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starb aber schon im nächsten Jahre. Sein Bruder Valduin folgte ihm als
König von Jerusalem.
6. Ausgang und Folgen der Kreuzzüge. Durch die Uneinigkeit der
Christen ging später ein Ort nach dem andern wieder verloren. Sechs Millionen
Menschen waren vergeblich geopfert. Die Kreuzzüge sind indessen von wichtigen
Folgen gewesen. Das Ansehen der Päpste und die Macht der Kirche wuchs
ungemein. Viele Fürsten erweiterten ihre Hausmacht durch erledigte Lehen.
Das Rittertum entwickelte sich zur vollsten Blüte. Die Macht der Städte
wuchs zusehends durch den lebhaften Handelsverkehr. Viele Leibeigene
kauften sich los, und der Bauernstand wurde freier. Die Völker traten
sich näher; neue Länder, Pflanzen und Tiere wurden bekannt, fremde Sprachen
und die Werke gelehrter Griechen und Araber studiert, den Malern und Dichtern
neue Gegenstände für ihre Kunst zugeführt.
10. Friedrich I. Barbarossa (1122—1190).
1. Der Staufer Friedrich I. Die staufischen Kaiser (Hohenstaufen)
stammen von der Burg Staufen in Schwaben. Unter ihnen blühte Deutsch-
land wie nie zuvor. Der herrlichste Staufer war Friedrich I., den die Italiener
wegen seines rötlichen Bartes Barbarossa nannten. Er war mittelgroß,
hatte eine weiße Haut, rote Wangen und blaue Augen, die im Zorne Flammen
sprühten. Im Reiten und Fechten war er ein Meister. Sein Urteil war scharf,
sein Gedächtnis sicher, seine Gerechtigkeit unbestechlich.
2. Seine Züge nach Italien. Friedrich schaffte
zuerst Ordnung in Deutschland und brach viele Raub-
burgen. Dann zog er nach Italien, um die hochmütige
Stadt Mailand zu unterwerfen. Er zerstörte sie und
zwang die trotzigen Bürger, barfuß, mit Stricken um
den Hals, Asche auf den Häuptern und Kreuzen in den
Händen an seinem Throne Unterwerfung zu geloben.
Während jedoch Friedrich in Deutschland war, wurde
Mailand wieder aufgebaut und ein großer Städtebund
gegen ihn zustande gebracht. Friedrich eilte nach Italien
und stand den gerüsteten Feinden gegenüber. Da ver-
sagte sein Jugendfreund, der Herzog Heinrich der
Löwe, den Gehorsam. Friedrich bat und beschwor ihn,
seine Ehre und des Reiches Heil zu bedenken, aber Hein-
rich blieb unbewegt. Das schwache Heer des Kaisers
wurde hierauf von den Städtern gänzlich besiegt. Der
Kaiser stürzte mit seinem Rosse und verschwand im Ge-
tümmel. Erst nach vier Tagen, als die Kaiserin schon
9. Friedrich Barbarossa. Trauerkleider angelegt hatte, erschien er, wie durch ein
Wunder gerettet, bei den Seinen. Hierauf wurde Waffenstillstand und später
Friede geschlossen. Die Städte erkannten die Oberhoheit des Kaisers an, be-
hielten aber viele Freiheiten.
3. Die Bestrafung des Verräters. Heinrich der Löwe wurde vor-
geladen, um sich zu verantworten, erschien aber nicht. Da wurde er in die Acht
gethan und seiner Länder verlustig erklärt. Weil aber sein Besitz von der dänischen
Grenze bis an die Alpen reichte, so wehrte er sich bis ins dritte Jahr. Da ward
ihm die Hand des Kaisers zu schwer. In Erfurt warf er sich ihm zu Füßen und
bat um Verzeihung. Sein Erbland Braunschweig erhielt er wieder, mußte
aber in die Verbannung nach England gehen. Bayern erhielt Otto von
Wittelsbach, dessen Nachkommen dort noch aus dem Throne sitzen.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_I. Barbarossa Barbarossa Friedrich_I. Friedrich_I. Friedrich_I. Barbarossa Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Heinrich_der
Löwe Heinrich Friedrich Friedrich_Barbarossa Friedrich Barbarossa Heinrich Otto_von
Wittelsbach Otto
Extrahierte Ortsnamen: Jerusalem Burg_Staufen Schwaben Italien Deutschland Italien Mailand Deutschland Mailand Italien Erfurt England
4. Friedrichs Kreuzzug und Tod (1190). Als Friedrichs Macht überall
befestigt war, feierte er ein glänzendes Turnier und Volksfest in Mainz, von dem
Sagen und Lieder noch lange erzählten. In Italien wurden dem Kaiser die
höchsten Ehren erwiesen, und er vermählte dort seinen Sohn mit der Erbin
Unteritaliens. Plötzlich kam die Kunde aus dem Morgenlande, daß der Sultan
Saladin Jerusalem erobert hätte. Schmerz und Jammer ergriff alle Herzen.
Da stellte sich der greise Kaiser an die Spitze eines Kreuzheeres und drang sieg-
reich in Kleinasien vor. Als das Heer über den Fluß Seleph ging, sprengte
der Kaiser mit dem Rosse in die Flut, wurde aber von den Wellen ergriffen und
ertrank. Unbeschreiblich war die Trauer des Pilgerheeres. Das deutsche Volk
aber glaubte nicht an den Tod des herrlichen Helden und versetzte ihn durch die
Sage in den Kyffhäuserberg, von wannen er einst wiederkommen würde, um
die Herrlichkeit des Reiches zu erneuern.
5. Das Ende des letzten Staufers. Konradin war der letzte Sproß des
staustschen Hauses. Der Bruder des französischen Königs hatte ihm sein erbliches
Königreich Unteritalien entrissen. Um es wieder zu erobern, zog er nach Italien
und siegte auch über seinen Gegner. Da aber seine Krieger sich zerstreuten und
zu plündern ansingen, fiel ein Hinterhalt über sie her und vernichtete sie. Kon-
radin und sein bester Freund wurden gefangen genommen und zum Tode ver-
urteilt. Barfuß und in Hemdärmeln bestieg Konradin das Schafott, umarmte
seinen Freund, befahl seine Seele Gott und legte sein schönes Haupt aus den Block
mit den Worten: „O Mutter, welchen Schmerz bereite ich dir!" Dann empfing
erden Todesstreich. Sein Freund schrie auf in namenlosem Schmerze; dann fiel
auch sein Haupt. Das Volk zerfloß in Thränen, aber der Thronräuber stand
kalt hinter dem Fenster und sah mit Befriedigung das Ende des letzten Staufers
(1268). Frieden und Freude hat er jedoch in dem geraubten Besitz nicht gefunden.
Ii. Das Leben im Mittelalter.
1. Das Rittertum. Die beste Stütze der Fürsten bei Kriegen waren die
Ritter. Sie kämpften zu Roß und zu Fuß. Ein Panzer schützte Brust und
Rücken, ein Helm das Haupt, ein Visier das Gesicht, die Schienen Arme und
Beine. An der Seite hing das Schwert; die Hand schwang die Lanze; ein
Schild war die Schutzwaffe. Die Ritter mußten eine lange Schule durchlaufen.
Vom 7.—14. Jahre dienten sie als Pagen auf einer Burg oder an einem
Fürstenhofe und lernten höfische Sitte. Vom 14.—21. Jahre begleiteten sie ihre
Herren als Knappen und lernten das Waffenhandwerk. Im 21. Jahre er-
hielten sie meist den Ritterschlag. Am Altar mußten sie geloben, die Kirche
zu ehren, die Ungläubigen zu bekämpfen, die Wahrheit zu reden, das Recht zu
verteidigen, im Dienste der Fürsten und Frauen treu und gewärtig zu sein.
Wehrlose, Witwen und Waisen zu beschirmen. Die Turniere oder Waffen-
spiele wurden aus einem freien Platze gefeiert, der mit Sand bestreut, durch
Schranken eingefaßt und von Schaubühnen überragt war. Die Sieger erhielten
den „Dank" aus den Händen edler Frauen.
In der Zeit der Kreuzzüge entstanden 3 Ritterorden, deren Glieder wie
Mönche die Gelübde des Gehorsams, der Ehelosigkeit und Armut ablegten.
Die Johanniter ehrten Johannes den Täufer als Schutzpatron und pflegten
kranke und hilflose Pilger. Die Templer bauten ihr Ordenshaus auf der
Stätte des salomonischen Tempels und schützten die Pilger mit den Waffen.
Die deutschen Ritter trugen ein schwarzes Kreuz auf weißem Mantel. Sie
wurden später nach Preußen gerufen, eroberten, bekehrten und kultivierten das
heidnische Land.
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21
schrieen „Hui, hui" und wehrten sich tapfer, aber die Mehrzahl wurde erschlagen
oder in die Flucht gejagt. Viele christliche Sklaven wurden befreit, 7 ungarische
Führer mit abgeschnittenen Nasen und Ohren zur Warnung heimgeschickt. Der
zweite Ungarnhause wurde bei Sondershausen vernichtet. — Heinrich starb
zu Memleben an der Unstrut und liegt in Quedlinburg begraben. Seine
Gattin Mathilde weilte oft und gern zu Nordhausen in dem Kloster, das sie selbst
gestiftet hatte.
7. Otto I., der Große (936—973).
1. Seine Krönung. Otto I., Heinrichs Sohn, wurde
einstimmig gewählt und in Aachen mit großer Pracht ge-
krönt. Vier Reichsfürsten versahen dabei die Erzämter,
wie es seitdem üblich wurde. Der Erzkämmerer sorgte
für Wohnung und Bewirtung der Gäste; der Erztruch-
seß setzte die Speisen aus den Königstisch; der Erz-
schenk goß den Wein ein; der Erzmarschall brachte
oie Rosse unter. — Otto I. wurde schon bei Lebzeiten
wegen seiner edlen Eigenschaften und herrlichen Kriegs-
thaten „der Große" genannt.
2. Seine Kämpfe. Otto hatte viel mit Aufruhr zu
kämpfen. Sein Bruder Heinrich empörte sich dreimal,
wurde aber jedesmal besiegt. Das dritte Mal verzieh ihm
Otto in der Weihnacht im Dome, weil seine Mutter für ihn
bat und Heinrich sich ihm zu Füßen warf. Otto dehnte die
Grenzen seines Reiches weit aus und setzte sich bei allen
Nachbarn in das höchste Ansehen. In den nördlichen und
östlichen Grenzmarken gründete er Bistümer (Schleswig,
Brandenburg, Magdeburg, Meißen u. a.) und ließ durch
Missionäre und Ansiedler Christentum und Deutschtum verbreiten. In Italien
rettete er die Königin Adelheid vor ihren Feinden und nahm sie zur Gemahlin.
3. Sein Sieg über die Ungarn auf dem Lechfelde 955. In dieser Zeit
hatten seine Feinde die Ungarn ins Land gerufen. Diese prahlten: „Unsere Rosse
werden die Flüsse austrinken und ihre Hufe die Städte zerstampfen. Wenn der
Himmel nicht aus uns fällt und die Erde uns nicht verschlingt, wer will uns be-
siegen?" Am Lech bei Augsburg traf Otto auf sie und begeisterte die Seinen
zum Kampfe. Anfänglich brachten die wilden Angriffe der Ungarn die Deutschen
in Verwirrung; aber des Kaisers Schwiegersohn stellte durch seine Tapferkeit
die Ordnung wieder her und jagte die Heidenschwärme in den Lech. Als er aber
in der Augustglut seine Halsberge öffnete, um den Schweiß abzutrocknen, traf ihn
ein tückischer Pfeil zum Tode. Die Ungarn wurden gänzlich besiegt und viele
auf der Flucht von den Bauern wie wilde Tiere erschlagen. Seitdem kamen
sie nicht wieder nach Deutschland. Um das Jahr 1000 führte Stephan der
Heilige das Christentum unter ihnen ein und gewöhnte sie zu mildern Sitten.
4. Seine Kaiserkrönung in Rom 962. Nachdem Otto in Deutschland
überall Ruhe und Ordnung hergestellt, zog er nach Italien und ließ sich zu Rom
als Kaiser „des heiligen römischen Reiches deutscher Nation" krönen.
5. Sein friedliches Ende 973. Sicherheit und Wohlstand herrschten in
Ottos weitem Reiche. In den Städten blühten Handel, Gewerbe und Künste.
Im Harz wurden Silberbergwerke entdeckt und ausgebeutet. Die Pendeluhren
wurden erfunden. Otto starb gottergeben in Memleben und liegt im Dome zu
Magdeburg begraben. Seine Nachfolger aus dem sächsischen Hause zersplitterten
ihre Kraft nutzlos in Italien.
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Extrahierte Personennamen: Heinrich Heinrich Mathilde Otto_I. Otto_I. Otto_I. Heinrichs Heinrichs Otto_I. Otto Heinrich Heinrich Otto Heinrich Heinrich Otto Otto Otto Ottos Otto
Extrahierte Ortsnamen: Sondershausen Quedlinburg Nordhausen Aachen Schleswig Brandenburg Magdeburg Italien Ungarn Deutschland Rom Deutschland Italien Ottos Memleben Magdeburg Italien
58
1
Kriegen besiegt, den Raubstaat Tunis erobert und 22 000 Christensklaven
befreit hatte, gedachte er die Fürsten des Schmalkaldischen Bundes zu unter-
werfen und die lutherische Ketzerei auszurotten. Durch Uneinigkeit und Zag-
haftigkeit gaben ihm die Bundesgenossen leichtes Spiel. Siegreich drang er
bis an die Elbe vor und bekam nach der Schlacht bei Mühlberg (1547)
beide Häupter des protestantischen Bundes, Philipp von Hessen und Johann
Friedrich von Sachsen, gefangen in seine Hände. Als der blutende Johann
Friedrich den Kaiser „Ällergnädigster Kaiser!" anredete, fuhr ihn dieser an:
„So, bin ich das nun? Ihr habt mich lange nicht so geheißen!" Der un-
glückliche Fürst sprach: „Ich bin Eurer Majestät Gefaugener und bitte uin
fürstliches Gefängnis!" Der Kaiser sprach: „Ihr sollt gehalten werden, wie
ihr es verdient!" Den Seinen schrieb er: „Ich kam, sah, und Gott siegte!"
Als inan ihm an Luthers Grabe riet, die Ketzerleiche zu verbrennen, sagte
er: „Lasset ihn ruhen, er hat seinen Richter gefunden!" Über die Zustände
in Sachsen äußerte er: „Wir haben es in diesen Landen anders gefunden,
als uns gesagt worden ist!" Seinen: Bundesgenossen Moritz von Sachsen
gab er die Kurwürde und ein großes Stück des eroberten Landes. Derselbe
Moritz aber, als er die Macht des Kaisers so drohend wachsen sah, schloß im
geheimen Bündnisse, sogar mit dem Könige von Frankreich, um den Kaiser
zu demütigen und sein verlorenes Ansehen bei den Evangelischen wieder zu
gewinnen. Plötzlich überraschte er den kranken und wehrlosen Kaiser in
Innsbruck, nötigte ihn zur Flucht bei Regen und Sturm durchs Gebirge und
zwang ihm den Vertrag von Passau ab, aus dem später der Augs-
burger Religionsfriede (1555) wurde. Evangelischen und Katholischen
wurden dadurch gleiche Rechte zugestanden. — Die erschütterte katholische
Kirche erhielt durch die Beschlüsse "des Konzils zu Trient eine neue Ge-
staltung und durch die Jesuiten kluge und mutige Verteidiger, deren Wahl-
spruch war: „Alles zur größer:: Ehre Gottes!" Die Spaltung in Lehre und
Verwaltung dauert bis heute zwischen beiden Kirchen fort; die Pflicht eines
jeden Christen ist es, durch die Liebe im Leben den Riß heilen zu helfen.
Nach so vielen Kämpfen und Enttäuschungen legte der kranke Kaiser seine
Kronen nieder und zog sich in das spanische Kloster St. Just zurück, um seine
Zeit frommen Übungen, der Pflege des Gartens und der Anfertigung von
Uhren zu widmen. Noch bei Lebzeiten ließ er sein feierliches Leichenbegängnis
halten, wurde aber davon so erschüttert, daß er wenige Tage darauf starb.
12. Die Reformation in der Mark
Brandenburg. In dieser Zeit war
Joachin: I. Kurfürst in der Mark. Sein
Wahlspruch hieß: „Durch Gericht und
Gerechtigkeit!" Mit großer Strenge be-
kän:pfte er die Raubritter, welche wieder
keck ihr Haupt erhoben. An seine Thür-
schrieben sie: „Joachimchen, Joachimchen,
hüte dich! fangen wir dich, so hangen wir
dich." Sie legten ihm einen Hinterhalt,
dem er nur durch die Warnung eines
Bauern entging. In einem Jahre ließ er
70 dieser Räuber hinrichten. Als ihm ein
Onkel schrieb, er solle nicht gegen den Adel
seines eigenen Landes wüten, antwortete
er: „Nicht adeliges, sondern nur Schelmen-
34. Joachim I.
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Extrahierte Personennamen: Philipp_von_Hessen Philipp Johann
Friedrich_von_Sachsen Johann Friedrich Johann
Friedrich Johann Friedrich Moritz_von_Sachsen Moritz
Extrahierte Ortsnamen: Mühlberg Sachsen Frankreich Gottes Brandenburg
36
I
und seiner Länder verlustig erklärt. Bis ins dritte Jahr wehrte sich der
Löwe, dessen Länder von den Alpen bis an die dänische Grenze reichten, da
ward ihm die Hand des Kaisers zu schwer. In Erfurt warf er sich seinem
tiefgekränkten Herrn und Freunde zu Füßen und erhielt zwar sein Erbland
Braunschweig wieder, mußte aber drei Jahre in die Verbannung nach Eng-
land gehen. Vor dem Dome in Braunschweig steht ein eherner Löwe als
Sinnbild seiner Macht. Bayern erhielt Otto von Wittelsbach, dessen
Nachkommen dort noch aus dem Throne sitzen.
5. Die Fülle von Friedrichs Glück und Macht zeigte sich auf dem
Senden Turnier und Volksfest zu Mainz, an dem 40 000 Ritter, viele
iche Herren und Abgesandte der Städte aus allen Gauen des Reiches
teilnahmen. Um die Gäste zu beherbergen, hatte man aus der Rheinebene
eine Zelt- und Bretterstadt errichtet. Durch ritterliche Kämpfe, prunkvollen
Schmuck, reiche und fröhliche Gastmähler, allerlei Lustbarkeiten und Lieder
der Minnesänger bildete dieses Fest den Glanzpunkt des Mittelalters und
lebte noch lange in Sagen und Liedern fort. Auf seinem letzten Zuge nach
Italien wurden dem Kaiser in dem beruhigten Lande überall die höchsten
Ehren erwiesen. In Mailand vermählte er seinen Sohn Heinrich mit einer
griechischen Kaisertochter, die ihm Sizilien als Mitgift zubrachte.
6. Friedrichs Kreuzzug und Tod (1190). Plötzlich kam die Kunde
aus dem Morgenlande, daß der Sultan Saladin von Ägypten Jerusalem
erobert hätte. Schmerz und Jammer ergriff alle Herzen im Abendlande.
Da stellte sich der greise Kaiser an die Spitze eines auserlesenen Kreuzheeres
und drang siegreich in Kleinasien vor. Bei dem Übergange über den Fluß
Seleph ging der Zug dem Kaiser zu langsam über die Brücke; er sprengte
mit dem Rosse in die Flut, wurde von den Wellen ergriffen und als Leiche
an das Ufer gebracht. Unbeschreiblich war die Trauer des Pilgerheeres.
Klagen erfüllten bei Tage, und Fackeln erleuchteten schaurig bei Nacht das
Lager. Die Leiche wurde in Antiochia beigesetzt. Das deutsche Volk aber
glaubte nicht an den Tod des herrlichen Helden und versetzte ihn durch die
Sage in den Kyffhäuserberg, von wannen er wiederkommen würde zu seiner
Zeit, um der Uneinigkeit zu steuern und des Reiches Herrlichkeit zu erneuern.
7. Der letzte Staufer (1268). Noch vier staufische Kaiser folgten;
aber in den Kümpfen mit gewaltigen Päpsten, hochmütigen Vasallen und frei-
heitsdurstigen Städten rieben sie in Italien ihre Kraft aus. Der letzte Sproß
des edlen Hauses war Konradin. Er wollte sein erbliches Königreich Unter-
italien, das der Papst dem Karl von Anjou (spr. Angschu) als Lehen ge-
schenkt hatte, wieder erobern. Mit Jubel empfingen die Ghibellinen den
herrlichen Jüngling. Aber nach einem anfänglichen Siege wurde sein beute-
durstiges Heer von einem Hinterhalte überfallen und vernichtet, er selber auf
der Flucht mit seinem Freunde Friedrich von Baden gefangen und dem
Thronräuber ausgeliefert. Nur einer der Richter stimmte für seinen Tod;
trotzdem wurde dies Urteil vollstreckt. Konradin saß mit seinem Freunde beim
Schachspiel, als ihm das Todesurteil vorgelesen wurde. Gefaßt bereitete er
sich zum Tode. Barfuß und in Hemdärmeln bestieg er das Schafott, um-
armte seinen Freund, befahl seine Seele Gott und legte sein schönes Haupt
auf den Block mit den Worten: „O Mutter, welchen Schmerz bereite ich
dir!" Dann empfing er den Todesstreich. Das Volk zerfloß in Thränen,
aber der steinerne Anjou stand kalt hinter dem Fenster und sah mit Be-
friedigung das Ende des letzten Stausers. Doch auch ihn hat die ewige
Gerechtigkeit gefunden. Ohne Frieden und Freude verflossen seine Tage, und
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Extrahierte Personennamen: Otto_von_Wittelsbach Otto Friedrichs Heinrich Heinrich Friedrichs Saladin Konradin Konradin Karl_von_Anjou Karl Friedrich_von_Baden Friedrich Konradin Konradin
44
I
mann zwei!" Schweppermanns Teilnahme an der Schlacht ist aber geschichtlich
nicht erwiesen. Leopold, der Bruder des Besiegten,
setzte den Krieg fort. Auch mit dem Papste entzweite sich
Ludwig und verfiel dem Banne. Da versuchte er eine
Aussöhnung mit dem gefangenen Friedrich und besuchte
ihn selbst. Der Kummer hatte den Gefangenen ge-
beugt und sein Haar gebleicht; seine Gattin hatte sich
die Augen ausgeweint. Friedrich gelobte eidlich, den
Frieden zu erwirken oder in seine Haft zurückzukehren.
Da er den Starrsinn seines Bruders nicht zu beugen
vermochte, so stellte er sich wieder in München zur Haft.
Gerührt umarmte ihn Ludwig und teilte hinfort Tisch,
Bett und Regierung mit ihin. Aber der Kummer
hatte Friedrichs Gesundheit untergraben und führte
ihn einem frühen Tode zu. Schönheit, Macht und
Edelmut bei unsäglichem Unglück, das war sein Leben!
Vergebens suchte Ludwig voin Banne loszukommen,
aber der Papst stellte harte Bedingungen. Da traten
die Kurfürsten zu Reuse am Rhein zusammen und
erklärten, daß ein rechtmäßig gewühlter Kaiser
der päpstlichen Bestätigung nicht bedürfe.
2. Zustände in der Mark Brandenburg. Nach Waldemars Tode
war die schlimmste Unordnung in der Mark Brandenburg eingerissen. Die
Raubritter und die Grenznachbarn wetteiferten in der Schädigung des Landes.
Der Kaiser belehnte endlich seinen Sohn Ludwig mit dem herrenlosen Lande
(1324). Doch schwere Mühe kostete es, die raublustigen Nachbarn und den
Raubadel im Zauine zu halten. Dazu wälzte sich von Osten eine schwere
Wetterwolke heran. Der Polenkönig stel mit seinen wilden Horden in die
Mark ein, plünderte Kirchen und Klöster, steckte Dörfer und Städte an, ließ
die Felder zerstampfen, Weiber und Kinder mißhandeln, alle Wehrhaften
niederschlagen und gegen 6000 Männer in die Sklaverei schleppen. Ludwig
wurde seines Lebens in der Mark so wenig froh wie sein Vater im Reiche.
Letzterer hatte eigenmächtig die herrische Margarete Maultasch von Tirol
von ihrem Manne geschieden, um sie mit seinem Sohne Ludwig zu ver-
mählen. Dadurch erzürnte er aufs neue den Papst und entfremdete sich
viele Herzen. Zwei Gegenkaiser wurden gegen ihn aufgestellt, aber sie kamen
nicht zu rechtem Ansehen. Da ereilte ihn plötzlich der Tod auf der Bären-
jagd, und Karl Iv. von Luxemburg kam auf den Thron (1347).
3. Der falsche Waldemar. Durch ein listiges Gaukelspiel seiner Feinde
wurde dem Markgrafen Ludwig die Mark Brandenburg vollends verleidet.
Ein bejahrter Pilger erbat sich vom Erzbischof von Magdeburg, der eben
beim Gastmahl saß, einen Becher Wein. Er erhielt ihn, trank und ließ
dann einen Siegelring in den Becher fallen. Als der Erzbischof diesen er-
blickte, rief er: „Das ist Markgraf Waldemars Ring!" . Sogleich ließ er
den Pilger herausführen und erkannte aus seinen Zügen, seiner Haltung und
seinen Worten den totgeglaubten Waldemar. Dieser erzählte, daß ihn Ge-
wissensbisse über die Ehe mit einer nahen Verwandten zu einer Pilgerfahrt
ins heilige Land getrieben hätten. Dort habe er von der kläglichen Not
seines Volkes gehört und sei nun heimgekehrt, um sie zu enden. Die Feinde
Ludwigs und das Volk der Mark fielen dem vorgeblichen Waldemar zu. Nur
Frankfurt, Spandau und Treuenbrietzen blieben Ludwig treu. Gegen
TM Hauptwörter (50): [T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Schweppermanns Leopold Leopold Ludwig Ludwig Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Ludwig Ludwig Friedrichs Ludwig_voin Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig Margarete_Maultasch Ludwig Ludwig Karl_Iv Karl Waldemar Ludwig Ludwig Waldemar Ludwigs Ludwig Ludwig
I
45
seine Helfer erwies sich Waldemar sehr dankbar, indem er ihnen Landstriche
und Gerechtsamen abtrat. Kaiser Karl erkannte ihn zuerst an; da er sich
aber später mit Ludwig aussöhnte, erklärte er ihn für einen Betrüger, und
Ludwig eroberte die abgefallenen Städte bald zurück. Er hatte aber alle
Freude an der Mark verloren, überließ sie seinen Brüdern Ludwig dem
Römer und Otto dem Faulen und zog sich nach seinem schönen Tirol
zurück. Der falsche Waldemar starb in Dessau und wurde fürstlich bestattet.
Er soll ein Knappe Waldemars, der Müller Jakob Rehbock, gewesen und
wegen seiner Ähnlichkeit mit Waldemar zu dem Betrüge benutzt worden sein.
Otto dem Faulen, dem kläglichsten Fürsten, der je ein Land regiert
hat, wußte der schlaue Kaiser Karl Iv. die Mark durch allerlei List aus
den Händen zu reißen, um seinen Sohn Wenzel damit zu belehnen (1373).
15. Die Mark unter den Luxemburgern <1373—1415).
1. Karl Iv im deutschen Reiche. Er war auf allerlei krummen Wegen
zum Throne gekommen und wußte überall seinen Vorteil wahrzunehmen. Dem
deutschen Reiche war er ein Stiefvater und vergab dessen Gerechtsamen, um seinen
Säckel zu füllen. In Italien spielte er ohne Heer eine
traurige Rolle und stahl sich am Tage seiner Krönung
wie ein Dieb aus Rom. Der Dichter Petrarca rief ihm
nach: „Wenn dir dein ritterlicher Großvater in den Alpen
begegnete, mit welchem Namen würde er dich anreden?"
In dieser Zeit wurden die Gemüter durch große Schreck-
nisse, wie Hungersnot, Erdbeben, Heuschreckenschwärme
und den „schwarzen Tod" erschüttert. Letzterer war eine
Pest, die wie ein Würgengel Europa durchzog und ein
Drittel aller Menschen wegraffte. Weil das entsetzte
Volk meinte, die Juden hätten sie durch Vergiftung der
Brunnen erzeugt, so wurden diese Unglücklichen grausam
verfolgt. Andere sahen in ihr ein göttliches Strafgericht
und wollten den Zorn Gottes durch schmerzliche Buß-
übungen versöhnen. Die Geißler zogen in Schwärmen
unter einer roten Fahne umher, sangen Büßlieder und
geißelten sich mit Stachelriemen blutig. Zuletzt sammelten
sie auch Geld ein und verübten allerlei Gewaltthaten,
so daß man die Thore vor ihnen schloß. — Karl Iv.
setzte durch die goldene Bulle (von der goldenen
Siegelkapsel so genannt) 1356 fest, daß 7 Kur- oder
Wahlfürsten den Kaiser wählen sollten, und zwar drei geistliche: die
Erzbischöfe von Mainz, Köln und Trier, und vier weltliche: der König
von Böhmen, der Pfalzgras am Rhein, der Herzog von Sachsen und
der Markgraf von Brandenburg.
2. Karl in Böhmen und Brandenburg. Für diese Länder war er
ein wahrer Vater. In Böhmen brach er die Räubernester, sorgte für ge-
rechtes Gericht, ließ Wege und Brücken bauen, Flüsse schiffbar machen, zog
deutsche Gelehrte, Künstler und Landbauer ins Land und gründete 1348 die
Universität Prag als eine Pflanzstätte der Bildung. Bisher war die
Wissenschaft in den Klöstern gepflegt worden oder das Vorrecht der Geist-
lichen gewesen. Bis zu 20000 stieg die Zahl der Studenten. War Böhmen
für den Kaiser das rechte, so war Brandenburg das linke Auge. Er
weilte gern in Tangermünde an der Elbe und machte es zum Mittel-
25. Karl iv.
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Extrahierte Personennamen: Waldemar Karl Karl Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig Ludwig_dem
Römer Ludwig Otto Waldemar Jakob_Rehbock Waldemar Otto Karl_Iv Karl Karl_Iv Karl Petrarca Karl_Iv Karl Karl Karl Karl_iv Karl
Extrahierte Ortsnamen: Dessau Italien Rom Europa Mainz Rhein Sachsen Brandenburg Brandenburg Brandenburg
I
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genommen, der andere aber später beim Raubhandwerk elend umgebracht.
Nun unterwarf sich der Adel, und Friedrich übte Vergeben und Vergessen.
Mit der Sicherheit kehrte auch bald ein regerer Verkehr zurück.
3. Das Konzil zu Konstanz. Friedrich wird Kurfürst. In der
Kirche herrschten damals traurige Zustände. Neben Gregor Xii. beanspruchten
zwei Gegenpäpste die Herrschaft und bekämpften sich aufs bitterste. Überall regte
sich der Wunsch nach „einer Reformation der Kirche an Haupt und Gliedern".
Der Kaufmann Peter Waldus in Lyon gründete die Waldensergemeinden,
die in den Alpenthälern ein stilles Leben im Geiste der ersten Christen führten.
Der Professor Wiclef in England übersetzte die Bibel in die Landessprache und
erklärte sie für die einzige Richtschnur der Lehre. Der Professor Johannes Hus
in Prag sah nicht in dem Papste, sondern allein in Christus das Haupt der
Kirche und in der heiligen Schrift die einzige Quelle des Glaubens. Er leugnete
die Willensfreiheit des Menschen und verlangte eine Erneuerung der Kirche.
Zuletzt wurde der Bann über ihn ausgesprochen. Um alle diese und andere Wirr-
nisse zu beseitigen, kam endlich eine Krrchenversammlung zu Konstanz am Boden-
see zustande, zu der viele Fürsten und geistliche Herren erschienen. Papst
Gregor Xii. dankte um des Friedens willen ab, die Gegenpäpste wurden entsetzt
und ein neuer Papst gewählt. Hus wurde vorgeladen und kam im Vertrauen
auf den kaiserlichen Geleitsbrief. Anfänglich wurde er mild behandelt, weil er
aber fortgesetzt predigte, kerkerte man ihn ein und verurteilte ihn endlich als
Ketzer zum Feuertode, da er seine Lehre nicht abschwören wollte. Das Urteil
ward am 6. Juli 1415, seinem Geburtstage, von der Stadtbehörde vollstreckt,
„sein Leib dem weltlichen Richter, seine Seele, die er betend Gott empfahl, dem
Teufel übergeben", seine Asche aber in den Rhein gestreut. — Zu Konstanz auf
dem Markte belehnte Sigismund 1415 während des Konzils Friedrich I. von
Hohenzollern feierlich mit der Mark Brandenburg, der Kur- und Erz-
kämmererwürde des Reiches. Anfänglich hielt sich der Kaiser das Recht offen,
gegen Erstattung von 400000 Goldgulden (3 Millionen Mark) für Friedrichs
Auslagen die Mark wieder einzulösen, verzichtete aber später darauf.
4. Friedrich als Reichsfeldherr. Gegen die Verurteilung des Böhmen
Hus hatte Friedrich laut aber vergeblich seine Stimme erhoben. An Hussens
Scheiterhaufen entzündete sich die Fackel der 20jährigen Hussitenkriege. Der
einäugige, später blinde Ziska und die Gebrüder Prokop eroberten Böhmen
und verheerten die angrenzenden Länder in grauenhafter Weise. Friedrich
führte als Reichsfeldherr ein Kreuzheer gegen sie, sah aber seine Soldaten
vor dem grausigen Schlachtgesange der Hussiten bei Taus (1431) auseinander
stieben. Die ergrimmten Hussiten fielen nun in sein Land ein und verheerten
es grauenhaft. Die tapfere Bürgerschaft von Bernau, unweit Berlin, setzte
sich aber erfolgreich zur Wehre, und des Kurfürsten Sohn trieb die wilden
Gesellen aus dem Lande.
5. Friedrichs Ende (1440). Alle Sorge verwandte nun Friedrich
darauf, die Wunden des Landes zu heilen. Eine treue Gehilfin war ihm
dabei seine Gemahlin, die schöne Else, eine rechte Fürstin durch Schönheit,
Anmut, Weisheit und Herzensgüte. Als sich die Schwächen des Alters
meldeten, legte Friedrich die Regierung nieder, zog sich aus ein Schloß in
Franken zurück und starb in Frieden. Sein Wahlspruch war: „Wer auf
Gott vertraut, den verläßt er nicht."
6. Sein Sohn Friedrich Ii. der Eiserne hatte eine tiefe Frömmigkeit
des Herzens, dabei eine unbeugsame Festigkeit des Willens. Er brach die
Macht der sreiheitslustigen Städte, besonders Berlins, das ihm sogar die
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Friedrich Gregor_Xii Gregor Peter_Waldus Johannes_Hus Christus Gregor_Xii Gregor Sigismund Friedrich_I. Friedrich_I. Friedrichs Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Ziska Prokop Friedrich Friedrich Friedrichs Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich_Ii Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Konstanz Lyon England Prag Rhein Konstanz Brandenburg Friedrichs Taus Bernau Berlin Berlins
B. Bilder aus der heimatlichen Geschichte.
73
ihn auf seinem Krönungszuge nach Rom und rettete Friedrich in einem
Aufstande der treulosen Römer mit eigener Lebensgefahr das Leben.
Dankbar bestätigte Kaiser Friedrich ihm die Herrschaft über Bayern.
3. In höchster Macht herrschte nun der 27jährige Sachsenherzog.
Gern weilte er im Sachsenlande; die Burg Dankwarderode in der
Stadt Braunschweig war sein Lieblingssitz. Hier stellte er zum Zeichen
seiner Macht den ehernen Löwen auf, der noch jetzt die ehrwürdige
Burg schmückt. Er verdiente den Ruhm, den er neben seinem kaiser-
lichen Vetter genoß. Denn nach außen hin hatte er dessen Grenzen
erweitert. Jenseit der Elbe hatte er die slavischen Völker, die heidnischen
Obotriten, unterworfen. Nicht mit Gewalt hatte er ihre Tempel zer-
brochen, nicht mit dem Schwerte sie zur Taufe getrieben, sondern durch
treue, würdige Priester ihnen das Evangelium lieb und wert machen
lassen; auch hatte er viele sächsische Ansiedler unter sie gemengt, und
so befestigte er hier nach und nach seine Herrschaft. Auch im Innern
hatten seine Lande an Macht zugenommen. Er duldete nicht Fehden
und Unordnung. Der Handel Bardowiks erblühte unter Heinrichs
Schutze und füllte die Stadt mit Reichtum, und mehr noch geschah
dies bei Lübeck, als der Herzog dieje nenerworbene Stadt wegen ihrer
günstigern Handelslage bevorzugte (worüber freilich Bardowik ihm gram
wurde). Das von den Slaven eingeäscherte Hamburg war unter ihm
herrlich erstanden. In Bayern erhob sich München unter seiner Pflege.
Er sah mit Freuden seine Werke, erkannte mit Hochgefühl die Macht
seines Willens. So wollte er seinen Willen auch vor niemand beugen,
wollte allein Herr sein in seinem Reiche. Was bisher nur dem Kaiser
vergönnt war, das that er jetzt; er gründete neue Bistümer (jenseit der
Elbe); er setzte Bischöfe ein nach eigenem Ermessen. Da wurden ihm
die mächtigen geistlichen Herren rings umher gar feind. Bald kam es
zu offener Fehde. Im Jahre 1172 machte er eine Betfahrt nach
Jerusalem. An den Grenzen der Länder, die er zu durchziehen hatte,
empfingen fürstliche Gesandte den Weltgepriesenen, ehrten ihn mit
reichen Geschenken. Auch der türkische Sultan feierte ihn hoch. Sein
Ruhm ließ selbst Kaiser Friedrich den mächtigen Welfen mit besorgtem
Blicke betrachten. Er kaufte zur Stärkung seiner Macht Heinrichs
schwelgerischem Oheim Welf Vi. Besitzungen ab, die nach dessen Tode
von Rechts wegen Heinrich hätten zufallen müssen. Da wandte dieser
sich kalt von seinem Waffenbruder ab. Italien hatte die Bande der
Freundschaft geschlungen, Italien zerriß sie wieder. Der Kaiser wollte
die aufrührerischen Städte der Lombardei züchtigen. Sie standen wider
ihn mit großer Macht. Er konnte Heinrich nicht entbehren. Heinrich
wollte wohl Unterstützungen an Geld und Volk gewähren, aber selber
mitziehen wollte er nicht. „Es hat dich Gott im Himmel," so redete
der Kaiser, „über andere Fürsten erhoben, daß alle Macht des Reiches
auf dir allein beruht; so ist es billig, daß du jetzt des Reiches Ehre
rettest." Heinrich forderte die kaiserliche Reichsstadt Goslar mit ihren
Bergwerken zum Lohn. Die konnte der Kaiser nicht geben. Aber er
sah im Geiste sein kleines Heer von den Lombarden vernichtet, sah
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Heinrichs Heinrichs Friedrich Friedrich Heinrichs Heinrichs Welf_Vi Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich
74
Bilder aus der heimatlichen Geographie und Geschichte.
Deutschland mit Schmach beladen; er bat, er flehete, er — warf sich
seinem Vasallen zu Füßen. Die Umstehenden erblaßten; der tief er-
schütterte Heinrich beugte sich zum knieenden Kaiser hinab. „Laß immer-
hin die Krone da liegen," sprach seiner Begleiter einer, „einst wird sie
dein Haupt schmücken." Die Kaiserin Beatrix aber erhob sich mit
Würde, richtete den Gemahl auf und sprach: „Stehe auf, Herr, und
gedenke dieser Stunde, wie Gott ihrer gedenken wird." — Heinrich zog
trotzig von dannen. Friedrich wurde bei Leg nano geschlagen und
mußte einen wenig günstigen Frieden schließen. Das benutzten Heinrichs
Feinde. Sie bestürmten den Kaiser mit vielfältigen Klagen, und er
lud Heinrich vor seinen Richterstnhl ans mehrere Reichstage. Heinrich
erschien nicht; da wurde er zur Strafe seiner Herzogtümer und anderer
Lehen verlustig erklärt. Sachsen erhielt Graf Bernhard von Anhalt,
Albrechts des Bären Sohn; Bayern bekam Pfalzgraf Otto von Wittels-
bach, Stammvater des jetzt noch regierenden bayrischen Hauses. Aber
der alte Löwe sah nicht so ruhig der Teilung seiner Länder zu. Er
griff zu den Waffen; doch er war der vereinigten Macht des Kaisers
und der Fürsten nicht gewachsen. Geschlagen eilte er nach Erfurt,
warf sich dort seinem Kaiser zu Füßen und flehte um Gnade. Da
gedachte Friedrich des Tages, als er zu Heinrichs Füßen lag, und des
Wechsels der menschlichen Schicksale; er sah die Narbe ans Heinrichs
Stirn und gedachte der Tiberbrücke. Gerührt und mit Thränen in
den Angen hob er den alten Waffengefährten auf. Er begnadigte ihn
und sicherte ihm sein väterliches Erbe Braunschweig und Lüneburg
unter der Bedingung, daß er drei Jahre lang den deutschen Boden
verlasse. So zog denn Heinrich im Frühjahr 1182 nach der Heimat
seiner Mathilde, zu deren Vater König Heinrich von England, nicht
ahnend, daß sein Stern, nachdem er in Deutschland untergegangen war,
glanzvoll dereinst in diesem Eilande wieder aufgehen würde. Denn
500 Jahre später, im Jahre 1714, bestieg sein Nachkomme, der Kur-
fürst Georg Ludwig, als Georg I. den englischen Thron.
4. Nach seiner Rückkehr aus England nahm er Sachsen wieder
in Besitz. Die Stadt Bardowik, welche ihn der Bevorzugung Hamburgs
wegen zürnte, verschloß ihm die Thore. Heinrich zerstörte die Stadt
und schrieb auf ihre Trümmer die Worte „vestigia leonis“, d. i. die
Spur des Löwen. In stiller Zurückgezogenheit verlebte Heinrich dann
den Abend seines Lebens, bestrebt, die Wunden zu heilen, welche seine
vielen Fehden dem Lande geschlagen hatten. Er starb i. I. 1195 ans
seiner Burg Dankwarderode; im Dom zu Braunschweig liegt er be-
graben. (Sage vom Löwen Heinrichs.)
5. Nach dem Tode Heinrichs des Löwen zerfiel Sachsen durch
Teilung unter seine Kinder. Sein Großsohn Otto das Kind erhielt
i. I. 1235 seine Erbländer als Reichslehen vom Kaiser Friedrich Ii.
und nannte sich „Herzog von Braunschweig-Lünebnrg". Die Söhne
Ottos teilten das Herzogtum i. I. 1269 so, daß Br aun schweig,
das Land zwischen Deister und Leine, Grubenhagen und dem Harz
sowie das Göttingensche an Herzog Albrecht, Lünebnrg mit Celle
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Extrahierte Personennamen: Heinrich Heinrich Beatrix Heinrich Heinrich Friedrich Friedrich Heinrichs Heinrichs Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Bernhard_von_Anhalt Albrechts Albrechts Otto_von_Wittels- Otto Friedrich Friedrich Heinrichs Heinrichs Heinrichs Heinrichs Heinrich Heinrich Heinrich_von_England Heinrich Georg_Ludwig Ludwig Heinrich Heinrich Heinrich Heinrichs Heinrichs Heinrichs Otto Friedrich_Ii Friedrich Ottos Albrecht Albrecht
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Sachsen Erfurt Lüneburg Deutschland England Sachsen Hamburgs Sachsen Ottos Lünebnrg