Hilfe und Dokumentation zu WdK-Explorer

Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Lesebuch in Lebensbildern für Schulen - S. 101

1853 - Oppenheim a.Rh. [u.a.] : Kern
101 Unglücklichen in der Nähe gehört, hatte ihre Verzweiflung gesehen, und dadurch war seine Begierde, sie zu retten, noch stärker entzündet. Er begab sich also wieder in das brausende Meer, kam wieder an das Schiff und rief: Wieder zwei! Aber um Gottes Willen nur zwei! Es springen wieder zwei herab und werfen sich an den Schweif des Pferdes, und er rettet auch diese an das Land. Auf dieselbe Weise fährt der edle Woltemade fort. Je öfter er den gefährlichen Ritt macht, je größer die Verwunderung der Zuschauer wird; desto mehr bitten auch seine Freunde, daß er sich schone. Aber Nichts hält ihn ab; auch seine und des Pferdes Müdigkeit achtet er nicht. Soll er das lassen, was kein Anderer statt seiner zuthun wagt? Die Begierde zu helfen, treibt ihn siebenmal in das Wasser, und sie- benmal kommt er auch wieder an das Land zurück. Vierzehn Menschen stehen nun an dem sichern Ufer, die er gerettet hat. Aber noch befinden sich einige ans dem Schiffe, und auch diese wünscht er zu retten. Zum achten Male begibt er sich ins Wasser und kommt glücklich an. Er ruft wie zuvor : Nur. zwei, mehr nicht! Aber er ruft umsonst. Drei Menschen springen zugleich herab. Zwei er- greifen den Schweis des Pferdes und der Dritte den Zaum. Doch ist die Last zu schwer. Vergeblich strengt das Pferd alle Kräfte an; ver- geblich bemüht sich Woltemade, ihm zu helfen. Es kann nicht mehr fort; die Last am Zaum zieht seinen Kops und Hals in's Wasser, es sinkt unter. Die drei Menschen, welche an ihm hangen, kommen um — und auch der alte Woltemade sinkt in die Fluthen, stirbt für seine Brüder, und seine Seele eilt hinüber in das bessere Leben, wo seiner aufopfernden Liebe der Lohn harret. ---- ------------- D. Religiöse Rliturlielrachtungen und Gottes Wal- ten in den Schicksalen der Menschen. 147. Gebet. Ich trete vor dein Angesicht, Du Schöpfer meiner Jugend; Verwirf mein kindlich Flehen nicht Um Weisheit und um Tugend. Mein Leben Hab' ich ja von dir! Drum, Vater, weiche nie von mir, Damit ich deine Wege Unsträflich wandeln möge. Mein Herz, von Lasterdienst noch rein, Ist schwach und unerfahren Und stürzt, geblendet durch den Schein, So leicht sich in Gefahren.

2. Lesebuch in Lebensbildern für Schulen - S. 316

1853 - Oppenheim a.Rh. [u.a.] : Kern
316 konnte. Endlich aber wurde unser Schiff durch die Wellen herumge- dreht, so daß es mit seiner breiten Seite gegen das feindliche p lie- gen kam. Jetzt feuerten wir vier Kanonen auf die Seeräuber ab und richteten, wie es schien, eine große Verwüstung unter ihnen an; denn sie erhoben ein fürchterliches Geschrei und Wehklagen. Dessen unge- achtet ließen sie sich nicht abschrecken, uns näher zu kommen. Sie waren, ehe man die Kanonen zum zwcitenmale laden konnte, an die Seite unsers Schiffes gekommen, wo sie ihr Fahrzeug durch das Ein- schlagen großer Haken an dasselbe befestigten. Das Fahrzeug wimmelte von Menschen, unter welchen große Verwirrung herrschte. 'Sie wurde noch größer, als unsere Leute die Gewehre abfeuerten und dann einen Hagel von Granaten und Pulverflaschen nachfolgen ließen. Die See- räuber waren indeß keine müßigen Zuschauer; sie unterhielten ein leb- haftes Feuer aus unser Verdeck, um uns von der Schiffseite zu verjagen. Endlich hakten sie ihre Enterbeile ein und begannen, mit dem Säbel im Munde, zu entern und an unserm Schiffe herauf zu klettern. Un- sere Leute widersetzten sich diesem Angriffe mit Muth und Besonnenheit. Kaum zeigte sich über dem Schiffsbord einer von den Mauren, so wurde er auch mit Piken wieder hinabgestoßen. Kaum klamnierte sich eine Hand am Bord fest, so war ein Beil oder ein Säbel bereit, sie abzuhauen. Aus diese Weise dauerte das Gefecht fort, ohne daß es einem einzigen Räuber glückte, das Verdeck zu ersteigen. Endlich sahen sich die Feinde genöthigt, vom Entern abzustehen. Sie machten ihr Schiff von dem unserigen los und setzten es ab, während sie einen abermaligen Regen von Kugeln und Granaten auszuhalten hatten. Unterdessen brach die Morgendämmerung an. Man sah nun deutlich, wie sehr der Feind seiner'seits gelitten hatte. Ueberall zeigten sich verbundene Köpfe, Arme und Beine, auch schien sich die Zahl der Waffenfähigen sehr vermindert zu haben, wiewohl sie sich immer noch aus achtzig Mann belaufen mochte. Als die Sonne aufging, erhob sich ein leises Lüftchen von Westen. Man setzte sogleich die Segel bei, und die Galeere war in Kurzem weit hinter unserm Rücken. Ii. Es war Nacht, als wir an St. Helena vorbeisegelten. Ich sah dieß merkwürdige Gefängniß des berühmtesten unter allen Gefangenen nicht und ärgerte mich. ' Als wir am Johannistage auf dem Kap der guten Hoffnung landeten, um Wasser einzunehmen, regnete es die ganze Zeit für uns frisches Wasser aus der ersteu Hand, daß ich nicht einmal den Tafelberg erkennen konnte. So geht es auf Reisen. Nicht einen Hottentotten habe ich mit meinen Augen gesehen. Vom Kap aus ging die ewige Leier der Einförmigkeit wieder an, und die Passagiere fingen an ungeduldig zu werden. Die Kenner des Wolkenhimmels und des Meeres hatten jedoch einen Sturm vorausgesehen; aber zu ihrem Schrecken ließ er lange auf sich warten und nur uns Unerfahrene überraschte er, die wir seine Anzeichen nicht verstanden. Der Himmel war eines Morgens dicht und schwer überzogen; die Wolken schienen sich, in einer ganz geringen Entfernung, wie ein dich-

3. Lesebuch in Lebensbildern für Schulen - S. 318

1853 - Oppenheim a.Rh. [u.a.] : Kern
318 auf uns zu wauderte. Eine neue Leuchtkugel ließ uns zu unserm Todesschrecken den Feind ganz nahe und gerade vor uns entdecken. Aber die Kanonenkugeln fuhren ihm durch den Leib, ohne daß er zuckte. Der Kapitän verordnete in dieser Krisis eine Salve aus allen Kanonen des Schiffes zugleich, um dadurch die Wolken wo möglich zu erschüt- tern, oder das Unthier zu erschrecken, damit es wieder zurück in das Gezelt des Himmels schlupfe. Das Mittel schlug an, denn der feurige Lcuchtthurm, den der Kapitän aus zwei an einander gebundenen Ra- keten auf einige Minuten in die Luft gezaubert, ließ Nichts mehr von dem Ungethüm sehen. Aber der Donner war auch entsetzlich. Bis dahin batte ich bei dem Steuerman ruhig ausgehalten. Dock der nun losfahrende Wirbelwind und der Sturz von Sand, mit untermischten Steinen und sommerlauen Wasserströmen, die er auf das Schiff her- abschleuderte, zwang mich zu welchen und vertrieb in einem Augenblicke Alles vom Verdeck. Selbst der brave Steuermann mußte flüchten, nachdem er schleunig Steuer und Rad festgemacht hatte. Wir flüchte- ten in den Raum und verriegelten die Fallthür und Treppe. Unten schrie'n und jammerten uns die Frauen entgegen, die vor Angst fast von Sinnen waren. Unser Trost, daß die Gefahr nun vorüber sei, wollte erst nicht bei ihnen anschlagen. Indem der Kapitän sie mit sehr derben Worten zur Ruhe verwies, packte ihn selbst ein Todesschreck, da das Schiff einen Stoß erhielt,• von dem Alles krachte und den er wohl sogleich für einen Todesstoß erkannte. Ein tosendes Getümmel schallte aus dem unteren Schiffsräume zu uns herauf; die ganze Mann- schaft rettete sich vor der zu dem Leck hereindringenden Fluth auf das Verdeck. Wer ein allgemeines Unglück nicht abwehren kann, muß es sich gefallen lassen, daß alle Ordnung und aller Gehorsam aufhört. Man hörte kaum den Kapitän, der mit einer wahren Donnerstimme Unter- suchung und Ausbesserung des Schadens befahl; denn in jedem Augenblick schwoll das Wasser sichtbar von Zoll zu Zoll. Nun erst, als er die Boote auszusetzen befahl, gehorchte man ihm; denn nun hatte er den allgemeinen Wunsch ausgesprochen. Welch, ein Gräuel der Verwüstung auf dem Ver- decke! Die Segel zerrissen und verwickelt, die Mastbäume durch die Ge- walt des Wirbelwindes verdreht, das Verdeck mit Meersand beladen, von Meerspinnen und Ungeziefer alle? Art übersäet, tief aus dem unter- sten Meeresgrunde in die'wolken hinaufgezogen und hcrniedergeschüttet. Mit der größten Anstrengung machten die Matrosen den letzten Versuch, das Schiff zu retten; Kanonen, Anker und was sie nur erreichen konn- ten, ward über Bord geworfen, damit das Schiff erleichtert würde. Aber nach einer Stunde hatte das eingedrungeue Wasser schon wieder denselben Stand, wenn gleich die Pumpen keinen Augenblick stillstanden. Die stockflusterc Nacht, die Nähe des Ufers vielleicht irgend einer Insel, der Zustand des Schiffes und das Jammergeschrei der Weiber bewogen endlich den Kapitän, das sinkende Schiff zu verlassen und das große Boot zu besteigen. Wir ruderten davon, indem wir von Zeit zu Zeit Leuchtkugeln steigen ließen, um uns der Finsterniß zu erwehren. End- lich erblickten wir mit lautem Jubel die östliche Küste Neuhollands. Ich erstaunte, als wir in den Hafen Port Jackson einliefen.

4. Lesebuch in Lebensbildern für Schulen - S. 4

1853 - Oppenheim a.Rh. [u.a.] : Kern
12. Bequeme Schifffahrt. Ein Schiff wurde von Mannheim den Neckar hinauf nach Hei- delberg gezogen. Kommt hinterdrein, mit vollem Felleisen und ein Paar heraushängender Stiefelschuhe, ein Handwerksbursche. „Darf ich auch mit für Geld und gute Worte? Was muß ich geben?" Der Schiffmeister, der ein gar luftiger Kumpan war, sagte: „Fünfzehn Kreuzer, wenn ihr ins Schiff wollt sitzen. Wollt ihr aber helfen ziehen, nur sechs.^ Das Felleisen könnt ihr mir in das Schiff werfen, es hindert euch sonst nur." Der Handwerksbursche fing an zu rech- nen: „Fünfzehn Kreuzer, — Sechs Kreuzer — Sechs von Fünfzehn bleiben Neun." Dce neun Kreuzer, dachte er, kann ich verdienen. „Wenn's denn erlaubt ist," sagte er, und warf das Felleisen in das Schiff. Hernach schlang er eins von den Seilen über die Achsel und half ziehen, was er nach Leibeskräften vermochte. „Wir kommen eher an Ort und Stelle," dachte er, „wenn ich nicht laß bin." In Heidelberg aber entrichtete er sechs Kreuzer Fahrgeld für die Er- laubniß, mit zu ziehen und nährn das Felleisen wieder in Empfarrg. Derselbe. 13. Der Sternseher. In einem der letzten Feldzüge stand einmal ein Soldat während einer hellen Sommernacht Schildwache. Zum Zeitvertreib betrachtete er die benachbarten Häuser und Gebäude, und unter andern auch einen runden Thnrnr, auf welchen! mehrere Personen herum standen, die an den Himmel hinaus schauten. Auf einmal streckt einer von den Sternsehern ein langes Fernrohr heraus und richtete dasselbe nach einem Sternchen in die Höhe. Der Soldat dachte: Was will denn der da oben mit seinem Blasrohr? Nachdem er ihm eine Zeit lang unbeweglich zugeschaut hatte, sagte er bei sich selbst: Der zielt aber lange. Endlich schoß ein Stern, wie man zu sagen pflegt, und der Soldat gerietst in Erstaunen und Bewunderung: Alle Welt! — sagte er überlaut — der kann's! Er meinte nämlich, der Astronom habe den Stern vom Himmel heruntergeschossen, wie man einen Vogel vom Zweige herabschießt. Es gibt also nicht nur Leute, die da meinen, die Sterne schießen, sondern auch, daß sie können geschossen werden. Derselbe. 14. Liebe eines Storches zu seinen Jungen. Einst wüthete ein fürchterlicher Brand zu Delft in Holland. Die Flamme ergriff auch einen Thurm, ans dessen Dach sich eine Storchsamilie angesiedelt hatte. Umsonst versuchte der Alte seine Jungen wegzutragen. Sie waren zu schwer für seinen Schnabel. Immer höher wirbelte die Flamme und zündete jetzt schon das Nest an. Der Storch sank auf seine Kinder, bedeckte sie mit seinen Flügeln und verbrannte mit ihnen zu Asche.

5. Lesebuch in Lebensbildern für Schulen - S. 108

1853 - Oppenheim a.Rh. [u.a.] : Kern
108 lag, des Krieges wegen nicht auszulaufen, und die gangbarsten Waaren mußten von den Holländern zu außerordentlich hohen Preisen aus der zweiten Hand erkauft werden. Hermann Gruit, der Besitzer der Handlung, saß mit dem alten Jansen, einem erfahrnen Diener des Hauses, ums Jahr 1638 iu der Schreibstube und verglich mit ihm die großen Bücher. „So thut es nicht länger gut!" sagte dieser endlich, „wir müssen es anders an- fangen. Ueberlaßt mir auf ein Jahr das Schiff und so viel Geld und Nürnberger Waaren, als möglich, und laßt mich damit selbst in die neue Welt Amerika segeln. Ihr wißt, ich bin in süngern Jahren schon zweimal dort gewesen und verstehe das Geschäft; mit Gott wird es mir gelingen. Die beiden Männer berathschlagten mit einander über diesen Ein- fall, und nachdem sie die mögliche (Gefahr und den möglichen Vortheil auf das Beßte erwogen hatten, kamen sie dahin überein, daß Jansen reisen solle. Vier Wochen später schritt Herr von Steen in seinem Rathsherrngewande, den alten Buchhalter neben sich, dem Hafen zu, wo eine große Menschenmenge der Abfahrt des stattlichen 'Schiffes harrte. Einige Handelsfreunde traten grüßend auf sie zu und äußer- ten bedenklich, sie wünschten, Herr Hermann möge bei dieser Aus- rüstung nid)t zu viel gewagt haben. Aber Jansen antwortete: „Laßt es euch nicht anfechten, ihr Herrn, ich hoffe fest, wir sehen uns ge- sund und freudig wieder; denn ich traue auf das gute Sprüchwort: „Gott verläßt keinen Deutschen." Da donnerte der erste Signalschuß zur Abfahrt, und das Boot, welches den alten Jansen zum Schiffe führen sollte, hatte eben ge- landet. Noch einmal drückte er seinem Herrn die Hände, dann stwg er schnell ein und schiffte hinüber. Jetzt wurde der große Anker aus- gewunden, der letzte Kanonenschuß ward gelöset, alle Wimpel flaggten, und mit vollen Segeln flog das Schiff dahin dem Meere entgegen. Drei Viertel Jahre gingen vorüber, und kein Jansen kehrte zu- rück, oder ließ auch nur Etwas von sich hören; wohl aber verbrei- teten sich dunkle Gerüchte von deutschen Handelsschiffen, die in der Gegend von Neu-Amsterdam gescheitert seien. Die Miene des Herrn Hermann Gnüt ward immer bedenklicher. Einen großen Verlust nach dem andern erlitt er durch den Fall mehrerer Handlungshäuser zu Braunschweig, Nürnberg, Augsburg und Ulm, und täglich noch trafen neue'unglücksbriefe ein. Am Jahresschlüsse verglich er seine Bücher — und siehe da, was er gefürchtet hatte, erwies sich als Wahrheit: die Schulden überstiegen sein Vermögen. Da legte er langsam die Feder weg, klappte leise das Buch zu und ging, schwer seufzend, aus der Schreibstube hinauf in das Familienzimmer. Dort kleidete er sich in seine volle Amtstracht als Rathsherr, küßte seine Frau und seine drei Knaben und ging mit der Aeußerung, daß heute Sitzung sei, hinunter. Die grüne Gasse entlang schritt er dem Rath- hause zu; ein Diener trug ihm das schwere Hauptbuch nach. Im Rathhause legte er vor den erstaunten Amtsgefährten die Ehrenzeichen seiner Würde ab und erklärte seine Zahlungsunfähigkeit.

6. Lesebuch in Lebensbildern für Schulen - S. 100

1853 - Oppenheim a.Rh. [u.a.] : Kern
100 146 Wollernade. Ein holländisches Schiff, das nach Ostindien ging, lag am Vor- gebirge der guten Hoffnung in Afrika vor Anker und wartete auf günstigen Wind zur Abreise. Plötzlich aber entstand ein heftiger Sturm der zwei Tage und zwei Nächte in einem fort tobte. Das Schiff wurde bald mit Wellen bedeckt und hin und her geschlendert. Endlich am dritten Tage — es war den 1. Juni 1773 — ward der Sturm so heftig, daß alle Ankerseile zerrissen und das Schiff von den Fluchen fortgetrieben wurde Auf einmal warf es der Wind mit solcher Ge- walt auf eine Sandbank, daß dw Fugen auseinander wichen. Nun stand es fest; aber ein Stück nach dem andern riß sich davon los, und man sah vor Augen, daß es bald ganz in Trümmer gehen müsse. Wie dem Schiffsvolk dabei zu Muthe war, läßt sich nicht be- schreiben. Das Wrack war nur dreihundert Schritt vom Lande; eine Menge Menschen stand hier und sah der Gefahr, in welcher die Mannschaft schwebte. Die Unglücklichen schrieen um Beistand; aber Niemand hatte den Muth, ihn zu wagen. Nur ein alter Bauer, ein Greis von siebenzig Jahren, Namens Woltemade, fühlte sich beherzter. „Sind wir Menschen," ries er, „und sollen müßig zusehen, daß Menschen vor unsern Augen zu Grunde gehen? Herzu aills Werk! Helft den Menschen, oder ihr seid keine Menschen mehr!" — Die andern ant- worteten , sie wollten gerne helfen, wenn sie nur könnten; aber es sei ja rein unmöglich. — „Wer will, der kann!" versetzte Woltemade, und sofort lief er nach Hause, holte sein Pferd, gab ihm etwas Brannt- wein >ur Stärknng, setzte sich darauf, und machte seine Füße an die Steigbügel fest und so begab er sich in Gottes Namen in das Wasser. Man suchte ihn abzumahnen; aber er kehrte sich nicht daran, sondern arbeitete sich mit seinem Pferde durch Sturm und Wellen hindurch und kam glücklich an das Schiff. Nun rief er den Nothlmdenden zu: „Verzaget nicht, es ist noch Rettung! Ich will thun, was ich kann, euch nach einander herüber zu holen. Zwei von euch springen herab und halten sich an dem Schwanz meines Pferdes. Gott wird uns hinüber helfen; dann komm ich wieder und hole noch mehrere. Aber nur zwei auf ein Mal! Nur mehr nicht! Um Gottes Willen mehr nicht!" So rief Woltemade. Alsobald kamen zwei Menschen vom Schiffe herunter gesprungen und hielten sich fest an dem^Schweife des Pferdes. Nun arbeitete sich Woltemade mit ihnen durch Sturm und Wellen zu- rück und bringt sie wohlbehalten an's Land. Die Zuschauer staunen über den Muth und den edlen Eifer des Greises. ^Die Geretteten wissen ihrer Dankbarkeit und Freude kein Maß; er aber sieht nicht auf das, was gerettet ist, sondern nur auf die, welche noch zu retten sind. Seine Freunde stellten ihm zwar vor, er und sein Pferd seien durch den ersten Ritt schon so abgemattet, daß sie ihn nicht wiederholen könnten. Aber er läßt sich jetzt noch weniger zurückhalten, als das erste mal. Denn er hatte das Angstgeschrei der

7. Lesebuch in Lebensbildern für Schulen - S. 315

1853 - Oppenheim a.Rh. [u.a.] : Kern
315 menschenleere Wüste, in welcher es keine Bahn und kein Ziel, keine Spur von Menschen und keinen Wechsel der Dinge, nur Morgen und Mittag, Abend und Nacht gibt, wenn nicht ein Sturm auf einmal den Schauplatz ändert. Man steht auf, und indem man sich ankleidet und frühstückt, hat man mehrere Meilen zurückgelegt; man ißt ru Mit- tag, zu Abend, man geht zu Bette und schläft und reiset und reifet und wird's nicht gewahr. Der Weg ist nicht Eisenbahn, nicht Fels, noch Eis, sondern Wasser, ein trüglicbes Element. Wegweiser leuch- ten am Himmel, die Rosse sind unsichtbar, und doch geht es sausend, wie ein Sturm fort. Mau hat einige hundert Reisegefährten, darun- ter auch vierfüßige, und Alle sind Hausgenossen und Keiner kann das Haus verlassen, Keiner sich trennen, Keiner dem Andern aus dem Wege gehen. Die Morgen und Abende, ja die Tage, bis in die Gegend von Trafalgar, wo wir des großen Helden Nelson gedachten, der hier mit 15,000 Todten umgeben fiel, waren ziemlich kalt. Bald darauf überfiel uns eine Windstille, welche mehrere Tage anhielt und unsere Geduld auf eine schwere Probe setzte. Unbeschreiblich groß war die Zahl und Mannigfaltigkeit von Fischen, die sich aus der Oberfläche versammelten. Ihr Spiel und ihre gegenseitige Verfolgung gewährten eine angenehme Unterhaltung. Ich sah, um nur Eins anzuführen, wie ein Delphin einen fliegenden Fisch verfolgte, wie dieser,' um sich zu retten, aufflog, und jener ihm, während seines Aufflugs, auf hun- dert Schritte nachschwamm, ihn beim Herabfallen mit hoch aus dem Wasser gehobenen Rachen auffing, und wie endlich in diesem Augen- blick ein dritter Fisch den Delphin überraschte und sammt seiner Beute verschlang. Ich legte mich Abends in meine Hängematte. Da ich aber nicht einschlafen konnte, so bestieg ich wieder das Verdeck, spazierte hier nach Seemanns-Gebrauch auf und ab und schwatzte mit den Leuten auf der Wache. So kam die Mitternacht heran. Die Wache wurde abgelöset. Als die neue Mannschaft sah, daß sich kein Wind regte, setzte sich Einer nach dem Andern hin, um den unterbrochenen Schlaf auf dem Verdecke fortzusetzen. Gegen 2 Uhr nach Mitternacht glaubte ich ein Geräusch zu hören, das vom Rudern eines Fahrzeuges herzurühren schien. Ich ergriff den Nachtgucker und erblickte wirklich ein Fahrzeug, welches aus allen Kräften auf uns zu ruderte. Ich winkte nun dem wachehabenden Offizier, und da dieser das Fahrzeug für ein afrikani- sches Raubschiff erkannte, so wurde augenblicklich Lärm gemacht. Auf den Ruf; „Alle Mann hoch!" war sogleich die ganze Mannschaft auf dem Verdecke versammelt. Man suchte alle Flinten, Pistolen, Säbel und Piken hervor; die Kanonen wurden mit Kugeln, mit Glas, Nä- geln und gehacktem Blei geladen. Während der Zeit war das Fahrzeug sehr nahe gekommen. Man nef chm mittels des Sprachrohrs zu, um eine Erklärung über seine Anficht zu erhalten. Es antwortete mit einem Kanonenschuß, der das Schiff jedoch fehlte. Wir konnten ihn nicht gleich erwidern, weil das Fahrzeug von vorn kam, wo man keine Kanonen auf dasselbe richten

8. Lesebuch in Lebensbildern für Schulen - S. 359

1853 - Oppenheim a.Rh. [u.a.] : Kern
359 statt der Hähne lange hintereinandergereihte Hornplatten — Barten genannt. "Die Augen sind etwas größer, als Ochsenaugen. Seine Bordergliedmaßen sind flossenahnlich, die Hintergliedmaßen aber fehlen. Der Leib ist nackt, die Farbe gewöhnlich schwarzgrau. Er be- wohnt das nördliche Eismeer, besonders um Spitzbergen und Grön- land und nährt sich von allerlei kleinen Meerthiereu. Um diese Nah- rung zu erhalten, öffnet er den ungeheuren Mund und füllt ihn mit Wasser, worin Tausende von solchen Thieren sich befinden, schließt ihn dann wieder, stößt das Wasser durch die Spritzlöcher aus und ver- schluckt die hangen gebliebene Beute durch den engen Schlund. An seiner Haut setzen sich allerlei Muscheln fest und vermehren sich daran, wie an Felsen. 2) Der Wallfisch wird vorzüglich seines Fettes oder Thrans wegen gefangen. Zu diesem Fange werden jährlich, besonders von den Eng- ländern und" Holländern, eme große Anzahl Schiffe ausgerüstet. Diese Schiffe laufen gewöhnlich im April aus, um zu Ende Mai ihre Jagd beginnen zu können7 welche bis in die Mitte des August dauert. Je- des Schiff hat 40—50 Mann an Bord und führt mehrere kleine Boote mit sich, die jeden Augenblick flott gemacht werden können. Ist der Wallfisch entdeckt, so sucht man sich ihm zu nähern und wirft mit star- ken, eisernen Wurfspießen, welche mit Widerhaken versehen und an langen Seilen befestigt sind, nach ihm. Getroffen, taucht er plötzlich unter, muß aber bald wieder empor kommen, um Luft zu schöpfen, wobei er immer aufs Neue verwundet wird, bis er endlich unterliegt. Sobald er todt ist, steigt man ihm auf den Rücken und haut den Speck herunter, welcher in einer Dicke von zehn bis zwanzig Zoll un- mittelbar unter der. Haut liegt und das ganze ungeheure Thier gleich- sam einkleidet. Nebst diesem Specke, woraus durch Hitze der Thran, eine ölige Flüssigkeit, deren ein einziger Wallfisch gewöhnlich 20 — 30 Tonnen liefert, ausgeschmolzen wird, nimmt man von dem getödteten Wallfische noch die Barten oder das Fischbein und hin und wieder auch die Kiefernknochen. Die übrigen Theile werden als unbrauchbar zu- rückgelassen. Dieser Fang ist aber mit vielen Gefahren verbunden. 3) Die mütterliche Liebe des Wallfisches, der in andern Rücksich- ten ein stumpfsinniges Thier zu sein scheint, ist auffallend und merkwür- dig. Das Junge, welches die Gefahr nicht kennt, wird leicht harpu- nirt; alsdann zeigt sich die Zärtlichkeit der Mutter in einem so hohen Grade, daß sie dadurch oft m die Gewalt der Wallfischfänger geräth. Wenn daher gleich ein Junges von geringem Werth ist, da es selten mehr, als eine Tonne Oel und oft weniger gibt, so wird doch bis- weilen Jagd darauf gemacht, um die Mutter herbeizulocken. Diese eilt sogleich zu dem verwundeten Jungen, steigt mit ihm an die Ober- fläche, um zu athmen, treibt es an, fortzuschwimmen, sucht ihm bei der Flucht behilflich zu sein, indem sie es unter ihre Flosse nimmt, und verläßt es selten, so lange es noch lebt. Alsdann ist es gefährlich, ihr zu nähern; aber sie gibt dabei oft Gelegenheit, angegriffen zu werden. Aus Angst für die Erhaltung ihres Sprößlings, setzt sie alle Rücksich- ten für ihre Sicherheit bei Seite, fährt mitten durch ihre Feinde hin-

9. Lesebuch in Lebensbildern für Schulen - S. 421

1853 - Oppenheim a.Rh. [u.a.] : Kern
421 Meere eben so gut verdursten, wie in der Wüste. Deßwegen nehmen die Schiffer viele Fässer voll süßes Wasser vom Lande mit. Groß ist der Nutzen des Wasser im großen Haushalt der Natur. Es ist das gesündeste Getränk für Menschen und Vieh. Aus ihm be- reitet man viele andere Getränke. Selbst der Wein verdanket dem Wasser sein Dasein, weil er ohne dasselbe nicht wachsen könnte. Wir bedürfen des Wassers zur Bereitung des Brotes und der meisten an- dern Speisen. Es dient zur Reinigung unsres Körpers und unsrer Wäsche, zum Bauen der Häuser und vielen Handwerkern bei ihren Geschäften. Das Wasser ist das bequemste Löschmitteb, cs treibt Mühlen und andere große Maschinen. Auf dem Wasser wird ein weit größerer Handel um viel geringeres Frachtgeld getrieben, als mittels der Achse. In ihm leben endlich zahllose Arten von Geschöpfen ihr lebenlang, die einen ansehnlichen Beitrag zu unserer Nahrung liefern. — D i e D a m p f m a s ch i n e n. ñ) Schon frühe lernte der Mensch die Elemente Feuer, Waffer und Luft in Dienst nehmen, um sich dadurch die eigene Handarbeit zu erleichtern, oder ganz zu ersparen. Wasser und Luft trieben die Räder seiner Mühle, und das Feuer half ihm das spröde Erz bezwingen. Aber tieferes Nachdenken und Eindringen in das Wirken der Natur führten zu noch wichtigeren Hilfsmitteln.' Mau sah, daß ein Schoppen Wasser in einem verschlossenen Glase durch Feuer zum Verdunsten gebracht, das Gefäß, und war es auch noch so stark, zersprengte. Durch Verdunstung verlangt nämlich das Wasser einen 1700 mal größe- ren Raum, als es in tropfbar flüssigem Zustande einnimmt. Man er- kannte bald, hierdurch sei eine so ungeheure Kraft zu gewinnen, daß die schwersten Lasten durch sie müßten fortbewegt werden können. b) Man brachte Dampfkessel mit besonderer Maschinerie, welche zwei große Räder mit raschen Schwingungen umtrieb, aus die Schiffe, und Ruder und Segel waren überflüssig. Pfeilschnell durchschnitt das majestätische Schiff des Meeres Fluthen. Man brachte auch solche mechanische Vorrichtungen auf Wägen an, und in einer Stunde durchfliegt der schwerbeladene Dampswagen eine Strecke von 8 und mehr Stunden. Es ist gar nichts Seltenes, daß mit einem einzigen Wagenzuge über 1000 Menschen weiter befördert werden. Hierzu sind freilich besondere Eisenbahnen erforderlich, d. h. Wege, aus denen die Wagengleise mit eisernen Schienen belegt sind. Diese sind kostspielig. Deniungeachtet ist auf günstigem Raume der Gewinn von solchen Un- ternehmungen sehr groß. e) In England kam diese Erfindung zuerst auf, und einem Manne Namens James Watt gebührt die Ehre. In Nordamerika wird sie am stärksten benutzt. Eine der längsten Eisenbahnen ist zwischen Brüssel und Antwerpen. In Deutschland wurde die erste zwischen Fürth und Nürnberg 1835 eröffnet. Es unterliegt keinem Zweifel, daß diese die Länder umgürtenden Eisenschienen auch die Herzen der Völker inniger aneiuander ketten und mit dazu beitragen werden, daß die große Auf-
   bis 9 von 9
9 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 9 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer
Auswahl:
Filter:

TM Hauptwörter (50)50

# Name Treffer  
0 0
1 0
2 0
3 0
4 0
5 4
6 0
7 5
8 0
9 0
10 0
11 0
12 0
13 0
14 0
15 0
16 1
17 0
18 0
19 1
20 0
21 0
22 0
23 0
24 6
25 0
26 0
27 0
28 0
29 1
30 1
31 0
32 0
33 0
34 0
35 0
36 0
37 6
38 0
39 0
40 0
41 0
42 0
43 0
44 0
45 0
46 0
47 0
48 0
49 0

TM Hauptwörter (100)100

# Name Treffer  
0 0
1 0
2 0
3 0
4 1
5 0
6 0
7 0
8 0
9 0
10 0
11 0
12 1
13 0
14 0
15 1
16 2
17 4
18 0
19 3
20 0
21 1
22 0
23 0
24 0
25 0
26 0
27 0
28 9
29 0
30 0
31 0
32 0
33 0
34 0
35 0
36 1
37 0
38 0
39 0
40 0
41 0
42 2
43 0
44 0
45 0
46 0
47 0
48 0
49 0
50 0
51 0
52 0
53 0
54 0
55 0
56 0
57 0
58 0
59 0
60 0
61 0
62 0
63 0
64 0
65 0
66 0
67 0
68 0
69 0
70 0
71 0
72 0
73 0
74 0
75 0
76 0
77 3
78 0
79 0
80 0
81 1
82 4
83 0
84 1
85 0
86 0
87 2
88 0
89 0
90 0
91 0
92 2
93 0
94 4
95 0
96 0
97 0
98 0
99 0

TM Hauptwörter (200)200

# Name Treffer  
0 17
1 3
2 23
3 9
4 4
5 3
6 36
7 0
8 2
9 5
10 5
11 3
12 19
13 25
14 5
15 0
16 1
17 1
18 0
19 5
20 1
21 3
22 3
23 1
24 33
25 10
26 3
27 5
28 29
29 6
30 1
31 1
32 10
33 106
34 17
35 0
36 8
37 3
38 3
39 17
40 1
41 2
42 21
43 19
44 1
45 3
46 29
47 3
48 4
49 2
50 40
51 85
52 0
53 3
54 1
55 2
56 3
57 0
58 1
59 97
60 0
61 0
62 3
63 0
64 4
65 25
66 1
67 0
68 1
69 0
70 4
71 1
72 6
73 0
74 3
75 14
76 7
77 0
78 1
79 2
80 4
81 213
82 0
83 15
84 24
85 7
86 4
87 3
88 0
89 18
90 4
91 2
92 0
93 5
94 1
95 7
96 3
97 3
98 0
99 1
100 98
101 3
102 33
103 0
104 6
105 1
106 3
107 14
108 0
109 11
110 19
111 30
112 11
113 6
114 16
115 0
116 43
117 0
118 0
119 5
120 1
121 11
122 2
123 7
124 43
125 22
126 1
127 6
128 1
129 9
130 2
131 61
132 1
133 19
134 4
135 1
136 22
137 15
138 1
139 5
140 2
141 0
142 13
143 32
144 0
145 0
146 3
147 7
148 0
149 1
150 2
151 2
152 61
153 1
154 10
155 5
156 3
157 4
158 0
159 6
160 1
161 1
162 0
163 3
164 19
165 2
166 17
167 6
168 9
169 4
170 0
171 4
172 1
173 19
174 2
175 141
176 2
177 19
178 1
179 17
180 4
181 5
182 3
183 34
184 4
185 6
186 1
187 4
188 3
189 7
190 0
191 1
192 3
193 11
194 1
195 19
196 46
197 1
198 1
199 1