Claudius Marcellus. Archimedes. 79
Bürger von Syrakus wieder Frieden mit Rom; aber die Mietstruppen in der Stadt rissen die Gewalt an sich und schlugen sich auf karthagische Seite. Im I. 213 rückte der Konsul Claudius Marcellus vor die Stadt und begann die Belagerung. Zuerst griff er von der Seeseite die Stadt mit einer Flotte von 100 Schiffen an; aber der berühmte Mathematiker und Mechaniker Archimedes machte alle Angriffe zu Schanden. Vermittelst seiner auf der Mauer ausgestellten Wurfmaschinen von verschiedener Größe bewarf er die ferneren Schiffe mit ungeheuren Steinblöcken, die näheren mit einer Masse leichter Geschosse. Kamen die Schiffe an die Mauer, so zog er sie durch Hebebalken, die vorn mit sogenannten eisernen Händen versehen waren, in die Höhe, stellte sie aufs Hinterteil und ließ sie dann, um sie zu versenken, plötzlich niederfallen. Auch einzelne Soldaten wurden von den eisernen Händen ergriffen und ins Meer geworfen. Marcellus mußte die Angriffe zur See aufgeben, und da auch von der Landseite wegen der trefflichen Verteidigung nicht beizukommen war, so mußte er sich nach achtmonatlicher Belagerung darauf beschränken, die Stadt zu Wasser und zu Lande einzuschließen, um sie durch Hunger zu bezwingen. Aber das hatte auch seine großen Schwierigkeiten, da Syrakus einen größeren Umfang als Rom hatte. Zuletzt drang er, durch Verrat einiger Bürger unterstützt, in die Stadt ein. Die Stadt blieb erhalten, erlitt aber eine allgemeine Plünderung. Dabei fand auch Archimedes den Tod, obgleich Marcellus den Befehl gegeben hatte, ihn zu verschonen. Er faß, ohne etwas von dem Tumulte in der Stadt zu hören, zu Haufe bei feinen in den Sand gemalten Zirkeln in Studien vertieft; da trat ein plündernder Soldat ein, der ihn nicht kannte, und Archimedes rief ihm zu: „Zertritt mir meine Zirkel nicht!" worauf der Soldat ihn niederhieb. — Syrakus verlor seine Selbständigkeit und wurde der Provinz Sizilien einverleibt. Ganz Sizilien war im I. 210 den Römern wieder Unterthan.
In demselben I. 212 begannen die Römer auch ihre Angriffe auf Capua, indem die beiden Konsuln Q. Fnl-
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124 Der Sklavenkrieg (73—71). M. Crassus.
Umgegend durch räuberische Streifzüge heimsuchte. Deshalb ward eine Truppenabteilung von 3000 M. auf den Vesuv geschickt, um sie zu fangen. Sie besetzte den Zugang zu der Höhe, wo sie ihr Lager hatten; aber die Sklaven kletterten auf einer andern Seite an zusammengeflochtenen Weinreben unbemerkt den steilen Felsen hinab, griffen die Truppen an und jagten sie auseinander. Sie versahen sich mit den weggeworfenen Waffen der Flüchtigen; doch mußten sich noch viele mit zugespitzten Knütteln begnügen.
Als eine größere Truppenabteilung gegen die Sklavenschar geschickt wurde, zog sich diese nach Unteritalien, nach Lncanien, und hier schlug sie die nachgeeilten Truppen völlig. Die Folge davon war, daß von allen Seiten entlaufene Sklaven ihnen zuströmten, in solcher Masse, daß das Heer jetzt wenigstens 40 000 M. betrug und am Ende des I. 73 in ganz Campanien, Lncanien und Brnttinm das offene Land und die meisten Städte in den Händen der Sklaven waren. Wie diese Massen verwilderten und mißhandelten Volkes gegen ihre bisherigen Peiniger verfuhren, läßt sich leicht denken. Schonungslos ward gemordet und geplündert und zerstört. Ganz Italien zitterte. Die Regierung mußte alles aufbieten, um dem grauenvollen Kriege ein Ende zu machen. Sie schickte die zwei Konsuln und einen Prätor, jeden mit einem Heer gegen sie aus. Spartaeus, der Oberanführer der Sklaven, sah ein, daß er mit seinen wilden Scharen auf die Dauer den Krieg gegen den römischen Staat nicht fortführen konnte, und zog daher nach Oberitalien, um über die Alpen zu gehen, damit ihm und den Seinen die Rückkehr in ihr Vaterland ermöglicht werde. Auf seinem Marsche und in Oberitalien schlug er die Heere der beiden Konsuln, des Prätors und mehrerer andern Führer, wodurch seine Leute so ermutigt wurden, daß sie ihn zwangen, sie wieder nach Süden zu führen, damit sie Italien ausplünderten.
Unterdessen hatte der Senat dem Prätor M. Crassus, dem reichsten Mann in Rom, der sich unter Sulla als tüchtigen Anführer bewährt hatte, die Führung des Krieges
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Extrahierte Personennamen: Sulla
Extrahierte Ortsnamen: Unteritalien Italien Oberitalien Oberitalien Italien Rom
122 Perpernas Verrat.
Schlacht fiel. Als er für seine Thaten einen Triumph forderte und Sulla dagegen war, weil er noch kein einziges Staatsamt bekleidet hatte, so wußte er durch seine grenzenlose Keckheit den Sulla zum Nachgeben zu bringen. Sulla begrüßte ihn sogar bei seiner Rückkehr mit dem Namen „Magnus", d. H. der Große. Der junge Mann hielt sich für einen großen Feldherrn und galt auch allgemein dafür, und doch war er es nicht. Es war ihm allerdings viel gelungen; aber er verdankte es mehr dem Glück als der eignen Geschicklichkeit, er hatte immer mit großen Streitkräften gegen unbedeutende Feldherrn gekämpft. Jetzt, wo er nach Spanien kam, hatte er es mit einem talentvollen Gegner zu thun.
Pompejus traf zuerst auf den Sertorins, als dieser eben die Stadt Lauro (unweit Valencia) belagerte. Voll Vertrauen auf seine Feldherrngröße, legte er sich unvorsichtig in die Mitte zwischen der Stadt und dem sertorianischen Lager, indem er die Städter darauf aufmerksam machte, wie er jetzt den belagernden Feind selbst belagern werde. Aber es dauerte nicht lange, so mußte der stolze Mann nach Verlust einer Legion abziehen und die Stadt preisgeben. Fast unter seinen Augen wurde Lauro zerstört. Im nächsten Jahre wurde Pompejus in einer Schlacht bei Sucro (unweit Valencia) geschlagen und verlor 10 000 M. Am folgenden Tage wollte Sertorius den Kampf erneuern; als er aber merkte, daß auch Metellus in seine Nähe gekommen, zog er ab, indem er sagte: „Wäre das alte Weib nicht dazu gekommen, so hätte ich diesen Knaben eines andern belehrt und mit einer Tracht Schläge nach Rom geschickt."
In dem Sommer 75 und 74 setzte Sertorius seinen Gegnern so zu, daß in dem ersten Winter Metellus und in dem zweiten Pompejus sein Winterlager in Gallien suchen mußte. In dem folgenden Jahre 73 aber ging die Sache des Sertorius entschieden rückwärts, nicht durch die Überlegenheit seiner Gegner, sondern durch Verrat in seinem eignen Lager. Perperna nämlich und andere vornehme Römer fanden es gegen ihre adelige Würde, einem Manne
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Lucullus' Abberufg. Pompejus' Thaten in Asien. 131
Armeniens, Artaxata, dem Tigranes eine ähnliche Niederlage am Flusse Arsanias bei. Aber jetzt war sein Glück zu Ende. Seine Soldaten, mißmutig über die Strapazen und die strenge Zucht, die ihnen das Rauben und Plündern verwehrte, weigerten sich, weiter zu marschieren. Sie zwangen ihn zum Rückzug, und er mußte sehen, wie Tigranes wieder Herr in Armenien ward und Mithridates in sein Land zurückkehrte. Zugleich arbeitete zu Rom die Partei der Kapitalisten, die größtenteils aus Rittern bestand, an seiner Rückberufung, weil er bei der Ordnung der Verhältnisse in der Provinz Asien die furchtbar gedrückten Unterthanen gegen ihren Wucher geschützt hatte, und ihnen schlossen sich die Anhänger des Pompejus an, welche diesem nach dem Seeräuberkrieg auf seinen Wunsch das Kommando in Asien verschaffen wollten. Und sie drangen durch; Pompejus erhielt wieder Gelegenheit, von fremdem Baume Lorbeern zu pflücken. Tief gekränkt zog sich Lucullus zu Rom ins Privatleben zurück und ergab sich einer Verschwendung und Schwelgerei, die sprichwörtlich geworden ist, ohne jedoch stumpf zu werden für höhere Genüsse des Geistes. Er besaß ein ungeheures Vermögen, das er teils geerbt, teils auf seinen Kriegszügen sich erworben hatte, doch nicht auf unwürdige und ungerechte Weise.
Pompejus fand in Asien keine großen Schwierigkeiten mehr; denn Lucullus hatte ihm gründlich vorgearbeitet. Er trieb den Mithridates bis an die östliche Grenze seines Reiches und rieb hier durch einen nächtlichen Überfall am Flusse Lykos sein Heer völlig auf. Der König entfloh nur mit drei Begleitern, unter denen eine seiner Frauen war, welche ihm in persischer Reitertracht überallhin folgte und sogar an seiner Seite focht. Er wollte sich wieder zu Tigranes flüchten; da dieser aber einen Preis auf seinen Kopf gesetzt, weil er glaubte, Mithridates habe seinen Sohn zur Empörung gegen ihn angestiftet, so wandte er sich gen Norden nach Kolchis und zog von da aus im nächsten Frühjahr (65) an der Küste des schwarzen Meeres hin nach seinem Reiche Bosporus (der Krim und den benachbarten Land-
9*
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42 Wiederaufbau Roms. Stein. Rogationen (366).
Die Römer bauten jetzt ihre Stadt wieder auf, und zwar mit großer Eilfertigkeit, da jeder fo bald als möglich unter Dach und Fach zu kommen bestrebt war. Deshalb wurden die Häuser meist klein und ordnungslos auferbaut, so daß die Straßen eng und krumm wurden und die Stadt ein unansehnliches und unregelmäßiges Aussehen erhielt. Nach dem unglücklichen Schlage, den die Römer durch die Gallier erhalten, waren die meisten Nachbarn von ihnen abgefallen; aber in etwa 13 Jahren hatte Camillus sie alle wieder unterworfen, und die Gallier, welche noch mehrmals verwüstend in das mittlere und untere Italien einfielen, wurden jedesmal von den Römern zurückgeschlagen. — Camillus starb int I. 365, nachdem er 60 Jahre lang seinem Vaterlande die wichtigsten Dienste gethan.
Dritte Periode.
390 — 133 v. Chr.
Xiii. Ier erste Samniterkrieg.
343—341 v, Chr.
Im I. 366 waren durch die Gesetzesvorschläge der Tribunen C. Licinius Stolo und L. Sextius die Plebejer zu gleichen Rechten mit den Patriziern gelangt, indem bestimmt ward, daß jedesmal einer der Konsuln ein Plebejer sein müßte. Damit hörten die leidenschaftlichen Partei-kämpfe int Innern auf, und das Volk konnte feine ganze Kraft nach außen tuenden. Jetzt beginnt das eigentliche Heldenzeitalter der Römer. Nach hundert Jahren (266) waren sie die Herrn von ganz Italien.
An den Anfang dieser Heldenzeit haben sie eine schöne bedeutungsvolle Sage gestellt. Im I. 362 soll nämlich aus dem Markt zu Rom plötzlich eine weite Kluft von ungeheurer Tiefe entstanden sein, die man vergebens zu schließen versuchte. Die Wahrsager erklärten, der Schlund werde sich
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Marius' erstes Konsulat (107). 105
Kriegsmann gezeigt, daß sein Ruhm in aller Munde war und die Soldaten nach Hause schrieben, es sei kein Ende des Krieges abzusehen, wenn man nicht den Marius zum Konsul und Oberfeldherrn wähle. Marius war ein Mann von niederem Stande, ein Bauernsohn aus Arpinum, wo er in ländlicher Einfachheit und Strenge aufgewachsen war. Eine feinere Bildung blieb ihm sein ganzes Leben hindurch fremd; er war nur Soldat und hatte die Kriegskunst nur durch die Praxis erlernt. Schon als 22jähriger Jüngling zeichnete er sich unter Scipio Ämilianns vor Numantia durch Tapferkeit und Mut und kriegerische Haltung so sehr aus, daß Scipio ihn allen andern vorzog. Als einmal nach dem Mahle einer, um dem Scipio zu schmeicheln, die Frage aufwarf, wer ihn dereinst als Feldherr und Haupt des römischen Volkes ersetzen könnte, soll Scipio dem neben ihm liegenden Marius auf die Schulter geklopft und gesagt haben: „Vielleicht dieser hier".
Obgleich es damals einem Mann aus dem Volke, einem homo novus (Emporkömmling), sehr schwer hielt, zu höheren Ehren zu gelangen, so hatte Marius vor dem jugurthinischen Kriege doch schon die Prätur bekleidet, das nächste Amt vor dem Konsulat. Während des Krieges wollte er sich für das I. 107 zum Konsul wählen lassen. Er bat daher den Metellus um Urlaub, um zur Bewerbung nach Rom gehen zu können. Der adelsstolze Metellus, der den gefeierten Kriegsmann mit einem gewissen Neid betrachtete, kränkte ihn mit der Frage: „Bist du denn nicht zufrieden, wenn du mit diesem meinem Sohne Konsul wirst?" Der Sohn des Metellus war damals ein Jüngling von 22 Jahren, Marius war in den Vierzigen. Marius erhielt erst 12 Tage vor der Konsulwahl Urlaub, aber er legte den Weg so schnell zurück, daß er noch zu rechter Zeit in Rom ankam. Hier verschmähte er es nicht, die Kriegsführung des Metellus zu verdächtigen, als ziehe er absichtlich den Krieg in die Länge, um recht lange im Kommando zu bleiben, und versprach, selbst in kurzer Zeit den Jugurtha lebendig oder tot in die Hände der Römer zu liefern. Er ward
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126 Pompejus und Crassus Konsuln (70).
wählt. Pompejus gewann die Gunst des Volkes vornehmlich durch Wieberherstellung der tribunicischen Gewalt, der reiche Crassus durch allgemeine Speisungen und große Gelb-spenben. Als in biesem Jahre die Censoren die alle 5 Jahre wieberkehrenbe Musterung des Volkes (Lustrum) abhielten, erschien auch der Konsul Pompejus in seiner Amtstracht und mit feinen Liktoren, sein Ritterroß bemütig stolz an der Hand öorführenb. Als der ältere Censor die übliche Frage an ihn richtete, ob er alle durch das Gesetz vorgeschriebenen Felbzüge gemacht habe, antwortete er: „Ja alle, und alle unter meinem Oberbefehl." Da erbebte der Markt von dem Beifallssturm der Menge, die Censoren erhoben sich und begleiteten mit dem Volke den in feinem Glanze sich sonnenben Konsul nach Hanse.
Xxix. 3>er Seeräuberkrieg.
67 v. Chr.
Seit die Römer nach Karthagos Zerstörung ihre Flotte hatten verfallen lassen, wuchs das Unwesen der Seeräuberei in erschredenbem Maße, befonbers in den östlichen Teilen des Mittelmeeres, wo Kreta und die Sübküste Kleinasiens, vornehmlich Kilikien, von alters her Heimat nnb Zufluchtstätte der Piraten waren. Jetzt erhielten sie Zuwachs von allen Küsten des Mittelmeeres; Flüchtlinge und Abenteurer, entlassene Sölblinge, bebrückte und verarmte Leute, namentlich aus den von den Römern schwer mißhanbelten asiatischen Länbern, warfen sich auf die See, um Krieg zu führen mit der ganzen Welt. Sie trieben sich nicht mehr in einzelnen Ranbfchiffen umher; fonbern sie hatten sich zu einer Art von Staat ausgebilbet mit einer festen Organisation nnb beherrschten mit ihren mehr als 1000 Schiffen das ganze Mittelmeer. An der Spitze ihrer Flotten fuhren ihre kühnen Seekönige mit purpurnen Segeln, mit golbenen Segelstangen und silberbefchlagenen Rubern, und keine Stadt in der Nähe der See war vor ihren Überfällen sicher. Mehr als 400
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Pompejus' Rückkehr. L. Sergius Catilina. 133
in die Brust, aber nicht tief genug; ein Söldner mußte ihm den Nacken durchhaueu.
Damit war der mithridatische Krieg zu Ende. Pompejus landete im Anfang des I. 61 in Brundusium. Er entließ daselbst sein Heer und kehrte gleich einem Privatmann nach Rom zurück, wo man ihn mit Angst und Sorge erwartet hatte, da man glaubte, er werde an der Spitze seiner ihm ergebenen Truppen sich die Alleinherrschaft aneignen. Aber so sehr Pompejus die Herrschaft begehrte, so wenig hatte er den Mut, offen die Gesetze zu brechen. Er hielt einen Triumph, glänzend und großartig, wie die Römer bisher noch feinen gesehen. Auf den vorausgetragenen Tafeln standen 16 Namen besiegter Länder und Völkerschaften; sie besagten, daß der Triumphator 1000 feste Schlösser, fast 900 Städte und 800 Schiffe genommen, 39 Städte neu gegründet und den Staatsschatz mit 20 000 Talenten bereichert habe. Unter den vornehmen Gefangenen befanden sich eine Schwester, fünf Kinder und mehrere Frauen des Mithridates. Am Ende des Zuges folgte ohne Heer der Triumphator selbst auf einem mit Edelsteinen geschmückten Wagen, in einem Gewände Alexanders des Großen, mit dem er so gern sich vergleichen ließ.
Xxxi. Die catttinarische Verschwörung.
63 v. Chr.
Während Pompejus im Osten die Grenzen des Reiches erweiterte, kam die Stadt Rom selbst durch die ruchlose Verschwörung des Catilina an den Rand des Abgrunds. L. Sergius Catilina, aus einem altadeligen, aber herabgekommenen Geschlechte, war ein mit ungemeinen Kräften des Körpers und des Geistes ausgestatteter Mann, aber das Musterbild aller Laster und Frevel seiner entarteten Zeit. Seine Jugend hatte er in Schwelgerei und Unzucht verlebt, unter Sullas Diktatur durch Mordlust sich ausgezeichnet; er tötete seinen Bruder und Schwager und
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174 Ludwigs Ix. Kreuzzüge 1248. 1270.
an, auch Erwachsene, Männer und Frauen, Geistliche und Laien, und so zogen diese jungen Kreuzfahrer, trotz der Abmahnungen ihrer Eltern und Verwandten, zum Teil über die Alpen nach Italien, zum Teil in die französischen Häfen am Mittelmeer, um sich nach Palästina einzuschiffen. Ein großer Teil derselben kam durch Hunger und Ermattung um, ehe sie Italien erreichten; die in den Hafenstädten Angekommenen fielen meistens Betrügern in die Hände und wurden den Ungläubigen als Sklaven verkauft.
Nach dem Kreuzzug des Kaisers Friedrich Ii. unternahm noch der König von Frankreich, Ludwig Ix. oder der Heilige (1226 — 1270), einen Kreuzzug im I. 1248, den er in einer schweren Krankheit gelobt hatte. Er griff Ägypten an, eroberte Damiette, wurde aber auf dem Zuge gen Kairo geschlagen und gefangen. Er erhielt seine Freiheit gegen ein großes Lösegeld und kehrte, ohne etwas ausgerichtet zu haben, in die Heimat zurück (1254). Da er sein Gelübde noch nicht erfüllt glaubte und der Sultan von Ägypten den Christen in Palästina eine Besitzung nach der andern entriß, so rüstete er nach etwa 20 Jahren (1270) eine neue Fahrt aus, ging aber zunächst hinüber nach Tunis, weil es hieß, der Fürst von Tunis werde unter dem Schutze des Kreuzheeres zum Christentum übergehen. Aber der König sah sich in seinen Hoffnungen getäuscht. Während er die Stadt belagerte, erlag er mit einem großen Teil seines Heeres einer Seuche.
Im I. 1291 ging Accon, die letzte Besitzung der Christen in Palästina, an die Ungläubigen verloren. Einen dauernden Besitz im Osten hatten also die Kreuzzüge nicht zur Folge gehabt; aber ihre Wirkungen auf das christliche Abendland waren doch bedeutend. Sie hatten das Ansehen und den Einfluß der Päpste und der Geistlichkeit gehoben. Da durch den Untergang zahlreicher Ritter und Edlen viele Lehen erledigt wurden, erweiterte sich die Hausmacht der Fürsten; die bürgerlichen Gemeinden erkauften von ihren Herren, welche für ihren Auszug viel Geld brauchten, mancherlei Freiheiten, und die leibeigenen
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Dänen in England 1013—1042. 121
niemand wagte es, sie wegzunehmen. Außerdem sorgte Alfred für Hebung des Ackerbaus, des Handels und der Gewerbe, er verschönerte die Städte durch herrliche Bauten, namentlich London, das zur Hauptstadt gemacht wurde.
Auch viele Schulen und Klöster wurden errichtet zur Verbreitung und Förderung der Bildung, berühmte Gelehrte wurden ins Land gerufen. Er selbst arbeitete beständig an seiner eigenen wissenschaftlichen Ausbildung; in seinem 36. Jahre lernte er noch die lateinische Sprache, und er hat mehrere nützliche Werke in das Angelsächsische übersetzt, wie das S. 27 erwähnte Werk des Boetius.
Alfred d. Gr. regierte von 871 — 901. Unter seinen ^
Nachfolgern sank das Reich wieder durch Aufstände im Innern und erneute Einfälle der Dänen. Als der König Ethelred Ii. im I. 1002 sämtliche Dänen im Lande an einem Tage ermorden ließ, erfolgte die völlige Eroberung Englands durch den Dänenkönig Sueu (1013). Auf diesen folgte Knud der Große (1016 — 1035), der uns als Freund des deutschen Königs Konrad Ii. bekannt ist und der mächtigste Herrscher in Nordeuropa war. Er besaß England und Dänemark und eroberte dazu einen Teil von Schweden.
Nach Knuds Tode teilten sich seine drei Söhne in sein Erbe; Harald I. erhielt England. Dessen Stamm erlosch 1042, und die Engländer hoben wieder einen Sprossen des angelsächsischen Königshauses auf den Thron, Eduard Ii., „den Bekenner" (1042 — 1066). Als nach besten Tode sein Schwager Harald Ii. als König anerkannt ward, erhob sich gegen diesen der mit dem angelsächsischen Kömgshanse nah verwandte Herzog Wilhelm von der Normandie, der sich durch die Eroberung Englands den Beinamen der Eroberer gewann.*)
Wilhelm von der Normandie, ein tapferer und heldenmütiger Kriegsmann, fuhr im I. 1066 auf wenigstens
fc'nmnl Normandie war im I. 911 von dem französischen g dem Normannenführer Rollo als Lehen übergeben worden.
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