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Stettiner Haff buchtenreich mit vorliegenden höheren und bewal-
deten Inseln: Alfen, Schleswigs Brückenkopf und Rügen,
Stralsunds idyllisches, durch Sturmflutheu zerrissenes Vorland;
in Hinterpommern geradlinige Sandküste, in Preußen durch
Haffbildung und die Halbinsel Samland gegliederte Dünen-
küste. Auch die Ostsee kein unfruchtbares Meer; friedlicher und
blutiger Kampfplatz der nördlichen und südlichen Germanen.
Große Zahl von Seestädten seit der Germanisierung: Lübeck,
im Mittelpunkt des Hansagebietes, nur 8 Meilen von der unte-
ren Elve, einst der nächste Hafen für die gewerblichen sächsischen
und westfälischen Hansastädte; Stettin, der Hafen für das
getreidereiche Oder- und Warthegebiet. Die Seestädte Preußens,
Dan zig und Elbing im fruchtbaren Weichseldelta, Königs-
berg am Pregel und Memel, der Hafen des Niemengebietes,
die nördlichste preußische Stadt, werden durch das Wintereis,
noch mehr durch die nahe russische Zollgrenze beengt.
2. Hinter der Ostseeküste die baltische Seenplatte, die
bis in die Sandflächen Jütlands verlaufende Fortsetzung des
nördlichen uralischen Landrückens, durchschnittlich 3—500' hoch
(Thurmberg in Pomerellen über 1000'), Wasserscheide zahlreicher
Flüsse, meist Acker- oder Waldboden in der Umgebung der Ge-
Wässer, ties durchfurchte öde Sandhöhen besonders in Hinter-
Pommern, mit bedeutendem frnchtbaren Vorlande um das kurische
Haff und die pommersche Bucht. In den östlichen und mittleren
Theilen auch breite Abdachung zu den Sumpfstreifen des Hinter-
landes durch meist öde waldige Sandflächen: in Preußen die
masurische Johauuisburger Wilduiß, westlich der Weichsel
gegen die Oder hin die Tuchler Haide mit der Verbiuduugs-
straße zwischen dem fetten Danziger Werder und der Neu-
mark*), dem südlichsten Theile des ganzen Landrückens. Ab-
dachuugeu der Mecklenburger Platte: Uckermark (zur
Oder), Ruppin^), Prieguitz, Lauenburg lznrhavel und
Elbe).
Die vom sarmatischen und wendischen Tieflande abgewandten
und eigenartigen zum Theil idyllischen Küstenlandschasten
*) Am Sumpfstreifen des Südrandes eine andere Verbindungsstraße
des Ostens und Westens von Thorn aus; beide gedeckt durch Küstrin sin
der Nähe Zorndorf). Hier des „Oberstlieut. Fritz" nationalökonomische
Studien im Hinblick anf jenes Sumpfland, den Warthedistrict.
**) Mit den kleinen Parkseen des Rhin (Rheinsberg); von da über Fehr-
bellin zur ähnlichen Landschaft von Sanssouci.
TM Hauptwörter (50): [T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf]]
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Preußen, Pommern, Mecklenburg in sich gegliedert durch die
parallelen Durchbrüche der Weichsel und Oder und durch deren
und des Pregel und Niemen breite und fette Niederungen. Die
bedeutendste Entwicklung im deutschen Ordenslande*).
Sein Vorland an der Straße von Marienburg nach Königs-
berg und von da über Tilsit nach Livland reicher geschicht-
licher Boden, im Inneren noch nicht ausgeglichene Gegensätze der
Kultur zwischen den deutschen Städten und der lettischen und
slavischen (masurischeu) Landbevölkerung; ähnlicher Gegensatz an
der Grenze Pommerns (Kassuben) und Westpreußens, eine Nach-
Wirkung des der deutsch-evangelischen Kultur feindlich entgegen-
getretenen Thorner Friedens. Das übrige Küstenland vollständig
germanisiert.**) Im insularen***) Holstein und Schleswig
(Stecknitzkanal, Eiderkanal, Isthmus zwischen Schleswig und
Tondern, Dannewirk) begleitet die Seeplatte oft mit lieblichen
Waldlandschaften die Ostküste, dahinter die Geest, auf ihr die
Verbindung nach dem N., westlich zur Nordseeküste friesisches
Marschland bis Ditmarschen. Der Zusammenhang mit der
offenen Nordsee durch die Batten gehemmt, der Nordseehafeu
Altona neben Hamburg; der Schwerpunkt des Landes an
der den nahen dänischen Inseln ähnlichen Ostseeküste. Der durch
die Dynastie geförderte langdauernde Zusammenhang mit Däne-
mark durch Preußen gelöst. Stammland dieser Dynastie, die
auch in Rußland und Griechenland (eine Zeitlang auch in Schwe-
*) Die Bewohner des polnischen Sumpflandes kannten und nützten die
günstige Lage und Beschaffenheit ihres Mündungslandes Preußen nicht;
deutsche christliche Ritterschaft im Bunde mit den Seestädten zogen es in
das Bereich deutscher Kultur. Nach langer Störung durch die Polnische
Herrschaft wurde diese Aufgabe durch die Hohenzolleru wieder aufgenom-
men und auf das Hinterland ausgedehnt. Anfiedlung der evangelischen
Salzburger in Ostpreußen durch Friedr. Wilh. I., Kultur des Netzedistricts
durch Friedrich d. Gr.
**) Die den Littanern verwandten, den Reußen anwohnenden Preußen
haben durch ihren ruhmvollen Widerstand ihren Namen verewigt; auch das
treue deutsche Pommerland ist stolz'auf seinen Namen (am Meere); Meck-
lenbnrg hat Slavisches in dem Dienstverhältniß der Landbevölkerung bewahrt,
Wagrien (östliches Holstein) selbst den Namen Stargard in Oldenburg über-
setzt. Ratzeburg-Ratibor.
***) Daher zum Theil der Partikularismus der Bewohner. Die Knicks
Erinnerungen an altsächsische Abgeschlossenheit. Altsächsisches auch im
Bau der Bauernhäuser, die wie in Westfalen auch das Vieh unter ihrem
Dache bergen: engste Concentration des freien Besitzes (weit verschieden
von den Wohnungen der slavischen Bauern).
TM Hauptwörter (50): [T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser], T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
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75
wieder ein Zwischenspiel aufgeführt; aber nicht von Possenreißern! Nein,
keine Possenreißer mehr! die sind zu zahm, zu matt! die taugten für den
Anfang! Jetzt müssen auch die Späße konvulsivischer Art sein. Das
römische Volk hängt sehr an den Heldenthaten seiner Väter, begeistert
sich für den Mutius Scävola, würde gerne sehen, wie er sich benommen
hat bei der Tortur, der er sich freiwillig unterzog. Diesen Wunsch des
Volkes befriedigt man, aber wie? Sklaven tragen Becken voll glühender
Kohlen in die Arena, und ein Unglücklicher wird herbeigeführt und legt
wirklich selbst und allein seine rechte Hand auf die Kohlen. Warum
thut er das? Er ist mit einem in Schwefel getauchten Gewand bekleidet
worden und zwei Henker mit brennenden Fackeln stehen neben ihm und
sind bereit, ihn in Brand zu stecken bei der mindesten Zögerung. Und
diese gräßliche Parodie gefällt dem Volke sehr!
Fanfaren ertönen, die Jagd beginnt. Von einer Seite treten Truppen
von Bestiariern ein, von der andern wälzen sich Hügel mit Gesträuchen,
Bäumen, Nasen und Felsblöcken bedeckt vermittelst künstlicher Maschinerie
in die Arena. Eine andere Maschinerie schiebt die Felsblöcke auseinander
und siehe! aus ihren Höhlen und Grotten springen Löwen, Panther, Bärew,
Büffel hervor; das sind die Jäger. Das Wild sind Menschen, die
Bestiaricr, und seltene kostbare Tiere, die sich nicht verteidigen können,
z. B. der Vogel Strauß, die Giraffe. Das Würgen beginnt von neuem,
bis Menschen und Tiere durcheinander blutend, sterbend, tot im grauen-
haften Gemisch in dem künstlichen Wald liegen. Einige uumidische Löwen
und einige Bären aus den Nätischen Alpen behaupten ungestört das
Schlachtfeld und ruhen als Sieger, gesättigt durch Meuscheufleisch und
Menscheublut, zwischen Leichen und Gebeinen.
Ein neuer Scherz belustigt die Zuschauer, die edlen Senatoren,
die zarten Vestalinnen ganz ungemein. Ein armseliger Sklave wird in
die Arena gestoßen. Auf seiner geöffneten, ausgestreckten Hand liegt ein
Ei und er soll damit, ohne es fallen zu lassen, ohne es zu zerbrechen
und ohne die Hand zu schließen von einem Ende der Arena zum andern
gehen. Die Angst, die bebende Hast, die scheue Verzagtheit, die krampf-
haften Bewegungen, die Totenblässe des Ärmsten, das grimmige Knurren
der Bären, das dumpfe, drohende Gebrüll der Löwen werden mit Jubel
ausgenommen. Die Tiere lassen, großmütiger als die Zuschauer, dies
elende Geschöpf mit der Furcht davonkommen. Hätten sie es zerrissen,
so würde die Heiterkeit der Zuschauer nicht im mindesten dadurch getrübt
worden sein.
Die Leidenschaft für diese Spiele war so groß, daß, wenn der Fest-
geber dem Volke die größte Freude machen wollte, sie auch nachts fort-
gesetzt wurden und dann zuweilen zwei, drei, ja fünf Tage und fünf
TM Hauptwörter (50): [T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
397
im Frühlinge. Man schmückte dann den Platz mit Maien und führte
in feierlichem Zuge den Obermeister auf feinen Sitz. Hier saß er nun
mit dem Stabe in der Hand ans dem Gerichtsstuhle, fragte die umstehenden
Meister in bestimmten, althergebrachten Formeln und erwartete auf dieselbe
Weise Antwort. So hielten die Schuhmacher in Erfurt ihre Versamm-
lungen in der Altrenßen-, d. i. Schuhflickergasfe, und lange, lange in
die neue Zeit herein bewahrten sie den alten Gebrauch, bis sie sich endlich,
nachdem andere als Handwerksgenosseu in die Gasse eingedrungen waren,
dem Gespötte der Umwohnenden ausgesetzt sahen; dann erst zogen sie sich
in ihre Häuser zurück. Franz Pfalz.
Das Renntier.
Das Renntier ist ehemals über den größten Teil Europas verbreitet
gewesen. Es hat in Frankreich bis hinunter nach den Pyrenäen gelebt,
es soll dort im 4. Jahrhundert gewesen sein; zu Cäsars Zeiten lebte
es in dem Hercynischen Walde, der sich vom Schwarzwald durch Franken,
Thüringen, Böhmen und Ungarn erstreckte; es hat in Esthland, auf
Öland, auf Boruholm und auf mehreren der dänischen Inseln gelebt.
Heutzutage ist es im nördlichen Norwegen, Schweden, Finnland, im nörd-
lichen Rußland bis zu 60 0 herab, ja in den orenburgischen Uralgebirgen
bis zu 52 0 herab, sowie im nördlichen Asien bis Kamtschatka, ferner im
nördlichen Amerika, so auch auf Grönland und Spitzbergen verbreitet.
In Europa und Asien ist es zum größten Teil gezähmt, doch giebt es
einzelne wilde Renntiere an den meisten Orten, und zu Anfang dieses
Jahrhunderts gab es solche noch in großer Anzahl in Karelien. Die
lappländischen wilden Renntiere sind größer als die zahmen.
Das Renntier, welches zum Hirschgeschlecht gehört, ist größer und
kräftiger gebaut als das Reh, es ist gegen 3^ Fuß hoch und 5*/2 Fuß
laug; die Bergtiere sind kleiner als die Waldtiere, und auf Spitzbergen
sind die Renntiere von einer kleinern Art, obgleich sie im ganzen ge-
nommen größer werden, je weiter man nach Norden kommt. Es ist
weniger elegant gebaut als das Reh, und sein dicker und kurzer Hals,
seine starken Schultern und muskulösen Lenden machen es ganz besonders
zum Lasttier geschickt. Seine Beine sind kürzer aber dicker als die des
Hirsches, und die Hufe sind wie die des Ochsen gespalten, wodurch es
leichter auf dem Schnee fortkommt, indem der Huf eine größere Fläche
bedeckt. Wenn das Renntier geht, bringt die Bewegung der Gliedmaßen
der Füße einen eigentümlichen knisternden Laut hervor, der weithin ver-
nommen wird. Der Kops ist mit einem schönen, fast 3 Fuß langen
Geweih versehen, sowohl der des Männchens als des Weibchens, allein
das Geweih des letztern ist kleiner und hat weniger Zweige. An der
TM Hauptwörter (50): [T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
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Extrahierte Personennamen: Franz_Pfalz Franz Cäsars
Extrahierte Ortsnamen: Erfurt Europas Frankreich Ungarn Esthland Norwegen Schweden Finnland Asien Kamtschatka Amerika Spitzbergen Europa Asien Karelien Spitzbergen
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beinahe seltsam, aber nun sah man über Dächer von Hütten hinaus, die
mit Nenntiergeweihen behäuft und begiebelt waren und den Meisen- oder
Sprehenkästen1 glichen. Sie standen, etwa 40 an der Zahl, einige
Fuß über der Erde ans Wnrzelstöcken, und eine kleine Leiter führte zur
einzigen Öffnung eines jeden Käfigs, der von einem kleinen Spitzhündchen
bewacht wurde. Die meisten Thüren standen offen und schienen bei
erstem Hinblicken von zinnoberrot geputzten Puppen eingenommen. Diese
waren aber sehr lebendige Lappenweiblein, welche in grellbunten Kattun-
kleidern in den dunkeln Stuben saßen. Von den vorspringenden Dach-
gesimsen und den Geweihgiebeln hingen Fischgarne wie Gardinen herab
und spannten sich an hohen Gestellen galerieartig von einem Hüttchen
zum andern, so daß diese teilweise wie in Netzgebüschen versteckt lagen.
An den Wänden hingen bündelweise rostbraune Fellchen, weiß und schwärz-
lich gefleckt und gesprenkelt, welche dem kurzgeschwänzten, etwa fünf Zoll
langen nordischen Lemming, Lemmus norvegicus2, angehörten. Die
Lappen nennen diese Thiere Polosastija Mischi und erzählten, daß die-
selben im vorigen Herbst bei ihren Wanderungen das ganze Revier in
unermeßlichen Scharen bedeckt hätten, sie seien sehr bissig und gäben einen
bellenden Ton von sich.
Das tolle Horngeschnörkel ans den Dächern, die geduckten Weiblein
in ihrem hochroten und großgeblümten Sonntagsstaat, in welchem sie
völlig eingebauscht staken, aus welchem sie aber mit kleinen schrägliegen,
den Äuglein recht lebendig nmhergnckten, gewährten eine so spaßhafte
Scenerie, daß man allen Ernstes geneigt war, sie für einen Scherz zu
halten, besonders wenn die Figürchen neugierig nach den Fremdlingen
die Netzportieren znrückstreiften, ihren Putz emsig zurechtzupften oder durch
hastiges Nicken die hohe schwere Kattunhaube, welche oft zurückfiel, zu
balancieren suchten. Während sie sich so auf ihrem Sitz hurtig einander
ablösten, damit eine jede die sonderbaren fremden Menschen-draußen zu
sehen bekäme, glaubten wir fast an Polichinellkästen vorüberzugehen.
Allein zwischen diesen Kästen hin fiel der Blick auf das weite Meer und
auf die Boote, welche steil gegen die Flut anschaukelten, so daß auch das
Leben dieser kleinen Leute rasch genug wieder als ein sehr ernsthaftes
gewürdigt werden konnte.
Es hatte sich inzwischen eine Menge angesammelt, die uns im Ort
hin und her schob, bis wir in das vornehmste der Stelzenhänschen ein-
geladen wurden, welches sogar den Luxus einiger Glasscheiben als Fenster
zeigte. Der Schwarm des winzigen Volkes drängte uns förmlich in das
Thürloch hinein.
1 Sprehe — Stahr.
2 Norwegische Ratte.
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36
Ist es bedroht von Unglücksblitzen,
Dann nimm es lieber wieder heim,
Doch winkt ihm Heil, so woll' ihn schützen
Den kleinen großen Menschenkeim!
Karl Egon von Ebert.
Der Zaunkönig.
Zu den glücklichen Vögeln, welche jedermanns Liebe genießen,
gehört auch der allbekannte, sagennmklungene Zaunkönig oder Schlüpfer,
Winter-, Schnee-, Dorn-, Nessel-, Schlupf-, Schupp- und Tannen-
könig, Zannschnerz, Zaunschliefer und Thomas im Zaune, ein kleines,
prächtiges Vögelchen, welches schwerlich verkannt werden dürfte. Der
reich befiederte Leib hat sehr kurze Flügel und einen kurzen Stumpf-
schwanz, welcher regelmäßig aufrecht getragen wird, lange, starke
Füße und einen dünnen, pfriemförmigen, etwas gebogenen Schnabel.
Beide Geschlechter sind gleichmäßig gefärbt und die Jungen kaum
anders als die Alten gezeichnet. Die Oberseite ist rostbraun, vom
Oberrücken an schwärzlich quer gebändert, die Unterseite ist rostgrau,
an den Seiten schwärzlich und weißlich in die Quere getupft. Die
Flügel und der Schwanz sind zierlich schwarz gebändert, die Achsel-
gegend ist mit einigen weißen Flecken besetzt, und über das helle Ange
zieht sich, der Braue vergleichbar, ein lichter Streifen, durch dasselbe
ein dunklerer.
Soviel man weiß, fehlt der Zaunkönig in keinem Lande Europas;
doch scheint es, als ob er im Norden häufiger wäre, als im Süden.
In Deutschland wohnt er überall, wo es dichtes Gebüsch, namentlich
dichte Hecken giebt. Seine kurzen Flügel gestatten ihm nicht, mit den
anderen Kerbtierfressern zu wandern; er bleibt daher hübsch in der Hei-
mat und bekundet durch sein Betragen, daß es ihm auch im Winter in
derselben gefällt. Er verdient wirklich den Namen Schnee- oder Winter-
könig, sobald man mit solchem Titel Glückseligkeit verbindet; denn an
Munterkeit und Frohsinn, trotz trüber Zeit, kommt unserem Zaunkönig
kaum ein anderer Vogel gleich, und keiner übertrifft ihn. Wer ihn kennt,
rühmt ihm gute Eigeuschafteu nach, außer dem Frohsinn die Lust am
Gesang, außer dem muntern Wesen die Keckheit, außer der Gewandt-
heit die Anmut in seinem ganzen Sein und Treiben. Ununterbrochen
in Bewegung, durchhüpft und durchkriecht er sein niederes Reich, und
bei der strengsten Kälte singt er mit derselben Behaglichkeit, wie im
Frühjahr. Seine Bewegungen sind sonderbar. Er hüpft äußerst schnell
auf dem Boden hin und kriecht mit wunderbarer Gewandtheit durch alle
Löcher, Ritzen, Spalten und Öffnungen im oder über dem Boden, im
TM Hauptwörter (50): [T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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231
i
Aus dem Leben des Libers.
Der Biber ist ein geselliges Tier, welches einzeln nur in solchen
Gegenden sich aufhält, wo es der Ausrottung nahe gebracht worden ist.
An den Flüssen, Strömen und Seen Nordasiens und Amerikas, welche
im Wiuter nicht bis zum Grunde ausfrieren, bildet er Ansiedelungen,
welche Hunderte von Bewohnern zählen können. Der einzelne gräbt sich
vom Grunde des Gewässers aus eine 30—40 Fuß lange, schief nach
oben aufsteigende Röhre mit Kessel und Ausgang nach dem Lande unter
dem Uferboden. Die Mitglieder einer Ansiedlung erbauen sich Burgen,
und in Flüssen mit wechselndem Wasserstande Dämme, um das Wasser
aufzustauen. Die Burgen, welche regelmäßig im Wasser, jedoch nah am
Ufer stehen, sind backofenartige Gebäude von 6—10 Fuß Höhe über dem
höchsten Wasserspiegel und 10, 15, 20 und mehr Fuß Durchmesser. Sie
werden aus Knüppeln, Ästen und Reisig aufgeführt, mit Erde und Schlamm
gedichtet und so fest zusammengebaut, daß sie nicht bloß dem Wasser,
sondern auch den Zerstörungswerkzeugen in der Hand des Menschen er-
heblichen Widerstand leisten. Mit dem Lande stehen sie oft durch einen
Holzdamm in Verbindung. Im obern Teile der Burg befindet sich die
Kammer der Tiere; zuweilen liegen auch zwei solcher Kammern über-
einander. Der Zugang zu ihr ist eine Röhre, welche vom tiefen Wasser
aus durch den Unterbau der Burg nach oben führt und gewöhnlich meh-
rere Zugänge hat. Das Innere der geräumigen Kammer ist mit Gras
und Moos dick ausgefüttert. Größere Bauten, d. h. Dämme, welche
30—300 Fuß lang sein können, werden ausschließlich im seichten, stillen
Wasser ganz ruhiger, von dem Menschen nicht oder wenigstens nur selten
besuchten Waldungen ausgeführt. Die Dämme selbst bestehen aus Baum-
stämmen, welche nahe am Ufer gestanden haben und von den Bibern ein-
seitig so angeschnitten wurden, daß sie ins Wasser fallen mußten, aus
Knüppeln von verschiedener Länge und Stärke, welche durch die Tiere zur
Stelle geflößt wurden, aus Reisig, Steinen, Sand, Erde, Moos u. dgl.
Außerdem legen die Biber, wie so viele andere Nager, auch Vorrats-
kammern für den Winter neben oder in ihren Röhren und Burgen an.
Der Biber gehört zu den begabtesten Nagetieren. Seine Bewegungen
ermangeln zwar der Gewandtheit, sind aber doch nicht ungeschickt zu nennen.
Im Sitzen nimmt er die Stellung der Eichhörnchen, Murmeltiere und
Mäuse an, bekommt hierdurch seine Vorderpfoten frei und gebraucht sie
mit viel Geschick. Der Gang ist schwerfällig, langsam, watschelnd, auf
unebenem Boden zumal äußerst unbeholfen. Demungeachtet ist er im
stände, an Bäumen in die Höhe zu klettern: man hat ihn schon oft
auf den Köpfen abgestutzter Weiden liegen sehen. Größere Meisterschaft
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser]]
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233
zu schneiden. Er entfernt sich halbe Meilen weit vom Ban, kehrt aber
immer in derselben Nacht zu ihm zurück. So treibt er es allnächtlich
jahraus, jahrein; nur besondere Ereignisse, veränderter Wasserstand oder
der Winter z. B. unterbrechen die Gleichmäßigkeit dieses Lebens. Das
Wasser zerreißt die Dämme, welche dann wieder gebaut werden müssen
und gewöhnlich auch in der ersten Nacht nach dem Unfall wieder gebaut
werden; der Winter fesselt oft wochenlang an das Haus und zwingt den
Biber, sich von den aufgespeicherten Vorräten zu äsen, obwohl es ihm
ein Leichtes wäre, sich, wie sonst auch, im Walde Nahrung zu holen;
denn das Eis ist ihm kein Hindernis: er bildet sich, wenn er sonst will,
durch Nagen überall eine Pforte in der krystallenen Decke, welche ihm
den Zugang zu seiner Hausthüre versperrt.
Die Jungen kommen blind zur Welt und werden lange gesäugt und
noch länger geführt von der zärtlichen Mutter. Der Vater scheint sich
nicht um die Erziehung zu bekümmern; er schweift während des Sommers
umher und findet sich erst im Herbst wieder in der Ansiedlung oder bei
dem Weibchen ein.
Brehm und Roßmäßler.
Die Kartoffel.
Amerika war schon entdeckt;
Ich lag im Urwald noch versteckt.
Da kam ein Europäer an
Und nahm mich mit in seinem Kahn.
Und als er mich den Köchen wies
In Amsterdam und in Paris,
Entschied ihr superkluger Rat:
„Der grüne Bollen kocht sich fad —
Die Staude da ist kein Gericht,
Der Kerl verlohnt das Sieden nicht!"
Doch lächelnd sprach der Admiral:
„So kehrt ihn eben um einmal
Und schaut nur, statt auf seinen Rock,
Da unten nach dem Wurzelstock,
Wie der auf roten Eiern ruht,
Gleich einer Henne auf der Brut.
Die rote Jndianerschar,
Bei der er sonst zu Hause war,
Kocht ihren Braten auch nicht viel,
Sie ißt ihn auf mit Stumpf und Stiel.
Dies aber geht in Kürze so:
Man macht ein Feuer lichterloh,
Wirft fleißig Holz und Heu hinein
Und den Gefang'nen uritten drein.
Der schmalzt sich schnell im eignen Schmalz
Und salzt sich selbst im Aschensalz;
Dann greift man zu, wie's jeder braucht,
Und schlingt's hinunter, daß es raucht.
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel]]
322
auch ungeschickter und mit mehr Zeitaufwand; denn auch sie stimmen
mit ihren Ansichten nicht immer überein. Musterhaft zeigt sich oft die
Unermüdlichkeit ihrer Ausdauer, welche die Orientalen durch eine fchöne
Legende verherrlicht haben. Irgend ein Prinz, fo erzählen sie, im Kriege
mehrmals zurückgeschlagen, lag, beinahe verzweifelnd, in seinem Zelte.
Eine Ameise lief an der Seitenwand in die Höhe. Er warf sie wieder-
holt herab, aber immer kletterte sie wieder hinauf. Neugierig, zu sehen,
wie weit sie ihre Hartnäckigkeit treiben werde, warf er sie achtzig Mal
herunter, ohne sie dadurch zu entmutigen. Er selbst war ermüdet, aber
zugleich auch von Bewunderung erfüllt. Die Ameise hatte ihn überwunden.
Da sagte er zu sich: „Ahmen wir ihr nach und auch wir werden siegen."
Was der Prinz sah, können wir täglich erfahren, wenn wir uns nur die
Zeit dazu nehmen wollen. Bei ihren Zufuhren kommen den Ameisen die
breiten Straßen zu statten, welche sie anlegen und mit der Zeit ganz
glatt treten; sie marschieren auch in ziemlich geordneten Reihen die Baum-
stämme empor, um Harz zu holen oder die Blattläuse zu melken. Auf
den Zweigen beunruhigt, lassen sie sich fallen.
So roh auch das Äußere ihrer Hütten aussieht, im Einklänge mit
dem Materiale, aus welchem sie bestehen, so bewundernswürdig ist doch
die Zweckmäßigkeit, die berechnete Anordnung im Innern derselben.
Dieses besteht aus einer Unzahl von Gemächern verschiedener Größe, alle
durch Gänge miteinander verbunden und in verschiedene Stockwerke ver-
teilt, einige tief unten in der Erde, andere in der Kuppel des Gebäudes.
Jene sind bestimmt zur Aufnahme der Jugend bei kaltem Wetter oder
über Nacht, diese werden bei Tage gebraucht. Die aus dem Fundament
entnommene Erde wird mit den schon genannten oder ungenannten
Materialien gemischt und giebt dem luftigen Schlosse seinen Halt. Strahlen-
artig führen Gänge von dem Innern nach außen, die Thore der volk-
reichen Stadt sind durch aus und ein passierende Bewohner fortwährend
belebt, für Fremde aber verschlossen durch die wachehaltenden „Stadt-
soldaten". Bei Regenwetter oder für die Nachtzeit pflegen sie ihre Thore
ebenfalls zu verschließen.
Die Arbeiter, verschieden an Größe, teilen sich in zwei Rotten: die
Lieferantinnen, welche das Nötige herbeischaffen, und die häuslichen
Wärterinnen, welche die innern Familienangelegenheiten, besonders die Er-
ziehung der Jugend und die Ernährung der stets drinnen verborgenen
Männchen und Weibchen besorgen. Ihnen fällt eine ungeheure, unab-
lässige Beschäftigung zu, wenn man nach den fortwährenden Bewe-
gungen um die Wiege urteilt. Fällt ein Regentropfen, scheint ein
Sonnenstrahl, so giebt es einen allgemeinen Aufstand, eine Umbettung
aller Kinder, und das mit unermüdlichem Eifer. Man sieht, wie
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
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