Sechster Zeitraum. Bert 323 bis 476. 325
immer noch fort, und Hütte sogar in dem Zeitpunkte, da
das Chrrstenthum der. Menschheit zu Lheil wurde, sein
Äußerstes erreicht. So entstanden denn auch christliche
Einsiedler, .deren man besonders in der großen the-
daischen Wüste in Ägypten bald Diele fand.'-7'Lang lebe
ten diese Einstedler abgesondert, seder für sich. Als aber
die Auzabl derjenigen, welche die Einsamkeit suchten, be-
sonders aus Veranlassung der Christen-Verfolgung Dio-
kletians, immer größer wurde, bauten Diele derselben,
dem Vorschläge eines alten Einstedlers (Pachomius,
nt0 nius, Paulus ) gemäß, ihre Hütten alle zusam«
inen an einen Ort, um wenigstens ihren Gottesdienst ge-
meinschaftlich halten zu können. Diese Einsiedler, wel-
che jetzt zwar gewissermaßen zusammen, jedoch in abge-
sonderten Hütten, lebten, wurden bald Mönche (Mo-
nachi) genannt. In kurzer Zeit fand dieses Mönchthum
auch außer der thebaischen Wüste Anhänger in Menge.
Durch den heiligen Hilarion ward die neue Anstalt
nach Palästina, durch Euftathius von Cebaste nach
Armenien, und zu gleicher Zeit durch Ath a n asi us nach
Europa gebracht. — Diese neue Lebensart zog um so
Mehrere an, da sie durchaus noch nichts Bindendes hatte.
Denn erst nach der Mitte des vierten Jahrhunderts erhielt
die Anstalt bestimmtere Einrichtungen, indem die Mouche
in gemeinschaftliche Wohnungen (cocnobia) und unter ge-
meinschaftliche Aufsicht gebracht wurden. Von nun au hat-
ten die Vorsteher der Klöster (Äbte, Ma nd rit en, A r-
chimandriten) nicht nur für die Erhaltung der Ordnung
und Ruhe unter ihren Mönchen zu sorgen, sondern mehrere
derselben (wie V a fi l i u s, A u g u st i n u s u. a.) entwarfen
auch Vorschriften (Regeln), nach deuen die Gesellschaft zu
leben hatte.
Anfangs hatten die Mönche bloß für Laien gegol-
ten, aber feit der Mitte des fünften Jahrhunderts fin-
gen sie an, sich mehr und mehr an den Clerus anzuschlie-
ßen. Zuerst wurden diejenigen unter ihnen zu Geistlichen
geweiht, welche den Gottesdienst im Kloster zu versehen
hatte-. Vach und nach wurden rnnner mehrere unter die
Geisil'chen ausgenommen, und der Clerus konnte sich
dieses Zuwachse- um so mehr erfreuen, da bereits seit
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Erster Zeitraum. - Don 476 bis 800. 36?
wurden die neuen Eroberungen, so wie die alten Besitzun-
gen derselben erweitert und gesichert. Vornehmlich aber
ward die neue Herrschaft dadurch befesiigt, daß Chiodo-
wiq bald nach seinem zweiten Siege mit einem Theile
seiner Franken zur catholischen Religion, der Religion der Gal,
lier, überging. Dadurch gewann er die catholischen Bi-
schöfe Galliens um so mehr, als die Westgothen und Bur-
gunder sich durch den Arianismus von ihren Unterthanen
unterschieden. Der oströmische Hof, für welchen der Stif-
ter, des Frankenreichs ein erwünschter Gegner der beiden
Lothischcn Staaten war, verlieh demselben die Würde ei-
nes römischen Patricius: das Zeichen des höchsten
Ranges nach der kaiserlichen Familie, nach der Absicht
der Byzantiner eine Bestätigung in der neuen Herrschaft,
aber auch in der Meinung der Gallier ein wahrer Schmuck
und ein Kennzeichen rechtmäßiger Gewalt ihres neuen Be-
herrschers. — Endlich durch grausame Vertilgung der
übrigen Frankenkönige erhob sich Chlodowig zum einzigen
Könige aller Franken.
L. Äußere Geschichte der Merowinger bis6lz.
Nach Leutscher Art und dem väterlichen Willen ge-
mäß, theilten sich nach Chlodowigs Tode deffen Söhne
in das Frankenreich. Der östliche Theil desselben (Au-
strasien, Francia Orientalis), welches größtentheilö die
ursprünglichen Wohnsitze der Franken, die Gegenden am
Ober- und Niederrhein, an der Maas und Mosel, die
Städte Metz, Trier, Toul, Verdün und andre tu sich be-
griff, ward Theod orich I. (511-550) zu Theil, und sein
Herrscherssitz war Metz; das westliche Frankenreich aber
(Neuster, Neustrien) erhielten die drei übrigen Prinzen,
von welchen Chlodomir (511-524) Orleans, Chil-
debert (511 - 556) Paris, und Chlotar 1. (511 -
-561) Soissons 5um Orte ihres Aufenthalts wählten.
Dem väterlichen Beispiele gemäß wurden auch die
Söhne Eroberer.
In Thüringen regierten um diese Zeit brei Soh-
nes eines Vaters. Aber Hermanfried, der mittlere die-
ser Brüder, verführt durch seine stolze Gemahlin Ama-
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Extrahierte Personennamen: Lothischcn Chlodowig L. Leutscher Francia_Orientalis Metz
Extrahierte Ortsnamen: Galliens Frankenreich Niederrhein Maas Trier Paris Thüringen
374
Mittlere Geschichte.
so wie vorher die Großen gegen die königliche Macht ge-
kämpft halten, so kämpften sie nun gegen den Major
Domus.
Endlich siegte Pipin von Heristal (687 - 71-4)
über den König und die Großen, und wurde allvermögen-
der Major Domus in dem ganzen Frankenreiche. Er war
ein Enkel Pipins von Landen und des Bischofs Arnulf von
Metz. Er besaß schöne Güter an den Ufern der Maas;
und von einer daselbsi gelegenen Burg, in welcher er sich
aufzu halten pflegte, führte er den Namen Pipin von He-
ristal. Ihm übertrugen die Austrasier, als ihnen Ebroin,
der gewaltige Major Domus von Neustrien und Burgund,
Theodorich Iii. zum Könige aufdringen wollte, die Verwal-
tung ihres Reiches. Endlich als der Major Domus Ber-
thar unbesonnen und gewaltthatig über Neuftrr'en herrschte,
baten ihn selbst die Neustricr wider ihren König Theodo-
rich und dessen Major Domus um Hülfe« Bei Testri,
unweit St. -Cuicniist, (687) siegte Pipin über den König
und Berthar; dieser verlor das Leben, Theodorich aber
verlieh dem Sieger das Majorat über das ganze Fran-
kenreich.
Pivin stand mit Ruhm an der Spitze dieses Reiches.
Seine gelassene Klugheit siegte über den wilden Ehrqeiz
der Großen, und er, welcher im Stande war, sich selbst
zu beherrschen, erlangte die Herrschaft auch über alle an-
dere. Wie seinen Großvätern lag ihnr die Rechtspflege
am Herzen. Auch veranstaltete er, daß, der alten Sitte
gemäß, Versammlungen aller Franken gehalten wurden.
Doch konnte er seine Macht nicht so befestigen, um die-
selbe auch nach Außen zu behaupten. So vermochte er die
Baieru und Alemannen keineswegs zu dem Gehor-
sam zurückzuführen, welchen sie einst den Merowingern
gelobt hatten, wovon sie sich aber entbunden glaubten,
als diese der That nach zu herrschen aufgehört hatten. In
Aquitanien hatte sich unter den biöher-gen Verwirrun-
gen durch eine» Sprößliug der Merowinger ein eigenes,
jezt schon erbliches, Herzogtum gebildet, das eigentlich
nur die Landstriche von den Pyrenäen bis zur Mündung
der Garoune umfassen sollte, nun aber immer mehr erwei-
tert wurde. Pipin wagte es urcht, dieses Herzogthum in
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Mittlere Gsschlhte.
3150
gern den Nath der Großen, der Geistlichen sowohl, als der
Laien, über die wichtigen Angelegenheiten der Negierung.
Auch wurden auf denselben Gesetze gegeben oder bestätigt.
Überall war er selbst gegenwärtig; stets thätig, leitete
und beseelte er alle seine Anordnungen. Bei solcher Über-
legenheit konnte er es wagen, den Heerbann mit größ-
ter Strenge herzustellen. Dadurch war jeder Staats-
bürger, der Arme wie Ler Neiche, genöthigt, so oft die
Auffoderung an ihn erging, in allen Kriegen, selbst in
entfernteren Landern, auf eigene Kosten zu dienen.
Diese Anstalt war nun freilich, besonders für die Ärme-
ren, bei den vielen Kriegen Carls höchst drückend. Man-
che gaben selbst ihre Freiheit an Bischöfe oder Grafen
hin, um unter dem Schutze derselben von dem aufrei-
benden Dienste frei zu werden. Allein ohne die Kriege
Carls, deren Anzahl und Dauer ihm strengen Heerbann
zum Bedürfniß machte, wären nicht alle Völker teulschee
Zunge in ein Neich vereinigt, und nach seinem Tode wä-
ren die Verwirrungen durch die herumstreifenden Völker
für das westliche Europa wohl noch verderblicher geworden.
Bewundernswürdig waren Carls Bemühungen,
die G e istes - B:ld u n g in feinen Staaten zu griiudcn
und zu fördern. Die Zerrüttung in dein Zeiträume der
Merowinger hatte selbst diejenige wissenschaftliche Bil-
dung verscheucht, deren sich das Frankenreich noch im
sechsten Jahrhunderte erfreute, so daß dieses in Hinsicht
auf Geistesbildung in wahrer Barbarei lag, als Car!
der Große austrat. Durch ihn aber ward ein neues
Licht angezündet. Ihm selbst war in seiner Jugend kein
wissenschaftlicher Unterricht zu Theil geworden, aber aus
der ursprünglichen Kraft seines Geistes, und wohl auch
aus seiner innigen Ehrfurcht für das Heilige in seiner
Neligion entwickelte sich bei ihm in der Neife der Jahre
ein Sinn für höhere Bildung, welchen er, so wie der-
selbe erwacht war, mit edelm Eifer zu nähren und zrr
stä ken suchte« Er zog Alcuin aus England, Peter
von Pisa, Theydulf aus Italien, Paul Diaeo-,
nus von Aguilcja, Leibrad aus Barem und andre
an seinen Hof, und benützte noch iu spätem Jahren tuifc
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Extrahierte Personennamen: Peter
von_Pisa Aguilcja
Extrahierte Ortsnamen: Carls Carls Europa Carls England Italien
434
Mittlere G eschichte.
lung seinen bestimmten Antheil: Pipitt Aquitanien, Eüd--
wig Barer«, Lothar das Übrige zugleich mit dem Kai-
sertitel. Die Negierung dieser Länder wurde ihnen auch
sogleich übergeben; jedoch unter der -Oberhoheit des Vaters;
auch sollten die jünger« Brüder dem altern Bruder Lo-
thar untergeordnet seyn. —- Diese Theiluug eröffuete eine
ganze Ncihe widriger Schicksale für Ludwig den Fronti
men. Außer dem, daß sie zu früh geschah (Ludwig war,
als er sic machte, kaum neun und dreißig Jahre alt), wa«
reu die jüngeren Brüder darüber unzufrieden, daß sie dem
altern Bruder Lothar, welchem der Vater die Mitregent-
schaft im Kaiserthum übertragen hatte, untergeordnet
sepn sollten. Vornehmlich aber wurde durch diese Thei«
luug Bernhard gekränkt, welcher als Sohn Pipins,
des altern Bruders Ludwigs des Frommen, und als Be-
sitzer des Königreichs Italien, das ihni Carl der Gro^
'ße (813) .gegeben hatte, die ersten Ansprüche auf die
Kaiserwürde zu haben glaubte. Er empörte sich deßhalb,
wurde aber, als er in die Gewalt Ludwigs des From-
men gerieth, zur Strafe geblendet, und starb bald nach-
her (818) als Opfer dieser Marter.
Als Ludwig der Fromme um diese Zeit (818) sei-
ne Gemahlin Irmengard durch den Tod verlor, schien
er nahe daran zu sepn, alle seine Kronen niederzulegen,
um in frommer, beschaulicher Stille sein Leben zu voll-
enden. Allein die Partei, welche ihn beherrschte, gab .
dieß nicht zu, sondern bewirkte vielmehr, daß sich der .
Kaiser mit Jutta, der Tochter eines baiecischen Grafen
Welf, vermahlte. Diese gebar ihm im Jahre 823 ei-
nen Sohn, den nachherigen Carl den Kahlen, und-
es war natürlich, daß die mütterliche Zärtlichkeit dafür
besorgt war, daß auch dieser Sohn einen Antheil an
dem großen Frankenreiche erhalten möchte.. Daher ver-
anstaltete Ludwig im Jahre 82y eine neue Theiluug des
Reiches, in welcher sein Sohn zweiter Ehe Alemannien,
Nhatien und einen Theil von Burgund zum großen Ver-
drusse seiner Söhne erster Ehe erhielt. Um eben die
Zeit aber, als Ludwig diese zweite Theiluug machte,
reizte er viele Große, besonders diejenige Partei, welche
ihn bisher beherrscht hatte, oadurch gegen sich auf, daß
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Extrahierte Personennamen: Pipitt_Aquitanien Lothar Ludwig_den_Fronti Ludwig Ludwig Ludwig Lothar Bernhard Ludwigs Carl_der_Gro^ Ludwigs Ludwig Irmengard Jutta Welf Carl Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig
45ö
Mittlere Geschichte.
Noch aber hörte der Kaiser nicht auf, daö Reich zu
thcilcn. Im Jahre 837 machte er die dritte Theilung
und im Jahre 859, weil Pipin 858 gestorben war, die
vierte, worüber er mit seinem Sohne, Ludwig dem Teut-
ffchen, in einen Krieg gerieth.
Die Sorge für Carl den Kahlen lag Ludwig dem
Frommen zu sehr am Herzen; daher diese neuen Theilun-
gen. Schon die erste derselben empörte die Söhne; ge-
mäß der zweiten sollte Ludwig der Deutsche bloß Vaieru
behalten; an Lothar aber glaubte der Kaiser die beßte
Stütze für seinen jüngsten Sohn Carl gefunden zu haben.
Beides that Ludwig dem Deutschen, der bisher dem Vater
noch die größte Treue bewiesen hatte, sehr wehe. Es
kam zum Kriege zwischen Vater und Sohn. Auf einem
Reichstage zu Worms sollte der Streit endlich beigelegt
werden. Aber ehe noch der Reichstag eröffnet wurde, starb
Ludwig der Fromme (840), entzweit mit dem beßten seiner
Söhne.
Feinde von Außen thaten unterdessen dem Reiche
Ludwigs des Frommen wenig Abbruch, welches freilich
nicht sowohl sein Verdienst, als vielmehr eine Folge theils
davon war, daß jetzt überhaupt keine bedeutenden aus-
wärtigen Feinde auftraten, theils, daß noch manche treff-
liche, unter Carl dem Großen gebildete, Krieger da waren.
2. Der Vertrag zu Verdun (643).
Lothar wollte nach des Vaters Tode sich des gan-
zen Frankenreichs bemächtigen, aber Ludwig und Carl be-
siegten ihn bei Fontenai, unweit Auxerres, in einem
großen Treffen (25. Juni 841). Es sollen hundert tau-
fend Streiter, der Kern der Franken, in diesem blutigen
Treffen ihren Tod gefunden haben. Doch wurde der Sieg
nicht gehörig benützt. Statt Lothar zu verfolgen, und
ihn, wie es wohl möglich gewesen wäre, aufzurciben, be-
» jammerten die Brüder das Unglück ihres Bruders und
der Nation, und ließen dem Besiegten Verzeihung und
Friede kund thun. Der ränkevolle Lothar dagegen begann
bald den Krieg aufs neue. Hierauf aber schlossen Lud-
wig und Carl bei Straßburg (14. Februar 842) das eng-
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_dem_Teut- Ludwig Carl Ludwig Ludwig Ludwig_der Ludwig Lothar Carl Ludwig_dem Ludwig Ludwig_der Ludwig Ludwigs Carl_dem_Großen Ludwig Ludwig Carl Lothar Lothar Carl
433
M itrlere Geschichte.
der Kahle und Ludwig der Deutsche in Lothringen, wie-
wohl der letztere (872) seinen Antheil au Lothringen Lud-
wig Ii. wieder zurückgab. Einige Zahre nachher (875)
starb auch dieser Ludwig Ii., ohne männliche Nachkom-
men zu hinterlassen, und sein Antheil an Lothringen fiel
an Ludwig den Deutschen zurück. So war nun schon
zwanzig Jahre nach Lothars I. Dode sein Stamm erlo-
schen. Dafür also hatte er den Vater und die Brüder
bekriegt, damit er und die Seinen wenige Iahrzehende
lang das Frankenreich beherrschen konnten.
Nach dem Dode Ludwigs Ii. gelang es Carl dem
Kahlen, den Papst und die Römer so zu gewinnen, daß
er feierlich zum Kaiser gewählt, und von dem Papste
Johann Viii. (December 875) gekrönt wurde.
Bei allem äußern Glanze, zu welchem Carl der
Kahle nach vielfachem Kampfe endlich noch gelangt war,
wurde aber doch der innere Verfall Frankreichs und be-
sonders der Königsmacht immer tiefer unter ihm.
Vornehmlich ward das Reich unter Carl dem Kah-
len durch die Einfälle der Normänner sehr beunruhigt.
Diese Nor m ä u n e r, welche seit uralten Zeiten Dänemark,
Norwegen und Schweden bewohnt hatten, wurden schon
seit dem sechsten Jahrhunderte den West-Europäern be-
kannt, deren angebaute Länder ihre Beutelust reizten.
Seit dem Ende des achten Jahrhunderts wurden ihre
Seezüge und Streifereien immer bedeutender, so daß im
neunten und zehnten Jahrhunderte beinahe kein Land in
Europa vor ihnen sicher war. Besonders litt Frankreich
seit dem Tode Ludwigs des Frommen sehr durch sie.
Carl der Kahle konnte ihnen nur schwachen Widerstand
entgegensetzen, und, indem er ihren Rückzug erkaufte,
kehrten sie nur desto öfter wieder. Kein Jahr verging
während seiner Negierung, in welchem sie nicht in Frank-
reich einfielen, mehrmal streiften sie bis nach Tours und
-Orleans, und plünderten und verheerten, soweit sie vor-
drangen.
Zu diesem äußern Übel kamen noch große innere Übel.
Besonders war unter den vielen Unruhen, welche theils
aus den Einfällen der Normänner, theils und vornehm-
lich aus den vielfachen Familien-Zwisten der Carolingcr
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_der_Deutsche Ludwig Ludwig_Ii Ludwig Ludwig Ludwig Ludwigs Carl Johann_Viii Johann Carl_der
Kahle Carl Ludwigs
Extrahierte Ortsnamen: Lothringen Lothringen_Lud- Lothringen Dode_Ludwigs Frankreichs Norwegen Schweden Europa Frankreich Frank-
440
Mittlere Geschichte.
zum Könige von Deutschland und Lothringen, Odo aber,
Graf von Paris, zum Könige von Frankreich gewählt,
und um eben diese Zeit (886) riß Nudolph, Herzog im
lothringisch-helvetischen Lande, das transjuranische
Burgund (Hochburg und) an sich.
Odo (888-898) erwarb sich durch Siege über
die Nocmänner vielen Ruhm. Nach seinem Tode kehrte
man jedoch wieder zu dem Hause Carls des Großen zu-
rück; aber unter der schwachen Negierung Carls des Ein-
fältigen (393 (893) - 923) trieben die Großen ihre An-
maßungen so weit, daß sie beinahe das ganze Reich in lauter
kleine Staaten anflöseten, endlich Carl des Thrones entsetz-
ten, und den Herzog Rudolph von Burgund (923) zum
Könige wählten. Auch mußte Carl (912) einen bedeuten-
den Strich Frankreichs (Normandie) an Rollo, einen
mächtigen Anführer normannischer Horden abtreten, um
nur einige Ruhe vor den Normännern zu erhalten. Rollo
(Robert) trat zum Christenthum über, und gab seinem
neuen Staate eine neue und bessere Gestalt.
Nudolph (923-936) stand dem Reiche mit Wür-
de und Kraft vor, konnte aber das zu tief geschwächte
Königthum nicht wieder Herstellen. Dieß verfiel unter den
letzten Carolingern (Ludwig Iv. d'outremer (936-
954), Lothar (954-986), Ludwig V. Faineant
(986-98?) beinahe ganz. Ludwig Iv. lag in fortwähren-
dem Kampfe besonders mit Hugo dem Großen, welcher
mehr als zwanzig Jahre lang, zwar ohne den Königöna-
men, aber mit königlicher Gewalt in Frankreich geherrscht
hatte.
So sehr war das Königthum geschwächt, daß die
letzten Carolinger nur noch wenige Striche Frankreichs
übrig hatten.
Als Ludwig V. starb, bemächtigte sich (96?) Hu-
go Cap et, der Sohn Hugo's des Großen, des französischen
Thrones.
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Extrahierte Personennamen: Graf_von_Paris Carls Carl Rudolph_von_Burgund Carl_( Robert) Ludwig_Iv Ludwig Lothar_( Ludwig_V. Ludwig_V. Ludwig_Iv Ludwig Hugo Ludwig_V. Ludwig_V.
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Lothringen Frankreich Frankreichs Frankreich Frankreichs
456
Mittlere Geschichte«
V,
Teutschland.
1. Die Carolinger in Deutschland (843 -Qll).
Verwirrung und Noth mannigfaltiger Art zeichneten
den Zeitraum der Carolinger, wie in Frankreich, so in
Deutschland aus.
Schon Ludwig der Deutsche (843-876), dem
Deutschland als ein für sich bestehendes Reich in dem Ver-
trage zu Verdun ( 643 ) zugetheilt ward, lag fast in be-
ständigem Kampfe mit den N o r m a n n e r n, besonders
aber mit den Wenden. Eben daher verordnete er auch ei-
nen Markgrafen über Dhüringen (um 846) und einen
Herzog über Sachsen (um 850). Aber auch der Sckutz
dieser mächtigen Befehlshaber reichte gegen die feindlichen
E nsalle bei weitem nicht hin, Wer es d.cher irgend ver-
mochte, Halite sich eine Burg, oder einen befestigten Wohn-
sitz aus einem Berge. — Erwerbung eines Antheils an
Lothringen,
Carlmann ( 876 - 880 ), Ludwig der Zsin-
ge re (8?6 - 882), Carl der Dicke (876 -888). —
Carl der Kahle, ihr Oheim, wollte diesen Söhnen Lud-
wigs des. deutschen das teutsche Lothringen und die teut-
schen Städte am linken Rheinufer entreißen, ward aber
von ihnen bei Andernach geschlagen. Hierauf (November
87 6) theilten sie sich in das väterliche Reich. — Abtre-
tung des französischen Lothringens an Ludwig den Jün-
gern.
Bald kam der Antheil Carlmanns und Ludwigs des
Jüngern all Carl den Dicken, der bereits im Jahre
861 zum Kaiser gekrönt worden war, ja beinahe das gan-
ze Frankenreich wurde (o84) ihm zu Theil« Er aber war
der hohen Würde nicht gewachsen, und zeigte sich zu-
letzt der Regierung ganz unfähig. Die Franken, Sach-
sen, Thüringer, Ba'ern und Alemannen fielen daher von
ihm ab, und wählten (November 687) Arnulf zum Kö-
nige von Deutschland. Bald nachher (Zanuar 888) starb
er, ohne Kinder zu hinterlassen.
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TM Hauptwörter (200): [T118: [Karl Ludwig Reich Sohn Lothar König Lothringen Frankreich Herzog Tod]]
Extrahierte Personennamen: Ludwig_der_Deutsche Ludwig Carlmann Ludwig_der_Zsin- Ludwig Carl_der_Dicke Carl_der_Kahle Ludwig Ludwig Carlmanns Ludwigs Carl
Extrahierte Ortsnamen: Teutschland Deutschland Frankreich Deutschland Deutschland Sachsen Lothringen Lothringen Andernach Deutschland
458
Mittlere Geschichte.
^e Ertheilung der Herzogs - Würde an ausgezeichnete
Heerführer nothwendig gemacht,^ und bei der Fortdauer
jener Fehden ward, besonders unter der schwachen Negie-
rung des setzten Carolingers, die Anzahl dew Herzoge ver-
mehrt und ihre Macht befestigt. Endlich Lheils wegen der
Übermacht der Großen, theils wegen der vielen Kriege
und des drückenden Heerbannes sank das Volk in eben dem
Maße, in welchem daö Ansehen der Großen stieg. Die
Zahl der nicht-adelichen Freien verminderte sich mehr und
mehr.
Auch ward die Geistes - Bildung der deutschen in
ihren Fortschritten gehemmt, theils weil die Carolingcr
in Deutschland nichts für dieselbe thaten, theils wegen der
vielen und verwüstenden Kriege. Doch schrieb Ottfried
(f um 86«)), Mönch des Klosters Weistenburg im Elsaß,
eine tcutsche poetische Umschreibung der evangelischen Ge-
schichte in fünf Büchern; die erste größere Schrift in teut-
scher Sprache.
3. Conrad I. aus Franken (yli-yiy).
Nach dem Tode des letzten Carolingers versammelten
sich die teulfchen Stamme, um ein neues Oberhaupt des
Reiches zu wählen. Unter allen tcutschcu Fürsten aber
schien keiner des Thrones würdiger zir feyn, als Herzog
Otto der Erlauchte von Sachsen, sowohl wegen
seiner persönlichen Tugenden, als wegen der Macht fei-
nes Hauses. Aber Otto verweigerte seines hohen Alters
wegen die Annahme der Krone, und nun wählte man
(November Qlt) auf seine Empfehlung den ostfränkischen
Grafen Conrad einstimmig zum Könige.
Die Würde des Königthums behauptete Conrad, so
weit cs die allgemeine Verwirrung der Zeit und die Kürze
seiner Negierung zuließ. Nur konnte er die Trennung Lo-
thringens von dem tcutschcu Reiche nicht verhindern.
Auch war sein Arm nicht stark genug, um die verheeren-
den Einfälle der llngarn abzuwehren. Dafür aber dank-
te ihm Teutschland die Helden aus dem sächsischen Königs-
stamme. Denn als Conrad sich dem Tode nahe suhlte,
bewog er seinen Bruder Eberhard, den Absichten auf die
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Extrahierte Personennamen: Ottfried
( Otto Otto Conrad Conrad Conrad Eberhard
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Weistenburg Elsaß Sachsen