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Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
Geschlecht (WdK): Jungen
2 I. v. Treitschke, Belle Alliance.
Samte; vor dem äußersten linken Flügel die weißen Häusergruppen von Papelotte und La Haye. Die Straße fällt südlich von Mont St. Jean sanft ab, führt dann völlig eben durch offene Felder und steigt eine starke halbe Stunde weiter südlich, nahe bei dem Pachthofe La Belle Alliance wieder zu einem anderen niederen Höhenzuge empor, fo daß das Schlachtfeld eine weite, müßig eingetiefte Mulde bildet, die allen Waffen den freiesten Spielraum gewährt.
Auf diesen Höhen bei Belle Alliance stellte Napoleon sein Heer auf, Reille zur Linken, Erlon zur Rechten der Straße, dahinter bei Rossomme die Reserve; sein Plan war einfach durch einen oder mehrere Frontalangriffe die Linien der Engländer zu durchbrechen, womöglich an der schwächsten Stelle, auf ihrem linken Flügel. Da die unsicheren Feuerwaffen jener Zeit dem Angreifer erlaubten mit ungebrochener Kraft nahe an den Verteidiger heranzugelangen, so hoffte der Imperator durch ungeheure Masfenschläge den zähen Gegner niederzuringen. Seine Kriegsweise war während der letzten Jahre immer gewaltsamer geworden; heute vollends, in der fiebert-schen Leidenschaft des verzweifelten Spielers zeigte er die ganze Wildheit des Jakobiners, ballte viele Tausende seiner Reiter, ganze Divisionen des Fußvolks zu einer einzigen Masse zusammen, damit sie wie die Phalangen Alexanders mit ihrem Elephantentritt alles zermalmten. So begann die Schlacht — ein beständiges Vordringen und Zurückstuten der Angreifer gleich der Brandung am steilen Strande — bis dann das Erscheinen der Preußen in Napoleons Rücken und rechter Flanke den Schlachtplan des Imperators völlig umstieß. Der Kampf verlief wie eine planvoll gebaute Tragödie: zu Anfang eine einfache Verwicklung, dann gewaltige Spannung und Steigerung, zuletzt das Hereinbrechen des alles zermalmenden Schicksals; unter allen Schlachten der modernen Geschichte zeigt wohl nur die von Köuiggrätz in gleichem Maße den Charakter eines vollendeten Kunstwerks. Der letzte Ausgang hinterließ in der Welt darum den Eindruck einer überzeugenden, unabwendbaren Notwendigkeit, weil ein wunderbares Geschick jeder der drei Nationen und jedem der Feldherren genau die Rolle zugewiesen hatte, welche der eigensten Kraft ihres Charakters entsprach: die Briten bewährten in der Verteidigung ihre kaltblütige, eiserne Ausdauer, die Franzosen als Angreifer ihren ritterlichen, unbändigen Mut, die Preußen endlich die gleiche stürmische Verwegenheit im Angriff und dazu, was am schwersten wiegt, die Selbstverleugnung des begeisterten Willens.
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Extrahierte Personennamen: Jean Napoleon Alexanders Napoleons Köuiggrätz
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I. v. Treitschke, Belle Alliance. 7
vollends in Verwirrung; aber auch die Sieger fühlten sich tief erschöpft.
Auf den anderen Teilen des Schlachtfeldes gestaltete sich unterdessen der Gang der Ereignisse weit günstiger für Napoleon. Die Division Quiot, die schon an dem großen Angriffe Erlons teilgenommen, ging von neuem auf der Landstraße vor und bestürmte die Meierei von La Haye Samte. Dort stand Major Baring mit einem Bataillon von der leichten Infanterie der deutschen Legion und einigen Nassauern. Die grünen Jäger hatten schon um Mittag die Schlachthaufen Erlons abgeschlagen; die treuen Männer hingen mit ganzem Herzen an ihren Offizieren, alle bis zum letzten Gemeinen zeigten sich entschlossen von diesem Ehrenposten nimmermehr zu weichen. Und welche Aufgabe jetzt! Schon brannten die Dächer des Gehöftes, die einen mußten löschen, die anderen führten aus den Fenstern, hinter den Hecken und Mauern des Gartens das Feuergefecht gegen die furchtbare Übermacht draußen. Pulver und Blei gingen aus; vergeblich sandte Baring wiederholt seine Boten rückwärts nach Mont St. Jean mit der dringenden Bitte um Munition. Erst als säst die letzte Patrone verschossen war, räumte die tapfere kleine Schar den Platz. Wie Rasende drangen die Franzosen hinter den Abziehenden in das Gehöft ein, durchsuchten brüllend alle Stuben und Scheunen: „kein Pardon diesen grünen Brigands!" — denn wie viele ihrer Kameraden waren heute mittag und jetzt wieder den sicheren Kugeln der deutschen Jäger erlegen! Das Vorwerk des englischen Centrums war genommen, und bald ergoß sich der Strom der Angreifer weiter bis nach Mont St. Jean. Die Mitte der Schlachtlinie Wellingtons war durchbrochen. Da führte der Herzog selber die hannoversche Brigade Kielmannsegge herbei, und ihr gelang die Lücke im Centrum vorläufig zur Not wieder auszufüllen. Aber auch nur vorläufig; denn die Reserven waren schon herangezogen bis auf den letzten Mann, und La Haye Sainte, die beherrschende Position dicht vor dem Centrum, blieb in den Händen des Feindes. Mittlerweile konnte auch der tapfere Bernhard von Weimar auf dem linken Flügel die Vorwerke La Haye und Papelotte gegen die Division Durutte nicht mehr behaupten. Er begann zu weichen. Wellingtons Besorgnis stieg. Schon seit mehreren Stunden hatte er wiederholt Adjutanten an Blücher gesendet mit der dringenden Bitte um Hilfe. Kalt und streng stand er unter seinen Offizieren, die Uhr in der Hand, und sagte: „Blücher oder die Nacht!" Wenn Napoleon
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10 I. v. Treitschke, Belle Alliance.
Schlachtfelde umher und sucht vergeblich die Kugel, die ihn von seiner Gewissensangst und seinen finsteren Ahnungen erlösen soll.
Indem hatte Blücher schon den Schlag geführt, der die Vernichtung des napoleonischen Heeres entschied. Die Truppen Bülows gingen in drei Kolonnen im Sturmschritt aus Planeenoit vor. In und neben dem Dorfe hielten jene zwölf frischen Bataillone der Kaisergarde; und sie fochten mit dem höchsten Mute, denn alle fühlten, daß hier die Entscheidung des ganzen Krieges lag. Die anstürmenden Preußen sahen sich im freien Felde den Kugeln der Verteidiger, die in den Häusern und hinter den hohen Mauern des Kirchhofs verdeckt standen, schutzlos preisgegeben. Dieser letzte Kampf ward fast der blutigste dieses wilden Zeitalters; das Corps Bülows verlor in viertehalb Stunden 6353 Mann, mehr als ein Fünftel seines Bestandes, nach Verhältnis ebenso viel wie die englische Armee während des ganzen Schlachttages. Der erste und der zweite Sturm ward abgeschlagen; da führte Gneisenan selbst die schlesischen und pommerschen Regimenter zum dritten Male vorwärts, und jetzt gegen 8 Uhr drangen sie ein. Noch ein letzter wütender Widerstand in der Dorfgaffe, dann entwich die Garde in wilder Flucht; ihr nach Major Keller mit den Füsilieren des 15. Regiments, dann die anderen Bataillone. Ans der ganzen Linie erklang in langgezogenen Tönen das schöne Signal der preußischen Flügelhörner: Avancieren! Zu gleicher Zeit ward weiter nördlich das Corps Lobaus von Bülows Truppen in der Front, von Zietens Reiterei in der Flanke gepackt und völlig zersprengt. Die beiden Heerteile der Preußen vereinigten sich hier; der furchtbare Ring, der den rechten Flügel der Franzosen auf drei Seiten umklammern sollte, war geschlossen. Von Norden drängten die Engländer, von Osten und Süden die Preußen heran. Den Truppen Zietens wies Grolmann die Richtung nach der Höhe hinter dem Centrum der Franzosen, nach dem Pachthof La Belle Alliance, der mit seinen weißen Mauern weithin erkennbar wie ein Leuchtturm über dem tiefem Gelände emporragte. Dorthin nahmen auch die Sieger von Plancenoit ihren Weg.
Über 40,000 Preußen hatten noch am Gefechte teilgenommen, und jetzt da die Arbeit fast gethan war, kam auch das Armeecorps Pirchs von den Höhen hinter Plancenoit herab. Napoleon war währenb dieser letzten Stunde nach La Haye Sainte vorgeeilt um die Division Ouiot noch einmal zum Angriff auf Mont St. Jean vorzutreiben. Sobald er zu feiner Linken die Niederlage Neys und gleichzeitig den
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Iv. v. Sybel, Einwirkung der Julirevolution auf Deutschland. 51
Erbitterung des Wiener Kabinetts zu befahren war. Aber auch das war gewiß, daß bei der damaligen Weltlage Österreich derselben praktische Folgen nicht zu geben vermochte, vielmehr Preußens Beistand bedurfte und dessen Bedingungen annehmen mußte. Sodann galt es, so schnell wie möglich, ehe die Kriegsgefahr und damit die Fügsamkeit der Süddeutschen verflog, mit ihnen zum Abschluß zu kommen, und hiedurch gestärkt, dann Österreich die doppelt preiswürdige Bundesfreundschaft Preußens anzubieten.
Alles hing also ab von raschem Entschlüsse und tapferem Mute des preußischen Kabinetts. Leider aber fehlte unter den vielen trefflichen Eigenschaften Friedrich Wilhelms gerade die eine hier notwendige, Selbstvertrauen zu raschem Entschluß. Es machte ihm schweres Bedenken, ob es loyal, ob es nicht höchst gefährlich sei, hinter Österreichs Rücken mit den Südstaaten abzuschließen. Im Dezember 1830 war er mit sich im Reinen, daß er zuerst mit Österreich und dann erst mit den Südstaaten unterhandeln müsse. Im Jannar 1831 ging darauf General von Röder mit dem Vorschlag nach Wien, für den Kriegsfall drei selbständige Heere aufzustellen, ein preußisches mit dem 10. Bundescorps am Niederrhein, ein preußisch-süddeutsches am Main, ein österreichisches am Oberrhein. Für die Einheit ihrer Operationen würde nicht ein Bundesfeldherr, sondern wie 1813 ein großes Hauptquartier sorgen. Dies bedeutete, wie man sieht, die Unterstellung Bayerns und der drei gemischten Bundescorps unter preußischen Oberbefehl und völliges Absehen von der Bundeskriegsverfassung. Metternich schleppte die Unterhandlung hin, bis er im März 1831 die italienischen Rebellionen niedergeschlagen hatte, ohne daß eine französische Kriegserklärung darauf erfolgt wäre; hiedurch ermutigt, entließ er Röder mit der Erklärung, nicht drei, sondern zwei Heere seien zu formieren, ein österreichisches unter Anschluß des 7. und 8., ein preußisches in Verbindung mit dem 9. und 10. Bundescorps; vor allem seien für das ganze Heerwesen die Regeln der Bundeskriegsverfassung festzuhalten; demnach könne die Wahl eines Buudesfeldherru zwar zur Zeit noch aufgeschoben werden, werde später aber unerläßlich sein.
Die Frage war, wie der preußische Monarch diese runde Abweisung seiner Vorschläge aufnehmen würde. Metternichs Hoffnung, ihn nicht bloß zu beschwichtigen, sondern zu sich herüber zu ziehen, beruhte wieder auf dem altbewährten, kläglichen Mittel, der Vorführung des roten Gespenstes. Er übersandte dem Könige durch
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelms Friedrich Wilhelms Metternich
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Wien Niederrhein Main Bayerns Metternichs
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232 Xvi. v. Sybel, Die Schlacht bei Königgrätz.
nicht gefaßt, wohl aber stand bereits seine Absicht fest, wenn er den Kampf annähme, ihn in der jetzigen Aufstellung, die Elbe und Königgrätz im Rücken, zu führen. Er hatte bei dem Ritte dorthin, inmitten aller düstern Sorgen, die Landschaft rekognosciert und zu einer Defensivschlacht höchst geeignet befunden; noch am Abend des 1. Juli ließ er am Nordrande der gewählten Stellung einige Redonten errichten. Vormittags am 2. meldete General Henikstein nach Wien die Besserung des Zustandes; damit kreuzte sich aber ein kaiserlicher Beseht, welcher ihn, Krismanitz und Clam-Gallas ihrer Posten enthob und zur Verantwortung nach Wien berief; Chef des Generalstabs wurde auf Beuedeks Vorschlag General Baumgarten vom dritten Korps, während General Gondreeonrt an die Spitze des ersten trat; beide Offiziere begannen ihre neue Thätigkeit erst am folgenden Morgen, als bereits die ersten Kanonenschüsse fielen, so daß Benedek während des Kampfes thatsächlich ohne einen Chef des Generalstabs war, da der bisherige nicht mehr amtieren durfte, der eben eingetretene es noch nicht vermochte. Trotzdem hatte Benedek seine Erwägungen im Sinne des Kaisers zum Schlüsse gebracht und telegraphierte am 2. Juli nachmittags an Se. Majestät: die Armee bleibt morgen in ihrer Ausstellung bei Königgrätz, Ruhe und Verpflegung haben gut gewirkt, hoffe einen weitern Rückzug nicht notwendig zu haben".
Er gedachte also die Entscheidungsschlacht in der jetzigen Stellung anzunehmen. Er sollte nicht lange darauf warten. Von allen Seiten her trafen im Laufe des Abends Meldungen von Ortsbehörden und Patrouillen über die Annäherung des Feindes ein. Ein Tag von weltgeschichtlicher Bedeutung stand bevor.
Die Elbe strömt in diesem Teile ihres Laufes, an Josephstadt und Königgrätz vorüber, fast genau nach Süden. Ungefähr anderthalb Meilen westlich davon entfernt, fließt ziemlich parallel mit ihr ein ansehnlicher Bach, die Bistritz, zur Zeit durch Regengüsse angeschwollen und auch sonst nur an einzelnen Stellen ohne Brücken zu passieren. Über ihn führt bei dem kleinen Dorfe Sadowa die Heerstraße von Gitschin und eine starke Meile weiter südlich bei Nechanitz die Landstraße von Smidar nach Königgrätz. Zwischen diesen beiden Punkten dachte Benedek sich den Boden für den Beginn des Kampfes zu wählen. Aber allerdings nicht in der Weise, daß der Gegner an der Überschreitung des Baches gehindert werden sollte. Die Bistritz windet sich durch eine schmale und sumpsige Niederung, an deren Rande sich, sanst gegen Osten ansteigend, ein wohlangebauter Abhang hinzieht.
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Xvi. D. Sybel, Die Schlacht bei Königgrätz. 233
Dort liegt, gleich hinter Sadowa, ein dicht bewachsener Busch, der Holawald, dann bis Nechanitz hinunter ein halbes Dutzend kleinerer und größerer Dörfer. Etwa drei Viertelstunden aber von der Bistritz entfernt ändert sich der Charakter des Geländes. Aus dem flachen Abhang erhebt sich eine Höhenkette, an einzelnen Punkten bis zu 300 Fuß über die Thalsohle emporsteigend, von Nechanitz an weit über Sadowa hinaus die Bistritz begleitend, nach Westen hin meistens schroff abgeböscht, nach Osten allmählich sich senkend, bis in der Nähe von Königgrätz der Boden vollständig eben wird. Diese Höhen hatte Benedek sich zum ersten Widerstände ausersehen, und wir müssen deshalb einzelne derselben zum Verständnis des Folgenden näher bezeichnen. Eine halbe Stunde hinter Nechanitz zeigt sich der Schloßberg von Hradek, von hier eine Stunde nordwärts eine weit hervorragende Höhe mit den Dörfern Nieder- und Oberprim und Problns an ihren Abhängen, fodann, immer nach Norden fortschreitend, ein niedrigerer Hügelrücken mit dem Dorfe Langenhof, endlich gegenüber Sadowa und dem Holawalde der höchste und bedeutendste dieser Berge, mit dem Flecken Lipa ans der Mitte seines westlichen Abhanges und dem ärmlichen, aber seit diesem 3. Juli durch Europa berühmten Dörfchen Chlum in einer Vertiefung am Ostrande der Höhe. Der Blick beherrscht von hier aus die gesamte Landschaft nach allen Seiten. Nach Osten flacht sich auch hier das Gebirge allmählich ab; zwischen welligen Hügeln liegt dort in der Tiefe das Dorf Nedielifcht, von da breitet sich platte Ebene bis zur Elbe aus. Ein anderes Bild zeigt sich dem Beschauer im Norden. Chlum gerade gegenüber, von dem Fuße seines Berges nur durch eine schmale Einsenkung getrennt, dehnt sich eine breite, mit mächtigem Banmwuchs bestandene Kuppe aus, die von zahlreichen Schluchten durchrissen, am westlichen Rande aber von einer gewaltigen Felsenbastion gekrönt ist; es ist der Swiepwald, der wie Chlum an diesem Tage ein unvergeßliches Andenken gewonnen hat. Rechts davon, eine halbe Stunde weiter nordwärts, zeigt sich ein langgestreckter Höhenzug mit dem Dorfe Maslowied an feinem Abhang; wieder eine halbe Stunde weiter lehnt sich daran ein stattlicher Berg, der auf seiner Westflanke das Dörfchen Horscheniowes und auf feiner sonst kahlen Spitze damals zwei uralte, überall weithin sichtbare Linden trug. An dessen Fuße fließt der Bach Trotinka durch morastige Wiesen südostwärts der Elbe zu: auf der andern Seite des kleinen Gewässers schließt dann der steile Horschizkaberg das Bild.
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Extrahierte Ortsnamen: Holawald Nechanitz Dorfe_Langenhof Europa Dörfchen_Horscheniowes Bach_Trotinka
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Geschlecht (WdK): Jungen
Xvi. v. Sybel, Die Schlacht bei Königgrätz. 247
schlugen zerschmetterte Äste und Stämme in die Gruppen der Verteidiger hinein nud brachten auf allen Punkten blutige Verluste.
Während dieser Kanonade führte Graf Festetics gleich nach neun Uhr die übrigen drei Brigaden seines Korps nach Maslowied heran, um mit vermehrter Kraft den Angriff auf den Wald fortzusetzen; ihm selbst aber zerschmetterte ein Granatsplitter den linken Fuß, sodaß der Befehl an seinen Adlatus, General von Mollinary, überging.
Dieser Offizier war nun vollends, unter völliger Nichtbeachtung der
Benedekschen Disposition, von dem strategischen Gedanken erfüllt, gerade hier beim Swiepwalde sei durchzudringen mit aller Macht und dann links einschwenkend, die preußische erste Armee von der Flanke her aufzurollen. Er befahl also gegen zehn Uhr 17 Bataillonen, den Angriff auf den Wald zu erneuern, der Brigade Fleischhacker von Süden, der Brigade Poeckh von Südosten her. Fleischhacker verjagte zuerst zwei preußische Bataillone aus Tschistowes; jedoch hielt mit einem dritten General Gordon sich im westlichen Teile des Dorfes unerschütterlich und beschäftigte hier in ununterbrochenem Schützen-
gefecht die doppelte Anzahl der Gegner. Mit den andern sechs Bataillonen drang dann Fleischhacker in den südlichen Teil des Waldes ein, wo ihm nur schwache Abteilungen des 27. und 67. Regiments gegenüberstanden; diese aber, obwohl langsam von Baum zu Baum, von Busch zu Busch zurückweichend, ergossen unermüdlich ihr verheerendes Feuer in die österreichischen Massen — bis ihnen in sehr unerwarteter Weise eine entscheidende Verstärkung zuteil wurde. Gegen den Ostrand des Waldes war nämlich, wie erwähnt, mit neun Bataillonen die Brigade Poeckh vorgegangen, hatte die dünne preußische Postenkette durchrissen und die einzelnen Abteilungen zu schleunigem Ausweichen nach Süd und Nord gezwungen, während Oberst Poeckh seine Massen geradeaus aus die Höhe der Kuppe sührte und dann weiter bis an den westlichen Ausgang des Waldes streifen ließ. Jene nach Süden gewichenen preußischen Compagnien stießen nun sehr bald auf Fleischhackers Heerteil und begrüßten, schnell gefaßt, denselben aus dem Waldesdickicht heraus mit so mörderischen Salven, daß sein Vordringen völlig in Stocken kam und sehr bald in eilfertigen Rückzug umschlug. Oberst Poeckh, ohne eine Ahnung von der Niederlage seines Genossen, lebte unterdessen der erfreulichen Meinung, den hart umstrittenen Wald gewonnen zu haben: da aber traf ihn eine ungleich härtere Katastrophe. Noch hatte Fransecky, welcher persönlich im Norden des Waldes den Kampf leitete, soweit hier eine Leitung
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Extrahierte Personennamen: Mollinary Gordon Poeckh Fransecky
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Geschlecht (WdK): Jungen
248
Xvi. v. Sybel, Die Schlacht bei Königgrätz.
möglich war, vier unversehrte Bataillone bei Benatek, die er jetzt in den Wald hineinzog, und empfing dazu zwei Bataillone der achten Division zur Unterstützung Während diese letzteren in den Westrand des Waldes eindrangen und Poeckhs Truppen in der Front beschäftigten, warf Fransecky jene vier Bataillone auf die nördliche Flanke und in den Rücken des Gegners. Die Wirkung ihres Feuers war grauenvoll. Oberst Poeckh und alle Stabsoffiziere fielen bis auf zwei, mit ihnen die Hälfte der Mannschaft: mit Mühe schlug der .)iest sich durch, um bei Maslowied das Freie zu gewinnen.
Das vierte österreichische Korps war damit abgefunden. Aber aufs neue begann wieder das todbringende Feuer von 120 Geschützen auf den Jöalb, und lebhaft brängte jetzt General von Mollinary den Grafen Thun, durch einen energischen Angriff des zweiten Korps den erschöpften Berteibigern den Gnadenstoß zu geben. Gras Thun, der Anordnung Benedeks so wenig wie sein Kollege eingedenk, war 'bazn bereit Es war elf Uhr vorüber. Eine Brigade, Henriquez, war an der Trotiua gelassen worben; von der Brigade Thom standen vier Bataillone bei ))iaschitz und Horscheniowes; die drei andern, nebst den vierzehn Bataillonen der Brigaden des Generals von Saffran und des Herzogs von Württemberg, würden 111/2 Uhr zur Einnahme des Walbes vorgesanbt, obgleich bereits wieberholter Gegenbefehl Benebeks eingetroffen und außerdem die Nachricht gekommen war, daß von Norben her starke feinbliche Kolonnen im Anmarsch seien. Geneial von Mollinart) zeigte nur um so heißeren Eifer, feinen großen strategischen Plan bnrchznführen.
Der Einbruch in den östlichen Waldrand hatte anfangs wieder guten Erfolg, wie es bei der Übermacht der Angreifer nicht anders fein konnte. Wieder wurde die Mitte der preußischen Aufstellung im Osten durchbrochen, wieder der größte Teil des Waldes gewonnen. Aber die am nördlichen Ausgang des Waldes gelegene Felsbastion blieb dem Gegner unnahbar. Fransecky, welcher zwei Pferde unter dem Leibe verloren und bald nachher nur mit Mühe der Gefahr der Gefangennahme durch österreichische Jäger entgangen war, hielt dort mit Trümmern aller feiner Abteilungen ans. Er war ein Mann von schlankem, aber nicht hohem Wuchs, von feinen und festen Zügen, von reicher Begabung und Bildung und von einem, man möchte sagen, fanatischen Ehr- und Pflichtgefühl. Seine Soldaten entsprachen dem Führer. Diese Altmärker und Magdeburger waren keine Hünengestalten wie die Pommern und Westfalen, aber in ihrer Gelehrigkeit,
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Geschlecht (WdK): Jungen
236 Xvi. v. Sybel, Die Schlacht bei Königgrätz.
Reserve, von der Benedek übrigens schon jetzt je eine Reiterdivision in der Nähe von Problus wie von Nedielischt halten ließ.
Für die Auffassung seiner Maßregeln irrt Centrum, gegenüber dem Angriff des Prinzen Friedrich Karl, scheint ein Armeebefehl
lehrreich, den er in diesen Tagen erlassen hatte. Nach den Erfah-
rungen der bisherigen Gefechte hatte er darin seine Truppen angewiesen, nicht eher zum Massenangriff auf den Feind zu schreiten, als bis derselbe durch das Feuer der Artillerie mürbe gemacht sei. Die ganze Aufstellung seines Centrums war nichts als eine Anwendung dieses Satzes im Großen. Die Übergänge über die Bistritz und der flachere Abhang neben ihr sollten unbesetzt bleiben, damit hier die Infanterie nicht vorzeitig von der Zündnadel decimiert würde. Sie stand also weiter rückwärts auf den steilen Höhen, deren Rand von Laugeuhof bis Lipa und Chlum durch einen ununterbrochenen Kranz furchtbarer Batterien mit mehr als 200 gezogenen Geschützen geschmückt wurde. Geradezu eingeladen war der Feind, unten im Thale aufzumarschieren und dann beim Ansturm auf die Höhe sich unter
dieser beispiellosen Kanonabe zu verbluten. War er baburch zerrüttet,
so würde erst der Mafsenangriff mit zermalmenber Übermacht erfolgen. Zu biesem Zwecke würde der größte Teil der Reserve, das erste und sechste Korps nebst zwei schweren Reiterbiüisionen, bicht hinter Sangen* Hof, Front nach Westen, aufgestellt, und zwar, was besonders fprechenb ist, in erster Linie vor den Infanterie-Korps die Reiter, welche doch zur Verteibigung der Höhenstellung sehr wenig, um so mehr aber zur Offensive gegen den erschöpften Feind brauchbar waren. Immer also, scheint es, hielt Benebek an seinem ursprünglichen Gebanken, der Besiegung Frtebrich Karls, fest. Daraus würde sich auch der ihm
später stets zum Vorwurf gemachte Befehl an den rechten Flügel erklären, in der Tiefe bei Nedielischt anstatt weiter vorwärts auf den
Höhen von Horscheniowes und Maslowied Stellung zu nehmen. Er wünschte ihn in nächster Nähe zu haben, um vielleicht auch ihn zu dem entscheidenden Vorstoße gegen Friedrich Carl zu verwenden, falls nicht ein zu frühes Erscheinen des Kronprinzen dies unmöglich machte. In dem letztem Falle wäre den beiben Korps ihre ursprüngliche Bestimmung geblieben, und wenn ihre Vorposten die Annäherung des Gegners rechtzeitig entbeckten, so wäre immer noch die Möglichkeit gegeben, die vorliegenben Höhen zu fester Abwehr des feiitblichen Angriffs zu besetzen.
Man wirb nicht behaupten wollen, daß ein solcher Plan unklar
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Extrahierte Personennamen: Benedek Friedrich_Karl Friedrich Karl Benebek Karls Friedrich_Carl Friedrich