Kreuzfahrer dem heißersehnten Ziele ihrer Pilgerfahrt zu und gelangten zuerst nach Betlehem, wo ihnen die Christen Palästinas, Psalmen singend, entgegen kamen. Allen voran eilte Tankred, und als die Kunde zum Heere kam, daß er die Mauer Jerusalems erreicht hatte, kam neues Leben in die zum Tod ermatteten Reihen. Als sie aber gar von den Bergeshöhen die leuchtenden Kuppeln der heiligen Stadt erblickten, kannte ihr Jubel und ihr Dank keine Grenzen.
„Jerusalem! Jerusalem!" mit heiligem Schauer rief man es, und die Kreuzfahrer umarmten sich jubelnd. Eingedenk des Schriftworts: „Ziehe deine Schuhe ans; denn der Ort, da du aufstehest, ist ein heiliges Land," legten die Pilger ihre Schuhe ab, küßten den heiligen Boden und eilten auf den steinigen, heißen Pfaden bis nach Jerusalem, wo sie am 6. Juni 1099 anlangten.
Aber die Stadt wurde von einem starken türkischen Heere verteidigt; 40,000 Mann standen gegen 20,000 ermattete Kreuzfahrer, dabei 1500 Ritter. Diefeu gab die Begeisterung Mut, daß sie einen
Sturm auf die feste Stadt wagten. Aber ihr Angriff wurde zurück-
geschlagen, und sie sahen bald ein, daß ihnen zu solcher Belagerung die Werkzeuge fehlten. Unter unsäglichen Mühen und Gefahren wurden Baumstämme aus der Umgegend herbeigeschafft, während viele der Kreuzfahrer angesichts der heiligen Stadt vor Hunger und Elend umkamen. Die Sonnenglut trocknete die Wasserbehälter aus; und fanden die Christen eine Quelle, dann kämpften sie um einen' Trunk Wassers, so daß sich oft ihr Blut mit dem ersehnten Tranke mischte. Nach
vierwöchentlicher, fast übermenschlicher Anstrengung hatten die Belagerer den Bau von zwei Türmen fertig, die Jerusalems Mauern um sieben Ellen überragten. Die Wände der Türme waren mit Tierhäuten umkleidet, die vor Wurfgeschossen schützen sollten, und eine aufgezogene
Fallbrücke kounte auf die Mauer der Stadt hinabgelassen werden. Am 14. Juli 1099 sollte der Sturm auf Jerusalem beginnen. In feierlicher Prozession zogen die Christen um die Stadt, voran die Bischöfe mit aller Geistlichkeit in weißen Kleidern, das Kreuz in den Händen; ihnen folgten die Fürsten, Ritter und übrigen Pilger, alle in Waffenrüstung. Unter heiligen Gesängen bewegte sich der Zug zum Oelberg, wo die Christen niederknieten und von den Anführern zu Mut und Ausdauer ermahnt wurdeu.
Die Türken auf hoher Mauer wußten nicht, was all das zu bedeuten hatte und sandten den Christen höhnend Pfeile zu. Ant andern
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— 216 —
Nun erwachte die alte Losung deutscher Zwietracht aufs neue „Hie Welf, hie Waiblinger!" Ein Teil des Reiches stand zu den Hohenstaufen, andere begehrten einen Kaiser aus dem Welfengeschlecht. Philipp von Schwaben mußte es sich gefallen lassen, daß er selbst zu Mühlhausen als deutscher König ausgerufen wurde (6. März 1198). Er soll es ungern gethan haben, nur um wenigstens die Krone seinem Hause zu erhalten, welche er dem unmündigen Königssohne nicht verschaffen konnte.
Die welfische Partei wählte Otto, den dritten Sohn Heinrichs des Löwen von Braunschweig, der im Nordwesten des Reiches Anerkennung fand, während Philipp den größten Teil Mittel- und Süddeutschlands für sich hatte. Aber beide Kronenträger waren nur die erwählten Vertreter fürstlicher Parteiinteressen, die nichts mit des Reiches Wohl zu thun hatten.
Philipp, ein würdiger Sohn Friedrich Barbarossas, tapfer, ritterlich, ein frommer und gelehrter Herr seiner Zeit, war einst für den geistlichen Stand bestimmt gewesen und sein Familienleben gab dem deutschen Volke ein Vorbild feiner Sitte und häuslichen Glücks. Denn seine anmutige Gemahlin, die griechische Prinzessin Irene, verstand und würdigte ihres Gatten Vorliebe für Wissenschaft und Kunst und pflegte gleich ihm an ihrem Hofe den deutschen Minnegesang. Der edle Hohenstaufe wäre den meisten Großen des Reichs ebenso willkommen gewesen, wie der Masse des Volkes, wenn nicht die päpstliche und mit ihr die welfische Partei ihren Vorteil mehr gesucht hätte, als des Reiches Glück.
Otto hatte seine Jugendzeit fast nur in fremden Landen zugebracht, war der stete Begleiter seines Oheims, Richard Löwenherz's von England, gewesen, hatte sich an dessen Hose in ritterlichen Künsten geübt, und glich dem Oheim an wilder Fehdelust. Richard setzte alle Mittel in Bewegung, seinem Neffen den deutschen Königsthron zu sichern, der selbst am allerwenigsten Lust hatte, den ihm fremden deutschen Landen ein treuer König zu sein. Doch ließ er sich eiligst zu Stachen frönen, während Philipp in Mainz gekrönt worden war. Beide Könige aber suchten sich die Freundschaft des Papstes Innocenz Iii. zu erwerben, um in ihm eine Stütze zu finden. Dieser riet anfangs zu gütlichem Vergleich; als aber Otto zu Gunsten der Kirche und des Papstes auf mancherlei Besitztümer und Rechte verzichtete, gebot der
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Extrahierte Personennamen: Welf Philipp_von_Schwaben Philipp Otto Heinrichs Heinrichs Philipp Philipp Philipp Philipp Friedrich_Barbarossas Friedrich Barbarossas Irene Otto Richard_Löwenherz's_von_England Richard Philipp Philipp Innocenz_Iii Innocenz Otto
— 230 —
den Pflichten seiner Königswürde ab, für die er an den Erzbischof von Köln 12,000 Thaler, an Mainz 13,000, dem Herzog von Bayern 9000 und an andere deutsche Fürsten 8000 Thaler bezahlt hatte.
Das alles brachte große Verwirrung über Deutschland. Jeder Fürst und jeder Ritter meinte, nehmen zu können, was ihm beliebte. Faustrecht und Raubrittertum wurden ärger, als je zuvor, utib das> Fehdewesen unter Fürsten und Adel konnte sich ungehindert ausbreiten. Die Burgen, einst Sitz und Pflegestätte ritterlichen Familienlebens, waren Raubnester geworden, in denen wegelagernde Ritter ihre Beute verbargen, die sie reisenden Kaufleuten abgenommen oder andern Rittern und geistlichen Herren.
Da erhoben sich die deutschen Städte und vereinten sich um ihrer Selbsterhaltung willen gegen solches Unwesen zu einem Verbände^ der zu einer politischen Macht wurde. Die sechzig Bundesstädte des „Rheinbundes" verpflichteten sich, nur dem als König gehorchen zu wollen, den die Fürsten einstimmig wählen würden; sonst wollten sie feinem beistehn, keinen aufnehmen, ihm Geld leihen oder Dienste leisten (1241). Schon früher war die deutsche Hansa, der norddeutsche Städtebund, entstanden, dem sich Hamburg, Lübeck, Braunschweig und viele andere Städte angeschlossen hatten. Er gelangte erst später zu seiner vollen Bedeutung.
Nicht zufrieden damit, den Hohenstaufen in Deutschland allen Boden entzogen zu haben, arbeitete die päpstliche Partei auch in Italien an dem Untergange Manfreds und des letzten unmündigen Hohenstaufen Konradin. Zunächst bot der Papst dem Bruder des Königs Ludwig von Frankreich, Karl von Anjou, die Krone von Sizilien an, doch kam die Sache nicht sobald zum Abschluß, da der fromme Ludwig auch für seinen Bruder kein unrecht Gut haben wollte.
Ein desto weiteres Gewissen hatte dieser, und Papst Urbans Nachfolger, Klemens Vi., krönte den Franzosen Karl von Anjou gegen das Versprechen völligen Gehorsams und einer jährlichen Abgabe von 8000 Unzen Goldes zum König von Sizilien (1266), das doch rechtmäßig Besitz der Hohenstaufen war. Aber Herr des Landes wurde der Franzose erst nach der Schlacht von Benevent, in welcher Manfred gefallen war. Er hatte seinen Tod geahnt. Als er mit einer Schar vorandringen wollte, fiel ihm seine silberne Helmzier, ein Adler, aus den Sattelknopf nieder. Manfred stürmte tapfer in die dichtesten Reihen
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Extrahierte Personennamen: Konradin Ludwig_von_Frankreich Ludwig Karl_von_Anjou Karl Ludwig Ludwig Urbans_Nachfolger Urbans Klemens_Vi Karl_von_Anjou Karl Manfred Manfred
Extrahierte Ortsnamen: Mainz Deutschland Hamburg Deutschland Italien Sizilien Sizilien
— 235 —
welche begeistert ihrem Rufe folgten, und das Christentum hatte seine Kraft gegen den Muhamedanismus des Morgenlandes siegreich in die Wagschale geworfen. Wie viele Wandlungen des Eifers und der Erfolge die sieben Hauptkreuzzüge während zweier Jahrhunderte haben mochten, die Macht der Päpste war während dieser Zeit derart gewachsen, daß der päpstliche Bann Kaiser Friedrich Ii. treffen konnte, weil er den dem Papste gelobten Kreuzzug verzögert hatte.
Mit dem Falle von Accon war der letzte Besitz abendländischer Christen in Palästina verloren (1291), und sechs Millionen Menschen wären nur einer frommen Träumerei oder dem hierarchischen Gehorsam geopfert worden, wenn die Kreuzzüge nicht auf Sitten und Religion, auf Kunst und Wissenschaft, wie auf geistige und materielle Entwicklung des europäischen Völkerlebens, damit deutscher Kultur, einen überwältigenden Einfluß gehabt hätten. Es mag sich diese Einwirkung am besten bei den einzelnen Ständen erkennen lassen.
Kaiser und Fürstengewalt.
Die Hohenstaufen trachteten zunächst darnach, das unter den letzten Kaisern, besonders unter Lothar von Sachsen sehr geschädigte kaiserliche Ansehen wieder herzustellen. Damit stießen sie auf viel feindlichen Widerstand. Die Herzogswürde war meist erblich geworden, wogegen ein starkes Königtum nur durch die besondre Kraft des jedesmaligen Trägers der deutschen Krone möglich war, die er seinem Erben
nicht ohne weiteres hinterlassen konnte. Denn das Wahlrecht der Deutschen war bei den letzten Königskrönungen sehr in den Vordergrund getreten, und schon jetzt hatten einzelne geistliche und weltliche Fürsten dabei eine maßgebende Stimme gewonnen, obgleich von den eigentlichen Wahl- oder Kurfürsten hier noch nicht die Rede ist.
Das Ringen der Fürstengewalt gegen das Kaisertum, die Spal-
tungen der Welfen und Ghibellinen, veranlaßten die Kaiser oft, Hoheitsrechte und Privatgüter an ihre Anhänger zu vergeben oder sich solche durch Gaben zu gewinnen, so die Städte, oft auch die Geistlichkeit, durch Rechtsverleihungen. Darin lag notgedrungen eine Schwächung des Königstums und damit des Reiches, wodurch Papst und Kirche ein Uebergewicht erhielten. Des alten deutschen Reiches Herrlichkeit, welche Karl der Große begründete, hatte nicht zum wenigsten darin geruht, daß der deutsche Kaiser in unbeschränkter monarchischer Gewalt oberster Lehns- und Schirmherr des Staates und der Kirche war.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Ii Friedrich Accon Lothar_von_Sachsen Karl_der_Große Karl
— 321 —
Neichsbeschlüssen nicht als Reichsangehörige fügen. Sie brauchten kein Reichskammergericht und wollten keine Steuer zahlen.
Der süddeutsche Edelmann, in ewiger Fehde mit dem schweizer Bauer, wollte außerdem endlich einmal große Abrechnung und Entscheidung suchen. Das war der „Schwabenkrieg", der Kampf zwischen „Stiefel" und „Bundschuh", in dessen Verlauf die Eidgenossen Sieger blieben. Auch Maximilian wurde schließlich von demselben Geschick ereilt. Obgleich er in einem verheerenden Kriegszuge mehr als zweihundert Ortschaften der Schweiz zerstörte, unterlag er den Eidgenossen lind mußte im „Baseler Frieden" (22. Sept. 1499) auf alle Rechte an die Schweizer verzichten, welche als Eidgenossenschaft allmählich in 13 Kantonen vereinigt, sich nicht mehr „Glieder", sondern „gehorsame Verwandte" des Reiches nannten.
Auch in Italien endete Maximilians nochmaliger Römerzug unglücklich (1504). Das Herzogtum Mailand mußte endlich dem französischen Könige als Mannslehen überlassen werden. Aber das .alles brach Maximilians Kampfeslust nicht. Voll ritterlicher Begeisterung plante er einen Kreuzzug gegen die Türken und begehrte Reichshülfe. Doch meinten die deutschen Fürsten, gegen einen solchen Feind vermöchte nur die vereinte europäische Macht etwas auszurichten, und so unterblieb jeder Widerstand gegen die Osmanen. Gab es doch auch inmitten des Reichs so viele Verhältnisse zu ordnen und Streitigkeiten auszugleichen, deren Stürme an den morschen Säulen des alten Kaiserbaues rüttelten. So verheerte ein neunmonatlicher Erbfolgestreit das bayerische Land, bis Maximilian durch gütlichen Vergleich einen -eil Niederbayerns als besondere Herrschaft Pfalz-Neuburg, Ober-pfalz, abzweigte und dadurch die streitenden Parteien befriedigte (1505).
-io wenig das Kriegsglück dem Hause Oesterreich lächelte, Erbschaft nach Erbschaft und manche glückliche Heirat vermehrten unausgesetzt seine Hausmacht. Der Jnfant von Kastilien, Maximilians Schwiegersohn, war wenige Monate nach seiner Vermählung gestorben. Ihm war seine Schwester, die Königin von Portugal und deren Sohn im Tode gefolgt, und der deutsche Kaisersohn Philipp (v. Burgund) wurde dadurch mit seiner Gemahlin Johanna Erbe der Länder ihrer Eltern: Spanien, Sizilien und Neapel. Aber auch er starb bald, und ein Lohn Karl (A .), also der Enkel Maximilians, erhielt die Anwartschaft ans das Erbe seines Vaters (1506), das einst einen Teil
Born hak, Unser Vaterland. ,
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Extrahierte Personennamen: Maximilian Maximilian Maximilians Maximilians Maximilian Maximilian Maximilians_Schwiegersohn Maximilians Philipp_( Philipp Johanna Karl_( Karl Maximilians
— 435 -
Jahre alt, mit den im Todesschrecken ahnungsvollen Worten: „Gott itnrd kommen!" Ihm folgte in der Kurwürde sein Bruder August. Acht Tage später ging auch Johann Friedrich zur ewigen Ruhe.
Markgraf Albrecht wurde als Störer des Reichsfriedens in die Reichsacht gethan und floh als Geächteter über den Rhein nach Frankreich. Dort trug er in der Stille sein Unglück als eine wohlverdiente Strafe Gottes, weil er einst als protestantischer Fürst in des Kaisers Dienst das Evangelium verfolgt habe. In frommen Uebungen verbrachte er den Rest seines Lebens, und das von ihm gedichtete Kirchenlied „Was mein Gott will, gescheh allzeit," zeugt von der stillen Ergebung des Brandenburgers in sein herbes Geschick.
Karl V. sah alle hochfliegenden Pläne seines Lebens vernichtet, rind die mächtigen Reiche seiner Herrschaft, in denen „die Sonne nicht unterging", trugen für ihn nur die Vergänglichkeit alles Irdischen an sich. Darum waren ihm Krone und Szepter eine zu schwere Last geworden, und der gebrechliche Körper mahnte ihn, sein Halls zu bestellen. In klösterlicher Stille wollte er seine letzten Tage verbringen.
Nachdem er seinem Sohne Philipp, der schon durch seine Vermählung mit der katholischen Maria von England dem Hause Habsburg eine Machtvergrößerung zugebracht, das Erbe der spanischen Krone, Mailand und Neapel abgetreten hatte, übergab er ihm die Herrschaft der Niederlande. Eine ergreifende Schilderung dieser Uebergabe zeichnet noch einmal die Persönlichkeit Kaiser Karls V. (25. Oktober 1555). Ju dem reich geschmückten Kronsaale des königlichen Palastes zu Brüssel erhob sich die prächtige Estrade, zu der sieben Stufen emporführten. Drei mit Gold und Edelsteinen geschmückte Sessel standen unter dem mit dem burgundischen Wappen geschmückten Thronhimmel, der mittlere für den Kaiser bestimmt, der zur Rechten für seinen Sohn Philipp. Zur Linken war der Sessel der Schwester des Kaisers, bisherigen Statthalterin der Niederlande, Königin Marie von Ungarn. Etwas tiefer befanden sich die Sitze der Ritter vom goldenen Vließ und die der übrigen Fürsten und Herren, noch tiefer die Bänke der Räte. Ringsum im ocicite hatten sich die Abgeordneten aller niederländischen Provinzen niedergelassen.
Erwartungsvolle Stille ruhte auf der Menge, und aller Augen Waren auf bk Eingangspforte gerichtet, als sich die weiten Flügeltüren des Saales ans thaten, und der Kaiser herein wankte, mit der
2s*
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Extrahierte Personennamen: August Johann_Friedrich Johann Friedrich Albrecht Albrecht Karl_V. Karl_V. Philipp Philipp Maria_von_England_dem_Hause_Habsburg Maria Karls_V. Karls_V. Philipp Philipp Marie_von_Ungarn
Extrahierte Ortsnamen: Rhein Frankreich Mailand Neapel Niederlande Niederlande
Autor: Marten, Adolf, Jastram, Heinrich, Hüttmann, J. F.
Hrsg.: ,
Auflagennummer (WdK): 11
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Volksschule
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
121
wenn er nicht in, Italien war, durch Urteil und Strafe die
Ordnung herzustellen, wobei er die Großen unter den Frevlern
eben so wenig schonte wie die Kleinen. Die Fürsten mußten ihn:
gehorsam sein. Er hat erhebend und veredelnd auf das deutsche
Volk gewirkt, dessen „schönste Zeit in Sitte, Poesie, Bildung und
fröhlichein Volksleben mit ihm anbricht." Heinrich dem Löwen
gab er zu Sachsen Bayern zurück (Österreich wurde selbständig),
so daß dieser nun der mächtigste deutsche Fürst war und von den
Alpen bis zum Meere herrschte. Anfangs stand er auf der Seite
des Kaisers, ja rettete diesem einmal das Leben. Dazu hat er
die Wenden in Mecklenburg und Pommern unterworfen, deutsche
Kolonisten hingesandt, das Christentum dort verbreitet, München
und Lübeck erbaut. Der Kaiser schützte ihn gegen seine Feinde.
Später wurde Heinrich seinem Kaiser untreu, so daß dieser durch
seine Schuld die Schlacht von Legnano (lenjano) in Italien verlor.
Heinrich kam in die Reichsacht und behielt nur seine Stammgüter
in Braunschweig-Lüneburg (Bayern kam an Otto v. Wittelsbach,
Sachsen teils an Anhalt, teils an Bischöfe). — 2. Friedrich als
römischer Kaiser. Er war einer der gewaltigsten Kaiser. Auf
dem Reichstage in Würzburg erschienen außer den deutschen
Fürsten Gesandte aus fast allen europäischen Ländern, der König
von England erkannte seine Oberherrschaft an. Ein herrliches
Fest hielt er 1184 in Mainz (Fürsten, Bischöfe, Gesandte,
Sänger, 40000 Ritter, Zeltstadt, Tourniere re.) Zn Italien
wollte er seinem Hause eine unabhängige Königsmacht gründen
und machte deshalb sechs Römerzüge (1. Zug: der Kaiser wurde
gekrönt und hielt einen Reichstag ab, 1154; 2. Zug: das empörte
Mailand ward unterworfen und zerstört, es wurden kaiserliche Be-
amte eingesetzt, 1158—62; 3. Zug: der Kaiser, ohne Heer, wich
vor der lombardischen Städteempörung zurück; 4. Zug: Mailand
war wieder erbaut, eine neue Empörung konnte der Kaiser nicht
dämpfen, weil Krankheit sein Heer aufrieb, 1166; 5. Zug: die
Schlacht bei Legnano ging verloren (weshalb?), dann erfolgte die
Aussöhnung zwischen dem Kaiser und dem Papst und den Städten,
welche kleine Republiken unter kaiserlicher Oberhoheit wurden, 1174
bis 77; 6. Zug: der Kaiser zog friedlich nach Italien, um seinen
Sohn, den deutschen König Heinrich, mit Konftanze, der Erbin
von Neapel und Sizilien, zu vermählen, 1184—1186). — Zn
seinem Alter unternahm Friedrich noch einen Kreuzzug („Als
Kaiser Rotbart lobesam" — von Uh land) und verlor im Flusse
Seleph in Kleinasien sein Leben. Er ist das Bild deutscher
Größe geblieben. Lange mochte das Volk nicht an seinen Tod
glauben. Die Sage hat ihn in den Kyffhäuser in Thüringen ver-
setzt, wo er verzaubert schläft, bis er einst erwachen und die
Herrlichkeit des deutschen Reiches von neuem gründen würde.
(„Der alte Barbarossa" von Rücken).
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Extrahierte Personennamen: Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Otto Friedrich Friedrich Heinrich Heinrich Friedrich Friedrich
Autor: Hüttmann, J. F., Jastram, Heinrich, Marten, Adolf
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
211
liegen am hintern Theile des Kopfes, bestehen meist aus kamm-
sörmig aneinander gereihten Blättchen und sind bei der Mehr-
zahl mit einem knöchernen Kiemendeckel bedeckt. Die Fische
ziehen fortwährend Wasser durch den Mund ein und lassen
dasselbe durch die Kiemenspalten wieder ausfließen; daher hat
es den Anschein, als ob sie immer Wasser verschluckten. Während
letzteres an den Kiemen vorbeifließt, wird das Blut in diesen
durch den Sauerstoff der im Wasser enthaltenen Luft in ähn-
licher Weise verändert und erneuert, wie dies beim Athmen durch
Lungen der Fall ist. Viele haben im Innern des Leibes eine
Schwimmblase. Als Gliedmaßen haben sie Flossen. Die Nah-
rung besteht meist in thierischen Stoffen. Die Vermehrung
geschieht gewöhnlich durch Rogeneier. Viele erreichen ein sehr
hohes Alter. Zahlreiche Gattungen dienen dem Menschen zur
Nahrung; sa, es giebt ganze Völkerschaften, die nur vom Fisch-
fänge leben.
1. Was sind Fische? — 2. Wie sind sie gebaut? — 3. Wie athmet
der Fisch? — 4. Wozu dient ihm die Schwimmblase?
£5. 45. Die wichtigsten Fische. Eintheilung der
Fische: a) Grätenfische (Skelett knochig; Körperhaut mit
Schuppen, selten nackt), b) Knorpelfische (Skelett knor-
pelig; Körperhaut ohne wahre Schuppen, rauh, stachelig oder
mit Schildern; Maul ein runder Saugmund oder eine Quer-
spalte unterhalb des Schnauzenendes). — 1. Grätenfische: Der
Flußbarsch lebt in unsern Flüssen, wird 42 cm. lang, hat eine
gelblich grüne Farbe und ein schmackhaftes Fleisch. Der ge-
meine Wels, mit 4 kurzen und 2 langen Bartfäden, größter
europäischer Flußfisch (5 m. lang, 300 Pfund schwer) gefräßiger
Raubfisch, besonders häufig in der Donau, Fleisch gegessen, Blase
giebt Fischleim. Der Lachs, 1,8 m. lang, schwärzlichgrün, Seiten
bläulich, im Frühlinge unregelmäßig braun gefleckt, unten weißlich.
Die Lachse ziehen im Mai aus den nordischen Meeren in geord-
neten Scharen auswärts in die Flüsse (Rhein, Elbe, Weser),
wobei sie oft über 1'/2 m. hohe Wehre springen. Geräusch (Wasser-
mühlen, Dampfschiffe), so wie ihre Hanptseinde, die Seehunde,
verscheuchen sie. Das röthliche Fleisch wird geräuchert und mari-
niert sehr gern gegessen. Karpfen, bis 1,25m lang, 30 — 40 Pfd.
schwer, olivenbräunlich, Seiten gelblich, mit 4 starken Bartfäden,
können 200 Jahre alt werden. Aus Südeuropa seit 300 Jahren
allmählich nach Nordeuropa und Amerika verpflanzt, gleichsam als
Hansthier überall in Teichen gehalten wegen des wohlschmeckenden
Fleisches und der leichten und starken Vermehrung. Der Gold-
Autor: Hüttmann, J. F., Jastram, Heinrich, Feddeler, Gustav, Marten, Adolf, Renner, August
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Schülerbuch
Schultypen (WdK): Volksschule
Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
Inhalt Raum/Thema: Weltkunde
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): offen für alle
— 99 —
großen Teil aus Holz; nur Holz diente zur Feuerung. Heute verschlingen
Bergbau und Industrie viel Holz. Ganze Wälder sind als Grubenholz in
den Schächten aufgespeichert. Fabriken verarbeiten das Holz zu Holzessig,
Teer, Kreosot, Kohle, Holzpapier. Der deutsche Wald kann nicht genug
liefern. Aber Rußland, Finnland, Schweden, Österreich-Ungarn, Amerika
geben uns von ihrem Überfluß. In den Jahren 1898 bis 1908 bekamen wir
jährlich für über 200 Mill. Mk. Holz vom Auslande.
Der deutsche Wald ist oft in Liedern besungen. Er ist der herrlichste Schmuck
unsers Vaterlandes. Die sauersioffreiche Waldluft stärkt Kranke und Gesunde.
Er beherbergt einen reichen Wildstand, dazu zahlloses kleineres Getier; manche
Blumen und Kräilter gedeihen nur auf Waldboden; der Wald ist für viele Orte
ein Schutz gegen kalte Winde; Stürme und Lawinen brechen sich in ihm. Das
Laub hindert die schnelle Verdunstung des Wassers; die dicke Humusschicht saugt
wie ein Schwamm die Nässe ein und gibt sie erst nach und nach an den Boden
und an die Gewässer ab; darum bewahrt der Wald sowohl vor Überschwemmungen
als auch zu schnellem Austrocknen der Bäche und Flüsse; er regelt Feuchtigkeit
und Wärme des Bodens. Verliert ein Bergabhang seinen Wald, dann wird der
fruchtbare Boden bald vom Wasser abgespült. Die früher blühenden Land-
schaften Kleinasiens sind durch den unvernünftigen Waldabtrieb in Wüsten ver-
wandelt. Von großem Nutzen ist die Aufforstung öder Gegenden. In der Lüne-
burger Heide sind weite Flächen bepflanzt worden.
8 51» Fischerei.
1. Binnenfischerei. Von wachsender Bedeutung für die Ernährung
unsers Volks ist die Fischerei. Der Dümmer, das Steinhuder Meer, die Seen in
Ostelbien sind neben den Flüssen die von Natur gegebenen Sitze der Binnen-
fischerei. Bei Hameln in der Weser werden Lachse gefangen. Der natürliche
Fischreichtum unserer Gewässer hat sehr gelitten, seitdem durch den gesteigerten
Schiffsverkehr und die Kanalisation der Flußläufe die Brutstätten der Fische zer-
stört und durch die Abwässer der Fabriken und Städte die Flüsse verunreinigt
sind. Durch Anlegung von Fischteichen, durch Aussetzen von Brut sucht man die
Zahl der Fische zu vermehren.
2. Seefischerei. jeinen besonderen Aufschwung hat die Seefischerei
genommen. Am umfangreichsten ist der Betrieb in der N o r d s e e. Deutschland
schickt alljährlich etwa 500 Fahrzeuge, darunter 100 Dampfer, aus. Allerdings
entfallen von den 170 Mül. Mk., die die Nordseefischerei jährlich einbringt, auf
Deutschland nur 20 Mill. Mk. Wichtigster Ort ist Emden, dann
folgen Geestemünde, Bremerhaven, Cuxhaven, Hamburg. Der Bedarf wird
aber längst nicht gedeckt. Allein an Heringen muß Deutschland für etwa 30 Mill.
Mark zukaufen. Außer Heringen holen wir aus der Nordsee Schellfische, Schollen,
Dorsche, Kabeljau, Lachse, Austern; die Ostsee liefert Sprotten, Stint und Heringe.
8 32. Der Bergbau.
1. Geschichtliches. Der Bergmann sucht die unterirdischen Schütze aus und
fördert sie durch Schacht und Stollen zutage. Schon früh hat er die Adern des
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TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer]]
TM Hauptwörter (100): [T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T79: [Wein Zucker Baumwolle Kaffee Getreide Tabak Fleisch Holz Wolle Handel], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff]]
TM Hauptwörter (200): [T89: [Wasser Fluß Quelle Bach See Erde Boden Brunnen Land Ufer], T101: [Baumwolle Kaffee Tabak Getreide Reis Zucker Holz Ausfuhr Wein Zuckerrohr], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch]]
Extrahierte Personennamen: Bergmann
Extrahierte Ortsnamen: Finnland Schweden Amerika Kleinasiens Ostelbien Hameln Deutschland Deutschland Emden Bremerhaven Cuxhaven Hamburg Deutschland Nordsee_Schellfische
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an die Kiemenblätter ab, und diese geringe Menge Luft genügt dem
Goldfisch zum Atmen. Der Goldfisch atmet also nicht durch Lungen,
sondern durch Kiemen. Wenn man einen Fisch aus dem Wasser
nimmt, muß er bald sterben; denn die Kiemenblätter trocknen zusammen
und können dann keine Luft mehr aufnehmen; er erstickt, d) Der Gold-
fisch muß seine Nahrung im Wasser suchen. Dabei nützen ihm Geruch
und Gehör nicht viel, wohl aber das Gesicht. Er kann sehr gut
sehen, aber nur wenig hören und riechen.
2. Die Pflege des Goldfisches. Der Goldfisch lebt nicht in unsern
Flüssen und Seen. Er ist aus China zu uns gekommen. Wir pflegen
ihn in besondern Behältern oder in künstlichen Teichen. Man sollte
den Goldfisch nicht in die runden, oben engeren „Goldfischgläser" setzen,
sondern in etwas größere viereckige Gefäße. In einem solchen Gefäße
(Aquarium) wachsen auch zugleich einige Wasserpflanzen, die das Wasser
rein erhalten und es für den Fisch zum Atmen brauchbar machen. In
einem Behälter, der keine Pflanzen enthält, muß das Wasser alle
Z—4 Tage erneuert werden, im Sommer öfter als im Winter. Auch
darf das frische Wasser nicht zu kalt sein. Man füttert den Goldfisch
am bequemsten mit Ameisenpuppen oder geschabtem Magerfleisch; Oblaten,
Weißbrot u. dergl. verunreinigen das Wasser.
Verwandte: Karpfen, Weißfisch, Rotauge, Schleie.
1. Welche Lage nimmt ein toter Goldfisch ein? warum? — 2. Beobachte
die Flosseubewegungen, bei Stillstehen, Drehen, Auf- und Niedersteigen des Gold-
fisches! — 3. Wie verfährt man beim Wechseln des Wassers? — 4. Kennst du
andere Aquarienfische?
4. Klaffe.
I. Pflanzenkunde.
§ 90. Die Schlüsselblume oder Primel. 1. Der Name.
Schlüsselblume heißt sie, weil sie in der Sage das verzauberte Schloß
oder gar den Himmel öffnet. Primel bedeutet die erste; denn sie gehört
zu den ersten Frühlingsblumen.
2. Blätter und Blüten, a) Aus dem Kopfe der Grundachse
wächst eine Rosette von runzeligen Blättern mit flachrinnigen Blatt-
stielen hervor. Die Grundachse stirbt im Herbste nicht ab; sie ist
ausdauernd. Regen- und Tautropfen benetzen die Wulste der Blatt-
fläche nicht. Sie rollen in den Vertiefungen zur Mittelrinne und dann
durch die Blattstielrinne zur Grundachse, b) Aus der Mitte der
Blattrosette erhebt sich ein Blüten sch äst, d. i. ein Stengel ohne
Blätter. Er trägt 6 — 12 Blüten, deren Stiele alle in gleicher Höhe
entspringen; sie bilden eine Dolde. Kelch und Blumenkrone sind