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1. Abriss der neuesten Geschichte - S. 37

1875 - Mainz : Kunze
37 tigste Mann, welcher im Sinne der progressistischen Partei regiert, aber 1843 durch einen Aufstand gestürzt wird, der seinen Rivalen General Narvaez und die Moderados ans Ruder, die Königin-Mutter Maria Christina nach Madrid zurück- bringt. Neue Verfassung (1845); eine französische Intrigue bringt die Vermählung der jungen Königin mit ihrem Vetter Infanten Franz d’Assis, ihrer Schwester mit dem Herzog von Montpensier, viertem Sohne Ludwig Philipps zu Wege. Ver- fassungswirren, Kämpfe verschiedener Coterien, Ministerwechsel, Hofkabalen hier wie in Portugal; für die Weltgeschichte ohne Bedeutung. 2. Italien. Dagegen ist die Entwicklung der Dinge in Italien von steigender allgemeiner Wichtigkeit. Die Einheitsbewegung, belebt durch den Hass gegen die österreichische Fremdherrschaft macht in den Gemüthern raschere Fortschritte als die ent- sprechenden Ideen in Deutschland, wo die Gegensätze weniger gewaltsam gespannt sind, die Volksnatur weniger leidenschaft- lich ist. Liberale und Radicale („das junge Italien“ Joseph Mazzinis); wichtig das Buch Vincenzo Giobertis über den „Primat Italiens“, der Italien die erste Stelle in der Fort- schrittsbewegung der Welt und dem Papst die erste Stelle an der Spitze eines neuen auf freisinnigem Grunde ruhenden italie- nischen Bundes vindicirte. Epochemachend war die Papstwahl vom 14. Juni 1846; Cardinal Johann' Maria Mastai (geb. 13. Mai 1792) als Pius Ix. gewählt- Als milder, menschen- freundlicher, gutherziger Mann beginnt er mit einem Amnestie- dekret und Reformen seine lange und wunderreiche Regierung; errichtet einen Staatsrath und, halb freiwillig, halb schon ge- zwungen durch die Bewegung, deren Führer aus dem milden priesterlichen Mann einen Papst im Sinne der Träume Giobertis machen, eine (Bürgergarde; auf der ganzen Halbinsel drängt die liberale und nationale Partei unter der Fahne des Evviva Pio Nono vorwärts. Oesterreich nimmt dieser Bewegung gegen- über eine feindselig drohende Haltung an, lässt Juni 1847 unter päpstlichem Protest Ferrara besetzen, schliesst^Offensiv- und Defensivtraktate mit den Herzogen von Modena und von

2. Die Neuzeit - S. 107

1884 - Mainz : Kirchheim
Johanna Seymour. Anna von Cleve. 107 tüonbt, mußte die Ehe ihres Vaters mit ihrer Mutter als Sblnt-schände anerkennen und den Buhlerinnen ihres Vaters erniedrigende Dienste leisten. Die zweite Gattin, Anua Boleyn, sah eines Tages ihr Kammerfräulein, die schöne Johanna Sey-mi] ui, aus dem Schoße ihres Gemahls. Ein paar Monate später wurde sie — als Ehebrecherin angeklagt — Zum Tode verurteilt und ohne einen Beweis ihrer Schuld hingerichtet. Wie- der war es der fügsame Eranmer, der zwei Tage vor der_ Hinrichtung auf Veranlassung des Königs eine Urkunde ausstellte, welche die Ehe mit Anna als von jeher für null und nichtig erklärte, und Zwar vermöge eines Hindernisses, welches Anna ihm, dem Erzbischöfe, in ihren letzten Tagen bekannt haben sollte, das aber der Welt verborgen blieb. Damit war auch Elisabeth für unehelich und mithin auch der Thronfolge für verlustig erklärt. Heinrich hatte geweint bei der Botschaft von Katharina's Tode (1536); den Morgen nach Anna's Hinrichtung heiratete er Johanna Seymour; allein diese starb schon 1537 bei der Geburt eiues Prinzen, dem nachmaligen Eduard Vi. Alsbald war die vierte Frau in Bedacht genommen. Es sollte Anna von Eleve sein. Heinrich hatte ihr Gemälde gesehen und vernahm gern den Bericht, sie sei vollkommen so hohen Wuchses, wie er es für die Majestät seiner Gemahlin für nötig hielt. Als er aber der Ankommenden zuerst verkleidet entgegenritt, um, wie er es nannte, seiner Sehnsucht Nahrung zu geben, war seine Bestürzung groß, da er sie freilich laug genug, aber ohne jeden feineren Reiz erblickte. Nur wenige Monate lebte er mit ihr, dann wurde sie verstoßen, und Eromwell, der zu dieser Wahl geraten hatte, als Hochverräter enthauptet. Geradezu tollhäuslerisch ist das Vorgehen gegen das Andenken des im Rufe der Heiligkeit verstorbenen Thomas Becket x), bloß aus Furcht, sein Beispiel möchte manchen reizen, sich der geistlichen Autorität des Königs zu widersetzen. Der tote Thomas Becket ward ausgefordert, vor Gericht zu erscheinen und sich zu verantworten. Als er aber nach dreißig Tagen noch immer sein Grab nicht verlassen wollte, in dem er seit dritthalb Jahrhunderten ruhte, gab ihm der König aus Gnade einen Verteidiger; das Gericht war zu Westminster. Der verstorbene Thomas Becket wurde der Empörung, Halsstarrigkeit und Verräterei 1) Thomas Becket, Primas von England, geriet mit Heinrich Ii. in Zwist, weil dieser den Clerns und die Kirche dem Könige und dem Adel unterordnen wollte. Einige Worte, die dem König im Zorn entfuhren, veranlaßten vier Edelleute, den Erzbischof am 29. Dez. 1170 am Altare zu ermorden. 1172 wurde Becket heilig gesprochen.

3. Die Neuzeit - S. 103

1884 - Mainz : Kirchheim
Anna Boleyn. Ehescheidungsangelegenheit des Königs. 103 starb, war sie mit ihm verlobt worden. Da jedoch nach kanonischem Rechte die Ehe mit der Wittwe des Bruders verboten ist, gab Papst Julius Ii. wegen des nahen Verwandtschaftsgrades Dispens. Auch Heinrich kamen über die Rechtmäßigkeit seiner Ehe nicht eher Bedenken, bis Anna Boleyn als Hofdame seiner Gemahlin am englischen Hose erschien. Katharina von Aragonien, acht Jahre älter als Heinrich Viii., war von großer Schönheit, eine echte Tochter Spaniens. Sie verlor jedoch mit den Jahren, wo der Altersunterschied Zwischen den beiden Gatten mehr zu Tage trat, und durch Kränklichkeit t^re Jugendsrische ; und Heinrich, obgleich er früher seiner Gemahlin so innig zugethan gewesen, daß nach den Worten eines Zeitgenossen nie ein Mann seine Fran zärtlicher liebte, wandte sich anderen Frauen zu. Zuerst entflammte Maria Boleyn seine Leidenschaft , bis ihre jüngere Schwester Anna an den Hof kam, für die er nun eine für England fast dämonische Neigung faßte. Bereits an einen Perey verlobt, wurde dieses Bündnis auf Befehl des Königs getrennt, — für sie, nebst einem glänzenden Geschenk an Juwelen, der erste Beweis, welch hohen und gefährlichen Gönner sie habe. Das Band war geknüpft, der Würfel war gefallen. England sollte es bis in feine innersten Fasern, bis in das Heiligtum feiner religiösen Anschauungen fühlen, daß König Heinrich Viii. die schöne Anna Boleyn liebe. Als er ihr aber feine Liebe eröffnete, erwiderte sie — durch das Beispiel ihrer verlassenen Schwester gewitzigt — mit eben so viel Verbindlichkeit wie Entschiedenheit: „Ich würde mich sehr glücklich schätzen, Sire, Ihre Gemahlin zu sein." Durch diese Antwort wurde des Königs Leidenschaft noch mehr gereizt, und Anna besaß Gewandtheit genug, seinen wiederholten Liebesbeteuerungen nur so weit nachzugeben, um ihn immer mit neuer Hoffnung, mit heftigerer Sehnsucht zu erfüllen. Ihre Schönheit, ihr lebenslustiges und geistvolles Wesen machten einen so überwältigenden Eindruck aus den König, daß er mit allem Ernst und Eifer an die Lösung seiner Ehe mit Katharina dachte. Er wandte sich deshalb an den Papst und verlangte aus Grund des mosaischen Gesetzes, nach welchem die Heirat mit der Wittwe des Bruders verboten ist, Scheidung von Katharina. Allein er mußte bald einsehen, daß dieses nicht so leicht ging als er dachte. Zwar schnitt der päpstliche Stuhl die Angelegenheit nicht geradezu ab, suchte sie aber in die Länge zu ziehen, indem er die Neigung Heinrichs für eine flüchtige hielt und durch die Zögerung dessen Leidenschaft abzukühlen glaubte. Auch wollte

4. Die Neuzeit - S. 104

1884 - Mainz : Kirchheim
104 Heinrich Viii.-timt England. Cromwell. bet Papst eine so wichtige und folgenreiche Angelegenheit erst nach sorgfältigster Prüfung entscheiben. Er übertrug daher vorläufig die Untersuchung btefer Angelegenheit dem englischen Karbinal Wolsey — dem allmächtigen Günstlinge Heinrich Viii. — und schickte später zu bemselben Zwecke den Karbinal Campeggio nach England. Da Wolsey dem Könige bre ^cheibungssache als ungeheuer leicht hingestellt hatte, war es auch den beiben Kardinälen nicht möglich, beri König zu bewegen , von seinem Vorhaben abzustehen, und so mußten sie die Untersuchung eröffnen. Da inbessen Katharina an den Papst appellierte, so mochten die Kardinäle kein Urteil fällen, und Ele-men§, Yn- Zog die Entscheidung nach Rom und zugleich damit m. die Ferne. Dadurch wurde Heinrich von großem Ingrimm erfaßt, der sich zunächst gegen Wolsep wandte. Derselbe wurde des Hochverrates angeklagt und starb bald darauf, von Verbruß und Krankheit aufgerieben. (Sin verfehlter Versuch war es, daß Heinrich meinte, durch das Urteil vieler Universitäten gegen die Ehe mit Katharina könne er einen Druck auf den Papst ausüben. Ebenso verfehlt war das Angebot an Karl \. : 300,000 Kronen für seine Einwil- ligung , und ^ die Rückzahlung von Katharinas Heiratsgut und Zusicherung eines lebenslänglichen entsprechenden Unterhalts zu entrichten. — „Ich bin kein Krämer," sagte Kaiser Karl, „und werde die Ehre meiner Tante nicht verkaufen." Heinrich wurde beinahe trübsinnig und war schon bereit, den ganzen Scheidungsplan auszugeben. Da verlangte ein gewisser E r 0 rnw ell Audienz beim Könige, entschlossen, wie er erklärte, die Sache zum Biegen oder Brechen zu bringen. Er war der Sohn eines Walkmüllers, hatte sich als Solbat und Kaufmann in Italien Herumgetrieben, war dann von Wolsey gehoben und zum Verweser kirchlicher Länbereien gemacht worben. Dieser stellte nun dem Könige vor, wie er, ohne seinen Glauben zu veränbern, das Beispiel der beutfchen Fürsten insoweit nachahmen könne, daß er statt des Papstes sich selbst zum Oberhaupt der Kirche in England mache. Wenn der König die päpstliche Autorität übernähme, so hänge die Entscheibung nur von ihm selbst ab, und die Geistlichkeit, bereu Leben und Vermögen in feiner Hand stehe, werbe das g ehorsame Werkzeug seines Willes werben. „Sire," schloß er seine Rebe, „werden Sie englischer Papst, und ihre Macht wird größer sein, als die des Kaisers und des Papstes zusammen!" — Wie lachend war dieser Antrag für Heinrichs Leidenschaft, Herrschsucht und Habgier! Cromwell würde auf der Stelle zum Mitgliebe des

5. Die Neuzeit - S. 138

1884 - Mainz : Kirchheim
loo England. Elisabeth. Zügen, goldblonden Haaren und dunkeln Augen voll Feuer verband sie einen stattlichen Wuchs und eine majestätische Haltung. Die Stürme, die ihre Jugend nmbranft, hatten in ihr einen hohen Grad von Mut und Thatkraft entwickelt, der nach ihrer Thronbesteigung in die gleiche despotische Willkür ausartete, welche ihres Vaters Regierung gekennzeichnet. Die Grundsätze der Reformation waren ihr durch Craumer beigebracht, und von ihr selbst durch das Lesen Melanchthon'scher Schriften ausgenommen worden, daher denn auch die Vermutung nahe 'lag, daß sie nach ihrer Thronbesteigung das Panier des Protestantismus entsalten und überhaupt einen gänzlichen Umschwung der Dinge herbeiführen werde. Das erstere beabsichtigte sie allerdings, wie sie selbst den protestantischen Fürsten in Deutschland, Dänemark und Holstein erklärte, war aber andererseits nicht gesonnen , eine republikanische Kirche mit einem nicht durch Gesetze wörtlich vorgeschriebenen Glauben zu dulden, und versuchte deswegen sich mit dem Papste Paul Iv. ins Einvernehmen zu setzen. Dieser aber erklärte ihrem Gesandten, daß nach seiner Ansicht Elisabeth keine legitime Tochter Heinrichs Viii sei, und daß deswegen der Königin Maria Stuart von Schottland der englische Thron gebühre. Diese, an den Dauphin (später König) Franz (Ii.) von Frankreich vermählt, ^ hatte auch nach dem Tode Marias Titel und Wappen einer Königin von England angenommen , weil fte von der ältesten Schwester Heinrichs Viii. (die mit dem Könige Jakob Iv. von Schottland vermählt gewesen) abstammte, und Elisabeth von dem letzteren als Bastard erklärt worden war. Aber des Papstes Absicht, über das Thronfolge-recht der beiden Königinnen zu entscheiden, scheiterte an dem Beschlusse des englischen Parlaments, welches sich für Elisabeth erklärte. Unbestritten bleibt, daß Elisabeth den Grund zu Englands Nationalität und Großmacht gelegt hat und sich damit selbst den Ruhm einer großen Königin in den Augen ihres Volkes verschaffte. Zn dieser Größe trugen hauptsächlich auch ihre Räte bei, welche sie gleich bei ihrem Regierungsantritte mit richtiger Würdigung der Persönlichkeit auswählte. Von ihnen unterstützt, begann Elisabeth zunächst die Kirche Englands vom apostolischen Stuhl loszureißen. Da Papst Paul Iv. die Ehe Heinrichs Viii. mit Anna Boleyn, der Mutter Elisabeths nicht für ächt erklären konnte, ließ sie bei dem Parlamente die Anträge stellen, die Zehnten und' ersten Früchte an die Krone zurückzugeben, und der Königin die erste Gewalt in Kirchenfachen wieder zu übertragen. Das Parlament war so gefügig, mit nur vier

6. Viertehalb Jahrhunderte - S. 879

1856 - Freiburg im Breisgau : Herder
Die Zeit der falschen Aufklärung und der gewalttätigen Staatskunst. 879 auftretend, regte sich auch Ln der Regierung Spaniens. Eine durch verletzende Neuerungen im Jahre 1766 verursachte Empörung brachte an die Stelle des von dem Könige aus Italien mitgebrachten Ministers Squillace den Grafen Aranda, der seinem Gebieter die Jesuiten als Urheber der Empörung darzustellen wußte und dem um völlige Vernich- tung des Ordens bemühten Choiseul willig die Hand bot. Der Orden erlag bei dem Hasse, den man dem Könige gegen ihn eingeflößt hatte, einer rasch angewandten Gewalt. Im Jahre 1767 wurden an einem und demselben Tage, nachdem der Schlag auf das Geheimste vorbereitet worden, an allen Orten die Jesuiten ergriffen und auf Schiffe geschleppt, von welchen sie an der Küste des Kirchenstaates ausgesetzt wurden. Das Schicksal der von ihnen hinterlaffenen Güter und der Erfolg der von dem Papste erhobenen Einsprache waren hier, wie in Portugal und Frank- reich. Nur wurde dem Volke über die Gründe der Gewaltthat kein Aufschluß gegeben, da der König in seiner Erklärung, die er die prag- matische Sanction nannte, nach Wiederholung der gangbaren allgemeinen Nachreden sich auf dringende Gründe, die er gehabt habe, berief. Die Maßregel wurde auch auf die amerikanischen Besitzungen ausgedehnt. Die Menge der Jesuiten, welche man zugleich aus Spanien und seinen Nebenlandern entfernte, erschwerte deren Erhaltung. Viele erlagen den Beschwerden der Reise, die man durch rauhe Behandlung vermehrt hatte. Auch konnte der Papst sie im Kirchenstaate nicht alle aufnehmen. Es fanden viele, nachdem sie lange auf den Schiffen hatten bleiben müssen, endlich einen Aufenthalt auf der Insel Corsika. Diese Insel, die der Republik Genua gehörte, war seit längerer Zeit nur noch dem Namen nach von derselben abhängig, da diese die Bevölkerung nicht zu zügeln vermochte. Schon hatten die zur Unterdrückung der Eingebornen zu Hülfe gerufenen Franzosen sich hier festgesetzt, die den von Pascal Paoli geleiteten Aufstand dämpften und im Jahre 1768 gegen Zahlung einer Geldsumme das Recht des Besitzes erhielten. Die französische Negie- rung war es denn auch, welche einer großen Zahl von Jesuiten auf der Insel einen dürftigen Lebensunterhalt reichen ließ. Was Spanien gethan, das thaten in Folge der von Madrid aus ergangenen Auffor- derungen auch die spanischen Regenten von Neapel und Parma, Karls Iii. Sohn Ferdinand, unter dem der vom Geiste der Neuerung beherrschte Tanucci die Regierung führte, und Philipps Sohn Ferdinand, der wäh- rend seiner Minderjährigkeit unter Leitung des Franzosen Du Tillot stand. 29. Nachdem die Jesuiten in einem großen Theile Europa's that- sächlich unterdrückt waren, wandten die Bourbonischen Höfe alle Mühe an, um das Oberhaupt der Kirche zur Aufhebung des Ordens zu be- wegen. So hofften sie für den Angriff, den sie bereits auf die Kirche gemacht hatten, nachträgliche Genehmigung zu erhalten und sich von der

7. Viertehalb Jahrhunderte - S. 888

1856 - Freiburg im Breisgau : Herder
888 Die Zeit der falschen Aufklärung und der gewaltthätrgen Slaalskunst. gemacht wurden, fanden nicht die mindeste Beachtung, und schnöde ab- weisend antwortete er auch auf die Warnungen, die der Kurfürst Cle- mens Wenceslauö von Trier, der jüngste Bruder des Kurfürsten Friedrich Christian von Sachsen, an ihn richtete. Gleich erfolglos waren die Ver- handlungen, welche Papst Pius Vi. mit ihm pflog. Als aber im Jahre 1783 der Papst zu persönlicher Besprechung in Wien erschienen war, mußte er zu der Dcmülhigung, welche er sich durch diesen Schritt selbst auferlegt hatte, auch noch die erfahren, daß er den Kaiser jetzt so wenig, als im Verlaufe der späteren Verhandlungen, zu irgend einem Nachge- den geneigt fand. Dazu kam, daß während seiner Anwesenheit in Wien eine Flut von Schriften zur Herabwürdigung und Verspottung des Pri- mates sich ungehindert über das Volk ergoß. Ja der Minister Kaunitz war, während der Kaiser seinem Gaste wenigstens mit den Formen der Ehrerbietung begegnete, niedrig genug, denselben durch ungeziemendes Benehmen zu kränken. Joseph aber bildete seine Neuerungspläne so weit aus, daß er sich zu einer förmlichen Losreißung der Kirche seiner Staaten von der Leitung des Papstes entschloß und nur durch das bei ihm viel geltende Urtheil Azara's, des spanischen Gesandten zu Rom, den er noch im Jahre 1783 bei einem dortigen Aufenthalte zu Rathe zog, darauf verzichtete, eine östreichische Landeskirche nach dem Muster der englischen Hochkirche zu bilden. Während Joseph, der sich persön- lich nie gegen die Lehren der Kirche erklärte, als Kaiser unter dem Einflüsse von Ungläubigen zu Gunsten unbedingter Herrschergewalt die Kirche so zu erniedrigen bestrebt war, konnte er sich dem Wahne hin- geben, daß deren Diener in solcher Erniedrigung noch fähig sein wür- den, den Geist des Gehorsams in dem Volke zu pflegen. Er sah nicht, daß die Anforderungen, die er in diesem Betracht an die Geistlichen richtete, nur so lange erfüllbar sein würden, als seine Thätigkeit noch nicht ihre vollen Früchte getragen haben würde. Wie wenig er ein Verständniß für das Wesen der Kirche hatte, zeigte sich daran, daß er von den Geistlichen mit Umgehung der Glaubenslehre nur die Sitten- lehre gepredigt haben und außerdem das Volk in der Kirche mit den Regeln der Lebensweise und der Wirthschaft bekannt gemacht sehen wollte. Nach der Ansicht derjenigen, die ihn leiteten, war die Kirche nur darum noch der Erhaltung werth, um in eine zur Unterstützung der Polizei dienende Anstalt umgewandelt zu werden. 35. Den stärksten Widerstand fanden die Neuerungen in den nie- derländischen Provinzen Oestreichs. Die im Jahre 1786 erfolgte Auf- hebung aller von den Bischöfen geleiteten theologischen Lehranstalten, die im Jahre 1787 erlassene Bekanntmachung einer ohne Rücksicht auf Ab- grenzung und Verhältnisse der Landschaften neu gebildete Eintheilung und Verwaltung, verursachten nicht allein Gährung, sondern auch den

8. Viertehalb Jahrhunderte - S. 956

1856 - Freiburg im Breisgau : Herder
956 Die Zeit der siegreichen Revolution. Oberhaupte der Kirche geleitet würde, als Mittel borgen zu müssen. Zudem hoffte man von der Mitwirkung des Papstes eine günstige Wir- kung auf die der Kirche nicht Entfremdeten, deren Gemüther man da- durch am leichtesten dem Herrscher unterwerfen würde. Nachdem das Kaiserthum verkündet, nachdem eine Anzahl von Veränderungen, durch welche die monarchische Gewalt Verstärkung erhielt, mittelst eines Se- natsbeschlüsses angeordnet worden, sollte eine Kaiserkrönung das neue Werk beschließen. Doch wollte der neue Kaiser nicht so weit gehen, durch Empfang der Krone eine Sendung von dem Papste anzunehmen, auch nicht dadurch, daß er nach Rom reiste, sich vor dem Oberhaupte der Kirche beugen. Die Unterhandlungen zielten darauf, daß Papst Pius Vh. nach Paris kommen und nicht die Krönung, sondern Salbung und Segnung verrichten möge. Viele Bedenken stellten sich in Nom dem Eingehen auf Napoleons Wünsche in den Weg. War schon die Art, wie der Papst sich bei der Feier betheiligen sollte, eine dem Ver- hältnisse zwischen Papst und Kaiser nicht entsprechende, so war die Macht Napoleons, welche nach Entstehung und Wirksamkeit mehr von der Macht der römischen Imperatoren als von der Macht der römischen Kaiser hatte, welche durch den Gegensatz zu einem Berechtigten, selbst mit Cäsars und Auguftus' Macht verglichen, im Nachtheile stand, nicht der Art, daß der Papst ihr die geforderte kirchliche Weihe zu ertheilen geneigt sein konnte. Dazu kam die Frage, wie der Papst der vertrie- benen Familie der Bourbonen gegenüber den Kaiser salben könne, der sich Kaiser der Franzosen nannte, und ungeachtet dieser Benennung war die Stellung zweifelhaft, die der neue von Plänen der Weltherrschaft erfüllte Kaiser dem wirklichen Kaiser gegenüber einnehmen würde. Alle diese Gegengründe wurden in der Seele des sanften Pius Vii. von den Vorstellungen erschüttert, durch welche seine Räthe unter dem Ein- drücke der bereits in Napoleons Händen ruhenden Gewalt, der an seine Freundschaft geknüpften Hoffnungen und der von seinem Unwillen be- fürchteten Gefahren ihn zum Nachgeben zu stimmen suchten. Auch wur- den von Paris aus die lockenden Worte, durch welche dem Papste das, was man begehrte, als der größte Gewinn für die Kirche dargeftellt wurde, nicht gespart, und die Entscheidung im Sinne des Kaisers wurde dadurch herbeigeführt, daß gegen den Sinn des Kaisers der Erzbischof von Lyon, Cardinal Fesch, der Stiefbruder von Napoleons Mutter Lä- titia, in Rom die Erklärung abgab, der Papst solle dem Kaiser auch die Krönung ertheilen. Der Papst kam, und Napoleon setzte am 2. De- cember sich und seiner Gemahlin selbst die Krone auf. Der Papst hatte sich erniedrigt, und die für die Kirche gehofften Vortheile blieben aus, weil die zur Ausführung des Concordats erlassenen Verordnungen, oie organischen Artikel genannt, dem Sinne des Concordats entgegen die

9. Viertehalb Jahrhunderte - S. 880

1856 - Freiburg im Breisgau : Herder
880 Die Zeit der falschen Aufklärung und der gewaltthätigen Staatskunst. Gefahr zu befreien, die ihnen so lange zu drohen schien, als der ge- fürchtete Orden in andern Ländern noch bestand. Ein vorläufiger Schritt zur Erreichung des Zweckes war die nach Clemens' Xiii. Tod erfolgte Wahl des von den Höfen gewünschten Cardinals Ganganelli, der den Namen Clemens Xiv. annahm. Mancherlei Zugeständnisse ließen die Höfe erkennen, daß sie in ihm sich nicht geirrt hatten. Nur in Betreff des Jesuitenordens zögerte er, da er Zeit zur Untersuchung verlangte. Doch die Höfe machten von Erfüllung ihres Begehrens die Erneuerung freundlicher Beziehungen abhängig, die unter Clemens Xiii., als dieser den Herzog von Parma mit dem Banne belegte, unter Einziehung der päpstlichen Besitzungen Benevent und Pontecorvo in Neapel, und Avi- gnon und Venaissin in Frankreich abgebrochen worden waren. Der Drang der neuerungssüchtigen Zeit, die überall den Gehorsam gegen die Kirche erschütterte, machte den Papst wankend, und in dem großen Kampfe, in welchen er ungeachtet persönlicher Abneigung gegen die Jesuiten im Andenken an ihre großen, von der Kirche stets anerkannten Verdienste gerathen mußte, gab die Sorge um Erhaltung des Friedens den Ausschlag. Von den Mächtigen, die der katholischen Kirche ange- hörten, hatte nur Maria Theresia sich für ihre Erhaltung ausgesprochen, während ihr Sohn Joseph sich auch durch Einstimmen in das Verlangen nach ihrer Aufhebung als einen Zögling der Zeit erwies. Mit über- raschender Schnelligkeit, ohne daß Untersuchung der Sachlage, Verneh- mung der Betheiligten, Berathung mit den Cardinälen stattgefunden, erfolgte im Jahre 1773 die Aufhebung zu allgemeinem Jubel der Feinde der Kirche. Während nun aber die katholischen Herrscher, in deren Ländern der Orden bisher noch bestanden hatte, denselben auflösten, fand er Beschützer an zwei außerhalb der Kirche stehenden Herrschern, an dem Könige Friedrich von Preußen und der Kaiserin Katharina von Rußland. Beide wollten den Jugendunterricht vor den Nachtheilen be- wahren, die sie von Auflösung des Ordens befürchteten. Friedrich verlangte, daß die Jesuiten sich auch gegen die Anordnung des Papstes behaupteten, und gab nur auf Vorstellungen, die ihm wegen des Widerstreites der Pflichten gemacht wurden, dahin nach, daß sie mit Aufhebung der Ver- bindung als gewöhnliche Priester den Schulunterricht in Schlesien fort- setzten, während ihre Güter als Hülfsquellen für die Erhaltung der Unterrichtsanstalten benutzt wurden. Katharina aber verweigerte ge- radezu die Auflösung des in ihren ehemals polnischen Gebieten, beson- ders in den Woiwodschaften Polock und Mohilew, zahlreichen Ordens, der unter ihr sich einen Obern wählen mußte, um in einem Zweige fortzuleben. 30. Um einen großen Schritt brachte die durch Europa verbreitete Gährung unter Kaiser Joseph I!. die Verhältnisse dem Ziele einer großen

10. Lehrbuch der Geographie alter und neuer Zeit - S. 313

1831 - Mainz : Kunze
515 Vierter Abschnitt. Die Länder und Staaten der Erde. I. Asia. §. 1. Beschreibung des Landes. 8ils Grenze gegen Europa wird eine Linie angenommen, die vom Kar, Küstensiuß des Eismeers südwestl. zum Quell des Ural, dann auf dem Obtschei Sirt südwestl. zur Wolga und jen- seit derselben zur Mündung des Don zieht. Daß der Welttheil auch mit Afrika, doch nur durch die Erdenge Suez zusammenhängt, übrigens aber vom Eismeer, großen Ocean, indischen und mittel- ländischen Meer bespült wird, ist schon früher angegeben. — Die Ausdehnung Asia's ist gewaltig; von Sw. nach No. 1200, und von So. nach Nw. 800 Meilen. Der Flächeninhalt (die Inseln abgerechnet ) wird auf 800000 Qm. geschätzt; also 5mal größer als Europa; doch hat unser kleiner Welttheil im Verhält- niß weit mehr Küsten. Der Küstenumfang Asia's beträgt 7700 M., und der von Europa, das weit ausgezackter ist, 4300 M., die Inseln abgerechnet. Der Halbinseln sind also wenige und von großem Umfang; die bedeu- tendsten: Anatoli (Morgenland) od. Kleinasien 10000 Qm. — Arabien 48000 Qm. — Halbinsel diesseit des Ganges oder vorderindische 50000 Qm. — Halbinsel jenseit des Ganges od. hinterindische, mit der Neben- Halbinsel Malakka — Korea — Kamtschatka — und einige unbewohn- bare am Eismeer. Flüsse und Seen. 1. Ohne Abzug zum Meere: Der caspische See zieht den Blick zuerst an. Er hat eine Oberflache von 6000 Qm., ist
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