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1. Das Mittelalter, die neuere und die neueste Zeit - S. 75

1893 - Leipzig : Voigtländer
— 75 — nach Hadrians baldigem Tode Alexander Iii. eintrat, und in welchem Friedrich schließlich unterlag. Denn Der Papst verband sich mit den lombardischen Städten, die, schon längst mächtig, durch die Kreuzzüge einen neuen Aufschwung genommen hatten und in geschickter Benutzung der Streitigkeiten zwischen den Kaisern und Päpsten während des verflossenen Jahrhunderts die landesherrlichen Rechte (Gerichte, Zölle und Münze, Wahl ihrer Obrigkeiten u. s. w.) allmählich ganz an sich gebracht hatten. Da der Kaiser ihrem Streben nach freier Selbstverwaltung entgegentrat, so stellten sich die meisten und mächtigsten auf die Seite des Papstes. Zwar bestritten sie des Kaisers Rechte nicht. Aber sie widersetzten sich der Ausübung derselben. Aus ihrer Abneigung gegen ungebräuchlich gewordene Beschränkungen und willkürliche Steigerung der Abgaben entwickelte sich erst allmählich der grundsätzliche Widerstand. So lange Papst und Städte noch nicht verbündet waren, blieb Friedrich siegreich. Auf seinem zweiten Römerzuge 1158-62 unterwarf sich ihm das stolze Mailand, und auf dem Reichstage auf den Feldern vonroneaglia wurden die Befugnisse des Kaisers durch die berühmtesten Juristen nach römischem Rechte sestgesetzt. Als sich dann Mailand bald wieder empörte und sich nach Hadrians Tode gegen den von Friedrich anerkannten Papst Viktor Iv. auf die Seite Alexanders Iii. stellte, wurde ein großer Teil der Stadt zum warnenden Beispiel zerstört. Die Spaltung der Kirche durch die Gegenpäpste bestand bis zum Frieden von Venedig. Indessen diese Siege brachten dem Kaiser nicht den dauernden Besitz der Herrschast. Nach seinem Abzug erhoben sich die Städte von neuem. Zwei weitere Züge nach Italien, bei welchen Krankheiten das kaiserliche Heer in hohem Grade schwächten, brachten keine entscheidenden Ersolge. Im Gegenteil schlossen sich die mächtigsten Städte unter dem Schutze Alexanders Iii. zu dem lombardischen Städtebunde zusammen und gründeten zu des Papstes Ehren die Feste Alessandria. An der Spitze des Bundes stand das schnell wieder erstarkte Mailand. Der fünfte Zug (1174-77) wurde entscheidend. Alessandria widerstand der Belagerung des Kaisers, und da Heinrich der Löwe die Heeressolge weigerte, so verlor Friedrich 1176 die Schlacht bei Legnano. Heinrich war bisher ein treuer Lehnsmann und eine sichere Stütze Barbarossas gewesen. Nun war er dadurch verletzt, daß Friedrich die Mathildischen Güter, auf die Heinrich selbst gehofft hatte, sür sich genommen hatte. Schwierigkeiten in Heinrichs eigenen Landen kamen dazu. Da sah Friedrich die Notwendigkeit der Verständigung mit dem Papste ein. In der Markuskirche zu Venedig leistete er auf feine Herrscherpläne

2. Das Mittelalter, die neuere und die neueste Zeit - S. 78

1893 - Leipzig : Voigtländer
— 78 — sich Kaiser Friedrich, das Kreuz zu nehmen. Dasselbe thaten Philipp Ii. August von Frankreich, Richard Löwenherz von England, Leopold von Österreich und viele andere Fürsten. Allein Barbarossa fand seinen Tod im Seleph (Kalykadnus) 1190, und der Zug verlief ergebnislos. Die Kraft der Kreuzfahrer erschöpfte sich vor Akkon. Zwar wurde die Feste erobert, aber der Zwiespalt unter den Christen hinderte weitere Erfolge. Das wichtigste Ergebnis des Zuges war die Gründung des Dcutschherrnordens durch Friedrich von Schwaben im Lager vor Akkon. Richard von England, welcher in heftige Feindschaft mit Leopold von Österreich geraten war, fiel auf der Heimkehr in die Gefangenschaft desselben und dann in die des Kaisers Heinrich Vi. Erst nach Jahr und Tag konnte er sich durch schwere Opfer aus derselben lösen. Von jetzt ab wurden Kreuzzüge auch gegen die heidnischen Völker in Europa unternommen. Heinrich Vi. (1190-97), Philipp von Schwaben (—1208) und Otto Iv. (1215). Mit gewaltigen Plänen bestieg Barbarossas Sohn Heinrich Vi. den Thron seines Vaters. Auf die Herstellung des kaiserlichen Ansehens dem Papste, den deutschen Fürsten und den auswärtigen Mächten gegenüber war sein Streben gerichtet. Die Kaiserkrone wollte er in seinem Hause erblich machen. „Er stand mächtig da, wie kein Kaiser vor ihm. Auch im Kirchenstaat waltete er als weltlicher Herr. Die Idee des Kaisertums schien nach so vielen Wechselsällen nun doch in die Wirklichkeit zu treten. Es schien, als ob die Päpste wieder aus ihre geistliche Thätigkeit beschränkt werden sollten" (Wattenbach). Heinrichs früher Tod vereitelte feine Bemühungen. In dem unteritalieni-schen Reiche hatte er die Herrschaft, welche ihm von der nationalen Partei unter Tankred von Lecce streitig gemacht worden war, erlangt. Er starb, 32 Jahre alt, in Sizilien, unter Vorbereitungen zu einem Kreuzzuge. Sein Tod brachte einen ähnlichen Umschwung der Dinge wie der Heinrichs Iii. Unter den herrschenden, schwierigen Verhältnissen scheuten sich die deutscheu Fürsten, Heinrichs vierjährigen Sohn zu seinem Nachfolger zu wählen, ^ie erkoren daher den jüngsten Bruder des verstorbenen Kaisers Philipp von Schwaben. Gegen ihn erhob unter englischem Einfluß die welsifche Partei Otto Iv., den Sohn Heinrichs des Löwen. Der Erzbischof von Köln hatte feine Wahl besonders betrieben. Es war ein Kampf zwischen Nord- und Süddeutschland. Dieses war in lebhafter Verbindung mit Italien. Die Schweiz war noch ein Teil von Schwaben. Hier gingen

3. Das Mittelalter, die neuere und die neueste Zeit - S. 79

1893 - Leipzig : Voigtländer
— 79 - die Straßen des italienischen Handels, durch welchen die lombardischen und die süddeutschen Städte reich und mächtig wurden. Norddeutschland dagegen hatte seinen Verkehr mit England, und Köln war der Mittelpunkt dieses Verkehrs. Damals stieg Innocenz Iii. aus dem Hause der Conti (1198—1216) auf den päpstlichen Stuhl, der gewaltigste und staatsklügste Mann unter allen Päpsten. Constantia erkannte ihn als ihren Oberlehnsherrn an, und da sie sich dem Tode nahe fühlte, so bestimmte sie den Papst zum Vormund ihres Söhnleins Friedrich. Innocenz erklärte sich gegen Philipp von Schwaben, welcher unter beständigen Kämpfen soeben den größten Teil der deutschen Fürsten für sich gewonnen hatte, als er 1208 von Otto von Wittels-bach ermordet wurde. In diese Zeit fallen die politischen Dichtungen Walters von der Vogelweide. Nun wurde Otto Iv. fast von allen Parteien in Deutschland anerkannt und vom Papste gegen den Verzicht auf die Reichsgüter in Mittelitalien und auf die Mathildische Erbschaft, welche noch immer Gegenstand des Streites war, zum Kaiser gekrönt. Da Otto diese Verzichtleistungen aber nicht ernst meinte, so entstanden bald neue Zwistigkeiten zwischen ihm und dem Papste, infolge deren Otto gebannt wurde. Da rief die staufische Partei 1212 im Einverständnis mit dem Papste den jungen Friedrich nach Deutschland, und er erschien, um im Bunde mit dem französischen Könige Philipp El den mit den Engländern (Johann ohne Land) verbündeten Welfen zu bekämpfen. Bei Bouvines kam es 1214 zur entscheidenden Schlacht, in welcher die englifch-welfische Macht vollständig besiegt wurde. Bald danach starb Otto Iv. auf der Harzburg. Friedrich Ii. wurde 1215 gekrönt und regierte bis 1250. Gegen das Ende seiner Regierung wurden ihm mehrmals Gegenkaiser (Heinrich Raspe von Thüringen, Graf Wilhelm von Holland) entgegengestellt. Friedrich Ii. (12(12)15—1350). Für seine Anerkennung waren dem jungen Kaiser von dem Papste zwei Bedingungen auferlegt worden, welche später den Anlaß zu gewaltigen Kämpfen gaben: Deutschland und Sizilien sollten nicht von demselben Oberhaupte beherrscht werden und Friedrich mußte sich verpflichten, einen Kreuzzug zu unternehmen. Die erste dieser Bedingungen zu erfüllen, hat Friedrich wohl nie beabsichtigt, obgleich er versprochen hatte, das sizilia-nifche Reich als Lehen der römischen Kirche seinem Sohne Heinrich zu übertragen. Der Kreuzzug mußte zunächst hinter andern Regierungssorgen zurückstehen.

4. Das Mittelalter, die neuere und die neueste Zeit - S. 80

1893 - Leipzig : Voigtländer
Wie Friedrich überhaupt mehr Italiener als Deutscher war,—von den 35 Jahren seiner eigentlichen Regierung hat er nur etwa 7 in Deutschland zugebracht— so wendete er auch seine ersten Sorgen der Regelung der Verhältnisse in seinen süditalischen Erblanden zu. Die vortreffliche Gesetzgebung, welche er dort mit Hilfe seines Kanzlers Petrus de Vinea erließ, hatte den Zweck, die feudalen Vorrechte zu beschränken und die Kraft des Staates in der Hand des fast unumschränkten Herrschers zusammenzufassen. Ein zahlreiches Beamtentum ward geschaffen, die Gleichheit aller vor dem Gesetze eingeführt, den Städten eine Vertretung durch Abgeordnete zu des Kaisers Beirat gestattet. Zur Hebung des geistigen Lebens gründete Friedrich die Universität Neapel. Ackerbau und Gewerbe wurden gefördert, die Sarazenen geschützt. Das Land gelangte zu hoher Blüte. Mit den Päpsten stand Friedrich in freundlichem Verhältnis, bis der zelotische Gregor Ix. diese Würde erhielt. Da begann der große Kampf zwischen Kaisertum und Papsttum von neuem. Friedrich bemühte sich ernstlich, mit dem Papste zur Verständigung zu gelangen. Als dies nicht gelang, nahm er den Kamps gegen die Kirche mit aller Energie auf. Gregor bestand auf der Ausführung des Kreuzzuges, und als der Kaiser 1227 infolge einer Erkrankung von dem schon begonnenen Zuge zurückkehrte *), wurde er in den Bann gethan. Ohne von demselben gelöst zu sein, unternahm der Kaiser den fünften Kreuzzug (1228—29), auf welchem er durch einen Vertrag Jerusalem und einen Küstenstrich auf zehn Jahre in seine Gewalt bekam. Der staatskluge Hochmeister des deutschen Ordens, Hermann von Salza, begleitete den Kaiser. Gregor benutzte des letzteren Abwesenheit, um mit seinen Schlüsselsoldaten in dessen Lande einzufallen, und es entspann sich nach Friedrichs Rückkehr ein fehr erbitterter Krieg (Ezzelino da Romano). An demselben nahmen auch die lombardischen Städte als Bundesgenossen des Papstes teil. 1237 errang der Kaiser den glänzenden Sieg bei Cortenuova. Die vom Papste gegen ihn geplante allgemeine Kirchenversammlung zu Rom kam nicht zustande, da Enzio die französischen und englischen Geistlichen gefangen nahm. Friedrich schien den Sieg vollständig gewonnen zu haben. Allein bald darauf starb Gregor, und sein Nachfolger Jnnoeenz Iv., ein Graf von Lavagna, berief das Konzil nach Lyon, wo 1245 über den Kaiser von neuem der Bann ausgesprochen wurde. Von da ab wurde Friedrich vom Unglück verfolgt. Das Kaisertum unterlag, das Papsttum triumphierte und blieb ein halbes Jahrhundert lang die weltbeherrschende Macht, bis es auf andrem Gebiete (in Frankreich) zu Fall gebracht wurde. 1) Vergl.: Die Brüder vom deutschen Hause von G. Freytag.

5. Das Mittelalter, die neuere und die neueste Zeit - S. 91

1893 - Leipzig : Voigtländer
— 91 — schritt vollzog sich ungemein schnell. Bis um die Mitte des vierzehnten Jahrhunberts hatten die meisten norbbeutfchen Städte den Höhepunkt ihrer Blüte erreicht Bald banach sanken sie dann erheblich, und erst in neuester Zeit haben sie sich roieber merklich gehoben. Freie Entfaltung des Bürgertums und der politischen Entwickelung war die Folge aller biefer Verhältnisse. Die Hierarchie und das Mönchswesen. Die Kreuzzüge hoben auch die Hierarchie (Herrschaft der Kirche) auf den höchsten Gipsel ihrer Bebeutung. Jnbem sie die religiöse Inbrunst in hohem Grabe steigerten, mußten sie auch das Ansehen des Papstes erhöhen, welcher die gewaltigen Massen für das religiöse Interesse in Bewegung setzte. Um bieselbe Zeit rangen christliche Streiter dem Muhammebanismus in Spanien immer mehr Boben ab; feit 1230 würden in Preußen weite Ge-biete erobert. England war päpstliches Lehen, und Unteritalien erhielt durch den Papst ein neues Herrschergeschlecht, die Anjous. So kann es nicht in Verwunberung setzen, daß die Ansprüche der Päpste auf vollstänbige Herrschaft über alle weltlichen Mächte immer kräftiger erhoben würden. Gregor Vii. hatte den Kamps mit der Macht des Kaisers begonnen, Urban Ii. sich beim ersten Kreuzzug als der eigentliche Leiter der gesamten Christenheit erwiesen. Der Jnvestiturstreit war im wesentlichen zu Gunsten der Kirche entschweben; Friedrich Barbarossa und Heinrich Ii. von England hatten sich vor Alexander Iii. beugen müssen. Innocenz Iii. nahm für den Papst die Entscheibung über die Besetzung der Throne in Anspruch und wollte das Sbort der Schrift: „Ich habe bich über die Völker und Reiche gesetzt", zur vollen Wahrheit machen. Der Kaiser sollte nach feiner Erklärung nur der Monb, der Papst die Sonne sein. Mit dem Sturze Friebrichs Ii. unterlag das Kaisertum, und am Ende des breizehnten Jahrhunberts erlangte die Kirche in Papst Bonifaz Viii. ihre höchste Gewalt. Aber sie konnte bieselbe nur kurze Zeit behaupten. Denn unmittelbar nach dem Tode bieses Papstes gelangte das Papsttum in die Dienstbarkeit der französischen Könige. Dann aber trat die nationale Entwickelung der Völker ein, und biefe würde balb so stark, daß sie sich von der Kirche nicht mehr erbrüceen ließ. Über den Klerus aller Länber gewannen die Päpste eine säst unbeschränkte Gewalt. Die Besetzung aller kirchlichen Stellen, besonbers aller einträglichen Psrünben, wußten sie nach und nach zu erlangen. Sie senbeten ihre Legaten in alle Länber mit der Vollmacht aus, alle wichtigen Angelegen-heiten nach ihrem Ermessen zu orbnen, und nahmen die oberste Gerichts-

6. Das Mittelalter, die neuere und die neueste Zeit - S. 141

1893 - Leipzig : Voigtländer
141 — Schon der erste Reichstag Karls V., der zu Worms 1521, hatte sich mit der lutherischen Kirchenresormatiorl zu beschäftigen. Sie hat dann während seiner ganzen Regierung den Hauptgegenstand aller Reichstagsverhandlungen gebildet. Der Gang der Reformation wurde durch die auswärtigen Verhältnisse in hohem Grade beeinflußt, besonders durch Karls Kriege mit den Franzosen und mit den Türken; daher sei hier eine Übersicht über diese Kriege eingeschaltet. Die wichtigsten Kriege sind die mit Frankreich von 1521—44. Sie wurden dreimal durch sogenannte Friedensschlüsse unterbrochen, doch sind diese nur als Waffenstillstände zu betrachten. Durch den Gewinn der spanischen Lande war die habsburgische Macht für Frankreich besonders bedrohlich geworden. Die Schwächung der Habsburger mußte daher als die wichtigste Aufgabe der französischen Politik erscheinen. Zudem handelte es sich bei den Streitigkeiten dieser beiden Mächte um den Besitz von Mailand und den der Franche Comte. Karlv. wollte den Franzosen Mailand nicht lassen (s. Seite 139) und Franz I. begehrte die Fron che Cornts, welche schon Ludwig Xi., nach dem Tode Karls des Kühnen, dem Reiche zu entreißen vergebens versucht hatte. Von den Kriegsereignissen sind zu merken: 1525 der Sieg der Kaiserlichen unter Fruudsberg bei Pavia, welcher 1526 den Frieden von Madrid herbeiführte. König Franz war in der Schlacht gefangen. Um frei zu werben, beschwor er zwar den Friebens-vertrag, hatte aber die Absicht, ihn zu brechen. Papst Clemens Vii. sprach Franz I. von seinem Eibe frei, und sofort begann der Krieg von neuem. Da sich auch der Papst den Gegnern des Kaisers anschloß, so erfolgte 1527 die Erstürmung Roms durch die Kaiserlichen unter Karl von Bourbon. Der Papst würde in der Engelsburg belagert, das siegreiche Heer plünberte Rom und machte unermeßliche Beute. Doch gab der Kaiser dem Papst den Kirchenstaat zurück, und es folgte nun die Aussöhnung zwischen den beiben Häuptern der Christenheit, infolge deren Karl 1530 von Clemens Vii. zu Bologna gekrönt wurde. Dies war die letzte Krönung eines deutschen Kaisers durch einen Papst. Die ferneren Kriege zwischen Franz und Karl sind ohne wesentliches Interesse, der Frieden von Crepi beendigte sie. Franz I. verzichtete sowohl auf Mailand als auch aus die Freigrafschaft. Merkenswert ist aber noch, daß der französische König in diesen Kriegen mehrfach ein Bündnis mit Sultan Soliman dem Prächtigen schloß, damit dieser Österreichs Ostgrenze bedrohe. Die politischen Gesichtspunkte waren allmählich stärker geworben als die religiösen.

7. Das Mittelalter, die neuere und die neueste Zeit - S. 109

1893 - Leipzig : Voigtländer
— 109 — So standen die Dinge, als Sigismund zum römischen Könige gewählt war. So lange das Schisma bestand, war der Papst dem einreißenden Ketzertume gegenüber machtlos. Daher mußte vor allen Dingen die Spaltung beseitigt werden. Schon 1409 hatte zu Pisa ein Konzil getagt, ohne anderen Erfolg, als den, daß zu den zwei Päpsten noch ein dritter gewählt worden war. Nun brachte Kaiser Sigismund in Verbindung mit Papst Johann Xxiii. das große Konzil zu Kostnitz zustande, welches von 1414 —1418 tagte und die Abstellung des Schismas erwirkte. Dieses Konzil war freilich eine hohe Kirchenversammlung, denn es waren ihm die Beseitigung der Ketzerei und des Schismas, sowie die Reformation der Kirche (die causae fidei, unionis et reformationis) zur Aufgabe gestellt. Zugleich aber hatte es in politischer Beziehung europäische Bedeutung. Denn man erwartete von dem Kostnitzer Konzile die Heilung aller Schäden. (Im übrigen s. d. Abschn. weiter unten von Sigismund bis Maximilian.) Sigismund lag besonders die Einigung der Christenheit am Herzen, um einen Kamps gegen die Türken zu veranlassen, welche seine ungarischen Lande bedrohten. Auch erregten die Zustände in Böhmen seine große Sorge. Der höchst lasterhafte Johann Xxiii. hatte gehofft, sich in der päpstlichen Würde zu behaupten. Allein er wurde wie die beiden anderen Päpste abgesetzt, und Martin V. wurde gewählt. Vorher aber faßte man den Beschluß, daß ein allgemeines Konzil über dem Papste stehe. Ernst war die Absicht, die Mißbräuche zu beseitigen und die päpstliche Macht zu beschränken. Zuerst aber wendete man sich gegen Hnß. Mit sreiem Geleit, das Sigismund ihm bewilligte, war Hnß nach Konstanz gekommen. Trotz desselben wurde er als Ketzer gerichtet und 1415 verbrannt. Ein gleiches Schicksal hatte ein Jahr später sein Freund Hieronymus von Prag. Die Reform scheiterte gänzlich. Zu ihrer Erledigung versprach der Papst ein neues Konzil zu berufen. Dieses trat dann dreizehn Jahre später zu Basel zusammen, um zugleich gemeinsame Maßregeln gegen die Türken zu beraten. Die Hussitenkriege (1420—1434), Das Verfahren gegen Hnß rief in Böhmen eine neue nationale und kirchliche Bewegung hervor. Nach dem Tode Wenzels, der sich derselben nicht widersetzt hatte, verlangten die Tschechen von Sigismund die Sicherung der religiösen Freiheit, und da er die Forderung verweigerte, erkannten sie ihn nicht als König an. Nun folgten die wilden Hussitenkriege (1420 — 1434). Es bildeten sich zwei Hauptparteien: die gemäßigten

8. Das Mittelalter, die neuere und die neueste Zeit - S. 110

1893 - Leipzig : Voigtländer
— 110 — Kalixtiner (Professoren und Adel) und die Volkspartei (Taboriten), diese unter dem blinden Ziska von Trocznow und Prokop dem Großen. Später kamen die Radikalen (Orphaniten) unter Prokop dem Kleinen als dritte Partei hinzu. Auch traten noch radikalere Sekten auf, welche Gütergemeinschaft und Ähnliches verlangten. Anfangs traten die Hussiten gegen Sigismunds Heere nur in der Verteidigung aus. später gingen sie auch über die Laudesgrenzen und verwüsteten die Nachbargebiete, besonders Sachsen, Franken und Baiern; einmal drangen sie sogar bis Danzig vor. Sie blieben siegreich als „Gottes-Streiter gegen die feinde des Gottesreiches", bis der Parteihader sie immer mehr schwächte. Höchst traurig zeigte sich der Zustand des Reiches. Das kaiserliche Ansehen war ganz geschwunden, Gerichts- und Kriegswesen gleich sehr im tiefsten Verfall. Fast überall herrschten Rechtlosigkeit und Gewaltthätigkeit. Da berief Martin V., wie er versprochen hatte, das Baseler Konzil, um den Frieden in der Christenheit wieder herzustellen, sie zum Kampfe gegen Ketzer und Ungläubige zu einigen und die Reform der Kirche wieder aufzunehmen. Das Konzil tagte bis 1449, zum Teil in Italien. Anfangs zeigte sich dav Bestreben, die Gewalt der Päpste und besonders ihre Einkünfte zu beschränken. Aber die Päpste wurden von den Kaisern unterstützt und wußten die Reform zu hindern. Ebensowenig kam ein gemeinsames Vorgehen gegen die Türken zustande, welche seit dem Ende des vierzehnten Jahr-hunderts das Abendland bedrohten. Schon 1396 hatte Sigismund gegen die Türken die Schlacht bei Nikopoli an der Donau verloren. Mit den Hussiten kam es zu einem Vergleiche, den Baseler Konchaktaten 1434. Der Gebrauch des Kelches wurde ihnen beim Abendmahl (Utraquisten) gestattet; auch wurde ihnen eine sehr unabhängige Stellung unter einem nationalen Kirchenhaupte eingeräumt. Zwar war die radikale Partei mit den Zugeständnissen nicht zufrieden, aber das Ruhebedürfnis verschaffte den Gemäßigten das Übergewicht. Bei Böhmisch Brod wurden 1434 die Tabo-riten geschlagen und so die Ruhe im Lande, welches nun Sigismund als König anerkannte, wiederhergestellt. Böhmens Blüte war freilich durch diese Kriege erheblich geschädigt worden. Auch die Nachbarlaude hatten sehr stark gelitten. Die Versuche zur Umbildung der Kirche waren ergebnislos verlausen, weil die Päpste aus keine Reform eingehen wollten. Ja Pius Ii. richtete sein Bestreben sogar aus möglichste Wiederherstellung der alten Zustände. Aber die Zeiten Bonisaz Viii. waren dahin, eine Herrschaft des Papstes im alten Sinne war unmöglich geworden.

9. Das Mittelalter, die neuere und die neueste Zeit - S. 83

1893 - Leipzig : Voigtländer
— 83 — Krankenlager hatte er gelobt, einen Kreuzzug auszuführen, und er unternahm denselben 1248. Von Ägypten aus wollte er nach Norden vordringen, fiel aber bei der Belagerung von Kairo in die Hände der Ungläubigen und mußte, nachdem er sich gelöst, resultatlos nach Hause zurückkehren. Ebenso erfolglos blieb ein zweiter Zug Ludwigs 1270, auf welchem er schon in Tunis seinen Tod fand. Diese sieben Züge werden gewöhnlich gezählt. Anßer ihnen wurden noch viele andere, weniger bedeutende, von einzelnen Fürsten, von unbedeutenderen Männern, ja selbst von Frauen und Kindern unternommen. Die Versuche der Kirche, weitere Kreuzzüge nach Palästina zu stände zu bringen, scheiterten. So versprach noch Rudolf von Habsburg, auf des Papstes Betreiben, nach Jerusalem zu ziehen, allein es kam nicht dazu. „Die Zeiten, welche von der Idee der allgemeinen Christenheit belebt wurden, waren vorüber." Am längsten wurde im heiligen Lande Akkon von den Christen gehalten; es fiel erst 1291, ohne daß man in Europa davon Notiz nahm. Die christlichen Kleinstaaten im Orient waren zum größten Teile schon vorher untergegangen. Als der Orient verloren ging, gaben die Päpste den Kreuzfahrten eine neue Richtung, indem sie das Kreuz gegen die Heiden in Europa predigen ließen. So unterstützte Innocenz Iv. die Kämpfe des deutschen Ordens in Preußen. Hier handelte es sich zugleich um die Förderung einer deutschnationalen Sache, denn hier trat der Orden als Mehrer des Reiches auf und kämpfte für die Ausbreitung des Deutschtums. Frankreich bis zum Ende der Kreuzzüge. In Frankreich (s. Seite 55) hob sich seit den Tagen Ludwigs Vi. das Königtum immer mehr. Es stützte sich aus die emporkommenden Städte und benutzte als wirksamste Waffe gegen die feudalen Mächte die Entwickelung des Rechtes. Seit den römischen Zeiten hatten sich die Städte des Südens ihre Freiheiten bewahrt. Ludwig Vi. nahm sie unter seinen Schutz und verlieh ihnen Gemeindeverfassungen. Von ba ab nahmen bte Städte eine ungemein schnelle Entwickelung und wurden dem Könige eme starke Hilfe gegen die Feudalherren. Es begann die Bildung der französischen Nationalität, deren erste That die Teilnahme an den Kreuzzügen war. Eine erhebliche Schabignng der französischen Krone trat unter Ludwig Vii. in der zweiten Halste des zwölften Jahrhunberts ein. Er hatte 6*

10. Das Mittelalter, die neuere und die neueste Zeit - S. 106

1893 - Leipzig : Voigtländer
— 106 — Wie durch die Übertragung der Papstwahl an das Kollegium der Kardinäle (f. Seite 61) zweifelhafte Papstwahlen viel seltener geworden waren, so hatten die Festsetzungen der goldenen Bulle dieselbe Folge sür die Königswahl. Allein nunmehr traten die Wahlkapitulationen ein, die Knüpfung der Wahl an Bedingungen, durch welche die Macht der Fürsten und Stände, besonders der Kurfürsten bedeutend gehoben, die der Kaiser dagegen stark beschränkt wurde. Die Kurfürsten wurden die eigentlichen Inhaber der obersten Gewalt im Reiche; die Kaiser mußten endlich zu bedeutungslosen Figuren an der Spitze von ganz unabhängigen Landesregierungen herabsinken. Schlimm war, daß alle Kurfürsten das jus de non appellando erhielten, d. H. das Vorrecht, daß von ihren Gerichten nicht an das königliche Gericht Berufung eingelegt werden durfte. Die goldene Bulle verbot auch alle Einungen und Eidgenossenschaften, für welche nicht die ausdrückliche kaiserliche oder landesherrliche Genehmigung erteilt worden war. Dennoch hatten diese Einungen damals gerade ihre Blütezeit. Wie wenig Karl sich in die italienischen Angelegenheiten mischte, ist schon angedeutet worden. Es war die Zeit Petrarkas und Cola Rienzis, von denen weiter unten die Rede sein wird. Wenzel (1378—1400) und Ruprecht von der Pfalz (1400-1410). Nach Karls Iv. Tode bestieg sein Sohn Wenzel den Thron. Unter dessen Regierung (1378 — 1400) nahmen Verfall und Zerrüttung immer mehr zu. An dem guten Willen, die Übelstände zu beseitigen, ließ Wenzel es nicht fehlen, aber seine Kraft genügte nicht. Anfangs machte er Versuche, den Landfrieden durchzuführen und die Kirchenspaltung zu beseitigen, aber die Verwirrung im Reiche stieg dennoch auf den Höhepunkt. Als er sich von der Erfolglosigkeit seiner Bestrebungen überzeugt hatte, verfiel er in Trägheit, Trunksucht und Grausamkeit. Da Wenzel auch die Geistlichkeit gegen sich aufreizte (Johann von Pomuk), wurde er 1400 abgesetzt und Ruprecht von der Pfalz erkoren, welcher nach rühm- und erfolgloser Regierung 1410 starb. Nun wurden in zwiespältiger Wahl zwei Luxemburger Sigismund von Brandenburg und Ungarn (s. Seite 104), hauptsächlich infolge der Bemühungen des Nürnberger Burggrafen Friedrich von Hohen-zollern, und Sigismunds Vetter Jobst von Mähren erhoben. Da Wenzel nicht zurücktrat, so waren 1410 drei römische Könige (zugleich drei Päpste!) vorhanden. Indessen starb Jobst schon 1411 und Wenzel verzichtete. Die Versuche zur Umbildung der kirchlichen Verhältnisse traten nun in den Vordergrund, und sie verwickelten sich mit der hussitischen Bewegung. Als Wenzel 1419 starb, handelte es sich nun auch um die Nachfolge in Böhmen.
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