerker Nürnbergs in einem
Dominikanerkloster, um zu beraten, wie sie das Stadtregiment erlangen
könnten. Der Leiter der Versammlung war ein ^chwertfeger, der wegen
seines spitzen Bartes „Geißbart" hieß. Die Versammelten beschlossen, den
alten Rat abzuschaffen und dafür Zunftfreunde zu wählen. Damit würden
aber die Patrizier sicher nicht einverstanden gewesen sein. Deshalb wurde
bestimmt, daß die Ratsherren überfallen und gewaltsam abgesetzt werden
sollten. Am 3. Juni 1349 sollte der Beschluß ausgeführt werden. Die
Zünftler drangen in das Rathaus und in die Wohnungen der Ratsherren,
trafen diese aber nicht. Die Patrizier hatten den Plan der Zünftler er-
fahren und sich vorgesehen: einige hatten sich in Klöstern versteckt, andere
waren verkleidet aus der Stadt entkommen. Wütend über den mißlungenen
Anschlag, verwüsteten die Zünftler die Wohnungen der Patrizier, plünderten
die städtischen Kassen und zerstörten alte, wichtige Schriftstücke. — Da
kam König Karl Iv. den Patriziern zu Hilfe und stellte wieder Ordnung
her. Er eilte nach Nürnberg, setzte den alten Patrizischen Rat wieder ein
und gab ihm das Recht, unfolgsame Zünftler an Leib und Leben zu strafen.
Sieben Anführer wurden hingerichtet und Hunderte ans der Stadt ge-
wiesen; die Zunftmeister der gewalttätigen Zünfte wurden abgesetzt, den
Zünftlern wurde zugleich das Tragen von Waffen verboten. Nur zwei
h Patres — Väter; Patrizier — Angehörige vornehmer Geschlechter.
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Extrahierte Personennamen: Barth Schrenk Barth Ludwig_des_Bayers Ludwig Weigel Karl_Iv Karl
Extrahierte Ortsnamen: München München München Nürnberg Nürnberg
34
Iii. Folgen
des Nieder-
ganges.
1. Ungenü-
gende Arbeit
2. Annut.
Selbst Einrichtungen, die früher segensreich gewirkt hatten, wurden
nun mißbraucht, um dem Leichtsinn und der Arbeitsscheu zu dienen, so
z. B. der bei vielen Gewerbeir eingeführte Brauch des „Geschenkes" an die
wandernden Gesellen. Das Geschenk sollte früher dazil dienen, die Ge-
sellen auf der Wanderschaft vor Bettel und Landstreicherei zu bewahren.
Es war deshalb bei den Gewerben Sitte, den ankommenden Gesellen des
gleichen Handwerks einige Tage kostenlos zu verpflegen, ihm freies Nacht-
lager zu geben und, wenn er im Orte keine Arbeit gefunden, ihn mit
einem kleinen Taschengeld, dem „Zehrpfennig", für die Reise zum nächsten
Ziele zu entlassen. Diese Einrichtung benützten nun faule Gesellen, auf
Kosten ihrer Kameraden im fremden Orte einige Tage tüchtig zu zechen,
ohne Arbeit zu suchen, um dies hierauf in den nächsten Orten zu
wiederholen.
Die Aufnahme eines Gesellen in die Verbindung gab oft
Anlaß zu wüstem Zank, zu widerlicher Schwelgerei uttd zu blutigen
Schlägereien. Diese „Feste" dauerten oft mehrere Tage; kein
Geselle durfte in die Werkstätte gehen, ehe der Altgeselle die Fest-
lichkeit geschlossen hatte. Mancher Jüngling holte sich dabei den
Keim zu langem Siechtum.
Schon im 16. Jahrhundert verlangten die Gesellen, daß der
Montag wenigstens als halber Feiertag freigegeben werde. Am
Montag Mittag legten die Gesellen die Arbeit nieder. Eher ent-
heiligten sie den Sonntag, als daß sie der Montagsfeier entsagt
hätten. Ortloff erzählt über den „blauen Montag": „In den
Fasten wurden die meisten deutschen Kirchen blau ausgeschmückt.
Zu eben dieser Zeit fingen die Gewerbetreibenden an, die Fasten
über den Montag in Schwelgereien aller Art zu verbringen, und
führten das Sprichwort: „Heute ist blauer Freßmontag" ein.
Die Erlaubnis, welche die Gesellen in der Fastenzeit bekamen,
nahmen sie sich im Lause der Zeit auch an den übrigen Montagen."
Äußere und innere Gründe trugen also zum Niedergänge
des Handwerks bei.
Justus Möser sagte in der zweiten Hälfte des 18. Jahr-
hunderts: „Fast alle deutsche Arbeit hat zu unserer Zeit etwas
Unvollendetes, dergleichen wir an keinem alten Kunststück und
gegenwärtig an keinem echt englischen Stück mehr antreffen....
Die einzige Aufmunterung kommt jetzt von den Höfen; aber was
sollen einige wenige mit Besoldung angelockte Hofarbeiter gegen
Handwerker, die während des hanseatischen Bundes für die ganze
Welt arbeiteten!" Und der Zunftfreund Weiß, ein gelernter
Handwerker, stimmt Möser zu: „Die Leute liefern elende Arbeit,
darum nimmt ihnen niemand ettvas ab und sie verderben."
Der Handwerkerstand mußte infolgedessen immer mehr ver"
armen. Weiß erzählt in einer preisgekrönten Schrift, daß unter
21 Menschen in Deutschland sich in jener Zeit nur einer befand,
der sein vollständiges Auskommen hatte; 10 dagegen mußten
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69
Ehrgefühls. Der Fabrikarbeiter war nicht bloß besitzlos, er wurde
auch heimatlos. Gar zu leicht zerrissen die Verbindungen mit
der elterlichen Familie und schwanden so die ererbten Sitten.
Das war für den Arbeiter sehr von Übel. Mit Massennot war
sittliches Elend verschwistert. Dies können wir aus der weh-
mütigen Klage des schon genannten Disraeli über die englische
Fabrikbevölkerung ersehen: „Wenn ich daran denke, was dieses
englische Volk vormals war: das wahrhafteste, freieste, tapferste,
bestgestimmte und bestaussehende, glücklichste und frömmste Geschlecht
aus diesem Erdball, und wenn ich jetzt an diese Menschen denke
mit allen ihren Verbrechen und Sklavenleiden, ihrem verbitterten
Sinn und ihren verunstalteten Körpern, ihrem Leben ohne Freude
und ihrem Tode ohne Hoffnung, so mag ich wohl ergriffen sein."
Für alles Elend klagten nun die Arbeiter die Maschinen 3. Die Ar-
und deren Besitzer an. Die Maschine betrachteten sie als ihre Maschine!"
Todfeindin. Sie suchten dieselbe in blinder Wut sogar zu ver-
nichten. Die Stimmung der englischen Arbeiter gegen die Maschine
bringt ein Gedicht zum Ausdruck, dessen erste Strophen lauten:
Ein König lebt, ein zorniger Fürst,
nicht des Dichters geträumtes Königsbild,
ein Tyrann, den der weiße Sklave kennt,
und der Dampf ist der König wild.
Er hat einen Arm, einen eisernen Arm
und obgleich er nur einen trägt,
in dem Arme schafft eine Zauberkraft,
die Millionen schlägt.
Die englischen Arbeiter hatten jedoch mit der Maschine
bereits Frieden geschlossen, als die deutschen Arbeiter — die
deutsche Industrie schreitet etwa ein Vierteljahrhundert hinter der
englischen — ihre Maschinen zertrümmerten. W. H. Riehl
erzählt darüber:
„Wir sahen die (deutschen) Fabrikarbeiter selber ihre eigenen Maschinen
zertrümmern. . . Der Fabrikarbeiter hat häufig ganz dieselbe Furcht vor
jeder Verbesserung der Maschine — und wenn auch eine solche gleich ihm
allein zum Nutzen wäre — wie der Bauer vor dem Lernen... Jacquards
wurde fast gesteinigt, weil er den kunstvollen Mechanismus an den Seiden-
webstühlen erfunden hatte, der seinen Namen trägt und der in erster
Linie die beklagenswerten Arbeiter an den früheren Seidenwebstühlen,
welche den ganzen Tag in den unnatürlichsten Gliederverrenkungen
verharren mußten, von ihrem qualvollen Leben erlöste . . . Als im
März 1848 brotlose Lohnkutscher die Schienen der Tannuseisenbahn aufrissen
und gleich daneben hungernde Schiffsheizer die Dampfboote des Rheins
und Mains beschossen, sah ich einen Maschinenarbeiter, welcher die voll-
endete Verwüstung höhnisch überschaute und mit der Siegesgewißheit
eines Propheten ausrief: Durch dieses Land wird keine Maschine mehr
fahren . .
ft Sprich Lchakar!
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78
d) Nutzen.
N a m e n der Genossenschaft Sitz der Genossenschaft % ‘ =« ’S I -g 'o' 2 0 Haft- summe für je einen Geschäfts- anteil „H Jahresumsatz .£1905 Jt
17. Werk- u. Rohstoff-
genossenschnft für
das Buchbinder-
gewerbe München 17 17 100 194,52
18. Gewerbe-Kredit-
genossenschaft Tittmoning 35 53 500 39.631,85
19. Gewerblich. Dar-
lehenskassenverein Trostberg 90 147 500 2.688.854,79
20. Handwerker - Ge -
n o sse n sch afts kaffe Schwaben 23 23 300 69.571,99
Nach dem für die Genossenschaften geltenden Gesetz können
solche errichtet werden
1. dergestalt, daß die einzelnen Mitglieder (Genossen) für die Verbindlich-
keiten der Genossenschaft dieser sowie unmittelbar den Gläubigern
derselben mit ihrem ganzen Vermögen hasten: eingetragene Genossen-
schaft mit unbeschränkter Haftpflicht;
2. dergestalt, daß die Genossen zwar mit ihrem ganzen Vermögen, aber
nicht unmittelbar den Gläubigern der Genossenschaft verhaftet, viel-
mehr nur verpflichtet sind, der letzteren die zur Befriedigung der
Gläubiger erforderlichen Vorschüsse zu leisten: eingetragene Genossen-
schaft mit unbeschränkter Nachschußpflicht;
3. dergestalt, daß die Haftpflicht der Genossen für die Verbindlichkeiten
der Genossenschaft sowohl dieser wie unmittelbar den Gläubigern
gegenüber im voraus auf eine bestimmte Summe beschränkt ist: ein-
getragene Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht.
Fassen wir den Nutzen der Genossenschaften zusammen!
1. Sie verbilligen die Lebensmittel und Gebrauchsartikel.
2. Sie heben die Machtlosigkeit der einzelnen Kleinmeister auf
und geben diesen in ihrer Gesamtheit und Gemeinsamkeit
Kredit und Macht.
3. Sie beweisen, daß die Handwerker imstande sind selbst ihre
Lage zu bessern, wenn sie aufhören, „es gehen zu lassen, wie
es eben geht", wenn sie sich in neue Zeit-, Verkehrs- und
Erwerbsverhältnisse schicken, wenn sie den schädlichen Eigen-
nutz, der allein haben will, was verdient wird, zurückdrängen.
4. Die glorreiche Geschichte der Pioniere von Rochdale und
zahlreicher anderer Genossenschaften beweist die Unwahrheit
der giftigen Lehre, daß das Sparen für den Arbeiter hoff-
nungslos sei.
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105
Im Kampfe wird der Stärkere und Geschicktere den
Schwächeren besiegen. Es besteht also für jedermann die Aus-
gabe, seine Kräfte zu entwickeln, tiichtig zu werden.
Um die doppelte Aufgabe: 1. Erhaltung der einzelnen Per-
sonen und der Erwerbsgruppen, 2. Entwicklung zu möglichster
Tüchtigkeit aller Personen, durchführen zu können, ist eine Macht
oder Gewalt notwendig, welche die verschiedenen Interessen ins
Gleichgeioicht zu bringen vermag. Die Vereinigung der Menschen
eines Landes unter einer Gewalt nennen wir Staat. Bayern
ist ein Staat. Die Herrschaft über Land und Leute im Staate
übt das Staatsoberhaupt.
Die Staatsform ist in den einzelnen Ländern verschieden.
In Bayern, Preußen, Italien, Rußland re. besitzt die Staats-
gewalt eine Person, welche dieselbe ererbt und auf Lebenszeit
behält. Die genannten Staaten bilden Monarchien. Das
Staatsoberhaupt, der Monarch, führt den Titel Fürst (in Wald-
eck ic.) oder Herzog (in Braunschweig re.) oder Großherzog (in
Baden re.) oder König (in Bayern re.).
In Frankreich, in der Schweiz, in den „Vereinigten Staaten
von Nordamerika" re. wird das Staatsoberhaupt von den Staats-
bürgern auf mehrere Jahre gewählt und führt den Titel Präsident.
Derartig regierte Staaten heißen Republiken.
Das Staatsoberhaupt nimmt an den Jnteressenkämpfen der
einzelnen Personen, der Berufszweige und der Erwerbsgruppen
nicht teil; es ist ihm darum zu tun, daß niemand einen Nachteil
erleide. Es will alle Leute schützen und unterstützen; denn alle,
Bauer und Handwerker, Fabrikant und Kaufmann, Künstler und
Gelehrter, Geistlicher und Lehrer re., sind notwendig und brauchen
einander. Kunst und Wissenschaft, Religion und Schule dienen
zwar nicht direkt dem Erwerbe. Die Geschichte zeigt aber, daß
Staaten, in welchen nur nach Reichtum, nicht auch nach leiblicher
und sittlicher Gesundheit gestrebt worden ist, zerfallen sind. (Der
römische Staat.) Das Staatsoberhaupt hat an der Erhaltung
aller Stände und damit an der Erhaltung des Staates das größte
Interesse. ^ „Jedem das Seine!" ruft es den eigennützigen Menschen
zu. Es schützt die Untertanen I die Staatsbürgers, und sorgt
dafür, daß keiner derselben in seinen Interessen geschädigt werde.
y untertan sein — ergeben, unterworfen sein.
0 Bürger (Burger) von bergen; das Wort drückt die geschichtliche
Entwicklung des deutschen Bürgertums aus: 1. die Sorge der sich Bergen-
den; 2. behagliche Sicherheit; 3. Sicherung, Verbürgung des Eigentums
und des Rechtes.
I. Xer
Staat:
1. Die
Staatssorm,
2. Das
Staats-
oberhaupt.
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Extrahierte Personennamen: Burger
Extrahierte Ortsnamen: Bayern Italien Braunschweig Baden Bayern Frankreich Schweiz
Die Ordnung im Staatsleben^wird durch Gesetzes geregelt.
Das Haupt- und Grundgesetz des L-taates ist die Verfassung.
Bwfassung^ Die bayerische Verfassung wurde am 26. Mai 1818 von
König Maximilian I. verliehen. Die Grundzüge derselben sind:
1. Der König.
„Der König ist das Oberhaupt des Staates, vereinigt in
sich alle Rechte der Staatsgewalt und übt sie nach den in der
Verfassungsurkunde festgesetzten Bestimmungen aus.
Seine Person ist heilig und unverletzlich." (Verf.-Urk.
Tit. Ii § 1.)
Die Würde des Königs erbt sich in den männlichen Gliedern
unseres erlauchten Herrscherhauses der Wittelsbacher nach dem
Rechte der Erstgeburt fort.
Wenn der König nicht imstande ist die Regierung auszu-
üben, so ivird diese für ihn und in seinem Namen von einem
Regenten geführt. Der Regent hat den Titel: des Königreichs
Bayern Verweser.
2. Die Staatsbürger.
a) Rechte: Jeder Staatsangehörige ist vor Angriffen und
Verfolgung geschützt — Sicherh eit der Person.
Das Vermögen jedes Staatsbürgers ist geschützt ^Sicher-
heit des Eigentums.
Alle Personen sind den gleichen Gesetzen unterworfen =
Gleichheit vor dem Gesetze.
Jeder Bayer kann zu allen Ämtern im Staate, im Heere
und in der Kirche gelangen, wenn er die Vorschriften hiezu er-
füllt hat — freie Konkurrenz zu den Ämtern im
Staate.
Jeder darf sich zu irgend einer Religion bekennen — Frei-
heit des religiösen Bekenntnisses.
Alle Staatsbürger dürfen ihre Meinung mündlich und
schriftlich frei äußern und sich friedlich versammeln — Rede-,
Preß- und Versammlungsfreiheit. Doch bestehen Ver-
bote gegen den Mißbrauch dieser Rechte.
Von der ^ Der Staat ist der Hüter des Rechtes. Zur Ausübung dieser
Rechtspflege. tz,^^bn Aufgabe bestimmt der Landesherr rechtskundige Beamte,
Richter, welche im Aufträge und im Namen des Landesherrn
Recht sprechen.
x) Gesetz — die festgesetzte Vorschrift im Staate. (Auch die „Gewerbe-
ordnung" ist eines der Gesetze, welche iut Staate, bzw. im Reiche gelten.
TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
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118
¥7
Meinung, daß der Unterricht soweit als möglich obligatorisch
gemacht, der Unterricht in die Tageszeit verlegt und die Stunden-
zahl vermehrt werde; daß ferner zu große Abteilungen zerlegt
oder die Angehörigen der nämlichen oder verwandten Gewerbe in
Gruppen vereinigt, gewerbliche Fortbildungsschulen und Jnnnngs-
fachschulen miteinander in Verbindung gebracht und die Vergütungen
für die Erteilung des Unterrichts an den gewerblichen Fortbildungs-
schulen besser geregelt, bezw. erhöht werden sollten.
Meine Herren! Die Staatsregierung hat die ernste Absicht
den Gewerbestand tunlichst zu fördern, zu heben und leistungs-
fähig zu machen; sie verfolgt das Ziel dem Handwerk tüchtige
Gesellen und tüchtige Meister zuzuführen. In der Verfolgung
dieses Zieles wird die Regierung durchaus nicht einseitig und
lediglich vom grünen Tisch aus vorgehen, sie wird vielmehr wie
seither so auch in Zukunft in steter enger Fühlung mit dem
Gewerbe bleiben, sie wird tunlichst in jeden: Falle die Bedürfnisse
und die Mittel zur Abhilfe an Ort und Stelle und zwar im direkten
Benehmen mit den Beteiligten zu erkennen und festzustellen suchen.
(Bravo!)
Vizepräsident: Das Wort ist nicht weiter begehrt
worden; die Diskussion ist geschlossen.
Das Schlußwort hat der Herr Berichter st atter.
vr. Sch. (Berichterstatter): Meine Herren! Ich glaube,
daß die Vertreter der verschiedenen Anschauungen einander viel
näher stehen als es den Anschein hat. Von keiner Seite ist
irgendwie ein Wort dagegen geredet worden. Wir haben weiter
noch gehört, daß einer der verehrten Herren Kollegen sich aus-
drücklich dagegen gewehrt hat, als ob er gegen die Errichtung der
Lehrwerkstätten auch nur das geringste einzuwenden hätte. Der
Unterschied besteht nun darin: auf der einen Seite Meisterbildung,
Meisterlehre und dann zur Ergänzung Lehrwerkstätte, auf der
andern Seite wird die Lehrwerkstätte besonders betont. Nun bin
ich überzeugt, wenn unser Handwerk hätte ungestört seine Ent-
wicklung nehmen können, dann würde wohl gar keine Meinungs-
verschiedenheit sein; aber wir wissen alle miteinander, daß auf
diesem Gebiete ein gewaltiger Strich hineingemacht worden ist.
Wir wissen alle miteinander, daß es auch Meister gegeben
hat, die alles andere waren, nur keine Meister und ich
glaube, daß gerade die Herren, die der Lehrwerkstätte in erster
Linie mehr das Wort reden, an die Ergebnisse dieser Zeit
denken und an die Meister, die wirklich keine Meister sind, und
daß sie glauben, aus dem Grunde sei unter gewissen Verhältnissen
die Lehrwerkstätte vorzuziehen. Darin ist ebenfalls alles einig:
eine tüchtige Meister lehre steht an erster Stelle,
aber es kommt dann das andere und das bezieht sich auf das
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung]]
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11
kraft erforderten, den männlichen Arbeitern übertragen; Arbeiten
hingegen, die hauptsächlich Handgeschicklichkeit voraussetzten, wurden
den Frauen überlassen. Diese spannen und woben leinene und
wollene Tücher, fertigten aus Tierfellen Kleider, mahlten mit
einer Handmühle das Getreide und buken das Brot. Männer
und Frauen betrieben jedoch gewerbliche Arbeiten nur neben
Ackerbau und Viehzucht. Das Handwerk war nur ein Neben-
beruf des Landwirts. —
Die Sippe wurde mit der Zeit zahlreicher. Der Grund-
besitz reichte nicht mehr aus, alle Glieder der Wirtschaftsgemeinde
zu ernähren. Ein Teil der Sippschaft folgte nun demselben
Triebe, den wir bei den „staatenbildenden" Insekten, wie den
Bienen und Ameisen, beobachten können; er tvanderte fort und
bildete eine neue Wirtschaftsgemeinde. Die gemeinsamen Acker,
Wiesen und Wälder wurden geteilt. Aus einer Wirtschafts-
gemeinde entstanden also mehrere. Die neuen Wirtschaftsgemeinden
hatten meist nicht genügend Arbeitskräfte, um den Boden bearbeiten,
um den Vertrag mit der sie umgebenden Natur halten zu können.
Deshalb nahmen schwach bevölkerte Wirtschaftsgemeinden zuwan-
dernde Fremde, nicht verwandte Personen, Hörige, auf.
Die neuen Wirtschaftsgemeinden umfaßten also Freie und
Unfreie.
Die Bedürfnisse der Wirtschaftsgemeinden vermehrten' sich.
Die Arbeit innerhalb derselben wurde etwas verschiedenartiger.
Mancher Unfreie zeigte besondere Geschicklichkeit in der Bearbeitung
des Leders, des Holzes, des Eisens. Er konnte daher bei dieser
„gewerblichen" Arbeit mehr leisten, sich nützlicher machen als bei
der landwirtschaftlichen. Es war daher vom Oberhaupte der
Wirtschaftsgemeinde ganz klug, diesen Arbeiter künftig nur mit
der Herstellung von Werkzeugen oder.kleidungsstücken zu beschäf-
tigen. Außerdem nahm infolge der Übung die Fertigkeit dieses
„gewerblichen" Arbeiters zu. Es gab nun einen Schuster, einen
Wagner, einen Sattler re. Die Rohstoffe, wie Leder, Holz re.,
lieferte der Herr des Bauernhofes. Der Arbeiter machte daraus
die Gebrauchsgegenstände. Er erhielt für seine Arbeit geringen
Lohn in Brot, Schmalz, Eiern, d. i. in Naturalien.
Der Schuster fand in einem Bauernhöfe nicht für das ganze
Jahr Beschäftigung. Deshalb war er aufs Wandern angewiesen;
er zog von einem Ort zum andern. Er ging „auf die Stör".
(Dies tun heute uoch Näherinnen, Schuhmacher und Sattler re.
auf dem Lande.) Diese Art gewerblicher Arbeit heißt Lohnwerk.
Das Lohnwerk ist in unserer Zeit auch noch in einigen Alpen-
gegenden heimisch.
2. Spaltung
der Sippe.
Lohnwerk.
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