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öffentlicher Erörterung (steigende Wichtigkeit des Zeitungs-
wesens); lebhafte Parteiung überall. Die Freiheitsideen ver-
binden sich überall mit nationalen, für den Augenblick
niedergehalten, nur scheinbar besiegt. Diesen Zeitpunkt
glaubte der Czar Nikolaus I. von Russland, berauscht von
seinen Erfolgen in Ungarn und Deutschland, sich fühlend als
Hort und Haupt der „konservativen Interessen", günstig um in
der Theilung der Türkei ein Seitenstück zur Theilung Polens
zu liefern.
I. Der Krimkrieg 1853—1856.
Der russische Kaiser versucht zuerst Verständigung mit
England; schickt im Verfolg der Verhandlungen über die
Frage der heiligen Stätten (Febr. 1853) den Fürsten Menzikoff
nach Constantinopel und verlangt eine Verbürgung der Privi-
legien des griechisch-russischen Cultus im türkischen Reich
durch förmlichen Vertrag — mit andern Worten ein russisches
Protektorat über die 10 Millionen türkischer Unterthanen grie-
chischen Bekenntnisses. Als die Pforte diese in brüsker Form
gestellten Forderungen ablehnt, lässt er ein Heer von 40,000
Mann in die Donaufürstenthümer einrücken. Vermittlungsver-
suche der zur wiener Konferenz zusammentretenden Mächte
scheitern; die Flotten Englands und Frankreichs erscheinen
im aegeischen Meer, es gelingt dem Czaren nicht, Oesterreich
und Preussen auf seine Seite zu ziehen.
Im Oktober 1853 erklärt die Pforte Krieg. Während an
der Donau russische und türkische Truppen in entscheidungs-
losen Gefechten sich messen, wird 30. November ein türkisches
Geschwader im Hafen von Sinope vernichtet. Erneuerte Vor-
schläge der wiener Konferenz von dem Czaren verworfen4, die
Flotten der beiden „Westmächte" England und Frankreich
laufen im schwarzen Meere ein und ihre Regierungen stellen
Russland eine Frist zur Räumung der Donaufürstenthümer,
während Oesterreich und Preussen dem heraufziehenden euro-
päischen Kriege gegenüber unter einander ein Schutzbündniss
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Extrahierte Ortsnamen: Ungarn Deutschland England Constantinopel Donaufürstenthümer Englands Frankreichs Oesterreich Preussen Donau England Frankreich Russland Donaufürstenthümer Oesterreich
20
die Kriegserklärung 26. April 1828. Das erste Kriegsjahr
1828 führt auf dem asiatischen Kriegsschauplätze zur Einnahme
von Kars durch die Russen (Paskiewitsch); auf dem europäi-
schen endigt es nach Einnahme der Festung Varna und ver-
geblicher Belagerung von Schumla mit dem Rückzug der
Russen über die Donau. Dagegen schlägt im zweiten Jahre
1829 General Diebitsch die Türken bei Kulewtschi, marschirt,
nachdem die Donaufestung Silistria gefallen, über den Balkan,
zieht im August, während auf dem asiatischen Kriegsschau-
platz Erzerum, die Hauptstadt Armeniens, erobert wird, in
Adrianopel ein und rückt bis in die Nähe von Constantinopel
vor. Die entmuthigte türkische Regierung sucht Frieden, den
ihr die in orientalischen Dingen am wenigsten interessirte
preussische Regierung vermittelt', Friede von Adrianopel Sept.
1829, welcher den Türken, ausser einigen Abtretungen in Asien,
Concessionen in Beziehung auf die Donaufürstentliümer und
Kriegskostenentschädigung die verhasste Nothwendigkeit der
Pacißcation Griechenlands auflegt.
5. Königreich Griechenland. Ibrahim Pascha muss Morea
räumen, welches französische Truppen besetzen. Seit Jan.
1828 Johann Kapodistrias -— Günstling Alexanders I. —
Kybernetes von Griechenland. Londoner Schlussprotokoll vom
3. Febr. 1830 von der Pforte im April angenommen: Russ-
land, England, Frankreich erklären Griechenland für einen
tributfreien unabhängigen Staat, schliessen denselben aber in
sehr enge Gränzen ein. Ein König wird gesucht, Leopold von
Coburg lehnt ab, Kapodistrias bleibt Regent. Unzufriedenheit
über den „russischen Präfekten“ und Uneinigkeit; Okt. 1831
Kapodistrias ermordet; nachdem auch dessen Bruder Augustin
Kapodistrias das Land verlassen, neuer Bürgerkrieg und völlige
Auflösung bis Febr. 1833. Der von den Schutzmächten berufene
König Otto /., Sohn des philhellenischen Königs Ludwig I.
von Baiern erscheint; zunächst bairische Regentschaft bei der
Minderjährigkeit des Königs.
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Extrahierte Personennamen: Schumla August Ibrahim_Pascha Morea Johann_Kapodistrias Johann Alexanders_I. Leopold_von
Coburg Leopold Kapodistrias Otto Ludwig_I.
von_Baiern Ludwig_I.
Extrahierte Ortsnamen: Kars Varna Donau Balkan Armeniens Adrianopel Constantinopel Asien Donaufürstentliümer Griechenlands Griechenland Griechenland England Frankreich Griechenland
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die Unterstützung des Aufstands auf Kreta., wo die christ-
liche Bevölkerung Abschüttelung der Türkenherrschaft, An-
schluss an das Königreich Griechenland anstrebt, ein ver-
heerender Kampf, durch griechische Freiwillige und Kriegs-
mittel genährt, seit 1864 sich hinzieht.
Türkei: Die Losreissung von der Türkei, mit welcher in
den zwanziger Jahren Griechenland den Anfang machte, und
die jetzt wieder das Losungswort des candiotischen Aufstandes
bildete, erstrebten auch die übrigen christlichen Vasallenstaaten
Serbien, Montenegro, Bulgarien, Rumänien. In dem letzteren
Lande ward Fürst Cusa nach längerem Streit mit seiner
Kammer im J. 1865 durch eine Verschwörung gestürzt, deren
Häupter für das Land einen fremden Fürsten suchten; sie
fanden den richtigen in dem Prinzen Karl von Hohenzollem-
Sigmaringen, der Mai 1866 auf rumänischem Boden erschien
und sich gegen die anfängliche Einsprache der Pforte, dann
gegen grosse innere Schwierigkeiten in dem erst halbcivili-
sirten Lande behauptet hat.
Russland: Hier wird die Russificirung Polens mit uner-
bittlicher Folgerichtigkeit durchgesetzt. Energische Reform-
thätigkeit des Kaisers; der grossen grundlegenden Massregel
der Bauernemancipation folgt 1864 Einsetzung von Kreis- und
Provinzialvertretungen; eine Adelsversammlung in Moskau pe-
titionirt 1865 bereits um die Einführung einer Repräsentativ-
verfassung für das russische Reich, was vom Kaiser abgel'ehnt
doch als Zeichen der Zeit Erwähnung verdient.
C. Die romanischen Staaten.
1. Spanien und Portugal.
Spanien und Portugal ohne Ereignisse von allgemeiner
geschichtlicher Wichtigkeit; auch die italienischen Ereignisse
bleiben ohne tiefer gehenden Einfluss. Händel Spaniens mit
den südamerikanischen Republiken Chile und Peru.
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Extrahierte Personennamen: Türkei Karl_von Karl
Extrahierte Ortsnamen: Griechenland Griechenland Serbien Montenegro Bulgarien Hohenzollem-
Sigmaringen Russland Polens Moskau Spanien Portugal Spanien Portugal Spaniens Chile Peru
40 Diebitsch. Otto L, König von Griechenland.
in bedingter' Söetfe frei zu lassen. Aber der Sultan verjagte auch jetzt noch feine Einwilligung bis endlich das Schwert der Russen dieselbe erzwang.
In dem Feldzuge von 1829 überstieg der russische Ober-seldherr Gras Diebitsch nach einem Siege bei Schumla das Balkangebirge, welches noch kein Feind überschritten Halle, und besetzte A d r i a n o p e l, die zweite Hauptstadt des türkischen Reiches. Da nun um diese Zeit auch die Nachricht ans Asien einlies, daß Paskewitsch Erze rum, die Hauptstadt des türkischen Armeniens, erobert habe, so sandte der Sultan Friedensboten , und unter Vermittelung der andern Mächte wurde der Friede zu Adrianopel am 14. September 1829 abgeschlossen. Die Türkei mußte den Russen 10 Millionen Dukaten Kriegskosten zahlen, ihnen freie Schiffahrt ans dem Bosporus und die Schutzherrlichkeit über die Moldau und Walachei und den Griechen die Unabhängigkeit zugestehen.
Bald daraus (Februar 1830) ordnete eine Konferenz der drei Mächte zu London die Verhältnisse Griechenlands und setzte fest, daß die Regierung des neuen Staates monarchisch und erblich sein sollte. Ein Sohn Ludwigs I. von Bayern ward als O t t o I. zum König von Griechenland erhoben (1830 — 1862). Im Februar 1833 erschien der junge Fürst aus dem Boden Griechenlands und fand überall eine begeisterte Aufnahme. So fehr er sich aber auch bemühte, dem zerrütteten Laude Ruhe und Ordnung zu verschaffen; es ist ihm nicht gelungen. Im Jahre 1843 wurde er durch eine Militärverschwörung zur Erteilung einer Verfassung, und im Jahre 1862 durch einen allgemeinen Aufstand sogar zur Niederlegung der Krone und zum Verlassen des Landes gezwungen.
8. England. — Emancipation der Katholiken (1829).
_ Großbrittanien hatte im Kampfe gegen die französische Republik und das Kaiserreich eine außerordentliche Ausdauer bewiesen und dabei neben materiellen x) Vorteilen ein großes moralisches Ansehen gewonnen. Dazu galt seine Verfassung mit Druck- und Redefreiheit und genauer Begrenzung der Volksund Königsrechte als ein Musterbild freisinniger Gestaltung und schwebte den übrigen Völkern als ein Ideal vor. Ungeachtet
1) Zu den materiellen Vorteilen sind zu rechnen: die Rückkehr des Königreichs Hannover unter,, die englische Krone, das Schutzrecht über die jonischen Inseln, die Überlassung der Insel Helgoland seitens Dänemarks und anderes.
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Extrahierte Personennamen: Otto Schumla Ludwigs_I._von_Bayern Ludwigs_I.
Extrahierte Ortsnamen: Griechenland Asien Armeniens London Griechenlands Griechenland Griechenlands England Hannover Helgoland
296 Der russisch-türkische Krieg.
glänzendsten Kriegsrhaten erhoben. Dies erkannte auch Kaiser Alexander an, der am folgenden Tage an der Seite seines Bruders in die Stadt einritt, dem verwundeten Feldherrn den Degen zurückgab und ihm Charkow zum Aufenthaltsort anwies. Die Zahl der Gefangenen betrug 36,000 Gemeine, 2000 Offiziere niederer Grade, 128 Stabsoffiziere und 10 Pascha's. Mit der Katastrophe von Plewna war das Schicksal des rufsiscy-tür-kischeu Krieges entschieden, wenn auch die Waffen noch nicht zur Ruhe kamen. In den Weihnachtstagen stiegen die russischen Soldaten Gurko's über den von Eis und Schuee starrenden Etropol-Paß des Balkan in die Ebene von Sofia hinab. Da rief die Türkei in einem Rundschreiben an die Großmächte die Vermittelung Europa's an.
Die Russen zögerten nicht, den Steg von Plewna auszunützen , um durch Erfolge im Feld auf dem Friedenskongreß, woselbst die europäischen Mächte eine neue Ordnung in den orientalischen Zuständen zu begründen gedachten, mit desto größeren Ansprüchen austreten zu können. Trotz der Ungunst der Witterung und der Jahreszeit bewältigten die auf S o f i a losrückenden Garden Skobelews mit leichter Mühe jeden Widerstand, umzingelten daun, mit der Armee des Generals Radetzky vereinigt, die in dem Schipkapaß ausgestellten türkischen Truppen und zwangen sie nach mehrstündigem Kampse zur Ergebung. 30,000 Mann samt dem Kommandanten gerieten dadurch in russische Kriegsgefangenschaft. Wer sollte dem russischen Heere den Marsch nach Konstantinopel verlegen? Vergebens suchten die Engländer zu vermitteln; in Petersburg lehnte man jede Einmischung ab; vergebens sandte der Sultan zwei Bevollmächtigte nach K a s a n l i k, um mit dem Großfürsten Nikolaus über Frie-densbediuguugen zu unterhandeln; die Operationen im Felde wurden darum nicht eingestellt. Die Einnahme von Philippopel und Adrianopel schnitt dem von Gurko verfolgten Suleiman Pascha die Rückzugslinie nach Konstantinopel ab. Diese unerwarteten Erfolge der russischen Waffen belebten die Kriegspolitik des Londoner Kabinets. Es fuhr eiue englische Flotte in die Dardanellen ein, doch kam es zu keiner kriegerischen Handlung, da inzwischen zu Adrianopel ein Waffenstillstand geschlossen wurde (31. Januar 1878). Aus den dort vereinbarten Bedingungen folgte dann am 3. März der Friede von San Stefano. Danach wurden die Fürstentümer Serbien, Montenegro und Rumänien für unabhängig erklärt und erhielten
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Extrahierte Personennamen: Alexander Alexander Plewna Radetzky Nikolaus Philippopel Gurko Suleiman_Pascha
Extrahierte Ortsnamen: Charkow Sofia Konstantinopel Petersburg Nikolaus Konstantinopel Serbien Montenegro
Der Berliner Kongreß.
Juden, in dem neuen, unabhängigen Fürstentum. Auch der Landzuwachs, den sich Rußland in Kleinasien ausbedungen, wurde nicht unerheblich beschnitten. Die größte Umgestaltung erlitt der Vertrag von San Stefano in Betreff Bulgariens.' Nicht bis au das ägäische Meer sollte sich das neue Fürstentum er-ftreckeu, sondern am Balkan seinen Abschluß finden. Der übrige Teil, Südbulgarien oder Dftrumelien sollte der Türkei verbleiben, doch mußte dieselbe einen christlichen Gouverneur für dasselbe ernennen,_ der von den Mächten bestätigt wurde. Über Bosnien und die Herzegowina enthielt der Vertrag von San Stefano keine Bestimmungen. Österreich erhielt die Erlaubnis, dieselben einstweilen zu besetzen. Diesem Beginnen traten jedoch die Einwohner, von den Serben aufgereizt und heimlich unterstützt, mit den Waffen entgegen und erst nach den heftigen Gefechten von Z o p i u , I a i c a und T n s l a konnten die beiden Länder von den Österreichern unter dem General Philippowitsch besetzt werden (September 1878). Die Engländer verlangten und erhielten für ihre Bemühungen die Insel C y p e r n.
Nur zu bald zeigte es sich, daß der Berliner Kongreß wohl die Einstellung des russisch-türkischen Waffenganges zu stände gebracht, aber keinen sicheren Frieden gebracht habe. Die pan-statistische Partei, die den Krieg hauptsächlich betrieben hatte, war mit den Resultaten des Berliner Kongresses keineswegs zufrieden. Für die großen Opfer, die Rußland gebracht, waren i)ie materiellen Vorteile sehr gering; es fehlte daher nicht an Stimmen, welche die Ansicht ansprachen, man solle den West-mächten die Stirne bieten und sich der Ausführung der Kongreß-beschlüsse widersetzen. Aber die F-riebenspartei behielt schließlich in Petersburg die Oberhanb. Man schloß mit der Pforte einen Separatfrieden (8. Februar 1879) über die Kriegskostenentschädigung und andere streitige Punkte.
Wie aber die Petersburger sich nur gezwungen in die Kongreßbeschlüsse fügten und die moskowitische Nationalpartei nur j mit innerem Widerwillen auf die Berliner Abmachungen blickte, so gesellten sich auch bald zu dieser Unzufriedenheit die Symptome innerer Zersetzung und revolutionärer, nihilistischer Gäh-ruttg , und erzeugte in dem weiten und mächtigen Moskowiterreich eine gefährliche und erfchredfenbe Bewegung politischer und sozialer Natur. Rottierungen unter den Studenten, Mordanfälle
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Extrahierte Ortsnamen: Kleinasien Bulgariens Balkan Bosnien Petersburg
Der Berliner Kongreß. 297
Gebietserweiterungen *). Bulgarien wurde in den Grenzen, die sich aus der Majorität der bulgarischen Bevölkerung ergaben, zu einem autonomen Tributär-Fnrstentum erhoben und erhielt später in dem Prinzen Alexander von Battenberg (zweitem Sohne des Prinzen Alexander von Hessen und Neffe Kaiser Alexanders Ii.) einen eigenen Fürsten (gewählt am 29. Mai 1879). Rußland erhielt eine Geldentschädignng von 1410 Millionen Rubel, wovon 1000 Millionen durch Gebietsabtretungen in Asien entrichtet wurden. Bosnien und die Herzegowina — wo der Kampf zuerst entbrannt war — sollten eine autonome Verwaltung erhalten mit Reformen unter Garantie der Großmächte. Rußland erhielt keinen oder doch nur geringen Gebietszuwachs für sich selbst. Aber der russische Stolz ertrug es nicht, daß der Landstrich B e f) a r a h t e n im Norden der Donau, der einst im Pariser Frieden an Rumänien abgetreten worden (f. S. 167), noch länger in fremden Händen bliebe. So wurde denn verlangt, daß Fürst Karl jenen Landstrich herausgeben und dafür im Süden des Stromes mit der Dobrndscha entschädigt werden sollte, ein ungroßmütiger Ausgleich für den treuen Sbaffengenoffen. In England war man höchst unzufrieden mit dem eigenmächtigen Vorgehen Rußlands und verlangte, daß der Gesamtertrag einem europäischen Kongreß zur Beschlußfassung vorgelegt werde. Wohl oder übel mußte sich Rußland dazu verstehen und so trat denn in Berlin eine Diplomatenversammlung ins Leben, wie die Welt seit dem Wiener Kongreß keine ähnliche gesehen. Unter dem Vorsitz des deutschen Reichskanzlers Bismarck tagten die ersten Staatsmänner der europäischen Großmächte, um die neue Ordnung der Dinge im Orient festzusetzen. Außer den drei Reichskanzlern Bismarck (Deutschland) , G o r t s ch a k o w (Rußland), Andrassy (Österreich-Ungarn) hatte sich Lord Beaconsfield für England, Waddington für Frankreich, Corti für Italien, Kara-theodory und M ehern et) Ali für die Türkei eingefunden. Die Hauptaufgabe des B e rlin er K on g r e s f e s bestand darin, den Vertrag von San Stefano der für die Türkei allzu drückenden Bestimmungen zu entkleiden. Und so kam man denn nach mancher hitzigen Redeschlacht dahin überein, daß die den Fürsten von Serbien und Montenegro zugedachten Gebietserweiterungen beschränkt, der Austausch Bessarabiens gegen die Dobrndscha für Rumänien dagegen anerkannt ward, mit der Bestimmung der Gleichberechtigung aller Glaubensbekenntnisse, mithin auch der
1) Siehe die Anmerkung I. 169.
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Extrahierte Personennamen: Alexander_von_Battenberg Alexander Alexander_von_Hessen Alexander Alexanders Alexanders Karl Karl Reichskanzlers_Bismarck Bismarck Andrassy Lord_Beaconsfield Corti
Extrahierte Ortsnamen: Bulgarien Asien Bosnien Donau England Berlin Deutschland England Waddington Frankreich Italien Serbien Montenegro Dobrndscha
94
sind: im Osten Rußland und Rumänien — im Süden Rumänien,
Serbien, die Türkei, Montenegro, das Adriatische Meer und Ita-
lien — im Westen Italien, die Schweiz und Bayern — im Nor-
den Sachsen, Preußen und Rußland. — Die österreichisch-ungarische
Monarchie ist zum größten Teile ein Binnenland, welches nur
im Süden eine Küstenstrecke am Adriatischeu Meere besitzt.
Ii. Die Bodengestalt zeigt große Verschiedenheit und
Mannigfaltigkeit; doch ist das Gebirgsland derart vor-
wiegend, daß ihm % der Gesamtfläche angehören. Zu Österreich-
Uugarn gehört nämlich die größere Hälfte der Alpen, ferner
ein Teil derjenigen deutschen Mittelgebirge, von denen Böh-
men umschlossen ist (Böhmerwald, Erzgebirge und Sudeten), endlich
das ganze Gebiet der Karpaten.
Die Karpaten erstrecken sich als ein Kettengebirge in einem
über 1300 1cm langen Bogen von der Donau (bei Preßburg) bis
wieder zur Donau (bei Orsova). Man teilt die Karpaten ge-
wöhnlich folgendermaßen ein:
1. Die kleinen Karpaten, der westliche Teil des Gebirges;
2. Die Centralkarpaten, eine besonders in der hohen
Tatra steil ansteigender, gewaltiger Gebirgsstock, dessen zackige
Gipfel bis in das Gebiet des ewigen Schnees reichen (Gerlsdorfer
Spitze an 2700 m). Den Nordabfall der Centralkarpaten bilden
die Beskiden, den Südabfall das mineralreiche ungarische Erz-
gebirge, welches in der Matragruppe bis zum Knie der Donau
reicht.
3. Das karpatische Waldgebirge, der längste Teil
des ganzen Systems, bildet die natürliche Grenze zwischen Ungarn
und Galizien.
4. Das Hochland von Siebenbürgen; es wird im
Osten und Süden von den transsylvanischen (siebenbürgischen)
Alpen umschlossen, welche im Negoi an 2600 m erreichen, im
Westen und Norden von dem ziemlich niedrigen siebenbürgischen
Erzgebirge.
Die Mitte der Monarchie wird von der ungarischen
Tiefebene ausgefüllt, welche sich zu beiden Seiten der Donau
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TM Hauptwörter (100): [T18: [Donau Stadt Ungarn Böhmen Wien Hauptstadt Land Einw. Königreich Mulde], T50: [Klima Land Meer Gebirge Europa Zone Norden Küste Süden Winter], T93: [Alpen See Schweiz Rhein Berg Bodensee Fuß Italien Schweizer Paß]]
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63
bedeutendsten aller Nebenflüsse mit einem großen Zufluß. 3. Durch
diese rechten Zuflüsse nähert sich die Elbe der Oder und diese der
Weichsel so sehr, daß die Ströme mittels Kanäle verbunden werden
konnten.
Die Weichsel.
Sie entspringt auf dem Nordwestabhange der Karpaten, durch-
fließt Polen in einem großen Bogen und tritt bei Thorn in das
Deutsche Reich. Vor ihrer Mündung teilt sie sich in zwei Arme:
in die eigentliche Weichsel, welche sich in die Danziger Bucht, und
in die Nogat, welche sich ins Frische Haff ergießt.
Der Njemen (die Memel).
Er entspringt unfern der Waldaihöhe, ist bei seinem Eintritt
in Deutschland schon schiffbar und mündet in mehreren Armen ins
Kurische Haff.
Seen.
Nach Skandinavien und Rußland hat Deutschland unter allen
europäischen Staaten die meisten Seen. Dieselben bilden zwei Gruppen
im Norden und Süden Deutschlands. Die nördliche Seengruppe
breitet sich um die Ostsee aus und besteht aus mehreren hundert
Seen, von denen der Mauer-, Spirding-, der Müritzer- und Schwe-
rinersee die bekanntesten sind. Die südliche Seengruppe liegt
auf der schwäbisch-bayerischen Hochebene und am Fuße der Alpen.
Die meisten dieser Seen sind durch Naturschönheit ausgezeichnet
(Ammersee, Würm-, Kochel-, Walchen-, Tegern-, Schlier-, Chiemsee,
Königssee u. s. w.). Mitteldeutschland hat nur wenige und un-
bedeutende Seen.
Kanäle.
Die wichtigsten deutschen Kanüle sind:
1. Der Ludwig-Donau-Mainkanal. Er verbindet die
Regnitz mit der Altmühl, also den Rhein mit der Donau und so-
mit auch die Nordsee mit dem Schwarzen Meere.
2. Der Müllroser oder Friedrich - Wilhelmskanal
zwischen Spree und Oder.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Karpaten Thorn Deutsche_Reich Deutschland Kurische_Haff Skandinavien Deutschland Deutschlands Königssee Mitteldeutschland Ludwig-Donau-Mainkanal Rhein Donau
104
Rumänien, am „Eisernen Thor" der Donau, ist die starke Festung
Alt-Orsova.
2. Siebenbürgen hat zum Teil deutsche Bevölkerung (Nach-
kommen der eingewanderten Niedersachsen), deren wichtigste Orte
das gewerbreiche Kronstadt (30000 Einwohner) und Her-
mann st ad t sind. — In dem von Magyaren bewohnten Ge-
biete liegt Klausenburg (32 000 Einwohner). — Die im Westen
lebenden Rumänen haben keine Stadt.
3. Fiume samt Gebiet. Die Stadt Fiume (21000 Ein-
wohner) liegt im innersten Winkel des Busens von Quarnero und
ist von Bedeutung als der einzige Hafenplatz, welcher den unga-
rischen Seeverkehr vermittelt.
4. Kroatien und Slavonien (mit der ehemaligen Militärgrenze).
Die Hauptstadt Agram au der Sau hat 30000 Einwohner. —
Esseg ist eine Festung unfern der Draumündung.— Die ehemalige
Militär grenze ist ein langer, schmaler Landstrich, welcher sich
an der Sau und Donau längs der früher türkischen Grenze hinzieht
und ziemlich reich befestigt ist (Alt-Gradiska, Peterwardein, Semlin).
Über Bosnien und die Herzegowina siehe Seite 132.
Die Schweiz.
I. Die Schweiz ist größtenteils von natürlichen Grenzen
eingeschlossen. In den höchsten Gipfeln der Alpen liegt teilweise
die Grenze gegen Italien, der Jura trennt sie von Frankreich, der
Rhein von Österreich und Deutschland. Vervollständigt wird diese
natürliche Begrenzung des Landes noch durch zwei große Seen: den
Bodeusee im Nordosten und den Geufersee im Südwesten.
Ii. Die Schweiz ist vorherrschend Gebirgsland. In
der südlichen Hälfte erheben sich gewaltige Massen der Alpen.
Au ihrem Fuße breitet sich die wellenförmige schweizerische Hoch-
ebene aus, welche vom Jura, einem wasserarmen, bis zu 1500 m
hohen Gebirge umsäumt wird. — Die Schweizer Alpen sind all-
jährlich das Reiseziel Tausender von Fremden, die hierher eilen, die
Wunder der Alpenwelt staunend zu betrachten. Besonders besucht
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