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Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Teil 1 - S. 224

1900 - Essen : Bädeker
224 Boden Brandenburgs in Ackerfeld und Gärten umschuf. Für Gewerbe, Fabriken und Handel war er nicht minder thätig: er legte Straßen und Kanäle an, führte die Post ein und schuf eine kleine Flotte, welche weite Fahrten unternahm und an der Küste Afrikas sogar Kolonieen gründete. Auch der geistigen Bildung seiner Unterthanen widmete der Kurfürst die treueste Fürsorge. Die Macht und das Ansehen seines Staates endlich vermehrte er durch das tüchtige stehende Heer, welches er schuf. So hinterließ er bei seinem Tode ein blühendes Land, dessen Glück und Ruhm sein Werk war. „Mein Ziel war darauf gerichtet," sprach er kurz vor seinem Ende zu seinem Sohne, „mein kirrfürstliches Haus in Ruf, Flor und Ansehen zu bringerr. Ich zweifle nicht, mein Sohn, Du werdest in den Grundsätzen, wodurch ich den Staat glücklich beherrschte, mein Nachfolger sein, vor allen Dirrgen Gott vor Augen haben, Deine Unterthanen herzlich lieben, treue Räte hören und das Heft der Waffen nicht aus den Händen lassen; denn dadurch muß nächst göttlicher Hülfe die Sicherheit Deiner Länder und der so sauer erworbene Ruhm des Kurhauses Brandenburg hauptsächlich aufrecht erhalten werden. Mit allem Fleiß sei darauf bedacht, den Ruhm, welchen ich Dir als ein Erb- teil hinterlasse, zu wahren und zu mehren." Er starb 1688 nach einer 48 jährigen Regierung. Seine letzten Worte waren: „Ich weiß, daß mein Erlöser lebt." Sein Sohn, der nachmalige König Friedrich I., ließ seinem Vater auf der langen Brücke in Berlin ein Standbild aus Erz errichten. Hoch sitzt er hier auf mutigem Rosse; sein Auge blickt stolz und kühn; das Haar wallt ihn: bis auf die Schultern und seine Hand hält den Feldherrn- stab, wie es einem Helden geziemt, der viele siegreiche Schlachten geschlagen hat. Er war es, der die Siegeslaufbahn eröffnete, welche die Helden des siebenjährigen und der Freiheitskriege verfolgten. Sein großer Enkel, Friedrich Ii., sagte im Gefühle der Dankbarkeit von ihm: „Der hat viel gethan. Franz Schmidt. 112. Ariedrich der Große. In den Friedensjahren widmete sich König Friedrich mit dem größten Fleiße den Regierungsgeschäften. Nie hat ein Fürst thätiger für seines Volkes Glück gesorgt als er. Während Ludwig Xiv. nach dem Grundsätze regierte: „Der Staat bin ich!", erklärte Friedrich: „Das Wohl des Staates ist mein eigenes. Ich bin nur des Staates erster Diener." Er schaffte die Folter und die Hexenprozeffe ab, brachte Künste und Wissenschaften wieder zu Ehren, verkündete Denk- und Glaubensfreiheit und die Gleichheit aller, sei es Fürst oder Bauer, vor dem Gesetze. „Mein Stand verlangt Arbeit und Thätigkeit; mein Geist und mein Leib beugen sich unter die Pflicht. Daß ich lebe, ist nicht nötig, wohl aber, daß ich thätig bin." Diesem Grund- sätze gemäß ordnete er alles selbst an, sorgfältig und pünktlich. Schon um 4 Uhr des Morgens ließ er sich wecken, um zu arbeiten. Selbst ein Muster in treuer Pflichterfüllung, verlangte er aber anch von jedem seiner Unter- thanen, daß er seine Bürgerpflicht treu erfülle. Auf alle eingelaufenen Schreiben und Bittschriften erfolgte rasch der Bescheid; oft schrieb ihn der König mit eigener Hand in kurzen, treffenden Worten an den Rand. Ungerechtigkeiten duldete er nie. Keinem seiner Unter rbanen versagte er das Gehör. „Die armen Leute", sagte er, „wissen, daß ich Landesvater bin; ich muß sie hören, dazu bin ich da."

2. Teil 1 - S. 257

1900 - Essen : Bädeker
257. sondern auch in anderen Staaten; der Haupterfolg muß aber darin gesehen werden, daß auf Kaiser Wilhelms Anregung überhaupt der Beginn einer internationalen Einigung auf sozialpolitischem Gebiete gemacht ist. — So ist Kaiser Wilhelm Ii. nicht nur der Abstammung, sondern ebenso auch dem Geiste nach der Erbe seiner Vorfahren, ein sorgender Vater seiner Landes- kiuder. Ihm gehört darum die Liebe und das Vertrauen aller, die treu zum Hohenzollernhause, treu zu Kaiser und Reich stehen. Sein kraftvolles Wirken giebt uns die Gewißheit, daß das preußische und deutsche Vaterland in guten wie in bösen Tagen an ihm den sichersten Steuermann besitzt. ^ W. Hein,-. E. Aus der Länder- und Völkerkunde. 130. Die chinesische Kuttur. China bietet das Bild einer rein sinnlichen Kultur, die sich mit dem äußeren Leben abfindet, so gut es gehen will, ohne alles höhere Streben, somit ohne allen wahren lebendigen Fortschritt. Religion, Kunst und Wissen- schaft bleiben im Sinnlichen stecken; selbst die Lehre eines Konfutse (etwa 500 Jahre vor Christus) war keineswegs eine für hohe Ziele begeisternde Religion, sondern eine praktische Sammlung sittlicher Regeln, zu Nutz und Frommen des Lebens in beschränktem Kreise. Die Sorge für ein angenehmes äußeres Leben entwickelt wohl den Verstand, aber sie macht ihn spitzfindig, abgefeimt, wenn die edlere Seite des Lebens abstirbt. Eine Hauptursache der Versumpfung chinesischer Kultur liegt in der Abgeschlossenheit dieses großen Reiches. China ist ein sehr fruchtbares, an Erzeugnissen aller Art ungemein reiches Land, aber dennoch kann sich nie ein Land zum eigenen Vorteil von der übrigen Welt abschließen. Nicht einem Volke, und zähle es auch 400 Millionen, ist es gegeben, alles zu erfinden, alles zu vervollkonunueu. Im Menschenleben ist die Geselligkeit nicht allein eine Quelle der Freude und des Glückes, sondern auch gebieterische Notwendigkeit, eine heilige Pflicht. Kein Volk hat mehr Erfindungen gemacht, als die Chinesen; aber es ist ein Gesetz, daß eine Erfindung durch die Welt gehen muß, um sich zu vervoll- kommnen. Abgeschlossen auf der Landseite durch eine berühmte Mauer und durch Wüsteneien, abgeschlossen auf der Meerseite durch willkürliche Verordnungen, hat China einen großen Teil seiner Erfindungen in ihrem ursprünglichen Zustande behalten, ja manche wieder eingebüßt. Der Kompaß, den uns die Araber im Mittelalter aus China zuführten, war hier schon 17oo Jahre vor Christus bekannt. Schießpulver und andere brennbare Zusanuuensetzungen zu glänzendem Feuerwerk hatten in China schon längst Anwendung gefunden, bevor das Schießpulver in Europa auf das Kulturleben umgestaltend ein- wirkte; aber die chinesischen Feuergewehre sind Kiuderspielzeuge geblieben, die vor europäischer Artillerie auseinander stieben. Die Chinesen haben sich von jeher auf das Schneiden und Glatten von Steinen und Metallen ver- standen ; aber zu- großen Maschinen, wie sie das europäische Fabrikwesen kennt, haben sie es nicht gebracht. Ihre mechanischen Mittel beschränken sich auf Schürmann a. Windmöller, Lehr- u. Leseb. f. Fortbildungs- ii. Gewerbssch. I. A. M

3. Teil 1 - S. 229

1900 - Essen : Bädeker
229 Und das deutsche Volk? Es sah in stumpfer Teilnahmlosigkeit das deutsche Reich gestürzt, das Vaterland zerstückt, die Grenzen geschmälert. Das Unglück, seit Jahrhunderten kein Vaterland gehabt zu haben, ward nun schmerzlich an ihm offenbar. Aber noch schien das niemand zu fühlen. Es bedurfte noch härterer Schläge, und Bonaparte ward die eherne Geissei in der Hand Gottes, um sie reichlich über uns zu verhängen. Nach Büscher, Gröninga u. Dav. Müller. 114. Sie Hieformen des preußischen Staates unter Ariedrich Wilhelm Iii. durch den Areiherrn von Stein. Der Friede zu Tilsit nährn Preußen alle Länder westlich der Elbe. Es behielt nur 157 850 qkm mit 4 560 000 Einwohnern, wodurch es zu einer Macht dritten Ranges herabsank. Aber das Unglück erwies sich als der beste Arzt, es deckte die Schäden auf und predigte Besserung. Die Not der Zeit zwang auch die Widerstrebenden zu dem, was allen am meisten gebrach, zur Selbsterkenntnis und zu der Einsicht, daß es nur besser werden könne, wenn man selber besser werde. Eine durchgreifende Reform des ganzen Staates war notwendig, Reform war die Losung aller und keiner fühlte dies lebhafter als der König selbst. Er wurde darin auf das nachhaltigste unterstützt durch seine hochherzige Gemahlin, die Königin Luise. „Es wird mir immer klarer" — so schrieb sie in dieser Zeit an ihren Vater, den Herzog von Mecklenburg-Strelitz — „daß alles so kommen mußte, wie es gekommen ist. Die göttliche Vorsehung leitet unver- kennbar neue Weltzustände ein und es soll eine andere Ordnung der Dinge werden, da die alte sich überlebt hat und als abgelebt in sich zusammenstürzt. Wir sind eingeschlafen auf den Lorbeeren Friedrichs des Großen, welcher, der Herr seines Jahrhunderts, eine neue Zeit schuf. Wir sind mit derselben nicht fortgeschritten und deshalb überflügelt sie uns. Von Napoleon können wir vieles lernen, und es wird nicht verloren sein, was er gethan und aus- gerichtet hat. Es wäre Lästerung zu sagen: Gott sei mit ihm; aber offenbar ist er ein Werkzeug in des Allmächtigen Hand, um das Alte, welches kein Leben mehr hat, das aber mit den Außendingen fest verwachsen ist, zu begraben." Die Umbildung des Staates ging denn auch bald mit raschen Schritten vor sich. Dem König war nur das Land zwischen Weichsel und Pregel frei geblieben und er hielt sich in seiner äußersten Grenzstadt Memel auf. Von hier aus geschah der wichtige Anfang der Umgestaltung aller innern Verhältnisse. Der König fing die Reform bei sich selber an. Er schränkte den eigenen Haushalt auf das allernotwendigste ein. Er lebte in Memel wie ein Privat- mann, in einfachen, beschränkten Zimmern, ans frühere Bequenilichkeit und Genüsse ruhig verzichtend. Die Mittagstafel war in so hohem Grade einfach, daß alle, die zugezogen, versicherten, man habe zu dieser Zeit an Bürger- tischen besser gespeist. Man aß von irdenen Schüsseln und Tellern wie früher von goldenen. Das kostbare, ganz goldene Tafelgeschirr, das Erb- stück der Ahnen, auch was an Silbergeschirr irgend entbehrlich war, wurde in Holland für l'/2 Will. Mark verkauft, um einen Teil der Kriegssteuer an Frankreich zu bezahlen. Die ruhige, gefaßte Würde des Königs, die herab- lassende. mildthätige, herzerquickende Freundlichkeit der Königin mit ihren

4. Teil 1 - S. 232

1900 - Essen : Bädeker
232 In den Reichsständen, nach Besitz und Bildung gewählt, sollte das ganze Volk vertreten sein und an der Verwaltung des ganzen Staates teilnehmen. Stein sagt in seinem Sendschreiben an die oberste Verwaltungsbehörde: „Heilig war mir und bleibe mir das Recht und die Gewalt unsers Königs. Aber damit diese unumschränkte Gewalt und dieses Recht das Gute wirken kann, was in ihr liegt, scheint es mir nötig, ihr ein Mittel zu geben, wodurch sie die Wünsche des Volkes kennen lernen und ihren Bestimmungen Leben geben kann. Mein Plan war daher: jeder selbständige Staatsbürger, er besitze hundert Hufen oder eine, er betreibe Landwirtschaft, Gewerbe oder Handel, er habe ein bürgerliches Gewerbe oder sei durch geistige Bande an den Staat geknüpft, habe ein Recht zur Volksvertretung. Von der Ausführung dieses Planes hängt Wohl und Wehe unseres Staates ab, denn auf diesem Wege allein kann der Nationalgeist sicher erweckt und belebt werden." In so großartigen Zügen ward die Uingestaltung Preußens entworfen. Freilich sind bei der kurzen Dauer der Steinschen Verwaltung nicht alle Maßregeln (besonders nicht die letzten, die Einführnng der Reichsstände) ins Leben getreten. Vieles blieb seinem Nachfolger vorbehalten; doch waren die großen Anregungen gegeben. Nicht viel länger als ein Jahr hat er die Regierung in Preußen gelenkt, aber die kurze Zeit hatte hingereicht, wenigstens den Unterbau des Staates volkstümlich und zeitgemäß herzustellen, dem Ganzen eine neue Seele einzuhauchen. Sein Fall war zunächst ein Unglück für Preußen und Deutschland. In ihm verloren alle die bedeutenden Kräfte, die zu einer Erhebung in Norddeutschland reif waren, ihren leitenden Mittelpunkt. Des Rechtes Grund- stein, der Deutschen Edelstein hat ihn schon damals dankbar unser Volk genannt. Nach Piersson und D. Müller. 115. Kirre Geschichte von der unvergeßlichen Königin Luise. Man schrieb die Jahreszahl 1798. Die Königin Luise saß an der Wiege ihres jüngsten Kindleins, der Prinzessin Charlotte. Friedlich schlummerte die Kleine, und mit still glückseligem Lächeln ruhte das Auge der Mutter auf der lieblichen Gestalt. Da öffnete sich leise die Thür, und eine Zofe sagte schüchtern: „Draußen steht eine arme Frau, die ein Anliegen an Ew. Majestät hat." „Sie mag hereinkommen!" befahl die Königin nach einigem Besinnen. Und gleich darauf erschien ein Weib in ärmlicher Kleidung und mit einem Gesicht, auf welchem eine lange Leidensgeschichte zu lesen war. Sie klagte mit vielen Worten ihre Not daher und wurde geduldig bis zu Ende angehört. Dann trat die Königin ihr näher, legte ihr die Hand auf die Schlüter und erwiderte in dem Tone der herzlichsten Teilnahme: „Liebe Frau, Ihr Unglück rührt mich, daß ich Ihnen auf der Stelle helfen möchte ; doch geht das nicht an. Sehen Sie hier!" Sie langte aus dem Schreibtisch ein Geldkästchen, öffnete es und kehrte es um; da fiel nicht ein Geldstück heraus. „Sie sehen," fuhr die Königin fort, „ich bin in diesem Augenblicke so arm wie Sie. Aber kommen Sie beute abend wieder!" Die arme Frau empfahl sich dankend, und die Zofe erhielt den Auftrag, dem Kämmerer Walter zu rufen. Der Geforderte erschien gar bald und wurde von der Königin mit den Worten empfangen: „Lieber Walter, seien Sie mein rettender Engel! Helfen Sie mir, daß ich andern helfen kann — ich habe keinen Groschen mehr!"

5. Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen - S. 422

1900 - Essen : Baedeker
422 der hatte 6 Gesellen, die auch nach dem neuen Katechismus zu leben gedachten. Sie erschienen also eines Morgens und sagten ihrem Brotherrn, die Arbeitszeit sei zu lang und der Lohn zu knapp. Der Meister antwortete, das sei nicht mehr als recht und billig, sie möchten nur einen Augenblick warten. Darauf ging er hin, zog seine Arbeitsjacke an und sagte, jetzt wolle er mit ihnen gehen, um Arbeit zu suchen; denn ein solches Gesellenleben gefiele ihm besser, als Meister- spielen. Da machten die Herren Gesellen lange Gesichter, ließen es beim alten und schlichen an die Arbeit. Deshalb, lieber Gott, behüte uns vorab vor all den schlimmen Gesellen, die mit vielem Geschrei den Staat verbessern wollen, oder verleihe uns Mut, sie aufs große Maul zu schlagen! Bestärke uns alle, groß und klein, in dem Sinne für Fleiß, Ordnung und Gesetzlichkeit! Wenn wir dann bitten: „Unser tägliches Brot gieb uns heute!" so dürfen wir gläubig „Amen" sagen, und es wird wohl stehen mit dem Könige und dem Vaterlande." Nach Louis Berger. *256. Ein Grossindustrieller als preussischer Abgeordneter. 1. Bis zum Jahre 1860 war ich mit wissenschaftlichen und technisch- praktischen Arbeiten so vollauf beschäftigt, dass ich der Politik ganz fern blieb. Erst als unter der Regentschaft des Prinzen von Preussen in der preussischen Politik ein frischer Hauch wehte, beteiligte ich mich lebhaft an den Wahlen zum Landtage. Die Aufforderung, mich zum Abgeordneten wählen zu lassen, hatte ich wiederholt abgelehnt, hielt es aber im Jahre 1864 für meine Pflicht, die ohne mein Zuthun auf mich gelenkte Wahl zum Abge- ordneten für den Bezirk Solingen-Remscheid anzunehmen. Damals bildete die von der preussischen Regierung so lebhaft betriebene Neugestaltung des Heeres die grosse Streitfrage, um welche die politischen Parteien sich gruppierten. Der Kern dieser Frage bestand in der nach dem Regierungsplane vorgesehenen Verdoppelung des preussischen Heeres mit entsprechender Vergrößerung der Militärausgaben. In der That war der Wohlstand Preussens schon damals hinter dem der andern deutschen Staaten erheblich zurückgeblieben, da auch nach den Befreiungskriegen die Last der deutschen Wehrkraft hauptsächlich auf Preussens Schultern geruht hatte. Man wusste zwar, dass König Wilhelm schon als Prinz von der Notwendigkeit überzeugt war, den Staat Friedrichs des Grossen an die Spitze Deutschlands zu stellen; aber man zweifelte an der Durchführbarkeit seines Planes. Der Glaube an den geschichtlichen Beruf des preussischen Staates, die Einigung Deutschlands herbeizuführen, der Glaube an Preussens Glücksstern war zu tief gesunken. Auch die eifrigsten Schwärmer für Deutschlands Einheit und Grösse, ja selbst echt preussische Patrioten hielten es deshalb mit ihrer Pflicht nicht für vereinbar, Preussen diese neue, fast unerschwinglich scheinende Militärlast aufzubürden. Die Volksvertretung verwarf zum grossen Teil, allerdings mit schwerem Herzen, den Entwurf der Regierung, und bei wiederholten Auflösungen des Abgeordnetenhauses bestätigte das Volk durch die Neuwahlen diese Entscheidung. 2. Inzwischen war die Heeres-Reorganisation durch den Kriegsminister von Roon ohne jede Rücksicht auf die parlamentarischen Kämpfe schon durchgeführt, als im Sommer 1866 die Meinungsverschiedenheiten über Schleswig- Holstein zum Bruch mit Österreich führten. Mir fiel die ruhige, ernste Haltung auf, mit da- die Menge in Berlin das gewaltige Ereignis hinnahm. Keine missbilligende Bemerkung wurde laut; jedermann empfand das ungeheure

6. Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen - S. 443

1900 - Essen : Baedeker
443 (s. Nr. 255) die Macht der Polizeibehörden nicht ausreicht, schreitet auf Antrag der Civilbehörden die bewaffnete Macht ein; auch hat unter solchen Umständen der Kaiser das Recht, jeden Teil des Bundesge- biets in Kriegszustand zu erklären. Mit diesem Augenblicke geht die vollziehende Gewalt an die Militärbefehlshaber über, deren An- ordnungen alle Civil Verwaltungsbehörden Folge zu leisten haben. Die Truppenkörper des früheren Deutschen Bundes vermochten infolge ihrer lockeren Verbindung und ungleichmäßigen Ausbildung dem von wohlgerüsteten Grossmächten umschlossenen Deutschland keinen genügenden Schutz zu gewähren. Darum war auch die Durch- führung einer zweckmässigen und einheitlichen Heereseinrichtung eine der ersten Aufgaben des neugeeinten Deutschen Reiches. Bei Schaffung des Reichsheeres wurden die preussischen Heereseinrich- tungen zu Grunde gelegt, die seit Scharnhorst (s. Nr. 251) auf der festen Grundlage der allgemeinen Wehrpflicht ruhten. Das Reichs- heer setzte sich fortan aus den Kontingenten der verschiedenen Ein- zelstaaten zusammen, und diese behaupteten insofern ihr Sonderrecht, als neben der Reichshoheit eine Kontingentshoheit sich forterhielt. Der Gegensatz zwischen beiden wird indessen schon dadurch wesent- lich abgeschwächt, dass sie für Preussen und das Reichsland in der Person des Kaisers zusammenfallen. Ein ähnliches Verhältnis ist in einer Reihe anderer Staaten durch Abschluss von Militärkonventionen herbeigeführt, so dass die einzelnen Kontingente mehr oder weniger in dem preussischen Kontingente aufgegangen sind. Als besondere Kontingente sind nur die Armeekorps der Königreiche Bayern, Würt- temberg und Sachsen bestehen geblieben, und den beiden letztgenann- ten Staaten sind in noch weiterem Umfange gewisse Vorrechte einge- räumt worden. Ein gemeinsames Band umschlingt diese Kontingente in der Reichs-Militärverfassung, welche ihre Wirkung nach vier Richtungen hin äußert: 1. Der Heeresaufwand wird aus Reichsmitteln bestritten. Die Friedensstärke, die im allgemeinen einem Prozent der Bevölkerung entsprechen soll (jetzt 479229 Mann, Kriegsstärke etwa 4300000 Mann), wird durch Reichsgesetz festgestellt und unterliegt der periodischen Bewilligung. 2. Das Heer steht in Krieg und Frieden unter dem Oberbefehl des Kaisers. Er hat das Recht der Besichtigung und bestimmt — soweit nicht Feststellungen durch Gesetz getroffen sind — über Stärke, Gliederung, Verteilung und Heeresdisciplin. Er befiehlt die Kriegsbereitschaft und ernennt die höheren — in den durch Konven- tion verbundenen Kontingenten auch die niederen — Offiziere. Die Bundesfürsten sind oberste Befehlshaber der zu ihren Kontingenten gehörigen Truppenteile und haben das Recht, diese zu besichtigen. Der König von Württemberg hat ein weitergehendes Ernennungs- und Verteilungsrecht; in Bayern steht dem Kaiser im Frieden über- haupt nur das Recht der Inspektion zu. 3. Die Gesetzgebung über das Militärwesen steht dem Reiche ausschließlich zu. 4. Einrichtung, Ausbildung und Bewaffnung sind einheitlich geregelt.

7. Teil 1 - S. 98

1899 - Essen : Bädeker
98 beeinträchtigt. Die Obrigkeit bestimmt nicht nur, was als Recht gilt, sie wacht auch darüber, dass es nicht übertreten werde. Schon das Zusammenleben nomadischer Hirtenstämme ist undenkbar ohne gewisse rechtliche Bestimmungen und ohne die Unterordnung der Menge unter ein gemeinsames Oberhaupt. Noch weniger lässt sich dies bei einer aus so verschiedenartigen Gliedern zusammengesetzten Gesellschaft denken wie derjenigen, in der wir leben. Es müssen noch weit genauere, ja man möchte sagen, wundervolle Bestimmungen getroffen werden, damit jedem das Seine werde: dem Käufer and Verkäufer, dem Gläubiger und Schuldner, dem Herrn wie dem Knechte, dem Unterthanen wie dem Fürsten ü. s. w. Alle Stände müssen getreulich zusammen- stehen und sich gegenseitig unterstützen. Der Nährstand bildet die Grund- lage des ganzen Staates; der Wehrstand schützt und verteidigt das Land und seine Bewohner, und der Lehrstand sorgt für Verbreitung von Gesittung und Bildung unter der Bevölkerung. Ein solch streng ge- ordnetes, wohlgegliedertes Ganzes aber, worin jedem seine Rechte und Pflichten angewiesen sind und für die Vollziehung beider gesorgt wird, ist der Staat. Meistens sind die Menschen, die sich zu einem Staat verbunden haben, von gleicher Abstammung; sie sprechen infolgedessen ein und dieselbe Sprache und haben gleiche Sitten; sie fühlen sich natürlich zusammengehörig und stehen im Glück und Unglück treu und fest zu einander, wie das in so erhebender Weise durch die Geschichte des deutschen Volkes in den Freiheitskriegen 1813 und des deutsch- französischen Krieges von 1870—71 uns verkündigt wird. An der Spitze unseres Staates steht ein König, der in einem kleineren Staate Grossherzog, Herzog oder Fürst heisst. Stirbt der Fürst, so wird sein ältester Sohn, wo kein solcher vorhanden ist, der älteste männliche Verwandte, Bruder u. s. w. sein Nachfolger. Kein Mensch vermag seine Geburt zu bestimmen, und niemand kann sich seine Eltern wählen; es liegt also lediglich in der Hand Gottes, zu bestimmen, welches Kind er dem Fürsten geben will; weil aber auf diese Weise Gott die Nachfolge auf den Thronen regelt, sagt man von den Fürsten, dass sie „von Gottes Gnade“ zum Regimente berufen seien. Man nennt einen Staat, in dem ein Fürst an der Spitze steht, eine Monarchie; die Monarchien sind jetzt erblich, weil immer der nächste Verwandte der Nachfolger des ver- storbenen Regenten wird. Eine kleine Anzahl von Staaten haben keinen Monarchen; dort wählen sich die Bewohner auf eine bestimmte Anzahl von Jahren (z. B. in Nordamerika auf 4 Jahre) aus ihrer Mitte einen Mann, der für diese Zeit das Regiment führt; ein solches Land bildet eine Republik, und der Mann, der an der Spitze steht, heisst Präsident. Wir Deutsche können stolz darauf sein, zu einem Volke zu gehören, das sich durch eine. weit vorgeschrittene Bildung auszeichnet, die sich unser Volk in einer durch Jahrhunderte fortgesetzten treuen Arbeit erworben hat. Dass wir diese hohe Stufe im Wissen und Können er- stiegen haben, verdanken wir zu einem nicht geringen Teile unserer Obrigkeit. Denn diese will nicht allein ihre Unterthanen schützen und die Verbrecher strafen, sondern sie ist auch bemüht, die Menschen in ihrem Streben zu fördern. Zu diesem Zwecke hat sie eine Menge von Einrichtungen getroffen, die der Arbeit, dem Handel und Wandel grosse-
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