C. Westeuropa. Ii. Großbritannien. 125
Dabei wandern jährlich c. lk Mill. Menschen aus, die nur z. Th. durch
Einwanderung ersetzt werden. Am stärksten die Auswanderung aus
Irland, das sich in bedrückter Lage befindet. Dort hat die Bevölkerung seit
40 Jahren um fast 3 Mill. abgenommen.
Der Abstammung nach die Mehrzahl Engländer, allmählich durch
Vermischung von Kelten, Romanen, Angelsachsen, Dänen und Normannen
entstanden. Reine Kelten jetzt kaum 3 Mill. stark: Kymren in Wales
(= Welschland, da die Kelten durch die einwandernden Sachsen als Wilsche
d. h. Fremde bezeichnet wurden), Gaelen oder Ersen in Hochschottland und
Irland '). Auch sonst das keltische Blut im gebirgigen Westen Englands stark
vertreten.
Ihrer gesammten Bildung nach sind die Engländer Germanen, doch
dem praktischen Leben energischer zugewandt als andere Germanen. Sie sind
meist groß und schlank (die Landleute aber großenteils untersetzt
gebaut wie die Niedersachsen); die meisten kräftig in Folge der derben Kost
und starker Bewegung^). Sie besitzen meist klaren und richtigen Verstand,
scharfe Beobachtungsgabe^), und weiches Gemüth, das sich iu der
Liebe zur Natur und zum Landleben, der edlen Gestaltung des
Familienlebens, der religiösen Gesinnung, die freilich oft nur auf
Aeußeres gerichtet ist, vor Allem in sprudelndem Humor*) zu erkennen
gibt; besonders achtnngswerth ihr C h a r a k t e r entwickelt: sie sind w i l l e il s st a r k,
halten zäh an Errungenem fest und bewahren daher auch geschichtlich Ge-
wordenes, Sitten und Einrichtungen, selbst in den Formen, treuer als andere
Völker'); sie verbinden Freiheits- und Unabhängigkeitssinn mit strengstem
Rechtssinn und Gehorsam gegen die Gesetze und achten daher oft
auch die Rechte andrer Völker in hohem Grades; meist sind sie ernst und
Zu § 241. i) Sie zerfallen nach diesen Ländern wieder in zwei Hauptzweige.
2) Lieblingsspeisen und -getränke: Beefsteak, Roastbeef, Hammelrippen, Plumpudding,
Porter und Ale; im Seeleben spielt der Grog, bei Kelten und Iren der Whiskey (Brannt-
wein) eine große Rolle. Wie diekost stehn auch die nationalen Spiele die mit viel
Bewegung verbunden sind, in Zusammenhang mit dem Klima, so das Boxen, dem
alten griechischen Faustkampf ähnlich — Boxer und Faustkämpfer ähnlich diätetisch vor-
gebildet — neuerdings in Folge der Maßnahmen der Regierung mehr und mehr ver-
schwindend, Rudern, namentlich Wettrudern, Wettrennen, Fuchsjagden und das
anstrengende Crick et spiel. Merkwürdig die Lust am Wetten bei allen Kampfspielen
(Hahnenkämpfe!».
3) Ihre Phantasie nur auf einzelnen Gebieten bedeutend. In den bildenden
Künsten und der Musik zeigen sie wenig schöpferisches Genie, während sie dieselben doch
sehr lieben. Ausgezeichnetes haben sie dagegen in der Architektur und fast allen Zweigen
der Poesie geleistet. Mangel an Erfindungsgabe zeigt sich bei ihnen wie bei andern
nordischen Völkern auch darin, daß so oft dieselben Namen wiederkehren. Aber die
Schiffe, der Gegenstand lebhafter Sorge, erhalten oft recht schöne Namen.
*) Dieser Humor, iu einer reichen Litteratur niedergelegt, wird durch die unfrei-
willige Komik der vielen englischen Sonderlinge begünstigt.
5) Es haben sich daher hier manche mittelalterliche und überhaupt geschichtlich
entstandene Formen erhalten, die sich oft in merkwürdiger Weise mit dem kräftigsten
Freiheitsgefühl vertragen und erst in neuester Zeit mehr verschwinden. Hier daher einst
in Walter T>cott ein Erzähler aufgetreten, der wie kaum ein anderer das Mittelalter
mit romantischem Schimmer umhüllt hat.
°) Die Engländer die ersten Colonisatoreu aller Zeiten, griechische Welt-
Wanderlust mit römischer Staatskunst verbindend, in kluger Weise meist die Eigen-
thümlichkeiten anderer Völker schonend, Freiheit und Selbständigkeit, ja fast überall
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Afrika. B. Nordostafrika. 1. Das ägyptische Gebiet. 93
schon im Alterthum, im Mittelalter Araber, aus deren Vermischung mit
Berbern die heutigen Mauren hervorgegangen sind. Zu verschiedenen Zeiten
sind später Türken, Juden und allerlei Europäer eingewandert).
Die Religion im N. jetzt mohammedanisch, im übrigen Welt-
theil, wo sich nicht Europäer niedergelassen haben, meist aus niedrigster Stufe
stehend, Fetischismus und Schamanenthnm^) das Christenthum
sucht sich mit geringem Erfolg vom englischen Süden her auszubreiten; der
Mohammedanismus macht wegen seiner sinnlicheren Auffassung immer noch
nach S. hin Fortschritte^).
Die ursprüngliche Cultur nicht gering. Fast überall bei der günstigen
Natur Viehzucht, Milchwirtschaft und Ackerbau vorhanden, ferner die Kunst,
Eisenerze zu schmelzen und zu verarbeiten^). Bau von Hütten und tüchtigen
Brücken fast überall bekannt, vielfach auch baumwollene Gewerbe gefertigt.
Ausgezeichnet die sorgfältige Erziehung der Kinder durch die Mutter und die
Elternliebe der Kinder"). Die Staaten meist sehr despotisch und nach Laune
regiert, wenige Gemeinwesen haben freiere Staatsformen.
B. Nordostafrika.
§ 120. Nordostafrika feit alter Zeit das am reichsten entwickelte Land,
nahe der höchsten Annäherung der 3 Continente der Alten Welt gelegen, seit
jeher in lebhaftester Verbindung mit Asien und Europa, mit denen es in
Pflanzen, Thieren und Menschen (Kankasier!) vielfach übereinstimmt, und doch
von ganz eigenartiger Natur, Sitz der ältesten Cultur und Geschichte der
Menschheit (Aegypter!) hauptsächlich das Gebiet des Nils umfassend.
1. Das ägyptische Gebiet
41000 [Um. 17 Mill. E.
§ 121. Der Nil und die Bodengestaltung. Das ägyptische
Gebiet reicht jetzt im S. bis fast zum Aequator, jedenfalls bis zum Mwutan
See, umfaßt die Haupttheile vom Stromgebiet des Nil, größere Strecken der
Wüste im W. und das ganze Wüstengebiet im O. des mittleren und
unteren Nil.
Der Nil (950 M. lang) spielt in der Geschichte der Geographie eine größere
Rolle als irgend ein Fluß der Erde^). Im Mittel- und Unterlauf fließt er
7) Das Land früher durch Sklavenhandel arg heimgesucht. Dieser aber seit 1827
mehr zurückgedrängt, da das englische Parlament Sclaveuhandel wie Seeraub zu be-
handeln befahl. Neuerdings hat England verschiedene Verträge zur Beseitigung des
Sklavenhandels geschlossen. Von europäischen Völkern haben hier jetzt Engländer,
Portugiesen, Franzosen und Spanier Besitzungen. Die Engländer jetzt im
Begriff, sich eine große Handelsstraße von N. nach S. zu sichern, indem sie in Aegypten
immer mehr Einfluß gewinnen (am Suks-Canal sich festsetzend), Sansibar in Abhän-
gigkeit bringen und im S. immer mehr Land annectieren.
8) Nur Madagaskar, weil malaiisch, größteutheils christlich.
Er befördert durch seine Korcinschulen, seine Wallfahrten nach Mekka und seinen
energisch-religiösen Geist die Cultur, hindert sie aber durch Begünstigung der Sklaverei.
10) Die Neger also alle auf der Stufe der Eisenzeit. Eine Bronzezeit haben sie
nicht gehabt, weil ihnen Zinn fehlte. In neuerer Zeit fabricieren manche Neger bei ihrer
Ausdauer Gold- und Stahlarbeiten, die kaum in Europa nachgeahmt werden können.
") Hervorstechend auch die Gewandtheit der Neger in gerichtlichen Verhandlungen
und Reden.
Zu § 121. !) Im Alterthum die Hoffnung aufgegeben, die Nilquellen zu finden:
TM Hauptwörter (50): [T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone]]
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Afrika. B. Nordostafrika. 1. Das ägyptische Gebiet. 99
salen neuerdings durch Mehemed Ali zu neuem Leben erweckt ^), jetzt wegen
des Suts Canals und der Lage zwischen Mittel- und Rothein Meer von stets
steigender Bedeutung, gegenwärtig ein fast selbstständiges Land, dessen Herr-
scher, Chedive genannt, dem türkischen Sultan jährlich c. 14 Mill. M. Tri-
but zu zahlen hat. Drei Haupttheile, das alte Stammland Aegypten am
Unterlauf, Nubien am Mittellauf, der ägyptische Sudän im Unter-
lauf2).
a. Aegypten (El Masr) 10000 Qm. 5l/4 Mill. E.
§ 125. Fast allein das Nilthal (c. 550 Dm.) bewohnt, wo freilich
über 9000 E. auf 1 ^M. wohnen. Gestalt fast ein Rhombus. Etwa
1,4 des Landes gehört dem Chedive, das übrige meist den Fellah, der Form
nach — in Übereinstimmung mit dem Korän — nnr zur Nutznießung (gegen
Steuerabgaben) übergeben, tatsächlich aber als deren Eigenthum angesehen.
Industrie lebhaft und großentheils fabrikmäßig betrieben; Handel schwung-
Haft. Alle Hauptorte am Nil.
Oberägypten. Assnün (- Eingang, weil am Eingange Aegyptens
gelegen) nahe dem alten Syene beim letzten Katarakt, wo aus der Fiuth die
letzten Granitfelsen als Inseln hervorragen l).
Etwa 24 M. unterhalb die Ruine des alten hundertthorigen Thebae,
in dem sich einst die herrlichsten Tempel und Paläste fanden, wo jetzt auf
dem rechten User die Dörfer Luxor (- Paläste) und Karnak, auf dem
linken Meidnet Hsbu und Kurneh liegen2).
beseitigt, selbst nicht in Unterägypten, wo in versteckter Weise noch Tausende zum Ver-
kauf kommen, auch in Kairo. Aus den Häfen am Rothen Meer jährlich c. 25 000
Sklaven ausgeführt.
Zu § 1'24. !) Aegypten nie wieder zu höherem Glanz gelangt, als unter den
Pharaonen, einst auch 2le Heimat der Israeliten, 525 v. Chr. durch Cambyses den
Persern, 332 v. Chr. durch Alexander d. Gr. unterworfen, später durch die Ptolemäer
auf eine so hohe Stufe der Bildung und Wissenschaft erhoben, daß es (Alexandria ,
griechische und orientalische Weisheit und Kunst vereinigend, Hauptsitz des Hellenismus
und jüdischer Religionsphilosophie (Philo!) wurde und allseitig, auch nach Rom hin,
als Vorbild wirkte, auch den Grund zu manchen praktischen Wissenschaften (z. B. der
Geographie) legte, 30 v. Chr. mit unermeßlichen Schätzen durch die Römer in völligen
Besitz genommen, bald durch seine Kirchenväter und das hier gepflegte Mönchsleben eine
Stütze des Christenthums, seit 638 den Arabern nnterthan und durch sie von neuem
zu einer Stätte der Kunst und Wissenschaft erhoben (Kairo), lange Zeit ein eigenes
Reich bildend (Saladin!), seit 1517 osmanisch. Mehemed Ali hat seine Herrschast erst
durch Niedermetzelung der Mamelucken (1811), einer übermüthigen Horde, die Jahr-
hunderte lang eine herrschende Stellung einnahm, befestigt.
2) Nubien erst seit 1820, der Sudcin allmählich seit 1871 unterworfen.
Zu § 125. i) Darunter Pliilae und Elephantine mit schönen Tempeln. Da-
gegen in ganz Oberägypten nur eine Pyramide
2) Bei Luxor einst ein bedeutender Tempel; am Eingang standen 2 Obelisken
(jetzt einer in Paris); von hier führte ein Allee von 300 coloffalen Sphinxen zu dem
(bei Karnak) gelegenen großen Tempel des Ammon und Reichspalast; in letzterem war
ein Saal 5000 □m groß, im Mittelschiff, 23 m hoch (so daß darin manche Kirche
Platz hätte), die Decke von 134 je 3 m dicken Säulen getragen. Bei Medinet H6bu
ein Ramseum^(Palast und Tempel Ramses Iii); nördlicher ein Feld umgestürzter
Obelisken und Statuen; nur 2 sitzende Kolosse aufrecht, darunter die sogenannte Mem-
nonssänle (Zeigefinger 1 m lang), die im Alterthum bei Sonnenaufgang tönte; nördlich
davon bei Kurueh ein zweites Ramsenm, durch schöne Verhältnisse besonders aus
gezeichnet, mit der umgestürzten Bildsäule Ramses' Ii. (Monolith 19 m hoch«. Im W°
7*
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Extrahierte Personennamen: Meidnet_Hsbu Alexander_d Alexander Mehemed_Ali Ammon Ramses
Extrahierte Ortsnamen: Afrika Nordostafrika Mehemed_Ali Mittel- Nubien Syene Karnak Kairo Alexandria Rom Kairo Nubien Luxor Paris Karnak
30 Gang und Gliederung der vorchristlichen Geschichte.
den. Das persische Reich hatte in der Zeit seiner größten Ausdehnung
und Macht im nordwestlichsten Indien, in dem Pendschab oder der
Pentapotamie, eine seiner Provinzen. Der macedonische Eroberer be-
trat dieselben Gegenden und hinterließ sie als einen unsichern Besitz für
kurze Zeit demjenigen der aus seiner Herrschaft hervorgegangeuen Reiche,
das die ursprünglichen Gebiete des Perservolkes in sich schloß. Alles dieses
aber hatte weder auf die Inder noch auf die Völker des Westens einen nach-
haltigen Einfluß und die geschichtliche Bedeutung Indiens beschränkt sich,
von seiner Wichtigkeit für den Handel abgesehen, auf die Ausbeute, die es
der Forschung über eine der ältesten Religionen und eine der ältesten
Sprachen gewährt. Es ist einerseits eine Quelle von Aufschlüssen über
die Wege, die der sich selbst überlassene Menschengeist, von Ahnungen
geleitet, zur Herstellung des Verhältnisses zu Gott einschlug und gibt
Zeugniß von der Verschlingung unvertilgbarer Erinnerungen aus der
Urzeit und des bei verfehlter Benutzung derselben wuchernden Irrthums.
Es ist anderseits eine Quelle, aus welcher die Sprachkunde eine Fülle
von Aufschlüssen über die ursprüngliche Einheit der Sprachen und über
die Wege, aus welchen ihre Trennung vor sich gegangen ist, erwartet,
um damit sowohl manche Räthsel im Gebiete der allgemeinen Sprach-
wissenschaft zu lösen, als auch einzelner Völker Sprachen und Stammes-
verwandtschaft aufzuklären. Die Religion der Inder hat, als sie dem
Abendlande bekannt geworden, in der Trimurti, der Dreiheit des obersten
als Brahma, Wischnu und Siwa, oder als schaffende, befruchtende und
zerstörende Gewalt gefaßten Gottes, in den Verkörperungen oder Incar-
nationen des Gottes, in dein ascetischen Leben der Brahmanen oder
der Priesterkaste für eine oberflächliche Betrachtung Aehnlichkeiten mit
der christlichen Religion darzubieten geschienen, durch welche eine irreli-
giöse Gesinnung verleitet wurde, das Wesen des Chriftenthums, als Aus-
fluß der in einem gewissen Theil des Orients heimischen Nationalitäten
erklären zu wollen. Man verkannte es, daß auffallende Aehnlichkeiten
in der Form bei dem größten Abstande des Inhaltes möglich sind, daß
überall getrübte Nachklänge uralter Offenbarungen übrig geblieben sind,
die als solche zu dem Christenthum eine Beziehung zeigen müssen, da
mit diesem alle Offenbarung übereiustimmt und auf dieses alle Offenba-
rung hinweist. Die Forschungen in der indischen Sprache haben gelehrt,
daß das durch die Kaste der Brahmanen und ein aus der Kaste der
Krieger, den Kshatra, hervorgehendes Königthum beherrschte Volk, dem
als dritte Kaste noch die Ackerbauer und Gewerbetreibenden, die Visas,
angehören, von Nordwesten her in das Land gewandert ist und den öst-
lichen Zweig des ursprünglich in den Quellgegenden des Orus heimi-
schen Volkes der Arier bildet, dem die vierte Kaste des Landes, die
Sudra, ausgeschlossen vom Lesen der ältesten Neligionsurkunden, der
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Die Babylonier und die Assyrier.
39
Laufe seiner Geschichte kenntlich bleibt, verwischen zu können. Die ge-
ringe Festigkeit, welche der Herrschaft solcher in geordnete Staaten ein-
gedrungenen Nomaden eigen zu sein pflegt, mag den Uebergang des
Landes unter die Herrschaft desjenigen Volkes erleichtert haben, dessen
Könige Berosus die sechste Dynastie Babyloniens nennt, der Assyrier,
mit deren Geschichte die der Chaldäer sich jetzt verflicht.
2. Nach der heiligen Schrift ist der assyrische Staat durch eine
von Babylonien aus gegründete Ansiedelung an der Ostseite des oberen
Tigris entstanden, der auch die große Königsstadt Ninive, oberhalb der
Mündung des großen Zab an der Ostseite des Tigris gelegen, ihren
Ursprung verdankt. Dieser Staat, dessen Bevölkerung man sich als aus
semitischen und iranischen Bestandtheilen erwachsen denken muß, ist durch
Eroberungen zu einer ausgebreiteten Herrschaft in den an einander
grenzenden iranischen und semitischen Theilen von Asien gelangt und die
Lage der Stadt Ninive entspricht recht deutlich dem Bedürfnisse einer nach
diesen beiden Seiten hin zu behauptenden Herrschaft. Das am Orus
und am Jarartes gelegene Baktrien, Theile des Hochlandes von Iran,
die Ebenen des Euphrat und des Tigris haben Bestandtheile desselben aus-
gemacht und manchen Spuren zufolge hat sich sein Einfluß bis tief nach
Kleinasien hinein verbreitet, ehe die Völker an den Küsten des Mittelmeeres
von ihm berührt wurden. An die Spitze desselben stellen griechische
Nachrichten Ninus und seine Frau und Nachfolgerin Semiramis, und
berichten von dem ersteren Kämpfe in Baktrien, Armenien und Medien,
von der letzteren große, wahrscheinlich sagenhaft so weit ausgedehnte
Eroberungszüge nach Indien, Aethiopien und Libyen. Beide gehören
zu den mythischen Wesen, unter welchen ursprünglich vergötterte Natur-
kräste verstanden waren, auf welche aber im Laufe der Zeit die Sage
die Thaten des ihnen dienenden Volkes übertrug, bis sie sich in mensch-
liche Herrscher umdeuteten. Die Königin Semiramis, gleich andern
Gebilden heidnischen Götterglaubenö Sittenlosigkeit und Grausamkeit
mit Thatkraft und Heldenthum vereinend, deutet als Tochter der syri-
schen Göttin Derketo, die, wie die Tochter die Tauben, so ihrerseits den
Fisch zum Sinnbilde hat, auf einen weit durch das vordere Asien ver-
breiteten Götzendienst und vielleicht läßt sich die Sage von ihrem durch
ihren aufrührerischen Sohn Ninyas veranlaßten Verschwinden als my-
thische Erinnerung einer Umwälzung ansehen, durch welche eine mit
jenem Götzendienste zusammenhängende priesterliche Regierung einer auf
Kriegsmacht beruhenden Herrschaft weichen mußte. Eine Reihe von
dreißig Königen, sämmtlich von Ninyas abstammend und nach der Mutter
der Semiramis die Derketaden genannt, folgte, gleich Ninyas weibisch,
weichlich, in Unthätigkeit und Sittenlosigkeit versunken. Der letzte von
ihnen ist Sardanapal, der einem Aufstande der empörten Meder und
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Die Babylonier und die Assyrier.
41
Raum, den sie bei der ersten Niederlassung eingenommen, in ihre Ring-
mauern eiugeschlossen hatten. In dieser Ausdehnung konnte Babylon
bei der durch benachbarte Nomadenstämme entstehenden Unsicherheit zu-
gleich als Zufluchtsort gegen deren Angriffe und Plünderungen dienen.
Unterworfene Völker haben wohl zu der Aufführung der großen, theils
aus gebrannten, theils aus bloß getrockneten Steinen und Erdharz er-
richteten Gebäude, an welchen sich zum Theil reicher Schmuck von Bild-
werken auf Alabasterplatten findet, die Arbeiter geliefert. In Reli-
gion und Cultur hatten beide Reiche manches Gemeinsame und der
wesentlichste Unterschied scheint auf dem Eingänge zu beruhen, welchen in
Assyrien die Einwirkung östlicherer Völker fand. Die babylonische Re-
ligion war ein Götzendienst, der die in der Natur wirkenden Kräfte mit
Göttlichkeit ausstattete, und mittelst der Erhebung natürlichen Ent-
stehens und Wachsthums zu Gegenständen religiöser Verehrung auch
Leben und Sitte verderbte. Daher knüpften sich an den Dienst des
Baal und der Mylitta Gebräuche empörender Unsittlichkeit, die Babylon
schon bei seinen Nachbarn in den Ruf der Unzucht brachten. In Ver-
bindung mit dieser Richtung der Religion stand die Verehrung der Ge-
stirne und daran sich knüpfende, zugleich den Bedürfnissen der Bodenbe-
bauung entsprechende und durch die Beschaffenheit des Landes und seines
Himmels geförderte Beobachtung der Gestirne, die Babylonien zur Hei-
math der Astronomie und bei dem Bestreben, in dem Laufe und den
Stellungen der Sterne künftige Geschicke angedeutet zu finden, auch der
Astrologie machte. Astronomie und Astrologie machten daher den Haupt-
inhalt der Weisheit aus, wodurch die babylonische Priesterschaft, die ur-
sprünglich eine herrschende Kaste gewesen zu sein scheint und nach dem
Namen des Volkes Chaldäer genannt wird, weit über die Dauer des
babylonischen Reiches hinaus berühmt geblieben ist. Die übrigen Rich-
tungen der Thätigkeit des Volkes waren bestimmt durch das Bestreben,
das Land nach den von der Natur bezeichneten Bedingungen einzurichten
und für Lebensunterhalt und Wohlleben möglichst reiche Mittel zu ge-
winnen. Dämme zähmten die Fluten der jährlich durch das Schmelzen
des Schnees in den armenischen Gebirgen hoch anschwellenden Ströme,
künstliche Teiche sammelten den Ueberfluß der Gewässer und Kanäle,
worunter der bedeutendste der Naarmalka oder Königskanal, der aus der
dem Tigris am nächsten liegenden Stelle des Euphrat nach der Stelle
der späteren Stadt Seleucia führte, dienten theils das wegen Regen-
mangels trockene Land zu bewässern, theils dem angeschwollenen Euphrat
eine Ableitung nach dem tiefer fließenden Tigris zu geben. Die Frucht-
barkeit allen Meilen des Landes mitzutheilen, bediente man sich mecha-
nischer Vorrichtungen, die das vielfach geleitete Wasser auf die höheren
Stellen emporhoben. Das Land war im Gegensätze zu dem nördlichen
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48
Die Aegyptier.
medische Mauer, welche sich eine Strecke nördlich vom Naarmalka zwischen
Euphrat und Tigris hinzog, damals entstanden sei. Auf Nebukad-
nezars Herrschergröße folgte der Wahnsinn, in welchem er sieben Jahre
lang in thierischer Dumpfheit lebte, während deren seine Gemahlin re-
gierte. Vor seinem Tode kehrte die Besinnung wieder und er pries
den König des Himmels, weil seine Werke wahr und seine Wege Ge-
richte sind und er die in Uebermnth Wandelnden erniedrigen kann.
Nach Nebukadnezar wiederholen sich für das babylonische Reich die Er-
scheinungen, welche dem Ende des assyrischen vorausgingen. Unter
schwachen und schwelgerischen Fürsten schwand die Kraft des Reiches
und dasselbe ward Fremden zur Beute. Es folgten seit 561 in raschem
Wechsel Evilmerodach, Neriglissar, Laborosoarchod und Nabonadius oder
Labynetus, der biblische Belsazar. Die medisch- Persische Macht ver-
schlang das Reich der Chaldäer und das südwestliche Asien erhielt neue
Beherrscher.
V.
Die Aegyptier.
1. Der Zusammenstoß des assyrisch-babylonischen Reiches mit dein
ägyptischen lenkt auf dem Schauplatze der ältesten Geschichte die Be-
trachtung von dem äußersten Nordosten nach dem äußersten Südwesten
in ein Land, welches, obgleich immer ein Grenzland der gebildeten Welt
geblieben, doch unter den ersten von der Bildung in Besitz genommen
worden ist. Darf auch Baktrien, das Land, welchem die ältesten der
bis in das südwestliche Asien hinein fortgepsianzten Einflüsse entstammen,
hinsichtlich des Alters seiner ersten staatlichen und religiösen Einrichtun-
gen mit Aegypten wetteifern, so haben bei dem Wechsel der Herrschaften
in Asien jene von Nordosten kommenden Einflüsse sich wie Wellen eines
Flusses in einem fremden Flusse verloren, während der Fluß der tflgyp-
tischen Bildung mit unvermischten Fluten aus geheimnißvoller Quelle
hohen Alterthums bis zu der Zeit herabrinnt, wo Aegypten mit Asien
in Wechselwirkung tritt. Sowohl das hohe Alter ägyptischer Bildung
als die lange Dauer ihrer Unvermischtheit erklärt sich aus der dem Lande
von Natur eigenen Abgeschlossenheit und aus der Bestimmtheit, mit
welcher dessen Beschaffenheit auf die Festsetzung der Lebensbedingungen
wirkte. Im Norden an der Meerseite war das Land nicht, wie die be-
nachbarte phönicische Küste, reich an Buchten und Häfen, gestattete viel-
mehr mit seiner an Sümpfen und Lagunen reichen, flachen Küste, die
sich fortwährend durch die Anschlämmungen des Stromes in's Meer
TM Hauptwörter (50): [T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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Extrahierte Personennamen: Nebukadnezar
Extrahierte Ortsnamen: Asien Baktrien Asien Asien Asien
Die Aegyptier.
51
von ungeheuren Säulen getragen werden und zu welchen kunstreiche
Thoreiugänge führen. Die Wände der Gebäude steigen, als ob sie eine
Nachahmung von Bergwänden sein sollten, schief empor und die Kapitäle
der Säulen ahmen in ihrer Form den Kelch der Lotosblume nach.
Säulen und kolossale Standbilder liegen umgestürzt und zerbrochen um-
her und im Raume einzelner Gebäude haben ganze Dörfer sich angebaut.
Hier finden sich die Obelisken, hohe Spitzsäulcn, jede aus einem Steine
gehauen. Hier findet sich zu Hunderten in kolossalem Maßstabe die
Sphinr, ein Wesen mit aufgerichtetem menschlichem Kopfe auf liegendem
thierischen Leibe, ein Sinnbild des an den Dienst der Natur gebun-
denen, mühsam mit dem Geiste sich aus dieser Unterwürfigkeit emporrin-
genden Menschen. Eine ans solchen Standbildern gebildete Doppelreihe
zählt deren noch sechshundert. An der Westseite des Nils breiten sich,
wie Trümmer und Neste einer Todtcnstadt, Grabdenkmäler und Ka-
takomben aus. Bei einem der Grabdenkmäler findet sich unter zwei
sitzenden Kolossen einer, den die Griechen das Standbild des in ihrer
Sagenwelt vorkommenden Memnon nannten und dem sie die Eigenschaft
zuschrieben, daß er bei ausgehender Sonne klinge. In den Katakomben,
die in langen nach allen Richtungen laufenden Gängen in das Innere
der libyschen oder westlichen Bergkette gehauen sind, ruhen einbalsamirt
und wohl erhalten als Mumien die Leichen von Tausenden der Bewoh-
ner des alten Aegyptens. Die Gegend von Memphis in Mittelägypten
zeigt nach der Grenze hin, wo die Wüste an das bewohnbare Land
stößt, die Pyramiden, viereckige, spitz zulaufende Gebäude, vierzig an der
Zahl, das größte 480 Fuß hoch, deren Inneres als Grabstätte der
Könige gedient zu haben scheint. Sie waren für die flachere Gegend
von Memphis Nachahmungen natürlicher Grüfte und der über denselben
sich thürinenden Berge und gaben, was bei ihrer Anlage ein zweiter
Zweck gewesen sein mag, dem Laude auch Schutz gegen den von der
Wüste hergewehten Flugsand. Im Inneren vieler Gebäude verschiede-
ner Art finden sich außer den durch Bilduerei in erhabener Arbeit ge-
schaffenen Wandverzierungen auch Malereien, deren Zeichnung und Farbe
sich in der die Verwitterung nicht fördernden Lust des Landes wohl er-
halten haben. Diese Malereien sind gefärbte Zeichnungen ohne eine
Kunst der Schattiruug und ihre Gegenstände sind ähnlicher Art, wie bei
den in dem Schutte von Ninive ausgegrabenen Werken erhabener Arbeit,
so daß in ihnen zum großen Theil Denkmäler von Leben und Thaten
alter Beherrscher zu erkennen sind. Alle diese Werke der Kunst sind
redende Zeugen eines weit ausgebildeten Kunstsinnes und einer vielfäl-
tigen Geschicklichkeit. Der hierdurch nachgewiesenen Bildung wird aber
durch das Alter der Werke in Verbindung mit der durch sie geforderten
Annahme einer Reihe von Jahrhunderten des allmäligen Wachsthums
4*
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Die Aegyptler.
ein so hohes Alter angewiesen, daß ihre Anfänge nahe an die Urge-
schichte der Menschheit zu rücken scheinen und daß die Frage entsteht,
ob nicht, wenn ihre Erforschung und Deutung weiter gediehen, sich ein
jetzt ungeahntes Licht über die Anfänge der Völkergeschichte überhaupt
verbreiten werde.
3. Woher das Volk dieses Landes gekommen und wann seine Ge-
schichte als eines für sich abgeschlossenen begonnen, das sind Fragen, die sich
nach dem jetzigen Standpunkte der Wissenschaft nnr mit allgemeinen
Vermuthungen beantworten lassen. Die Sprache, die sonst auf solche
Fragen Andeutungen gibt, hat hier noch wenig Ausbeute geliefert. Die
Sprache des alten Aegyptens ist diejenige, aus welcher die kirchliche
Sprache der jetzigen ägyptischen Christen, die koptische, sich entwickelt hat.
Sie hat, soweit ihre Erforschung gelungen, sich als ein zwischen den
semitischen und indogermanischen Sprachen liegendes Mittelglied ausge-
wiesen, ohne eine nahe Verwandtschaft des Volkes mit irgend einem andern
darzuthun. Gleichartige Kunstdenkmäler und gleichartige Verfassung ver-
rathen zwar einen Zusammenhang mit dem im Aethiopenlande zwischen dem
blauen Nil oder Astapus und dem Atbara-Taeazze oder Astaboras gele-
genen Staate Meroe. Einerseits aber ist die Frage, welches von den
beiden Ländern das Mutterland des andern sei, verschieden beantwortet
und anderseits bleibt die Frage nach der gemeinsamen Herkunft der
beiderseitigen Bevölkerung übrig. Nur Indien, wie Aegypten ein Land
kolossaler Baudenkmale, dessen Bevölkerung auch durch Religion und
Verfassung der ägyptischen ähnlich ist, bietet sich als muthmaßlicher Aus-
gangspunkt der Wanderung dar, welche Aegypten und Meroe die Er-
bauer seiner Denkmäler zugeführt hat, während eine von diesem kauka-
sischen Stamme Vorgefundene und unterworfene negerartige Bevölkerung
auf näherem Wege die Sitze der ursprünglichen Menschen verlassen
haben kann. Den Anfang der ägyptischen Geschichte setzt Manetho nach
seinen Quellen in einer Art, wie die Inder thun, mittelst einer Anzahl
astronomischer Perioden oder Cykten, die er für die Dauer derselben
in Anspruch nimmt, um eine ungeheure Reihe von Jahren rückwärts,
indem er 24,837 Jahre lang das Land von Göttern und Halbgöttern
beherrschen läßt und den ersten menschlichen König Menes, dem die
Griechen Austrocknung des Landes, Ableitung des Flusses und Erbauung
von Städten zuschreiben, in einer Zeit folgen läßt, die nach Maßgabe
der für seine Nachfolger angegebenen Zeiträume 5702 Jahre vor Ehr.
Geb. beginnen müßte. Da nämlich von den Jahren, nach welchen die
Aegyptier rechneten, 1461 auf 1460 Manische Jahre gingen, scheinen
die Quellen des Manetho eine Zeitrechnung befolgt zu haben, die bis
in das I. 139 nach Ehr. Geb., wo eine der genannten Perioden endete,
deren 21 für die ganze Dauer der ägyptischen Geschichte hatte, indem
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Die Aegpptier-
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von 5702 vor Chr. Geb. bis in das I. 139 viermal 1460 Jahre ver-
flossen sind und 24,837 das Siebzehnfache von 1461 ist. Mit der will-
kührlichen Zeitrechnung brauchen nun nicht die von Manetho gegebenen
Verzeichnisse selbst verworfen zu werden. Sie aber zu Herstellung einer
Uebersicht der ägyptischen Geschichte zu benutzen, unterliegt besonderen
Schwierigkeiten. Einmal stimmen seine Namen mit den in anderen
Nachrichten ausgezeichneten nicht überein. Wie in der Geschichte asiati-
scher Reiche sind auch in der ägyptischen dieselben Personen theils durch
die mit dem Uebergang in eine andere Sprache herrührenden Verände-
rungen, theils durch die Vertauschung des wirklichen Namens mit Ehren-
namen, oft durch verschiedene Namen bezeichnet. Dann aber ist die
Frage schwer zu beantworten, ob die von Manetho nach einzelnen
Städten oder Bezirken benannten Dynastieen alle dem gesammten Ae-
gypten oder ob sie theilweise und, wenn das sein sollte, welche, nur den
betreffenden Bezirken angehören. Daß Aegypten nicht immer von den
Nilmündungen bis nach Philä einer Herrschaft unterworfen war, steht
fest und bei einer allmäligen Ansiedelung läßt es sich wohl denken, daß
kleine Herrschaften nach und nach von den für die Niederlassung der ein-
zelnen Schaaren gewählten Stützpunkten ausgingen, wie es in Indien
der Fall war. Die Verschiedenheit der Götter, welche in einzelnen Be-
zirken vorzugsweise verehrt wurden und durch welche in den Zeiten
griechischer Herrschaft viele Städte nach ihren Hauptgottheiten oder
vielmehr nach den ihnen ähnlichsten griechischen Gottheiten benannt
wurden, dient dieser Annahme zur Unterstützung. Sonach könnten auch
die Nomen oder Verwaltungsbezirke anstatt willkührlich gebildet zu sein,
den vereinzelten kleineren nach der ersten Ansiedelung gebildeten Herr-
schaften entsprechen, vielleicht selbst die Eintheilung des Landes in Ober-
ägypten von Philä bis gegen Hermopolis, Mittelägypten bis unterhalb
Memphis und Unterägypten bis zum Meere eine geschichtliche Grund-
lage haben. Da Aegypten eine eigentliche Geschichtschreibung nicht ge-
habt, ist eine Aufklärung jener Verhältnisse nur von den Inschriften
seiner Denkmäler, wenn sie völlig lesbar sein werden, zu erwarten.
Dies hängt aber von der Entzifferung der Hieroglyphen ab, die sich
nicht bloß auf fast allen ägyptischen Denkmälern von Meroe bis zu den
Nilmündungen, sondern auch auf Papyrusrollen und Mumiensärgen
finden. Sie sind eine der drei Arten ägyptischer Schrift, die älteste
und zur öffentlichen Aufzeichnung dienende, die sich in den beiden andern
Arten, der hieratischen weniger, der demotischen mehr, zu bequemerem
Gebrauche vereinfacht und abgekürzt hat. Ihre Zeichen sind theils figu-
rativ, den Gegenstand durch sein Bilv darstellend, theils symbolisch, an
die Stelle des zu bezeichnenden Gegenstandes einen andern, der mit ihm
in irgend einer tropischen oder änigmatischen Beziehung steht, setzend,
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