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1. Lehrbuch zur Kenntniß der verschiedenen Gattungen der Poesie und Prosa für das weibliche Geschlecht, besonders für höhere Töchterschulen - S. 13

1877 - Stuttgart : Heitz
13 Unnatur dieser Geistesproducte bei. Am besten beurtheilt ihn Schiller in einem Briefe an Göthe: „Die Eigenschaft des Alexandriners sich in zwei gleiche Hälften zu trennen, und die Natur des Reims, aus zwei Alexandrinern ein Couplet zu machen, bestimmen nicht bloß die ganze Sprache, sie bestimmen auch den ganzen innern Geist dieser Stücke. Die Charaktere, die Gesinnungen, das Betragen der Personen, alles stellt sich dadurch unter die Regel des Gegensatzes, und wie die Geige des Musikanten die Bewegungen der Tänzer leitet; so auch die zwei- schenklige Natur des Alexandriners die Bewegungen des Gemüths und die Gedanken. Der Verstand wird ununterbrochen aufge- fordert, und jedes Gefühl, jeder Gedanke in diese Form, wie in das Bette des Prokrustes gezwängt." Die Nachahmung des französischen Geschmacks in der deutschen Literatur führte auch bei uns den Alexandriner ein; er wurde in der Lyrik und im Drama der Lieblingsvers unserer gelehrten Zopfpoesie bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts. Neuerdings hat ihn Rückert mit Glück in der Lehrdichtung angewandt (Brahmanische Erzählungen, Weisheit des Brah manen): Was hat dich, Geist, vermocht, aus Gott hervorzuwallen? Er hat dich nicht verbannt, du bist nicht abgefallen. Die Liebe nur hat dich, die Liebe dich vertrieben; Er wollte, daß er dich, daß du ihn könntest lieben. Wär' er nicht außer dir, wie könnt'st du suchen ihn? Wärst du nicht außer ihm, wie könnt' er an dich ziehn? Bei dem Trimeter, gleichfalls einem sechsfüßigen jambischen Verse, liegt die Cäsur im Gegentheil so, daß sie den Vers nicht in zwei gleiche Hälften scheidet. Der Trimeter ist der Vers der griechischen Tragiker; doch haben ihn auch die Neueren ange- wandt, z. B. Göthe in der „Helena", (3. Akt des 2. Theiles vom Faust) und Schiller in den Montgomery-Scenen der „Jung- frau von Orleans" (Theil Iii.) und in einer Scene der „Braut von Messina." Es kommen auch Jamben mit Anapästen vor, selten Anapäste allein; aber beide mit einander bringen eine recht gute Wirkung hervor; z. B. Doch als die Priester hoben Den blanken Opferstahl,

2. Lehrbuch zur Kenntniß der verschiedenen Gattungen der Poesie und Prosa für das weibliche Geschlecht, besonders für höhere Töchterschulen - S. 14

1877 - Stuttgart : Heitz
u Die Thiere begannen zu toben, Und starben in Wuth und Qual. Es schaut auf das Gewimmel Und auf das Blut, das floß, Mit blauem Auge der Himmel Hernieder erbarmungslos. Unter einer Terzine versteht man drei fünffüßige jambische Verse, deren Reime so verschlungen sind, daß der von zwei ge- reimten Versen eingeschlossene Vers wieder den Haupt-Reim zu der folgenden Terzine bestimmt. Das Schema der Terzine ist also übn, beb, cdc, dcd u. s. w. bis yzyz. Denn um den Reim der letzten Terzine zu vervollständigen, wird den 3 Versen der- selben noch ein vierter zugefügt. Bekanntlich ist die divina comedia des Dante in Terzinen gedichtet. Von deutschen Dichtern haben die Terzine hauptsächlich Chamisso, Rückert, Platen, Herwegh und S all et kultivirt. Zur Probe geben wir das schöne Gedicht von Rückert: Wein und Weinen. Hör' an und lern' in deinem Geist erkennen, Wie tief die Wahrheit in dem Worte spielt, Das blöde Weisheit wohl mag Zufall nennen. Wenn sich dein Aug' im eignen Balsam kühlt Von seinem Schmerz, so nennest du es Weinen; Ein sanfter Laut, bei dem man Thränen fühlt. Und wenn der mütterliche Schooß aus reinen Gluthadern dir die Milch der Freude schickt, So wird auch sie in deinem Mund zu Weinen. Wie Schmerz und Lust in Eines sich verstrickt, So Wein und Weinen ist in Eins erklungen; Wenn du es weißt, sag', welches mehr erquickt? Die schönste Thräne, welche, süß durchdrungen Von Sonneninbrunst, dir die Erde weint, Als goldner Wein ist sie für dich entsprungen. Die schönste Rebe, welche dir erscheint Vom Paradies, und es dich läßt genießen, Ist Liebe, die mit dir sich weinend eint. Soviel der Beeren an der Traube sprießen, Sind soviel Thränen, die geronnen hangen, Um mild an deinem Kuffe zu zerfließen.

3. Lehrbuch zur Kenntniß der verschiedenen Gattungen der Poesie und Prosa für das weibliche Geschlecht, besonders für höhere Töchterschulen - S. 15

1877 - Stuttgart : Heitz
15 Soviel im Auge Thränen dir zergangen, Als soviel Trauben werden sie geronnen Dir einst am Baum der Liebe fruchtend prangen. Hat nicht der Rebstock Augen selbst gewonnen, Um dieser Augen Thränensaft dem Zecher Zu brauen wunderbar zum Rausch der Wonnen? Hat nicht das Auge sich gehöhlt zum Becher, Der mit dem milden Wein sich süllend schwillt, Von dem gesänstigt Hasser wird und Rächer? Ja selbst die Sonne kann ihr leuchtend Bild Nicht schöner als in dem Krystalle schauen, Der aus dem Aug' und aus der Nebe quillt. So laß, o Sohn des Staubs, die reinen lauen Geschwisterstuthen um dein Leben schwellen, Um dich mit Himmelsahnung zu bethauen, Bis selbst du badest in des Himmels Quellen. Die Oktave, (ottave rimc) ober Stanze, welche die italienischen Dichter, wie Tasso und Ariost, in ihren Epopöen anwendeten, besteht aus acht jambischen Zeilen, und jede derselben aus fünf Jamben. Die erste, dritte und fünfte Zeile enthalten Einen Reim, ebenso die zweite, vierte und sechste, und den dritten Reim haben die siebente und achte Zeile, also abababcc. Bei den Italienern sind diese Reime sämmtlich weiblich (d. h. der Reim bildet einen Trochäus), wie in folgender deutschen Oktave: Es tritt ein lieber Mensch in unsre Kreise, Und nah' und näher fühlt man sich verbunden; Die holde Freundschaft wirkt nach alter Weise, Es spricht das Herz, Vertraun hat sich gefunden, Und wie er scherzt und lacht, ist lieblich leise Ein zartes Band um Geist und Herz gewunden; Schon unentbehrlich ist, eh' wir es wissen, Der Freund, und sieh! da wird er uns entrissen. (A. W. Schlegel.) Aber diese streng gebaute Stanze hat bei einer längeren Dichtung für das deutsche Ohr eine zu große Monotonie, beson- ders wegen der unbetonten Endsylben, die bei uns meist nur das tonlose e haben. Um der Strophe mehr Mannigfaltigkeit zu geben, lassen daher unsere Dichter meist weibliche mit männ- lichen Reimen (die in einer betonten Sylbe bestehen) abwechseln.

4. Lehrbuch zur Kenntniß der verschiedenen Gattungen der Poesie und Prosa für das weibliche Geschlecht, besonders für höhere Töchterschulen - S. 16

1877 - Stuttgart : Heitz
16 Aber auch diese Fessel war ihnen mit Recht für ein längeres Gedicht noch zu lästig. Deshalb bediente sich Wieland in seinem „Oberon" einer Strophe (darnach die Oberonsstrophe genannt), welche aus acht jambischen Zeilen besteht, wobei aber die Zahl der Versfüße zwischen vier, fünf und sechs schwankt, während die Reime willkürlich verschlungen sind, und auch drei- silbige Versfüße mit zweisilbigen wechseln. Der Paladin, mit dessen Abenteuern Wir euch zu ergötzen (sofern ihr noch ergötzbar seid) Entschlossen sind, war seit geraumer Zeit Gebunden durch sein Wort, nach Babylon zu steuern. Was er zu Babylon verrichten sollte, war Halsbrechend Werk, sogar in Karl's des Großen Tagen; In unsern würd' es auf gleiche Gefahr Um allen Ruhm der Welt kein junger Ritter wagen. In diesem Versmaaße wollte Schiller ein Heldengedicht von Friedrich dem Großen schreiben und übersetzte in demselben zur Uebung das 2. und das 4. Buch von Virgil's Aeneide. 3. Das daktylische Versmaaß. Es besteht nickt immer blos aus Daktylen (- ~ ~), sondern statt eines Daktylus kaun auch ein Spondeus (—) oder gar ein Trochäus (- stehen, z. B. Süßer I duftet die \ Flur und | kühler j hauchet der | Abend; Nur ein I welkendes I Roth I weilt am a- j zurenen | West. In diesen zwei Versen sind also nur vier Daktylen; dennoch ist es ein daktylisches Versmaaß. Selbst in den Versen, in welchen sich nur Daktylen befinden, ist der letzte Fuß nie ein Daktylus, weil dieser nicht als Schluß eines Verses taugt; z. B. Kennst du das Veilchen, die Zierde des Mai's? Demuth, sie gab ihm den köstlichen Preis. Nur von dem suchenden Auge ge- sehn, Blüht es ver- borgen, doch lieblich und schön. Zum daktylischen Versmaaße gehören als die am häufigsten vorkommenden; a. Der Hexameter. Die alten Griechen und Römer ge- brauchten den Hexameter bei allen ihren Heldengedichten, und auch

5. Lehrbuch zur Kenntniß der verschiedenen Gattungen der Poesie und Prosa für das weibliche Geschlecht, besonders für höhere Töchterschulen - S. 39

1877 - Stuttgart : Heitz
39 Noch an Reiz für's Auge. Bezeug' es Jeder, Der zum Rand abschüssiger Kratertiefe, Während Nacht einhüllt die Natur, mit Vorwitz Staunend emporklimmt. Wo im Sturmschritt mächtiger Donner machtvoll Aus dem anwuchsdrohenden, steilen Kegel Fort und fort auffahren in gold'ner Unzahl Flammige Steine, Deren Wucht, durch Gluthen und Dampf geschleudert, Bald umher auf aschige Höh'n Rubine Reichlich sä't, bald auch von des Kraters schroffen Wänden hinabrollt: » Nährend still aus nächtlichem Grund die Lava Drillt. — Des Rauchs tiefschattige Wölk' umdüstert, Holder Mond, dein ruhiges, friedenreiches, Silbernes Antlitz. Die Versmaaße der Oden weichen gewöhnlich von denen, die wir oben als dir gebräuchlichsten angegeben haben, ab. Sie sind denen der Alten nachgebildet. Jedoch stehen wir an, sie hier anzugeben, theils weil sie für das weibliche Geschlecht zu schwie- rig sind, theils weil sie außer bei der Ode nicht vorzukommen pflegen. 8. Oie Hymne. Was man unter Hymne versteht, und wie sie sich von dem Liede und von der Ode unterscheidet, ist schon gesagt. Es herrscht also in ihr dieselbe Begeisterung, derselbe hohe poetische Schwung wie in der Ode; nur ist der Gegenstand ein anderer. Die Hymne besingt nur die Gottheit und ihre Eigenschaften, oder etwas, was man sich als etwas Göttliches, Erhabenes und Ueberirdisches denkt, z. B. die Tugend, die Unsterblichkeit, das Weltall. Manche der in unsern Gesangbüchern stehenden Gesänge sind Hymnen, dann nämlich, wenn in ihnen ein höherer lyrischer Schwung herrscht. Aber dadurch werden sie für den ungebildeten Verstand unverständlich, und dies ist der Grund, warum sie in der Regel von unsern kirchlichen Gesängen ausgeschlossen werden müßen. Solche Hymnen sind z. B. die bekannten Gesänge: „Herr Gott,

6. Lehrbuch zur Kenntniß der verschiedenen Gattungen der Poesie und Prosa für das weibliche Geschlecht, besonders für höhere Töchterschulen - S. 18

1877 - Stuttgart : Heitz
18 zwar sind diese so vertheilt, daß die eine in der Mitte, die andre am Ende des Verses steht. Also: — ^ V j — V V | _ j _ ^ | ^ ^ | _ Statt der Daktylen der ersten Hälfte können auch Spondeen, allenfalls auch Trochäen stehen; aber in der zweiten Hälfte müssen die Daktylen bleiben. Also: Ja! das Ge- I Präg' ist gut; I doch das Me- j tall ist nichts I nütz. Oder: Was kein ! Richter er- I späht, I bringet der | Zufall ans j Licht. Der Pentameter steht nie allein, sondern kann nur mit dem Hexameter vereint gebraucht werden. Z. B. Willst du dich selber erkennen, so sieh', wie die Andern es treiben; Willst du die Andern verstehn, blick' in dein eigenes Herz! (Schiller.) Ein solches kleines Gedicht, das nur aus Einem Hexameter und Einem Pentameter besteht, wird ein Distichon genannt, wie das vorstehende. In der Mitte des Pentameters muß immer ein Ruhepunkt sein. Es ist also ein Fehler, wenn in der Mitte nicht einmal ein Wort zu Ende ist; z. B. Tilge mit Weine der miß- | launigen Sorge Tumult! Der Dichter wählt ein solches Versmaaß, welches zum Tone des Gedichts paßt. Ist z. B. der Ton ernst und feierlich, so ist der Hexameter geeignet. Doch wird man gut thun, mehr die gereimten Versarten zu pflegen; der Hexameter bleibt immer ein ausländisches Gewächs, und seine häufige Anwendung auch von Seiten unserer classischen Dichter des vorigen Jahrhunderts ist ein entschiedener Mißgriff. Trochäen werden zu sanft klagenden Gedichten, Jamben und Daktylen zu fröhlichen gewühlt. Es wird als eine Schönheit betrachtet, wenn das Versmaaß die Be- deutung der Worte möglichst versinnlicht. Z. B. folgender Hexa- meter drückt das Hüpfen des Steines vom Berge schön aus: Hurtig mit Donnergepolter entrollte der tückische Marmor. (Voß, Odyssee.)

7. Lehrbuch zur Kenntniß der verschiedenen Gattungen der Poesie und Prosa für das weibliche Geschlecht, besonders für höhere Töchterschulen - S. 22

1877 - Stuttgart : Heitz
22 4zeiligen Strophen mit trochäischem Versmaaß, deren erster und dritter Vers reimlos sind, der zweite und vierte aber die Assonanz haben, und zwar meist auf denselben Vokal durch die ganze Strophe. Als Beispiel diene das schöne Gedicht Uhlands (f 1862) in Tübingen: Romanze vom kleinen Däumling. Kleiner Däumling! kleiner Däumling I Allwürts ist dein Ruhm posaunet. Schon die Kindlein in der Wiege Sieht man der Geschichte staunen. Welches Auge muß nicht weinen, Wie du liefst durch Waldesgrausen, Als die Wölfe hungrig heulten, Und die Nachtorkane sausten! Welches Herz muß nicht erzittern, Wie du lagst im Riesenhause \ Und den Oger hörtest nahen. Der nach deinem Fleisch geschnaubet! Dich und deine sechs Gebrüder Hast vom Tode du erkaufet, Listiglich die sieben Kappen Mit den sieben Kronen tauschend. Als der Riese lag am Felsen, Schnarchend, daß die Wälder rauschten^ Hast du keck die Meilenstiefel Von den Füßen ihm gemauset. Einem vielbedrängten König Bist als Bote du gelaufen; Köstlich war dein Botenbrod: Eine Braut vom Königshause. Kleiner Däumling! kleiner Däumling! Mächtig ist dein Ruhm erbrauset, Mit den Siebenmeilenstieseln Schritt er schon durch manch Jahrtausend.

8. Lehrbuch zur Kenntniß der verschiedenen Gattungen der Poesie und Prosa für das weibliche Geschlecht, besonders für höhere Töchterschulen - S. 24

1877 - Stuttgart : Heitz
24 Menge einzelner dichterischen Schönheiten haben kann, ist damit nicht ausgeschlossen. Auch ist es begreiflich, daß es Dichter von so universaler Begabung wie Göthe und Nückert in ihrem Alter drängt, den reichen Schatz ihrer Lebenserfahrungen in Lehr- dichtungen niederzulegen, wie dies Rückert in unübertrefflicher Weise in seiner „Weisheit des Vrahmanen" gethan hat. Das Gefühl kann aber auch aufgeregt werden durch die Außen- welt, durch Vorgänge in der-Natur und in der menschlichen Ge- sellschaft. Ueberschwemmungen, Erdbeben und andere Naturerschei- nungen können ebenso wie Heldenthaten, edle und unedle Aeuße- rungen der menschlichen Thätigkeit das Gefühl ergreifen und ein Gedicht erzeugen. Solche Gedichte heißen epische Dichtungen. An die Wahrheit braucht sich der Dichter nicht zu halten. Er kann die Thatsache nach Gefallen anders darstellen oder auch nicht Geschehenes erfinden; nur muß er auf das Gefühl seiner Leser angenehm einwirken und dasselbe für seine Darstellung interessiren. Dazu gehört aber, daß die Erzählung innere Wahrheit habe, d. i. daß kein innerer Widerspruch darin sei. Erzählt er z. B. die Hand- lung eines Helden, so darf er denselben nicht bald sapfer, bald feig erscheinen lassen, weil sich Feigheit nicht mit dem Charakter eines Helden verträgt. Dagegen kann er das ganze Reich der Zauberei zu Hilfe nehmen, Hexen, Feen, Nixen, Engel und Teufel auftreten und Thiere sprechen lassen, nur muß kein barer Unsinn darin herrschen, weil dieser immer einen unangenehmen Eindruck hervorbringt. Die dramatischen Gedichte stellen Handlungen dar, wäh- rend die epische Poesie Begebenheiten vorträgt. Wenn der epische Dichter nur erzählt, was geschehen sei, so läßt der dramatische Dichter die Handlung vor den Augen der Zuschauer geschehen. Diese sehen, wie die Handlung, die vorgestellt werden soll, entsteht, wie sie fortgeht, und wie sie sich endigt, als wenn die handelnden Personen noch lebten und mit einander verkehrten. Ein zweiter Unterschied ist der, daß es bei der epischen Poesie der Dichter ist, welcher zu uns spricht; in der dramatischen Poesie dagegen ge- wahren wir vom Dichter nichts, sondern es sind handelnde Per- sonen, die er sprechen läßt. Eine dritte Eigenschaft des Drama's ist, daß es für die Bühne berechnet ist. Es soll zwar jedes dramatische Gedicht auch beim Lesen einen angenehmen Eindruck machen, aber dieser Eindruck wird durch das Aufführen auf der

9. Lehrbuch zur Kenntniß der verschiedenen Gattungen der Poesie und Prosa für das weibliche Geschlecht, besonders für höhere Töchterschulen - S. 25

1877 - Stuttgart : Heitz
25 Bühne bedeutend verstärkt. Erzählt man uns, was Andere mit einander gesprochen haben, so wird der Eindruck nicht so stark sein, als wenn wir ihr Gespräch selbst mit anhören. Es giebt zwar auch dramatische Gedichte, welche nicht wohl aufgeführt werden können, weil sie gar nicht für's Theater berechnet sind, allein das ist ein Mangel. Endlich giebt es noch eine fünfte Klasse von Dichtungen, die wir die Ergänzungsklasse oder gemischte Dichtungs- arten nennen können. Es sind solche, die zu keiner jener vier Klassen gehören, weil sie weder ganz lyrisch, noch ganz didaktisch, noch ganz episch, noch ganz dramatisch sind, sondern die Eigen- schaften mehrerer Dichtungsklassen in sich vereinigen; z. B. ein Räthsel kann lyrisch oder didaktisch sein, d. i. es kann theils die Eigenschaften der lyrischen, theils die der didaktischen Poesie besitzen.

10. Lehrbuch zur Kenntniß der verschiedenen Gattungen der Poesie und Prosa für das weibliche Geschlecht, besonders für höhere Töchterschulen - S. 26

1877 - Stuttgart : Heitz
Erster Abschnitt. Lyrische Poesie. Alle schönen und erhabenen Gefühle können lyrische Gedichte erzeugen; denn unedle Empfindungen, wie Neid, Rache, Bos- heit, können wohl das Gemüth der Menschen aufregen, aber nie eine Begeisterung hervorbringen, die im Stande wäre, sich poetisch auszudrücken; der Mensch, in dessen Brust Rache kocht, wird nie vermögen oder geneigt sein, seine unedlen Empfindungen in einer bilderreichen und edlen Sprache wiederzugeben. Sobald ein schönes, edles Gefühl stark genug ist, Begeisterung zu erzeugen, so hebt das Gedicht an, und es endigt, sobald die Begeisterung nachläßt, oder wenn sie zu stark wird, um sich in Worte fassen zu lassen. Die Gefühle des menschlichen Herzens können aber sehr mannig- faltig sein; Ereignisse im menschlichen Leben, Nachdenken, Be- trachtung der Natur, Religiosität, auch Leidenschaften können sehr verschiedene Gefühle hervorbringen. Daher giebt es auch verschiedene Arten lyrischer Gedichte. Ganz anders äußert sich das Gefühl der Freude, als das der Bewunderung, der Betrüb- niß, der Wehmuth, der Hoffnung, der Theilnahme, der Fröm- migkeit, der Reue u. s. w. Ebenso sind auch die Gefühle in Hin- sicht ihrer Stärke sehr verschieden; von der größten Heftigkeit steigen sie durch unzählige Stufen bis zu solcher Schwäche herab, daß diese zuletzt nicht mehr im Stande ist, Begeisterung zu erzeugen. Bei Unterscheidung der Lyrik in ihren einzelnen Gattungen kann man entweder die äußere Form des lyrischen Erzeugnisses in's Auge fassen; oder das Verhalten des dichtenden Subjektes zu seinem Objekt. In diesem Fall unterscheidet man nur drei Gattungen: das Lied, die Ode und die Elegie; je nachdem der Dichter ganz und gar auf dem Boden der Empfindung bleibt, die Stimmung walten läßt; oder mit der Größe des Gegen-
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