I. Deutschland von 1273—1493: Zeitalter der ständischen Gegensätze.
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und Kunst1, zumal unter der Regierung Philipps des Guten, des
Stifters des Ordens vom Goldenen Yliefs, alle Länder Europas.
Philipps Sohn Karl der Kühne wollte sein Reich zu einem unab-
hängigen Königtum erheben; der Preis für die Zustimmung des
Kaisers dazu sollte die Vermählung von Karls einziger Tochter
und Erbin Maria mit Friedrichs Sohne Maximilian sein. Da
die Verhandlungen an der Weigerung des Kaisers die Lehnshoheit
aufzugeben scheiterten, stürzte sich Karl in einen Krieg mit den
Schweizern, ward 1476 bei Granson und Murten völlig ge-
schlagen, warf sich dann auf Lothringen, verlor aber 1477 bei
Nancy Sieg und Leben. Nun kam Maximilians Vermählung mit
Maria zu stände. In dem infolgedessen entstehenden Kriege mit
Ludwig Xi. von Frankreich mufste die Picardie und die Bour-
gogne an diesen überlassen werden. Von da ab beherrscht der
Gegensatz zwischen Habsburg und Frankreich auf Jahr-
hunderte hinaus die Geschichte. Nach Friedrichs Iii. Tode be-
stieg 1493 sein Sohn Maximilian, schon (seit 1486) römischer
König, den Thron; er hat bis 1519 gegiert1 2.
2. Reichsverfassung und ständische Kämpfe,
a) Ausbildung der fürstlichen Landeshoheit. Mit Rudolf I. § 82.
beginnt in der politischen Entwickelung des deutschen Volkes eine
Periode, die mit dem J. 1648 ihr Ende erreicht. In dieser Zeit bil-
det sich die Landeshoheit der Reichsstände aus, des Reichs-
fürstenstandes, der Reichsritterschaft und der Reichs-
städte. Zunächst gelang es den Reichsfürsten, und unter
ihnen den Kurfürsten, ihre landesherrliche Gewalt zur vollen
Landeshoheit zu entwickeln. Die Goldene Bulle von 1356 be-
stimmte: der König wird gewählt zu Frankfurt (gekrönt wird er
in Aachen) von 7 Fürsten, den Erzbischöfen von Mainz, Trier und
Köln, dem Könige von Böhmen, dem Pfalzgrafen bei Rhein, dem
1) In dieser Beziehung natürlich abgesehen von Italien. Unter den nieder-
ländischen Künstlern des 15. Jh. ragen hervor die Gebr. van Eyck imd Hans
Hemlinc.
2) Seit 1508 führte M. ohne päpstliche Krönung den Titel „erwählter
römischer Kaiser“. Seine Nachfolger nannten sich so gleich nach der Königs-
krönung.
7*
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Extrahierte Personennamen: Philipps Philipps Philipps Karl_der_Kühne Karl Karls Maria Maria Friedrichs Friedrichs Maximilian Maximilian Karl Karl Nancy_Sieg Maximilians Maria Maria Ludwig_Xi Ludwig Friedrichs Maximilian Maximilian Rudolf_I. Hans
Hemlinc
Extrahierte Ortsnamen: Europas Karls Lothringen Maximilians Frankreich Habsburg Frankreich Friedrichs Frankfurt Aachen Mainz Trier Rhein Italien
2
Sechste Periode. Von 1648—1789. — Erster Abschnitt. Von 1648—1740.
land, Ingermanland, Esthland, Livland, Yorpommern, Bremen und
Yerden, die Grofsmacht des Nordens.
Unter den Staaten zweiten Ranges trat hervor Spanien,
das trotz seines gewaltigen Länderumfanges als Grofsmacht nicht
mehr angesehen werden konnte, vielmehr seit dem Anfänge des
17. Jh. sich in reifsendem Niedergange befand; zu ihm gehörten
die Franche Comté und die südlichen Niederlande (Artois, Flan-
dern, Hennegau und das heutige Belgien ohne das Bistum Lüttich);
dazu der Kolonialbesitz in Amerika und die Besitzungen in Ita-
lien. Portugal war seit 1640 selbständiges Königreich unter
dein Hause Bragança. Auch Polens Bedeutung war seit dem
Aufschwünge Schwedens zurückgegangen; im W. begrenzt von
Pommern, Brandenburg, Schlesien, Ungarn, im N. und 0. über
die Düna und den Dnjepr hinausreichend, hatte es zur Südgrenze
eine Linie von der Bukowina zum mittleren Dnjepr. Dänemark
stand in Personalunion mit Schleswig-Holstein und Norwegen.
Die Schweiz hatte im ganzen ihren heutigen Umfang, nur dafs
das Yeltlin ihr zugehörte.
Überaus bunt war die Karte Italiens, noch bunter diejenige
Deutschlands. In Italien finden wir, abgesehen von kleineren
Gebieten, das Herzogtum Savoyen-Piemont, das zu Spanien ge-
hörige Herzogtum Mailand, die Republiken Genua und Yenedig
(der auch die dalmatische Küste bis zur Breite von Lissa gehörte),
die Herzogtümer Mantua, Parma und Modena, das Grofsherzog-
tum Toscana, den Kirchenstaat und das mit Spanien verbundene
Königreich Neapel. In dem bunten Gewirre deutscher Terri-
torien ragten durch Umfang hervor Bayern, Kursachsen, das im
Besitz der Ober- und Niederlausitz war und n. an die Mittelmark
grenzte, und Brandenburg, dessen vom Rhein bis zur Memel
reichender Besitz in drei Gebietsgruppen zerfiel, eine östliche, das
von Polen lehnsabhängige Herzogtum Preußen, eine mittlere, welche
die Alt-, Mittel- und Neumark, die Priegnitz, Uckermark, Hinter-
pommern nebst Magdeburg, Halberstadt und Kottbus umfafste, und
eine westliche, die aus den — getrennt gelegenen — Grafschaften
Mark und Ravensberg und dem Herzogtum Kleve bestand.
Neben den fünf christlichen Grofsmächten stand als sechste
das osmanische Reich, dessen europäischer Besitz in dem gröfsten
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130 Siebente Periode. Von 1789 bis zur Gegenwart. — Zweiter Abschnitt. Von 1815—1871.
112. d) Preußen und Deutschland seit der Thronbesteigung Fried-
rich Wilhelms Iv. Hochbegabt, ein begeisterter Freund aller
künstlerischen und wissenschaftlichen Bestrebungen, ein Meister
der Rede und des Witzes, sanguinischen Temperaments und
empfänglich für alles Edle und Hohe, streng kirchlich und innig
religiös („Ich und mein Haus, wir wollen dem Herrn dienen11),
aber erfüllt von den Idealen eines längst vergangenen Zeitalters,
schwärmend für einen idealisierten mittelalterlichen christlich-
germanischen Ständestaat, besafs Friedrich Wilhelm Iv., der
„Romantiker auf dem Throne“ (D. F. Straufs’ Buch über Julian),
weder klare Einsicht in die Bedürfnisse seiner Zeit noch die
nötige Entschlossenheit des Willens, sondern schwankte zwischen
•den Extremen hin und her. Zu seinen Vertrauten gehörten so-
wohl Graf Brandenburg und die Gebr. v. Gerlach, wie Ranke und
der freidenkende Alexander v. Humboldt; am nächsten stand ihm
Radowitz, ein eifriger Katholik, und Bunsen, evangelischer
Theolog und Sprachforscher, geistvolle Männer, mit denen den
König zunächst kirchliche und wissenschaftlich-künstlerische Be-
strebungen verbunden hatten.
Die Amnestie, die Wiederberufung Arndts, die Befreiung
Jahns, die Berufung der Gebr. Grimm nach Berlin und Dahl-
manns nach Bonn erfüllte die Liberalen mit großen Erwartungen,
aber andrerseits wurde auch Julius Stahl, der scharfsinnige Be-
gründer einer theokratisch-absolutistischen Staatslehre, Professor
in Berlin, und in dem Kölner Bischofstreit trat der König sogleich
den Rückzug an. Überhaupt traten die mit seiner ganzen Welt-
anschauung zusammenhängenden katholisierenden Neigungen stark
hervor (seine Gemahlin war Elisabeth von Bayern): in dem
Kultusministerium, das (seit 1840) der streng-kirchliche Eich-
horn leitete, wurde eine katholische Abteilung eingerichtet, der
Verkehr der Bischöfe mit Rom freigegeben.
Nationale, kirchliche, politische und wirtschaftliche Gärungen
erfüllten die ersten Jahre der Regierung Friedrich Wilhelms Iv.
113. a) Das Erstarken des nationalen Sinnes trat namentlich bei
zwei Gelegenheiten hervor. Als Mehemed Ali von Ägypten mit
dem zerrütteten osmanischen Reiche in Krieg geriet (1839), fand
er bei Frankreich (Thiers) Unterstützung, während die andern
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Extrahierte Personennamen: Wilhelms Friedrich_Wilhelm_Iv. Friedrich Wilhelm_Iv. Julian) Gerlach Alexander_v Alexander Arndts Jahns Julius_Stahl Elisabeth_von_Bayern) Friedrich_Wilhelms Friedrich Wilhelms Mehemed_Ali_von_Ägypten
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Brandenburg Berlin Bonn Berlin Frankreich
132 Siebente Periode. Von 1789 bis zur Gegenwart. — Zweiter Abschnitt. Von 1815—1871.
durch sein Beiseiteschieben dieser Organe vielfache Verstimmung;
im Gegensatz zu den orthodoxen Bestrebungen Eichhorns bildeten
sich rationalisierende „freie Gemeinden“ („Lichtfreunde“).
Eine starke Bewegung entstand auch in der katholischen
Kirche, als der Bischof Arnoldi von Trier den „heiligen unge-
nauen Rock Christi“ ausstellte (1844), was die Wallfahrt vieler
Tausender dorthin veranlafste; das bewog den schlesischen Kaplan
Johannes Ronge zum Erlafs eines „offenen Briefes“ an den Bischof
und zu dem Versuche der Bildung einer katholischen National-
kirche: Bestrebungen die anfangs grofses Aufsehen erregten, dann
aber im Sande verliefen.
115. y) Politische und wirtschaftliche Gärungen. Auch die
preufsische Verfassungsfrage kam mit der Thronbesteigung
Friedrich Wilhelms Iy. in Fluß. Der Königsberger Huldigungs-
landtag bat mit Berufung auf die Verordnung vom 22. Hai 1815
um eine Verfassung.1 Die ablehnende Haltung des Königs rief
Unzufriedenheit hervor, und diese veranlafste ihn zu Mafsregeln
gegen die Presse, die Richter und einzelne Führer der Opposition.
Endlich berief er, um eine für den Bau der Ostbahn notwendige
Anleihe bewilligen zu lassen, durch das Patent vom 3. Febr. 1847
die Provinzialstände der Monarchie zu dem „Vereinigten Land-
tag“. Aber die Zusammensetzung dieser Versammlung, in der
das Bürgertum nicht zu seinem Rechte kam, ihr Charakter als
eines in Fragen der Gesetzgebung nur beratenden Organs und
die Schwerfälligkeit ihrer Geschäftsordnung erweckte keine Be-
friedigung1 2, und die Erklärung des Königs, er werde es nimmer-
mehr zugeben, dafs „sich zwischen unsern Herrn Gott im Himmel
und dieses Land ein beschriebenes Blatt, gleichsam als eine
zweite Vorsehung, eindränge“, rief große Verstimmung hervor.
Die oppositionelle Mehrheit war überzeugt auf dem „Rechts-
boden“ zu stehen; gegen sie kam der schneidigste Redner der
Rechten, Otto v. Bismarck-Schönhausen, nur mit Mühe auf. Als
der Landtag im Juni 1847 geschlossen wurde, herrschte im Volke
große Erregung.
1) Schön „Woher und wohin?“ Joh. Jacoby „Vier Fragen“.
2) Heinr. Simon „Annehmen oder Ablehnen?“
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Extrahierte Personennamen: Arnoldi_von_Trier Friedrich_Wilhelms_Iy Friedrich Wilhelms Otto Jacoby Simon
Ii. Die englische Revolution.
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und grofsartiger Staatsmann, der, obwohl als Soldat an die Spitze
des Staates gekommen, England doch nicht zum Militärstaate
machte, als absoluter Regent die Selbstverwaltung nicht antastete,
als fanatischer Puritaner religiöse Duldung sogar gegen die Juden
übte wie nie vorher und kaum je nachher eine englische Regie-
rung und der sein Yaterland zur ersten Grofsmacht erhob.
Ihm folgte, seiner Bestimmung gemäfs, sein Sohn Richard.
Nachdem dieser, gänzlich unfähig, abgedankt hatte und völlige
Anarchie eingetreten war, entstand der Gedanke die Stuarts zurück-
zuführen. Der General Monk trat mit dem in den Niederlanden
weilenden Karl Ii. in Yerbindung, und nachdem das „lange Parla-
ment“ endgültig aufgelöst war und Karl Amnestie und Gewissens-
freiheit versprochen hatte, hielt er 1660 seinen Einzug in die
jubelnde Hauptstadt.
3. Die Restauration und die zweite Revolution (1660—1688).
a) Karl Ii. 1660 — 85. Die Yersprechen, die Karl gegeben § 7.
hatte, beeilte er sich zu brechen; er gestattete seinen royalisti sehen
Ratgebern wilde Rache an den Republikanern zu nehmen; sodann
wurde die episkopale Kirchenverfassung wiederhergestellt und auch
in Schottland eingeführt. Die auswärtige Politik war schmach-
voll. Dünkirchen wurde an Frankreich abgetreten, ein holländischer
Krieg endete für England unglücklich, an Ludwig Xiy. verkaufte
Karl die Selbständigkeit seines Landes. In den höheren Gesell-
schaftsschichten rifs arge Sittenlosigkeit ein, ein Rückschlag gegen
die puritanische Strenge der vorigen Zeit. So war es unter dem
Ministerium Clarendon, dessen Tochter die Frau von Karls Bruder
Jakob war; so unter dem sog. Cabalministerium.1
Die immer mehr hervortretenden katholisierenden Neigungen
des Königs — Jakob trat sogar zur katholischen Kirche über —
riefen im Lande eine gewaltige Gärung hervor. Das Parlament
nahm 1673 die Testakte an, die Karl bestätigte, wonach hinfort
nur Anhänger der anglikanischen Kirche Ämter bekleiden durften.
Die Katholikenfurcht steigerte sich im Yolke zu krankhaften Er-
scheinungen und wilden Yerfolgungen der Katholiken. Das Par-
1) Genannt nach Clifford, Arlington, Buckingham, Ashley, Lauderdale.
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Extrahierte Personennamen: Richard Monk Karl_Ii Karl Karl_Amnestie Karl Karl_Ii Karl Karl Karl Ludwig_Xiy Ludwig Karl Karl Karls Karls Jakob Jakob Karl Karl Clifford Ashley
Extrahierte Ortsnamen: England Niederlanden Schottland Frankreich England
Иг. Die Befreiungskriege 1813 — 1815.
109
2. Die Erfüllung des deutschen Idealismus mit der Liehe zu Staat
und Vaterland.
Das Bevormundungssystem des aufgeklärten Despotismus und
der unfertige Zustand der deutschen Staaten im 18. Jh. liefsen in
dem seit der Mitte des Jh. mächtig emporstrebenden deutschen
Idealismus eine Staatsgesinnung nicht auf kommen. So entstand
ein rein ästhetisches Bildungsideal. Zunächst brach für die deutsche
Tonkunst ihr klassisches Zeitalter an. Der ersten Hälfte des
18. Jh. gehören an Händel, der im Oratorium am gröfsten wurde,
und Joh. Seb. Bach, der hervorragendste Kirchenmusiken In der
zweiten Hälfte wurde Wien die musikalische Hauptstadt Deutsch-
lands durch die Schöpfungen Wolfg. Amad. Mozarts, Jos. Haydns
und Ludwigs van Beethoven. Was Wien für die Musik war,
wurde Weimar für die Dichtung. Jedoch das Sichversenken in
die reine Welt der Ideen führte zum Weltbürgertum und, zumal
unter dem Einflufs der durch Winckelmann, Lessing und Friedr.
Aug. Wolf neu belebten klassischen Studien1, zum Kultus der
freien, großen, harmonisch entwickelten Persönlichkeit; so erklärt
sich auch Goethes und Wielands Verhältnis zu Napoleon.
Und doch blieb unsere Dichtung in ihrem Kern urdeutsch
(Hermann und Dorothea, die Glocke, Wallenstein), pries der von
Kants Ethik erfüllte Schiller in der Jungfrau von Orleans und im
Teil die Vaterlands- und Freiheitsliebe, schenkte Goethe zur Zeit
des tiefsten Falles unseres Volkes der Welt das Riesenwerk des
Faust. Trotz ihrer Verirrungen hat die romantische Schule
durch ihre Richtung auf das vaterländische Altertum den nationalen
Sinn gestärkt und die historische Schule Niebuhrs und Savignys
vorbereitet.
Aber erst die Schmach der Fremdherrschaft machte es der
Nation klar, dafs nur im nationalen Staat das Heil sei und
dafs dessen Wiederaufrichtung volle Hingabe an ihn und große
Opfer verlange. Das preufsische Volk erfüllte sich mit heiligem
Ernst; Joh. Gottl. Fichtes „Reden an die deutsche Nation“
1) Daraus ergab sich auch ein Gewinn für die seit der zweiten Hälfte
des 16. Jh. in tiefen Verfall geratene deutsche Malerei. In Raffael Mengs und
Asmus Carstens kündigen sich die Vorläufer des Aufschwunges an.
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Extrahierte Personennamen: Amad Mozarts Ludwigs_van_Beethoven Ludwigs Winckelmann Goethes Napoleon Hermann Dorothea Kants Schiller Goethe Ernst Gottl Raffael_Mengs Asmus_Carstens
Extrahierte Ortsnamen: Wien Haydns Weimar Weltbürgertum Fichtes
44
Griechische Geschichte. Zweite Periode (500 — 431).
von Truppen und Schiffen und zu. Geldzahlungen (cpogoi) ver-
pflichtet; die von 10 Bundesschatzmeistern (‘Elbjvoxtxfiicu) ver-
waltete Bundeskriegskasse war im Apollotempel zu Delos —- da-
her delischer Bund — aufbewahrt.
b) Ausgang des Pausanias und Themistokles. Seinen Plan,
sich mit Hilfe der Perser zum König von Hellas zu machen,
verfolgte Pausanias auch nach seiner Bückberufung nach Sparta
und suchte zum Ziele zu gelangen zunächst durch Aufwiegelung
der Heloten; entdeckt und verfolgt, floh er in einen Tempel der
Athene, in welchem er eingemaueif wurde und Hungers starb.
In sein Schicksal wurde auch Themistokles verwickelt.
In der Überzeugung, daß die Fortführung des persischen Krieges
Athen keinen reellen Gewinn mehr bringen könne, daß dagegen
der vorläufig noch stille Gegensatz gegen Sparta zu einer kriege-
rischen Auseinandersetzung führen müsse, zu der sich also Athen
vorzubereiten habe, fand er einen Gegner in Kimon, dem Sohne
des Miltiades, der durch seine ritterlichen Tugenden und seine
Freigebigkeit sich große Yolksbeliebtheit erworben hatte. Ver-
einigung aller Hellenen zum Kampfe gegen Persien, daher gutes
Einvernehmen mit Sparta, daher Bekämpfung der Demokratie:
das war Kimons politisches Programm. Dem Hasse Spartas und
einer mächtigen Adelspartei erliegend, zumal er sich auch durch
den überlegenen Stolz seiner genialen Natur viele Feinde er-
weckte, wurde Themistokles (470) durch den Ostrakismos ver-
bannt und ging nach Argos; später der Mitwissenschaft der Pläne
des Pausanias beschuldigt, zum Tode und zur Einziehung seines
Vermögens verurteilt, floh er nach Susa, wo Xerxes soeben in-
folge einer Palastrevolution ermordet war. Von seinem Nach-
folger Artaxerxes I. (465 — 24) aufgenommen und mit großer
Achtung behandelt, starb.,er nach einiger Zeit in Magnesia. Sein
Verhängnis war, daß er für seine Mitbürger zu groß war. Ari-
stides war mehrere Jahre vorher gestorben.
c) Kimons Siege über die Perser. Der Führer der See-
griechen in dem Angriffskriege gegen Persien wurde Kimon. Er
vertrieb die Perser aus dem Ägäischen Meere, säuberte es von
den Seeräubern und brachte den Persern in der Doppel schiacht
am Eurymedon an der Küste Pamphyliens eine schwere Nieder-
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I. Begründung der Herrschaft Borns über Latium und Südetrurien. Ständekampf. 91
publicus) und die zahlreichen, zum Teil unglücklichen Kriege hatten
die an sich schon bedrängte wirtschaftliche Lage eines Teils der
Plebejer verschlimmert; sie wurde noch unerträglicher durch die
Willkür und Härte der patrizischen Beamten. Zur Verzweiflung
getrieben zogen die Plebejer 494 auf einen Hügel zwischen Tiber
und Anio (mons sacer) und drohten hier ein plebejisches Gemein-
wesen zu gründen. Nun lenkten die Patrizier ein: auf ihre Zusage,
die Plebejer sollten eine Schutzobrigkeit gegen Willkür erhalten,
kehrten diese nach Rom zurück. So entstand das Volkstribunat.
Zwei jährlich gewählte Tribuni plebis waren für die Plebs,
was die Konsuln für den Populus. Ihre Aufgabe war, die Plebejer^,
vor Willkürhandlungen der patrizischen Beamten zu schützen (ius ■ , V - '
auxiljji). Allmählich erweiterten sich ihre Rechte: sie durften gegen
Anordnungen eines Beamten ihr Veto einlegen (ius intercedendih
sogar den Beamten verhaften und zur Rechenschaft ziehen (ius
rensionis): sie wurden persönlich unverletzlich (sacrosanctih dl li.
wer sich an ihnen vergriff, beging nicht nur em toesdwürdiges
Verbrechen, sondern frevelte auch gegen die Götter; sie durften
die Plebs versammeln, in diesen Versammlungen (contiones plebei) Vi \
den Vorsitz führen und sie Beschlüsse (plebiscita) 'lassen lassen.
Zu diesem Zweck trat die Plebs zusammen nach Trüms d. h.
Bezirken (vgl.
■ '?) 4; ' I
S~)
29): das Gebiet Roms war in Tribus, 4 städ-
tische und mehrere ländliche, eingeteilt; mit dem Wachstum
Roms ist die Zahl der Tribus allmählich auf 25 erhöht worden.
Aber die Plebiscite hatten nur den Wert von Resolutionen; die
Tribunen waren trotz aller Machtvollkommenheit keine Magistratus,
da sie nicht Organe des gesamten Populus waren, und hatten kein
Imperium. Als Gehilfen und Unterbeamte erhielten sie zwei
V olksädilen.
ß) Decemvirat und Herstellung der Verfassung. Da durch
die Einsetzung des Tribunats die Plebs eine Organisation erhalten
hatte und in den wirtschaftlichen Verhältnissen keine Besserung
eintrat, so wurde der Kampf der Stände verschärft. Die Ver-
suche der Patrizier das Tribunat zu beseitigen schlugen fehl
(Hindeutungen darauf m cjer Coriolansage). Das Bemühen des
Konsuls Spurius Cassius die Schuldennot dadurch aus der Welt
zu schaffen, daß auch die Plebejer Anteil am Gemeindelande
)Cxjju >*■'■**
s
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124
Römische Geschichte. Dritte Periode (133 — 31).
genommen hatte, nichts an seinen Einrichtungen zu ändern, 87
nach Asien.
sofort erhob sich nun Cinna, um seinen Schwur zu
brechen. Nach einem Blutbade aus Rom vertrieben, sammelte er
e Häupter der Popularpartei, Papirius Qarbo, tyuintus
jrtorius u. a., um sich. Auch Marius erschien wieder, der
nach Sullas Siege sich geflüchtet und unter manchen Abenteuern
— in Minturnä wurde er gefangen gesetzt — sich nach Afrika
\f Marius ein fünftägiges Morden. Zum siebenten Male Konsul ge-
worden, starb er 86 am 17. Tage nach seinem Amtsantritt, 70
Jahre alt, mehr seinen Leidenschaften als dem Alter erliegend.
Die Herrschaft der Popularpartei, deren Haupt ¿um Cinna
war, dauerte bis 88, wo Sulla aus dem Orient zurückkehrte.
§ 104. b) Der erste Mithradatische Krieg 88—84. Mithradates Vi.,
ein Kraftmensch von wildem Despotismus nach Art der türkischen
Sultane, war als Knabe wie ein gehetztes Wild von seinen Ver-
wandten durch die Wälder von Pontos verfolgt worden und also
erstarkt an Leib und Willen. Nachdem er durch blutige Maß-
regeln seinen Thron gesichert, hatte er seine Herrschaft auszu-
dehnen begonnen, hatte Kolchis und den Nordrand des Schwarzen
feeres erobert (das bosporanische Reich) und die Könige von
Bithynien und Kappadokien von sich abhängig gemacht. Seine
Fortschritte waren von den römischen Untertanen Kleinasiens,
wo die römische Herrschaft infolge des Aussaugesystems der
Publikanen verhaßt war, und von den Griechen freudig begrüßt
j / r worden. Als Nikomedes von Bithynien auf Roms Befehl ihm
den Krieg erklärte, wurde er von Mithradates geschlagen und der
römische Gesandte Manius Aquillius grausam getötet. Nun war
ganz Kleinasien in seiner Gewalt (88). Von Ephesos aus erließ
er einen Blutbefehl, nach dem an einem Tage 80000 bis 150000
Italiker hingeschlachtet wurden. Auch Thrakien, Makedonien und
Griechenland fielen ihm zu.
Jetzt erschien im Frühjahr 87 Sulla in Epirus, eroberte
das durch Aristion tapfer verteidigte Athen (damals wurden die
Bäume der Akademie und des Lykeion gefällt), schlug die
gerettet hatte, aber auch von dort fortgewiesen worden war. Die
¡n Rom. Um Rache zu nehmen, veranlaßte
TM Hauptwörter (50): [T23: [Rom Römer Krieg Italien Stadt Jahr Heer König Rmer Hannibal], T20: [Rom Jahr Cäsar Senat Kaiser Pompejus Antonius Tod Krieg Sohn], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Papirius_Qarbo Marius Marius Sullas Marius Marius Sulla Manius_Aquillius Sulla
Extrahierte Ortsnamen: Asien Rom Afrika Kolchis Kappadokien Kleinasiens Roms Kleinasien Ephesos Thrakien Makedonien Griechenland Epirus Athen Rom
186
Aus der griechischen Literatur.
Das antike Theater bestand aus 3 Teilen, dem Zuschauer-
raum, dem Bühnengebäude und der Orchestra. 1. Der Zuschauer-
raum (d-eavqov) ging über einen Halbkreis hinaus, stieg terrassen-
artig an1 und war durch Gänge (diauftcitcc) und radienartig an-
gelegte Treppen in mehrere Abteilungen (xsgx/deg) zerlegt. 2. Das
Bühnengebäude (oxrjvfy war durch eine in der Tragödie meist die
Vorderseite eines Königspalastes darstellende Wand abgeschlossen;
añaden Seitenflügeln (Tcaqaow/fviaj befanden sich hölzerne dreh-
bare Zylinder (7t£Qía/,Toi), durch deren Drehung eine Veränderung
der Szene angedeutet wurde; die eigentliche Bühne, wo die Schau-
spieler sprachen und agierten, hieß 7tgookrjviov1 2. 3. Der tiefer
gelegene Raum zwischen dem Zuschauerraum und der Bühne hieß
oqxrjozqcr, er war der Standort des Chors; in seiner Mitte stand
ein Altar {d'vfj.éhrj). In der Tragödie bestand der Chor aus 12,
seit Sophokles aus 15 Mann, in der Komödie aus 24.
Schauspieler (vnoxqlzcú) gab es anfangs nur einen, seit
Äschylos 2, seit Sophokles 3. Um ihre Gestalt in der Tragödie
zu vergrößern, trugen sie den Stelzenschuh (yiod-oqvog) und einen
hohen Haaraufsatz (oyzog) — in der Komödie trugen sie einen
niederen Schuh (soccus) —; das Gesicht bedeckten sie mit einer
Maske (jtqoowuov, persona) oder schminkten es mit Hefe. Auch
die Frauenrollen wurden von Männern gespielt.
Die Dialogpartie, welche dem ersten Auftreten des Chors
voranging, hieß Tiqó'koyog, das Auftrittslied des Chors zragodog,
die späteren Chorlieder otccoifta, die zwischen ihnen liegenden
Dialogpartien srteioódia (Wandel des Genus und der Bedeutung
in „Episode“!), das Lied, mit dem der Chor die Bühne verließ,
l'ijodog; zog er während des Stückes nach zeitweiliger Entfernung
zum zweiten Male in die Orchestra ein, wie im Aias, so hieß
dieser zweite Einzug und das ihn begleitende Lied snittáqodog.
ly7tóqxr¡(xa ist ein Lied, bei dem der Chor in jubelnder Stimmung
zu tanzen beginnt, wie Soph. Aias 693 ff., zof.i/uóg ein Klagegesang.
1) Das Dionysostheater in Athen lehnte sich an den Siidostabhang der
Akropolis; die Sitze waren in den Stein gehauen.
2) W. Dörpfeld hat die Theorie aufgestellt, daß die Schauspieler von der
Orchestra aus gespielt hätten.
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