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Unnatur dieser Geistesproducte bei. Am besten beurtheilt ihn
Schiller in einem Briefe an Göthe: „Die Eigenschaft des
Alexandriners sich in zwei gleiche Hälften zu trennen, und die
Natur des Reims, aus zwei Alexandrinern ein Couplet zu
machen, bestimmen nicht bloß die ganze Sprache, sie bestimmen
auch den ganzen innern Geist dieser Stücke. Die Charaktere,
die Gesinnungen, das Betragen der Personen, alles stellt sich
dadurch unter die Regel des Gegensatzes, und wie die Geige des
Musikanten die Bewegungen der Tänzer leitet; so auch die zwei-
schenklige Natur des Alexandriners die Bewegungen des Gemüths
und die Gedanken. Der Verstand wird ununterbrochen aufge-
fordert, und jedes Gefühl, jeder Gedanke in diese Form, wie
in das Bette des Prokrustes gezwängt." Die Nachahmung des
französischen Geschmacks in der deutschen Literatur führte auch
bei uns den Alexandriner ein; er wurde in der Lyrik und im
Drama der Lieblingsvers unserer gelehrten Zopfpoesie bis in die
Mitte des 18. Jahrhunderts. Neuerdings hat ihn Rückert mit
Glück in der Lehrdichtung angewandt (Brahmanische Erzählungen,
Weisheit des Brah manen):
Was hat dich, Geist, vermocht, aus Gott hervorzuwallen?
Er hat dich nicht verbannt, du bist nicht abgefallen.
Die Liebe nur hat dich, die Liebe dich vertrieben;
Er wollte, daß er dich, daß du ihn könntest lieben.
Wär' er nicht außer dir, wie könnt'st du suchen ihn?
Wärst du nicht außer ihm, wie könnt' er an dich ziehn?
Bei dem Trimeter, gleichfalls einem sechsfüßigen jambischen
Verse, liegt die Cäsur im Gegentheil so, daß sie den Vers nicht
in zwei gleiche Hälften scheidet. Der Trimeter ist der Vers der
griechischen Tragiker; doch haben ihn auch die Neueren ange-
wandt, z. B. Göthe in der „Helena", (3. Akt des 2. Theiles
vom Faust) und Schiller in den Montgomery-Scenen der „Jung-
frau von Orleans" (Theil Iii.) und in einer Scene der „Braut
von Messina." Es kommen auch Jamben mit Anapästen vor,
selten Anapäste allein; aber beide mit einander bringen eine recht
gute Wirkung hervor; z. B.
Doch als die Priester hoben
Den blanken Opferstahl,
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u
Die Thiere begannen zu toben,
Und starben in Wuth und Qual.
Es schaut auf das Gewimmel
Und auf das Blut, das floß,
Mit blauem Auge der Himmel
Hernieder erbarmungslos.
Unter einer Terzine versteht man drei fünffüßige jambische
Verse, deren Reime so verschlungen sind, daß der von zwei ge-
reimten Versen eingeschlossene Vers wieder den Haupt-Reim zu
der folgenden Terzine bestimmt. Das Schema der Terzine ist
also übn, beb, cdc, dcd u. s. w. bis yzyz. Denn um den Reim
der letzten Terzine zu vervollständigen, wird den 3 Versen der-
selben noch ein vierter zugefügt. Bekanntlich ist die divina comedia
des Dante in Terzinen gedichtet. Von deutschen Dichtern haben
die Terzine hauptsächlich Chamisso, Rückert, Platen,
Herwegh und S all et kultivirt. Zur Probe geben wir das
schöne Gedicht von Rückert:
Wein und Weinen.
Hör' an und lern' in deinem Geist erkennen,
Wie tief die Wahrheit in dem Worte spielt,
Das blöde Weisheit wohl mag Zufall nennen.
Wenn sich dein Aug' im eignen Balsam kühlt
Von seinem Schmerz, so nennest du es Weinen;
Ein sanfter Laut, bei dem man Thränen fühlt.
Und wenn der mütterliche Schooß aus reinen
Gluthadern dir die Milch der Freude schickt,
So wird auch sie in deinem Mund zu Weinen.
Wie Schmerz und Lust in Eines sich verstrickt,
So Wein und Weinen ist in Eins erklungen;
Wenn du es weißt, sag', welches mehr erquickt?
Die schönste Thräne, welche, süß durchdrungen
Von Sonneninbrunst, dir die Erde weint,
Als goldner Wein ist sie für dich entsprungen.
Die schönste Rebe, welche dir erscheint
Vom Paradies, und es dich läßt genießen,
Ist Liebe, die mit dir sich weinend eint.
Soviel der Beeren an der Traube sprießen,
Sind soviel Thränen, die geronnen hangen,
Um mild an deinem Kuffe zu zerfließen.
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Soviel im Auge Thränen dir zergangen,
Als soviel Trauben werden sie geronnen
Dir einst am Baum der Liebe fruchtend prangen.
Hat nicht der Rebstock Augen selbst gewonnen,
Um dieser Augen Thränensaft dem Zecher
Zu brauen wunderbar zum Rausch der Wonnen?
Hat nicht das Auge sich gehöhlt zum Becher,
Der mit dem milden Wein sich süllend schwillt,
Von dem gesänstigt Hasser wird und Rächer?
Ja selbst die Sonne kann ihr leuchtend Bild
Nicht schöner als in dem Krystalle schauen,
Der aus dem Aug' und aus der Nebe quillt.
So laß, o Sohn des Staubs, die reinen lauen
Geschwisterstuthen um dein Leben schwellen,
Um dich mit Himmelsahnung zu bethauen,
Bis selbst du badest in des Himmels Quellen.
Die Oktave, (ottave rimc) ober Stanze, welche die italienischen
Dichter, wie Tasso und Ariost, in ihren Epopöen anwendeten,
besteht aus acht jambischen Zeilen, und jede derselben aus fünf
Jamben. Die erste, dritte und fünfte Zeile enthalten Einen
Reim, ebenso die zweite, vierte und sechste, und den dritten Reim
haben die siebente und achte Zeile, also abababcc. Bei den
Italienern sind diese Reime sämmtlich weiblich (d. h. der Reim
bildet einen Trochäus), wie in folgender deutschen Oktave:
Es tritt ein lieber Mensch in unsre Kreise,
Und nah' und näher fühlt man sich verbunden;
Die holde Freundschaft wirkt nach alter Weise,
Es spricht das Herz, Vertraun hat sich gefunden,
Und wie er scherzt und lacht, ist lieblich leise
Ein zartes Band um Geist und Herz gewunden;
Schon unentbehrlich ist, eh' wir es wissen,
Der Freund, und sieh! da wird er uns entrissen.
(A. W. Schlegel.)
Aber diese streng gebaute Stanze hat bei einer längeren
Dichtung für das deutsche Ohr eine zu große Monotonie, beson-
ders wegen der unbetonten Endsylben, die bei uns meist nur
das tonlose e haben. Um der Strophe mehr Mannigfaltigkeit
zu geben, lassen daher unsere Dichter meist weibliche mit männ-
lichen Reimen (die in einer betonten Sylbe bestehen) abwechseln.
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Aber auch diese Fessel war ihnen mit Recht für ein längeres
Gedicht noch zu lästig. Deshalb bediente sich Wieland in
seinem „Oberon" einer Strophe (darnach die Oberonsstrophe
genannt), welche aus acht jambischen Zeilen besteht, wobei aber
die Zahl der Versfüße zwischen vier, fünf und sechs schwankt,
während die Reime willkürlich verschlungen sind, und auch drei-
silbige Versfüße mit zweisilbigen wechseln.
Der Paladin, mit dessen Abenteuern
Wir euch zu ergötzen (sofern ihr noch ergötzbar seid)
Entschlossen sind, war seit geraumer Zeit
Gebunden durch sein Wort, nach Babylon zu steuern.
Was er zu Babylon verrichten sollte, war
Halsbrechend Werk, sogar in Karl's des Großen Tagen;
In unsern würd' es auf gleiche Gefahr
Um allen Ruhm der Welt kein junger Ritter wagen.
In diesem Versmaaße wollte Schiller ein Heldengedicht von
Friedrich dem Großen schreiben und übersetzte in demselben zur
Uebung das 2. und das 4. Buch von Virgil's Aeneide.
3. Das daktylische Versmaaß. Es besteht nickt immer
blos aus Daktylen (- ~ ~), sondern statt eines Daktylus kaun
auch ein Spondeus (—) oder gar ein Trochäus (- stehen, z. B.
Süßer I duftet die \ Flur und | kühler j hauchet der | Abend;
Nur ein I welkendes I Roth I weilt am a- j zurenen | West.
In diesen zwei Versen sind also nur vier Daktylen; dennoch ist es
ein daktylisches Versmaaß. Selbst in den Versen, in welchen
sich nur Daktylen befinden, ist der letzte Fuß nie ein Daktylus,
weil dieser nicht als Schluß eines Verses taugt; z. B.
Kennst du das Veilchen, die Zierde des Mai's?
Demuth, sie gab ihm den köstlichen Preis.
Nur von dem suchenden Auge ge- sehn,
Blüht es ver- borgen, doch lieblich und schön.
Zum daktylischen Versmaaße gehören als die am häufigsten
vorkommenden;
a. Der Hexameter. Die alten Griechen und Römer ge-
brauchten den Hexameter bei allen ihren Heldengedichten, und auch
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Extrahierte Personennamen: Wieland Schiller Friedrich Friedrich Roth Demuth
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Noch an Reiz für's Auge. Bezeug' es Jeder,
Der zum Rand abschüssiger Kratertiefe,
Während Nacht einhüllt die Natur, mit Vorwitz
Staunend emporklimmt.
Wo im Sturmschritt mächtiger Donner machtvoll
Aus dem anwuchsdrohenden, steilen Kegel
Fort und fort auffahren in gold'ner Unzahl
Flammige Steine,
Deren Wucht, durch Gluthen und Dampf geschleudert,
Bald umher auf aschige Höh'n Rubine
Reichlich sä't, bald auch von des Kraters schroffen
Wänden hinabrollt: »
Nährend still aus nächtlichem Grund die Lava
Drillt. — Des Rauchs tiefschattige Wölk' umdüstert,
Holder Mond, dein ruhiges, friedenreiches,
Silbernes Antlitz.
Die Versmaaße der Oden weichen gewöhnlich von denen, die
wir oben als dir gebräuchlichsten angegeben haben, ab. Sie sind
denen der Alten nachgebildet. Jedoch stehen wir an, sie hier
anzugeben, theils weil sie für das weibliche Geschlecht zu schwie-
rig sind, theils weil sie außer bei der Ode nicht vorzukommen
pflegen.
8. Oie Hymne.
Was man unter Hymne versteht, und wie sie sich von dem
Liede und von der Ode unterscheidet, ist schon gesagt. Es herrscht
also in ihr dieselbe Begeisterung, derselbe hohe poetische Schwung
wie in der Ode; nur ist der Gegenstand ein anderer. Die Hymne
besingt nur die Gottheit und ihre Eigenschaften, oder etwas, was
man sich als etwas Göttliches, Erhabenes und Ueberirdisches
denkt, z. B. die Tugend, die Unsterblichkeit, das Weltall. Manche
der in unsern Gesangbüchern stehenden Gesänge sind Hymnen,
dann nämlich, wenn in ihnen ein höherer lyrischer Schwung
herrscht. Aber dadurch werden sie für den ungebildeten Verstand
unverständlich, und dies ist der Grund, warum sie in der Regel
von unsern kirchlichen Gesängen ausgeschlossen werden müßen.
Solche Hymnen sind z. B. die bekannten Gesänge: „Herr Gott,
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zwar sind diese so vertheilt, daß die eine in der Mitte, die andre
am Ende des Verses steht. Also:
— ^ V j — V V | _ j _ ^ | ^ ^ | _
Statt der Daktylen der ersten Hälfte können auch Spondeen,
allenfalls auch Trochäen stehen; aber in der zweiten Hälfte müssen
die Daktylen bleiben. Also:
Ja! das Ge- I Präg' ist gut; I doch das Me- j tall ist nichts I nütz.
Oder:
Was kein ! Richter er- I späht, I bringet der | Zufall ans j Licht.
Der Pentameter steht nie allein, sondern kann nur mit dem
Hexameter vereint gebraucht werden. Z. B.
Willst du dich selber erkennen, so sieh', wie die Andern es treiben;
Willst du die Andern verstehn, blick' in dein eigenes Herz!
(Schiller.)
Ein solches kleines Gedicht, das nur aus Einem Hexameter
und Einem Pentameter besteht, wird ein Distichon genannt,
wie das vorstehende.
In der Mitte des Pentameters muß immer ein Ruhepunkt
sein. Es ist also ein Fehler, wenn in der Mitte nicht einmal
ein Wort zu Ende ist; z. B.
Tilge mit Weine der miß- | launigen Sorge Tumult!
Der Dichter wählt ein solches Versmaaß, welches zum Tone
des Gedichts paßt. Ist z. B. der Ton ernst und feierlich, so ist
der Hexameter geeignet. Doch wird man gut thun, mehr die
gereimten Versarten zu pflegen; der Hexameter bleibt immer ein
ausländisches Gewächs, und seine häufige Anwendung auch von
Seiten unserer classischen Dichter des vorigen Jahrhunderts ist
ein entschiedener Mißgriff. Trochäen werden zu sanft klagenden
Gedichten, Jamben und Daktylen zu fröhlichen gewühlt. Es
wird als eine Schönheit betrachtet, wenn das Versmaaß die Be-
deutung der Worte möglichst versinnlicht. Z. B. folgender Hexa-
meter drückt das Hüpfen des Steines vom Berge schön aus:
Hurtig mit Donnergepolter entrollte der tückische Marmor.
(Voß, Odyssee.)
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4zeiligen Strophen mit trochäischem Versmaaß, deren erster und
dritter Vers reimlos sind, der zweite und vierte aber die Assonanz
haben, und zwar meist auf denselben Vokal durch die ganze
Strophe. Als Beispiel diene das schöne Gedicht Uhlands (f 1862)
in Tübingen:
Romanze vom kleinen Däumling.
Kleiner Däumling! kleiner Däumling I
Allwürts ist dein Ruhm posaunet.
Schon die Kindlein in der Wiege
Sieht man der Geschichte staunen.
Welches Auge muß nicht weinen,
Wie du liefst durch Waldesgrausen,
Als die Wölfe hungrig heulten,
Und die Nachtorkane sausten!
Welches Herz muß nicht erzittern,
Wie du lagst im Riesenhause
\ Und den Oger hörtest nahen.
Der nach deinem Fleisch geschnaubet!
Dich und deine sechs Gebrüder
Hast vom Tode du erkaufet,
Listiglich die sieben Kappen
Mit den sieben Kronen tauschend.
Als der Riese lag am Felsen,
Schnarchend, daß die Wälder rauschten^
Hast du keck die Meilenstiefel
Von den Füßen ihm gemauset.
Einem vielbedrängten König
Bist als Bote du gelaufen;
Köstlich war dein Botenbrod:
Eine Braut vom Königshause.
Kleiner Däumling! kleiner Däumling!
Mächtig ist dein Ruhm erbrauset,
Mit den Siebenmeilenstieseln
Schritt er schon durch manch Jahrtausend.
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Menge einzelner dichterischen Schönheiten haben kann, ist damit
nicht ausgeschlossen. Auch ist es begreiflich, daß es Dichter von
so universaler Begabung wie Göthe und Nückert in ihrem Alter
drängt, den reichen Schatz ihrer Lebenserfahrungen in Lehr-
dichtungen niederzulegen, wie dies Rückert in unübertrefflicher
Weise in seiner „Weisheit des Vrahmanen" gethan hat.
Das Gefühl kann aber auch aufgeregt werden durch die Außen-
welt, durch Vorgänge in der-Natur und in der menschlichen Ge-
sellschaft. Ueberschwemmungen, Erdbeben und andere Naturerschei-
nungen können ebenso wie Heldenthaten, edle und unedle Aeuße-
rungen der menschlichen Thätigkeit das Gefühl ergreifen und ein
Gedicht erzeugen. Solche Gedichte heißen epische Dichtungen.
An die Wahrheit braucht sich der Dichter nicht zu halten. Er
kann die Thatsache nach Gefallen anders darstellen oder auch nicht
Geschehenes erfinden; nur muß er auf das Gefühl seiner Leser
angenehm einwirken und dasselbe für seine Darstellung interessiren.
Dazu gehört aber, daß die Erzählung innere Wahrheit habe, d. i.
daß kein innerer Widerspruch darin sei. Erzählt er z. B. die Hand-
lung eines Helden, so darf er denselben nicht bald sapfer, bald feig
erscheinen lassen, weil sich Feigheit nicht mit dem Charakter eines
Helden verträgt. Dagegen kann er das ganze Reich der Zauberei zu
Hilfe nehmen, Hexen, Feen, Nixen, Engel und Teufel auftreten und
Thiere sprechen lassen, nur muß kein barer Unsinn darin herrschen,
weil dieser immer einen unangenehmen Eindruck hervorbringt.
Die dramatischen Gedichte stellen Handlungen dar, wäh-
rend die epische Poesie Begebenheiten vorträgt. Wenn der epische
Dichter nur erzählt, was geschehen sei, so läßt der dramatische
Dichter die Handlung vor den Augen der Zuschauer geschehen.
Diese sehen, wie die Handlung, die vorgestellt werden soll, entsteht,
wie sie fortgeht, und wie sie sich endigt, als wenn die handelnden
Personen noch lebten und mit einander verkehrten. Ein zweiter
Unterschied ist der, daß es bei der epischen Poesie der Dichter ist,
welcher zu uns spricht; in der dramatischen Poesie dagegen ge-
wahren wir vom Dichter nichts, sondern es sind handelnde Per-
sonen, die er sprechen läßt. Eine dritte Eigenschaft des Drama's
ist, daß es für die Bühne berechnet ist. Es soll zwar jedes
dramatische Gedicht auch beim Lesen einen angenehmen Eindruck
machen, aber dieser Eindruck wird durch das Aufführen auf der
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Bühne bedeutend verstärkt. Erzählt man uns, was Andere mit
einander gesprochen haben, so wird der Eindruck nicht so stark
sein, als wenn wir ihr Gespräch selbst mit anhören. Es giebt
zwar auch dramatische Gedichte, welche nicht wohl aufgeführt
werden können, weil sie gar nicht für's Theater berechnet sind,
allein das ist ein Mangel.
Endlich giebt es noch eine fünfte Klasse von Dichtungen, die
wir die Ergänzungsklasse oder gemischte Dichtungs-
arten nennen können. Es sind solche, die zu keiner jener vier
Klassen gehören, weil sie weder ganz lyrisch, noch ganz didaktisch,
noch ganz episch, noch ganz dramatisch sind, sondern die Eigen-
schaften mehrerer Dichtungsklassen in sich vereinigen; z. B. ein
Räthsel kann lyrisch oder didaktisch sein, d. i. es kann theils die
Eigenschaften der lyrischen, theils die der didaktischen Poesie
besitzen.
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Erster Abschnitt.
Lyrische Poesie.
Alle schönen und erhabenen Gefühle können lyrische Gedichte
erzeugen; denn unedle Empfindungen, wie Neid, Rache, Bos-
heit, können wohl das Gemüth der Menschen aufregen, aber nie
eine Begeisterung hervorbringen, die im Stande wäre, sich poetisch
auszudrücken; der Mensch, in dessen Brust Rache kocht, wird nie
vermögen oder geneigt sein, seine unedlen Empfindungen in einer
bilderreichen und edlen Sprache wiederzugeben. Sobald ein schönes,
edles Gefühl stark genug ist, Begeisterung zu erzeugen, so hebt
das Gedicht an, und es endigt, sobald die Begeisterung nachläßt,
oder wenn sie zu stark wird, um sich in Worte fassen zu lassen.
Die Gefühle des menschlichen Herzens können aber sehr mannig-
faltig sein; Ereignisse im menschlichen Leben, Nachdenken, Be-
trachtung der Natur, Religiosität, auch Leidenschaften können
sehr verschiedene Gefühle hervorbringen. Daher giebt es auch
verschiedene Arten lyrischer Gedichte. Ganz anders äußert sich
das Gefühl der Freude, als das der Bewunderung, der Betrüb-
niß, der Wehmuth, der Hoffnung, der Theilnahme, der Fröm-
migkeit, der Reue u. s. w. Ebenso sind auch die Gefühle in Hin-
sicht ihrer Stärke sehr verschieden; von der größten Heftigkeit
steigen sie durch unzählige Stufen bis zu solcher Schwäche herab,
daß diese zuletzt nicht mehr im Stande ist, Begeisterung zu erzeugen.
Bei Unterscheidung der Lyrik in ihren einzelnen Gattungen kann
man entweder die äußere Form des lyrischen Erzeugnisses in's
Auge fassen; oder das Verhalten des dichtenden Subjektes zu
seinem Objekt. In diesem Fall unterscheidet man nur drei
Gattungen: das Lied, die Ode und die Elegie; je nachdem
der Dichter ganz und gar auf dem Boden der Empfindung bleibt,
die Stimmung walten läßt; oder mit der Größe des Gegen-
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T35: [Dichter Zeit Gedicht Lied Dichtung Schiller Poesie Werk Goethe Sprache], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod]]
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