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1. Geschichte der neueren Zeit - S. 12

1906 - Langensalza : Gressler
12 sogar mit dem Bettelsacke auf dem Rücken in Erfurt umherlaufen, um Brot, Getreide, Eier, Fische, Fleisch und Geld zusammenzubetteln (denn der Orden der Augustiner ist ein Bettelorden), und dies war ihm um so empfindlicher, da ihn in Erfurt jedermann kannte und nicht selten die Leute mit Fingern auf ihn zeigten. Aber alles erträgt der fromme Mensch leicht, wenn er die feste Überzeugung hat, daß Gott es so haben will, und diese Gewißheit hatte Luther. Hatte er nur irgend Zeit, so saß er über der Bibel, um immer besser den Willen Gottes kennen zu lernen. Dabei mußte er oft höreu, wie die Mönche ihm vorwarfen, man müsse nicht mit Studieren, sondern mit Einsammeln von Eiern, Butter, Brot it. s. w. dem Kloster nützlich zu werden suchen. Sein Gemüt befand sich in einer gar unglücklichen Stimmung. Er machte sich wegen jedes weltlichen Gedankens die allerheftigsten Vorwürfe und glaubte immer, den Vorschriften Gottes kein Genüge zu leisten, so streng er auch die Klostergelübde beobachtete. Dabei kasteite er seinen Körper so ab, daß er nur ganz wenig aß und trank, ja manchen Tag nichts als ein wenig Brot zu sich nahm. Wie aber Gott denen, die ihn mit redlichem Herzen suchen, sich nicht im« bezeugt läßt, so ließ er ihn gutgesinnte Leute finden, die ihm Trost und Mut einsprachen, wenn er vor Angst vergehen wollte. So lebte in demselben Kloster ein alter, ehrwürdiger Bruder, dem er manchmal seine Gewissensangst beichtete. Dieser wies ihr vornehmlich aus das Hauptgrundstück des Glaubens hin, wo es heißt: „Ich glaube an die Vergebung der Sünden." Dieser Zuspruch machte einen tiefen, wundersamen Eindruck aus sein gequältes Gemüt. Ebenso sprach ihm der Vorgesetzte seines Ordens, der ehrwürdige Johannes von Staupitz, Trost ein. Dieser echt-christliche Mann, Professor an der Universität in Wittenberg, zeichnete den frommen Luther bald vor allen andern Mönchen aus und suchte ihn aufzurichten. „Du willst mit Gewalt ein Sünder fein." sagte er einst, „und hast doch feine rechte Sünde. Soll Christus dir helfen, so mußt du nicht mit solchem Humpelwerk nitd Puppensünden umgehen und aus jedem Gedanken gleich eine Sünde machen." Dergleichen Zuspruch half wenigstens auf eine Zeit; dann

2. Geschichte der neueren Zeit - S. 44

1906 - Langensalza : Gressler
44 Tür; Suleimcm, des weiten Rückwegs gedenkend, brach auf und zog nach Ungarn zurück. Tie ungarische Krone gab er dem Za-polya als türkischem Vasallen. Dieser behauptete sich als König bis zu seinem Tode (1540); dann erst ging die Krone an Ferdinand über. Sie ist seitdem beim Hause Österreich gebieben. Während so der Kampf uni die Krone Ungarns im Osten tobte, kämpften die Heere Karls in Italien gegen Franz I. von Frankreich und den Papst Clemens, der den französischen König sofort nach seiner Freilassung von seinem Eide losgesprochen hatte. Karl, der ein treuer Sohn der Kirche war. kämpfte nur höchst ungern gegen das Oberhaupt derselben. Aber was hals es? Während er in Deutschland gar zu geiit die Reformation unterdrückt hätte, mußte er es zulasseu daß seine Truppen, denen er gewöhnlich keinen Sold bezahlen konnte, gegen Rom marschierten, die Stadt einnahmen und plünderten und den Papst gefangen nahmen. Er wurde erst wieder freigelassen, als er ein hohes Lösegeld bezahlt hatte. $)ät wechselndem Glücke kämpften dann in Norditalien die deutschen Landsknechte gegen die französischen, bis die Kräfte beider Gegner erschöpft waren. Im Jahre 1529 schlossen sie zum zweitenmal Frieden. Franz gab seine Ansprüche auf Italien auf, behielt aber Burgund, für das er au Karl zwei Millionen Kronen zu zahlen versprach. In demselben Jahre fand in Speier ein für die Reformation sehr wichtiger Reichstag statt. Ter Kaiser, der jetzt dem Papste gern gefällig sein wollte, forderte durch seine Beauftragte, daß die Be-schlüffe des erste» Reichtages zu Speier, die den Fürsten und Reichs-ständen in Sachen der Religion vollefreiheit ließen, aufgehoben würden, und die katholische Reichstagsmehrheit setzte einen Beschluß durch, daß die, welche beim Wormser Edikt bisher geblieben, auch fernerhin mit ihren Untertanen dabei beharren sollten, daß die anderen Stände wenigstens jeder weiteren Neuerung sich enthalten, die M e £ g o 11 e s t> i e n st e nicht mehr abgetan, noch jemand irgendwo n in Hören der M esse verhindert, auch Untertanen eines Standes nirgends von einem anderen Stand gegen jenen in Schutz genommen

3. Geschichte der neueren Zeit - S. 158

1906 - Langensalza : Gressler
158 Gustav einen treulosen, undankbaren Menschen; dieser entschuldigte sich, er habe fliehen müssen und würde ihm die verbürgte Summe wiedererstatten. Die Ratsherren entschieden endlich für Bauer, und dieser wollte schon mit Erichsou abziehen, als der Bürgermeister Broms vortrat und vorstellte, die Klugheit und Rechtlichkeit zugleich erforderten, daß sie sich Erichsons annähmen. Seine Stimme drang durch, und nach sieben langen Monaten erhielt Erichson endlich heimlich ein Schiff, welches ihn nach Schweden übersetzte. Wie sroh war er nun, als er den vaterländischen Boden wieder unter den Füßen hatte! Aber sein erstes Auftreten versprach [wenig Erfolg. In der Stadt Calmar fand er eine schlechte Aufnahme, und der schwedische Kommandant drohte ihm, er würde ihn an Christian ausliefern, wenn er nicht gleich wegginge. Geschwind zog Erichson seine Bauernkleider wieder an und wanderte weiter, immer von lauernden Feinden verfolgt. Sein Nachtlager mußte er bald im Walde, bald im Korne nehmen, und mehr als einmal war er in Gefahr, erkannt zu werden. Sonntags, wenn die Bauern müßig dastanden, gesellte er sich zu ihnen und ermunterte sie, doch die Waffen gegen die Danen zu ergreifen; aber keiner wollte ihn anhören. So kam er endlich zu seinem Schwager, dem Reichsrate B r a h e. Aber auch hier predigte er tauben Ohren. Brahe wollte eben nach Stockholm reisen, dem Könige zu huldigen, und er sowohl als seine Frau baten Erichson flehentlich, doch nicht sie und sich ins Unglück zu stürzen. Wie seufzte er über die feigen Seelen! Er reiste wieder ab und ging auf das Gut R ä f n ä s , das seinem Vater gehörte. Hier lebte er eine Zeitlang einsam und in tiefer Verborgenheit, Indessen bereitete Christian dem hohen schwedischen Adel ein schreckliches Schicksal. Er glaubte, daß er, so lange die schwedischen Edelleute lebten, nicht ruhig regieren könnte, und entschloß sich, sie umbringen zu lassen. Nur eins beunruhigte ihn dabei; er hatte ihnen versprochen, sich nicht wegen ihrer frühern Widersetzung an ihnen zu rächen. Da schlug sein Beichtvater S l a g h ö ck , der es von einem Barbiergesellen bis zum Erzbischof gebracht hatte, vor, er könne ihnen ja als König sein Wort halten, aber als Vollzieher des päpstlichen Bannes —• denn der Papst hatte die Schweden in

4. Geschichte der neueren Zeit - S. 160

1906 - Langensalza : Gressler
160 sie, um sie recht zu martern, an den Haaren in die Höhe ziehen und so ihnen die Köpfe abschlagen Selbst der Scharfrichter wurde durch das Benehmen der Kinder so gerührt, daß er das Blntschwert wegwarf. Aber gleich fand sich ein anderer, der den Mord verrichtete und auch dem mitleidigen Scharfrichter den Kopf abhieb. Erichfon erhielt in Räfnäs die Nachricht von dem Blutbade. Er schauderte; aber er hatte keine Zeit, seiner Betrübnis nachzuhängen ; denn Christians Soldaten suchten ihn überall. Es war war sogar ein hoher Preis auf seinen Kopf gesetzt und dem der Tod gedroht, der ihn aufnehmen würde. Daher fand er überall die Türen verschlossen, und selbst ein Karthäuserkloster, welches seine Borfahren gestiftet hatten, weigerte sich, ihn aufzunehmen. Wohin sollte er nun? Da wandte er sich in das Gebirge von Dalekarlien, das von einem rauhen, aber tapferen, ehrlichen und aufrichtigen Menschenstamme bewohnt wurde. Dort konnte er sich am besten verbergen; auch hoffte er bei den ehrlichen Dalekarliern am ersten Hilfe zu erhalten. Aber ehe er noch das Gebirge erreichte, traf ihn ein neuer Unfall. Der einzige Bediente, den er mitgenommen hatte, ging ihm mit allen seinen Sachen durch, und nachdem ihm Erichson vergebens lange nachgesetzt war, mußte er zuletzt sein eigenes Pserd, weil es zu ermüdet war, mit dem letzten Gepäcke zurücklassen. Er hüllte sich in einen groben Bauernkittel, schnitt sich die Haare kurz ab, setzte sich einen runden Hut auf und wanderte weiter, die Axt auf der Schulter tragend. Eine Zeitlang arbeitete er in Falun in den Kupferbergwerken als Handlanger bei schmaler Kost; aber ungewohnt der schweren Arbeit in den feuchten Gruben, lief er Gefahr, feine Gesundheit zu verlieren, und suchte andere Dienste über der Erde. Er fand sie bei einem reichen Manne, namens Pehrson, der ihn als Drescher annahm. Die Mitknechte merkten aber bald an seinen Sitten, daß er noch nicht lange diese Arbeit verrichtete; auch entdeckte man, daß er ein feines Hemd trug. Pehrfon faßte ihn nun scharf ins Auge und erkannte endlich in ihm seinen ehemaligen Universitätsfreund. Erichson erzählte ihm von dem Stockholmer Blutbade und bat ihn mit Tränen, doch mit seinen Knechten die Waffen zu ergreifen. Aber Pehrfon

5. Geschichte der neueren Zeit - S. 181

1906 - Langensalza : Gressler
181 Zuerst ging Wollenstem (1626) gegen den Grasen Mansfeld, der bei Dessau über die Elbbrücke gehen wollte. Hier erwartete er den Grafen hinter schnell ausgeworfenen Schanzen und schlug ihn. da er stürmte, mit großem Verluste zurück. Er verfolgte ihn dann durch Schlesien bis nach Ungarn, wohin Mansfeld flüchtete, um sich mit Bethlen Gabor, dem Großfürsten von Siebenbürgen, zu vereinigen. Wirklich gelang es ihm auch zu entkommen; aber vergebens suchte er Bethlen Gabor zu einem neuen Feldzuge zu überreden. Er verlangte vor allen Dingen Geld; Mansfeld hatte aber nichts zu bieten als hungrige Soldaten. So wurde der kühne Plan Mansfelds nicht ausgeführt, er mußte sein Heergerät verkaufen und seine alten Kriegskameraden entlassen. Noch war seine .Kraft ungebrochen; er wollte nach Venedig und von da nach Holland reisen. Aber ehe er noch Venedig erreichte, wnrde er durch den Tod aus seinen Entwürfen herausgerissen. Als ihm der Arzt sagte, daß er nur noch wenige Stunden zu leben habe, ließ er sich seinen Waffenrock anlegen und den Degen umgürten; dann erwartete er, gestützt auf die Schultern zweier Offiziere, den Tod. So starb der eiserne Mann im 46. Jahre seines Lebens (1626). Wenige Monate vorher war auch sein kühner Waffengefährte Christian von Braunfchweig in noch jugendlichem Alter verschieden. Während Wallenstein den Grasen Mansfeld verfolgte, war auch der General Stillt) nicht müßig. Er traf das Heer Christians Iv. bei Lutter am Barenberge und zwang ihn zur Schlacht. König Christian wurde vollständig geschlagen und mußte sich nach Schleswig zurückziehen. Als jetzt Wallenstein zurückkehrte, verfolgte er ihn auch dorthin. In kurzer Zeit hatte er Schleswig und Jütland mit feinen Soldaten überschwemmt, und Christian mußte stob fein, daß er ihm nicht nach seinen Inseln folgen konnte. Hätt6 Wallenstein nur Schiffe gehabt! So blickte er ihm nur wütend nach und soll vor Zorn gar glühende Kugeln ins Meer haben feuern lassen. Daß alles geschah durch ihn allein, während der alte Tilly in einem Winkel von Deutschland ihm zusehen mußte. Und wie fürchterlich hausten die Wallensteiner! Wohin sie kamen, gingen Städte und Dörfer in Rauch auf, nachdem sie ausgeplündert

6. Geschichte der neueren Zeit - S. 196

1906 - Langensalza : Gressler
196 die sich dorthin gerettet und seit drei Tagen nichts gegessen hätten. Er schenkte ihnen das Leben und befahl, daß man Brot unter sie austeile. Dann begab er sich selbst in diese Kirche und ließ das Tedeum singen. An den Kaiser schrieb er: „Seit dem Untergange von Troja und von Jerusalem ist kein ähnlicher Sieg erfochten worden.*) *) Wir hoben noch einige Erzählungen von solchen Einwohnern übrig, die sich gerettet hoben. Die kürzeste davon mög hier stehen: „Als unser Schullehrer am 20. Moi morgens seinen Unterricht geendigt hatte und mit seinen Schülern, zu denen ich gehörte, betete, entstand ein Geschrei in der Straße. die Statu sei erobert. Flintenschüsse bestätigten die Wahrheit dieser Aussage, noch mehr das Sturmgeläute. Sogleich ließ uns der Lehrer ous-einondergehen. Er empfahl uns dem Schutze Gottes und sagte, daß wir unwahrscheinlich erst im Himmel wiedersehen würden. In einem Augenblicke mochten wir uns alle davon, der eine hierhin, der andere dorthin. Ich erreichte den breiten Weg (die Hauptstraße, die durch die ganze Stadt führt! und sah der Stadtwage gegenüber, neben der Hauptwoche, einen Haufen Soldaten, den Säbel in der Hand. 4,'eben ihnen lagen viele andere Soldaten auf der Erde tot ausgestreckt. Dieser Anblick mochte mich schaudern. Ich lief aus ollen Kräften und schlug die Pelikanstraße ein, in der Hoffnung, dos Haus meines Vaters erreichen zu können. Aber kaum batte ich in dieser Absicht einige Schritte getan, als ich micb mitten unter einem andern Haufen Soldaten befand, die eben einen Menschen niederstießen, den ich sich in feinem Blute wälzen sah. Dieser Anblick erschütterte mich mit solcher Gewalt, daß ich nicht weiter laufen konnte. Ich flüchtete mich indessen in ein Haus, dem Wirtshouse zum Pelikan gegenüber. Hier stieß ich auf einen alten Mann, der mtr sagte: „Liebes Kind, was suchst du hier? Rette dich lieber, ehe du den Soldaten in die Hände fällst." Ich wollte eben seinem Rote folgert, aber dazu hatte ich feine Zeit mehr; denn ein Häufe Kroaten drang in dos Haus ein, als ich es eben verlassen wollte. Sie schwangen den Säbel über dem alten Monn und forderten olles, was er habe. Ungesäumt öffnete ihnen dieser einen Kosten voll Gold, Silber und Kleinodien. Sie fielen darüber her, steckten ein, so viel in ihre Toschen ging, dos übrige taten sie in einen Korb. Dann schossen sie den alten Mann nieder. Ich schlich mich geschwind fort und suchte mich hinter einige alte Kisten zu verstecken. Indem ich so überall herumkroch, erblickte ich eine sehr schöne junge Dame, die mich dringend bat fortzugehen, um sie nicht zu verraten. Ich gehorchte ihr; ehe ich aber noch wußte, wohin ich mich wenden sollte, hielten mich die Kroaten fest und einer von ihnen schrie: „Halt, du Hundejunge! da

7. Geschichte der neueren Zeit - S. 299

1906 - Langensalza : Gressler
299 verbrannten und das ganze Land vollends zur Wüste machten. Dennoch ging Karl immer vorwärts, und jedermann glaubte, er wollte nach Moskau vordringen. Plötzlich aber wandte er sich südlich in die weiten Steppen der Ukraine. Hiermit ging Karls Un-glücksstern auf. Die Ursache dieses Entschlusses war, daß der alte 70 jährige Kosakeuhetmann Mazeppa ihm vorspiegelte, in der Ukraine, wo damals die Kosaken wohnten, wären Lebensrnittel, an denen es jetzt den Schweden so sehr fehlte, in Überfluß und seine Kosaken seien bereit, mit den Schweden gemeinschaftliche Sache zu machen. Das war aber nicht wahr. Mazeppa war ein ehrgeiziger Mann und hoffte sich durch Hilfe der Schweden zum unabhängigen Herrn zu machen. Karl, den alles Ungewöhnliche schnell einnahm, folgte seinem Rate und führte dadurch namenloses Elend für sich und sein Heer herbei. An der Ukraine fand Karl alles anders, als er es sich gcbadit hatte. Überall war drückender Mangel an Lebensmitteln. Die Kosaken weigerten steh, zu den Schweden überzugehen, und blieben den Russen treu; nur wenige folgten Mazeppa. Kart hatte dem General Löwe nh a np t befohlen, ihm einen großen Vorrat von Lebensrnitteln und Pulver aus Kurland zuzuführen; endlich kam er auch bei ihm an; aber die Vorräte hatten ihm der Zar und Menschikow unterwegs am Dniepr abgenommen und ihm in einer Mutigen Schlacht Tausende von Soldaten verwundet und getötet, und die paar Tausend, die er mitbrachte, vermehrten nur die Zahl der Hungernden. Nun kam noch gar der Winter, und zwar mit solcher Strenge, wie man einen erlebt zu haben std) nicht erinnerte. Tausende erkrankten und starben. Was sollten die armen Schweden, entblößt von aller Bequemlichkeit, nun anfangen? Die Generale rieten, schnell umzukehren und sich durchzuschlagen. Aber dazu war der eigensinnige Karl nicht zu bewegen; das sähe ja einer Flucht ähnlich, meinte er, er könne nur vorwärts gehen. So kam man jur Stadt Pultatva und belagerte sie. Schon war die russische Besatzung bis aufs äußerste gebracht, ba rückte Peter schnell heran, um durch eine Schlacht die Entscheibung herbeizuführen. Alles deutete barauf hin, daß die Schweden verlieren würden. Die

8. Geschichte der neueren Zeit - S. 312

1906 - Langensalza : Gressler
312 Mit tränenden Augen und gefallenen Händen bekannte Alexei wiederholt: ,,Jch habe mich schwer an Gatt und meinem Vater versündigt. Ich bin des Lebens unwert und hoffe nicht, von der Krankheit zu genesen. Nur flehe ich Euch an, vor meinem Ende den Fluch, deu Ihr aus mich gelegt, von mir zu nehmen ititd mein Verbrechen zu verzeihen, mir den Vaterfegen zu erteilen und für meine Leele beten zu lassen." Alle Anwesenden waren tief gerührt, der Zar aber mächtig erschüttert. Als er sich etwas gefaßt hatte, gab er ihm seinen Segen, verzieh alles Vergangene und schied von ihm in tiefer Bewegung. Gegen Abend nahmen die Beängstigungen des Kranken zu: er begehrte dringend, noch einmal den Vater zu sprechen. Schwer entschloß sich Peter dazu; aber schon auf dein Wege erhielt er die Nachricht, daß Alexei gestorben sei. Dieser plötzliche Todessall regte, wie gewöhnlich, den Argwohn der Leute auf, und nun hieß es, Peter habe ihn heimlich töten lassen- Auf dieses traurige Ereignis folgt ein fröhlicheres, der Friede mit Schweden in Nystadt in Finnland (1721), nachdem Karl Xii. vor Friedrichshall erschossen war. Die ersten russischen Staatsbe- hörden beschlossen bei dieser Gelegenheit, die großen Verdienste ihres Zaren dadurch anzuerkennen, daß sie ihn baten, den Titel eines Vaters des Vaterlandes, eines Kaisers aller Reußen und des Großen anzunehmen. Nach einigem Sträuben willigte er ein. — Beit der Zeit nahmen jedoch seine Kräfte sichtlich ab. Seine ungeheure Tätigkeit, die vielen drückenden Sorgen und Kümmernisse und zum Teil auch seine heftigen Leidenschaften untergruben vor der Zeit seine Lebenskräfte. Er ging in den letzten Jahren wenig mehr aus, las viel, und nur die Drechselbank verschaffte ihm dann und wann Erholung. Zu dieser Kränklichkeit kam noch eine heftige Erkältung. Er sah eines Abends ein Boot in Gefahr unterzugehen. Ohne an sich zu denken, steuerte er schnell an den gefährlichen Ort, sprang selbst bis an die Brust ins Wasser und hals das Boot wieder flott machen. Bald darauf fiel er in feine letzte Krankheit, wobei er große Schmerzen litt. Als ihn die Geistlichen dabei ans Jesus, als das große Trostmittel aller Leidenden, hinwiesen, sprach er mit erheitertem Gesicht: „Ja, dies ist das einzige, was meinen

9. Geschichte der neueren Zeit - S. 329

1906 - Langensalza : Gressler
wollte er sich aus dem Fenster stürzen, und als man dieses verhinderte, bar er flehentlich, die Hinrichtung aufzuschieben, er wolle an den König schreiben und für den Preis der Begnadigung seines Freundes seinem Rechte auf die Thronfolge entsagen. Das dürfe man nicht, antwortete man ihm, der König sei unerbittlich. „O mein liebster Kutte,“ rief er nun, „wie unglücklich bin ich! Ich bin schuld an Ihrem Tode! Wollte Gott, ich stände an Ihrem Platze!" — „Ach, gnädiger Herr," antwortete Katte, „wenn ich tausend Leben hatte, so würde ich sie alle gern für Sie hingeben!" In dem Augenblicke fiel er auf die Knie nieder und rief: „Mein Gott, ich gebe meinen Geist in deine Hände!" und sogleich fiel fein Kopf zu Boden. Er war erst 22 Jahre alt. Ter Kronprinz sah hiervon nichts mehr. Ohnmächtig sank er um und wurde auf sein Bett gelegt. Als er wieder zu sich kam, war er in einer schrecklichen Stimmung. Bald meinte er, bald starrte er in dumpfer Betäubung vor sich hin und wollte durchaus sterben, und nur der Gedanke an feine Mutter und an seine geliebte Schwester konnte ihn bewegen, sirf) etwas zu schonen. Sehr wohltätig für sein verstörtes Gemüt war der Besuch des Feldpredigers Müller, der den unglücklichen Katte zum Tode bereitet hatte und nun kam, um die letzten Grüße desselben dem Prinzen zu überbringen. Katte ließ ihm sagen, er möge sich ja durch die letzten Ereignisse zur Buße führen lassen, feinem Vater sich unterwerfen und nicht denen folgen, die seinen Leidenschaften schmeichelten, sondern die, welche ihm die Wahrheit sagten, für feine besten Freunde halten. Mit dem braven Prediger unterhielt sich der Prinz gern. Er ließ ihn oft zu sich kommen, und es gelang jenem nach und nach, sein Gemüt den Gefühlen der Religion zu offnen und es dadurch zu beruhigen. Auch bewog er ihn, dem Könige einen ehrfurchtsvollen Brief zu schreiben, und obgleich dieser von ihm noch nichts wissen wollte, so entließ er ihn doef) bald aus seinem Gefängnisse, befahl aber, er solle nicht aus der Festung gehen und als unterster Kriegsrat dort arbeiten. Dadurch lernte Friedrich den Gang der Geschäfte kennen, was ihm nachmals als König von großem Nutzen war. In den Nebenstunden studierte er feine Lieblingswissenfchasten, besonders Geschichte,

10. Geschichte der neueren Zeit - S. 33

1906 - Langensalza : Gressler
33 gutdenkende, aber unüberlegte Andreas Bo den st ein, genannt Karl stadt, Professor in Wittenberg. Das erfuhr Luther und wurde entsetzlich böse; denn er fürchtete mit Recht, daß nun alle Welt sagen würde: „Da sieht man, was die neue Lehre anrichtet!" Nun war kein Halten mehr. Ohne erst den Kurfürsten zu fragen, reiste er auf der Stelle nach Wittenberg und predigte acht Tage hintereinander gegen die Unruhen der Bilderstürmer mit solcher Kraft, daß alle zur Ordnung zurückkehrten. Luther blieb nun fortwährend in Wittenberg und wirkte rüstig für die Ausbreitung der Reformation. Wollte er sich von der Arbeit erholen, so drechselte er oder arbeitete in seinem Gärtchen. Im Jahre 1524 legte er das Mönchskleid ab und kleidete sich nun weltlich. Daß er einen schwarzen Anzug wählte und daß Schwarz die Farbe der evangelischen Geistlichkeit geworden ist, hing von einem Zufalle ab. Der Kurfürst nämlich pflegte Luther zu feiner Kleidung dann und wann ein Stück schwarzes Tuch zu schicken, weil dies damals die Hoftracht war, und weil Luther sich so trug, so glaubten auch seine Schüler, sich so tragen zu müssen. — Im Jahre 1525 sagte sich Luther von dem Mönchsstande ganz los und heiratete ein tugendhaftes Fräulein, Katharina von Bora, die früherhin Nonne gewesen war. Er lebte mit ihr überaus glücklich, besonders als er Vater mehrerer Kinder wurde, die er zärtlich liebte, wie einige Briefe an sie beweisen, die wir noch übrig haben*). Späterhin reisten er und Melanchthon in Sachsen umher, um zu untersuchen, *) Katharina war, 24 Jahre alt, 1523 aus Kloster Nimptschen bei Grimma mit acht andern Nonnen entflohen. Luther verschaffte ihnen in Wittenberg Unterkommen in anständigen Häusern. Vergebens warb ein Prediger um ihre Hand, obgleich Luther seine Werbung unterstützte. Glücklicher war Luther selbst. Er wurde mit ihr am 13. Juni 1525 getraut. Sic hatten sechs Kinder, von denen zwei früh starben. Nach Luthers Tode lebte sie noch ein Jahr in Wittenberg. Als die Kaiserlichen (1547) hierher kamen, wanderte sie mit ihren Kindern aus und erfuhr manchen Kummer. Sie kehrte zwar nach Wittenberg zurück, ging aber (1552), durch die Pest vertrieben, nach Torgau. Unterwegs wurden die Pferde scheu: sie sprang aus dem Wagen und beschädigte sich so, daß sie am 20. Dezember 1552 in Torgau starb. Hier liegt sie in der Pfarrkirche begraben. Meisterwerke. Bd. Ix. Nösselt, Weltgeschichte Iii. 3
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