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1. Heimatskunde der Fürstentümer Schwarzburg - S. 12

1882 - Rudolstadt : Mitzlaff
rungen. Bodenbeschaffenheit und Klima haben den edlen Acker- bau außerordentlich begünstigt; von ihm nähern sich die meisten Dörfer; die Gewerbe werden mehr in den Städten betrieben. Nur den Ortschaften am und auf dem Eichsfelde kann ihr dürftiger Boden nicht den nötigen Unterhalt gewähren; hier muß der Be- wohner seinen Verdienst vorzugsweise im Walde beim Holzhauen suchen. Viele Arbeiter gehen nach Beschäftigung in die Zucker- fabriken der Magdeburger Gegend („ins Land gehen"). Die Zeit der Bereitung des Rohzuckers führt den Namen „die Znckercampagne". Auch werden hier Weberei und Bleicherei stark betrieben. Die fruchtbaren Fluren der Niederungen erzeugen Getreide und Gemüse aller Art, auch edle Obstsorten, selbst den Mandelbaum bei Franken- hausen. Besonders ergiebig sind die Umgebungen Arnstadts und die Thäler der Helbe und Wipper in ihrem Umlaufe. Der Zuckerrüben- und Tabaksbau wird namentlich in den Niederungen der U. H. stark betrieben und ist im steten Wachsen begriffen. Der Weinbau, sonst hauptsächlich bei Rudolstadt, Blankenburg, Clingen (in der U. H.) und Frankenhausen betrieben, hat sein Gebiet zum größten Teil dem Feld- und Gartenbau abtreten müssen; an den steilen Wan- düngen des rechten Saalufers im Amte Leutenberg bedeckt die Rebe ansehnliche Strecken. — Die Rindviehzucht, noch mehr die Schaf- zncht werden sehr gepflegt; die Pferdezucht hat besonders in der U. H. einen bedeutenden Ausschwung genommen. An Salzquellen ist die schwarzburgische Hügellandschaft reich; wer sollte nicht von der „Frankenhäuser Butter"*) gehört haben? Das Mineralreich liefert außerdem: Knpfer und treff- liche Mühlsteine auf dem Kyffhäuser, Braunkohlen bei Frankenhausen und Bendeleben, wenig Marmor und Alabaster bei Badra. Tuffstein besonders bei Greußen und Klingen in der sonderhänsifchen U. H. und in der O. H. bei Schaala, Torf auf mehreren Stellen z. B. bei Greußen. An Sand-, Kalk- und Gipsbrüchen ist selbstverständlich kein Mangel. Merkwürdig sind die vereinzelten Partieen und Blöcke von Granit, Syenit, Quarz ?c. bei Spier, Greußen und andern Orten. — Versteinerungen kommen in Masse vor, namentlich im Muschelkalke, der den größten Teil der Hainleite und des Jlmgebietes bedeckt und bei Rudolstadt und Blankenburg am weitesten südlich reicht. Es finden sich darin Fischreste, Ammoushörner (von den Gehäusen**) ausgestorbener Weich- tiere, wie unsere Schnörckelschnecken, herrührend), viele Muscheln, die sogenannten Bonifaziuspfeunige (versteinerte Stielgliedchen von Seelilien, in Gestalt kleiner Pfennige***) :c. Bei Schlotheim und *) Scherzhafte Bezeichnung für das Frankenhäuser Salz. **) Diese haben Ähnlichkeit mit den Widderhörnern des Jupiter Ammon, einer Gottheit, welche die Libyer in Afrika unter Gestalt eines Mannes mit Widderhörnern verehrten. ***) Nach der Sage zahlte Bonifacius mit denselben in Ermangelung des Geldes.

2. Heimatskunde der Fürstentümer Schwarzburg - S. 46

1882 - Rudolstadt : Mitzlaff
— 46 - Am Wirbach: (Nr. 72 — 74). 72) Dietrichshütte, Mktfl. am Ursprung des Wirbaches. Pfarrt und schult nach Nr. 70. Ackerbauer. 1 landwirthfchaftl. Verein. 73) Oberwirbach, weithin sichtbares Krchdf. in einem Seiten- gründe des Wirbaches. Fil. von Nr. 70; 1 Sch., 1 L. Hübsche Aussicht nach Rudolstadt. — Ackerbauer; Besenbinderei; Korbflechterei. 74) Unter wirb ach, freundliches Krchdf. am Fuße des Haum- od. Papierberges, zwischen Obstpflanzungen im Wirbachthale, das sich hier schnell erweitert. Fil. von Nr. 95. In der Nähe der erz- reiche Eisenberg. Nur die aus dem linken Ufer des Wirbachs ge- legenen Häufer sind fchwarzb., die jenseitigen meiningisch. Ackerbauer. Starker Handel mit Gemüse, Pflanzenbau, Sämereien und Obst. (I) Ortschaften an den linken Zuflüssen der Schwarza. (Nr. 75 - 115). 75) Böhlen, Pfdf. auf einem über 600 in hoch gelegenen Bergjoche am Breitenbache. 1 Sch., 2 L. Postagentur mit Tele- graphenstation lnach Breiteubach). 2 Mühlen,1 Dampffchneidemühle, 1 Dampfdrechslerei, bedeutende Holz- und Schlauchweberei, Preß- waren aus Cellnlose (Pflanzenzellgewebe), etwas Holzschnitzerei. Die Baumwollenweberei ist zurückgegangen. 18 verfallene Berggruben zeugen noch von dem sonst schwunghaft betriebenen Bergbau auf Kupfer und Alaun. Farberdegruben, ebenfalls nicht betrieben. Einige Sägenverfertiger. Etwas Ackerbau. 1 Kriegerv., 1 Turuv. Im Gebiet des Junkerbaches. (Nr. 76 — 78). 76) Wildenspring, Dorf am Ursprünge eines Thalgrundes. Eingepsarrt nach Nr. 75. 1 Sch., 1 L. 1 Schlanchfabrik. Hier haben sich noch etwas mehr Baumwollenweber als in Böhlen erhalten. Ackerbau Nebeugefchäft. Ein Rittergut mit bedeutenden Waldungen; 1 Gutsforstei. 1 Turnverein. 77) Friedersdorf, Dorf im tiefen Ursprünge eines Seiten- thales des Junkerbaches. Eingepsarrt nach dem sondershäns. Orte Gillersdors. 1 Sch., 1 L. Wenig Ackerbau; viel Weberei. Nahe am Dorfe führte die Nürnberger Straße vorüber. Am Junkerbach die „Ölfchröte", 1 Gasthaus u. 2 Mühlen. 78) Herschdorf (bei Königfee), Pfdf., am Südostfnße des Langenbergs. l Sch., 2 L. Auf der Wasferfcheide der Rinne und Schwarza (648 in) weite Aussicht. Bedeutende Schlauchweberei; wenig Ackerbau. Sonst stark betriebenes Fuhrmannswesen nach Nord- dentschland. Im Gebiet des Finkenbaches: (Nr. 79 bis 80). 79) Dröbischau, Dors auf baumloser Höhe. Nr. 78 eiuge- pfarrt. 1 neue Schule (seit 1878) u. 1 neuer Gottesacker. Acker- bau und Handel. 80) Allersdorf, hochgelegenes Dorf am Nordabhange des Böhlberges; oft Wassermangel. Nr. 78 eingepsarrt. 1 Sch., 1 L.

3. Heimatskunde der Fürstentümer Schwarzburg - S. 6

1882 - Rudolstadt : Mitzlaff
- 6 — kanten (besonders in Neustadt am Rennsteige, wo sonst viel Feuer- schwamm bereitet wurde und Cursdorf), geschickte Holzschnitzer (in Böhlen), Sägemüller, Lattenschneider, Span- und Wurzelkorbflechter (besonders in Horba), Besenbinder (Oberwirbach und Unterweiß- bach); und beim Schachtelmacher kann man ganze Familien von A bis Z in voller Thätigkeit sehen. In der Gegend von Breitenbach und in den Amtsbezirken Königsee und Oberweißbach hat sich das einträgliche Laborantenwesen stark entwickelt. Dieses eigen- tümliche Gewerbe ist bald nach dem 30jährigen Kriege durch den aus Oberweißbach stammenden Apotheker I. M. Mylius von Breiten- dach ausgegangen. Nach Schwaben und der Schweiz, nach Preußen, Polen, Ungarn, Holland zc. werden Arzeneien und Olitäten (d. h. Ole) durch die Olitäteuhäudler oder Balsamträger ausgeführt. Be- sonders in den Dörfern um den Langenberg wird die Baum- wollen Weberei, seit wenig Jahren auch die Holzweberei stark betrieben. Hauptsächlich auf schwarzburgischem Gebiete birgt der Thüringer- Wald einen nicht unbedeutenden Reichtum von Mineralien in seinem Schöße. Das edle Gold findet sich bei Goldisthal und im unteren Schwarzathale, am ersteren Orte häusiger, als am letzteren. Im Natnralienkabinet zu Rudolstadt wird eiue Quarzgoldstufe im Werte von 4 bis 5 Dukaten (40 bis 50 M.) gezeigt, die bei Goldisthal ge- funden worden sein soll. Im unteren Schwarzathale zeigt sich das meiste Gold in dem rötlich gefärbten Tone, der sich am Ufer oder in den Spalten des zerrissenen Felsenbettes abgelagert hat; der Kies ent- hält sehr selten einige Spureu dieses Metalls. Die Goldwäscher fassen das thonige Erdreich in Mulden mit schwarzem Boden und spülen dasselbe behutsam und mühsam ab; wenn das Glück will, glänzen vom schwarzen Boden dem freudigen Auge des Wäschers Gold- blättchen, oder wohl gar Goldkörnchen so groß wie Linsen, selbst wie Erbsen, aber äußerst selten, entgegen. Die Schwarzagoldwäsche, sonst häufig betrieben, ist fast ganz wegen des geringen Ertrags eingegangen; sie beschränkt sich jetzt nur auf einzelne Personen, die sie als Nebenerwerb und in Mußestunden üben.*) Das dem Golde zunächst stehende Edelmetall, das Silber, fiudet sich in geringer Menge bei Blankenburg, am Langenberge und bei Breitenbach. — *) Das jetzt noch gewaschene Gold sammeln die Fürstlichen Herrschaften zu Rudolstadt und verwenden es meistens zur Anfertigung von Gedenkringen, Ver- lobungs- und Trauringen bei Verlobungen und Trauungen des Fürstlichen Hauses. — Es giebt eine ziemliche Anzahl in Sammlungen vorhandener Schwarza- gold-Dukaten. ... , Manche Baueru des schwarzb.-rudolst. Dorfes Schwarza sollen ihre Gänse nur ausgeschlachtet verkaufen, in der Erwartung, im Kröpfe oder Magen dieser Wasservögel Gold zu finden. Einen solchen Fund im Kröpfe einer Schwarzer Gans, eine winzigkleine Ouarzgoldstuse, bewahrt das Naturalienkabinet zu Rudol- stadt auf.

4. Heimatskunde der Fürstentümer Schwarzburg - S. 5

1882 - Rudolstadt : Mitzlaff
— 5 — ober Moos umkleidet. Nach dem 5 -6 Monate langen Winter ent- wickelt sich die Pflanzenwelt wie mit einem Zauberschlage. Doch beginnt die Ernte in den niederen Strichen oft über 14 Tage früher, als im Gebirge. Auf den höchsten Höhen gedeihen Kartoffeln von vorzüglicher Güte, Sommerkorn, Hafer, Flachs und etwas Kraut (Kohl); der Kirschbaum ist der einzige Obstbaum, der seine Früchte zur Reise bringt. Die häufig wachsenden Preißelbeeren („Mehlbeeren," „Hölperle") und Heidelbeeren („schwarze Beeren"), die massenhaft gesammelt und suderweise ausgeführt werden, geben einen geringen Ersatz für das fehlende Obst. An tieser gelegenen Orten läßt das Klima nach und nach den Bau aller einheimischen Getreidearten und Hülsenfrüchte zu; die milden Thalfluren liefern auch Gemüse, besonders bei Schwarza. Das bedeutendste Pflanzenprodukt liefert der Wald in den 2/? des Bodens bedeckenden Waldungen, besonders Nadelwaldungen; zwischen ihnen breiten sich, besonders im Bezirk Gehren, Gebirgswiesen („Wald- röder", „Geräumde") aus. Für „den Wald" kann wegen des Klimas der Ackerbau nur Nebengeschäft sein; nur aus den Hochflächen des Sormitzgebietes und im Gebiete der Rinne und Sorbitz treiben die meisten Dörfer bloß Ackerbau. In diefen Dörfern allein findet sich die Schafzucht; die Bewohner der Gebirge beschäftigen sich mit der Rind Viehzucht. Die vielen Kühe, welche der thüringer Waldrasse entstammen, sind trotz ihres kleinen, zarten Baues kräftige Zugtiere und liefern die wohlschmeckende Waldbutter, die weithin versandt wird. Noch bedeutender ist die Zahl der Ziegen, „des Melkviehes" der Armen. Kühe und Ziegen werden, so lange es das Wetter gestattet, aus die Weide getrieben. Das harmonische Schellen- geläute einer Kuhherde hat für ein musikalisches Ohr großen Reiz. Die reichen, früher unverwüstlich scheinenden Waldstrecken und die zwischen ihnen dahin rauschenden Waldbäche boten im 17. und 18. Jahrhundert religiösen Flüchtlingen ans Salzburg, Böhmen und Schwaben die günstigsten Plätze zur Anlegung von Glas- sabriken, um welche Dörfer entstanden (Schmalenbuche, Alsbach, Altenfeld). Noch mehr Dörfer (Ölze, Geiersthal, Leibis, Quelitz, Scheibe) verdanken ihre Entstehung dem früher schwunghaft be- triebeneu Eisenhüttenwesen, das jetzt leider wegen der kost- spieligen Beschaffung der Steinkohlen ganz darnieder liegt. Die Porzellanindustrie hat einen raschen und bedeutenden Auf- schwang genommen. Zwei Glasmeister aus Alsbach, Gotthelf und Gottfried Greiner, und der aus Cursdorf gebürtige Candidat Mache- leid erfanden im vorigen Jahrhundert das thüringische Porzellan. Glaskünstler von Ruf, geschickte Barometer-, Thermometer- und Glasaugen-Verfertiger besitzt der Wald. Die Glasperlenfabrikation wird besonders in Neuhaus und Umgegend von jung und alt stark betrieben. — Die Holziudustrie ist sehr bedeutend. Da giebt's Muldenhauer (Breitenbach und Umgegend), Kisten- und Kastenmacher (Mellenbach, Meuselbach), Spielwarenversertiger, Streichholzfabri-

5. Die Lande Braunschweig und Hannover - S. 52

1880 - Hannover : Klindworth
52 Das Gebiet der Weser. seinem goldenen Thurmdache geworden. An seiner Rückwand grünt und blüht aber immer noch der wunderbare Rosenstock und wohl 30 Fuß [9 m] hoch zieht er sich an der Mauer empor, jeden Sommer mit Tausenden von Blüthen beladen. Hierher verlegte denn auch Kaiser Ludwig das Bisthum, welches in Elze seine schwachen Ansänge gehabt hatte. Das Bisthum entwickelte sich dann zu einem mächtigen Reichsfürstenthum. In Folge eines heftigen Krieges, der s. g. Stiftsfehde, 1519 bis 1523, mußten die Bischöfe den größten Theil ihres Landes, das s. g. große Stift an die Herzöge von Calenberg und Braunschweig abtreten; nur die Aemter Steuerwald und Marienburg, das s. g. kleine Stift, blieben bei Hildesheim. Die Folge davon war, daso im großen Stifte alsbald die Reformation eingeführt wurde; und ob- wohl während des 30jährigen Krieges (1624) alles genommene Land wieder an Hildesheim kam, so blieb doch die Reformation bestehen, und so ist nur der geringere Theil der Bevölkerung des Fürstenthums katholisch. Als im Jahre 1803 das Land Preußisch wurde — erst 1815 kam es an Hannover — befand sich die Stadt im tiefsten Verfall, feit jener Zeit aber ist sie freudig aufgeblüht, besonders seitdem sich in der fruchtbaren, reichbebaueten Umgegend die Landwirthschaft so außeror- deutlich vervollkommnet hat, deren reiche Produkte hier zu Markte gebracht werden. Manche fromme Stiftung aus alter Zeit hat sich erhalten; in der neueren Zeit ist ein Taubstummen-Institut und eine große Irrenanstalt hinzugekommen. Hildesheim hat sich einer schönen Umgegend zu erfreuen; in seinem Innern ist es reich an Mittelalter- lichen Kunstwerken, an reichver- zierten mittelalterlichen Privat- Häusern (z. B. das fälschlich so benannte Tempelherrenhaus am Markte) und namentlich an schönen Kirchen, die theilweise, wie der Dom, die prachtvolle, leider nicht vollständig mehr erhaltene Michaeliskirche und die neuerdings

6. Die Lande Braunschweig und Hannover - S. 184

1880 - Hannover : Klindworth
184 Die neuere Zeit. ^ Herzog Wilhelm hinterließ bei seinem Tode (17. Juni 1815) zwei unmündige Söhne, von denen der ältere, Karl, ihm im Herzog- thume nachfolgen sollte, der jüngere, Wilhelm, mit dem Herzog- thume Oels abgefunden wurde, einer reichen Besitzung in Schlesien, welche ein Vorfahr einst durch Heirat gewonnen hatte. Beide jungen Prinzen standen während ihrer Minderjährigkeit unter der Vormund- schast ihres nächsten Verwandten, des Königs von England, wurden aber in Braunschweig erzogen. Leider fand Prinz Karl hier falsche Freunde, welche in der Hoffnung, später den Fürsten nach ihrem Willen lenken zu können, ihm Gelegenheit zu Sittenlofigkeiten aller Art verschafften und seiner Seele den bittersten Haa gegen seinen königlichen Vormund einflößten. Im Jahre 1823 trat der 19jährige Prinz Karl die Herrschaft seines Landes an, machte sich aber bald im ganzen Lande und na- mentlich bei dem Adel desselben verhastt durch die selbstsüchtige Willkür, mit welcher er bei allen seinen Regierungshandlungen verfuhr, wobei sein letzter Endzweck der war, sein Privatvermögen auf Kosten des Landes zu vergrößern. Das zu erreichen, wurden alte verdiente Beamte, welche die Rechte des Landes geachtet wissen wollten, rücksichtslos aus ihren Aemtern vertrieben, ja des Landes verwiesen, bis unter einem zum höchsten Amte im Staate emporgezo- genen gewöhnlichen Schreiber die Willkürherrschast ihren Höhepunkt erreichte. So kam es denn am 6. Septbr. 1830 zu einer Revolution, die vom Adel, den Beamten und dem gebildeten Bürgerstande aus- ging; und da alsbald auch die herzoglichen Truppen dem Fürsten den Gehorsam versagten, so blieb ihm nichts übrig, als das Land seiner Väter zu fliehen. Ruhelos und verachtet lebte er seitdem in der Fremde und ist 1873 in Genf gestorben. An seine Stelle trat sein Bruder Wilhelm, 2. Dec. 1830, und wurde vom Deutschen Bunde, der die Absetzung Karls aussprach, als Herzog anerkannt. Seitdem hat sich das Land unter der Regierung des Herzogs Wilhelm, der es verstanden hat, sich mit den tüchtigsten Rüthen zu umgeben, des segensreichsten inneren Friedens und einer freudigen Entfaltung seiner Kräfte und seines Wohlstandes erfreut. Für Hebung von Handel und Gewerbe, für die Steigerung des Verkehrs durch rasche Entfaltung eines reichen Eisenbahnnetzes, für die Ent- wickelung des Ackerbaues, für schnelle und gute Justiz, sür Kirche und Schule ist hier verhältnissmäßig mehr geschehen, als in den meisten Deutschen Landen.

7. Die Lande Braunschweig und Hannover - S. 187

1880 - Hannover : Klindworth
Die neuere Zeit. 187 Amtsversammlung zur Seite gesetzt wurde; ebenso sollten die alten Landstände der einzelnen Provinzen (Provinziallandschasten) zweck- mäßig reorganisirt und ihnen ein bedeutenderer Wirkungskreis in Be- ziehung auf die Angelegenheiten der einzelnen Provinzen beigelegt werden. Vor allem aber ist die neue Gerichtsverfassung zu nennen, in Folge welcher alle städtischen und adeligen (Patrimonial-) Gerichte aufgehoben und in königliche verwandelt wurden, während zugleich nicht bloß in Strafsachen sondern auch in Civilprozessen Oeffentlichkeit und Mündlichkeit des Verfahrens eingeführt wurde. Hannovers Gerichtsverfassung ist ein Muster für alle übrigen Staaten gewesen, und die am 1. Oktober 1879 ins Leben getretene allgemeine Deutsche Gerichtsverfassung hat sich zum größten Theile auf den bei uns ge- legten Grundlagen aufgebauet. Zugleich waren auch die Finanzen des Landes in dem blühendsten Zustande. Ernst August starb am 18. November 1851, von der Mehrzahl seines Volkes wahrhast betrauert. Nach dem Tode Ernst August's bestieg dessen Sohn Georg V den Thron. Bereits zu Lebzeiten des Königs Ernst August hatten sich die Ritterschaften des Landes an den wiedererstandenen Deutschen Bund mit der Klage gewandt, das» durch die beabsichtigte Reorganisation der Proviziallandschasten ihre althergebrachten Rechte verletzt würden, und daß ihnen die Standschaft in der ersten Kammer des Königreiches entzogen sei. König Ernst August hatte das betreffende Gesetz nicht

8. Die Lande Braunschweig und Hannover - S. 189

1880 - Hannover : Klindworth
Die neuere Zeit. 189 gemacht, daß die königliche Regierung geneigt sei, eine Wiederein- führung der Kassenvereinigung zu gestatten, wenn die Stände den demnächst zu machenden Vorschlägen zustimmen würden. Erst im Jahre 1857 gelang es der Regierung durch den äußersten Druck, den sie auf die Beamten und alle sonst irgendwie abhängigen Personen ausübte, sowie dadurch, daß man selbst den pensionirten Staats- dienern, von denen man eine oppositionelle Haltung erwartete, den Eintritt in die Kammer versagte, sich eine in ihrer Majorität gefügige Kammer zu verschaffen und mit dieser wurde eine Vereinigung der Kassen unter der Bedingung vereinbart, daß die Bedarfsumme für den königlichen Hofhalt hinfort nicht in baarem Gelde ausbezahlt, sondern zu deren Beschaffung ein so großer Theil des Domanial- gutes ausgeschieden werden solle, daß dessen Erträgnisse jene Bedarf- summe liefern könnten. Bei der Ausscheidung ging man aber so zu Werke, dass die ausgeschiedenen Domänen einen den Anschlag weit übertreffenden Ueberschuss lieferten. Dieses Vorgehen erregte fast in allen Kreisen der Bevölkerung die tiefste Verstimmung, und es schien Manchem, als ob die königliche Regierung bei dem Versassungsstreite nicht bloß durch politische Rücksichten, sondern zum großen Theil durch das Verlangen bestimmt sei, auf diesem Wege eine Erhöhung der königlichen Bedarfsumme zu erwirken. So wuchs die Opposition im Lande von Tag zu Tag, und mancherlei Verbesserungen der in- neren Verwaltung wurden mit Lauheit aufgenommen. Zwei Ereignisse sind noch besonders zu erwähnen. Der durch die Entwicklung des Deutschen Eisenbahnsystemes stets lebhafter werdende Handelsverkehr ließ die Trennung Hannovers vom Deut- schen Zollverein immer untunlicher erscheinen, und als man sich von Seiten des Zollvereines entschloß, dem Lande Hannover einen Vorzug in der Art zu gestatten, daß wegen des im Lande nachweislich statt- findenden höheren Verbrauches von Kolonialwaaren die Einkünfte so getheilt werden sollten, daß dabei die Bevölkerung Hannovers nicht mit ihrem einfachen, sondern mit dem anderthalbfachen Betrage in Rechnung gebracht werden sollte, so trat Hannover im Jahre 1854 dem Zollvereine bei. Das hatte einen großen Einfluß auf die Gewer- beverhältnisse unseres Landes. Die Fabrikanten und Gewerbetrei- benden der benachbarten Lande, in welchen Gewerbefreiheit herrschte, und welche in Folge davon wegen der gesteigerten Konkurrenz ihre Waaren billiger liefern mußten, überschwemmten nach dem Falle der Zollschranken unser Land mit ihren Erzeugnissen, und eine noth- wendige Folge davon war, daß man auch hier an die Einführung der Gewerbesreiheit denken mußte. Zwar erhoben die Anhänger des

9. Die Lande Braunschweig und Hannover - S. 29

1880 - Hannover : Klindworth
Das Harzgebirge. 29 werden, nur die große Eingangshalle konnte erhalten werden; in ihr werden Reste der . inneren Ausstattung der .Kirche (der Kaiserstuhl, d. s. g. Crodo-Altar u. a.) ~4-■' I-W.&j' . ' I \ aufbewahrt. Dicht neben dem Dom erhob sich ein prächtiger Kaiserpalast; <*•• von ihm ist nur die ^ Kapelle und ein Flügel .• erhalten; letzterer, in alter Schönheit herge- stellt, zur Erinnerung an -jene Zeiten, wo Deutsch- land war, was es jetzt wieder geworden ist, der mächtigste und ange- sehenste Staat Europas. — In späteren Zeiten war Goslar eine freie Stadt des Deutschen Reiches, blühend durch Handel und Ge- werbe. Die Bürger betrieben den Bergbau selbst und gaben den Landesfürsten nur den Zehnten der Bergprodukte ab; erst seit dem 16. Jahrhundert) ist der Betrieb an die Landesherrschaft übergegangen. Daran knüpfte sich manche Industrie, besonders in Kupfer und Messing. Zeugen jenes Wohlstandes sind noch die schönen Kirchen der Stadt und der Marktplatz mit seinem metallenen Wasserbecken,

10. Die Lande Braunschweig und Hannover - S. 70

1880 - Hannover : Klindworth
70 Das Gebiet der Ems und Vechta. bewässert von der bei Detmold entspringenden Werre, die bei Rehme sich mit der Weser vereinigt. Weiter hin wird das Thal enger, behält aber bis Osnabrück noch denselben Charakter. Auch hier ist die Bevölkerung noch recht dicht, indem Ackerbau und Industrie (Leinenweberei, Tabacksfabrikation) hier in glück- licher Vereinigung stehen. Bewässert wird dasselbe von der Hase und Else. Es tritt dabei eine eigenthümliche Erscheinung ein. Die bei Borgholzhausen im Teutoburger Walde ent- springende Hase theilt sich nämlich da, wo sie bei Gesmold in die Ebene eintritt, in zwei Arme, von denen der eine seinen Namen beibehaltend westwärts strömt, während der andere sich ost- wärts wendend, einen kleinen Gebirgsbach aufnimmt, dann den Namen der Else erhält und über Melle und Bünde der Werre zuströmt. Es fehlt also hier an einer Wasserscheide zwischen den Ge- bieten der Ems und der Weser. Melle (2000 Ew.) ist der Mit- telpunkt einer bedeutenden Leinenindustrie. Viel lebhafter aber ist die Handelstätigkeit von Osnabrück, der ältesten Gründung Kaiser Karls im Sachsenlande. Es dauerte aber recht lange, ehe sich um die Kirche eine Stadt entwickelte; erst im Jahre 1280 wurde sie mit Befestigungswerken versehen. Dann wuchs sie rascher empor, befreiete sich von der Gerichtsbarkeit ihrer Bischöfe und wurde eine der bedeutendsten Städte im Hansabunde. Be- sonders blühte hier die Tuchweberei und der Handel mit den Produkten der Viehzucht, Häuten, Wolle, Schinken. Nicht unbe- deutend war auch die Leinwandweberei, und als später das Tuch- machergewerbe mehr und mehr verfiel, trieb Osnabrück noch lange Zeit über Bremen einen bedeutenden Leinwandhandel nach England und den Spa- nischen Kolonien in Amerika. An jene glücklichen Zeiten erinnern noch die schönen Kirchen der Stadt, unter denen wir neben dem alter- thümlichen Dome nur die schöne Marienkirche nen- nen, eine der schönsten Kirchen des nordwestlichen Deutsch- lands. Seit dem 30jährigen Kriege verfiel der Wohlstand der
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