120
im folgenden Frühling von den Alpen hinab in Italien ein. In
drei Schlachten, 489 in der Gegend von Aquileja und bei Ve-
rona , 490 an der Adda, ward Odoaker geschlagen und schloß
sich in das feste Ravenna ein Theodorich belagerte Odoaker in
Ravenna, und dieser vertheidigte sich drei Jahre lang, bis zu-
letzt das Murren der Einwohner ihn zwang, einen Vergleich mit
den Gothen zu schließen. Er übergab 493 die Stadt unter der
Bedingung, daß er Leben und Freiheit behalte, ward aber bald
nachher, weil Theodorich ihm nicht traute, mit seinem Gefolge nie-
dergehauen. Seine Schaaren verstärkten die des Theodorich.
Nach dem Falle von Ravenna unterwarf sich Italien dem Sie-
ger, und die Ostgothen, welche höchstens 200,000 streitbare Män-
ner waren, nahmen nun den dritten Theil aller Ländereien Ita-
liens, welchen Odoakers Leute gehabt hatten, für sich in Anspruch.
Theodorich hatte, wie auch die letzten weströmischen Kaiser, seinen
Wohnsitz meistens in Ravenna. Sein Reich erstreckte sich zuletzt
über Italien und Sicilien, ferner von der Ostküste des adriatischen
Meeres bis zur Donau, daun über das Gebirgsland von Noricum
und Rhätien und einen Theil des südlichen Galliens, ja nach 508
auch über Spanien. Die mächtigsten Fürsten anderer germanischen
Reiche knüpfte Theodorich durch Heirathsverbindungen an sich und
verschwägerte sich mit den Königen der Franken, Burgunder, West-
gothen, Vandalen und Thüringer. Sein Ansehen war so groß,
daß selbst von den Aestyern oder Esten, welche die Küsten der Ost-
see bewohnten, Geschenke in Ravenna einliefen. Im Heldenliede
wird Theodorich als Dietrich von Bern (Verona) gefeiert.
Theodvrich ließ die Gesetze und die ganze Verfassung des römischen
Staates fortbestehen; er behielt den Senat, die Statthalter der
Provinzen und die Behörden bei und besetzte diese in der Regel
mit Römern. Es veränderte sich in Italien auch jetzt nichts wei-
ter, als daß ein gothischer König die Stelle des römischen Kaisers
einnahm. Theodorich erkannte sogar die Ehrenrechte des griechischen
Kaisers über Italien an und ließ sich von ihm im Besitze des Landes
bestätigen. Auf diese Weise dauerten aber auch der Druck und die
Lasten der künstlichen Staatsmaschine der alten Zeit fort. Für die
Gothen und die Römer gab es nur ein Recht, das römische. Die
Streitigkeiten zwischen Römern und Gothen schlichtete der gothische
Graf mit Zuziehung eines rechtskundigen Römers. Um das Ver-
ständniß und die Anwendung des römischen Rechts zu erleichtern,
ließ Theodorich über die am meisten vorkommenden Gegenstände ei-
nen Auszug aus demselben anfertigen und machte ihn um das Jahr
500 in der Form eines Edictes bekannt. Die Gothen blieben ganz
abgesondert unter ihren Herzögen, Grafen und Hauptleuten. Diese
militärische Eintheilung wurde auch bei der Ansiedelung beibehalten,
und die Befehlshaber im Kriege blieben zugleich im Frieden die
Richter und Beamten. Der Beruf der Gothen war der Wehrstand
und die kriegerischen Uebungen; den Römern war die bürgerliche
Thätigkeit überlassen. Theodorich behandelte die Italiener nicht als
Unterworfene, sondern suchte durch Milde und Gerechtigkeit ihre
Liebe zu gewinnen. Er nahm Italiener in seine Dienste und über-
trug ihnen die wichtigsten Angelegenheiten. Cassiodorus, einer
TM Hauptwörter (50): [T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T23: [Rom Römer Krieg Italien Stadt Jahr Heer König Rmer Hannibal], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
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123
die Straßen, wurden ohne Unordnung einquartirt, und Belisar
gab in Gelimer's Palast seinen Hauptleuten ein fröhliches Gast-
mahl. Nach einer zweiten unglücklichen Schlacht überließ Gelimer,
obgleich er sich in seinem festen Lager noch lange hätte vertheidi-
gen können, Lager, Gepäck und Schätze den Feinden und floh in
ein zwar unzugängliches, aber auch von allen Hülfsmitteln ent-
blößtes Bergschloß. Hier erduldete er mehrere Monate lang un-
sägliches Elend, sah sich aber endlich durch Hunger zur Ergebung
gezwungen (534). Sardinien, Korsika, die balkarischen Inseln und
die afrikanischen Küstenstädte ergaben sich den Griechen. Die ge-
fangenen Vandalen und diejenigen, welche freiwillig griechische Dienste
nahmen, erhielten Standlager an der persischen Grenze. Die we-
nigen Vandalen, welche in Afrika zurückblieben, verloren sich un-
ter der übrigen Bevölkerung des Landes. Gelimer erhielt von Ju-
stinian, nachdem er zu Constantinopel im Triumphe aufgeführt wor-
den war, ansehnliche Güter in Kleinasien, wohin er sich mit seiner
Familie und seinen Freunden zurückzog.
Die Vernichtung der vandalischen Macht reizte Justinian, mit
dem ostgothischen Reich in Italien dasselbe zu versuchen. In die-
sem regierte für den erst sieben Jahre alten Athalarich seine auf
römische Weise gebildete Mutter Amalasuntha, deren Gemahl
bereits gestorben war. Eine weibliche Regierung war aber gegen
Sitte und Herkommen, und die Herrschaft über die Gothen erfor-
derte einen Mann und einen Krieger. Die Ereignisse nach Theo-
dorichs Tode bewiesen, daß das ostgothische Reich nur durch die
Kraft und Charakterfestigkeit des Herrschers erhalten worden war.
Auch zeigten sich bald die traurigen Folgen davon, daß die Verfas-
sung und Verwaltung römisch, das Militär hingegen und alles,
was sich geltend machen konnte, gothisch war. Amalasuntha fühlte
sich wegen ihrer römischen Bildung mehr zu den Römern, als zu
den Gothen hingezogen, sie suchte die Ersteren für sich zu gewin-
nen, knüpfte mit dem Hofe in Constantinopel Verbindungen an
und ließ ihren Sohn nicht zur Uebung in den Waffen, sondern zu
den Wissenschaften anhalten. Darüber gerieth sie mit den gothischen
Großen in offenen Zwist, und diese weigerten sich, als ihr Sohn
bereits 534 starb, ihr die Regierung ferner zu überlassen. Ama-
lasuntha vermählte sich deshalb mit einem ihr nahe verwandten Go-
then, Theodat. Aber dieser war kaum als Mitregent anerkannt,
als er die Königin verhaften und aus dem Wege räumen ließ.
Amalasuntha hatte die Griechen bei ihrer Unternehmung gegen das
Vandalenreich unterstützt und mit Justinian in freundlichem Ver-
nehmen gestanden; ihre Ermordung gab daher Justinian einen
Vorwand zum Kriege gegen ihren Mörder. Die durch Theodat's
schlechte Regierung unter den Gothen entstandene Zwietracht und
die Abneigung der katholischen Italiener gegen die Herrschaft der
arianischen Gothen bestärkten den griechischen Kaiser in der Hoff-
nung Italien zu erobern. Belisar wurde mit einem Heere nach
Sicilien geschickt (535) und unterwarf sich die Insel innerhalb we-
niger Wochen, während zu derselben Zeit ein anderes griechisches
Heer die Ostgothen in Dalmatien angriff und ihnen dieses Land
Das Ende des
vstgoldischen
Reichs.
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132
Uebersicht der
Staaten in
Gallien und
Deutschland.
heres Wehrgeld ausgezeichnet waren. Reichskanzler war der Proto-
notarius; andere Hofbeamte waren der Marschall, der Kämmerer, der
Schenk, der Hausmeier und andere. Neue Gesetze wurden mit die-
sen Großen und den Richtern des Landes berathen und dem Volks-
heer zur Annahme vorgelegt. Jede größere, mit ihren Befestigun-
gen erhaltene Stadt war der Sitz eines Judex, Dux oder Comes,
welcher die Verwaltung und Rechtspflege über das Gebiet und die
Stadt handhabte. Unter diesen Richtern oder Herzögen standen an-
dere mit ähnlichen, nur geringeren Befugnissen. Allmälig nahmen
die Langobarden in Italien mildere Sitten an, und im Verkehre
mit den Italienern, die in der Entwickelung der bürgerlichen Ver-
hältnisse weit vorgeschritten waren, fühlten sie das Bedürfniß, ihre
alten Rcchtsgewvhnheiten in Verbindung mit dem, was sie von den
Gesetzen der Unterworfenen angenommen hatten, aufzuzeichnen. Die
erste Aufzeichnung der longobardischen Gesetze ward durch den Kö-
nig Rotharis (636 — 652) im Jahre 643 vorgenommen und ward
durch die folgenden Könige, durch Grimoalb (662 — 671) und
besonders durch Luitprand (712—744) verbessert und bereichert.
So entstand nach und nach ein Gesetzbuch, welches, neben dem von
vielen Städten beibehaltenen römischen Rechte, sich in Italien Jahr-
hunderte lang erhielt und selbst nach dem Untergange des Longo-
barden-Reiches noch lange in Geltung blieb. In demselben waren
das bürgerliche Recht und das Strafgesetz nicht von einander ge-
trennt. Auf Staatsverbrechen war die Todesstrafe gesetzt; jedes an-
dere Vergehen, selbst die Tödung eines freien Mannes, wurde mit
Geld und Geldeswerth gebüßt. Die schwerste körperliche Verletzung
war niedriger angeschlagen, als die geringste Beraubung. Gewalt-
thätigkeiten gegen Weiber und Entführungen wurden ebenso wie
ein Mord bestraft; denn die Keuschheit galt nach den alten germa-
nischen Sitten und Begriffen dem Leben gleich. Aus dem Bedürf-
niß der Longobarden, sich durch fremde Abenteurer zu verstärken,
ist es zu erklären, daß aus anderen Ländern zu ihnen geflüchtete
Leute, wenn sie im Kriege zu gebrauchen waren, gleiches Recht mit
den anderen Freien hatten. Einzelne von ihnen erwarben durch
Verdienste sogar die Begünstigung nach ihren heimathlichen Gesetzen
leben zu dürfen. Bei den Sachsen galten diese Leute für durchaus
rechtlos und hießen Biesterfreie; in dem späteren deutschen Rechte
wurden sie Wildfänge genannt. Die Hexerei wird im longobardi-
schen Gesetz als etwas Ungereimtes hingestellt, und die Tödung ei-
ner Hexe als Mord angesehen. Auch in Beziehung auf den Zwei-
kampf, welcher in Ermangelung eines anderen Beweises bei allen
germanischen Völkern als Gottesurtheil gebräuchlich war, zeigte
Luitprand freiere Ansichten, indem er zwar den gerichtlichen Zwei-
kampf als ein altes Herkommen beibehielt, aber Zweifel wegen der
Untrüglichkeit eines solchen Gottesurtheils aussprach.
In Gallien hatten sich bis in die zweite Hälfte des fünften
Jahrhunderts die fränkischen Völkerschaften über das ganze
Land am Niederrhein und in Belgien bis zur Somme hin ausge-
breitet; zwischen der Somme, dem Kanal und dem atlantischen
Meere, in Armorica, hatten sich aus England geflüchtete Britten
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Extrahierte Personennamen: Schenk
Extrahierte Ortsnamen: Gallien Deutschland Italien Italien Sachsen Gallien Niederrhein Belgien Armorica England
142
Innere Ver-
hältnisse des
westgothischen
Reichs.
auf den Papst, als den höchsten Schiedsrichter in Glaubenssachen,
untersagt, und die Bischöfe dem Könige unterworfen, die Verfol-
gungen der Juden aufgehoben, die Verheiratung der Geistlichen
erlaubt und endlich ein Theil der großen Güter der Geistlichkeit
eingezogen. Mit den eingezogenen Gütern sollten die dem König
ergebenen Großen bereichert werden; aber auch die weltlichen Gro-
ßen sollten manches von ihren Vorrechten aufgeben. Durch diese
neue Staatseinrichtung hatte Witiza viele für sich gewonnen, aber
noch mehrere sich zu Feinden gemacht. Verschwörungen wurden an-
gesponnen, aber unterdrückt, da das Volk keinen Theil an densel-
den nahm. Eine arabische Flotte versuchte an der südlichen Küste
eine Landung, sie wurde aber mit großem Verluste zurückgeschlagen
(709) . Noderich, der Sohn eines wegen Theilnahme an einer
Verschwörung geblendeten Großen, stiftete eine Verschwörung; die
Geistlichkeit unterstützte den Aufstand, und Witiza wurde gestürzt
(710) . Noderich ward von seinem Anbange zum König ausgeru-
fen, er verstand es aber nicht die Familie seines Vorgängers mit
sich auszusöhnen oder unschädlich zu machen, und so zog sich über
dem zerrütteten westgothischen Reiche das Ungewitter zusammen,
welches demselben schon längere Zeit von Afrika her drohte und
welches dasselbe gänzlich zertrümmerte.
Die Westgothen nahmen bei ihrer Niederlassung in Gallien
und Spanien ebenfalls Landtheilungen mit den Provinzialen vor.
Vom Ackerland und Waldungen erhielt der Gothe zwei Drittheile,
der Römer ein Drittheil; doch konnten Waldungen auch gemein-
schaftlich bleiben. Der König wurde von den Großen des Reiches
gewählt, doch fiel die Wahl in früherer Zeit gewöhnlich auf den
Sohn des verstorbenen Königs. Die Macht des Königs war seit
Reccared durch die Reichstage beschränkt und auch schon früher an
die Ehrfurcht vor den Gesetzen gebunden. Der König wachte über
das Recht und gewährte den Bedrängten Hülfe. Bei seiner Thron-
besteigung hatten ihm alle den Eid der Treue zu leisten. Nach
Reccared wurden die Könige auch gekrönt und gesalbt. Um den
König waren Personen des Hofstaates hohen und mittleren Ran-
ges. Zu den niederen Hofämtern wurden auch unfreie Leute des
Königs befördert. Für die Landesverwaltung war das Reich in
Provinzen eingetheilt. In jeder Provinz war ein Herzog (Dux),
welcher über die Sicherheit des Landes, den gemeinen Nutzen, die
Ordnung der Verwaltung und Rechtspflege, und die Bestrafung der
Verbrechen zu wachen hatte. Unter ihm stand an der Spitze der
Verwaltung und Rechtspflege in jedem Stadtgebiet ein Graf, neben
diesem dessen Stellvertreter (Vicarius) und ein Richter (Judex) als
Gehülfe im Richteramt. Die meisten Beamten waren zugleich An-
führer im Krieg. Zum Aufgebot mußten alle Waffenfähigen sich
stellen, auch die Freigelassenen und die Knechte des Fiscus. Gegen
die Willkür der Beamten gab es viele und strenge Verordnungen.
Auch wurden die Bischöfe zur Beaufsichtigung mit herangezogen.
Der Graf war die gemeinschaftliche Obrigkeit für die Gothen und
Römer. Weiter abwärts bildeten aber noch die Römer in jeder
Stadt eine besondere Gemeinde, welche unter einer besonderen Be-
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Extrahierte Personennamen: Gothe
Extrahierte Ortsnamen: Witiza Afrika Gallien Spanien
154
Sittliche Ver-
dorbenheit im
Frankenreiche.
rischen Einwanderung erloschen. Die Herzoge der Baiern sind dem
Christenthum ergeben. Auch das alte Königshaus der Thüringer
muß dasselbe bekannt haben. Die Unterwerfung unter die Franken
hat auf die vorhandenen Keime fördernd eingewirkt.
Im fränkischen Reiche galt der Grundsatz, daß jeder Stamm
sein eigenes Recht habe und behalte, und daß jeder Angehörige des
Stammes nach demselben lebe und beurtheilt werde, wo er auch sich
aufhalten möge. Allein die politische Verbindung und die Einwir-
kung christlicher Ansichten führten auch eine größere Gleichförmig-
keit des Rechtszustandes herbei, da nun das Recht der einzelnen
Stämme unter dem Einfluß der fränkischen Könige und unter Be-
rücksichtigung des Christenthums aufgezeichnet wurde. Bei der Auf-
zeichnung des salischen Gesetzes war das noch nicht der Fall gewe-
sen, und erst die späteren Zusätze nehmen Rücksicht auf die einge-
tretene Umwandelung durch das Christenthum und auf die neuen
Einrichtungen des Staates. Noch mehr ist das der Fall in den
Gesetzen und Verordnungen der Könige, welche bald für das eine
oder andere der verschiedenen Reiche, bald auch für alle zusammen
erlassen werden. Die Volksrechte der anderen deutschen Stämme
haben mit diesen königlichen Gesetzen mehr Verwandtschaft und Zu-
sammenhang, als man häufig anzunehmen geneigt ist. Die Lex
Burgundionum, welche den letzten einheimischen Königen ihre Ent-
stehung verdankt und unter den Franken Geltung behielt, hat sich
in vielen Beziehungen von den Grundsätzen des alten deutschen Rech-
tes entfernt. Aber auch die Gesetzsammlungen der deutschen Völ-
ker, welche erst unter fränkischer Herrschaft entstanden, unter kö-
niglicher Autorität abgefaßt und bekannt gemacht worden sind, beru-
hen auf christlichen Anschauungen. Die Lex Ripuaria, die Lex Ala-
mannorum, die Lex ßajuvariorum können als ein Zeugniß ange-
sehen werden, daß christliche Anschauungen bei den rheinischen Fran
ken, bei den Alemannen und Baiern zur Herrschaft gelangt waren.
Das alte Volksrecht von seinen heidnischen Elementen zu reinigen
und christlichen Vorstellungen Eingang zu verschaffen, ist der aus-
gesprochene Zweck dieser Gesetze. In einzelnen Punkten ist eine
Einwirkung römischer Rechtsgrundsätze wahrzunehmen; diese ist durch
die Kirche vermittelt worden, deren Diener nach römischem Rechte
lebten.
Die Nachfolger Chlodwigs waren durch Familien- und Erb-
theilungsstreitigkeiten fast fortwährend in die blutigsten Kriege mit
einander verwickelt, in welchen sie, neben der Gewalt des Schwer-
tes, auch Verrath, Meuchelmord und Gift nicht scheuten. Die Ge-
schichte dieser Fürsten ist eine fast ununterbrochene Kette von La-
stern und Unthaten blutdürstiger Grausamkeit und Rachgier, die sie,
von Herrschsucht und Ehrgeiz verblendet, gegen einander verübten.
Vor allen haben die beiden Königinnen Fredegunde und Bru-
ne Hilde durch ihre Gräuelthaten ein trauriges Andenken bei der
Nachwelt erlangt. Wie im Königshause wüthen Gewalt und Hab-
sucht auch unter den Großen; Hinterlist, Meineid, Mord sind all-
tägliche Dinge. In diesen Gräueln zeigt sich noch keine Einwir-
kung des Christenthums. Der Prozeß der Neubildung ist in seinen
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
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158
Kern des Volkes bildeten die Freigebvrnen. Unter diesen hatten
die Grundeigenthümer besondere Rechte, sie heißen die guten, die-
deren Männer (boni viri); sie werden zu den rechtlichen Geschäften
berufen und heißen in dieser Eigenschaft bei den Franken Rachin-
burgi, welche Zeugniß leisten und Schuh gewähren. Es sind die-
jenigen, welche als Grundbesitzer im Dorf, in der Hundertschaft,
im Staate sich im Genuß des vollen Rechtes befinden. Ueber den
Freien standen bei den meisten Stämmen einzelne edle Ge-
schlechter, ausgezeichnet durch großen Grundbesitz und durch ein
höheres Wehrgeld. Aber bei den Franken ist von einem Adel mit
eigenthümlichen Vorrechten keine Rede. Von den Freien abwärts
kamen die Liten oder Halbfreien, welche gewöhnlich das halbe
Wchrgeld der Freien hatten. Zuletzt folgten die Unfreien, welche
als Gesinde dienten, Handwerke trieben, auf größeren Gütern in
Haus- und Hofämtern standen ober auch auf kleine oder größere
Höfe gesetzt waren.
Das Amt eines Grafen, zu welchem nicht bloß Franken, son-
dern auch Römer, Liten, selbst königliche Freigelassene gelangen
konnten, bewirkte die dreifache Erhöhung des angeborenen Wehr-
geldes. Noch höher stand bei den Baiern der Herzog. — Mit
der Aufnahme in das königliche Gefolge war ebenfalls die dreifache
Erhöhung des Wehrgeldes verbunden. — Ferner hatte man wäh-
rend der Dienstzeit im Heere das Dreifache des angeborenen Wehr-
geldes, also hatte der Antrustio während seines Dienstes im Heere
das neunfache Wehrgeld eines freien Franken. — Endlich war
auch an die geistlichen Weihen eine Erhöhung des Wehrgeldes ge-
knüpft.
In Gallien fanden die Franken eine doppelte Bevölkerung vor:
die Provinzialen, die in Sitte, Sprache und Recht ganz Rö-
mer geworden waren, und die Laeten, Barbarenstämme, die auf-
genommen und gegen die Verpflichtung zum Kriegsdienst angesie-
delt worden waren. Letztere wurden entweder der großen Masse
der Provinzialen beigezählt oder in das salische Recht aufgenom-
men. Die Provinzialen wurden mit Milde behandelt und durch
die Zuerkennung eines Wehrgeldes der Persönlichkeit und Ehre ge-
würdigt. Man unterschied den freien Römer, der in das kö-
nigliche Gefolge aufgenommen war und den Colonen, der dem
fränkischen Liten entsprach. Die Römer hatten dem König auch
den Eid der Treue zu leisten, wurden mit zum Kriegsdienst
aufgeboten und konnten zu hohen Kirchen- und Reichsämtern ge-
langen. Es trat daher allmälig eine Verschmelzung beider Natio-
nen ein.
' Eine besondere Klasse der städtischen Bevölkerung bildeten die
Juden, deren sich nicht wenige unter den Franken aufhielten und
die besonders Geld- und Handelsgeschäfte getrieben zu haben schei-
nen. Die Könige haben sie auch zu wichtigeren Stellungen gelan-
gen lassen; doch die Geistlichkeit eiferte dagegen. Sie wollten
den Juden auch verbieten christliche Knechte zu haben; kein Recht
über Mitglieder der christlichen Gemeinde sollte ihnen eingeräumt
werden.
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221
Höhepunkte der Gelehrsamkeit, Frömmigkeit und Sittenzucht dama-
liger Zeit.
Nach der endlichen Unterwerfung der Sachsen wurden in kirch-
lichen Dingen äußerst strenge Strafbestimmungen erlassen, welche
beweisen, daß die Sachsen nur mit innerem Widerstreben das Chri-
stenthum annahmen und daß der Götterglaube ihrer Väter noch
fest bei ihnen wurzelte. Jeder Sachse, der sich verstecken würde,
um nicht getauft zu werden, ferner wer einen Leichnam in heidni-
scher Weise verbrenne, oder wer während der vierzigtägigen Fasten-
zeit aus Verachtung des Christenthums Fleisch genieße, wurde mit
Todesstrafe bedroht. Dieselbe Strafe sollte ferner erleiden wer eine
,Kirche beraube oder anzünde, einen Geistlichen umbringe, wer, vom
Teufel betrogen, mit den Heiden glaube, daß es Zauberer und
Hexen gebe, wer diese verbrenne und ihr Fleisch verzehre oder an-
deren zum Verzehren gebe, wer einen Menschen dem Teufel opfere
oder sich mit Heiden gegen Christen, namentlich gegen den König,
verschwöre. Die Entrichtung des Zehnten an die Kirche wurde auf
das strengste geboten. Die Kirche sollte als Zufluchtsstätte für den
Angeklagten bis zum nächsten Gerichtstage dienen. So war end-
lich das Christenthum unter allen deutschen Stämmen verbreitet und
sein Bestand gesichert.
Nachdem die abendländische Kirche von Rom aus neu begrün- ^as Papst-
det worden war, sah die Geistlichkeit dieser Länder im Papste wirk- Der
lich eine höchste und entscheidende Instanz, von der nicht bloß die
Beurtheilung von Streitfällen, sondern sogar eine Bestätigung der
erzbischöflichen Wahlen durch Uebersendung oder Zurückhaltung des
Palliums, des Zeichens jener Würde, abhänge. Durch die Bekeh-
rung der germanischen und später der slavischen Völker wurde die
Gewalt der Päpste auf diese Länder übertragen und so die Ver-
luste wieder ersetzt, welche das Christenthum durch die Eroberungen
der Araber in Afrika und Spanien trafen. Von dem Einflüsse des
byzantinischen Hofes waren die Päpste nun befreit, und die Ge-
fahren, welche sie von Seiten der Longobarden bedroht hatten, wa-
ren durch Unterstützung der Franken glücklich beseitigt. Durch Karl's
Annahme der Kaiserwürde wurde das Band zwischen Staat und
Kirche, welches schon unter Karl's Vorfahren geknüpft worden war,
noch mehr befestigt. Der Versuch zur Verwirklichung der Idee
des christlich-germanischen Staates ward nun gemacht. Von
nun an sollten Kaiser und Papst gemeinschaftlich die Völker des
Abendlandes leiten. Neben und in einander wurden Staat und
Kirche mit allen ihren Einrichtungen aufgebaut. Wie eine Graf-
schaft oft mehrere Gaue begriff, so zerfiel das Bisthum in Archi-
diakonate; wie der Gau in Hundertschaften eingetheilt war, so das
Archidiakonat in Dekanate. Der Staat war durch und durch rö-
misch-katholisch; aber auch die Kirche nahm durch das Lehnswesen
germanische Einrichtungen in sich auf. So wurde der römisch-
christliche Lehnsstaat die Form/ in welcher sich der germanische Geist
zunächst entwickelte.
TM Hauptwörter (50): [T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg]]
TM Hauptwörter (100): [T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T56: [Papst Kaiser Rom Heinrich König Kirche Gregor Bischof Italien Papste], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T65: [Reich Italien Land Kaiser Römer Volk Jahr Rhein Gallien Franken]]
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Extrahierte Ortsnamen: Sachsen Sachsen Rom Afrika Spanien
79
Doch wie günstig sich auch die Verhältnisse der Römer in Germa-
nien gestaltet zu haben schienen, die Sicherheit ihres Besitzes war
nicht so vollkommen als sie wähnten. Jenseits der Weser hatten
sie noch gar nicht festen Fuß gefaßt; sie waren aber des diesseiti-
gen Landes nicht sicher, ohne der jenseitigen Völker Herr zu sein.
Selbst im westlichen Germanien konnten sie keineswegs durchweg
auf willigen Gehorsam rechnen. Den Chatten fehlte weder die
Kraft noch die Neigung zum Widerstände, und die Cherusker, de-
ren Gebiet auch diesseits der Weser sich erstreckte, waren nichts we-
niger als unterjocht. Bisher waren die Germanen von den Rö-
mern wie Bundesgenossen behandelt worden; nur bei den Friesen
ist von einem geringen Tribut die Rede. Augustus, wohl durch
übertriebene Siegsnachrichten über das wahre Verhältniß der rö-
mischen Macht in Germanien getäuscht, übertrug 6 n. Chr. dem
Ouinctilius Varus den Befehl über die Rheinlegionen mit dem
Aufträge, Germanien, so weit man darüber zu gebieten glaubte,
als Provinz einzurichten und zu behandeln. Die Wahl dieses Man-
nes, eines entfernten Verwandten des kaiserlichen Hauses, war kei-
neswegs eine glückliche. Er war ein gewöhnlicher, vielleicht ein
beschränkter Mensch; er liebte ein ruhiges, behagliches Leben. Sei-
nen Neigungen wie seinen geringen Talenten war die Statthalter-
schaft von Syrien, die er neun Jahre bekleidet hatte, angemessen.
Arm hatte er das reiche Syrien betreten und reich das verarmte
Land verlassen. In Syrien hatte ihn eine Sklavenwelt umgeben,
in Germanien fand er kräftige, Freiheit liebende Völker. Dort
bewegte sich alles in fest geregelten Verwaltungsformen, in Ger-
manien sollte die römische Provinzialordnung erst eingerichtet wer-
den. Sobald Varus im nördlichen Germanien erschien, führte er
hier sogleich die römische Jurisdiction und Besteurung ein. Es
fehlte dem Varus die behutsame Mäßigung, die das den Germa-
nen durchaus neue und anstößige Verhältniß, in das sie jetzt zu
den Römern traten, erheischte; er ließ cs an der Vorsicht fehlen,
die noch schwankenden Eroberungen durch eine stets schlagfertige
Kriegsmacht gehörig zu sichern. Wie in einer völlig beruhigten
Provinz betrieb Varus nur die Geschäfte der römischen Rechtspflege.
Die Legionen feierten, aber desto reger walteten die Steckenbündel
und Beile der Lictoren. Und nicht nur am Rhein trat Varus mit
dieser Sicherheit auf, sondern weiter bis in das Cheruskerland und
an die Weser ließ er sich verlocken. Er hielt es nicht für nöthig,
die Legionen auf dem Kriegsfuß zusammenzuhalten, sondern zer-
streute einzelne Abtheilungen des Heeres im Lande umher. Er
verkannte die wirkliche Stimmung der Germanen. Mit tiefer Ent-
rüstung empfanden diese die plötzliche Umwandlung aller Verhält-
nisse. Sie sahen sich auf einmal willenlos gebeugt unter die Be-
fehle eines römischen Proconsuls; ein fremder Gewalthaber ent-
schied nach Grundsätzen und Formeln, die man nicht begriff. Kör-
perliche Züchtigung, welche bei den Germanen selbst im Kriege nur
der Priester als Vollstrecker des göttlichen Willens verhängen konnte,
vollzog jetzt Varus im Frieden. Für leichte Vergehen erlitten freie
Germanen Ruthenstreiche, die für das ganze Leben entehrten. Ja
über Tod und Leben entschied sein Machtwort. Das Rachegefühl
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Extrahierte Personennamen: Augustus Varus Varus Varus Varus Varus Varus
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ausgedehnt. Im Jahr 456 nahmen sie mit den gallischen Senato-
ren eine Landtheilung vor, später, wahrscheinlich unter König Gun-
dobald ums Jahr 473, wurde eine nochmalige Vertheilung ange-
stellt. Jeder freie burgundische Hausvater wurde auf ein bestimm-
tes römisches Landgut angewiesen. Hier erhielt er vom Hof und
Garten die Hälfte, vom Ackerlande zwei Drittheile, von den Knech-
ten ein Drittheil, Wälder und Weideland konnten gemeinschaftlich
bleiben oder in gleiche Hälften getheilt werben. Ueber die Bur-
gunder herrschten Könige, welche zuweilen vom römischen Kaiser
zum Scheine der Abhängigkeit mit der Würde eines Magister Mi-
litum oder Patricius bekleidet wurden. An der Spitze der Ver-
waltung standen Comites und Richter aus beiden Nationen. Die
Ortsgemeinde umfaßte Burgunder wie Römer, und beide Nationen
waren einander gleichgestellt. Für das Recht wurde durch Ver-
zeichnung der Rechtsgewohnheiten und durch Constitutionen gesorgt,
welche die Könige auf den Reichstagen erließen. Die Hauptsamm-
lung rührt von Gnndobald her, der von ungefähr 470 bis 516
regierte. Sie war nicht bloß für die Burgunder bestimmt, sondern
auch für die Streitigkeiten, die zwischen Burgundern und Römern
vorkamen. Die Streitigkeiten der Römer unter einander wurden
nach dem römischen Rechte entschieden.
Geschichte der Die Westgvthen hatten unter Theodorichs Nachfolgern (S.
bis zum Ner- 89) ihr Reich in Spanien und Gallien weiter ausgedehnt. Nur
fslu jj.eeg*eu in den nordwestlichen Gegenden von Spanien behaupteten sich die
Sueven; alles übrige Land der Halbinsel gehörte zum westgothi-
schen Reich. In Gallien erstreckte sich das Reich der Westgothen
von der Loire bis zum Mittelmeer und von den Alpen bis zu den
Pyrenäen. Das westgvthische oder, wie es nach der Hauptstadt Tolosa
(Toulouse) auch heißt, das tolosanische Reich hatte die größte Ausdeh-
nung unter Theodorich Ii. (453 — 466) und Eurich (466—484).
Die Schwäche des seinem Untergange entgegengehenden weströmi-
schen Reiches förderte die Ausbreitung der westgothischen Macht.
Eurich machte durch seine Siege die Westgothen allen Nationen
furchtbar. Zu Bordeaux, wo er wie zu Toulouse und Arles sei-
nen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, kamen aus allen Gegenden Ge-
sandte zu ihm, die den gefürchteten König um seine Freundschaft,
um Bündnisse, um Schutz oder um die Abwendung seines Zornes
baten. Unter den Völkern, die Gesandtschaften schickten, werden
genannt die Sachsen, die Franken, die Heruler, die Burgunder,
die Sueven, die Vandalen, die Thüringer, die Ostgothen, die Rö-
mer und selbst die weitentfernten Perser. Unter Eurich ist die Blü-
the der gothischen Macht in Gallien; nach ihm sinkt sie und erhebt
sich erst später wieder in Spanien. Eurich war auch der erste Kö-
nig der Westgothen, der seinem Volke geschriebene Gesetze gab;
früher hatten die Westgothen nur Gewohnheitsrechte. Daß Eurich
auch ein Freund der Künste und Wissenschaften war, beweist die
Erhebung Leo's, eines sehr gebildeten Mannes aus Narbonne, zum
ersten Minister. Leo widmete alle seine von Regierungsgeschäften
freien Stunden den Wissenschaften und war am westgothischen Hofe
ein wahrer Mäcenas. Er selbst machte sich wenig aus Reichthum,
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zu behandeln. Bald wurde bei der Wahl der Consuln weniger auf
den Stand, als auf die persönliche Würdigkeit gesehen.
Das Commune und das Consulat von Mailand ging gegen
das Ende des 1!. Jahrhunderts aus der Vereinigung der drei
Stände der Capitanei, der Valvassores und des Populus
hervor. Auch in einigen der bedeutendsten Städte der Romagna,
z. B. in Ravenna und Forli, wird die Zusammensetzung der
Consuln aus diesen drei Ständen erwähnt. Aber nicht in allen
Städten betheiligte sich der ritterliche Lehnsadel an der neuen städ-
tischen Gemeinde, er blieb zum Theil noch außerhalb derselben und
trat ihr erst bei, als die Stadt sich zu größerer Macht erhob. So
konnte es geschehen, daß eine Stadtgemeinde bloß aus dem freien
Bürgerstande hervorging, wenn dieser sich stark genug fühlte, eine
solche ohne alle Theilnahme und Mitwirkung des Ritterstandes zu
bilden. Dies scheint in Mantua der Fall gewesen zu sein. In
einzelnen Städten, wie z. B. in Genua und Pisa stand schon
in dieser Zeit eine regierende Aristokratie an der Spitze. Die Größe
von Genua und Pisa beruhte auf Seehandel und Krieg, durch
welche sie Reichthum und auswärtige Herrschaften gewannen. Das
veranlaßte die Entstehung einer städtischen Aristokratie derjenigen,
welche sich durch Vermögen, Tapferkeit und Fähigkeit in der Lei-
tung der städtischen Geschäfte auszeichneten.
Die Städte in Toscana erlangten später, als die der Lombar-
dei, Freiheit und Selbständigkeit. Während es den lombardischen
Städten, die immer ein Uebergewicht über das flache Land behalten
hatten, nicht schwer wurde, die Burgen des Adels zu brechen, wuch-
sen die toscanischen Städte zwischen großen und kleinen Dynasten,
Grafen und Capitanen, viel mühevoller und langsamer empor.
Luc ca, welches bis zum 10. Jahrhundert die Residenz der Mark-
grafen von Toscana gewesen war, ging den übrigen voran.
Darauf erhob sich seit dem 11. Jahrhundert Florenz zu seiner
später so glorreichen Laufbahn.
Die wichtigsten Bestandtheile der freien Städteverfassung wa-
ren die Consuln, der Rath und das Parlament oder die Bür-
gerversammlung. Die Consuln übten die Regierungsgewalt aus,
die Jurisdiction und die Anführung im Kriege, die wesentlichen Be-
fugnisse des früheren Grafenamts. Die Consuln vertraten die Com-
munen nach außen, führten die Unterhandlungen und schlossen die
Verträge. Neben den Consuln werden Rechtskundige (Judices)
erwähnt, welche eine gewisse Mitwirkung bei der Leitung des Ge-
meinwesens und bei den Gerichten gehabt zu haben scheinen. Sie
sind wahrscheinlich aus den Schöffen hervorgegangen, bildeten aber
kein abgeschlossenes Schöffencollegium, sondern nur eine weitere Ge-
nossenschaft von Rechtskundigen, zu welcher später auch die gelehr-
ten Juristen aus der Romanistenschule von Bologna hinzutraten.
Aus der Verbindung der verschiedenen Volksrechte mit den Reichs-
gesetzen, sowie aus den verwickelteren Lebensverhältnissen entstand
eine schwierigere Rechtsanwendung, welche Vorbildung verlangte,
und umständliche gerichtliche Formen, welche erlernt werden muß-
ten. — Den Consuln stand ferner ein Rath (Credenza) der an-
gesehensten und weisesten Leute (sapientes) zur Seite, ohne dessen
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TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
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TM Hauptwörter (200): [T62: [Gericht Recht Gesetz Richter Jahr Volksversammlung Senat Plebejer Beamter König], T80: [Kaiser Stadt Fürst Recht Reich König Reichstag Macht Adel Fürsten], T197: [Italien Mailand Stadt Rom Venedig Neapel Republik Kaiser Genua Sardinie], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T99: [Stadt Verwaltung Provinz Gemeinde Beamter Kreis König Spitze Land Angelegenheit]]