58 Deutsch-Ostafrika.
gewirkte Zeuge, Flanelle, wollene und baumwollene Wäsche, Decken
und Moskitogewebe, Bandeisen und Werkzeuge, Eisen- und Stahl-
waren, wie z. B. die verschiedensten Messer, Angelhaken, Näh- und
Stecknadeln, Scheren, Arm- und Fußspangen, Flaschen, Gläser,
Spiegel, Teller, Schüsseln, Töpse, Krüge, Salz, Provisionen, Kleider,
Schuhwerk, Hüte, Schirme, Uhren, Schmucksachen, Leder- und Ga-
lanteriesachen, Toilettengegenstände, Petroleum, Zündhölzer (Kb.schwe-
dische), Haaröle und Pomaden, — vor allem aber Rum, Schieß-
Waffen, Munition, Korallen und Glasperlen, kurz alles was Europa
produziert, und sei es der obligate Frack und Cylinder, in denen
häufig Neger-Gentlemen paradieren. Der Handel ist entweder Tausch-
Handel oder Handel in bar Geld, in diesem Falle mit arabischen oder
englischen Silber- und Goldmünzen. Die Kanris, das früher ge-
bräuchliche Muschelgeld, kommen mehr und mehr außer Kurs und
werden ins Innere hinein gebracht, wo sie noch hoch im Werte
stehen.
Der Export oder die Ausfuhr der afrikanischen Rohprodukte
beschränkt sich hauptsächlich auf Palmöl und Palmkerne, Elfenbein,
Affenfelle, Kopal, Ebenholz, Camwood oder Rotholz, Kalabar-Bohnen
(eine Gift enthaltende kastanienartige Nuß) und etwas Kautschuk.
M. Lindner.
Das deutsch-ostafrikanische Gebiet. Leipzig 1885. E. Schlömp.
TM Hauptwörter (50): [T15: [Wein Getreide Baumwolle Tabak Kaffee Obst Weizen Reis Zucker Kartoffel], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde]]
TM Hauptwörter (100): [T79: [Wein Zucker Baumwolle Kaffee Getreide Tabak Fleisch Holz Wolle Handel], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau], T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund]]
TM Hauptwörter (200): [T168: [Holz Tisch Messer Stück Honig Stuhl Griffel Hand Narbe Papier], T1: [Maschine Fabrik Herstellung Industrie Papier Leder Wolle Leinwand Fabrikation Art], T101: [Baumwolle Kaffee Tabak Getreide Reis Zucker Holz Ausfuhr Wein Zuckerrohr], T113: [Wein Seide Baumwolle Handel Zucker Kaffee Wolle Tabak Reis Getreide], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme]]
Extrahierte Personennamen: Lindner Schlömp
Extrahierte Ortsnamen: Deutsch-Ostafrika Europa Affenfelle
60 Die Niam-Niam und Monbuttu.
ungemein viel, und es wäre sehr schwer, hierin eine neue Form aus-
findig zu machen, die Haare in Flechten zu legen und diese zu
Zöpfen und Knäueln aufzubinden, welche die Niam-Niam nicht be-
reits kennten. Sie haben sehr große Haarnadeln von Elfenbein,
dann einen Strohhut mit Federbusch. Weiter spielen Halsschnüre,
aus den verschiedensten Zähnen (von Elefanten, Löwen ?c.) zusammen-
gesetzt, eine Hauptrolle, die auf der dunklen Haut des Körpers
prachtvoll abstechen.
Als Stammesmerkmal haben die Sandeh — das ist der Name,
den sie sich selbst geben — 2 bis 3 mit Punkten ausgefüllte Quadrate
tättowiert, welche eine X-förmige Figur von stets gleicher Gestalt
auf der Brust bilden. Außerdem tragen die einzelnen noch als in-
dividuelles Kennzeichen auf der Brust und am Oberarm einige Tät-
towierungen. Ihre Hauptwaffe ist die Lanze und der Trumbasch,
eine Wurfwaffe; sie besteht aus zwei gleichschenkligen, mit spitzen
Zacken versehenen Ranken. Bogen und Pfeile sind nicht allgemein
im Gebrauch, wohl aber verschiedene größere Messer mit sichelartiger
Klinge, den türkischen Säbeln nachgebildet. Es ist schwer anzugeben,
ob man dieses Volk ein ackerbauendes oder ein Jägervolk nennen
soll, beide Beschäftigungen gehen bei ihnen Hand in Hand, die
Bodenbestellung ist indes entschieden eine ziemlich geringe, und bei
der Fruchtbarkeit des Bodens erscheint die Arbeit zumal unbedeutend.
Wie in Abysstnien wird auch hier ein wohlschmeckendes Bier ge-
macht, auf dessen Bereitung die Eingeborenen die größte Sorgfalt
verwenden.
Vieh jeder Art fehlt dem Lande, die einzigen Haustiere sind
Hühner und Hunde. Bezüglich des Genusses der letzteren sind sie
ebenso wenig wählerisch wie die Monbuttu und Dinka. Im großen
und ganzen sind jene Völker Anthropophagen, obgleich einige Häupt-
linge großen Abscheu gegen Menschenfleisch zeigen. Sie tragen mit
Ostentation die Zähne der Verspeisten als Schmuck; sie schmücken
alle Gerätschaften mit deren Köpfen. Am häufigsten und allgemein-
sten wird das Fett von Menschen verspeist. Es wurde sogar schon
constatiert, daß Leichen solcher, welche auf dem Marsche starben
und verscharrt worden waren, aus den Gräbern geholt und verzehrt
wurden.
Einer der Gewährsmänner dieser Angabe, dem ich anfangs
stets mit Zweifeln begegnete, mußte einen Teil feiner Aussage buch-
stäblich mit seinem eigenen Leibe bestätigen, als er in der Nachbarschaft
TM Hauptwörter (50): [T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm]]
TM Hauptwörter (100): [T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung]]
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Leben und Treiben in einem ostafrikanischen Dorfe. 41
trennlichen Gefährten, der Tabakspfeife. Späterhin wird der aus
Binsen geflochtene Thürvorhang weggenommen, und man geht hin-
aus, um sich von den erwärmenden Strahlen bescheinen zu lasfen.
Die Dörfer sind stark bevölkert, die Häuser stehen dicht neben ein-
ander, und die Bewohner derselben können in aller Bequemlichkeit
miteinander schwatzen. Etwa um sieben Uhr ist der Thau vom
Grase verschwunden, und nun treiben die Knaben das Vieh auf die
Weide hinaus, um erst gegen Sonnenuntergang mit demselben zurück-
zukehren. Abends um acht Uhr genießt man einen Brei, der aus
Durra bereitet wird; man nennt ihn Ugali; wer sich Pombe, Bier,
verschaffen kann, trinkt davon von früh bis spät.
Der Mann hat nach seinem Frühimbiß die Pfeife genommen
und ist zur Jwanza gegangen, einer großen Hütte, welche als Ver-
sammlungs- und Gesellschaftsort dient und wohin die Frauen nicht
kommen dürfen. Dort verweilt er den größten Teil des Tages
über müßig, fchwatzt, lacht, fchläft und fchmaucht Tabak. Nicht selten
vertreibt er sich die Zeit durch Spiel, denn das ist seine Leidenschaft.
Sehr beliebt ist „Kops oder Rücken", das er mit einem flachen
Steine, einem runden Stück Zinn oder mit dem Boden eines zer-
brochenen Topfes spielt; einige verstehen auch das Bao, welches
an der Küste häufig vorkommt; es ist eine Art von Roulette, das
man mit starken Marken spielt, auf Tafeln, in welchem tasten-
förmige Vertiefungen angebracht sind. Unter den Wanyamwezi
haben sich manche durch das Spiel so sehr zu Grunde gerichtet, daß
sie sich als Sklaven verkaufen mußten; andere haben ihre Mutter
gegen eine Kuh oder zwei Ziegen beim Spiel eingesetzt. An Streitig-
keiten und Schlägereien ist natürlich bei solchen Belustigungen kein
Mangel, sie pflegen indessen unter Bewohnern ein und desselben
Dorfes unblutig abzulaufen. Zu anderweitigem Zeitvertreib schnitzelt
man an einem Stück Holz, bohrt Pfeifenröhre und umflicht dieselben
mit Draht, schert einem Nachbar den Kopf, zieht sich auch wohl die
Haare aus Bart, Brauen und Augenlidern, oder putzt an den Waffen
herum.
So kommt die Mittagszeit heran und der Afrikaner schlendert
nach Hause, um gegen ein Uhr seine Hauptmahlzeit einzunehmen, welche
die Frau für ihn bereit hält. Jndeffen liebt er es doch fehr, mit
anderen beisammen zu sein und läßt auch wohl die Speisen nach
der Jwanza bringen, wo sich dann auch seine Knaben und einige
männliche Verwandte einfinden, um an der Mahlzeit teil zu nehmen.
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
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Leben und Treiben in einem ostafrikanischen Dorfe. 43
Bauer zwischen sechs und sieben Uhr morgens seine Hütte, manch-
mal ohne etwas genossen zu haben, weil jetzt Nahrungsmittel seltener
werden; er speist erst, wenn er bis Mittag gearbeitet hat und dann
wieder heimkommt. Nachmittags arbeitet er wieder ein wenig, und
dabei müssen ihm die Weiber Helsen. Abends gehen alle unter Ge-
sang ins Dorf zurück.
Zur Zeit des Mondscheins ergeht es dem Afrikaner wie dem
Schakal; er wird aufgeweckt und ungewöhnlich regsam. Die Mädchen
werden unter Getrommel und Getöse aus den Hütten geholt, um
den Tanz mit anzusehen, der übrigens nur höchst selten für beide
Geschlechter gemeinschaftlich ist. Bei ihren Sprüngen sind sie alle-
mal sehr ernsthaft, und auch von ihrer Mnsik läßt sich nicht viel
Rühmliches sagen. Sie halten den Takt ganz vortrefflich, aber im
übrigen ist es mit ihrem musikalischen Sinne schlimm bestellt; sie
bringen es nicht über die einfachsten und einförmigsten Tonkombina-
tionen hinaus, und auch in dieser Beziehung, wie in allen anderen
Dingen, sehlt ihnen das Talent zum Schaffen. Doch muß hervor-
gehoben werden, daß sie an Harmonie ihre Freude haben; der Fischer
singt zum Ruderschlag, der Träger, wenn er seine Last schleppt, die
Frau, wenn sie Korn zermalmt. Manchmal sitzen die Bauern am
Abend stundenlang im Kreise und wiederholen mit unablässigem
Eifer immer und immer wieder ein paar Noten, die sich stets gleich
bleiben, und ein paar Worte, die eigentlich nichts bedeuten. Das
Recitativ wird vom vollen Chore unterbrochen, der zumeist in
Dur singt.
In die Einförmigkeit des täglichen Lebens und Treibens kommt
einige Abwechslung durch häufige Trinkgelage und zuweilen durch
eine Jagd. Die Gäste versammeln sich früh am Tage, und nehmen
im Kreise Platz und setzen sich je zu Dreien oder Vieren dicht neben-
einander, damit die Schale besser herumgehen könne. Der Mwan-
dasi, der Mann, welcher dieselbe füllt und jedem einzelnen reicht,
bedenkt und bedient zuerst die Häuptlinge und Ältesten, welche auch
größere Gesäße erhalten als die übrigen. Der Sonso, Trinkbecher,
der auch auf Reisen als Feldflasche dient, wird von den Frauen aus
einer Grasart, Mawu, oder wilden Palmblättern verfertigt. Die
Stengel werden gespalten und zu seinen Fäden gedrillt, welche dann
von unten aus zusammengerollt, aneinandergelegt und zusammen-
gebunden werden^ so daß das Ganze einem abgestumpften Kegel oder
einer türkischen Kappe, dem Fez, gleicht. Häufig wird dieser Becher
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
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Eine arabische Schenke. — Die heulenden Derwische.
171
sich die nickenden Gipfel der Dattelpalmen an dem dunkeln Nacht-
Himmel ab, während furchtsam flatternde Nachtvögel mitunter die
Stille der heiligen Nacht unterbrechen.
Wir haben endlich unser Ziel erreicht, klopfen mit dem eisernen
Schlägel an die wohlverschlossene Hausthür, welche schlaftrunken der
arabische Pförtner öffnet, um uns einzulassen. Müde legen wir das
Haupt auf die Kiffen, um von Kairo und Taufend und eine Nacht
zu träumen.
2. Eine arabische Schenke. — Die heulenden Derwische.*)
Abends unternahm der Herzog, von einem der Dolmetscher und
anderen Herren der Gesellschaft begleitet, einen Ausflug durch die
Straßen der Stadt, welche das nächtliche Leben des Ramadhan
doppelt phantastisch erscheinen ließ. Mau besuchte verschiedene Kaffee-
Häuser, die mit Laternen und lodernden Herdfeuern die Vorüber-
gehenden zur Einkehr einluden und ein interessantes Bild arabischer
Schenken boten. Es sind meist sehr enge, stark verräucherte und nur
mit einer Lehmbank und einigen niedrigen, aus Palmenstäben zu-
sammengesügten Sesseln, ein paar großen Wasserkrügen, Kochgeschirr
und Tassen ausgestattete Gemächer, deren einziger Schmuck in einem
hübsch verzierten Thürbogen oder einem Gitter am Eingang, sowie
in einer Anzahl von Nargilehs, d. i. Wasserpfeifen mit Glasurnen
und biegsamen roten Röhren besteht, aus denen persischer Tabak ge-
raucht wird, und die der beturbaute Wirt seinen Gästen gegen eine
kleine Entschädigung für die Füllung vermietet. Die Taffen, durch-
gehends sehr klein, stehen statt auf Untertassen in Metallgefäßen von
der Form und Größe unserer Eierbecher. Die Gesellschaft in diesen
Räumen raucht, träumt und meditiert. Einige fpielen Domino, an-
dere ein Spiel mit kleinen Metallbechern, die mit der Wölbung nach
oben auf einem runden Brette stehen. Der Bankhalter versteckt
unter einen dieser Becher einen Ring, schiebt die Becher durch-
einander und läßt nun raten, wo sich der Ring befindet. Bisweilen
erscheint im Kreise der Turbane und Kastane ein Märchenerzähler
oder ein wandernder Straßensänger, welcher in der Weise der alt-
griechischen Rhapsoden, bald singend, bald deklamierend, Stücke aus
der Geschichte Autars, des „Vaters der Ritter", oder aus dem
*) Reise des Herzogs Ernst von Sachsen-Coburg-Gotha nach Ägypten und
den Ländern des Habab. Leipzig, 1864.
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TM Hauptwörter (100): [T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T47: [Wüste Meer Land Nil Hochland Fluß Gebirge Euphrat Tigris See]]
TM Hauptwörter (200): [T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T168: [Holz Tisch Messer Stück Honig Stuhl Griffel Hand Narbe Papier], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke], T104: [Nil Meer Wüste Afrika Küste Land Sahara Gebiet Sudan Fluß]]
206 Mohammedanische Lebensbilder aus Algerien.
Häuschen; verschleierte Frauengestalten huschen vorüber und entziehen
sich bei der nächsten Straßenwendung den neugierigen Blicken des
Rumi. In kleinen, nischenartigen Buden, welche nur von einer ein-
zigen, zugleich Thüre und Fenster vorstellenden Öffnung Luft und
Licht empfangen, betreiben die eingeborenen Handwerker unter den
Augen der Vorübergehenden ihr Geschäft. Mit bewundernswerter
Geschicklichkeit handhaben sie ihre Werkzeuge, welche seit Jahr-
Hunderten unverändert dieselben geblieben sind, und bedienen sich bei
der Arbeit in gleichem Maße der Hände und der Füße. Die Zunft
der Sattler hat schon zur Zeit der Könige von Tlemcen besonderes
Ansehen genossen ob ihrer Kunstfertigkeit; noch heute bleibt man er-
staunt vor ihren kleinen Werkstätten stehen und bewundert die äußerst
geschmackvoll mit Gold und Silber gestickten Sattel und Zaumzeuge
aus rotem marokkanischen Leder gefertigt, wahre Meisterstücke. —
Wir drängen uns durch die engen Gassen, immer neue Bilder
rein orientalischen Lebens hemmen den Schritt. Dnrch die Fuß-
gänger suchen sich mit ihren schwerbeladenen Bnrrikos (Esel) die Land-
bewohner Bahn zu brechen, dabei ihre Waren: Orangen, Citronen
und sonstigen Erzeugnisse mit lautem Rufe feilbietend. Wo brei-
tere Straße den schmalen Weg kreuzt, fesselt seltsamer Aufzug das
Auge: in langer, ungeordneter Reihe ziehen Kamele vorüber, die
zerlumpt aussehenden Tiere sind mit großen, sackartigen Körben be-
lastet, die zu beiden Seiten tief herabhängen; mit wunderlichem
Hausrate sind sie angefüllt: mächtige, mit Henkeln versehene Thon-
krüge, den alten Amphoren vergleichbar, ragen daraus hervor, allerlei
Hausgeräte und abgebrochene Zelte sind sichtbar und daneben hängen
in holder Eintracht Hähne und Hennen an den Beinen zusammen-
gebunden in beklagenswerter Lage, aber stoisch in ihr Schicksal er-
geben. Und auf dem Rücken der Tiere zusammengekauert sitzen un-
verschleierte Frauengestalten in blauen, wollenen Gewändern. Buntes
Kopftuch umschlingt die wirren, pechschwarzen Haare; an silbernen
Kettchen befestigte Goldmünzen verschiedener Größe decken, wie eine
Krone, die gebräunte Stirne; kunstreich aus Silber getriebene schwere
Kugeln und Ringe fallen, wieder durch silberne Ketten gehalten,
.von den Schläfen zu den Schultern herab; ähnlicher Zierrat ist um
den Hals gelegt, und bei jedem schwerfälligen Schritte des zottigen
Kamels klirrt und klingt der Schmuck wie viel hundert silberne
Glöckchen. Die Oberarme und die Gelenke und die Knöchel der
zierlichen Füße umschließen silberne Spangen aus breitgeschlagenem
TM Hauptwörter (50): [T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
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210 Mohammedanische Lebensbilder aus Algerien.
wissen, ergreist etliche seiner Schlangen und verfolgt mit diesen den
Araber, welcher aus dem enggeschlossenen Kreise vergebens zu ent-
kommen sucht, indem er dazu bei allen mohammedanischen Heiligen
schwört, er werde unter den Schlangen ein furchtbares Blutbad an-
richten. Der Jubel des Publikums erreicht seinen Höhepunkt, alles
lacht und klatscht in die Hände und die vor Freude närrischen Neger
schlagen sich mit ihren Musikinstrumenten gegenseitig auf die Köpfe.
Nachdem sich dieser Sturm des Beifalls gelegt hat, zieht der Ma-
rokkauer aus einer umgehängten alten Ledertasche eine ans Knochen
gefertigte Doppelflöte hervor, und während er auf derselben eine
einförmige Weise spielt, löst und entwirrt sich der Schlangenknäuel,
eine Schlange nach der andern kriecht hervor und hoch aufgerichtet,
mit den langen, spitzen Zünglein zischend, folgen sie ihrem Führer,
bis dieser und die Tiere ermatten.
Wieder nimmt uns der arabische Stadtteil aus und wieder ar-
beiten wir uns durch die schmalen, überwölbten Gäßchen und machen
endlich Halt bei einem Hause von gutem Aussehen: der Zanja der
Fakire des Muley-Taieb. Diese in Tlemcen zahlreiche Brüder-
schaft hält ihre wöchentlichen Zusammenkünfte in diefem Hause ab.
Ein höflicher Diener weist uns einen Platz am Ende eines Ganges
an, von welchem aus ich auf den innern Hofraum herabzusehen ver-
mag. Den viereckigen Raum umgiebt auf vier Seiten das ein-
stöckige, mit weißem Kalk beworfene Ordensgebäude; in der linken
Ecke desselben befindet sich eine bis zum Rande mit Wasser gefüllte
Eifterne, von zierlich geformtem, Arabesken darstellenden Elsengitter
umgeben. Auf zwei Seiten des Hofes, mir zur Linken und auch
meinem Standorte gerade gegenüber, öffnen sich zu ebeuer Erde
breite Logen, durch lang herabwallende, faltenreiche Vorhänge von
bunter Farbe noch verschlossen. Auf dem mit breiten Steinplatten
gepflasterten Boden sind Matten gebreitet, aus welchen etwa vierzig
Mäuuer in sitzender Stellung mit untergeschlagenen Beinen Platz
genommen haben. Zwei räumlich von einander getrennte Gruppen
sind zu unterscheiden: in der Ecke, uns gegenüber, bilden sechs
Männer einen kleinen Kreis; es sind dies die Musiker und die Vor-
sänger. Der erste Vorsänger, ein schöner Mann mit reichem,
schwarzem Vollbarte giebt die Weise an, als zweite und tiefere
Stimme begleitet ihn ein Jüngling. Die Instrumentalmusik wird
von einem Kapellmeister geleitet, welcher im Takte, nach dem vom
Vorsänger angegebenen Rhythmus ein eisernes Becken schlägt, zwei
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276 Bilder von der Goldküste.
gegeben. In den meisten Gegenden des Fantilandes ist der Boden
leicht mit Gold geschwängert, aber das unvollkommene Verfahren
der Eingeborenen bei der Scheidung desselben macht die Mühe kaum
bezahlt. Sie füllen einen Kürbis zu einem Teile mit Erde an,
mischen diese mit Wasser und schütteln sie. Die Goldteilchen sinken
zu Boden und die Erde wird herausgeworfen. Durch dieses fort-
gefetzte Verfahren wird das Gold vollständig von der Erde geschieden und
in ganz kleinen Körnchen auf dem Boden des Kürbisses liegend ge-
funden. Auch bei Winnebah findet sich Gold in Granitstücken ver-
larvt, welche zerstoßen und auf dieselbe Weise gesichtet werden. Es
läßt sich kaum bezweifeln, daß es auch noch in Teilen des Innern
in großer Menge und in reichen Adern sich finden werde. Wir
selbst haben ein Stück von elf Unzen gesehen, und Dupuis sagt, er
habe in Kumassi Stücke von einem Gewichte von vier Pfund ge-
sehen. Es scheint nicht, daß die von der Goldküste ausgeführte
Quantität des Goldes sich in den neuern Jahren vermehrt habe;
im Gegenteil ist sie, wenn wir die hierüber gemachten Angaben
als genau ansehen dürfen, bedeutend gesunken. Mr. Swanzy spricht
es in seinem, vor dem Komitee des Parlaments im I. 1816 ge-
gebenen Berichte als seine Meinung aus, daß jährlich hunderttausend
Unzen Gold erzielt werden. Dies ist beinahe doppelt so viel, als
gegenwärtig ausgeführt wird.
Die Importen sind Baumwollen-, Seiden-, Sammet- und
Wollenwaren, Spirituosen, Wein, Tabak, Eisen, Messing, Kupfer,
Blei, kurze Waren, Töpferzeug, Mefferfchneidewaren, Flinten, Pulver,
Flintensteine, Eingesalzenes, Hausgerät, Kügelchen zu Schnüren,
Muschelschalen (Kauris), Thee, Zucker, Bier und eine unendliche
Menge gewöhnlicher Verbrauchsartikel. Der Handelsgeist ist im
Afrikaner sehr stark. Gewissermaßen besteht die ganze Bevölkerung
aus Handelsleuten. Auch die afrikanischen Frauen haben ihre Lust
daran, auf den Marktplätzen unter den Bäumen zu sitzen und hier
ihre Waren zum Verkaufe auszulegen oder sie durch die Straßen
der Stadt und von Dorf zu Dorf hausieren zu tragen. Ihr Handel
ist indes bislang noch wenig mehr als der Austausch einer Ware
gegen eine andere.
Die Häuser der Goldküstenbewohner zeigen nicht viel architekto-
nischen Schmuck oder eine große Mannigfaltigkeit und Menge von
Gelaffen und Bequemlichkeiten; aber selbst die armseligsten bieten
ihren einfachen Bedürfnissen ein geräumiges Obdach dar. Die
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340 Deutsch-Äquatorial-Afrika.
Mattengeflecht und Rinde, im Gegensatz zu den Bewohnern der
Goldküste, die Lehmhütten bauen, welche, eng zusammengedrängt
und schmutzig, einen sehr häßlichen Eindruck machen. Bei den elenden
Bergbewohnern, den Bakwiri, ist auch nur geringe Sorgfalt aus
die Häuser verwandt. Dieselben sind hier auf dem nackten Boden
errichtet, länglich viereckig. Die Wände bestehen aus einem gitter-
artig aus Stangen gebildeten Geripp, das notdürftig mit Rinde be-
legt ist. Das mit Palmblättern liederlich gedeckte Dach schützt nur
wenig gegen den Regen.
Eine bedeutend größere Mühe und Sorgfalt verwenden die
Flußanwohner auf ihre Hütten, die eine große Reinlichkeit und
Sauberkeit zeigen. Diese Hütten sind aus einem zwei bis drei Fuß
hohen Lehmsockel errichtet. Die Wände werden aus den Blattstielen
der Weinpalmen, Bambu genannt, hergestellt und sorgfältig mit
Schalen von Bananenstämmen belegt und dicht gemacht. In der Mitte
der einen Längewand befindet sich das Thürloch, welches durch ein
Mattengeflecht oder eine Thür aus Planken geschlossen werden kann.
Fensterlöcher fehlen; nur das durch die Thüröffnung eindringende
Licht erhellt den Raum, den der Neger eigentlich nur während der
Nacht benutzt. Der ebenfalls aus Bambu gefertigte Dachstuhl wird
mit Palmblättern gedeckt. Die Hütten machen einen außerordentlich
freundlichen Eindruck.
Die Industrie beschränkt sich auf die einfachsten Gegenstände.
Die Frauen fertigen Kochtöpfe und Schalen aus dem Schlamm des
Flusses, welchen sie sehr geschickt aus freier Hand formen, an der
Sonne trocknen und nachher brennen. Die Männer schnitzen Holz-
schüsseln und Löffel von ganz zierlicher Form. Auch im Flechten
sind sie geschickt, fertigen Matten und Taschen aus langem, ge-
schmeidigem Grase. Aus Elesantenzähnen werden Armringe ge-
schnitten, auf welche die Küstenbewohner gern von den europäischen
Kaufleuten ihre Namen schreiben lassen, und welche sie dann zur
Legitimation benutzen. Zum Fischsange gebrauchen sie Gitter, ob-
wohl sie auch Bindsaden aus den Fasern des Pisang machen und
das Netzstricken verstehen.
Die Kleidung besteht bei den Kamerunnegern, welche durch die
Europäer hinreichend mit Baumwollenzeugen versehen werden, so-
wohl bei Männern wie bei Frauen, in einem schmalen, um die
Hüften geschlungenen Zeugstreifen.
Der Trägheit der Kamerunneger entsprechend sind denn auch
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
TM Hauptwörter (100): [T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch]]
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Bilder aus der Kolonie am Kamerun. 343
statt — um ein Stückchen Holz, damit es nicht wieder zurückgezogen
werden kann, denn gewaltsam herausziehen kann man den Wurm
nicht; derselbe würde dabei zerreißen. Nach und nach wird er nun
durch Drehen des Stäbchens mehr und mehr herausgezogen und
aufgerollt, und auf diese Weise der Wurm endlich entfernt. Hin
und wieder tritt das gelbe Fieber an der Küste auf und rafft viele
Menfchen hin.
Als Medikamente werden Abkochungen einiger Pflanzen und
äußerlich besonders Palmöl angewendet, obwohl dieses bei Wunden
böse Entzündungen hervorruft. Natürlich sind sympathische Heilmittel
auch vielfach gebräuchlich, und es werden als solche vorzugsweise
Leopardenzähne und Krallen, Schildkrötenschalen und Antilopenhörner
benutzt.
Auch bei den Kamerunern fand ich bestätigt, daß die Neger in-
folge der schlechten Lebensweise sehr früh altern, und daß die Zahl
ihrer Lebensjahre gering ist. Ich glaube, daß 60 Jahre im allge-
meinen das höchste Alter ist, welches ein Neger erreicht: ein Zeichen,
daß die Kultur nicht das menschliche Leben verkürzt, sondern es ver-
längert.
Als Ergänzung zu der vorstehenden Schilderung der Kamerun-
neger von Reichenow, an welcher seit der deutschen Besitznahme des
Landes kaum etwas zu ändern ist, geben wir eine Mitteilung des
Forschungsreisenden Reinhold Buchholz.
Besonders charakteristisch für die Dnalla ist die förmliche Wut,
mit der sie Handel treiben, während ihre Industrie sich auf wenige
Sachen, wie Elfenbeinringe, Ebenholzstöcke, Messer- und Schwert-
scheiden beschränkt; alles Übrige, was sie besitzen, haben sie im Han-
bei von den Europäern eingetauscht, der die Mehrzal von ihnen zu
wohlhabenden Leuten gemacht hat. Infolge dessen will jeder, vom
Häuptling bis herab zum Halbfreien, nur Handel treiben, nicht pro-
duzieren oder gar Feldarbeit verrichten. Nur das Nötigste an Hams
und Bananen läßt ein jeder durch seine Frauen und Sklaven pflan-
zen und bezieht alles Übrige durch den Handel. Nach der Anzahl
der Weiber, die ein Neger besitzt, wird sein Reichtum geschätzt. Die
Weiber werden von ihren Vätern verkauft und kosten durchschnittlich
900 bis 1000 Mark, oft aber, wenn die Väter angesehene Leute sind,
viel mehr. Daher müssen arme Dnalla oft lange dienen, ehe sie
heiraten können; nachher aber disponieren sie völlig frei über ihre
Frauen, behandeln sie wie Lasttiere und können sie weiter verschenken,
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