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Noch mehrmals hat Erfurt im 7 jährigen Kriege Preußen in seinen
Mauern beherbergt und hohe Kriegsstenern zahlen müssen, bis endlich
der Frieden von Hubertusburg 1763 den Leiden der Stadt und ihres
Gebietes ein Ende machte. Sie haben vor allem in der Aufbringung
großer Geldsummen bestanden. Der Schaden wird auf 3 Millionen
Reichstaler geschätzt. Erst 30 Jahre nach dem Kriege hörte die Bezahlung
der Beiträge zu deu Kriegsschulden auf. Mancher Bürger hat den größten
Teil seiner Habe, mancher Handwerker sein Handwerksgerät nud mancher
Bauer sein Vieh und sein Land verkaufen müssen, um seinen Anteil zu
zahlen.
Nach der schlimmen Zeit war der Statthalter v. Dalberg (seit 1772)
Ersnrt ein treuer Helfer und Berater. Heute noch gilt die Dalbergsche
Zeit als eine reich gesegnete. Trotzdem muß gesagt werden, daß auch
er keinen dauerudeu Aufschwung herbeiführen konnte. Damals umfaßte
der erfurtische Teil des Mainzer Gebietes das Fürstentum Erfurt mit
2 Städteu, Erfurt und Sömmerda, 3 Marktflecken, 72 Dörfern und
4 Schlössern und die Grafschaft Blankenhain (seit 1794) mit 1 Stadt,
1 Marktflecken, 19 Dörfern und 1 Schloß. Die Landesregierung war
in Mainz, in Erfurt aber waren besondere Ortsbehörden.
In der Zeit des ersten Bundeskrieges, deu die französische
Revolution hervorrief, wurde der rheinische Teil des Mainzer Gebietes
hart heimgesucht. Die Hauptstadt Mainz wurde von den Franzosen er-
obert, und der Kurfürst Friedrich Karl Joseph von Erthal mußte nach
Erfurt fliehen. Ihm hatten die dankbaren Bürger zum Gedächtnis an
seinen frühereu Aufenthalt die Spitzsäule auf dem Platze „vor den Graden"
errichtet. Damals weilten auch französische Flüchtlinge in großer Zahl
in Erfurt.
Im Frieden von Luneville, der den zweiten Bundeskrieg beschloß,
wurde die Abtretung des linken Rheinufers bestätigt. Der Friede aber gab
den weltlichen Fürsten Deutschlands das Recht, sich für den verlorenen links-
rheinischen Besitz durch Wegnahme geistlicher Landgebiete auf der rechten
Rheinseite zu entschädigen. So erhielt Preußeu durch den Vertrag vom
23. Mai 1802 für einen Verlust vou 48 Quadratmeilen mit 140000 Ein-
wohnern einen Gewinn von 220 Quadratmeilen mit 520 000 Eiuwohueru.
Darunter war das Mainzer Eichsfeld und das Erfnrter Land. Durch
einen Erlaß vom 6. Juni 1802 erklärte König Friedrich Wilhelm Iii. die
Gebiete für preußischen Besitz. In den Tagen vom 12. bis 15. August 1802
erfolgte der Abmarsch des kaiserlichen Bataillons aus Erfurt. Die preußische
Besatzung rückte bereits am 21. August ein. Sie kam dnrch das Krämpfer-
tor und wurde durch eine Abordnung des Rates empfangen. Auf dem
Platze „vor den Graden" schwur die alte kurmaiuzische Besatzung den
Treueid und wurde dann unter die preußischen Truppen verteilt. In-
zwischen waren auch die Tore und die Zitadellen Petersberg und
Cyriaksburg besetzt worden. Nun wurde noch auf der Statthalterei,
dein Rathaus und an allen Toren der preußische Adler angebracht und die
Urkunde über die Besitzergreifung durch Preußen überall angeschlagen.
13*
TM Hauptwörter (50): [T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
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Extrahierte Personennamen: Dalberg Friedrich_Karl_Joseph_von_Erthal Friedrich Karl Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm August August
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ging, wußte in Erfurt niemand. Über die Versammlungen wurde
das tiefste Stillschweigen bewahrt. Zuerst hatte man das große Eck-
zimmer im Gouvernement zum Beratungszimmer ausgewählt, das dem
„Geleite" zuliegt. Sofort mußten dort alle Fenster zugemauert werden,
von deueu man eine Aussicht auf die Fenster des Sitzungszimmers hatte.
Als man dann den Plan änderte und das entgegengesetzte Zimmer des-
selben Stockwerkes wählte, mußten sich die Mönche des Angustiuerklosters
die gleiche Maßregel gefallen lassen. Am Tage sah man gewöhnlich
niemand arbeiten. Die Tagesstunden schienen ausschließlich dem Ver-
gnügen zu dienen. Gegen 9 Uhr vormittags fuhren die Herrschaften zur
Morgenaufwartung bei Napoleon und Alexander vor. Dann verstrich
der Rest des Vormittags unter gegenseitigen Besuchen. Bei der Tafel
kamen die Monarchen oft mit Napoleon zusammen. Zumeist aber speisten
nur Napoleon und Alexander gemeinsam. Nach 7 Uhr abends begaben
sich die Fürstlichkeiten ins Theater (s. S. 42). Nach dessen Schluß
begleitete Napoleon Alexander zur Wohnung, wo dann bei verschlossenen
Türen oft bis um 2 oder 3 Uhr nachts Verhandlungen gepflogen wurden.
Häusig kamen die Kaiser auch im Gouvernement zusammen. Die Be-
sprechungen wurden dort um die gleiche Zeit gehalten, sodaß die Geheim-
schreiber selten vor 5 Uhr morgens zu Bett kamen. Während aljo der
Erfurter Bürger längst in den Federn lag, wurde in den Mauern seiner
Stadt über die Geschicke Europas berateu. — Am 14. Oktober 1808
trennten sich die Fürstlichkeiten. Vor seiner Abreise teilte Napoleon noch
kostbare Geschenke aus und zeigte auch sonst seine Freigebigkeit. So be-
schenkte er die Böttcherzunft, die am Tage vorher ihren knnstvollen Reif-
tanz vor seiner Wohnung aufgeführt hatte, mit 100 Lonisd'or. Außer-
dem bestimmte er, daß die Stadt fortan von der Verpflegung der durch-
marschierenden oder eingelagerten Truppeu befreit bleiben sollte.
Doch schon am 5. Dezember 1808 schlug Marschall Davoust mit
großem' Gefolge für 3 Monate sein Hauptquartier hier auf, und die
Bedrückung begann von neuem bis zum Ende der französischen Herrschaft.
Die glänzenden Feste zu Ehren des Geburtstages des Kaisers oder seiner
Siege standen in einem schroffen Gegensatz zu dem sich täglich steigernden
Elend der Bewohner. Erfurt befand sich in einem traurigen Znstand,
als Napoleon den Feldzug gegeu Rußland begann, der seinem Heere den
Untergang brachte. Nach jenem Gottesgericht aber regte sich anch in
Erfurts Bewohnern die Hoffnung anf Befreiung. Fürs eiste aber steigerten
sich uoch die Mühsale. Die Stadt war mit Krauken und Verwundeten
der französischen Armee und der ihr verbündeten Heere überfüllt. Das
Elend der Armen war grenzenlos. Zu Hunderten lagen sie selbst bei
schlechtem Wetter auf deu Straßen. Überall wanderten Krüppel umher
und erregteu das Mitleid der Bürger. Die Sterblichkeit nahm in der
Stadt mit jedem Tage zu. Der gewöhnliche Totenwagen und ein Bei-
wagen reichten nicht ans, alle Leichen nach dem Gottesacker vor dem
Johannestor zu schaffen.— Im Sommer 1813 verwandelten die Franzosen
Erfurt iu eine starke Festung. Die Wälle wurden erhöht und ihr Herr-
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Alexander Alexander Napoleon Napoleon Alexander Alexander Napoleon Alexander Alexander Napoleon Marschall_Davoust Napoleon
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nominert habe. Die preußischen Adler wurden von den öffentlichen Ge-
bäuden und Plätzen entfernt, und bald erinnerte nichts mehr an die frühere
Zugehörigkeit. Am 30. September 1807. also erst nach dem Tilsiter
Frieden, verabschiedete sich Friedrich Wilhelm Iii. mit bewegten Worten
von seinen Erfurter Landeskindern. — Die nun folgenden 7 Jahre
waren für die Stadt und ihr Gebiet eine ununterbrochene Reihe drückender
Einquartierungen, Erpressungen, Zerstörungen und anderer Beschwernisse.
In der schweren Zeit sah Erfurt eine besonders erlanchte Gesellschaft
in seinen Mauern, denn Kaiser Napoleon hielt vom 27. September bis
zum 14. Oktober 1808 den „Fürstenkongreß" hier ab. Zwei Kaiser,
vier Könige und eine große Zahl von Fürsten waren die Teilnehmer an
den vielen Festen, die in stetem Wechsel einander folgten. Die Kaiser
des Westens und Ostens befestigten in jenen Tagen den in Tilsit ge-
schlossenen Bund und faßten den Plan über die Teilung der Welt.
Danach sollte Alexander den Norden und Osten, Napoleon aber die
Mitte, den Westen und Süden erhalten. Am 27. September hielt Napoleon
durch das Brühler Tor seinen Einzug. Als Leibgarde ritt ihm ein Zug
junger Erfurter Kaufleute voraus. Am Tore waren unter Auführung
des Stadthauptmannes der Magistrat, die Abgesandten der Bürgerschaft,
der Universität und der Geistlichkeit zur Begrüßung versammelt. Auf
einem goldenen Becken wurden dem Kaiser die Schlüssel der Stadt über-
reicht. Napoleon wohnte im „Gouvernement", dem Regierungsgebäude,
wo er bei seiner Ankunft vom König von Sachsen begrüßt wurde. Er
machte dann dem Könige, der im „breiten Herd" wohnte, einen Gegen-
besuch. Am Nachmittag ritt er dem Kaiser Alexander von Rußland, der
von Weimar herüberkam, entgegen. Vorher besichtigte Napoleon die vor
dem Krämpfertor am Schwemmbach*) zum Empfang des Kaisers auf-
gestellten Truppen. Bei dem Einzug in die Stadt herrschte in der
Krämpferstraße ein gewaltiges Gedränge. Unter dem Geläute der Glocken,
dem Donner der Kanonen beider Festungen und dem Jubelgeschrei der
Truppen und des Volkes langte man auf dem Anger an. Hier stiegen
die Kaiser vom Pferde und traten Hand in Hand in das für Alexander
zur Wohnung bestimmte Haus des Kaufmannes Triebel (Anger 6). Vor
dem Hause waren zwei riesige Schilderhäuser für Kavalleriewachen auf-
gestellt. In dem Gefolge des Zaren waren sein Bruder Konstantin, der
Herzog von Weimar mit dem Erbprinzen und zahlreiche Generale. Als
der Abend hereinbrach, hüllte sich die Stadt in ein glänzendes Lichtmeer».
Auch hatte man überall Inschriften angebracht, die Napoleons Größe
priesen. Doch fand sich manches Wort, in dem ein Erfurter Bürger
seinem Mißmut freien Lauf ließ. So hatte ein Obsthändler den köstlichen
Einfall gehabt, an seinem Hanse ein von Lampen gebildetes, riesiges
„Ach" anzubringen. Als man ihn nach der Bedeutung der sehr zweifel-
haften Inschrift fragte, gab er die Versicherung, er hätte damit seiner
Frende Ausdruck geben wollen. — Was auf dem Kongreß eigentlich vor-
^)Der Schwemmbach floß früher um die Ostseite der Stadt.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm_Iii Friedrich Wilhelm Napoleon Alexander Alexander Napoleon Napoleon Napoleon Alexander_von_Rußland Alexander Napoleon Alexander Alexander Konstantin Napoleons
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Halter, General d'alton, zog sich mit der Besatzung ans den Petersberg
und die Cyriaksbnrg zurück. Auch das Brühler und Andreastor blieben
im Besitz der Franzosen. Die letzten verließen am 16. Mai 1814 die Stadt. —
Erfurt war nun wieder preußisch. Eine der erstell und wichtigsten
Aufgaben der Stadt war die Errichtung von Lazaretten für die erkrankten
preußischen Soldaten. Viele Bürger nahmen auch an dem Kriegszng
gegen Napoleon teil. Als Freiwillige eilten sie zu den Fahnen und
bildeten Landwehr und Landsturm nach prenßischem Muster. Am 4. März
1814 wurden die freiwilligen Jäger in der Kaufmannskirche eingesegnet,
und am 12. März marschierten sie nach Frankreich ab. Bereits am 25
März überschritten sie bei Oppenheim den Rhein. Aber schon in Nancy
ereilte sie die Nachricht von Napoleons Gefangennahme und Verweisung
nach der Insel Elba. Sobald der erste Pariser Friede geschlossen war,
zogen die Heere der Verbündeten in die Heimat zurück. Dabei konnten
die Bürger ihren geliebten König in Erfurts Mauern begrüßen. — Noch
waren aber die Verhandlungen des Wiener Kongresses nicht beendet, als
der Krieg von neuem ausbrach. Diesmal war die Teilnahme ain Kampfe
für die Erfurter Landwehr und die freiwilligen Jäger weit ehrenvoller.
Sie kämpften mit in der Schlacht bei Belle-Alliance und hatten Anteil
an dem Ruhme dieses Tages. Der zweite Pariser Friede beendete den
Feldzng mit Frankreich. —
Durch den Wiener Kongreß, der am 8. Juni 1815 mit der Unter-
zeichnung der Bundesakte endete, erhielt Preußen die größere Hälfte des
Königreiches Sachsen: Merseburg, Gefell, den Thüringer Kreis und
Henneberg. Es bildete daraus mit deu schon früher preußisch geweseneu
oder gewordenen Gebieten im Nieder- und Obersächsischen Kreise (Magde-
bürg, Grafschaft Hohnstein, Mühlhauseu, Eichsfeld, Stadt und Gebiet
Erfurt) die Provinz Sachsen. Sie war eine von den 8 Provinzen,
in die der preußische Staat durch die neue Verwaltungseinrichtung geteilt
wurde. Ost- und Westprenßen waren damals noch eine Provinz. An
der Spitze jeder Provinz stand ein Oberpräsident. Sie zerfiel in zwei
oder mehr Regierungsbezirke. In der Provinz Sachsen wurden Regierungen
in Magdeburg. Merseburg und „zu Erfurt in Thüringen" errichtet. Magde-
bürg wurde zugleich der Sitz des Oberpräsidenten. Am 3. April 1816
trat die Regierung zu Erfurt ihre Tätigkeit au. In Nr. 2 des Amts-
blattes vom 5. April 1816 verkündete sie, daß der Regierungsbezirk in
nenn Kreise geteilt sei. Unter ihnen war der Stadtkreis Erfurt mit
14 500 Einwohnern und der gleichnamige Landkreis mit 12 588 Ein-
wohnern. Anfangs waren Stadt- und Landkreis voneinander getrennt.
Sie standen auch unter verschiedener Verwaltung. Später hielt man eine
andere Ordnung für besser. Der Landrat wurde 1818 zugleich Ober-
bürgermeister. Die Geschäftsführung der Kreise blieb aber getrennt. 1831
wurde die Vereinigung beider Ämter in einer Person wieder aufgehoben,
und Erfurt wählte von nun an seinen eigenen Oberbürgermeister. Es
geschah dies zum ersten Male 1833. Doch bildeten Stadt und Land
bis zum Jahre 1872 einen gemeinschaftlichen Kreis. Am 1. Jannar 1872
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TM Hauptwörter (200): [T9: [Frieden Napoleon Krieg Kaiser Frankreich Friede Preußen Rußland Jahr Franz], T99: [Stadt Verwaltung Provinz Gemeinde Beamter Kreis König Spitze Land Angelegenheit], T96: [Stadt Thüringer Saale Schloß Wald Gotha Dorf Heidelberg Weimar Einw.], T60: [Mann Heer Jahr Offizier Soldat Landwehr Truppe Krieg Armee Regiment], T44: [Preußen Polen Brandenburg Provinz Land Schlesien Sachsen Pommer Friedrich Schweden]]
Extrahierte Personennamen: Napoleon Nancy Napoleons Jannar
Extrahierte Ortsnamen: Erfurt Frankreich Oppenheim Rhein Napoleons Elba Erfurts Frankreich Merseburg Henneberg Erfurt Sachsen Provinz_Sachsen Magdeburg Merseburg Erfurt Thüringen Erfurt