1872 -
Stuttgart
: Schweizerbart
- Autor: Reuschle, Carl Gustav
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
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- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Provinz Preußen. 153
deutschen Flachlands (§. 122); die untere Memel und Weichsel mit dem
Pregel (Jnster, Alle) als Begleitfluß. Ungeheure Waldungen (Wolf, Elen-
thier) und sehr kornreiche Niederungen (Tilsiter Niederung, „Werver" von
Danzig und Marieuburg). — Das einst von den lettischen ($. 70) Preußen be-
wohnte Ostpreußen (im Osten der Weichsel) und das slavische, weiterhin
zum polnischen Reich gehörige, Westpreußen (westlich von der Weichsel);
an Brandenburg gekommen durch Beerbung des Deutschordens ' (Ostpreußen
§. 128) und die erste Theilung Polens (Westpreußen)2. Der geschichtliche
Unterschied beider Theile noch stets in Nationalität und Konfession: in Ost-
preußen mehr das deutsche und evangelische, in Westpreußen das polnische
und katholische Element3. Nicht nur Größen ersten Rangs zur Wissen-
schaft: Coperuicus und Kant, sondern hervorragende Namen selbst zur
deutschen Literatur: Herder, einer der Weimarer^. Zwei unter den deut-
schen Städten durch Geschichte und Bauten hochstehende Großstädte von mehr
als 190909 E.: die befestigte Hauptstadt und Universität Königsberg
und die ehmahlige Hanse- und Freistadt Danzig, Festuug ersten Rangs
und zweite preußische Seehandelsstadt; sodann um 39999 E. Elbing, und
um 29999 E. Tilsit und Memel, worauf noch 5 zwischen 29 und 19
T. folgen 5. — 4 Regierungsbezirke, 2 in Ost- und 2 in Westpreußen:
1. Königsberg oder das westliche Ostpreußen, „deutsch Samlaud" (oder
„Ostpreußen" schlechtweg), Alle-Pregel; 2. Gumbinuen oder das östliche
Ostpreußen, „litauisch Samland" (oder „preußisch Litauen"), Jnster-Pregel
und Memel; 3. Marienwerder oder das südliche Westpreußen, „polnisch
Oberland", Weichsel mit der Brahe; < Danzig oder das nördliche West-
Preußen, „deutsch Oberland", Weichselmündungen mit der Elbing u. a.
Flüssen.
^ 1 Dieser Orden (wie die der Johanniter und Templer) in den Kreuzzügen entstanden,
sitz des „Hochmeisterthums" der Reihe nach zu Jerusalem, Venedig, Marburg, Marien-
bürg, zuletzt Mergentheim (mit 22 in ganz Deutschland zerstreuten „Ordensballeien",
38 O.m.). ^Eroberung des noch heidnischen „Porussias" im 13. Jahrh. nach dem Vor-
gang der ,,Schwertbrüder" <12. Jahrh.) in Liv- und Ehstland, mit welchen vereint die
Deutschherren" von der Oder bis zur Newa herrschten, bis sie, nach Polens Verbin-
dung mit Litauen, dem polnischen Reich erlagen und 1466 auf Ostpreußen, als polni-
sches Lehen, beschränkt wurden.
' Das Land im Westen der Weichsel, früher der Hauptsache nach Pommerellen
genannt, als zum Land der „Wenden am Meer" ipommern, §. 131) gehörig; von
1466 bis 1772 polnisch-Prenßen, das außer „Pommerellen" das Kulmerland, Marien-
burger Gebiet und Ermeland begriff, wovon letzteres sofort zu Ostpreußen kommt, wäh-
rend die 3 anderen Landschaften das jetzige Westpreußen bilden. Danzig aber als
eine Art Freistadt bis zur zweiten Theilung Polens 1793.
3 In beiden zusammen 850000 Katholiken und gegen 400000 Juden, ferner
761000 Polen und, in Ostpreußen, 147000 Litauer lund Kuren); gemäß Anni. 2 be-
ruht das katholisch-polnische Element in Ostpreußen besonders auf dem damit verbundenen
„Ermeland".
4 Ferner in Mathematik und Naturwissenschaft: Fahrenheit, Forster, Kirchhoff,
Sömmering, Argelander, Clebsch; in Literatur: Gottsched, Schenkendorf, Archenholz, der
Philosoph Schopenhauer und seine Mutter Johanna; Wessels (§. 138) Sternwarte und
Neumanns Mathematiker-Schule zu Königsberg.
5 Diese sind: Star g ard , Thor n (Festung), Graudenz (Festung), Jnster-
bürg, Braunsberg. — Copernieus Grab zu Frauenburg im Domstift; Ordens-
schloß zu Marienburg. — Dom und Residenzschloß zu Königsberg <112000 E.),
„Kneiphof", dessen ältester Stadttheil auf einer Insel, Vorhasen Pill au. Marienkirche,
Rathhaus, Zeughaus und Attushof zu Danzig (100000 E.), dessen 3 Citadellen und
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Oesterreichs Nationalitäten und Städte. 191
hierin wieder Ostland gegen Westland zurück. — Unter mehr als 66000
Ortschaften (mit nur c. 31000 Volksschulen) 2100 Märkte und 850 Städte
(mit nur c. 330 Gymnasien und Realschulen); 45 Ortschaften (Städte und
Märkte) mit 20000 und mehr E., darunter wieder 11 mit 50000 und
mehr E., und 3 mit mehr als 100000 E. 7. Die Reichshauptstadt Wien
von mehr als 800000 E., mit ihrer eigentümlichen Stellung in Oester-
reichs Centrum und an Deutschlands alter Gränze; eine Weltstadt von viel-
sacher Bedeutung als Kultur-, Handels- und Fabrikstadt Mittelpunkt des
österreichischen Eisenbahnnetzes 9, am Beginn der ersten großen Ausweitung
des Donauthals zur Tiefebene.
* Nach der Volkszählung von 1869, wornach seit der vorhergehenden 1857 eine
Zunahme von annähernd 3'/z Mill. stattgefunden hat, versteht sich abgesehen vom Weg-
fall der italienischen Provinzen (5'2/3 Mill. auf 857 Q.m.).
2 Zunächst in Nord- und Südslaven (§. 70); sodann unter jenen: gegen 63/i Mill.
Czechen, Mähren und Slowaken, gegen 22/5 Mill. Polen und über 3 Mill. Ru-
th e nen; unter den Südslaven: über l'/i Mill. Slovenen (oder Winden), über 12/s Mill.
Kroaten, ll/2 Mill. Serben (mit den Slavoniern und Raizen, d. h. orthodox-griechi-
schen Serben) nebst 26000 Bulgaren.
3 Theils West-, theils Ostromanen; jene sind über V2 Mill. Italiener nebst 51000
Friaülern und 18000 Ladinern (Rhätoromanen); diese: gegen 3 Mill. Rumänen
(Dakoromanen, Walachen), einschließlich je c. 3000 Albanesen und Griechen (und ohnehin
die „Zinzaren", d. h. gräcisirte Walachen).
4 Hierin zusammengefaßt: l'/e Mill. Juden, die sich übrigens der Sprache nach
in die vorigen einreihen (als deutsche, polnische Juden :c. ?c.>, 18000 Armenier,
156000 Zigeuner, endlich 26000 angesiedelte Fremde (Franzosen, Engländer, Osma-
nen>. — Es sind also 4, und wenn man unter den Slaven die sich schroff gegenüber-
stehenden Czechen (nebst Mährern) und Polen (nebst Ruthenen) besonders rechnet, 5 (also
früher mit den 5 bis 6 Mill. Italienern l) 6 zahlreich vertretene verschiedene Natio-
nalitäten.
r' Unter den Katholiken 23 L/3 Mill. lateinische, 4 Mill. griechische (unirte
Griechen), 18000 armenische, welche sämmtlich unter dem Papst stehen; in 14 Erz-
bisthürnern: 11 vom lateinischen Ritus (Wien, Salzburg, Görz, Prag, Olrnütz, Lem-
berg, Zara, Gran, Erlau, Kalocsa, Agram); 2 vom griechischen (Lemberg, Blasendorf)
und 1 vom armenischen (Lemberg), mit 47 Bisthürnern (7 griechisch), 28000 Weltgeist-
lichen, 950 Klöstern (8000 Mönche, 5700 Nonnen). Mehrzahl in allen Theilen des
Reichs, ausgenommen Siebenbürgen, Bukowina und Militärgränze. Concordat von
1855 neuerdings, wenn nicht förmlich aufgehoben, doch durchlöchert durch die confefsio-
nellen Gesetze von 1868, welche Ehe und Schule von dem ausschließlichen Einfluß der
Kirche emancipiren sollen.
^ Dazu lve Mill. Israeliten und über 60000 Sectirer, vornehmlich Unita-
rier. — 2 griechisch-orientalische „Metropoliten" zu Karlowitz für die Serben
(Raizen) und zu Hermannstadt für die Rumänen, c. 4000 Weltgeistliche und 40 Klöster
(mit 300 Mönchen). — Evangelischer Oberkirchenrath zu Wien und Generalsynode
(alle 6 Jahre). Gleichberechtigung der evangelischen 1861 ausgesprochen.
7 Diese 3 Städte sind Wien, Pejt und Prag; die 8 folgenden bis zu 50000 E.
Lemberg, Gratz, Brünn, Trieft, L?zegedin, Maria-Ther efiopel, Ofen und
Krakau; unter den folgenden 34 bis zu 20000 sind 8 Marktflecken, unter welchen
Hod-Mezö-Vasarhely 49000 E. zählt, Europas größter. — Städte von besonderer
Bedeutung (außer den Erzbischofsitzen A. 5 u. 6): 7 Universitäten (Wien, Prag,
Gratz, Lemberg, Krakau, Pest, Innsbruck) und ebenfoviele Polytechnica (die 5 ersten
nebst Brünn, Ofen); daneben aber noch eine größere Anzahl vereinzelter Hochfchulen:
„Akademien" für Theologie, Recht und Medicin, wie für Landwirtschaft, Bergbau,
Handel, Nautik, Krieg und für Künste und Musik. - Mit allen Befestigungen 48,
eigentliche Festungen 16 (stärkste: Peterwardein, Komorn, Olmütz, Therestenstadt,
Josephstadt); 3 Kriegshäfen (Tuest, Pola, Cattaro), erstere zugleich erste und einzige
große Seehandelsstadt, sowie, neben Wien, erster Arsenalplatz.
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Galizische Lande.
199
' Salzburg früher großes Hochstift, zuletzt weltliches Kurfürstenthum, wovon ein
Theil mit Berchtesgaden bayerisch. Wildbad Gast ein, Paß Lu eg.
1 Das österreichische Jllhrien, ein erst 1816 aufgestellter Inbegriff, welcher
bis 1322 auch Kroatien und das ungarische Küstenland enthielt, nördlicher als das alte
Jlly ricum.
5 Das Patriarchat Aqu ileja (kirchlich seit 1750 in die Erzbisthümer Udine
und Görz aufgelöst) mit feinem ehemaligen Territorium, dem sogen. Friaul (Forum
Julii, jetzt Cividale), theils österreichisch, theils venetianisch geworden (letzteres zu Italien).
Dieselbe Unterscheidung bei Jstrien: das österreichische mit Pifino oder Mitterburg;
das venetianische, welches nicht zum deutschen Bund gehört hatte, mit Capodistria.
Jetzige Landeshauptstädte von Jstrien: Parenzo, von Friaul: Görz (17000 @.). Rö-
mische Ruinen bei Pola, sowie bei Aquileja (Aglar), 2 ansehnliche Städte im Alter-
thum. Die Inseln: Beglia. Eher so, Lussin, durch Bodensenkung entstanden.
Der Name „Steyermark" von Steher, sowie Wiens Kärntnerthor deutet auf
die ehemals anderen Gränzen Oesterreichs gegen Kärnten und Steyermark, ursprüngliche
Marken, sowie Krain (d. h. Gränzland) und Südsteyermark mit Cilli eine besondere
Mark (die „windische"). Der Wallfahrtsort Mariazell im nördlichen Steyermark.
7 Die Burgruinen (Dürrenstein) und Abteien (Melk, Kremsmünster) des
Tonauthals; Grein mit dem „Donauwirbel"; Kurorte Ischl und Baden (bei Wien
§. 161); Schlachtorte in Wiens Umgebung: Aspern, Wagram.
3 Unter Böhmens zahlreichen historischen Orten: Hussinetz und Tabor; Fried-
land, Reichstadt; Karlsbad (Congreß); Schlachten von Kulni, Königgrätz
(Sadowa).
9 Historische Orte vor allen: Austerlitz, Nikolsburg.
§. 163. Galizische Lande. — Von G alizien im alten Sinn (dem
ehemaligen „Gnberninm Lemberg") die Bukowina (190 Q.m., über
',2 Mill.) als besonderes Kronland „Herzogthum" abgetrennt, mit walachi-
scher Hauptbevölkerung, gleichsam die „österreichische Moldau" l. Das übrige
(1426 Q.m. gegen 5l,;2 Mill.) ein zweites Kronland „Königreich", selbst
wieder 2 wesentlich verschiedene Theile umfassend, die auch beinahe wie 2
besondere Kronländer gestellt sind (§. 159): das ursprünglich russische Ga-
lizien (Land der Ruthenen) und ein Stück vom eigentlichen Polen (Klein-
polen), beide österreichisch durch die Theikung Polens — Vorterrasse
der Karpaten, sowohl der Beskiden (Westgalizien) als des Waldgebirgs
(Ostgalizien) und der siebenbürgischen Karpaten (Bukowina, selbst größten-
theils Gebirgsland); getheilt zwischen Weichsel (vornehmlich durch San)
und Donau (durch Dnjester, und in der Bukowina durch S ereth-Pruth)^.
Zwei Städte von 50009 und mehr E.: die galizische Hauptstadt Lemberg
im Ruthenenlande (Statthaltern) und eine der ehemaligen polnischen Haupt-
städte, das kleinpolnische Krakau; sodann wieder 2 mit mehr als 20000
E., darunter Czernowitz, Hauptstadt der Bukowina (Landesbehörde)4.
Diese 4 Städte im Eisenbahnnetz 5. In Galizien Katholiken weit vorherr-
schend, übrigens fast hälftig lateinische und griechische (d. h. unirte Griechen),
in der Bukowina aber die orientalischen (d. h. nicht unirten) Griechen 6.
' Ursprünglich siebenbürgisch, dann moldauisch und mit der Moldau türkisch, im
18. Jahrh. den Türken entrissen. Außer den Moldauern: Ruthenen, Polen und Szekler
1 in 1 besonderen Parcelle», sowie Juden und Armenier, welche überhaupt in diesen oft-
europäischen Ländern sehr verbreitet sind.
' Vollständiger Titel: „Königreich Galizien und Lodomerien mit den Herzogthü-
mern Auschwitz und Zator und dem Großherzogthum Krakau". Die russischen
Fürftenthümer „Halicz" (Galizien) und „Wlodimirz" (Lodomerien, wovon aber nur
ein Theil hierher gehört) im früheren Mittelalter ungarisch (§. 158,4), später polnisch,
auch „Rothrußland" genannt (Ruthenen oder Rothrussen). Die Republik Krakau
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200
Tic Länder der Erde.
von 1815 (21 Q.m.), letzter unabhängiger Rest von Polen, seit 1846 dem bei der 2.
Theilung zu Galizien geschlagenen Theil Kleinpolens einverleibt (zusammen jetzt: Groß-
herzogthum Krakau); wobei Auschwitz und Z ator wegen früheren Verbands mit
Schlesien zum deutschen Bund gerechnet worden waren.
* Dazu im Osten ein Stück vom Weichselzufluß Bug und vermöge des Styr ein
kleines Stück Dnjepergebiet; im Westen die Weichselzuflüsse Düna je c und Wysloka.
Rauhes Klima (mittlere Temperatur in Lemberg 5 bis 6ü9i.); zahlreiches Wild (Luchse
und Bären neben Gemsen und Mnrmelthieren); große Salzproduction (Wieliczka
mit seiner „unterirdischen Stadt", Bochnia), auch Mineral- und Erdölquellen, Stein-
kohlen, Zink.
^ Lemberg 87000 E., Dominikanerkirche, Stadtthurm und Rathhaus; Krakau
50000 E., Vorstadt jenseits der Weichsel: Podgorze, Schloß und Dom (das polnische
„Pantheon"), einst als polnische Hauptstadt 100000 E.; Czernowitz 34000 E., außer-
dem in der ganzen Bukowina überhaupt nur noch 3 Städte. Die galizische Handels-
stadt, unfern der russischen Gränze, Brody 23000 E.; alsdann nur noch 8 Städte bis
zu 10000 E. herab in Galizien (Kathedrale zu Przemysl).■
5 Eisenbahnen ostwärts bis Suezawa in der Bukowina (sofort über Jajsy bis
Galatz), nordostwärts bis Brody und Zloczow (von hier sofort über Tarnopol und
Stanislawow bis zur russischen Odessabahn).
6 Dazu in kleiner Anzahl Protestanten und Socinianer, über l/2 9jiüi. Juden
(polnische).
§. 164. Ungarische Lande. — Das ungarische Reich im Mittel-
alter, welches, außer dem eigentlichen Ungarn, nicht nur Kroatien und Sla-
vonien, sondern auch Siebenbürgen (ja zeitweise Dalmatien und Galizien)
begriffen hatte l, jetzt in seinem alten Umfang und mit der alten Verfassung
und Einteilung in „Comitate" (Grafschaften, d. h. Kreise) wiederhergestellt'^.
Drei Länder (noch kürzlich eigene Kronländer): „Königreich" Ungarn
(3896 Q.m., 11'/z Mill.), „Königreich" Kroatien-Slavonien mit dem
Küstenlande von Fiume (350 Q.m., über 1 Mill.) und „Großfürstenthum"
Siebenbürgen (998 Q.m., 2l/s Mill.); zusammen 5244 O.m., 14',2
B!ill. und mit dem, staatsrechtlich zum ungarischen Reich, aber in der Ver-
waltung unter das gemeinschaftliche Kriegsministerium (§. 159) gestellten
Militürgränzland (§. 164) 5853 Q.m., 15vo Mill. Große welt-
geschichtliche Bedeutung als Tummelplatz westwärts stürmender Barba-
renvölker und in seinem Verhältniß einerseits zu Oesterreich und Deutsch-
land, anderseits zur Türkei; weniger Bedeutung in der Kulturgeschichte3.
— Die merkwürdige und bedeutungsvolle Völkermenguug: das kriegerische,
orientalisch anklingende Volk der Magyaren herrschend; die Mehrzahl
aber: im Westen Slaven (mit wesentlichem Unterschied der nordungarischen
und südungarischen Slaven), im Osten (Siebenbürgen und anliegende Theile
Ungarns) die Walachen oder Rumänen (Romanen); endlich Deutsche
in allen Großstädten und in (alten) Colonie-Pareellen überall zerstreut, als
Culturpunkte 4. Der Religion nach zwischen den 3 christlichen Hauptkirchen
getheilt mit Ueberwiegen der katholischen Kirche Das eigentümliche
Städtewese,n; die oft kleinen „königlichen Freistädte" (48 an der Zahl
und außerhalb der Comitatsverwaltung, direct unter dem ungarischen Mini-
sterium) und die volkreichen Märkte (§. 157). Die ungarische Hauptstadt:
die Doppelstm Pest-Ofen (Buda-Pest) 277000 E. (mit „Altofen" und
„Neupest"); Pest, die neue magyarische Nationalstadt für sich über 200000
E., so daß jetzt Ofen, die alte Kbnigsstadt, ein Anhang von Pest, wie noch
vor 100 Iahren umgekehrt Außerdem noch 2 Städte über 50000 E.:
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Nußlands Völkerschaften und Städte. 251
3 Menge der ©lauert c. 60 Mill., darunter wenigstens 52 Mill. Russen: Groß-,
Klein-, Weiß-, Roth-Russen, einschließlich die Kosaken Rest Polen und verpolte Li-
tauer (§. 200).
3 Außer den Magyaren und einem Theil der Lappen und Kwänen (§. 193) stehen
dieselben (sowie auch die asiatischen Finnen in Sibirien, „Samojeden" zu beiden Seiten
des Ural) unter russischer Herrschaft, zum Theil mit türkischen Völkerschaften gemischt,
resp. ganz vertürkt (z. B. Baschkiren). Dazu wirkliche Türken: die europäischen „Tata-
ren" nebst einein kleinen Theil der Kirghisen, und selbst Kalmücken (an der Wolga
§. 83). — Im ganzen Reich wohl über 100 verschiedene Völkerschaften mit c. 40
ganz verschiedenen Sprachen. Deutsche c. 1 Mill.
4 Nichtgriechischer Religion: c. 7 Mill. Katholiken und unirte Griechen in den
ehemaligen polnischen Ländern, c. 4 Mill. Protestanten (meist Lutheraner) in den Ost-
sceländern, I Mill. Armenier. Nichtchristen: über 2 Mill. Juden lmeist in Eu-
ropa), e. 5 Mill. Muham edaner (im ganzen Reich, in Europa 2 Mill.), vielleicht V2
Mill. Heiden (im Ganzen, in Europa 200000, §. 66).
5 Die Kosaken (Kosak ist bewaffneter Reiter), der Herkunft nach theils ächte
Russen (Kleinrussen), theils russisch gewordene Mischlinge (namentlich Mischung mit
Tscherkessen, §. 197), sind, entsprechend den österreichischen Gränzern, angesiedelte Soldaten,
wovon im Frieden '/» außerhalb ihrer Wohnsitze auf 3 Jahre dient (verschiedenen Gränz-
linien entlang, §. 202), während die übrigen */? jedes Kosakenheeres in ihren Ansied-
lungen leben; Anzahl mit Familien gegen 2 Mill.
6 Im ganzen Reich etwas über 1000 Städte mit c. 9 Mill. Etwa 75 Procent
der Bevölkerung Bauern, und davon 3/s früher Leibeigene des Hofs und des Adels
(c. 25 Mill.), gegenüber den etwas freieren „Kronbauern" (auf den 13 bis 14t. Q.m.
betragenden Krondomänen) und den „freien" Bauern lschon früher keine Leibeigenschaft
in Finnland, bei Tataren, Kosaken und in den Militärcolonien». Der Adel (c. 900000
Personen in ganz Rußland) besteht aus dem Geburtsadel, der aber keinen Rang im
Staat mehr verleiht (die alte Bojarenwürde von Peter M. abgeschafft), und dem Rang-
adel; Anzahl der Grundherren über '/« Mill.
7 Die Seestadt St. Petersburg (700000 E.), die zu Anfang des vorigen Jahrh.
mitten in Morästen an der Newamündung gegründete modern - europäische Hauptstadt,
zugleich als Handelsstadt Nachfolgerin des tief herabgekommenen Nowgorod 8, und die
Binnenstadt Moskau (Moskwa, 480000 E.) mit orientalischem Gepräge, m'ch dem großen
Brand (1812) neu aufgebant, Mittelpunkt des Binnenhandels zwischen Europa und Asien
und der russischen Industrie (Seide voran). In beiden viel Monumentales: hier der
„Kreml" (Festung, nach Art des Hradschin, §. 161), die Basil- und Krönungskirche,
das Erziehungs- und das Findelhaus (größtes in Europa), der Bazar; dort: der kaiser-
liche Winterpalast an der Spitze zahlreicher Paläste, Admiralität, Arsenal, Kathedrale
und Jsaakskirche, Alexander-Newsky-Kloster, die Anitschkow- und die „neue" Newabrücke.
In der Umgebung von Petersburg: die kaiserlichen Schlösser zu Z arsko je-Se lo,
Peter Hof u. a., die Reichssternwarte Pulkowa, die Festungen Kronstadt und
Schlüsselburg; bei Moskau: Dreieinigkeitskloster von Dimitrow.
8 Diese 10 Städte sind : Saratow (rasch gegen 100000 E. fortschreitend); Wil na,
die litauische Hauptst.; Kasan; Kij ew, die kleinrussische H. isophienkirche, Petscheri-
sches Kloster, Dnjeprbrücke); Nikolajew; Tislis, die georgische H. (§. 202); Char-
kow; Tula; die Fabrikst. Berditschew; die Meßstadt Astrachan (Bazar, Zusammen-
fluß der Asiaten), welche aber von Nischnij-Nowgorod (Nischegorod, bei nur 40000 E.)
überboten wird, der ersten europäischen (Umsatz über 60 Mill. Silberrubel). — Odessa
nach seiner Gründung 1792 erst 7000 E.; Riga einst Hansestadt (Rathhaus, Peters-
kirche) und vorherrschend deutsch. — Alle russischen Städte sehr reich an Kirchen; außer
den schon genannten bedeutend: die Kathedralen von Smolensk, Großnowgorod,
Wladimir, Wilua. Im Osten viel Tatarisches, namentlich in der Krym: Khanpalast
von Bagh ts ch isa rai (d. h. Gartenresidenz).
" Universit äten zu Petersburg, .."osftm, Kijew, Kasan, Charkow, Dorpat (deutsch),
Helsingfors und Warschau; Akademie zu Petersburg; Museen ebendaselbst und (für
Alterthümer) zu Kertsch. Hauptfestun gen : Sveaborg , Kronstadt, Peter-Paulsfestung
zu Petersburg, Narwa, Riga, Dünaburg, Bobruisk, Brest-Litowsk, Nowogeorgiewsk (früher
Modlin), Alexanderfestung zu Warschau, Kamenez-Podolsk, Chotin, Bender, Jenikale. —
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252
Die Länder der Erde.
Gesunkene Städte: Kijew t,,Klein-Konstantinopel" mit 400 Kirchen», jedoch neuer-
dings in hohem Grad wieder aufblühend, was nicht gilt von Nowgorod (Großnow-
gorod, im Hansabund angeblich 400, jetzt unter 20 T. E.), Wladimir, Smolensk
(auch wieder sich hebend); Theodosia-Kasa-Feodosia (als Kasa zur genuesischen Zeit,
177, 80000), Panticapäon-Bosporus - K ert sch - Wospor (bedeutende Ruinen); auch
Sewastopol «vor der Zerstörung im Krymkrieg 45, jetzt wieder 12 T. E., früher eine
der ersten Festungen und Kriegshafen). — Zu den 76 Städten kommen im übrigen
Reich nur noch 5 <§§. 236. 237), darunter Taschkent über 50000 E.
J0 Kanalverbindung der Wolga mit Don, Newa und Dwina, des Dnjepr mit
Njemen und Düna. 6 Bahnlinien von Moskau, 4 von Petersburg aus; mit diesen
im Netz als äußerste Punkte: Riga, Libau, Warschau, Odessa, Kischinew, Taganrog,
Saratow, Kasan, Jaroslawl, Rybinsk, Helsingsors, Baltischport. Im Ganzen 1393 Q.m.
und an Telegraphen 5500 M.
11 Rassische Dichter: Puschkin, Lermontow, Turgheniew; ferner: Ulibischew; die
Mathematiker Lobatschewskp und Tschebischew; Deutsche sind z. B. die beiden Struve an
der Sternwarte zu Pulkowa und Mädler an der zu Dorpat; russische Weltumsegler und
Entdecker (§§. 98. 115. 119).
§. 200. Polen. — Das jetzige, neuerdings Rußland mehr und mehr
als Provinz einverleibte Polen (2220 Q.b!. 53/4 Mill.) ', das eigentliche
Polenland - und das ehemalige Polenreich 3, einziger durch die spätere
Anarchie 4 der „Adelsrepublik mit Wahlkönigen" und sein Ende durch Thei-
lung, als durch seine Größe in der früheren Glanzzeit (mit c. 18000 Q.m.
größtes Reich in Europa). Hauptepoche in der polnischen Geschichte zu
Ende des 14. Jahrh.; die Verbindung mit Litauen (ursprüngliches
Lettenland, §. 70); im Ganzen 4 Zeiträume: 1) Unselbständigkeit
Polens (als „Herzogthums" unter deutscher Oberherrlichkeit, resp. „König-
reichs"), sowie Litauens („Großfürstenthums" unter altrussischer Herr-
schaft) bis ins 18. Jahrh.: 2) beide Reiche selbständig und erobernd,
besonders aus Kosten Rußlands; 3) die vereinigten Reiche als euro-
päische Großmacht, erblich unter dem berühmten Geschlecht der Jagellonen
4) das aristokratische Wahlreich mit seinen Verlusten seit dem Beginn
des 17. Jahrh. und allmählicher Zertrümmerung durch die Theilungen Ö.
— In Polen die katholische Kirche herrschend, und daher auch in
Litauen (sammt Weißrußland), dessen Bewohner zugleich größtenteils po-
lonisirt sind 7. Die „Statthalterschaft" Polen, cm Warta und Weichsel (mit
Narew-Bug) mit der polnischen Landhöhe (§. 198,-), in 10 Gubernien ^
getheilt. Außer der großen Hanptstadt Warschau von mehr als '.'4 Mill.
mit Eisenbahnknoten wenige von 20 T. und mehr E.; die anderen altpolni-
schen Großstädte jetzt zu anderen Staaten 9.
1 Anfangs (1815) als eigener constitutioneller Staat in bloßer Personalunion
mit dem absolutistischen Rußland. Nach der Revolution von 1830, unter Aufhebung
der Constitution und Vereinigung der Armee mit der russischen, Verwandlung in eine
Art Provinz, übrigens noch mit eigener Gesammtverwaltung unter einem besonderen
Ministerium zu Petersburg und 1 Statthalter zu Warschau. Nach der Revolution von
1862 völlige Einverleibung, übrigens als „Statthalterschaft" mit dem Tiiel „Kö-
nigreich".
2 D. h. das jetzige Polen (mit Ausnahme eines litauischen Strichs, Augustowo),
die preußische Provinz Posen und das österreichische Westgalizien. Ehemals eingetheilt
in „Kleinpolen" (Krakau, Ljublin» und „Großpo len", und dieses wieder in das
eigentliche (Gnesen, Posen» und Masovien (Warschau); dazu ursprünglich als 4ter
Theil Schlesien <$. 134).
3 Außer dem Polenland begriff dieses Reich nicht nur die mehr oder weniger
verpolten Länder: Litauen und die ehedem förmlich zu Kleinpolen geschlagenen
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- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
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- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
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254
Die Länder der Erde.
leibung besondere Verfassungen noch in Finnland (6367 Q.m., über
l3/4 Mill.) ^ und in den Kosakenländern an Don und Pontus (gleich-
sam Militärrepubliken, zusammen über 3009 Q.m. und über 1 Milf.).
1 Dieses Reich umfaßte den Süden und Osten des jetzigen Rußlands und erstreckte
sich nach Turan und Sibirien hinein; seine zum Theil lang fortdauernden Reste: die
Chanate Kasan und Astrachan (im 16. Jahrh. von Iwan Ii. erobert), Krym (letzter
Rest sogar bis 1733).
2 Davon auf Kaukafien 7930 Q.m., 4 '/z Mill., ein jetzt, nach Bezwingung der
„freien Bergvölker" (§. 197), ganz einverleibter Landcomplex. Während Sibirien,
sammt Turkestan, Kirghisenland und Amurland, über 270000 Q.m. hinzufügen, wird
dadurch die Bevölkerung nur um 6'/3 Mill. vermehrt.
3 D. h. nicht nur „Großrußland" (gewöhnlich mit Einschluß des Nordens, §. 202,
gerechnet) und ,,Kleinrußland" , sondern auch ein großer Theil von West- (oder
polnisch) Rußland, nämlich „Weiß"- und „R ot h"-Ruß l and (letzteres Wolhynien
und Podolien nebst Ostgalizien).
4 Wladimirs M. Reich (1015) vom finnischen Golf bis zum Kaukasus und von
Oka-Wolga bis zu den Karpaten, Galizien und Litauen umfassend. Iwans M.reich
(1462) nur das innere Großrußland (nordsüdlich von Bjelosero bis Jelez, westöstlich
von Moschaisk bis Nischegorod).
* Oder Romanow-Gottorp, d. h. Holstein-Gottorp (§. 142) durch weibliche
Linie mit Romanow verbunden, wie dieses wieder mit dem alten Rurikstamme. —
Hauptstadien der Vergrößerung: Iwan I. und Iwan Ii. (Wassiljewitsch); Peter I.
und Katharina Ii.; Wienercongreß. Im Jahr 1462, bei Abwerfung des Mongolen-
jochs, auf 15000 Q.m. 6 Mill.; 1584 (Tod Iwans Ii.) auf mehr als 7fachem Raum
16, 1725 (Tod Peters M.) auf 15fachem 20, 1825 (Tod Alexanders I.) auf 20'^fächern
55; jetzt auf mehr als Z5fachem Raum 82 Mill.
6 Kaiser zugleich Oberhaupt der russisch-griechischen Kirche mittelst der
„heiligen Synode" und 50 „Eparchien" (Diöcesen), von welchen denen von (Nowgorod-)
Petersburg, Moskau und Kijew „Metropoliten", 16 anderen Erzbifchöfe, den übrigen
Bischöfe, auch „Erzpriester" vorstehen. Geistlichkeit (*,2 Mill.), theils Weltgeistliche,
„Popen", theils ehelose Klostergeistl., welcher der hohe Clerus angehört; etwa .580
Klöster und 35000 Kirchen nebst 90000 Capellen. — Reichsgesetze über Dynastie,
Thronfolge, Unteilbarkeit, griechische Religion des Regentenhauses; übrige Gesetzgebung
in „Ukasen" des jeweiligen Kaisers; neuestens ein Anfang von Constitutionalismus in
den „La nde s i nsti tu tionen", d. h. Volksvertretungen, deren Wirkungskreis vornehm-
lich ökonomische Verhältnisse betrifft.
7 Das russische Militär (mit Faniilien und Beamten 2 Mill. Personen) theilt sich
in reguläre und irreguläre Truppen; letztere: Kosaken (§. 199) und „asiatische
Reiterei" aus Baschkiren, Kirghisen, Buräten. Flotte im Baltischen (Kronstadt und
Reval), Schwarzen (Nikolajew) und Kaspischen Meer (Astrachan).
s Volksvertretung nach 4 Ständen (Adel und Ritterschaft, Geistlichkeit, Städte,
Landvolk) gemäß der Verfassung von 1772 und 1789; russisch seit 1809 (§. 193). Ge-
neralgouverneur und Präsident des „Senats" zu Helsingfors, einer Stadt von mehr
als 30000 E., außer welcher die alte Hauptstadt Abo gegen 20000. 3 Provinzen, wie
zur schwedischen Zeit: Nyland (Helsingfors), Abo, Tawastehus, Wasa, St. Michel, Wi-
borg (3te Stadt, Land „Karelien"), Kuopio, Uleaborg. Schwedisch noch die officielle
Sprache, aber nur 125000 wirkliche Schweden, 8000 Russen, 1000 Zigeuner, 500
Deutsche, sonst Finnen (theils „Tawasten", theils „Karden").
§. 202. Bestandtheile des europ. Rußlands — I. Die Ostsee-
länder mit lettisch-finnisch-deutscher Bevölkerung, d. h. 1) die 4 eigentl.
„Ostseeprovinzen" (mit der Reichshauptstadt) an Newa, Peipus-Narowa,
Düna, Windau: Jngermanland (einst Narwa, jetzt Petersburg), Esth-
land (Reval), Livland (Riga), Kurland (Mitau) 2; 2) das „Groß-
fürstenthum" Finnland (§§. 198,6 und 201,8). — Ii. Russenlande
(§. 201): 3) Nordrußland an Dwina, Mesen, Petschora, mit der Halb-
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Bestandteile des europ. Rußlands. 355
insel Kola und Insel Nowaja Semlja; 4) großn owgorodis ch es (an
den Seen und der Oberwolga), 5) altmoskowitisches (an Oka-
Wolga und Don), 6) smolenskisches (an Deßna-Dnjepr und Oka) Ge-
biet von Großrußland ». 7) Kleinrußland (Kijew) an Dnjepr und
Donetz^. — Iii. Westrußland oder Polenlande (Z. 200), übrigens
mit Einschluß der polonisirten Länder: 8) Weißrußland an Pripetz-
Dnjepr und Düna; 9) Litauen (Wilna) an Wilia-Njemen und Aa; 10)
die kleinpolnisch - rothrussischen Landschaften an Pripetz und Bug: Wolhy-
nien (Luzk) und Podolien (Kamenez)^; 11) das „Königreich" Polen
(§. 200). Iv. Südruß land mit walachisch-tatarisch-kosakischer Be-
völkerung oder die „neurussischen" Provinzen: 12) russische Moldau oder
(nach dem Haupttheil) Bess arabien an Dnjester und Pruth ; 13) „Kleine
Tatarei" (§. 201,,, Krym im weiteren Sinn), d. h. die Halbinsel
sammt dem Küstenland am Dnjepr bis zum Don; 14) Kosaken land am
Don 6. — V. Ostrußland mit finnisch-tatarischer Bevölkerung oder die
„tatarischen Chanate": 15) Kasan an Kama-Wolga und Uralgebirg; 16)
Astrachan an Unterwolga und Uralfluß7. — Vi. Kaukasusländer
oder Kaukasien: 17) Ciskaukasien an Kuban, Manytsch und Kuma;
sodann die „transkaukasischen" Landschaften an Kur und Rion : 18) Kaspien,
d. h. Schirwan und Daghestan; 19) Georgien (Tiflis, einschließlich Gu-
rien) und 20) Russisch-Arm eni en, Eriwan; endlich 21) der Kaukasus selbst
mit den Bergvölkern oder (nach dem Hauptvolk): Tscherkessien 8.
1 Außer Polen (Nr. 11), Finnland (Nr. 2) und Kaukasien (Nr. 17—21, „Statt-
halterschaft des Kaukasus"), dagegen mit Einschluß des Donkosakenlands (Nr. 14) 50
«meist nach den Städten benannte) Gubernien. Daneben im ganzen Reich 14 mili-
tärische „Generalgubernien" oder Militärbezirke: Petersburg, Finnland, Wilna,
Warschau, Kijew, Odessa, Charkow, Moskau, Kasan, Kaukasus, Orenburg, West-, Ost-
Sibirien, Turkestan.
2 Erwerbungen durch und seit Peter M.; 4 (schon oben genannte) Gubernien. Städte
von 20 bis 50 T. E. (außer den finnischen §. 201,8): Kronstadt (45), die berühmte
Jnselfestung; Reval, Mitau, Dorpat. Schlacht von Narwa.
s 19 Gubernien, Nr. 3: Wologda und Archangel mit Samojeden und Syrjänxn,
und Nr. 4: Nowgorod, Olonez (Petrosawodsk), Pskow, Twer; vorher meist zum Staat
von Nowgorod gehörig, welcher sich übrigens südwärts auch noch über Wjatka und
Permien (Nr. 15) erstreckt hatte, während dagegen Pskow und Twer eigene Fürsten-
thümer. — Nr. 5 enthält die vereinigten Großfürstenthümer Moskau und Wladimir
des 15. Jahrh., und die 10 im engsten Sinn großrussischen Gub. (früher meist eigene
Fürstenth.): Moskau, Wladimir, Kaluga, Jaroßlawl, Kostroma, Nischegorod, Rjasan,
Tula, Tambow, Woronesch. — Nr. 6 ist der polnisch gewesene Theil üon Großruß-
land („Schwarzrußland"); Gub. Smolensk, Orel, Kursk. — Städte von 20 bis 50
T. E.: innr. 3: Archangel (annähernd); in Nr. 4: Twer (gegen 30) und Rschew;
in Nr. 5: Woronesch, Nischnij-Nowgorod und Kaluga (diese 3 um 40), Tam-
bow und Jaroßlawl (diese 2 um 30), Kostroma, Sergijewsk (1 Flecken), Kos-
low, Rjasan und Morschansk; in Nr. 6: Orel (über 40), Jelez und Kursk
(diese 2 um 30), Smolensk.
4 4 Gub.: Kijew, Tfchernigow, Poltawa, Charkow; Urheimat der noch in der pol-
nischen Zeit entstandenen Kosaken in der „Ukraina" (d. h. Gränzland, gegen Ta-
taren und Türken); erst gegen Ende des 17. Jahrh. wieder erworben. — Städte von
20 bis 50 T. E.: Poltawa (über 30, Schlacht), Njeschin und Krementschug.
* Erwerbungen aus den Theilungen Polens (Nr. 8 schon aus der ersten); 13 Gub.
Nr. 8: Mohilew, Witebsk, Minsk: Nr. 9: Wilna, Grodno, Kowno; Nr. 10: Wol-
Hymen und Podolien oder Schitomir und Kamenez. — Städte von 20 bis 50 T. E.,
in Nr. 8: Mohilew und Minsk (beide gegen 40), Witebsk und Dünaburg (beide
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154
Die Länder der Erde.
Vorhafen Neufahrwasser nebst Fort Weichselmünde, das ehmalige Kloster Oliva
(Frieden 1660). Eisenbahnbrücken über die Weichsel bei dem Eisenbahnknoten Dirfchau
(2668 F., 967 Mir.) und bei Marienburg. Die Seebäder Kranz an der kurischen
Nehrung und Zoppot am Putziger „Wiek" (§. 122) mit der „Nehrung" Hela.
Schlacht orte: Friedland und Preußisch Eylau.
§. 133. Posen. — Diese Binnenprovinz („Großherzogthum", 526
O.m., über il/o Mill.) im fruchtbaren Flachland am großen Oderzufluß
Warta mit der Netze, Obra u. a. Nebenflüssen', ursprünglich ein Theil des
eigentlichen Polens, preußisch durch die zweite Theilung Polens. — Slavische
Bevölkerung (über 800000 Polen) nicht sehr über die deutsche (700000)
überwiegend'^, in höherem Grad die nichtevangelische (952000 Katholiken
und gegen 70000 Juden) über die evangelische (520000). Die Hauptstadt
Posen mit 60000 E., große Festung, eine der altpolnischen Hauptstädte
(sowie das herabgekommene Gnesen): außerdem nur Bromberg gegeu
30000 E. und sodann 4 Städte zwischen 20 und 10 T.3. — Zwei R e-
gierungsbezirke: 1. Posen oder Südposen, Obra-Warte; 2. Brom-
berg oder Nord Posen, Netzegebiet.
' Kanalverbindung der Netze mit der Weichsel ibromberger Kanal); besonders
fruchtbar der Nordosten und im Süden der Obra-Bruch.
2 Deutsch ist der Norden (Blomberg), dergestalt, daß die deutschen Theile von
Posen, Westpreußen (hier im Osten) und Ostpreußen (größerentheils) eine große deutsche
Sprachinsel (beinahe bloß Halbinsel» bilden.
3 Diese find: Lissa, Rawitsch, und (nahezu^ Gnesen, Krotoschin. Dorne
zu Posen und Gnesen ldem früheren erzbischöflichen Sitz, jetzt Posen». Die Forts und
einige Paläste in Posen. Mehrzahl dieser Städte im Eisenbahnnetz.
134. Schlesien. — Diese nicht nur an Rußland, sondern auch an
Oesterreich gränzende Provinz („Herzogthum", 732 O.m., 33/4 Mill.), theils
Gebirgsland, die Sudeten', im Süden, theils das Stufenland der mitt-
leren Oder im Norden mit deren zahlreichen Zuflüssen von beiden Seiten,
besonders vom Gebirg, zuletzt im Nordwesten ins norddeutsche Flachland
übergehend. Reiches Land, bedeutend in Landwirtschaft, noch mehr aber
in Bergbau und Fabriken- —Preußisch durch die schlesischen Kriege Fried-
richs M., ursprünglich ein polnisches Land'^. Gleichwohl jetzt größten-
theils deutsch, gegen 900000 Slaven, meist Polen, besonders im äußersten
Südosten, und Wenden in der Lausitz; in der Confession fast zur Hälfte
evangelisch (etwa um 1.00000 mehr Katholiken, und 45000 Juden). Unter
den culturgeschichtlichen Größen Schleiermacher voran*. Tie große Haupt-
stadt , Binneuhandelsstadt und Universität, Breslau mit 200000 E. und
Eisenbahnknoten; alsdann über 45000 E. die Fabrikstadt Görlitz und um
20000 E. Liegnitz mit seinen Schlachtfeldern und die Festung Neiße;
zwischen 10 und 20 T. E. folgen aber noch 15 Städte (resp. Fabrikdörfer)''.
— 3 Regierungsbezirke: 1. Oppeln oder Oberschlesien, obere Oder,
Glatzer-Neiße und Malapane; 2. Breslau oder Mittelschlesien, Oder
und Glatzer-Hochland; 3. Liegnitz oder Niederschlesien, die Sudeten-
Wasser: Lausitzer-Neiße, Bober-Oueis, Katzbach und das Riesengebirge''.
' Die einzelnen unter diesem Namen zusammengefaßten Gebirgsmassen, zum^grö-
ßeren Theil auf schlesischem, zum kleineren auf böhmisch-mährischem Boden, )"m0: Jfer-
und Ries engebirg (Schneekoppe 4930 F., 1600 Mir.); Waldenburger Gebirg und
Glatzerhochland «ein hoher Bergkessel mit 2 Parallelketten: Eulen- und Habelschwerter-
Gebirg, jenes auf der böhmischen Seite, diesem vorgelagert die Zobtenberge); das mährische
„Gesenke" (vgl. §. 121».
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250 Die Länder der Erde.
10 Mittlerer Unterschied von Sommer und Winter in Petersburg und Sewastopol
fast 19 in Warschau 16 in Moskau und Archangel 22 0 R.
11 Die Steppen des Südens durch Waldausrottung mit ihren heftigen Nord-
winden: taurifche oder nogaische, donische, afowfche, kaspische oder kalmyckische; am Ural-
fluß an die große Kirghisensteppe sich anschließend; die einen mit herrlichen Weiden, die
anderen mit Salzboden in Begleitung ausnehmend salziger Seen, wie der Elton-See.
^ Litauische Sumpfniederung (Rockitno-Sümpfe am Pripetz), innerster Theil
der Dnjepr-Niederung 7, c. 1500 Q.m. — Etwa 16000q.m. Getreideboden (Roggen,
Weizen, Gerste, Hafer), eine Ausfuhr für c. 70 Mill. Rubel gestattend; Naturwi'esen
26000 Q.m.; ungeheurer Waldreichthum (die „Kronforsten" allein 24500 d.m.).
13 Ausfuhrartitel: Getreide, Flachs und Hanf nebst Leinsaat und Segeltuch; Talg,
Wachs, Häute und Leder („Juften"); Holz, Theer, Potafche; edle Metalle (§. 197) nebst
Kupser und Eisen. Außer den alten Gegenständen der russischen Industrie (voran
Leder, schon vor Peter M.) jetzt auch zahlreiche Fabriken in Baumwolle, Seide, Pa-
pier, Jrdenwaaren u. a.
§. 199. Völkerschaften und Städte. — Die über 76 Mill. be-
tragende Bevölkerung des europäischen Rußlands J, zwar ebenso mannigfaltig
zusammengesetzt wie die österreichische, aber doch ungleich einheitlicher wegen
des Ueberwiegens nicht nur des slavischen Völkerstamms (§. 70) überhaupt,
sondern innerhalb desselben wieder der russischen Nation, der köpfereichsten
Europa'» außer der deutschen 2. Außer den Slaven und den Deutschen (in den
Ostseeprovinzen und zerstreuten Kolonien) der größte Theil der zahl- aber nicht
köpfereichen Völkerschaften der europäischen Finnen Gleiches Heber-
gewicht der russisch-griechischen („orthodoxen") Kirche^. Nomaden-
leben im äußersten Süden und Osten, wo die Steppen (§. 198), bei den
sog. Tataren (§. 83); besondere militärische Gränzlinien in denselben
Landstrichen: die Kosaken^. Großes Uebergewicht der ländlichen Bevölke-
rung über die städtische; jene bis in die neueste Zeit größtentheils „leib-
eigen" 6. — 6 europäische Großstädte mit mehr als 100000 E., wovon
die neue Reichshauptstadt Petersburg schon weit über lri Mill., welcher
Volkszahl auch die alte Haupt- und Nationalstadt Moskau sich nähert,
neben jener von großer und eigentümlicher Bedeutung Die anderen sind
die polnische Hauptstadt Warschau (§. 200); die 2 Seestädte: das junge
Odessa im Süden und das alte Riga im Norden; endlich das bessara-
bische (H. 202) Kischinew, auf welche bis zu 50000 E. noch 10 Städte
(mit Einschluß einer kaukasischen) folgen 8. Sodann bis zu 20000 E. noch
60 (einschließlich 5 kaukasische, 2 finnische und 2 polnische), zusammen also
76 St. von 20000 und mehr E.; überhaupt in neuerer Zeit großer Fort-
schritt der Städte, darunter 8 Universitäten und eine große Menge von
Festungen Die großen russischen Bahnlinien, deren Mittelpunkt Mos-
kau, nebst einem bedeutenden Kanalsystem für den Binnenverkehr zwischen
den 4 Meeren; der russische Welttelegraph (§. 41) 10. — Weltgeschicht-
lich durch 2 europäische Mächte von ganz entgegengesetztem Charakter: das
ehemalige polnische Reich (§. 200) und die jetzige russische Welt-
macht (§. 201). In heimischer Literatur bisher nichts von erster Be-
deutung, weder von Polen noch von Russen; von anderen culturgeschicht-
lichen Leistungen (Naturforschung, Entdeckungsreisen) schon viel Bedeutendes,
übrigens bisher mehr durch Ausländer (besonders Deutsche) n.
1 In demselben Sinn wie §. 198, ohne Kaukasien 72 Mill.; Bevölkerung im
Wachsthum, Boden fähig eine 1','2 bis 2mal größere zu ernähren.