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1. Die deutsche Geschichte - S. III

1855 - Essen : Bädeker
Vorwort. *£l5ci§ der Verfasser wollte, indem er dies Büchlein schrieb, wird durch den Titel jut Genüge angedeutet. Das Büchlein hat einen bestimmten Zweck, eine streng durchgeführte Tendenz. Es soll eine deutsche Ge- schichte sein, ein patriotisches Lehr- und Lesebuch, vornehmlich für preußische Mittelschulen. Also vor Allem eine deutsche Geschichte. Der Verfasser will sich hier nicht über die ungemeine Wichtigkeit des Unterrichts in der Geschichte verbreiten; sie wird immer mehr anerkannt, und ein gewisses Maaß histo- rischer Kenntnisse und Einsicht in die Geschichte gilt als ein unumgäng- liches Erforderniß für Jeden, der für einen Gebildeten angesehen sein will. Aber darin wird vielfältig gefehlt, und einsichtsvolle Pädagogen erheben darüber laute Klage, daß die vaterländische Geschichte noch allzusehr in den Hintergrund tritt, während sie doch recht im Vordergründe stehen sollte, daß unsre Knaben und Mädchen weit mehr, und mit besondrer Vorliebe, in der Geschichte der Griechen und Römer unterwiesen werden, als in der ihres eigenen Volkes. Von jenen alten Völkern wissen sie oft mit Begeisterung zu erzählen; die Vergangenheit des eigenen Vaterlandes ist ihnen dagegen sehr fremd, oder sie läßt sie kalt. Das sollte nicht sein. Abgesehen davon, daß unsere Nation eine mindestens eben so große Mission überkommen hat als irgend eine andre, daß sie eben, wie keine andere, eine Missionsn ation ist, daß unsrer Vorfahren Thaten und Schicksale um nichts weniger groß und denkwürdig sind, als die jener alten Völker, daß unsre Nation noch lebt, wirkt, blüht, während jene längst von dem Schauplatze der Welt verschwunden sind, — steht ja doch auch naturgemäß nichts uns näher als wir uns

2. Die deutsche Geschichte - S. V

1855 - Essen : Bädeker
begründet findet, dann aber durch unsrer Nation fortgehende Führung sich mehr und mehr herausstellt und entwickelt, dies nämlich, daß unser großes Vaterland in eine Anzahl von Staaten sehr verschiedenen Um- fanges und sehr verschiedener Bedeutung sich zerspaltet, von denen aber jeder seine eigenthümliche Aufgabe zum Gedeihen des Ganzen mag zu lösen haben, so stellt sich dadurch für ein Lehrbuch der deutschen Ge- schichte wieder eine zwiefache Rücksicht, die es zu nehmen hat. Zuerst hat es nachzuweisen, wie diese Mannigfaltigkeit in der Einheit geworden ist und wie sie werden mußte, wie die wichtigeren der deut- schen Spczialstaaten entstanden und zu der Gestalt gelangt sind, worin wir sie heute erblicken. Sodann aber wird der Geschichtslehrer nicht umhin können, die Entstehung und die Entwickelung desjenigen Staates, dem er insonderheit angehört, vornehmlich ins Auge zu fassen, und nachzuweisen, wie derselbe als ein Glied aus dem großen Körper sich herausgestaltet hat. Der Verfasser hat sich bestrebt, beide Gesichts- punkte bei vorliegender Arbeit festzuhalten. Er hat als Preuße ins- besondere die- preußisch-deutsche Jugend lehren wollen, und er er- achtet es als eine sehr wichtige Eigenthümlichkeit, als einen wesentlichen Vorzug seines Büchleins, daß es nachweist, wie eine preußische Monar- chie nicht nur als deutsche, sondern zugleich als europäische Groß- macht, als ein mächtiger Ast aus der deutschen Eiche, anfangs unscheinbar, hervorgewachsen ist, und welchen Einfluß ihr gesegnetes Herrscherhaus auf das ihm von Gott befohlene Volk und mit demselben auf das Gesammtvaterland ausgeübt hat und fortwährend ausübt. Die preußische Geschichte ist nur mit der deutschen verständlich, und die deutsche Geschichte fordert eine sorgfältige Berücksichtigung der preußischen. Des Verfassers deutscher Patriotismus ist zugleich ein preußischer, und er fühlt es an sich selber, daß sich beides wohl mit einander verträgt. Der wahrhaft preußische Patriotismus kann nicht exclusiv sein; er trägt als solcher die deutsche Natur an sich, die auch dem Fremden seine Ehre gibt, und zugleich den ehrenreichen Wahlspruch : Suum cuique in seinem Herzen. Der Verfasser hofft, daß unbefangene Leser es dem Büchlein anspüren werden, daß man ein begeisterter Preuße sein kann ohne Erkaltung gegen das deutsche Vaterland, und daß es volle An- erkennung finden wird, wenn er Preußen die hervorragende Stellung in seinem Büchlein gewährt, die demselben durch den Willen Gottes

3. Die deutsche Geschichte - S. 1

1855 - Essen : Bädeker
Deutsche Urzustände. §. 1. Des deutschen Landes Grenzen und Natur. Aas Land der Deutschen zu jener Zeit, wo sie zuerst in die Geschichte eintreten, war nach Osten, Westen und Norden, nicht aber • nach Süden hin, weiter ausgedehnt, als jetzt unser Vaterland. Im Osten ging es bis über die Weichsel hinaus, im Westen reichte es bis an die Straße von Calais, die Ardennen und Vogesen, im Norden * über die schleswig-jütische Halbinsel, die Inseln der Nord- und Ostsee und die südlichen Gegenden Skandinaviens. Im Süden begrenzte die Donau, jenseits welcher gallische Stämme, wie die Bojer und Helvetier, hausten. Damals war Deutschland so weit die deutsche Zunge klang, und kein deutsches Volk gehorchte einem Fremden. Der meisten deutschen Völker Wanderungstrieb ließ keine feste Grenze zu. Viel Sumpf und Wald bedeckte den Boden. Die Römer nennen den hercynischen Wald als des inneren Deutschlands Hauptgcbirge, das sich von den Alpen auf 60 Tagereisen in die Länge und 9 in die Breite erstrecke; wir finden in dieser Benennung nur die allgemeine Bezeichnung der schroffen Hardgebirge, welche im eigentlichen Harz ihren Höhepunkt finden, weshalb der Brocken füs den höchsten Berg Deutsch- lands galt. Sie bewunderten die gewaltigen Eichen, Buchen und Tannen dieser Urwälder, und die ungeheuern Rettige, welche hier wild wuchsen. Bessere Obstarten gestattete das rauhe Klima nicht. Hafer, Gerste und Roggen wurden gebaut, Weizen wohl spärlich. Der Flachsbau wurde eifrig getrieben. Grasreiche Weiden nährten zahlreiches Rindvieh von kleiner, aber kräftiger Art, Schaafe und Ziegen. Wilde Pferde, Auer- ochsen, Elenthiere, Hirsche und Rehe, Wölfe und Bären, allerlei wildes Geflügel, waren in Menge vorhanden. Gold und Silber fand sich selten, dagegen Eisen und Salz zur Genüge, auch Bernstein, den sie Glas nannten. §. 2 Des deutschen Volkes Art. Es war ein Urvolk, unvermischt, kernhaft, kräftigen Leibes und Geistes. Des Deutschen hoher Wuchs, breite Brust, blaues Auge, starkes, gelblich blondes Haar, stolze Haltung setzte den Römer in Er- staunen. Seinen Namen leitete er von einem Stammvater Teut, Deut (Tuisko) ab; er nannte sich einen Deutschen. Den Fremden gegen- über nannte ersieh Germane d. h. Wehr-, Kriegsmann, daher benen- nen sie sein Stammland Germanien. Denn-Wehrhaftigkeit warseine Bender: deutsche Geschichte. 1 9

4. Die deutsche Geschichte - S. 4

1855 - Essen : Bädeker
4 Priester von mächtigem Einfluß, daneben die weisen Frauen, All- raunen; sie redeten, weih — sagten (weissagten), aus göttlicher Ein- gebung, und deuteten den Willen der Gottheit aus dem Wiehern (der geweihten Stimme) der Pferde, aus dem Ruf und Fluge des Raben, des Kuckucks und der Eule; sie schrieben und verstanden auch die ge- heimnißvollen Runen zeichen. Nichts Wichtiges geschah ohne sie, ohne daß die Gemeinde zur Befragung der Gottheit an heiliger Stätte zu- sammentrat. Bei keinem heidnischen Volke findet sich ein so entschiedener Glaube an ein zukünftiges Leben. In der seligen (von Sal, d. i. Besitzthum) Walhalla genießen die Guten, Edeln, Tapfern Alles in erhöhtem Maße, was sie hienieden beglückte; aber drunten in der Hela bei den Gottlosen und Feigen herrscht ewige Finsterniß. Man begrub die Todten feierlich, lind schüttete über sie einen Hügel von Steinen und Rasen; das sind die Hünengräber. §. 6. Was ein edler Römer von unsern Altvordern bezeugt. Die ältesten Nachrichten über den Charakter und die Sitten der alten Deutschen haben wir von den Römern. Obgleich Feinde, können sie sich dennoch nicht enthalten, mit größter Achtung von ihnen zu reden. Ja, einer derselben, der große und edle Geschichtsschreiber Tacitus, welcher um 100 nach Christo lebte, widmete ihrer Ehre ein besonderes, gar schönes Büchlein unter dem Titel „Germania", welches in unsere Sprache zu übertragen, viele unserer Gelehrten beflissen gewesen sind. Darin redet er über Lage und Sitten Germaniens und dann über dessen einzelne Völkerschaften. Mit Begeisterung preiset er die Tugenden jener Barbaren, über welche die Nömerhelden mehr Triumphe gefeiert als Siege erfochten hätten. Germaniens Völker seien durch keine Heirath mit fremden Nationen vermischt, ein eigenes, reines, nur sich selbst ähn- liches Geschlecht; daher auch die Lcibesbildung, der großen Menschen- menge ungeachtet, bei Allen dieselbe. „Ihre Ehe," sagt er, „ist strenge, und keine ihrer Sitten möchte größeres Lob verdienen. Sie sind unter den Barbaren fast die einzigen, die sich mit einem Weibe begnügen. Das Heirathsgut bringt nicht das Weib dem Manne, sondern der Mann dem Weibe dar, aber keine Geschenke ju weiblichen Tändeleien und Eitelkeiten, sondern Rinder, ein gezäumtes Roß und einen Schild nebst Pfriem und Schwert, damit das Weib inne werde, sie komme als Gefährtin der Gefahren und Mühsale, Gleiches im Frieden, Gleiches in der Schlacht mit dem Manne zu erdulden lind 51t wagen. Aeußerst selten ist Ehebruch; denn Niemand lacht dort über Laster, und verführen und verführt werden, wird nicht Weltsitte genannt. — Mehr vermögen dort gute Sitten als anderswo gute Gesetze. — Spät heirathen die Jünglinge, daher unerschöpfte Mannheit; auch den Jung- frauen ist dieselbe Jugendkraft, ähnliche Hochgestalt, und der Eltern Stämmigkeit spiegelt sich in den Kindern. — Irgend einem Sterblichen Obdach weigern, gilt für einen Frevel. Fehlt es dem Wirthe, so führt er den Gast zum Nachbar. Bekannt und Unbekannt hat gleiches Recht auf Gastfreundschaft. Fordert der Scheidende etwas, so wird es ihm

5. Die deutsche Geschichte - S. 8

1855 - Essen : Bädeker
8 standen. Eins dieser Völker, die Sequaner, hatte gegen ein anderes, die Aeduer, die Hülfe der benachbarten Deutschen angesprochen. Ariovist (d. i. Heerwist), ein suevischer Heerfürst, kam, bezwang die Aeduer, und nannte ihr Gebiet sein, nicht minder auch das der Sequaner. Dazu- mal war der größte Römerheld, Julius Cäsar, in Gallien. An ihn wandten sich die Unterdrückten. Er gebot dem Deutschen, zu weichen. Dieser berief sich auf das Recht der Waffen; sie möchten entscheiden. Da ergriff Angst die Herzen der Römer; sie wollten gegen solche Feinde nicht folgen. Cäsar aber beschämte und entflammte sie, und als er dem Ariovist gegenübertrat, nahm dieser auffallender Weise die Herausfor- derung nicht an, denn die Allraunen hatten den Kampf vor dem Neu- monde untersagt. Kaum vernahm Cäsar diese Ursache, so griff er an, und da die Deutschen ohne Vertrauen auf die Götter fochten, so mußten sie unterliegen. Das geschah in der Schlacht bei Besannen im Jahre 58 v. Chr. Ariovist rettete sich mit Wenigen über den Rhein. Cäsar aber unterwarf sich darnach durch List und Gewalt die deutschen Völker in Gallien, und um auch die diesseitigen zu schrecken, ging er zweimal über den Rhein, ohne sich jedoch lange bei uns aufzuhalten. Er hatte der Deutschen Tapferkeit und Heldenkraft achten gelernt. Von nun an nahm er deutsche Jünglinge in Sold, und als er bald barauf sich zum Oberherrn im römischen Reiche machen wollte, da verdankte er einen nicht geringen Theil seines Glückes seinen deutschen Schaaren. §. 11. Deutschland in Gefahr, römisch zu werden. Cäsars Neffe, der Kaiser Augustus, beschloß, das deutsche Land seinem großen Reiche einzuverleiben, und sandte zu diesem Zwecke seine beiden Stiefsöhne Drusus und Tiberius, 14 v. Chr., an die Do- nau, die sie vorläufig zum Grenzflüsse machten, dann den Drusus an den Rhein. Drusus legte den Rhein entlang auf dem- gallischen Ufer eine Reihe von festen Plätzen, Kastellen, an, und namentlich Mainz als seinen Hauptwaffenplatz; dann überschritt er den Rhein und zog die Lippe hinauf; die Deutschen wichen zu beiden Seiten in ihre Wälder, und wenn er jedesmal im Herbste den Rückzug antrat, dann fielen sie über ihn her, und ließen ihn ihre starke Faust fühlen. Im dritten Jahre kam er bis an die Elbe, da, wo sie die Saale aufnimmt. Geschreckt von einer geheimnißvollen Erscheinung, kehrte er um, stürzte unterwegs mit dem Pferde und starb zu Mainz, wo man noch sein Todtenmal zeigt, an der Verletzung. 9 v. Chr. Was Drusus begann, sollte Tiberius vollenden. Heimtücke war seine Hauptwaffe, gegen welche deutsche Biederkeit nicht bestehen konnte. Er beraubte die Völker ihrer Fürsten, und so beugte er sie unter sein Joch. Kastelle erbaute er am Rhein und die Lippe hinauf bis an die Weser, lichtete die Wälder durch Heerstraßen (Hellweg), legte durch die Sümpfe die „langen Brücken", führte römische Gesetze ein, schickte edle Jünglinge als Geißel nach Rom, machte viele Tausende von Deut- schen unter den Namen von Bundesgenossen zu römischen Soldaten, und suchte in aller Weise römische Sitte und Sprache zu verbreiten. n

6. Die deutsche Geschichte - S. 10

1855 - Essen : Bädeker
10 weiters wetteiferte, durchschritt er mühsam die Schluchten des teutoburger Waldes. Kein Ort findet sich zur Schlachtordnung. Er schlägt ein Lager auf, aber am andern Morgen beginnt der heillose Marsch von Neuem. Die Bogen sind unbrauchbar durch den Regen; es ficht Mann gegen Mann. Verzweiflung ergreift auch die tapfersten Herzen. Alles ist verloren. Varus stürzt sich in sein Schwert, Viele folgen seinem Bei- spiel. Das beste Rönierhcer ist vernichtet. Ueber dem Wehklagen der Verwundeten, dem Stöhnen der Sterbenden, dem Jammer der Gefan- genen erbraust der Siegesjubel. Deutschland ist gerettet! Die dank- bare Nachwelt preist Hermann als den Netter des Vaterlandes. Lange Reihen von Leichenhügeln zwischen Detmold und Herford, und Orts-- namen wie Todtengrund, Kohlstädt, Römerfeld, Winfeld, bezeichnen die Stätte, wo solches geschah. Das Haupt des Varus sandte Hermann an den mächtigen Mar- komannenkönig Marbod, der sich mit seinem Volke in dem rings von Gebirgen geschützten, bis dahin von den gallischen Bojern beherrsch- ten Böhmen (Bojenheim) niedergelassen hatte, ihm zu bedeuten, was deutsche Eintracht vermöchte selbst gegen den gewaltigsten Feind, und um ihn zu gleicher Schilderhebung gegen die Widersacher des deutschen Namens zu ermuntern. In Rom aber herrschte Trauer und Furcht, und der Kaiser Augustus rief in wildem Grame einmal über das andere: Varus, Varus, gib mir meine Legionen wieder! §. 14. Wie Hermann die errungene Freiheit schirmt. Als er sich vom ersten Schrecken erholt hatte, sandte Augustus den Tiberius an den Rhein, den Feind vom Vordringen in das römische Gebiet abzuhalten; Hermann aber, der nicht erobern, sondern retten wollte, ordnete die Wehrmanneien zu kräftigem Widerstande. Tiberius hatte zunächst nur die Sorge, das Weiterumsichgreifen des Abfalls zu verhüten, und erst sein Nachfolger, Germaniens, des Drusus Sohn, begann den Krieg. Von 14- bis 16 hat er drei Feldzüge durch das nördliche Deutschland ausgeführt. Im ersten überfiel er von Wesel aus die Marsen, und verwüstete das Land weit und breit, bis Hülfe kam, und er war froh, als er wieder über den Rhein war. Im zweiten suchte er die Chatten heim, rettete den von seinen eigenen Leuten belagerten Verräther Segest, und dieser gab ihm seine eigene Tochter, Hermanns Thusnelda, die er in seine Gewalt bekommen hatte, als Siegesbeute mit. Zwar stürmte Hermann durch die Gauen, Weh und Waffen rufend; zwar erhoben sich zornschnaubend die Völkerschaften und fegten Alles, was römisch hieß, über die Grenze, aber die hochherzige Thusnelda war drüben, wohin der Ihrigen Arm nicht reichte, und mußte später mit ihrem dreijährigen Söhnlein des Germanicus Triumph- einzug in Rom zieren. Darnach ging Germanicus mit 4- Legionen zu Schiffe den Rhein und die Assel hinab durch den Zuydersee in die Ems, während andere Heerhaufen durch die Länder der Brukterer und Friesen marschirten, und nachdem die ganze Macht vereinigt war, zog er ln den teutoburger Wald, und bestattete die-Gebeine von Freund und

7. Die deutsche Geschichte - S. 14

1855 - Essen : Bädeker
14 macht beider römischen Reiche. Geiserich landete 455 an der Tiber, plünderte 14 Tage lang die Hauptstadt der Welt, und kehrte mit un- ermeßlicher Beute heim. So vollzog das Gericht für all den Frevel, den Rom vor 600 Jahren an Karthago begangen hatte, ein deutsches Volk vom Niesengebirge! Die Burgunder erschienen um dieselbe Zeit am Rhein, und ließen sich im südöstlichen Gallien nieder; Genf, Lyon, Besan^on und Vienne wurden ihre Hauptstädte. — Das nordwestliche Gallien nahmen Fran- ken, die Allemannen Helveticn in Besitz. Im Jahre 449 segelten Angeln und Sachsen unter Anführung der Brüder Hengist und Horse nach Britannien. Die Briten hatten sie gegen die nördlichen Barbaren, die Pikten und Schotten, zu Hülfe gerufen. Aber nachdem sie die Hülfe geleistet, mochten sie uicht aus dem Lande weichen, vielmehr mußten die Briten, im Kampfe unterliegend, theils nach Wales, theils nach Gallien (Bretagne) flüchten; es ent- standen sieben kleine deutsche Königreiche: Kent, Sussex, Wessex, Mercia, Essex, Ostangeln und Northumberland, welche König Egbert, des großen Alfred Vater, 827 zu einem Königreiche „England" vereinigte. Da erwuchs die angelsächsische Nieseneiche, die heute mit ihren Aesten den ganzen Erdkreis sammt allen Oceanen umspannt, und wunderbar schnell christlich gerinanische Civilisation auch den rohesten Wilden spendet. Bereits in der Mitte des 5. Jahrhunderts war den» Römern im Abendlande von ihrer Herrschaft nichts übrig geblieben, als Italien und Einiges in Gallien, alles Andere war in der Deutschen Hände gefallen. §. 20. Attila, der Hunnenkönig. Attila (Etzel), Herrscher aller Hunnenstämme, zugleich Herr der Ostgothen, Gepiden, Longobarden. rc., saß zwischen der Theiß und der Donau, und empfing Tribut von dem oströmischen Kaiser. Er gedachte seine Herrschaft bis ans Weltmeer auszudehnen. An der Spitze von 700.000 Mann brach er im Frühling 451 gegen Westen auf, und alles Land, das er betrat, erfuhr es, daß er in Wahrheit, wie er sich selbst gern nannte, eine Gottesgeißel war. Alle' Mannschaft der Völker, auf die er traf, mußte sich seinem Zuge anschließen; was sich widersetzte, ward vertilgt. Die mächtigen Römerstädte jenseit des Rheins sanken in Trümmern. Schon belagerte er Orleans, und es stand, wie es schien, auf dem Spiele, ob das aus dem untergehenden Römerreiche erste- hende Europa hunnisch oder germanisch, ob es die Königin der Erde oder eine asiatische Halbinsel werden solle. In dieser Gefahr trat noch einmal aus den Römern ein großer Held und Feldherr hervor — es war der letzte — Aötius. Dieser sammelte alles streitbare Volk, verbündete sich mit den Westgothen, Burgundern, Franken, Alanen, Sachsen, und drängte den Weltstürmer bis an die Marne zurück. Hier, bei Cha- lons, geschah 452 die Hunnenschlacht, eine wahre Völkerschlacht. 162.000 fielen auf beiden Seiten, darunter der Westgothen König Dietrich. So grimmig war der Kampf, daß die Sage noch drei Tage

8. Die deutsche Geschichte - S. 53

1855 - Essen : Bädeker
53 können, wäre die kaiserliche Macht nicht in den unselige,: Kämpfen um ihr Dasein verblutet. §. 71. Konrad Iv , 1250—1254, und Konradin, 1268. Konrad, Friedrichs Ii. Sohn und Reichsverweser, der seines Hauses Ansehen im Reiche mühsam, doch nicht ohne Glück aufrecht gehalten, vernahm nicht sobald die Kunde von seines Vaters Hingang, als er sofort nach Italien eilte, sich seines reichen Erbes zu versichern. Denn schon hatte der Papst ihm dort viele Große abwendig gemacht, und Manfred, der die brüderlichen Rechte mit tapferem Schwerte verthei- digte/ bedurfte seiner Gegenwart. Viele seiner Unterthanen empfingen ihn mit Jubel; aber die Hauptstadt Neapel mußte mit Gewalt zum Gehorsam gezwungen werden. Kaum sah er sich im unbestrittenen Besitz seines Erblandes, da starb er, Gift statt Arznei trinkend, und hinterließ einen erst zweijährigen Sohn, welchen die Italiener Conradino, den kleinen Konrad, nannten — Konradin. Da erkannten die Si- cilianer und Neapolitaner Manfred als ihren König an. Allein der Papst schleuderte auf ihn den Bannstrahl, und Lot die Krone mehreren Fürsten/^/ an, die das ungerechte Gut von sich wiesen, bis Karl von Anjou, der Bruder des französischen Königs Ludwig des Heiligen, sie als päpstliches Lehn annahm. Manfred trat diesem bei Venevent gegen- über; aber Verrath gab den Sieg in die Hände des Feindes, und er suchte und fand den edeln Heldentod (1261?). Nicht lange, so machte Habsucht und Grausamkeit den Franzosen seinen Unterthanen verhaßt; sie luden Konradin ein, das Erbe seiner Väter in Besitz zu nehmen. Der sechzehnjährige Jüngling, getragen und beseelt von seiner großen Ahnen Geist, zog hin; er wollte lieber sterben, als rühmlos leben. Die italienischen Städte und selbst Nom, das mit dem Papst in 'Fehde lebte, hießen ihn willkommen, und ließen ihre Schaaren zu ihm stoßen. Es war ein Triumphzng. Erst bei Tagliacozzo in Apulien stieß er auf den Feind. Schon war der Sieg in Konradins Händen, aber durch der Seinen Unvorsichtigkeit verwandelte er sich in eine entscheidende Niederlage. Konradin ward gefangen, und gegen den Spruch der Richter, auf Befehl des französischen Thronräubers, mit seinem Freunde Friedrich von Baden, der auch von Oesterreich heißt, auf dem Marktplatze zu Neapel enth au ptet 1208. Mit festem Muthe, aber mit dem Schmerzens- ruf: „Ach meine arme Mutter!" betrat der Sprößling so vieler Kaiser das Blutgerüst. Sv endete der letzte der Hohenstaufen! — „Wirf einen Schleier um, o Sonne! Der letzte Staufen ist nicht mehr!" §. 72. Das Interregnum. Das Interregnum (Zwischenreich) ist die Zeit, in welcher Deutsch- land ohne Haupt war — „die kaiserlose, die schreckliche Zeit". Sie beginnt schon mit Friedrichs Ii. Tode. Denn Konrad war seitdem für das Reich nicht mehr vorhanden, und der Gcgenkönig Wilhelm von Holland, ein Sklave der Priesterpartei, war so machtlos und verachtet, daß er für nichts galt. Als er bei einem Einfalle in Westfriesland, 0

9. Die deutsche Geschichte - S. 62

1855 - Essen : Bädeker
62 Der Anfang der Regierung Karls Iv. ist durch grauenvolle Natur- ereignisse merkwürdig geworden. Schon 1338 war der Osten Europas bis nach Oesterreich und Schlesien von ungeheuern Heuschreckenschwärinen verheert worden. Jetzt im Jahre 1348, kam ein großes Erdbeben über ganz Europa, das sich mehrere Male wiederholte, ganze Städte in Schutt verwandelte und die Bewohner begrub. Im folgenden Jahre kam über Italien nach Deutschland, Frankreich, England u. s. w. eine furchtbare Pest, der schwarze Tod, der Tausende von Geschlechtern ver- tilgte, und an vielen Orten nur den zehnten Menschen übrig ließ. Viele schrieben die Ursache dieses ungeheuern Sterbens den Juden zu, als hätten sie die Brunnen vergiftet, die Christenheit auszurotten. Dieses, in alle Länder zerstreute Volk war überall der Gegenstand des Hasses und oft der grausamsten Verfolgung in jenem zum Fanatismus geneig- ten Zeitalter und in Zeiten besonderer Aufregung z. B. während der Kreuzzüge, und auch damals war die Mordwuth an ihnen so gewaltig, daß geistliche und weltliche Fürsten nur mit großer Anstrengung sie bän- digen, und einige armselige Ueberbleibsel retten konnten. Zu Straß- burg und München hatte man die ganze Judenschaft in die Synagoge getrieben und mit derselben verbrannt. Andre erkannten in den Er- eignissen gerechte Strafgerichte Gottes um ihre Sünden, und es ent- stand die Schwärmerei der Geißler (Flagellanten), die auch bald so ausartete, daß Papst und Kaiser gemeinsain Hand anlegten, sie gänz- lich zu unterdrücken. §. 81. Der falsche Waldemar in Brandenburg. Zu diesen allgemeinen Landplagen kam für Brandenburg noch ein verheerender Bürgerkrieg. Ein Pilger erschien 1348 in der Mark und gab sich für den vor 30 Jahren verstorbenen Waldemar aus. Die Fürsten des anhaltinischen Hauses, der Erzbischof von Magdeburg, und selbst Kaiser Karl erkürten seine Aussagen für ächt, und boten Alles auf, ihm Eingang zu verschaffen. Wohin er kam, zog man ihm wie einem Heiligen mit Fahnen, Kreuzen und Lichtern entgegen, denn der Papst ertheilte allen seinen Freunden Vergebung der Sünden. Alle Städte, bis auf Frankfurt, Spandau und Brietzen (Treuenbrietzen), fielen ihm zu, der Adel größtentheils. Brandenburg war für Bayern verloren, da gelang es Ludwig, dem Karl in Günther den Gegenkönig zu setzen, und dessen Streitmacht aus dem Lande zu entfernen. Und ob auch Günther bald darauf starb, so hielt es doch Karl, der kein Kriegsmann, dagegen um so mehr Staatsmann war, für klug, sich mit Ludwig zu verständigen, und den Waldemar seinen näheren Freunden zu überlassen. Auch diese traten Einer nach dem Andern zurück, als dieser Waldemar auf den Reichstag zu Nürnberg vorgeladen worden, um seine Aechtheit zu erhärten, und nicht erschienen war, und nun der Kaiser die Brandenburger ihres Eides gegen ihn für ledig und zum Gehorsam gegen das bayrische Haus verpflichtet erklärt hatte (1350). Nun gelang es dem Markgrafen Ludwig, die Unterthanen durch Gewalt und Güte zur Unterwerfung zu bringen. Anhalt aber und das Erz-

10. Die deutsche Geschichte - S. 66

1855 - Essen : Bädeker
66 §. 85. Drei Päpste und drei Kaiser. Die Unzufriedenheit mit Wenzel veranlaßte die 3 geistlichen Kur- fürsten nebst Kurpfalz, zu Oberlahnstein seine Absetzung auszusprechen; sie wählten dagegen den Ersten Vesten, den Pfalzgrafen Ruprecht 1400. Der war ein wackerer Mann, und that sein Möglichstes, in Italien die kaiserlichen Rechte und in Deutschland Ordnung und Gesetz- lichkeit aufzurichten; aber die Großen wollten sich nicht beugen, und er mußte Vieles geschehen lassen. In der Stiftung der Universität Heidelberg, der zweiten in Deutschland, hat er sich ein ehrendes Denkmal errichtet. Sein College Wenzel erfuhr indeß zum zweiten Mal die Schmach, von seinem Bruder Sigismund gefangen genommen zu werden, und er blieb 19 Monate in Haft. Zu derselben Zeit stritten um Petri Stuhl zwei Päpste, der eine zu Rom, der andere zu Avignon, und nachdem die Christenheit lange genug dies Aergerniß er- duldet, beschlossen die geistlichen und weltlichen Machthaber, auf einem allgemeinen Concil zu Pisa 1409, die Eintracht der Kirche wieder- herzustellen, lind die päpstliche Allgewalt zu eigenem Vortheil zu be- schränken. Sie setzten die Leiden Nebenbuhler ab, und wählten einen neuen Papst. Da aber jene nicht wichen, so entstand aus der päpst- lichen Zweifaltigkeit, wie man sich ausdrückte, eine päpstliche Dreifaltig- keit. Jeder von ihnen that seine Leiden Widersacher nebst ihrem An- hang m den Bann, und so lag die ganze Christenheit unter Fluch und Zwietracht. Darüber starb Ruprecht 1410, und nun wäre es dem deutschen Reiche fast ergangen wie der Kirche. Denn Wenzel hielt die Krone noch immer fest, und die rheinischen Kurfürsten wählten an Rup- rechts Stelle zwei: Wenzels Bruder Sigismund und seinen Vetter Jobst von Mähren. Zum Glück starb dieser bald; seine Partei er- klärte sich für Sigismund, und Wenzel übergab ihm die Negierung mit der Bedingung, daß er selber bis an seinen Tod Kaiser heißen solle. 8- 86. Sigismund, 1410 —1437, und das Concil zu Kostnitz, 1414 — 1418. Dem Könige Sigismund war es bei seiner Wahl zur ersten Pflicht gemacht worden, die Einigkeit in der Kirche wiederherzustellen, und eine Reformation der Kirche d. h. die Beseitigung mancher päpstlichen Miß- bräuche herbeizuführen, und er ließ sich dieses mit rühmlichem Eifer an- gelegen sein. Die Klagen über päpstlichen Unfug und das dadurch eingerissene Sittenverderbniß waren so allgemein und so schreiend, daß sie nicht länger überhört werden durften. Es gelang Sigismund, das Concil zu Kostnitz zu Stande zu bringen. Das war die glänzendste und zahlreichste Versammlung, die je stattgefunden, denn aus allen Christenländern kamen Fürsten, Bischöfe, Aebte und Theologen, und wetteiferten in Pracht und Gelehrsamkeit. Der eine Papst, Johann Xxiii., der in seiner Jugend Seeräuber gewesen, sich den Cardinalshut erkauft, und den heiligen Stuhl durch das frechste Sünderleben ent- weiht hatte, wurde 70 schrecklicher Frevel überführt und verurtheilt; der 88jährige Gregor Xii. dankte freiwillig ab, und als Benedict Xiii.
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TM Hauptwörter (200)200

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