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Verkauf nicht ausbleiben. Die Stadt hat durchaus ein neumodisches
Ansehen. Nur wenige Straßen sind eng und krumm, einige sind wohl
eine Viertelmeile lang und bestehen aus lauter großartigen Häusern.
Eine dieser Straßen ist sehr breit und mit vier Reihen Linden bepflanzt.
Sie dient als Spaziergang und führt nach dem schönen Branden-
burger Thore und durch dieses in einen Lustwald, welcher der Thier-
garten heißt; in der Mitte der Stadt geht sie von einem sehr schönen
Platze aus, an welchem das alte königliche Schloß, das Museum,
das Zeughaus, das Universitätsgebäude, das Opernhaus, die
königliche Bibliothek, die St. Hedwigskirche und noch andere
palastähnliche Gebäude liegen. Von den vielen übrigen öffentlichen
Gebäuden soll hier nur noch das von mehr als 1000 Personen be-
wohnte Invaliden haus erwähnt werden, worin für hülflose, im
Kriege verstümmelte Soldaten Sorge getragen wird. —
Außer vielen andern Fabriken besitzt Berlin eine vortreffliche Ei-
sengießerei, worin nicht bloß Brücken mit Bogen und Geländer,
Maschinen aller Art, sondern auch herrliche Bildsäulen und Brustbilder
aus Gußeisen verfertigt werden. Ja sie liefert sogar die feinsten Schmuck-
sachen aus Eisen: Finger- und Ohrringe, Armbänder und Vorstecknadeln,
Ketten und was man sonst nur aus Gold zu arbeiten pflegte. Im
Durchschnitt liefert die Fabrik jährlich 10,000 bis 12,000 Centner
solcher Gußwaaren, wovon die leichtesten i/10 Loth, die schwersten 40
Centner wiegen.
An der Berliner Universität wirken über 100 Lehrer und jähr-
lich wohnen über 2000 Studenten den Vorlesungen bei. Die Bib-
liothek der Universität zählt mehr denn 400,000 Bände; und wer da
etwas Tüchtiges lernen will, dem fehlt es hier nicht an Gelegenheit.
13. Frankfurt an der Oder.
Leopold von Braunschweig.
Frankfurt an der Oder ist nächst Berlin und Potsdam in Hin-
sicht der Bevölkerung die größte Stadt Brandenburgs; sie ist von mehr
als 21,000 Menschen bewohnt. Die Stadt liegt in einer angenehmen
Gegend, worin Anhöhen, Wiesen, Getreidefelder, Weinberge und Obst-
gärten abwechseln und die Stadt umgeben. Auf der Ostseite strömt
die Oder vorbei, über welche hier eine 800 Fuß lange hölzerne Brücke
flchrt, und die auf der rechten Oderseite gelegene Dammvorstadt mit
der übrigen Stadt verbindet. Merkwürdig ist das dem Herzog Leo-
pold von Braunschweig errichtete Denkmal, an der Stelle, wo er
am 27. April 1785 in den Fluthen umkam, indem er bei einer großen
Oder-Ueberschwemmung einigen, vom Wasser eingeschlossenen Vorstädtern
Hülfe zu bringen versuchte. Bei dieser Ueberschwemmung eilte er näm-
lich an das Ufer, bot anfangs den dastehenden Leuten ansehnliche Be-
lohnungen, wenn sie die Unglücklichen retten wollten. Umsonst, die
Gefahr war zu groß; niemand wollte sein Leben wagen. Nun, so
Haesters' Lesebuch für Oberkl. 9
I
TM Hauptwörter (50): [T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität]]
TM Hauptwörter (100): [T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau]]
TM Hauptwörter (200): [T199: [Universität Berlin Bibliothek Leipzig Schloß München Jahr Museum Schule Gymnasium], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit], T25: [Stadt Schloß Straße Garten Berg Dorf Nähe Park Ufer Haus], T168: [Holz Tisch Messer Stück Honig Stuhl Griffel Hand Narbe Papier], T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff]]
Extrahierte Personennamen: Leopold_von_Braunschweig Leopold
Extrahierte Ortsnamen: Berlin Frankfurt Frankfurt Berlin Potsdam Brandenburgs
— 75
haben, Holz geben zum Heizen und Bauen. Dafür bringen denn die
Flößer schönes Geld heim, oder gute Frucht, die in den Ebenen
wächst. So helfen sich die Menschen gegenseitig.
60. Waldreichthum.
Das ist überhaupt ein großer Reichthum, der da in den Wäldern
auf unsern Bergen rauscht. Denn das Holz muß den Waldleuten auf
gar mannigfache Weise zu Brod und Unterhalt verhelfen. Da brennt
es in den großen Ösen von mehr als 250 Schmelzwerken, Eisen-
und Stahlhütten, Stab-, Zinn-, Draht- und Blechhäm-
mern. Hast du schon einmal eine solche Eisenhütte gesehen? — Bis
tief in die Nacht hinein kannst du da die gluthrothen Lohen zum
schwarzen Himmel aufsteigen sehen; dazu schlagen die mächtigen Poch-
werke ihren einförmigen Takt, der Bach, der sie treibt, rauscht in
Feuerfunken über das arbeitende Rad, aus dem Ofen in der Hütte
fließt das Eisen wie ein feuriger Strom, oder gewaltige Hämmer schla-
gen die Eisenmassen zu Stangen oder Blechen zurecht; halbnackte rußige
Männer wandeln emsig zwischen den feurigen Massen, schüren den Ofen,
schöpfen das flüssige Eisen, oder bringen mit gewaltigen Zangen die
gluthrothen Eisenstücke unter den pochenden Hankmer. Und der schwarze
Wald ringsum sieht schweigend zu.
Das ist wohl wunderbar, wie da alles zusammenhilft zum Erwerb
des Menschen, — der Eisenstein, der in unsern Bergen liegt, und
der Bach, der die Werke treibt, und das Holz, das die Öfen heizen
muß. Ferner hilft das Holz vielen hundert geschickten Arbeitern, die
aus dem Eisen die blanken Flintenläufe und Messer, Scheeren, Beile,
Bohrer und allerlei Geräthe fertigen, die dann weit in die Welt gehen.
So giebt's allein in dem Dorfe Steinbach bei Liebenstein gegen
150 Messerschmiede, die manchmal in einer Woche an 100 Dutzend
'Messer fertig bringen.
Dann giebt es im thüringer Walde Glasfabriken; denen muß
auch das Holz helfen, denn das Feuer schmelzt da aus Kiesel und Asche
das Glas. Das ist anfangs so weich, daß die großen Tafeln, wie sie
in unsern Fenstern stehen, wie Papier zusammengerollt und ausgeglättet
und Trinkgeschirre und allerlei Glasgeräthe wie Seifenkugeln geblasen
werden.
Ferner muß das Holz vielen Porzellansabriken den Ofen hei-
zen; dabei finden auch wieder viele fleißige Arbeiter Nahrung, und es
giebt in dem Walde mehr als tausend Porzellanmacher, die Jahr aus,
Jahr ein Pseifenköpfe, Tassen u. dgl. malen. Das thüringer Por-
zellan aber geht weit hinaus in den Handel.
Von dem Holze nährt sich auch der rußige Köhler, der im Walde
in dampfenden Meilern die Holzkohlen für Eisenhütten und Schmie-
den bereitet. — Andere zapfen den Bäumen das Harz ab und machen
Pech und Kienruß daraus. — Viele machen sich auch damit einen
TM Hauptwörter (50): [T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T6: [Eisen Gold Silber Kupfer Wasser Blei Metall Salz Kalk Stein], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke]]
TM Hauptwörter (200): [T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T168: [Holz Tisch Messer Stück Honig Stuhl Griffel Hand Narbe Papier], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T124: [Wasser Luft Sauerstoff Körper Stoff Kohlensäure Teil Feuer Pflanze Kalk], T94: [Stadt Fabrik Handel Dorf Schloß Weberei Einwohner Einw. Nähe Bergbau]]
268
dem alten Pompeji, und auch dies wurde gefunden; und wohl
der vierte Theil desselben ist schon ans Licht gebracht. Das ist
nun höchst merkwürdig: in einer unterirdischen Stadt kann man da
umhergehen. Alles liegt noch so da, wie es vor beinahe 1800
Jahren gewesen; und eine recht anschauliche Vorstellung von dem
Leben der alten heidnischen Römer lässt sich hier gewinnen. Da
sieht man noch Stühle und Tische, Lampen, Messer, Flaschen, Ringe,
Schlüssel u. dgl. umherliegen. Die höchst geschmackvolle Malerei
an den Zimmerwänden ist noch frisch, als wenn der Maler eben
erst davon gegangen wäre. Im Theater und auf einer Villa (Land-
gut) fand man einen ausserordentlichen Schatz von kostbaren Sta-
tuen von Marmor und Bronze. In einem Zimmer fand man eine
Bibliothek von 1700 Papyrusrollen (gedruckte Bücher hatte
man damals noch nicht); sie waren aber alle verkohlt. Über den
Hausthüren stehen noch hier und da Inschriften, und in den Buden
der Ölverkäufer die Ladentische. Die Strassen sind enge, die Häuser
niedrig. Ihr Äusseres ist sehr einfach, das Innere desto prachtvoller.
Die Fussböden sind mehr oder weniger mit künstlicher Mosaik
(aus farbigen Steinen zusammengesetzte, unsern Stickereien ähnliche
Gemälde) ausgelegt; die Wände sind mit prachtvollen Gemälden
verziert, Tische und Schränke mit dem schönsten Hausgeräthe. Vor
den Häusern sind noch die Bänke , auf denen sich die Nachbars-
leute zu versammeln pflegten. Ein weibliches Skelett sass an einem
Arbeitstische und hatte einen Knaul vor sich liegen, ein anderes
wurde mit einem Schlüsselbunde in der Hand, ein drittes auf einer
Hühnerleiter stehend gefunden, und in den Buden lagen noch aller-
hand Esswaaren: Nüsse, Weinbeeren, Oliven, eine grosse Pastete;
aber natürlich alles verkohlt von der Hitze der Lava.
Wiederholungsfragen!
Zeichnen und Beschreiben!
13 Die Türkei und Griechenland.
Im Süd osten von Europa, östlich von Italien, Hier jen-
seits des adriatischen Meeres liegt die Türkei. Die Türken sind
eigentlich kein europäisches Volk und das schöne Land, welches sie jetzt
in Europa bewohnen, die europäische Türkei gehörte in alten Zeiten
größtentheils den tapfern, kunstreichen und gelehrten Griechen. Die
Türkei erstreckt sich aber auch noch über den Südwjten von Asten,
und das nennt man die astatische Türkei. Außerdem stehen Ägyp-
ten und andere nördliche Staaten von Afrika unter dem türkischen
Kaiser, welcher der Großsultan genannt wird. Der ganze Länder-
umfang der Türkei beträgt an 4=2,000 Quadratmeilen mit mehr als
22 Millionen Einwohnern, jedoch kommen auf den europäischen Theil
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom]]
TM Hauptwörter (100): [T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T97: [Stadt Hauptstadt China Reich Land Handel Meer Einw. Türkei Sultan], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast], T168: [Holz Tisch Messer Stück Honig Stuhl Griffel Hand Narbe Papier], T138: [Meer Insel Stadt Küste Halbinsel Kleinasien Griechenland Name Bosporus Land], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte]]
Extrahierte Ortsnamen: Pompeji Griechenland Europa Italien Europa Afrika
279
und Norwegen gemacht wird und einen Hauptartikel des Handels mit
den Lappländern bildet. Viel von diesem Tuche wird auch von den
Küstenlapplandern gewoben, die es gegen Rennthierfelle an die
Gebirgslappen vertauschen, um aus den Fellen ihre Winterkleider und
Betten zu machen. Das von ästigen Birkenstämmen unterstützte Zelt
bildet die einzige Wohnung, und unter diesem schwachen Gedeck hält der
Lappländer die lange dauernde, strenge Kälte der Wintermonate in den in-
neren Gegenden aus. Die Höhe des Zeltes ist ungefähr 6 Fuß, und
der ganze Umfang des Innern übersteigt selten 15 bis 18 Fuß. In
diesen engen Raum drängen sich der Lappländer, sein Weib und seine
Kinder und sehr oft eine zweite Familie, die Mitbesitzer der Heerde ist,
zusammen und lassen noch Ecken für ihr einfaches Hausgeräth, als
Näpfe, eiserne Töpfe, Löffel, hölzerne Kästchen u. s. w. übrig. Dabei
bleibt immer noch ein Plätzchen für die Hunde, die treuen Wächter der
Heerde, welche ich zu Zwanzigen als Genossen eines Zeltes gesehen habe,
wovon freilich viele auf den Leibern ihrer Herren eine bequeme Ruhe-
stätte fanden. In der Mitte ist das Feuer, von einigen großen Stei-
nen eingeschlossen; ein Theil des Rauches geht oben durch die Öffnung
des Zeltes, der übrige erfüllt den untern Raum fast immer mit einer
dichten Wolke, hüllt die Bewohner gänzlich ein, daß der Eintretende
sie kaum erkennt, und fällt dem Fremden beißend auf die Augen. Mir
war der höchste Grad von Kälte noch erträglicher vorgekommen, als eine
Stunde ist einem lappischen Zelte. Oben an der Spitze des Zeltes, dicht
an der Öffnung für den Rauch, ist eine Art Reck aufgehangen, worauf
die Käse gelegt werden, um schneller zu trocknen. Das Innere des
Zeltes ist gewöhnlich mit Birkenzweigen, an welchen das Laub gelassen
ist, bestreut und darauf eine Decke von Rennthierfellen gelegt, welche
dem Lappländer in allen Jahreszeiten zum Bette dient. Der einzige
Eingang zum Zelt ist durch eine schmale Öffnung oder einen Schlitz
an der einen Seite, vor welcher ein Lappen hängt, welcher, in die
Höhe gehoben, von selbst wieder in seine vorige Lage zurückfällt und
die äußere Lust abhält.
Der Lappländer ist sowohl von Natur als aus Noth ein Nomade.
Da sein Unterhalt völlig von seinen Rennthieren abhängt, welche
ganz frei und sich selbst überlassen sind, so kann man sagen, daß seine
Bewegungen durch sie geleitet werden, und daß seine ganze Lebensweise
durch sie bestimmt wird. Die Anzahl der Rennthiere, die zu einer
Heerde gehören, ist von 300 bis 500 ; mit einer solchen Heerde kann
ein Lappe sich Wohlbefinden und leidlich leben. Er kann im Sommer
eine hinreichende Menge Käse machen für das Bedürfniß des Jahres,
und im Winter kann er so viele Rennthiere schlachten, daß er und seine
Familie fast beständig Fleisch essen können. Mit 200 Rennthieren kann
ein Mann mit kleiner Familie sich so einrichten, daß er auskommt.
Besonders malerisch und für Lappland charatteristisch ist der Anblick
des Melkens, wenn sich die Heerde zur Abendzeit um das^ Zelt ver-
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T185: [Jagd Viehzucht Bewohner Ackerbau Jäger Fischfang Wald Fischerei Krieg Land], T125: [Haus Stein Fenster Dach Holz Stroh Winter Erde Wand Wohnung], T168: [Holz Tisch Messer Stück Honig Stuhl Griffel Hand Narbe Papier], T43: [Haus Frau Kind Mann Arbeit Wohnung Familie Zeit Zimmer Kleidung], T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See]]
336
an, kann aber zu allerlei Kunstsachen verarbeitet werden. Aus der
Rinde verfertigt man sehr schönes Zeug zu Kleiderstoffen, und die
Blätter dienen theils zum Einwickeln der Frucht beim Rosten und
Backen, theils als Tischtücher. Die abgefallenen männlichen Blüthen
werden als Zunder benutzt.
Ss. Die Staudenkoralle.
Zu den merkwürdigsten P stanz ent hieren, die ein hartes, stein-
artiges Gehäuse haben, das mit dem Thiere sich bildet, und welches
nicht bloß ein einziges Thierchrn der Art beherbergt, sondern in dem
viele Millionen derselben sitzen, gehört die Staudenkoralle.
Die Fortpflanzung findet bei diesen Thieren nach Art der Pflanzen
statt. Aus dem Mutterstamme wächst eine Knospe oder ein Zweig
hervor, der' aber am Grundstöcke bleibt; aus diesem Zweige treibt
wieder ein Zweig, aus diesem wieder einer, und so fort, so daß am
Ende die ganze Masse einem Gebüsche oder Baume ähnlich wird. Die
Staudenkorallen erreichen mit der Zeit eine ungeheure Größe, sie stei-
gen nach und nach vom Grunde des Meeres, wo sie in großer Zahl
festsitzen, herauf bis zu seiner Oberfläche, und bilden hier nicht etwa
ein unbedeutendes, dünnes Gesträuch, sondern große, feste Massen,
welche unter dem Namen „Korallenbänke oder Korallenriffe" dem
Schiffer wohlbekannt sind, und schon manchem Schiffe, das auf sie
stieß, den Untergang brachten. Jedoch nicht bloß als heimtückische
Fallen für den sichern Fährmann sind die Korallen unter dem Spiegel
des Wassers ausgebreitet, oft erheben sie sich auch über denselben, die
Zwischenräume werden nach und nach durch zufällig herbeigeschwemmte
Gegenstände ausgefüllt; es bildet sich eine fruchtbare Dammerde und
eine blühende Insel entsteht — auf dem winzig kleinen und doch kolos-
salen Wasserthiere! Solche Inseln trifft man viele in der Südsee
an, und es sind entweder unbewohnte Eilande, oder durch die Länge
der Zeit und günstige Umstände sichere Wohnplätze für Menschen und
Thiere geworden. Das Meer ist in ihrer Nähe oft unergründlich tief,
und es scheint, daß sie vom Grunde senkrecht heraufgewachsen seien.
Es sind jedoch die Gelehrten nicht ganz einig, ob sie wirklich in der
größten Tiefe festsitzen, oder ob sie vielmehr auf steil hervorragenden
Bergen im Meere in geringer Tiefe angewachsen sind. — Die ge-
wöhnlich rothen Korallengehäuse werden auf mancherlei Weise benutzt;
man verfertigt Halsgehänge, Ringe, Ketten und andern Schmuck dar-
aus, man brennt sie aber auch zu Kalk oder baut Häuser damit.
Wiederholungsfragen !
Zeichnen und Beschreiben!
TM Hauptwörter (100): [T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art]]
TM Hauptwörter (200): [T34: [Meer Wasser Land Küste Insel See Flut Fluß Tiefe Welle], T28: [Blatt Blüte Pflanze Baum Wurzel Frucht Stengel Zweig Erde Samen], T168: [Holz Tisch Messer Stück Honig Stuhl Griffel Hand Narbe Papier], T124: [Wasser Luft Sauerstoff Körper Stoff Kohlensäure Teil Feuer Pflanze Kalk], T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff]]
484
§. 6. Schon rauschten dicke Regentropfen durch das Laub der Eiche.
Da raffte der erschrockene Knabe sein Körbchen auf und entfloh. Das
Gewitter war über seinem Haupte. Regen und Sturm nahmen über-
hand; der Donner rollte schrecklicher; das Wasser strömte aus seinen
Locken und von seinen Schultern. Kaum vermochte er seines Weges
zu wandeln. Plötzlich faßte ein heftiger Windstoß das Körbchen in der
Hand des Knaben und zerstreute alle seine sorgsam gesammelten Blumen
über das Feld hin.
§. 7. Da entstellte sich seine Gebärde und mit zürnendem Unmuth
schleuderte er nun auch das leere Körbchen zu seinen Füßen auf den
Boden. Laut weinend und durchnäßt erreichte er endlich die Wohnung'
seiner Eltern. — Weiser Sohn der Erde, ist dein Unmuth und die
Gestalt deines Zürnens lieblicher, wenn dir ein Wunsch versagt ward
oder ein Plan mißlang? —
§. 8. Bald verzog sich das Gewitter, und der Himmel klärte sich
wieder auf. Die Vögel begannen von neuem ihre Lieder und der Land-
mann seine Arbeit. Die Luft war reiner und kühler geworden, und
eine süße Ruhe herrschte da, wo kaum noch Stürme gebraust hatten.
Dem neu getränkten Gesilde entquollen Stärkung und Wohlgeruch. Alles
schien erneut und verjüngt, als käme die Natur so eben erst aus den
Händen ihres Schöpfers, und die Bewohner des Feldes blickten mit
dankbarer Freude zu dem fernen Gewölk empor, was ihren Fluren
Segen und Gedeihen gebracht hatte.
§. 9. Bald lockte der heitere Himmel den verscheuchten Knaben
von neuem in das Gesilde: Beschämt über seinen Unmuth ging Erich
in der Stille zurück, danut er sein weggeworfenes Körbchen wiedcrsinde
und abermals mit Blumen fülle, St fühlte sich neu belebt. Der
Hauch der kühlern Luft, der Geruch des Feldes, das Laub der Bäume,
der Gesang des Waldes, alles schien ihm jetzt doppelt schön. Das
beschämende Bewußtsein seines thörichten und ungerechten Unmuths
machte seine Freude sanfter und bescheidener.
§. 10. Noch lag das Körbchen da, wo der Hügel sanft sich ab-
dachte. Eine Brombeerstaude hatte es zurückgehalten und gegen die
Gewalt des Windes geschützt. Dankbar blickte der Knabe die Staude
an und lös'te das Körbchen. Aber wie froh war sein Erstaunen, als
er um sich her schaute. Das Feld glänzte, wie ein Sternenhimmel.
Weil es geregnet hatte, waren tausend frische Blüthen hervorgesproßt,
tausend Knospen geöffnet, und auf den Blättern perlten Thautropfen.
Erich schwärmte still entzückt umher, wie eine emsige Biene, und pflückte.
§.11. Da neigte sich die Sonne zum Untergange, und der
fröhliche Knabe eilte mit vollem Körbchen zur Heimath. Wie entzückte
ihn sein Blumenschatz und der Perlenkranz seiner frisch gesammelten
Erdbeeren. Die untergehende Sonne umstrahlte sein freundliches Antlitz,
während er heim wandelte. Aber noch freundlicher glänzte sein Auge,
als er den Dank und die Freude der zärtlichen Schwester vernahm.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel]]
TM Hauptwörter (200): [T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T168: [Holz Tisch Messer Stück Honig Stuhl Griffel Hand Narbe Papier], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T24: [Luft Wasser Wärme Körper Erde Wind Regen Höhe Temperatur Schnee]]
136
suchte ich ihm ein sonniges, aber doch auch kühles Plätzchen aus, grub
eine Vertiefung und pflanzte mein armes Waislein hinein. Ich ver-
säumte nicht, es fleißig zu begießen, und siehe da, schon im Mai be-
kam es sieben schöne weiße Blüthen, welche gleich Sternen glänzten.
Meine Freude wurde aber noch vermehrt, als es endlich sogar sieben
Beeren trug, welche sich täglich mehr rötheten und jetzt wie Rubinen
glänzen. Ist es nicht, als ob das Pflänzchen mir für meine Sorg-
falt dankbar sein wollte? —
Willst Du es selbst sehen und meine Freude theilen, so besuche
nur bald
Deine
N. Marie Blumenreich.
70. Hanf und Flachs.
Diese beiden Gewächse, welche in Deutschland fast allenthalben an-
gebaut werden, verdanken ihre Verbreitung weder ihrer Blüthe, noch
ihren Früchten, sondern ihrem Stengel. Dieser enthält nämlich zähe
Fasern (Bast), welche, nachdem sie von den spröden, holzigen Schalen
befreit sind, biegsame Fäden geben, die sich spinnen lassen. Welchen
unendlichen Nutzen diese gewähren, kann sich jeder selbst aufzählen,
wenn er an die Waaren des Seilers, an die Fäden, von dem
Pechdrahte des Schusters bis zu dem Zwirn der Nätherin,
an die Leinwand von dem groben Packtuche bis zu dem feinsten
Battist denkt. Zwar hat man in neuerer Zeit die ausländische Baum-
wolle vielfach an die Stelle des Flachses gesetzt, aber das feinste und
dauerhafteste Gewebe bleibt immer die Leinwand. Der Hanf hat
den Vorzug größerer Festigkeit und Dauerhaftigkeit, aber Feinheit und
Schönheit bleibt auf der Seite der flächsenen (leinenen) Gespinnste.
Und wie viele Personen finden Arbeit und Verdienst bei der Behand-
lung dieser beiden Gewächse! Der Bauer, welcher pflügt und säet, die
Weiber, welche die Winterabende durch Spinnen und Haspeln kürzen,
im Herbste brechen, schwingen und hecheln, im Sommer das gefertigte
Tuch bleichen, die Weber, welche spulen, zetteln und weben, die Fär-
der, welche dem Garn oder der Leinwand eine andere Farbe geben:
alle haben ihren Vortheil von dem Anbau dieser Pflanzen, den Seiler
gar nicht gerechnet. Dazu kommt, daß Hanf und Flachs öligen Sa-
men bringen, welcher sich mannigfaltig benutzen läßt, der Hans mehr
als Futter für im Käfig gehaltene Vögel, der Lein aber zu Öl. Zwar
hat das L-inöl nicht den guten Geschmack des Mohnöls, des Nußöls
u. s. w., allein zu Firniß und Ölfarbe ist es unter allen das brauch-
barste. Und der Flachs trägt reichlich. Aus seinen blauen Blüthen
bilden sich erbsengroße Knoten, in deren Fächern die platten Leinkörn-
chen in Menge sitzen. Wenn die Sonne die Knoten gesprengt hat,
fallen die Körnchen meistens von selbst heraus, doch hilft man durch
Dreschen noch nach. Obgleich die Arbeit bei dem Bau und der Zu-
TM Hauptwörter (50): [T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe]]
TM Hauptwörter (100): [T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden], T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T79: [Wein Zucker Baumwolle Kaffee Getreide Tabak Fleisch Holz Wolle Handel], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
326
mag, welche dafür aus dem Lande gegangen sind, der Werth des-
selben durch Verarbeitung gewiß auf 40 Millionen Pfund Sterling
erhöht worden ist. Die 24 Millionen, die davon im Lande bleiben,
sind kein kleiner Gewinn, und es ist nichts Geringes, daß nach den
neuesten Berechnungen in England im Ganzen über ii/2 Millionen
Menschen durch die Baumwollenmanufaktur Beschäftigung und
Verdienst finden.
Wenn diese ungeheure Baumwollenmasse mit den Händen hätte
gesponnen werden sollen — an der Spindel, am Spinnrade, da würde
wohl manches Fädchen ungesponnen geblieben sein. Da erfand 1767
ein Weber in England die erste Spinnmaschine, welche später
noch bedeutend verbessert ward, und heut zu Tage wird kein Faden
Baumwollengarn mehr mit der Hand gesponnen! - Meint ihr, daß
es sonst möglich wäre, eine Elle Baumwollenzeug, deren Material in
Indien wuchs, dessen Garn gesponnen und gewebt werden mußte, für
einen Groschen herzustellen? Würdet ihr sonst ein ganzes, schönes,
buntgedrucktes Kattunkleid für einen Thaler erhalten können? Und
dabei leben noch Hunderte von Menschen davon; der Pflanzer, der
die Baumwolle baut; der Schiffer, der sie herüber fährt; der Kauf-
mann, der das rohe Material verkauft; der Fabrikbesitzer; der Weber
und zuletzt der Krämer, der die Elle Kattun dir abschneidet! Es sind
die Maschinen, die das möglich machen!
Habt ihr sie einmal gesehen, die breiten Walzen mit Drahtkräm-
peln, von denen die gekrämpelte Baumwolle wie ein weißes, dickes
Tuch herabfällt, um dann, in fingerdicke wollige Fäden zertheilt, durch
Walzen auseinander gezogen und gedreht und auf unzählige, durch
unsichtbare Wasserkräfte getriebene Spindeln aufgewickelt zu werden? —
Ein einziger Mensch steht bei hundert Spindeln — die des Tages
hundertmal mehr fertig bringen, als der fleißigste Handspinner —,
knüpft die zerrissenen Fäden an, legt das rohe Material auf und nimmt
die vollen Spindeln ab. Was das schnurrt und lärmt und sich dreht,
ehe ein Stück Garn fertig ist! Wie oft dann die Weberschiffchen
hinüber- und herüberfliegen müssen, ehe ein Stück Zeug fertig wird!
Wie oft ein Stück gefärbt und mit den bunten Formen oder Walzen
aus Messing oder Holz bedruckt und gesengt und geglättet werden muß,
ehe für uns eine Elle Kattun abgeschnitten werden kann!
81. Der Tabak.
Es ist merkwürdig, wie leicht die Menschen üble Gewohnheiten
anderer nachahmen! Während wir civilisirten Europäer die
Wilden Amerika's das unselige Branntweintrinken lehrten, haben wir
von ihnen wiederum das Tabakrauchen gelernt! Eine sonderbarere
Gewohnheit giebt's nicht. Wer, so dentt man, wer wird sich dazu
hergeben, einen beißenden Rauch in den Mund einzuziehen, der jedem,
welcher an denselben nicht gewöhnt ist, die abscheulichsten Übelkeiten
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
TM Hauptwörter (100): [T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T1: [Maschine Fabrik Herstellung Industrie Papier Leder Wolle Leinwand Fabrikation Art], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T168: [Holz Tisch Messer Stück Honig Stuhl Griffel Hand Narbe Papier]]
— 317
Abend kamen sie wieder ins Fort zurück mit vierzehn hundert fri-
schen Büffelzungen, die auf einen Haufen geworfen wurden, und
wofür sie nur einige Gallonen Branntwein verlangten, die auch von
ihnen alsbald ausgetrunken wurden. Dies geschah zu einer Jahreszeit,
wo die Felle ohne Pelz und also das Abstreifen nicht werth waren.
Die Prairieen sind der letzte Zufluchtsort ebensowohl der Büffel
wie der Indianer, und die Gebeine von Leiden werden einst mit ein-
ander daselbst bleichen. Der Streif Landes, der sich von Mexiko
bis zum Winipegsee hinaufzieht, ist eine fast ununterbrochene Gras-
ebene, die zum Anbau nicht taugt und taugen wird. Hier namentlich
hausen die Büffel, und mit und neben ihnen hausen und blühen die
Jndianerstämme. Wenn aber keine Büffel mehr da sind, kann auch
kein Indianer hier leben, selbst wenn die Weißen seinen Stamm in
Ruhe ließen. Ans diesen mit Büffeln so reich gesegneten Ebenen ffnden
sich die schönsten indianischen Stämme; hier erscheint der Wilde in sei-
nem reichsten Schmuck, und hier allein sind alle seine Bedürfnisse, man
könnte sagen, luxuriös befriedigt. Hier ist er noch der stolze Krieger,
voll Wildheit, aber auch voll Kraft und Seelengröße, ohne angelernte
Bedürfnisse, ohne „Feuerwasser" und ohne die Laster, die ihm mit
diesem von den Weißen zugekommen sind. Hier befanden sich noch vor
10 Jahren 300,000 Indianer, die vom Fleisch der Büffel lebten.
Die mannigfache Verwendung aller Theile dieses Thieres ist für jeden,
der nicht unter diesem Volke gelebt und seine Sitten kennen gelernt hat,
fast unglaublich. Jeder Theil des Fleisches wird in einer oder der
andern Form in Speise verwandelt, und davon nähren sie sich aus-
schließlich. Der Pelz dieser Thiere dient ihnen anstatt der Män-
tel, die gegerbten Felle brauchen sie zum Bedecken ihrer Hütten und
zu Decken ihrer Schlafstätten; ungegerbte verwendet man zum Baue von
Canoes*), zu Sätteln, Zügeln, Riemenwerk aller Art, zu Lassos* **);
aus den Hörnern macht man Löffel und Trinkgeschirre; das Gehirn
wird zum Gerben der Häute benutzt; die Knochen dienen zu Sattel-
bäumen und Kriegskeulen, oder sie werden zerbrochen, um das in ihnen
befindliche Mark zu erhalten; kurz — alle Theile dieses nützlichen Thie-
res werden benutzt. Im Genusse dieses Thieres und ihrer Jagden
gedenken sie nicht des Schicksals, das ihrer wartet.
Dies unglückliche Volk mit seinen Jagden, seinen Wildnissen, sei-
nen merkwürdigen Sitten und der ganzen Zahl seiner Büffel könnte
nur fortdauern — wenn man den Verkehr mit den Weißen ihnen ab-
schneiden könnte. Aber dies ist nicht mehr möglich: des Büffels Schick-
sal ist besiegelt, und mit seiner Vertilgung müssen auch die rothen Män-
ner untergehen, deren Väter die angestammten Herren dieser weiten Ebe-
nen waren. Es muß so sein, denn dem wilden Jäger nimmt Gott
das Land und giebt es dem Ackerbauer, der auf dem hundertsten
*} Fahrzeuge oder Nachen der Indianer.
**J Fangriemen zum Einfängen der Büffel und wilden Pferde.
TM Hauptwörter (50): [T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
TM Hauptwörter (100): [T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art], T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T79: [Wein Zucker Baumwolle Kaffee Getreide Tabak Fleisch Holz Wolle Handel], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T185: [Jagd Viehzucht Bewohner Ackerbau Jäger Fischfang Wald Fischerei Krieg Land], T195: [Pferd Tier Hund Schaf Löwe Wolf Rind Mensch Schwein Thiere], T168: [Holz Tisch Messer Stück Honig Stuhl Griffel Hand Narbe Papier], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch]]
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2. Der geheilte Patient.
Reiche Leute haben, trotz ihrer gelben Vögel doch manchmal
auch allerlei Lasten und Krankheiten auszustehen, von denen Gottlob!
der arme Mann nichts weiß; denn es giebt Krankheiten, die nicht in
der Luft stecken, sondern in den vollen Schüsseln und Gläsern und in
den weichen Sesseln und seidenen Betten, wie jener steinreiche Amster-
damer ein Wort davon reden kann. Den ganzen Vormittag saß er
im Lehnsessel und rauchte Tabak, wenn er nicht zu faul war, oder
hatte Maulaffen feil zum Fenster hinaus, aß aber zu Mittag doch
wie ein Drescher, und die Nachbarn sagten manchmal: „Windet's
draußen, oder schnauft der Nachbar so?" — Den ganzen Nachmittag
aß und trank er ebenfalls bald etwas Kaltes, bald etwas Warmes,
ohne Hunger und ohne Appetit, aus lauter langer Weile bis an den
Abend, also, daß man bei ihm nie recht sagen konnte, wo das Mit-
tagessen aufhörte und wo das Nachtessen ansing. Nach dem Nacht-
essen legte er sich ins Bett und war so müde, als wenn er den ganzen
Tag Steine abgeladen oder Holz gespalten hätte. Davon bekam er
zuletzt einen dicken Leib, der so unbeholfen war wie ein Maltersack.
Essen und Schlaf wollten ihm nimmer schmecken, und er war lange
Zeit, wie es manchmal geht, nicht recht gesund und nicht recht krank;
wenn man ihn aber selber hörte, so hatte er 365 Krankheiten, näm-
lich alle Tage eine andere. Alle Ärzte, die in Amsterdam sind, muß-
ten ihm rathen. Er verschluckte ganze Feuereimer voll Mixturen
und ganze Schaufeln voll Pulver, und Pillen wie Enteneier so
groß, und man nannte ihn zuletzt scherzweise nur die zweibeinige Apo-
theke. Aber alles Doktern half ihm nichts, denn er befolgte nicht,
was ihm die Ärzte befahlen, sondern sagte: „Fouder, wofür bin ich
ein reicher Man::, wenn ich soll leben, wie ein Hund, und der Doktor
will mich nicht gesund machen für mein Geld?" Endlich hörte er von
einem Arzt, der 100 Stunden weit weg wohnte, der sei so geschickt,
daß die Kranken gesund werden, wenn er sie nur recht anschaue, und
der Tod gehe ihm aus dem Wege, wo er sich sehen lasse. Zu dem
Arzte faßte der Mann ein Vertrauen und schrieb ihm seinen Umstand.
Der Arzt merkte bald, was ihm fehle, nämlich nicht Arzenei, sondern
Mäßigkeit und Bewegung, und sagte: „Wart', dich will ich bald
kurirt haben." Deswegen schrieb er ihm ein Brieflein folgenden
Inhalts: „Guter Freund! Ihr habt einen schlimmen Umstand, doch
wird euch zu helfen sein, wenn ihr folgen wollt. Ihr habt ein bös
Thier im Bauch, einen Lindwurm mit sieben Mäulern. Mit dem
Lindwurm muß ich selber reden, und ihr müßt zu mir kommen. Aher
fürs erste, so dürft ihr nicht fahren oder auf dem Rößlein reiten, son-
dern auf des Schuhmachers Rappen, sonst schüttelt ihr den Lindwurm
und der beißt euch die Eingeweide ab, sieben Därme auf einmal ganz
entzwei. Fürs andere dürft ihr nicht mehr essen, als zweimal des
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
TM Hauptwörter (200): [T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T168: [Holz Tisch Messer Stück Honig Stuhl Griffel Hand Narbe Papier], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk]]