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Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Staats- und Bürgerkunde - S. 117

1910 - Wittenberg : Herrosé
117 auf beiden Ufern breitet, sammelte der Andrang sich. Die Mauern einer Stadt vermochten nicht das deutsche Volk zu fassen. Am rechten Ufer spannten ihr Gezelt die Sachsen samt der slawschen Nachbarschaft, die Bayern, die Ostfranken und die Schwaben; am linken lagerten die Rheinschen Franken, die Ober- und die Nieder-Lothringer. So war das Mark von Deutschland hier gedrängt und mitten in dem Lager jedes Volks erhub sich stolz das herzogliche Zelt. Da war ein Grüßen und ein Händeschlag, ein Austausch, ein lebendiger Verkehr! Und jeder Stamm verschieden an Gesicht, an Wuchs und Haltung, Mundart, Sitte, Tracht, an Pferden, Rüstung, Waffenfertigkeit, und alle doch ein großes Brüdervolk, zu gleichem Zwecke festlich hier vereint! Was jeder im besondern erst beriet im hüllenden Gezelt und im Gebüsch der Inselbuchten, mählich war's gereift zum allgemeinen offenen Beschluß. Aus vielen wurden wenige gewählt, und aus den wenigen erkor man zween, all' beide Franken, fürstlichen Geschlechts, erzeugt von Brüdern, Namensbrüder selbst, Uunrade, längst mit gleichem Ruhm genannt. Da standen nun auf eines Hügels Saum, im Ureis der Fürsten, sichtbar allem Volk, die beiden Männer, die aus freier Wahl das deutsche Volk des Thrones wert erkannt vor allen, die der deutsche Boden nährt, von allen Würdigen die Würdigsten, und so einander selbst an Würde gleich, daß fürder nicht die Wahl zu schreiten schien, und daß die Wage ruht im Gleichgewicht. Da standen sie, das hohe Haupt geneigt, den Blick gesenkt, die Wange schamerglüht, von stolzer Demut überwältiget. Ein königlicher Anblick war's, ob dem die Träne rollt' in manches Mannes Bart. Und wie nun harrend all die Menge stand und sich des Volkes Brausen so gelegt, daß man des Rheines stillen Zug vernahm, denn niemand wagt' es, diesen oder den zu küren mit dem hellen Ruf der Wahl, um nicht am andern Unrecht zu begehn, noch aufzuregen Eifersucht und Zwist,

2. Staats- und Bürgerkunde - S. 155

1910 - Wittenberg : Herrosé
155 ist heiße, trockene Luft, während kalte, trockene Luft nicht so un- angenehm wirkt. Ist dagegen die Luft mit zuviel Wasserdampf durchsetzt, so wird die notwendige Wasserabgabe durch Lunge und Haut erschwert. Die Luft wirkt schädigend auf die Gesundheit. Der Körper neigt zu Erkältungen, die die Ursache zu den verschiedensten Erkrankungen werden. Bedeutungsvoll für die Gesundheit ist auch der Kohlensäure- gehalt der Luft. Die Kohlensäure entsteht durch das Ausatmen, ferner durch die künstliche Beleuchtung mit Ausnahme des elek- trischen Lichtes. Also in einem Raume, in dem sehr viele Personen atmen, verschlechtert sich die Luft und mehrt sich der Kohlen- säuregehalt. Daher ist solche Luft ungesund. Die Leute werden von Schwindel, Übelkeit, Erbrechen, Ohnmacht befallen. Außer dieser Luftart ist die Luft des Arbeitsraumes oft mit Giften durchsetzt, seien es giftige Gase, Giftstaub oder giftige Flüssigkeiten. Gifte sind eben Stoffe, die schon in geringen Mengen in den Körper gebracht, den Menschen krankmachen. Das bekannteste Beispiel ist der Alkohol. Die giftigen Gase und Staubarten sind oft die Quelle der Lungenentzündung und der Lungentuberkulose. Es ist furchtbar zu sehen, was für Verwüstungen manche von diesen Gasen usw. im menschlichen Körper anrichten. Der Staub, der beim Hobeln, Sägen, Bohren, Drehen, Schleifen, Glasblasen entsteht, ist scharf und verletzt die Schleim- häute des Halses und der Lunge und werden oft die Ursache eines frühen Siechtums und eines frühen Todes. Das Schlimmste dabei ist die Übertragung der Krankheiten durch die Bakterien oder Spaltpilze. Allem diesem soll entgegengearbeitet werden, dadurch, daß für rechtzeitige und ausreichende Luftreiniquna und Lufterneue- rung gesorgt wird. Das Öffnen von Türen und Fenstern ist oft nicht aus- reichend, daher bringt man künstliche Ab- und Zufuhrkanäle an, die die schlechte Luft mit dem Staube aus dem Arbeitsraume absaugen und frische gesunde Luft zuführen bzw. hineinpressen. Zum Schutze der Sittlichkeit ist ebenfalls Vorsorge getroffen. Wo beide Geschlechter in einem Betriebe arbeiten, ist auf getrennte Ankleide- und Waschräume und Bedürfnisanstalten zu halten. Ferner können die Polizeiverwaltungen anordnen, daß den Arbeitern, die ihre Mahlzeiten auf der Arbeitsstätte verzehren, für diesen Zweck ein besonderer Raum zur Verfügung gestellt wird, der in der kalten Jahreszeit auch geheizt werden muß. Der Bundesrat kann für solche Betriebe, in welchen durch übermäßige Dauer der täglichen Arbeitszeit die Gesundheit der Arbeiter gefährdet wird, Dauer, Beginn und Ende der zulässigen täglichen Arbeitszeit und der zu gewährenden Pausen vorschreiben

3. Staats- und Bürgerkunde - S. 218

1910 - Wittenberg : Herrosé
218 eingetreten, der eine große Ähnlichkeit mit einer Schmiede hat. An den Wänden stehen etwa ein Dutzend — sagen wir — Pulte. Der Deckel dieser „Pulte" hat eine kreisförmige Öffnung, und wir hören erstaunt, daß wir Schmelzöfen vor uns haben. In der ersten Halle ist es ziemlich still, doch wie wir jetzt um eine Ecke biegen, fehen wir aus einem der Öfen eine helle Flamme auf- schlagen. und über der Öffnung leuchtet uns der Kopf eines großen, glühenden Tiegels entgegen. Eben schüttet ein bärtiger Schmelzer- Kohlen auf das Cefäß, in welchem Gold und Kupfer zu einer flüssigen, glühenden Masse zusammenbrodeln. Wenn der Prozeß vollendet ist, gießt der Schmelzer den leuch- tenden Metallstrom in eiserne Formen, die etwa an Waffeleisen erinnern. Dann, sobald das Metall erkaltet ist, schälen sich harte, lange Stäbe, „Zaine" genannt, heraus. Der Kupferzusatz hat den „Zainen" eine rotbraune Farbe verliehen, welche das edle Metall so unkenntlich macht, daß es für ungeübte Augen von Kupfer nicht zu unterscheiden ist. Nur wenige Schritte von dem Ofen entfernt, feilen Arbeiter- in langen Schurzfellen die Unebenheiten auf der Oberfläche der Stäbe ab. Weshalb sie diese Operation vornehmen, erfahren wir im anstoßenden Saale. Hier geht's lauter und lebendiger zu. Es werden nämlich von einer unsichtbaren Dampfmaschine, die sich im Zentrum der Münze befindet und mit allen Sälen in Verbin- dung steht, kleine Walzwerke getrieben, und zwischen ihren po- lierten Zylindern winden sich allenthalben Bänder und Streifen heraus. Diese Bänder und Streifen, welche kupfernen Faßreifen zum Verwechseln ähnlich sehen, sind unsere alten Bekannten, die ehemals so stattlichen und jetzt bis zur Unkenntlichkeit gereckten und gestreckten „Zaine". Kaum find sie nämlich von der ersten Station hier angekommen, so wird ihnen, trotz ihres behäbigen Leibesumfanges auch schon zugemutet, sich durch zwei eng überein- anderstehende Walzen zu pressen. Die Arbeiter lassen den „Zain" so lange durch die Walzwerke gehen, bis er die Dicke der Münze erreicht hat, die man prägen will, wobei er sich zu schier unend- licher Länge ausdehnt. Wenn die Walzwerke einigermaßen an die in Telegraphen- bureaus befindlichen Rüder mit ihren endlosen Papierstreifen er- innern. so ähnelt ein in der Nähe eifrig arbeitender Apparat, der den Namen „Durchstoß" führt, einer Nähmaschine. Die in kleinere Stücke gebrochenen und geschnittenen Bänder werden hier in wage- rechter Lage von einem Arbeiter über einen aufrecht stehenden Zylinder geführt. Von oben fällt ein sich rasch auf- und nieder- bewegender Stempel auf den Streifen und stößt Stücke von der Größe der zu prägenden Münze heraus. Wenn nun das Metall- band den Durchstoß passiert hat, weist es ein rundes Loch neben dem anderen auf. und aus der Größe desselben und aus der Dicke der Streifen ist ersichtlich, daß man gerade mit der Herstellung von Zehnmarkstücken beschäftigt ist. Die durchlöcherten Bänder

4. Staats- und Bürgerkunde - S. 341

1910 - Wittenberg : Herrosé
341 Besondere Aufmerksamkeit zollt sie der ausdrücklich für Säug- linge bestimmten Milch. Wie die Milch, so wird auch das Fleisch von der Polizei kon- trolliert. Es muß einer amtlichen „Fleischschau" unterworfen werden, um die Übertragung von Giftstoffen, von Trichinen. Tuberkulose, von Finnen usw. zu verhüten. Darum unterstehen auch die Schlachthäuser einer gewissen polizeilichen Aufsicht. Im Handel wird strenge Kontrolle geübt. Fleisch und Fleischwaren dürfen nicht in Zeitungspapier gewickelt werden, sondern dazu muß unbedrucktes Papier, am besten Pergamentpapier, genommen werden. So unterliegen alle Nahrungs- und Genußmittel der polizeilichen Aufsicht. Wir erkennen, daß die Gesundheits- polizei ein sehr reiches Feld der Tätigkeit hat. Bedenken wir nur die Reinlichkeit auf Straßen und Höfen, die Entfernung von Auswurfstoffen usw. Der Gesundheitspolizei unterstehen auch die Krankenhäuser, Heil- und Pflegestätten, die Irrenanstalten, die Apotheken und Drogerien. Gifte, Arzneien und Heilmittel dürfen nur in staat- lich konzessionierten Apotheken verabfolgt werden. Die Apotheken dürfen nur mit Genehmigung des Staates errichtet werden. Die Ärzte und Apotheker müssen für ihren Beruf besonders vorgebildet und geprüft sein. Sie müssen auf der Universität studiert haben und staatlich geprüft sein. Das beaufsichtigende Polizeiorgan ist der Kreisarzt. Leichen dürfen erst dann beerdigt werden, wenn von dem Arzte ein Totenschein ausgestellt ist. Personen, die nicht eines natürlichen Todes gestorben sind, Verunglückte oder Selbstmörder, dürfen erst begraben werden, wenn die Polizei ihre Genehmigung dazu erteilt. Die Gesundheitspolizei muß auch bei der Bekämpfung an- steckender Krankheiten mitwirken. Im vorigen Herbste wurde unsere Schule auf polizeiliche Anordnung geschlossen, weil eine starke Diphtheritisepidemie ausgebrochen war. Also die Polizei kümmert sich auch um die Verhütung ansteckender Krankheiten: wie Masern, Scharlach, Blattern, Diphtherie, Typhus, Cholera, Pest. Die Häuser oder Gehöfte, in denen z. V. Typhus herrscht, werden bezeichnet, um zu verhüten, daß Menschen dorthin gehen, den Krankheitsstoff aufnehmen und weitertragen. Schulen. Anstalten werden geschlossen, wenn Fälle von Erkrankungen öfter vorkom- men, damit sich in den Schulen kein Krankheitsherd bildet. Kinder, die daran erkranken, müssen 4—6 Wochen dem Unterrichte fern- bleiben. Ebenso streng ist die Kontrolle zur Verhütung der Ein- schleppung von Seuchen durch Schiffe. Sind auf einem Schiffe verdächtige Erkrankungen vorgekommen, sei es an Cholera, Pest usw., so wird das Schiff in „Quarantäne" gestellt, d. h. Hafen- sperre: die Schiffsleute dürfen erst nach einiger Zeit an Land gehen.

5. Staats- und Bürgerkunde - S. 346

1910 - Wittenberg : Herrosé
846 Gesundheit. Bekanntmachung. Nach dem preußischen Gesetze, betreffend die Bekämpfung übertrag- barer Krankheiten, vom 28 August 1905 und den Ausführungsbestimmungen zu diesem Gesetze vom 15. September 1906 ist jede Erkrankung und jeder Todesfall an Diphtherie (Rachenbräune), Genickstarre, übertragbarer, Kindbettfieber (Wochenbett, Puerperalfieber), Körnerkrankheit (Granulöse, Trachom), Rückfallfieber (bedrm reeurrench, Ruhr, übertragbarer, (Dysenterie), Scharlach (Scharlachfieber), Typhus (Unterleibstyphus), Milzbrand, Rotz, Tollwut (Lyssa), sowie Bißverletzungen durch tolle oder der Tollwut verdächtige Tiere, Fleisch=, Fisch- und Wurstvergiftung, Trichinose der für den Aufenthaltsort des Erkrankten oder den Sterbeort zuständigen Polizeibehörde innerhalb 24 Stunden nach erlangter Kenntnis bei Ver- meidung der gesetzlichen Strafe anzuzeigen. Wechselt der Erkrankte die Wohnung oder den Aufenthaltsort, so ist dies innerhalb 24 Stunden nach erlangter Kenntnis bei der Polizeibehörde, bei einem Wechsel des Aufenthaltsortes auch bei berjenigeu des neuen Aufenthaltsortes zur Anzeige zu bringen. Zur Anzeige sind verpflichtet: 1. der zugezogene Arzt, 2. der Äaushaltungsvorstand, 3. jede sonst mit der Behandlung oder Pflege des Erkrankten beschäftigte Person, 4. derjenige, in depen Wohnung oder Behausung der Erkrankungs- oder Todesfall sich ereignet hat, 5. der Leichenschauer. Die Verpflichtung der unter Nr. 2 bis 5 genannten Personen tritt nur dann ein, wenn ein früher genannter Verpflichteter nicht vorhanden ist. Wittenberg, den 14. Januar 1910. Der Königliche Landrat. Fleischschan. Die Beschauzeit zur Ausübung der Schlachtvieh- und Fleischbeschau einschließlich der Trichinenschau wird in Abänderung der Bekanntmachung vom 19. März er. für die Wintermonate, das heißt für die Zeit vom 1. Oktober 1908 bis 31. März 1909, hiermit wochentäglich auf die Stunden von 8 bis 11 Uhr vormittags und 2 bis 5 Uhr nachmittags bis auf weiteres festgesetzt. Wittenberg, den 16. September 1908. Die Polizei-Verwaltung. Sicherheit. Bekanntmachung. Zu Ausgrabungen auf Straßen, Wegen oder Plätzen ist mindestens 36 Stunden zuvor schriftlich auf vorgeschriebenem Formular eine Aus- grabeerlaubnis bei uns nachzusuchen. f'lber die Aufgrabeerlaubnis wird dem Antragsteller ein Schein aus- gestellt werden. Ausgrabungen ohne Erlaubnisschein werden gegebenenfalls durch Polizeistrafen geahndet werden, außerdem wird der Zuwiderhandelnde

6. Staats- und Bürgerkunde - S. 195

1910 - Wittenberg : Herrosé
195 die Witwenrenten-Versicherung Gelegenheit, diese Sorge los zu werden: von dem Augenblick an, da er die erste Zahlung geleistet hat. ist seine Frau versorgt, er mag sofort sterben oder 100 Jahre alt werden. Gustav Johannes Kraust. Aus Sieger u. Wohlrabe: Deutsches Lesebuch. 79. Der Schutz des geistigen Eigentums. rr) Patent-, Muster- und Markenschutz. Meister Karsten hatte eine neue Erfindung gemacht. Er war Tischler und hatte einen Huthalter an Stühlen angebracht, und zwar so, daß der Hut unter dem Stuhlsitz hing. Dies ermöglichte er dadurch, daß er einen drehbaren Bügel an einem Knopfe auf dem Stuhlsitze so befestigte, daß eine Feder den Bügel wieder unter den Stuhlsitz zurückdrehte. Dieses wirklich praktische Verfahren zeigte er einem Freunde, der ihm den Rat gab. die Erfindung, die ihm viel Geld einbringen könne, dem Patentamte in Berlin anzumelden. Sonst würden Konkurrenten ihm die Errungenschaft ablauschen, sie nachmachen und ihm den Gewinn entreißen. Er fragte seinen Freund, was denn nötig sei für die Erlan- gung dieses Erfinderschutzes. Derselbe antwortete ihm: „Nötig ist zunächst eine Erfindung, die in allen ihren Teilen neu und die gewerblich brauchbar ist. Neu soll eigentlich alles sein: 1. der Zweck der Erfindung, 2. die Mittel für diesen Zweck, 3. die Wirkung durch diese Mittel. Bei deiner obigen Erfindung ist alles als neu anzusehen, zu- erst der Zweck: das leichte Unterbringen des Hutes unter dem Stuhlsitz, das in Theatern. Konzertsälen, Kirchen vielfach sehr er- wünscht sein kann, ferner die Mittel: der mittels eines auf dem Stuhlsitz angebrachten Knopfes drehbare und von einer Feder stets wieder unter den Stuhlsitz gedrehte Bügel zum Aufhängen des Hutes, drittens die Wirkung: das selbsttätige Verschwinden des auf den Bügel aufgehängten Hutes unter den Stuhlsitz. Dieser Fall, daß alles neu ist, trifft sich selten, jeder Erfinder knüpft an Bekanntes an und will mit Hilfe bekannter Gedanken neue Aufgaben lösen. Davon hängt nun ab. ob eine Erfindung noch als neu anerkannt werden kann, wenn nur eins der Elemente als neu angesehen werden kann. Also, die dem Patentamte an- zumeldende Erfindung darf noch nicht rm Handel erschienen oder auch nur in irgendwelchen Büchern beschrieben sein. Du mußt also dem Patentamte von deiner Erfindung schrift- lich Anzeige machen, eine genaue Beschreibung oder Zeichnung oder auch ein Modell einreichen und genau bezeichnen, was als patentfähig unter Schutz gestellt sein soll: du haft zugleich 20 Mk. für die Kosten des Prüfungsverfahrens einzusenden. 13*

7. Staats- und Bürgerkunde - S. 393

1910 - Wittenberg : Herrosé
horchen, was von ihm geredet wurde. Als aber dieser die Nachricht brachte, daß er nichts vernommen habe, lieh Schwarz die Rats- glocke läuten und ging in die Ratsstube. Wie nun alle Ratsherren in der Ratsstube versammelt waren ging der Stadtvogt mit seinen Stadtknechten, die alle geharnischt und bewaffnet waren, auf das Rathaus, ließ die beiden Eingänge bewachen und stellte eine Wache vor die Tür zur Ratsstube. Dann trat er in Panzer und Harnisch, das Schwert an der Seite und einen Fausthammer in der linken Hand tragend, mit vier starken Knechten ohne anzufragen in die Ratsstube, stellte sich innen vor die Tür und sprach: „Ihr fürsichtigen und weisen Herren, eure Weisheit soll sich über mich nicht entsetzen, wenn ich eine Sache verrichten muß, die mir auf meinen Eid befohlen ist." Dann ging er auf Schwarz zu, ergriff ihn, zog ihn voin Stuhl herab und rief: „Herr Bürgermeister, gebt Euch gefangen!" Da sagte Schwarz: „Ich?" Da antwortete der Bogt: „Ja!" und griff ihn an das Koller und führte ihn zur Tür. Da sagte Schwarz: „Wessen Gefangener soll ich sein?" worauf der Stadt- vogt antwortete: „Des römischen Kaisers und eines ehrbaren Rates." Dann fing man noch vier Zunftmeister und führte sie mit Schwarz ins Gefängnis. Der Rat erschrak darüber; der Stadtvogt kam aber nochmal in den Rat und bat, man möge ihm etliche Ratsherren mitgeben, damit er mit ihnen iin Hause des Schwarz alles aufschreiben könne. Am Gerichtstage fuhr vor das Rathaus ein großer Spital- wagen, auf dem oben die Leitern mit Brettern zu einer Bühne überdeckt waren. Eine Menge Leute aus der Stadt und der Um- gegend standen um den Platz. Als die Sturmglocke geläutet wurde, führte man den Bürgermeister aus dem Gefängnis, stieß ihn an den Stock und stellte ihn vor das Rathaus. Biele Stadt- knechte standen im Kreise herum, die ihn zum Hochgericht begleiten sollten. Run wurde das Urteil vorgelesen, in dem alle Verbrechen Stück für Stück ausgerufen wurden, wie er sie im Gefängnis unter der Folter bekannt hatte. Dann setzte man ihn mit dem Beichtvater und dem Henker auf die Bühne des Wagens, da er wunde Füße hatte und nicht gut gehen konnte. Er trug einen feinen schwarzen Rock, mit Marderfell gefüttert, ein samtnes Wams und eine Haube mit Pelz, woran zwei große Knöpfe von Perlen hingen. Auf der Trinkstube der Geschlechter waren alle Fenster mit Herren der vornehmen Gesellschaft besetzt, die ihren Erzfeind an den Galgen führen sehen wollten. Am Hochgericht beichtete er. Als ihn der Henker beim Auf- steigen an der Leiter einen Herrn nannte, sprach er: „Ach Gott, wohl bin ich ein so armer Herr geworden!" Wie er vom Henker auf dem Galgen nach Gewohnheit herumgeführt wurde, um das Volk zu bitten, damit sie bei Gott für ihn flehen, da redete er kein Wort, sondern der Henker mußte an seiner Statt reden. Danach sagte er zum Henker, was er Gutes an seinen Kleidern habe, möge

8. Staats- und Bürgerkunde - S. 441

1910 - Wittenberg : Herrosé
441 Auslande wird den Schiffsjungen Gelegenheit gegeben, die Eigen- tümlichkeiten der Länder und ihrer Bevölkerung kennen zu lernen. Nach Rückkehr von der Auslandsreise werden sie bis zu einem Monat in die Heimat beurlaubt. Nach Ablauf von zwei Jahren (y2 Jahr auf dem Schiffs- jungenschiff. ein Jahr auf dem Schulschiff. y2 Jahr auf dem Schiffsjungenschiff) werden die Schiffsjungen, sofern sie die ge- nügende Ausbildung und das gesetzmäßige Alter von 17 Jahren erlangt haben, zu Matrosen ernannt, vereidigt und in die Ma- trosen- oder Torpedodivisionen und die Minenabteilung einge- stellt. Sie werden Personen des Soldatenstandes erst mit der Ernennung zu Matrosen oder Torpedo- bzw. Minenmatrosen. Die Ernennung zum Obermatrosen, sowie die weitere Beförde- rung zum Unteroffizier oder Deckoffizier ist von der Führung und Befähigung jedes einzelnen, sowie von der Erfüllung der vor- geschriebenen Bedingungen abhängig. Bei der Ernennung zum Matrosen sollen die Jungen, soweit sie sich gut geführt und Gutes geleistet haben, vor den übrigen ihres neuen Jahrganges rangieren. Schiffsjungen, die sich be- sonders geeignet gezeigt haben, können nach l^jühriger Dienst- zeit zu Schiffsjungenunteroffizieren ernannt werden. Diese er- halten die Löhnung eines Matrosen und als Abzeichen einen fünfzackigen gelben bzw. blauen Stern auf dein linken Ärmel. Die Schiffsjungenunteroffiziere stehen zu den übrigen Schiffs- jungen im Respektsverhältnis. Bei schlechter Führung kann ihnen der verliehene Rang wieder aberkannt werden. Ehemalige Schiffsjungen dienen für die genossene Ausbil- dung, einschließlich der Ausbildungszeit und der gesetzlichen drei- jährigen Dienstpflicht, im ganzen neun Jahre. Diese Dienstzeit setzt sich folgendermaßen zusammen: o) Für Leute, die zwei Jahre als Schiffsjunge ausgebildet find: zwei Jahre als Schiffsjunge, drei Jahre gesetzlicher Dienstpflicht, vier Jahre für genossene Ausbildung; b) Schiffsjungen, die ein zweites Jahr auf dem Schulschiffe eingeschifft waren, sowie solche, die am Schlüsse der Ausbildungszeit noch ein weiteres halbes Jahr der Schiffsjungendivision angehört haben, dienen um diese ihnen als besondere Vergünstigung gewährte Ausbildungszeit über neun Jahre hinaus (mithin 10 Jahre oder 9y2 Jahre). Der einzustellende Junge soll 15y2 Jahre alt sein. darf je- doch weder jünger als 14y2 noch älter als 18 Jahre sein. Die Einstellung unter 15 Jahren setzt besonders kräftige Körper- entwicklung voraus. Der Junge muß vollkommen gesund, im Verhältnis zu seinem Alter kräftig gebaut, von starkem Knochenbau und kräftiger Muskulatur, frei von körperlichen Gebrechen und Anlagen zu chronischen Krankheiten sein und eine gute Sehleistung (volle Seh- leistung wenigstens auf einem Auge), normales Farbenunter- scheidungsvermögen, gutes Gehör auf beiden Ohren und eine

9. Staats- und Bürgerkunde - S. 49

1910 - Wittenberg : Herrosé
49 uns brauchen, kommt, wir ziehen aus der Stadt!" — so hieß es unter dem Volke (den Plebejern) der Stadt Rom im Jahre 494 vor Christi Geburt. Wie gesagt, so getan. Das Volk zog aus auf den heiligen Berg und schlug daselbst ein festes Lager auf. Da ging ein edler Patrizier und erprobter Freund des Volkes, Menenius Agrippa, hinaus zu den Aufgebrachten und erzählte ihnen eine bedeutsame Fabel; das Volk verstand die Lehre: „Rur Eintracht macht stark!" — schloß Frieden mit den Patriziern und zog wieder nach Rom. Die Fabel aber lautete also: Die Glieder des menschlichen Körpers wurden einmal über- drüssig, einander zu dienen, und faßten den Vorsatz, dies nicht mehr zu tun. Die Füße sagten: „Warum sollen wir allein für andere tragen? Schafft euch selbst Füße, wenn ihr gehen wollt!" — Die Hände sagten: „Warum sollen wir allein für andere arbeiten? Schafft euch selbst Hände, wenn ihr welche braucht!" — Der Mund brummte: „Ich müßte wohl ein großer Narr sein, wenn ich immer für den Magen Speisen kauen wollte, damit er nach seiner Bequemlichkeit verdauen möge; schaffe sich selbst einen Mund, wer einen nötig hat!" — Die Augen fanden es gleich- falls sehr sonderbar, daß sie allein für den ganzen Leib be- ständig Wache halten und für ihn sehen sollten. Und so sprachen auch alle übrigen Glieder des Leibes, und eins kündigte dem andern den Dienst auf. Was geschah? — Da die Füße nicht mehr gehen, die Hände nicht mehr arbeiten, der Mund nicht mehr essen, die Augen nicht mehr sehen wollten, so fing der ganze Körper in allen seinen Gliedern an zu welken und nach und nach abzusterben. Da sahen sie ein, daß sie töricht gehandelt hatten, und wurden einig, daß es künftig nicht wieder geschehen sollte. Da diente wieder ein Glied dem andern, und alle wurden wieder gesund und stark, wie sie vorher gewesen waren. Campe. 22. Heimat und Vaterland. Von besonderer Bedeutung ist der Staat für diejenigen, welche ihm durch Geburt und Abstammung angehören, für die er Heimat ist. Dann ist der Staat ihr Vaterland. Die auf dem Heimatsgefühl beruhende Liebe und Hingebung für das Land, in dem wir aufgewachsen, in dem unsere Vorfahren gelebt und gewirkt haben, in dem uns treue Freunde zur Seite stehen, ist die Vaterlandsliebe. Das Vaterland ist das Land, dem wir alles verdanken, unsere Erziehung, unsere Stellung. Wir bilden eine große Familie, ein Volk mit gemeinsamer Sprache, Sitte, Geschichte, Helden, die das Vaterland groß gemacht haben. Fühlen wir so, dann wird das Vaterland stark und mächtig sein, denn die Vaterlandsliebe ist der beste Schutz gegen feindliche Be- strebungen. Ihr verdankt der Preußische Staat und das Deutsche Reich seine Selbständigkeit, seine Macht und seine Wohlfahrt. Bodesohn. Staats- und Bürgerkunde. . 4
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