24
Kluge prüft. Der Unentschlossene zögert. Der Furchtsame zagt.
Der Muthvolle wagt. Der Schwache weicht. Der Fromme
betet. Der Gottlose flucht. Die Hoffnung belebet. Das Ge-
lingen ermuntert. Das Zeitliche schwindet. Der Klügere gibt
nach. Eintracht trägt ein.
Wirkungen.
Tugend lohnt, Großmuth schont;
Hochmuth wähnt, Trägheit gähnt;
Ehre stützt, Klugheit nützt;
Demuth glaubt, Bosheit raubt;
Arbeit schenkt, Weisheit denkt;
Freundschaft -herzt, Feind schaw'chmerzt;
Frohsinn lacht, Argwohn wacht;
Güte gibt, Mitleid liebt;
Unschuld traut, Vorsicht schaut;
Reichthum scheint, Armuth weint;
Freude küßt, Sehnsucht mißt;
Ruhe träumt, Ordnung räumt;
Leichtsinn springt, Starrsinn zwingt;
Unmuth zehrt, Sorge wehrt;
Kühnheit wagt, Feigheit zagt;
Ruhmsucht kämpft, Friede dämpft;
Treue währt, Liebe nährt;
Hoffnung spricht: Laß mich nicht.
b. Gott ist heilig; er ist gerecht; er ist gnädig. Der
Weg ist schmal; die Pforte ist enge. Der Geist ist willig;
das Fleisch ist schwach. Der Fromme ist gottselig. Der Friede
ist schön. Schönes ist angenehm. Das Glück ist kugelrund.
Allzuviel ist ungesund. — £>ie Nachricht ist betrübend. Das
Evangelium ist erfreuend. Das Bibelwort ist heiligend. Das
Gebet ist tröstend. — Lesen ist sprechen. Lesen ist denken.
Gutes wirken ist leben. Müßig leben ist nicht leben. — Mein
Inneres ist mein. Der Wille ist dein. — Selbst ist der
Mann.
6. Gott ist ein Geist. Gott ist der Schöpfer; er ist d'er
Erhalter; er ist der Versorger; er ist der Vater. Gott ist der
Regierer; er ist der Gesetzgeber; er ist der Vergelter, er der
Richter. Gott ist die Liebe. Jesus ist der Christus; er ist der
Heiland, er der Mittler, er der Versöhner. Ein Wort ist ein
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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29
Drei Paar und Einer.
Du haft zwei Ohren und einen Mund;
Willst du's beklagen?
Gar Vieles sollst du hören, und —
Wenig darauf sagen.
Du hast zwei Augen und einen Mund,
Mach dir's zu eigen;
Gar Manches sollst du sehen, und —
Manches verschweigen.
Du hast zwei Hände und einen Mund;
Lern es ermessen!
Zwei sind da zur Arbeit, und —
Einer zum Essen.
Rücke rt.
10.
». Das Leben des Christen ist Gottesdienst. Die Worte
der Bibel sind göttlich. Die Lüfte des Fleisches sollen bekämpft
werden. Die Wiedergeburt der Menschen ist nothwendig. Die
Freuden der Sinnlichkeit sind kurz. Die Stunde der Versuchung
soll bewähren. Das Gebet des Frommen wird erhört. Die
Gesinnungen des Herzens adeln. Die Lehre Jesu ist von Gott.
Das Leben des Erlösers ist göttlich. Der Tod des Heilandes
ist erlösend. — Des Vaters Strafe ist die rechte Liebe. Des
Herrn Auge macht die Pferde fett. Des Glückes Gewalt hat
Mondsgeftalt. Unrecht Gut wuchert nicht, Gottes Wort trüget
nicht.
Der Schlaf ist ein Bruder des Todes. Absicht ist die
Seele der That. Der Wille ist des Werkes Seele. Der Him-
mel ist die Heimath der Seligen. Kühnheit ist Verachtung der
Gefahr. Begnadigung ist Erlassung der Strafe. Demuth ist
die Anerkennung eigener Unvollkommenheit. Geduld ist die
willige Ertragung der Unannehmlichkeiten. Ungerechtigkeit ist
die Verletzung der Rechte Anderer. Sparsamkeit ist die Ver-
meidung unnöthiger Ausgaben. Fröhlichkeit ist der Ausdruck der
Freude. — Müssiggang ist aller Laster Anfang. Ein Jeder
ist seines Glückes Schmied. Ein Mensch ist des «andern Engel. •
Ein Mensch ist des andem Teufel. Das Gewissen ist des
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35
schütten, schützen, schwärzen, schwenken, schwinden, schwören, segnen,
sehen, sengen, senden, senken, setzen, sichern, sichten, sieben, sieden,
siegeln, singen, sonnen, spalten, spannen, speisen, spiegeln, spielen,
spießen, spinnen, spitzen, splittern, spornen, sprechen, spülen, spüren,
spulen, stählen, stehlen, stempeln, stärken, stechen, stecken, stehlen, stei»
gern. stellen, steuern, sticken, stiften, stillen, stimmen, stören, stoßen,
strafen, strecken, streichen, streuen, stricken, striegeln, stürmen, stürzen,
stützen, stutzen, suchen, sühnen, tadeln, täuschen, tanzen, tauchen, tau-
fen, tauschen, theilen, thürmen, tödten, tränken, träumen, tragen,
treffen, treiben, trennen, treten, trinken, trocknen, trösten, trüben,
trügen, tummeln, üben, verbessern, verbergen, verdrehen, verbittern,
verbrämen, verderben, verdichten, verdicken, verdünnen, vereiteln,
vergiften, verglasen, vergüten, vermählen, vcrläumden, wägen, wäh-
len, wälzen, wagen, walken, walzen, warnen, warten, waschen,
wässern, weben, wechseln, wecken, weichen, erweichen, weiden, weißen,
weiten, wenden, werben, werfen, wetzen, wichsen, wickeln, wiegen,
winden, wirken, wischen, wissen, wollen, wittern, wölben, wünschen,
würdigen, würgen, würzen, zählen, zähmen, zäumen, zäunen, zahlen,
zeichnen, zerren, ziehen, zieren, zimmern, züchtigen, zügeln, zünden,
zwicken, zwängen, zwingen.
13.
Der Wohlthätige erbarmet sich des Nothleidenden. Der
Eitle rühmt sich seiner That. Der Arme schämt sich seines
Kleides. Der Redliche gedenket seines Versprechens. Der Ge-
sunde freut sich seines Lebens; er enthält sich aller Klagen. —-
Jeder warte seines Amtes. Jeder gedenke seiner Pflicht. Der
Mensch bedarf der göttlichen Offenbarung. Auch der Größte
und Edelste bedarf des Rathes und Beistandes. Die Wahrheit
bedarf keiner Verbesserung. Man kann des Guten nicht zu
viel thun. Gedenke des erlittenen Unrechts nicht mehr. Der
Arbeiter ist seines Lohnes werth. Eine Liebe ist der andern
werth. Einen ungetreuen Knecht entläßt man seines Dienstes.
Rühme dich des Guten nie; man würde deiner lachen. —
Gedenke meiner und unser; ich werde deiner, seiner, ihrer, eurer
in Liebe gedenken! Ich werde mich des angenehmen Beisam-
menseins noch oft erinnern. — Der Mann ist aller Ehren
werth, der alle Ding zum Besten kehrt.
Zur Übung.
Des Undanks achten, der Hülfe bedürfen, des Beistandes begehren,
des Rathes entbehren, der Liebe ermangeln, des Edlen gedenken, des
Guten erwähnen —:
3*
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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59
Mit Arm und Fuß er rudert und ringt;
Der schwere Panzer ihn niederzwingt.
L. Uhland.
86. Schätze richtig.
Schätze nicht das Eilende über das Weitende! Setze nicht
das Nichtige über das Wichtige! Was du -hast war' über-
schwenglich, wär' es nicht vergänglich; deine Rast wär' ein Be-
hagen, erwachtest du nicht zu Klagen; dein Pallast wär' ein
festes Thor, stünde nicht pochend der Tod davor. Halte dich
nicht geborgen, denke heut' an dein Morgen.
R ü ck e r t.
37. Neun Sprüchwörter mit Auslegung.
Sinnsprüche und Sprüchwörter, insonderheit religiöse, sind
immer viel gelobet, auch fleißig zusammengetragen worden und
planmäßig; ich erinnere an die treffliche Arbeit Sailers: Die
Weisheit auf der Gaffe, Augsb. 1810. Auch sind die religiösen
Sprüchwörter besonders gestellt, und namentlich diejenigen, „welche
aus einem gottlosen und unchristlichen Sinn hervorgegangen oder von
demselben umgeschmolzen sein mögen," für sich zusammengestellt mit
Lehre und Warnung: Schöner's Sprüchwörter, womit sich laue Chri-
sten behelfen. Nürnberg bei Raw, 1802. Solche Sprüchwörter
nebst recht kräftigen Schlagworten dawider in: Hauptinhalt der
christlichen Lehre. Friedrichstadt 1805, von dem Christenmanne,
welcher im Lichte Gottes sah bei dem Mangel des Augenlichts,
von Pastor Zpsen zu Erfde, Herzogth. Schleswig. Freilich,
diese bösen Sprüchwörter verschwinden aus der Sprache, das ist
wol gut, aber die frommen auch, das ist schlimm, wie die
Sprüchwörter und sprüchwörtlichen Redensarten überhaupt, und
das ist vielfach Schade. Sie sind noch nicht einmal alle zu
Buch gebracht, von daher sie einst wiederum könnten unter die
Leute kommen; und wenn sie auch alle gesammelt wären: in
Büchern zu stehen, dazu sind sie wahrlich nicht gemacht oder
gegeben, sondern in der Welt umher zu gehn, die Köpfe zurecht
zu setzen, die Herzen zu regieren, die Menschen bei Haufen zu
führen, mit einem Wort, daß Mulct, Prisen und Kantschu
seltener nöthig sind, daß Frömmigkeit und Gerechtigkeit sich
begegnen, Freude und Friede sich küssen, und alle häusliche
Tugenden zu beiden Seiten als Zuschauerinnen stehn und nach-
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66
Sprichwotte sinnreich ausgesprochen fände. ■— Gerade in dem
Denken und Verhalten, welches sich im Leben und Treiben am
öftersten wiederholt, erzeigt sich das Sprichwort am tiefsten,
witzigsten, bilderreichsten. — Wie mancher moderne Denker hat,
ohne es zu wissen, der Sprichwörter gediegenes Gold nur zu
Schaumgold verarbeitet oder seinen Mantel damit aufgeputzt.
Es gehet ungesehen und unbeachtet gar sehr viel Weisheit und
Klugheit im Lande umher von Mund zu Munde.
Jetzt nun gehört es zum Wesen des Sprichworts, daß es
im Munde des Volks und im Jdeenkreise desselben lebt, sich
eines unvertilgbaren Ansehens erfreut und sich vor aller anderer
Lehrweisheit auszeichnet durch gelstreiche Kürze, gescheidten In-
halt, alterthümliche Würde und durch jene selbstbewußte Ent-
schiedenheit, welche ihm noch von seiner hohen Geburt her eigen
ist. Denn jedes Sprichwort ist nur ein Ausdruck dessen, was
sich durch viele Fälle bewährt gefunden hat. Daher tritt es
auch nicht als Lehre, sondern als Rath und Erfahrung
auf, ist witzig, vielseitig, deutungsreich, und, wie man zu sagen
pflegt, hat's hinter den Ohren.
Wie an seinen angeerbten Sagen, sehen wir das Volk
auch an seinen Sprichwörtern unverbrüchlich hangen, die ihm
immer in rechter Nähe bleiben und sich allen seinen vertrautesten
Begriffen anschließen. Niemals können sie ihm langweilig wer-
den, weil sie ihm kein eitles Spiel sind, das man einmal wieder
fahren läßt, sondern ein Nothwendiges, das mit ins Haus
gehört, sich von selbst versteht und nicht anders, als mit einer
gewissen, zu allen rechtschaffenen Dingen nöthigen, Andacht beim
rechten Anlaß zur Sprache kommt.
Das Sprichwort ist voll Geist und Gemüth. Nichts ist
ihm fremd, was den Menschen betrifft. Es nimmt an Allem
Theil, nicht ohne bewunderungswürdigen Scharfsinn und mit tiefer
Empfindung. Es mischt sich in alle menschliche Händel, bringt
alles zur Sprache, sieht überall nach dem Rechten. — Wie
ein Echo der Geisterwelt thut es sich den weit auf der Erde
verbreiteten Völkern kund, daß sie sich geistig verschwistert
erkennnen. —
Vor ihm ist, wie vor dem echten Gesetz, Alles gleich; jeder
Stand, jeder Glaube, jede Klugheit und Einfalt, kurz Alles
wird von ihm gleich derb, kurz und gut, neckisch und rund her-
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69
sich das Sprichwort darin wohlthätig, daß es den Witz nährt,
den Verstand übt, das Urtheil wetzt, das Gemüth erhellt, die
Phantasie beschäftigt und den Scharfsinn ergötzt. — Es erstreckt
seinen Einfluß auf alle Stände: die Fürsten und Herren lehrt
es Milde; den Richtern empfiehlt es das rechte Recht, dem
Adel Tugend, den Magisträten Maß und Wachsamkeit; die
Gelehrten erheitert, die Ungelehrten belehrt es; die Trägen wer-
den von ihm gespornt, während es die Hastigen zügelt. Den
Unglücklichen ist es oft sein bester Trost nächst der Schrift und
dem Worte des Herrn, denn es meint es durchaus ehrlich, und
läßt sich freundlich auch zum geringen Manne herab.
Wer ihrer recht viele im Kopfe hat, der hat ungefähr das,
was den Reichen eine große Sammlung von Büchern sein mag;
denn es ist nicht leicht ein irgend bedeutender Zustand des
menschlichen Lebens und Treibens, über welchen das Sprichwort
nicht irgend einen guten Rath, Trost oder Wohlklang gäbe. Zu
rechter Zeit und Statt vernommen, blitzt es oft so lebendig
durch Herz und Seele, daß darin ein Licht entzündet wird, bei
welchem man den rechten Weg mir Sicherheit erkennen kann.
Wahrlich, es ist fast kein Sprichwort, über welches sich nicht
schier ein ganzer Aufsatz, ja selbst ein Buch schreiben ließe, so
Vieles fasten sie in sich, so reich sind sie an Sinn. — In
Summa: es ist auf dem Wege des Lebens ein kluger, heiterer
Gefährte, der uns treu bleibt in Leid und Freude, der uns nir-
gends im Stich läßt, weder im Scherz noch im Ernst.
Zwar pflegen die Gelehrten das Sprichwort nur höhnisch
über die Achseln anzusehen und es "trivial" zu schimpfen; es
macht sich aber wenig daraus und erwidert darauf nur: "die
Gelehrten, die Verkehrten." — Dafür steht es aber bei allen
Völkern in desto größerem Ansehen^ Der Chinese nennt die
Sprichwörter „ D e n k spr ü ch e der Weisen;" der I t a-
l i en e r: "Volks-Schule;" der S p a n i e r: „S e e l e n - M e-
"dicin;" der Morgenländer: „die Blume der Sprache;"
der Deutsche: "Sprachschatz" und "dieweisheit auf
der G a sse."
Daß die Kenntniß der Sprichwörter von jeher für hoch-
wichtig gehalten wurde, dafür zeugt genügend, daß die größesten
Geister sich mit ihnen beschäftigt und ihrer in ihren Schriften
gebraucht haben: Salomo, der weise König der Hebräer — die
überhaupt einen besonders hohen Werth auf sie legten — sammelte
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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70
sie von Jugend auf mit großer Sorgfalt, um, wie er sagt,
"zu erkennen Weisheit und Zucht, zu verstehen die Rede des
Verstandes, zu empfangen die Zucht der Klugheit, Gerechtigkeit,
Recht und Richtigkeit, zu geben den Albernen Witz und den
Jünglingen Erkenntniß und Nachdenken." (Sprüchw. 1, 2—4.)
Es wird von ihm gesagt, wie er 3000 Sprüche geredet habe '
und seiner Lieder seien Tausend und fünf gewesen! (1 Buch
der Kön. 4, 32.)
Die Sprichwörter im Reden und Schreiben bündig und
richtig, mit Geschmack und Erfolg, zu rechter Zeit und Statt
zu gebrauchen, ist nicht eben leicht. Wie nicht gemeine Kunst
dazu gehört, den Edelstein mit Geschmack in einen Ring zu
fassen, so ist auch nicht eben Jeder im Stande, das Sprich-
wort im Reden geschickt anzubringen. Man muß Verstand
haben, den Verstand desselben zu fassen, und Gefühl, um der
Schönheit seines Inhalts und Ausdrucks inne zu werden. Wer
die Sprichwörter zum täglichen Brot machen wollte, dem wür-
den sie arg mitspielen, und ihn zum Allerweltsnarren machen.
Sie wollen Schrift und Rede nur kräftigen und beleben. Also
mögen wir vorsichtig sein im Gebrauch, denn fast jedes Sprich-
wort hat sein Gegenwort, wodurch jenes entweder bedingt oder
für gewisse Fälle gar aufgehoben wird. Man hat zum S ch w c i-
gen wol so schöne, Helle Sprichwörter, als zum Reden.
Gleich beim ersten Überblick wird jeder Denkende Sprich-
wörtern begegnen, welche ihm sanft thun, und anderen, welche
ihm ein Jucken verursachen, daß er sich krauen oder wol gar
kratzen muß; durch jene wie diese wird er auf eine eben so
überraschende als unterhaltende Weise sich selber kennen ler-
nen, sowol von der guten als von der schwachen oder schlimmen
Seite.
Wo man ein Sprichwort nicht alsbald recht versteht, oder
bezweifelt', da bezeichne man es nur mit einem Fragezeichen;
späterhin dann es näher ansehend, wird man schon dahinter kommen,
was es eigentlich will. Ist man nun mit dem Ganzen bekannt
geworden, so nehme man's zu Luter Stunde — wo nichts
Besseres eben zu thun ist oder die Lust und Laune dazu ankommt
— wieder zur Hand, mache sich's bequem, schaue hier und da
hinein; was gilts, es wird sich schon etwas finden, was der
gegenwärtigen Stimmung zusagt, angenehm beschäftigt, anregt,
überrascht und festhält. Geht uns was im Kopfe herum, liegt
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53
Alle. Dieser Mann hat seine Habe nur durch Unglück ein-
gebüßt. Viele haben schon ihr Vermögen durch Spiel verloren.
Der Weise verliert seine Güter nicht durch ein zufälliges Ereigniß.
Aus anhaltender Begierde entsteht endlich ein Trieb. Aus feind-
lichen Gesinnungen gehen gar bald feindliche Handlungen hervor. Der
Geiz entspringt aus allzugroßer Liebe zu irdischen Gütern. Nur
vom Edlen kann das Edle stammen. — Mit dem Reichthum
wächst der Geiz. Das Feuer fängt vom Funken an, vom
Funken brennt das Haus. Von kleinen Fischen werden die
Hechte groß. Aus Knösplein werden Rosen. Es fällt keine
Eiche von Einem Streiche. Mit Rechten und Kriegen gewinnt
Niemand viel. Siegen kömmt nicht vom Liegen. Er stinkt
vom eignen Dünkel. Durch Schaden wird man klug. Durch
Fragen wird man auch klug. Mit Schweigen verräth sich Nie-
mand. Mit Güte macht man Thiere zahm.
b. Der Rechtliche handelt aus Pflichtgefühl. Der Christ
erfüllt aus Liebe die göttlichen Gebote. Er hilft Unglücklichen
aus Mitleid. — Uneigennützigkeit ist die Entsagung eigener
Vortheile um der Pflicht willen. Man muß der Raupen wegen
den Baum nicht umhauen. Wer wird der Vögel halber die
Saat unterlassen! — Wie oft hat man aus Eifer für die
Ehre der Religion die Menschlichkeit aus den Augen gesetzt.
Reinhard. — Nicht der Güter wegen gab uns Gott das
Leben. Herder. —
Karl der Große stiftete viele Schulen zur Bildung des
Volks. Zur Ausbreitung des Christenthums gründete er Klöster.
Der Mann zieht ins Feld zur Befreiung des Vaterlandes.
Mancher hat sein Vermögen zu guten Zwecken verwendet. Man
ißt, um zu leben. Man lebt nicht, um zu essen. Er stürzte
sich in die Flammen, um ein Kind zu retten. Ein guter Hirte
läßt sein Leben für die Schafe. Die Schönheiten der Natur
sind für alle Menschen geschahen. Du sollst kein falsch Zeug-
niß reden zwider deinen Nächsten. Wende nicht dein Herz wider
deinen Nächsten.
e. Aus der Treue gegen Menschen erkennt man die Treue
zu Gott. Herder. — Schätzet ihr den Mann bloß nach sei-
nem Kleide? Ders. — Das Alter lernte die Welr aus Er-
fahrung kennen. Man kennt den Vogel an den Federn. An
vielem Lachen erkennt man den Narren. Den Vogel kennt man
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Extrahierte Personennamen: Reinhard Karl_der_Große Karl
101
nur den Müttern schuldig gewesen sind; und wie sehr überhaupt
die Vollkommenheit und das Glück der Menschheit sich auf
Frauenverstand und Frauentugend gründet. — (Die Weiber
sind es, welche bei allen Nationen zuerst feinere und edlere Sitten
eingeführt haben. Zschokke- —
d. Es ist ein großer Segen, gute Eltern zu haben. —
Die beste Art, auf seiner Hut zu sein, ist: nie Unrecht thun.
Tugendhaft sein, und es nicht wissen, nicht an ausgeübte
edle Thaten denken bis an die Schwelle des ewigen Lebens,
und demüthig sein, das ist Tugend. Lavater. — Eine schöne
Menschenseele finden, ist Gewinn; ein schönerer Gewinn ist,
sie erhalten, und der schönste und schwerste, sie, die schon
verloren war, zu retten. Herder. — Blicke auf ein anderes
Leben zu richten, nach dem Tode ein besseres Dasein nicht bloß
zu erwarten, sondern auch bei der Vorstellung desselben von Zeit
zu Zeit absichtlich verweilen, ist uns natürlich, und unter gewissen
Umständen sogar Bedürfniß. Reinhard. — Welche Ungereimt-
heit, beim Herannahen des Todes zu zittern. Möser. — Zm
Herzen kündet es laut sich an: „Zu was Besserm sind wir
geboren." Voß. —
Widerspenstigkeit.
Wer nachgibt mit Bescheidenheit,
Fährt wohl; doch Widerspenstigkeit
Hat sich nichts Gutes zu versprechen;
Was sich nicht biegen läßt, — muß brechen.
Triller.
51.
a. Von den Tagen, die wir mißbraucht haben, kehrt nichts
zurück. — Wahrheit ist die Pforte, die zum Himmel führt. —
liniere Worte können Funken werden, die wider unsern Willen
zünden, Pfeile, die auf das Gefährlichste verwunden, und Dolche,
die andern das Herz durchbohren. Reinhard. — Es gibt Gei-
ßer, die in des Menschen Brust sich ihren Wohnsitz nehmen.
Herder. — Es gibt nichts Gutes auf Erden, das nicht auf
irgend eine Art Übel angewendet würde. Reinhard. — Die
Befriedigung seiner Wünsche ist dem Selbstsüchtigen der letzte
Zweck, dem Alles unterworfen werden muß. Ders. — Unsicher,
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser]]
TM Hauptwörter (200): [T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind]]
89
Die melodiereiche griechische Sprache ist die Sprache
der Poesie; die bestimmte lateinische jene der Gesetzgebung;
die französische ist die Sprache der Conversation; die reich-
haltige, kraftvolle englische aber, wie ihre Mutter: die d eut-
sche ist die Sprache der reifen Vernunft und der erhabenen
Gedankenfülle. Rotteck.
Die Poesie hat die Menschen auf einem freundlichen Wege
zur Gesittung geführt, die wilden Leidenschaften gebändigt, hohe
Ahnungen geweckt, edle Gefühle genährt, und die ernsten Lehren
der Weisheit und Tugend mit holder Stimme verkündigt.
R ottcck.
Erwartung und Erfüllung.
Zn den Ocean schifft mit tausend Masten der Jüngling;
Still, auf gerettetem Kahn treibt in den Hafen der Greis.
' Schiller.
49.
a. Bei der Natur ging der Mensch in die Schule, und
ihr hat er alle nützlichen Künste des Lebens abgelernt. — Die
Natur gibt auf Gottes Geheiß uns Sveis' und Trank, und
erfüllet außerdem unser Herz mit Wohlgefallen. Gott lässet
diesen Quell der reinsten irdischen Freuden fließen, und bereitet
uns überdieß schon hier den Vorschmack des Himmels, dazu
dereinst die Seligkeit. Gott ist mein Hort, und auf sein Wort
soll meine Seele trauen. — Vieles wünscht sich der Mensch
und doch bedarf er nur wenig. — Wer sowol das Gute des
Schicksals dankbar genießt, als auch das Böse desselben zu sei-
nem Besten benutzt, ist weise zu nennen. — Ewig bleib' dank-
bar dem Vater sowol als der Mutter; weder die Liebe noch die
Wohlthaten derselben kannst du vergelten. —
Nicht viel Einkommen macht ein Haus reich, sondern eine
verständige Wirthschaft. — Der Selbstsüchtige wird sich über
kurz oder lang nicht nur verlassen sehen; auch die Verachtung
seiner Mitmenschen wird ihn treffen. — Der Verschwender
bringt sich nicht nur um sein Vermögen, sondern auch um die
Achtung und Liebe seiner Mitmenschen. Der wahre Christ liebt
nicht allein seine Freunde, sondern auch seine Feinde. Man
muß nicht bloß versprechen, sondern auch halten, nicht bloß wol-
len, sondern auch vollbringen. — Zoroaster und Moses, Alex-
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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